Ex Animo von ReiRei-chan (- Fanfiction zu einem Doujinshi -) ================================================================================ Kapitel 3: Transitory --------------------- Based on the Doujinshi „Elements“; Art by Nor-chan © by Nor-chan, Takao Aoki-san / all rights reserved Transitory Mir ist schlecht. Um wirklich ehrlich zu sein möchte ich am liebsten auf seine frisch geputzten Schuhe kotzen. Wenn ich allein schon sein Gesicht sehe kommt mir die ganze Galle hoch. Kai Hiwatari… irgendwann zahle ich dir alles heim, das verspreche ich dir! Doch meine düsteren Gedanken bringen mir absolut nichts. Von dem Übelkeitsgefühl einmal abgesehen. Ich bin nun einmal hier und Kai ist dank Kyōju mein Sensei und ich ihm zu Gehorsam verpflichtet. Pah! Arschlecken! Im Augenblick geht es mir jedoch in sofern gut, als das Kai nicht hier ist. Er wird nicht lange wegbleiben, aber allein schon die Gewissheit nicht mit ihm in einem Raum zu sein bereitet mir einen wahren Glücksmoment. „Ray…?“ Ich blicke auf und lächle Makusu zu, der vor mir steht und dann auf das Laufband unter meinen Füßen zeigt. „Hast du mir auch nur eine Sekunde lang zugehört?“ Weiterhin freundlich lächelnd schüttle ich den Kopf und sehe Makusu grinsen. Der Blondschopf ist ein netter Junge und ich mag ihn wirklich gern. Er ist ganz anders als Kai, der jeden morgen schon direkt nach dem aufstehen so eine miese Grimasse zieht. Ehrlich, aus diesem Typen werde ich nicht schlau. „Also dann noch mal. Ich brauche die exakten Werte für dein E-Band und dafür musst du ein paar Tests durchlaufen. Als erstes deine Kondition. Das Gerät ist so eingestellt, dass du dich zunächst einmal locker einläufst und es dann von Zeit zu Zeit schwieriger wird. Deine Werte werden dabei kontinuierlich gemessen. Wenn du aufhören möchtest, dann gibst du mir einfach ein Zeichen, okay?“ „Hai!“ Mit einem Ruck springt die Maschine an und beinahe wie von selbst bewegen sich meine Beine in einem dazu passenden Rhythmus. Die ersten zehn Minuten lang kann ich mich noch mit Makusu unterhalten und er erzählt mir viel über diese Einrichtung hier und über all die anderen Jugendlichen die hier aufgenommen wurden. Als ich ihn nach Kai frage, lächelt er ganz plötzlich und ich schaue ihn nur verwirrt an. „Entschuldige.“, sagt er und kritzelt sich wie beiläufig eine Notiz auf seinen Block, den er auf seinen Schoß hält. Dann sieht er mich wieder an und grinst ganz frech. „Es tut mir wirklich Leid, Ray, aber Kai ist ein Thema, dass du besser nicht mit mir besprichst.“ Mein Blick wird nur noch verwirrter, was Makusu leise kichern lässt, doch ich kann zu keinem Protest mehr ansetzen, denn das Laufband beginnt nun sich schneller unter meinen Füßen zu bewegen und ich falle in einen trabenden Schritt. „Ich weiß nicht sehr viel über Kai. Persönlich stehen wir uns nicht sehr nahe und über alles was er vor seiner Zeit im CoE getrieben hat schweigt er sich aus. Es ist schwer an ihn ranzukommen. Ich persönlich glaube, dass er so eine Art einsamer Wolf ist, dem es nichts ausmacht alleine zu sein. Er kämpft immer alleine.“ Einen Moment hält Makusu inne und scheint nach draußen zu lauschen, doch die leisen Schritten verklingen alsbald und er lehnt sich wieder entspannt zurück. Schnell wirft der Blondschopf einen Blick auf die vielen blinkenden Anzeigen und drückt dann hier und dort ein paar Knöpfe auf seltsam anmutenden Armaturen. Ein leises Piepsen ertönt und erneut wird die Geschwindigkeit meines Laufbandes erhöht. „Wenn ich ehrlich bin, dann hat es mich sehr überrascht, dass ausgerechnet du als Kais Teampartner eingetragen wurdest. Es geht nicht gegen dich persönlich, Ray, aber du passt in keinster Weise zu ihm.“ Makusus Worte sind wie Nadelstiche auf meiner Haut und ich wende mich von seinen unheimlich strahlenden blauen Augen ab. Verärgert trete ich schneller aus. Als ob ich darum gebeten hätte sein Partner und Schüler zu sein! Als ob ich jemals gebeten hätte überhaupt hier zu sein! Wenn es nach mir gegangen wäre, dann wäre mir Kai niemals über den Weg gelaufen und ich würde nach wie vor auf der Straße leben und mich mit Gaunereien über Wasser halten. Denn da wusste ich immerhin was ich tat und wohin ich gehörte. Aber hier? Hier ist alles neu und fremd für mich und ich habe ehrlich gesagt nicht die geringste Lust darauf mit meinem Seelentier in Berührung zu kommen. Schön und gut das ich eine solche Macht habe, aber ich habe sie nie benötigt und brauche sie auch jetzt nicht! Ich kann darauf verzichten, bei Gott! „Jetzt hast du ihn verärgert.“ Diese ruhige, bedrohliche Stimme jagt mir einen eiskalten Schauer über den Rücken. Ich hebe nur zögerlich den Kopf und sehe zu Kai herüber, der lautlos den Trainingsraum betreten hat und Makusu nun mit einer finsteren Miene ansieht. Der Blondschopf versucht dem harten Blick aus Kais Augen standzuhalten, doch es dauert nicht lange und er gibt keuchend auf, wendet den Blick ab und schnappt heftig nach Luft. Erschrocken bemerke ich, dass Kais Iriden silbrig schimmern. Mir wird mit einem Mal wirklich bewusst was es bedeutet, wenn sich Kais Augen verfärben. Zuvor war alles nur eine Ahnung gewesen, doch nun begreife ich die Macht, die hinter all diesen Dingen steckt. Es ist nichts mehr so einfach wie ich mir das immer wieder versucht habe einzureden. Ein einziger Blick genügt und diese Macht befördert einen Menschen ins Jenseits. Wenn Kai es gewollt hätte, dann hätte er Makusu bezwingen und vielleicht sogar töten können. Ich erschaudere bei diesem Gedanken und kralle meine Hände in die mit Schaumstoff umzogenen Stangen des Laufbandes. Diese Macht… diese Macht die in mir wohnt… kann töten… kann vernichten und zerstören… Dieser Gedanke betäubt mich und alles um mich herum verschwindet. Einzig und allein Kai bleibt in meinem Blickfeld scharf und ich werfe ihm einen verängstigten Blick zu. Wenn ich diese Kraft nicht zu kontrollieren lerne, könnte ich damit einen unglaublichen Schaden anrichten. Dieser Tag sollte noch lange andauern. Nach der Laufbandeinheit musste ich noch Gewichte heben, Reaktionstests über mich ergehen lassen, einen Gesundheistcheck absolvieren und wurde einmal von Kopf bis Fuß vermessen. Ich weiß jetzt sogar, dass mein kleiner Zeh drei Zentimeter lang ist. Aber nur der an meinem rechten Fuß. Diese ganzen Tests waren anstrengend und ein Großteil davon meiner Meinung nach vollkommen überflüssig, doch Makusu hat mir erklärt, dass es sehr wichtig ist genaueste Daten über sich selbst und andere zu haben, sowohl was Körpermaße und Fitness betrifft, als auch charakterliche Eigenschaften und Interessen. Der Blondschopf hat mir seine Datensammlung gezeigt und ich war wirklich beeindruckt über den ganzen Aufwand den er betrieben hat. Auffallend war allerdings, dass bei Kai zwar alle möglichen Vermessungsdaten standen aber kaum etwas über seine Fähigkeiten. Zumindest war dieser Teil im Vergleich zu anderen Mitgliedern sehr kurz. „Kais Potenzial ist unermesslich. Im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern kann er auf scheinbar unerschöpfliche Ressourcen zurückgreifen. Jeder Mensch erreicht irgendwann einmal seine Grenzen, doch Kai scheint seine eigenen Grenzen immer wieder zu durchbrechen.“ „Wie ist so was möglich?“ „Ich weiß es nicht, Ray. Und selbst wenn Kai es wüsste bin ich mir nicht sicher ob er es mir sagen würde. Er hasst meine Methoden.“ Dabei hatte Makusu zu Kai geblickt, der nur stumm dagesessen war und uns keines Blickes gewürdigt hatte. Lange Zeit habe ich über alles was an diesem Tag passiert ist nachgedacht. Vor allem über Makusus Worte. „Wenn ich ehrlich bin, dann hat es mich sehr überrascht, dass ausgerechnet du als Kais Teampartner eingetragen wurdest. Es geht nicht gegen dich persönlich, Ray, aber du passt in keinster Weise zu ihm.“ Diese Worte haben mich getroffen. Ich mag Makusu, auch jetzt noch, denn er ist ein lieber Kerl und später hat er mir erklärt was er wirklich damit gemeint hatte. Kai war in unser gemeinsames Zimmer vorausgegangen. „Es tut mir Leid, dass ich vorhin so gemein zu dir war, Ray. Ich meinte es wirklich nicht persönlich. Aber weißt du, Kai war von jeher allein. Er war der Einzige der nie einen Partner hatte und damit ist er sehr gut gefahren. Seine Kräfte sind selbst für uns nicht wirklich kontrollierbar und er übernimmt die gefährlichsten Aufträge. Wir anderen sind in Teams eingeteilt worden. Ein Team zu je zwei Mann. Und das funktioniert bei uns sehr gut, weil wir so veranlagt sind. Sowohl menschlich als auch aufgrund unserer Kräfte. Unsere individuellen Eigenschaften wurden so kombiniert, dass wir uns ergänzen. Mein Partner ist Yuriy Iwanov, ein sehr temperamentvoller Kerl, der sehr gerne einmal drauflos stürmt und sich dabei keine Gedanken um die Gefahren und Risiken macht. Man könnte fast meine, dass ich sein genaues Gegenteil bin, denn wie du gesehen hast bin ich einer, der alles analysiert und durchdenkt. Auch unsere Kräfte sind so ausgerichtet. Er ist der aggressive Angreifer und ich bilde seine felsenfeste Verteidigung. Wir ergänzen und schützen uns. Nun… bei dir und Kai… Kai ist ein Einzelkämpfer, der Schutz noch nie nötig hatte und der allein stark genug ist um es mit jedem erdenklichen Gegner aufzunehmen. Und du… ich hätte erwartet, dass Kai einmal einen Partner bekommt der so ist wie ich. Der sein aufkeimendes Temperament während eines Kampfes zurückhält. Du bist keine Ergänzung für Kai… im Gegenteil, du bist ihm sogar sehr ähnlich. Deine Kräfte sind genau wie seine: unglaublich stark im Angriff. Wenn du so willst seid ihr zwei Kampfmaschinen. Und ich befürchte einfach, dass ihr euch in die Quere kommen werdet und das einer von euch dadurch großen Schaden nimmt.“ Auch wenn ich vielleicht noch immer nicht ganz verstanden habe worum es hier eigentlich genau geht und warum alle dieses Thema so ernst nehmen, so denke ich dennoch, dass ich Makusus Sorgen verstehen kann. Ich seufze laut auf und lasse mich dann erschöpft in mein Bett fallen. Dieser Tag war anstrengend und hat mich total fertig gemacht. Ich rolle mich auf die Seite, schiebe das Kopfkissen noch ein Stückchen weiter zusammen, seufze noch einmal und schließe dann die Augen. Ich nehme nur noch das leise zuschlagen der Tür und Kais Schritte war, ehe ich einschlafe. … „…ay! Ray!“ Starke Hände packen mich, zerren mich hoch und schütteln mich kräftig. Als ich die Augen aufschlage und mir meiner Umwelt bewusst werde, bemerke ich entsetzt, dass ich lauthals schreie und wie wild um mich schlage. Langsam lasse ich die Arme sinken und schließe meinen Mund, ersticke damit mein eigenes Geschrei. Kai steht vor mir, sein Blick ist in diesem Moment ein Ausdruck der Sorge und… Angst. Schwer atmend lasse ich mich wieder in mein Kissen zurücksinken und wische mir über meine nassen Wangen. Ich habe geweint. Für einen kurzen Moment schließe ich meine Augen wieder, versuche mich darauf zu besinnen wo ich wirklich bin und taste mit meiner Hand nach dem Bernsteinanhänger meiner Mutter. „Mum…“, flüstere ich leise und erneut laufen mir die Tränen über die Wangen. Ein gewaltiger Ruck geht durch meinen Körper, als Kai mich erneut packt und hochzieht. Ich will protestieren, doch verblüfft behalte ich alle Worte bei mir. Unglaublich, aber wahr… Kai Hiwatari, der Eisklotz… umarmt mich. Ich weiß nicht genau warum, vielleicht weil ich mich in diesem Moment so entsetzlich schwach und einsam fühle, aber ich zögere nicht lange und schmiege mich an den kräftigen und vor allem warmen Körper meines Teampartners, der mich gerade so fest in den Armen hält, dass ich mich geborgen fühle. „Willst du es mir erzählen?“ Fast muss ich ein wenig schmunzeln bei seiner Frage, denn Unglaublicherweise hat scheinbar nur Kai Hiwatari den Dreh raus, wie man eine solche Frage nicht neugierig, dafür aber mitfühlend klingen lassen kann. Langsam lege ich meine Hände auf seine Schulter, bette mein Gesicht in seine Halsbeuge und schließe die Augen, atme einmal tief durch. Dann beginne ich, ihm davon zu erzählen. „Meine Mum ließ sich von meinem Vater scheiden als ich noch ganz klein war und zog mich dann alleine auf. Es war nicht leicht für sie, aber trotz allem waren wir zu zweit sehr glücklich. Sie bekam eine Stelle in einer großen Firma angeboten und nach etwa zwei Jahren verlobte sie sich mit ihrem Chef.“ Ich stocke. Meine Kehle schnürt sich zu als ich an das Folgende denke und noch einmal greife ich nach dem Bernsteinanhänger an meinem Hals, halte ihn hoch ins Licht und schlucke einen großen Kloß hinunter. Kais warme Hand legt sich auf meine und er sieht mich besorgt an. Doch er sagt kein Wort und dafür bin ich ihm in diesem Moment unendlich dankbar. Er lässt mir die Zeit die ich brauche, drängt mich nicht, sondern gibt mir das Gefühl für mich da zu sein, mich aber niemals zu etwas zwingen zu wollen. In einem Anflug von Dankbarkeit und einem Gefühl das ich mir selbst nicht zu deuten weiß, schlinge ich meine Arme um ihn und ziehe ihn zu mir heran. „Ich mochte ihren Chef. Er war ein sehr netter Mann, hat sich rührend um meine Mum und mich gekümmert und dabei hat er mir nie versucht meinen Vater zu ersetzten. Ich habe nur wenige Erinnerungen an meinen leiblichen Vater, aber… Eines Tages veränderte sich dann alles. Meine Mum war nicht zu Hause und er kam in mein Zimmer…“ Tränen rennen über meine Wangen, ich wische sie fort, doch mein ganzer Körper bebt und zittert, Kais Arme schließen sich fester um mich, sein Atem streift meine Haut und mit einem Mal wird mir wieder etwas wärmer. „Hat er dich misshandelt?“ Ich nicke. „Hat er dich vergewaltigt?“ Ich zucke unter diesen Worten zusammen; ich nicke. Kais Hände sind so sanft und warm. Sie streichen meinen Rücken entlang, ganz sacht, sie berühren mich kaum und doch… ich fühle mich so geborgen und sicher. Warum? „Er brachte mir die Hölle auf Erden und ich floh von zu Hause. Ich hielt es nicht mehr aus. Doch ich kehrte wieder zurück. Ich konnte meine Mutter nicht alleine lassen, mit Sicherheit würde sie sich Sorgen um mich machen und ich selbst hatte Angst um sie. Wenn er ihr auch etwas antun würde? Aber… als ich nach Hause kam… alles war leer… keine Möbel… keine Zeichen mehr davon das jemals jemand dort gelebt hatte. Und meine Mutter war verschwunden. Ich habe sie überall gesucht. Aber… sie war fort… ich glaube er hat sie mitgenommen. Seit jenem Tag bin ich allein.“ Weitere Tränen rennen über meine Wangen, doch sie werden von warmen Händen weggestrichen, unglaublich sanfte Augen sehen auf mich herab du zum ersten Mal sehe ich meinen russischen Teampartner lächeln. „Wein nicht mehr! Jetzt bist du hier und nur das ist wichtig. Von nun werde ich auf dich aufpassen, ne?“ Ich merke wie meine Wangen sich röten und verzweifelt schiebe ich Kai von mir fort, knurre laut auf und tue dann das was ich immer tue: ich beschwere mich! „Pah! Ich brauch keinen Aufpasser, bin doch kein Baby mehr! Wofür hältst du mich eigentlich, Perversling?“ Es folgt keine Reaktion auf meine Worte und mir wird nun mit einem Schlag bewusst, dass Kai seine Worte vollkommen ernst meinte. Keine Verarschung, kein Spiel, sondern reine Ehrlichkeit. Mir kommen erneut die Tränen. „Danke…“, flüstere ich leise, ehe ich von Kai erneut in eine Umarmung gezogen und in meine Kissen gedrückt werde. Er wirft die Decke über uns und bis ich sanft in seinen Armen einschlafe lausche ich dem ruhigen, steten Rhythmus seines Herzens. … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)