Seelen Leid von Astre (Ryoki) ================================================================================ Kapitel 2: Die eisige Distanz einer Freundschaft. ------------------------------------------------- Kapitel 2 Die Sonne strahlte hitzig herunter und lockte die vielen Menschenmassen aus ihren Häusern heraus, ließen sie den herrlichen Tag genießen. Kindergeschrei und das Zetern mancher Mütter vermischte sich mit dem Lachen einiger junger Mädchen, die von Geschäft zu Geschäft zogen. Sie war lange nicht mehr hier gewesen... Ihre Augen huschten über die vielen kleinen und auch großen Läden. Unzählige Cafés tummelten sich nebeneinander und der Geruch von frischem Essen stieg einem angenehm in die Nase. Die Causeway Bay war wohl in ganz Shinjuku die größte und bestbesuchteste Einkaufstraße, die es gab und sie hatte sie nach dem Tod beider Freunde gemieden wie nichts anderes. Zu viele Erinnerungen auf einmal hatte sie gefürchtet und jetzt, wo sie hier war, den vielen Menschen ausweichen musste, spürte sie nichts. Nicht einmal einen Funken Kummer. „Und wo sollst du sie abholen?“, drang Jens Stimme an ihr Ohr, als sie weiter ging, und versuchte nicht ins Stolpern zu kommen. „Springbrunnen.“ „Wie alt ist diese Angie?“ Kazu drückte sich zu ihr nach vorne und nicht zum ersten Mal musste sie einen überdrüssigen Seufzer unterdrücken. Seit sie das Haus verlassen hatten, ging ihr der Shiota mit solch Fragen auf die Nerven. „20“, antwortete sie trotzdem einsilbig und spürte im nächsten Augenblick, wie Ryo sie auf die Seite zog, als ein Radfahrer versuchte durch die Menge zu fahren. „Lasst uns an den Rand gehen“, meinte er und seine Hand war es die ihre Seite umfasste, zugleich er sie versucht vorsichtig aus der Menschenmasse herausführte. Ihre Augen huschten automatisch über seine Finger. Das angenehme Prickeln, das immer dann aufflammte, wenn er sie berührte, entlockten ihr ein lautloses Ausatmen. Nicht darüber nachdenken, ermahnte sie sich selbst still und befreite sich dankend aus seinem Griff. Ihre Gefühlswelt spielte in den letzten Tagen ohnehin bereits verrückt, da konnte sie das mit Ryo nicht auch noch gebrauchen. „Und was sind so ihre Hobbys?“ „Kazu! Frag sie doch einfach selbst...“, murrte Rika leise und schritt weiter, beachtete Ryo neben ihr nicht weiter. Sie wusste, ein Gespräch war längst überfällig. Eine Klarstellung der Dinge, Ausrutscher oder keiner und genau da lag ihr Problem. Für sie war es nämlich nach ihren Empfindungen zu urteilen mehr, als nur ein aus der Trunkenheit erstandener Kuss. Es war nicht so das die junge Frau angst hatte eine Abfuhr zu bekommen, im Gegenteil, doch sie wollte keine Beziehung eingehen. Nicht mit Ryo oder gar irgendeinem anderen. Und wenn sie redeten, denn Vorfall aus dem Weg räumten, ahnte sie was dabei herauskommen würde. Sie war weder blind noch dumm, die Anzeichen, dass es für ihn mehr, wie nur eine kurze Liebelei war, waren präsent genug. Die gesamte Gestik ihr gegenüber und zuletzt auch der Kuss selbst. Sie kannte den unterschied zwischen lieblos und gefühlvoll nur allzu gut. „Jetzt komm schon, ich muss doch irgendwie vorbereitet sein.“ „Auf was bitte willst du vorbereitet sein?“, antwortete sie der Nervensäge trocken und strich sich nebenbei eine ihrer Haarsträhnen aus dem Gesicht, die ihr über die Augen fiel. „Na auf was wohl, vielleicht kann ich bei ihr landen. Was sind ihre Vorlieben?“ Ungläubig und mit hochgezogenen Augenbrauen sah sie über die Schulter. Aber ansonsten ging es ihm gut ja... Anscheinend war nicht nur sie selbst davon überzeugt das Kazu einen Sonnenstich hatte, den so wie ihn die anderen ansahen, waren auch sie der Meinung. „Komm schon Rika, auf welchen Typ Mann steht sie?“ „Woher soll ich das wissen...“ Kopfschüttelnd wandte sie sich von Kazu ab und es war wie ein harter Schlag ins Gesicht, als ihre Augen den Springbrunnen entdeckten. Seine Fontänen spritzten meterweit in die Luft und die glitzernden Wasserperlen, wurden von dem wolligen Wind umhergewirbelt. Wo sie zuvor noch überhaupt nichts gespürt hatte, so schlang sich nun die Panik in ihr hinauf. Angst vor den vergangenen Augenblicken, die sich schleichend ihren Weg zu ihrem Sein bahnten. Rika stockte, zugleich das Leid im Einklang ihres Herzens schlug und die Stimmen ihrer Freunde verblassten. „Wie wärs mit einer Abkühlung Relly?“ Überrascht schrie sie auf, als Kai sie in einer schnellen Bewegung auf die Arme hob und mit ihr grinsend zu dem Wasser hinüber ging. „Kai! Wage es dir nicht!“, rief sie und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, was ihr trotz Anstrengungen nicht gelang. „Hab dich nicht so zimperlich Kätzchen das ist nur Wasser“, lachte Angie ihr von der anderen Seite zu, doch kreischte diese auf, wie T.K ihr eine Ladung der kühlen Flüssigkeit übergoss. „Du Idiot!“ „Was den, du sagtest doch es ist nur Wasser“, prustete er laut los und fand sich in derselben Sekunde noch in dem tiefen Wasserbecken wieder, in das ihn Angie grinsend hinein schubste. „Kai...“, drohend laut. „Ich werde nie wieder mit dir reden...“ Der junge Mann stoppte vor den Fontänen und von selbst krallte sie sich an seinem Hals fest. „Das ist es mir wert“, grinste er schelmisch und das Nächste, das sie spürte, war das kalte Wasser, das ihre Gestalt benetzte. „Kätzchen!“, holte sie ein lauter, schrillender Schrei aus den Erinnerungen und abrupt riss sich Rika von dem Bild vor ihr los. Stürmisch wurde sie umarmt und taumelte durch die Wucht einige Schritte zurück. Genauso ungezähmt wurde sie Sekunden später wieder losgelassen und grüne, lebensfrohe Augen blitzten ihr freudig entgegen. „Angie lang nicht gesehn“, meinte sie und ein Schmunzeln legte sich auf ihren Zügen nieder. „Kannst du laut sagen, wurde höchste Zeit. Ich sag dir, der Flug war so beschissen und die Stewardessen strohdumm in der Birne. Nicht einmal Wein können die einschenken! Wir müssen unbedingt Eisessen gehen, ich muss meinen Frust abbauen!“ „Vergiss das Atmen nicht“, schmiss die junge Frau belustigt in den Redeschwall ihrer Freundin ein. „Wo denkst du hin Kätzchen. Weißt doch Atmen wird überbewertet.“ Die junge Frau strich sich lachend ihre blonde Lockenpracht zurück und erst jetzt schien sie die Gruppe hinter Rika zu bemerken. Grazil fing sie an zu lächeln und streckte Jen die Hand entgegen. „Ihr gehört zu Kätzchen nicht? Ich bin Angie.“ Sie streckte Jen die Hand entgegen, die sie lächelnd annahm. „Jen. Das sind Ryo, Takato und Kazu“, stellte die Kato weiter vor und deute auf den Jeweiligen. Kazu begrüßte die Blonde wohl am schwungvollsten, wo Ryo und Takato nur ein kurzes -Hi- übrig hatten, war es der Shiota, der ihre Hand in die Seine nahm. „Freut mich, so eine hübsche Freundin von Rika, kennen zulernen.“ Die Genannte hob lediglich die Augenbrauen und müsste den Kopf schütteln, als Angie charmant zurücklächelte. Kazu tat ihr bereits jetzt leid... Angie sah vielleicht nach einer dumm Blondchen aus, doch das Gegenteil war der Fall. Sie wusste genau was sie tat und seit zwei Jahren waren Männer für sie nichts weiter, als billiges Spielzeug mit dem sie sich die Zeit vertrieb. „Ich will jetzt meinen Eisbecher! Kätzchen lass uns ins Claris gehen, da war ich ewig nicht mehr drinnen.“ Sie entzog dem Shiota ihre Finger und umfasste Rikas wie auch Jens Arm, als sie sich umdrehte. „Eiskaffee wär auch mal wieder was Nettes“, überlegte die junge Frau laut und zog beide mit sich. Den Kopf zurück wenden setzte Angie hinzu; „Wo bleibt ihr oder wollt ihr gar nicht mit? Also ich hab nichts dagegen, falls es das ist, was euch trödeln lässt. Außerdem können wir Gepäck...“ „Angie“, unterbrach Rika sie. „Was? Wollte nur reizende Gesellschaft sagen.“ Wollte sie nicht und das wussten sie beide genau. Sie selbst hatte nichts dagegen, wenn ihre Freundin die Männerwelt beleidigte oder sich über diese ausließ aber es mussten nicht ihre Freunde sein. Zu mindestens, nicht gleich in den ersten fünf Minuten ihres Treffens und Gepäckträger war eindeutig nicht nett gemeint gewesen. Im Gegenteil zu Ryo wie auch Takato, verstand Kazu die Andeutung nicht und lief ihnen hinterher wie ein gerufener Hund. Angie nahm dies nur mit einem gefälligen Lächeln hin und warf ihr einen amüsierten Blick zu, der sagte; Männer sind so leicht zu manipulieren. Ihr Haupt sacht schüttelnd sah Rika zurück und warf Ryo, der mit hochgezogenen Augenbrauen hinterher ging eine entschuldigende Geste zu. Vielleicht, hätte die junge Frau Angie alleine abholen oder gar das Treffen mit ihnen absagen sollen... „Was treibt dich eigentlich ins Claris? Du bist doch sonnst auch so drauf versessen nicht zuzunehmen“, meinte sie nach Kurzem und erntete nur einen leidigen Seufzer. „Ich muss meinen Frust los werden. Die dämlichen Flugbegleiter haben mein Chanelkleid ruiniert.“ „Sie müssen es dir doch ersetzen oder?“ „Natürlich müssen sie das aber das bringt mir recht wenig, wegschmeißen kann ich es trotzdem. Klar nicht?“, antwortete sie Kazu langsam und andächtig, als wenn sie Angst hätte, er könnte ihre Worte nicht verstehen. Er selbst vernahm den herablassenden Ton nicht, doch aber sie und die anderen. Rika beugte sich etwas zu ihr hinüber und flüsterte, so das es die anderen nicht verstanden. „Hör auf damit! Das sind meine Freunde...“ Nur ein angedeutetes Nicken gab sie ihr, als Antwort und sie hoffte wahrlich, dass Angie aufhörte. Gegen ihre Vermutungen stoppte sie wirklich. Noch immer waren einige Kommentare dabei, die ihr nur einen leisen Seufzer entlockten, doch hielten sich diese im normalen. Angie war nicht immer so gewesen. Der Tod beider hatte nicht nur sie selbst geprägt auch die Blonde, es manifestierte sich nur anderes. „Kätzchen, was hältst du davon morgen ins Safaia zu gehen?“ Ihre Augen schweiften zu ihrer Freundin, die über einem leeren Eisbecher saß und sich die letzte Kirsche in den Mund schob. „Von mir“, gab sie zur Antwort und wandte sich wieder den Menschen vor dem Café zu. Eigentlich hatte sie keine Lust darauf, vor allem, weil sie genau wusste, wie der heutige Abend verlaufen würde. Das letzte Mal, als Angie hier war, hatten sie den halben Wein Vorrat ihrer Mutter vernichtet und dieses Mal würde es nicht anderes sein. „Safaia? Ist das nicht der VIP Club neben dem Einkaufszentrum?“, hörte sie Takato fragen und vernahm drauf das kurze bejahende Laut Angies. „Meiner Meinung nach die beste Diskothek in ganz Shinjuku. Wart ihr schon mal drinnen? Das Dach ist einfach herrlich“ „Da kommst du nur rein, wenn du auf der Gästeliste stehst und das ist fast ein Ding der Unmöglichkeit oder schweineteuer“, gab ihr Kazu zurück und stützte den Kopf auf seiner Hand ab. „Ach ja stimmt.“ Überlegend tippte die Blonde mit dem Finger an ihren Lippen, ehe sie weiter sprach „Aber das ist kein Problem. Ich bring euch auf die Gästeliste, sofern ihr mit wollt.“ „Wirklich?! Ich würde gern“, gab Jen freudig von sich und die anderen stimmten mit ein, außer Ryo. Als er sprach, konnte man den Argwohn deutlich heraushören. "Und wie genau willst du das machen?" Rika konnte ihm sein distanziertes Verhalten nicht verübeln, Angie hatte mit ihrem Spruch am Anfang nicht gerade für Sympathiepunkte gesorgt. „Die Türsteher sind leicht zu manipulieren“, zuckte sie mit den Schultern und setzte hinzu; “Außerdem kennen Kätzchen und ich die meisten von früher. Wie siehts eigentlich heute Abend aus? Seit ihr bei unserer kleinen Hausparty dabei?“ Jen sah zu Takato und den anderen, ehe sie mit einem Lächeln zusagte. „Ich denke keiner hat etwas anderes vor, also gerne, sofern wir nicht stören.“ Dabei wandte sie sich an Rika, die lediglich verneinend den Kopf schüttelte. „Super. Ich bin gleich wieder da.“ „Warte ich komm mit“, meinte Kazu und lief Angie hinterher, als diese aufstand und an die Theke ging. Rika unterdrückte auf sein Verhalten hin einen Seufzer und raffte sich wie die anderen auf. Das würde nicht gut gehen... Sie hoffte, dass Angie Kazu keinen falschen Hoffnungen machte... „Du siehst nicht gerade begeistert aus“, vernahm sie es leise neben sich, zugleich sie hinter Jen und Takato das Lokal verließ. „Tu ich das?“, gab sie Ryo nüchtern zurück und blickte zu dem jungen Mann auf, der sie milde musterte. „Ja.“ „Das, Kommentar am Anfang war nicht gegen euch persönlich gerichtet“, wechselte sie das Gesprächsthema, noch bevor es wirklich aufkam. Ein Schmunzeln legte sich auf seinen Zügen nieder. „Ich habe es auch nicht so aufgefasst. Deine Freundin ist recht eigen was?“ „Rika, Ryo, wir sind schnell da drüben in dem Geschäft. Dauert nicht lange.“ Rika nickte Jen zu und antwortete dem Akiyama seufzend; „So kann man es auch sagen ja. Für normal ist sie nicht so extrem.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und ließ seinen Blick kurz über ihre Gestalt schweifen. Sie war in letzter Zeit anders, ruhiger, schon fast distanziert mochte er behaupten, und seit sie die Blonde abgeholt hatten, war sie beängstigend still geworden. Trotz das man die Freundschaft zwischen den Beiden spürte, konnte man auch den eisigen Abstand sehen. „Was ist zurzeit los mit dir? Du kannst mir nicht erzählen, dass es nur an den Prüfungen liegt.“ „Was soll los sein? Mit mir ist alles bestens “, gab sie neutral zurück, vermied es aber ihn anzusehen. „Rika ...“ Die junge Frau unterbrach ihn schnaufend, wie sie sich zu ihm drehte. „Fang nicht an zu nerven Ryo. Wenn ich sage das mit mir alles in Ordnung ist, dann ist es das auch...“ „Ich mach mir nur Sorgen.“ Sein Körper handelte von selbst, als er seinen Arm ausstreckte und ihr einige Haarsträhnen zurück strich. „Alles bestens...“ Still nahm sie seine Geste hin, wandte lediglich den Blick ab, als Angie lärmend aus dem Café kam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)