Ex Animo von ReiRei-chan (- Fanfiction zu einem Doujinshi -) ================================================================================ Prolog: Good Day! ----------------- Based on the Doujinshi „Elements“; Art by Nor-chan © by Nor-chan, Takao Aoki-san / all rights reserved Good Day! Das Geräusch von hunderten, tausenden Schuhen auf den Pflastern Tōkyōs ist wie das heranschwappen von den Wellen des weiten Meeres, an das ich mich nur noch schwach erinnern kann. Ich rieche das salzige Aroma, höre das Rauschen und es ist wie das Aufschlagen der Absätze auf Beton. Wenn es nahe herankommt, dann ist es laut und eine einzige Mauer. Wenn es sich zurückzieht verebbt jeder Ton, nur um dann, ein wenig später, wieder zu einer Geräuschglocke anzuschwellen. Hin und her, vor und zurück. Immer wieder schreiten neue Wellen von Menschen an mir vorbei, bemerken mich nicht, reißen mich mit sich und schleudern mich von einer Seite zur anderen. Doch ich lasse mich in diesem Strom treiben. Es macht keinen Sinn dagegen ankämpfen zu wollen und es ist meiner Aufgabe dienlicher, wenn ich einfach tue was diese kopflose Masse mir vorgibt. Zuerst in die eine Richtung, dann in die andere. Liǎng zhī lǎo hǔ, Liǎng zhī lǎo hǔ Die Menschenmasse drängt mich schließlich in eine kleine Gasse ab und ich atme erleichtert auf. Es ist anstrengend und ein Akt der Geduld was ich hier tue. Doch die reiche Ausbeute, die ich nun aus meinen geflickten Jackentaschen hervorziehen kann ist mir dafür Lohn genug. Es wird mich mit Sicherheit für einige Tage satt machen. Die Krähen die sich auf den Mülltonnen niedergelassen haben beäugen mich und krächzen mich an, doch ich lache nur. Heute kann mir wirklich nichts meine Laune vermiesen, denn einen solchen Glückstag hatte ich schon lange nicht mehr. Ja, das Leben konnte so schön sein. Das schabende Geräusch der Tiere, die auf dem Boden nach Essensresten suchen ist in meinen Ohren die Fortsetzung der kleinen Melodie, die mich begleitet seit ich denken kann. „Pǎo de kuài, Pǎo de kuài“ Jetzt singe ich die Verse dieses alten Liedes laut, lasse meine Beine dabei von der Mülltonne baumeln auf der ich sitze und zupfe an einer Ecke meiner verschlissenen Jacke, die wahrlich schon bessere Zeiten gesehen hat, aber momentan das einzige ist, was mich kleidet. Neben meiner zerrissenen Hose. Mehr besitze ich nicht. Weder Schuhe, noch Socken, noch einen richtigen Mantel. Aber ich bin glücklich mit dem was ich habe, denn es reicht zum Leben und es ist mehr als genug um mich des Nachts warm zu halten, auch wenn es kaum danach aussieht. Ich bin guter Dinge, dass der heutige Tag eine Wendung bringt, denn so leicht wie heute ging mir das stibitzen der Geldbörsen noch nie von der Hand. Ich weiß genau, dass meine Mutter dieses chinesische Lied oft für mich gesungen hat um mich zum Lachen zu bringen, oder zum staunen. Sie machte so herrliche Bewegungen dazu, dass mein Bauch wehtat, wenn ich losprustete und mich nicht mehr ein bekam. Aber es war einfach zu schön wie meine Mutter versuchte zwei laufende Tiger nachzumachen. Dabei rutschte sie auf den Knien und brüllte ganz laut, dass ich nicht anders konnte als zu schreien und um sie herum zu laufen, was sie lachen ließ. Es war schön mit ihr. Diese Erinnerung ist die einzige die ich klar vor mir sehe. Alles andere habe ich schon fast vergessen. Nur die Geräusche und die Gerüche sind mir erhalten geblieben. Meine Mutter roch stets nach einem Hauch von Rosenöl, mein Vater dagegen nach wilden Kräutern. Unser Haus hatte den Duft von Stroh und strahlte Behaglichkeit und Wärme aus. Ich habe mich wohl gefühlt in diesem Haus, dessen Boden aus Bambusmatten bestand und das diese schönen Schiebetüren hatte, wie man sie heutzutage beinahe nur noch in ländlichen Regionen findet. Die Welt wird zunehmend moderner und doch gibt es noch Kinder wie mich. Kinder ohne zu Hause, ohne Eltern und ohne jede Menschenseele. Yī zhī méi yǒu ěr duo Yī zhī méi yǒu wěi ba Einmal möchte ich es noch wagen. Mein Glück will ich nicht herausfordern, aber ich glaube an meine Fähigkeiten und ich bin der festen Überzeugung, dass ich es noch einmal schaffe. In der Menschenmasse ist mir ein Junge aufgefallen, der kaum älter sein dürfte als ich. Seine Haare wirken in dem fahlen Licht der Seitengasse beinahe gänzlich grau und er hat sich seinen weißen Schal über Mund und Nase gezogen um sich gegen die herbstliche Frische zu schützen. Er trägt einen dünnen Mantel aus braunem Stoff, mit goldenen Knöpfen und zwei großen Taschen, in denen er seine Hände vergraben hat. Die Konturen zeigen mir, dass er seine Börse fest umklammert hält. Ob er ahnt was gleich passiert? Mit einem breiten Lächeln schwinge ich mich von der Mülltonne und trete einen Stein in Richtung der Krähen, die laut protestieren und mich böse anfunkeln. Doch ich kann ihnen nur ins Gesicht lachen und springe wieder in das laute Meer von hunderten von Schuhen. Das Geräusch umschließt mich und meine Augen sehen nur den Jungen, der auf mich zukommt. Sein Blick ist gesenkt und er tritt kräftig aus. Mit leichtem Schwung werfe ich mich gegen ihn und drücke ihn so gegen einen älteren Passanten. Er schaut überrascht und seine Augen suchen nach mir. Doch mit einer leisen Entschuldigung habe ich mich schon wieder abgewandt und lasse mich von der Menge treiben. Ich atme laut aus und schaue zum Himmel, gehe dabei immer weiter und erfreue mich an diesem Tag, der mir soviel gutes beschert hat. „Bleib stehen!“ Die raue Stimme kitzelt in meinen Ohren und der Griff um mein Handgelenk ist stark sodass ich der plötzlichen Kraft nur willenlos in die Gasse zurückfolgen kann, die ich soeben erst verlassen habe. „Eh?“ Es ist der Junge. „Gib es mir zurück.“ Seine Stimme ist kalt und klirrend. Sie erinnert mich an einen Schneesturm und auch an die Schneekristalle die im Winter vom Himmel fallen und auf die ich mich jedes Jahr freue. Ihr Flug zur Erde ist so schön anzusehen. „Eh?“ Seine Augen sind von einem matten silbernen Glanz und ich frage mich ob er ein Kind der Nebel ist, von denen mir meine Mutter oft erzählt hat. Doch sein starker Griff entspringt ohne jeden Zweifel den Mächten dieser Welt und ich zucke zusammen, denn nun schmerzt mich diese Behandlung. „Gib es zurück!“ Nun sind seine Worte schneidend und bohren sich in mich wie ein blankes Schwert. Doch er zieht es nicht heraus. Vielmehr dreht er es herum sodass ich leise aufstöhne, als er seine Finger tief in meinen Oberarm gräbt. Eine Welle des Schmerzes überrollt mich und macht mich blind. Ich sehe den Nebel seiner Augen vor mir. Ein Nebel in dem ich mich verliere und der mir Schaden zufügen kann. Unheimlich. Und unbekannt. Der Schmerz steigt und ich schreie auf, doch die Nebelschwaden die sich um mein gesamtes Bewusstsein legen, dämpfen das Geräusch. Ich kann kaum glauben, dass allein die Berührung dieses Jungen einen solchen Schmerz in mir hervorruft, doch mir bleibt kaum Zeit all dies näher zu ergründen. Denn meine Sinne schwinden und nur wie aus weiter Ferne höre ich den überraschten Ausruf des Jungen und spüre wie warmer, stickiger Atem mein Gesicht streift. Ich sinke zu Boden. Kraftlos und erschöpft. Ich bin wie ausgelaugt und kann mich nicht mehr halten. Der Nebel verdichtet sich und wird immer schwärzer. Das Letzte was ich wahrnehme sind leuchtend gelbe Augen, die mich an die Augen einer Katze erinnern. Dann spüre ich nur noch eine warme Umarmung die mich umschließt; ich bin ohnmächtig geworden. Zhēn qí guài, Zhēn qí guài _________________________________________________________________________________ Anmerkung: Die Übersetzung des Liedes (gesungen nach der Melodie von Bruder Jakob) geht wie folgt: Zwei Tiger, Zwei Tiger Laufen schnell, laufen schnell Einer hat kein Ohr/keine Ohren Einer hat keinen Schwanz Wirklich merkwürdig, wirklich merkwürdig Kapitel 1: Don't touch me, pervert! ----------------------------------- Based on the Doujinshi „Elements“; Art by Nor-chan © by Nor-chan, Takao Aoki-san / all rights reserved !!! Kurze Mitteilung an die geneigte Leserschaft: 1. -> Findet ihr diesen Kapiteltitel passend oder habt ihr Vorschläge für einen anderen? 2. -> Ich bin mir unschlüssig darüber wie Kapitel 3 gestaltet werden soll. Eure Unterstützung in Form von Ideen und Vorschlägen per ENS an mich geschickt wäre mir sehr willkommen! Don't touch me, pervert! Ein dumpf pochender Schmerz in meiner Schläfe zwingt mich dazu meine Augen zu öffnen, die ich bisher vor dem grellen Licht der Deckenbeleuchtung geschlossen gehalten hatte. Einige Tränen laufen mir über die Wangen und schnell wische ich sie fort, versuche mich an das Licht zu gewöhnen und setze mich zum ersten Mal vorsichtig auf. „Uhm… mein Kopf…“, keuche ich leise und lege mir eine Hand auf die Stirn, hinter der sich ein Wirbelwind zu befinden scheint. Mir ist schwindelig. „Bist du endlich wach? Hast ja einen gesunden Schlaf.“ Eine raue Stimme dringt an mein Ohr und ich bemerke einen leichten, federnden Schritt auf dem teppichbelegten Boden und wende meinen Kopf langsam in diese Richtung. Noch immer weiß ich nicht wo ich hier bin, oder wie ich hierher kam. Doch die Überraschung und das leise Entsetzen packen mich eiskalt im Nacken und nach Luft schnappend starre ich die Gestalt an, die vor dem Bett steht und auf mich heruntersieht. Es ist der Junge, dem ich versucht habe die Geldbörse abzunehmen. Die Erinnerungen an die Geschehnisse in der Gasse durchfluten meinen Kopf wie ein wilder Strom und mir ist so, als könne ich noch einmal diesen stickigen, warmen Atem in meinem Gesicht spüren und als würde ich noch einmal von seinen silbernen Iriden erdolcht. Allerdings sind seine Augen nicht silbern. Jetzt, im hellen Licht, schimmern sie bräunlich mit einigen roten Sprenklern verziert und erinnern mich an den matten Glanz des Bernsteins, den meine Mutter so gerne als eine Kette um den Hals getragen hatte. Oft erzählte sie mir, dass ein solcher Stein magische und vor allem heilende Kräfte besitzen sollte, doch habe ich nie daran geglaubt. Wie kann schließlich ein einfacher Schmuckstein Lebensfreude schenken und Ängste nehmen? Als ich eine Bewegung wahrnehme zucke ich zusammen und zerre das Laken bis unter mein Kinn, beäuge den fremden Jungen misstrauisch, der einen Schritt auf mich zugemacht hat und mich nun wieder starr anblickt. Eine Gänsehaut breitet sich auf meiner Haut aus und ich knurre unwillig. „Was glotzt du so?“, fauche ich. Ich erhalte keine Antwort und das macht mich erst recht sauer. Ich kann es nicht leiden, wenn man mir nicht antwortet und dieses beständige Starren ist mir auch nicht gerade zuträglich. Hektisch schlage ich das Laken zurück und springe auf. Mit geballten Fäusten stehe ich nun auf dem Bett und funkle wütend auf den fremden Jungen herunter, der mich weiterhin nur ausdruckslos anstarrt. „Hör endlich auf zu glotzen! Du Perverser!“ Mit einem Mal zuckt es in seinem Gesicht und ich stelle zufrieden fest, dass ich einen wunden Punkt getroffen habe. Der Junge kommt einen weiteren Schritt auf mich zu und ein tiefes Grollen liegt in seiner Stimme, als er mich gefasst zurechtweist. „Ich bin kein Perverser, du kleiner Taschendieb! An deiner Stelle wäre ich sehr vorsichtig mit dem was ich sage!“ Mir entfleucht ein höhnisches Lachen. „Ach ja? Willst du mir etwa drohen?“ Ich stemme meine Fäuste in die Seite. „Dann komm doch her, wenn du dich traust!“ Eigentlich hatte ich geglaubt, dass er nur wieder leere Worte von sich geben würde, aber anscheinend ist der Junge keiner von denen, die sich grundlos einschüchtern lassen. Er schreitet nun aufs Bett zu, fasst mich an den Knöcheln und zieht mir kurzerhand die Füße weg. Mit einem gequetschten Keuchen lande ich auf der Matratze. „Uf! Oh Himmel…“, japse ich und sauge scharf die Luft zwischen den Zähnen ein, als sich der fremde Junge über mich schwingt und sich dann auf meiner Hüfte platziert. Meine Hände drückt er nach hinten durch und kommt mit seinem Gesicht gefährlich nahe. „Was…?“ Ein überhebliches Grinsen ziert seine markanten Züge und in mir flammt erneut der Zorn auf. Dieser Junge ist wirklich unverschämt. „Lass mich los, du Lüstling! Ich steh nicht auf so was, also schwing deinen Arsch hier runter! Ich beiß dich! Ich mein’s ernst!“ Einen Fluch nach dem anderen stoße ich aus und mir bleibt dabei nicht verborgen, dass es den Jungen auf mir nicht im Geringsten zu stören scheint, dass ich ihn als alles Mögliche beschimpfe. Er drückt meine Hände noch ein wenig weiter nach hinten und schiebt meine Beine mit seinen Knien auseinander, was mich vor Schreck laut quietschen lässt. Doch nachdem er meine Hände in einer Hand zusammengefasst hat, legt er mir seine andere auf den Mund und erstickt damit jeden weiteren Laut. „Sei nicht so laut. Ich mag das nicht.“ Ich grummle wütend und starre ihn grimmig an, doch er bleibt weiterhin unbeeindruckt von meinen Protesten und schiebt sein Gesicht ganz nahe an mich heran. Ich spüre seinen warmen Atem auf meiner Haut und schließe verzweifelt die Augen, als ich ihn leise lachen höre. Es ist ein raues Lachen. Eine Gänsehaut breitet sich auf meinen Armen aus und hilflos versuche ich den Kopf wegzudrehen, was mir durch seine bestimmende Hand auf meinem Mund nicht gelingt. Er kommt weiterhin näher, bis ich seine Lippen an meinem Ohrläppchen spüren kann und wie von Sinnen anfange mit den Beinen zu zappeln und mich zu winden. „Wenn du ganz still bist, dann verrat ich dir ein Geheimnis.“ Seine Stimme ist nur ein Flüstern und doch klingt sie unheimlich laut in meinen Ohren. Ich nicke ergeben, höre auf mich zu bewegen und öffne vorsichtig ein Auge um zu ihm zu blinzeln. Sein Gesicht schwebt wieder vor meinem und noch immer ziert dieses gemeine Grinsen seine Züge. Doch ich ignoriere es so gut es geht und hoffe auf ein schnelles und sicheres Ende dieser Situation. „Ich hab dich nackt gesehen.“ Zunächst ist da eine ungläubige Überraschung, dann ein übergroßes Entsetzen und zum Schluss packt mich ungeheure Wut. Dieser Kerl hatte mich nackt gesehen? Hieß das etwa er hatte mich…? Wütend trete ich um mich, lande einen Treffer in seiner Seite und als er sich vor Schmerz wegkrümmt, reiße ich meine Hand los und verpasse ihm einen Schlag in die Magengegend, was mir meine endgültige Freiheit verschafft. „Du mieser Dreckskerl!“, schreie ich, greife nach einem der zahlreichen Kissen auf dem Bett und schlage damit immer wieder auf den Jungen ein, der sich mittlerweile wie ein Igel eingerollt hat um mir nicht allzu viel Freiraum für meine Schläge zu bieten. „Elender Lustmolch! Perverser! Kinderschänder!“ Als ich zum nächsten Schlag aushole startet der miese Kerl zum Gegenangriff, rammt mir seinen Kopf gegen die Brust und stößt mich nach hinten. Er wirft sich auf mich, umklammert erneut meine Arme und kommt mir wieder so nahe wie zuvor schon. Doch sein Gesicht spiegelt nun seine Wut wieder die er auf mich hat und unwillkürlich bemächtigt sich ein Zittern meines Körpers. Erschrocken sehe ich zu ihm auf und bemerke dabei, dass seine Lippe aufgeplatzt ist und nun ein wenig blutet. Er leckt sich darüber und beugt sich dann zu mir herunter. „Ich hab doch gesagt du sollst den Mund halten!“ Seine Stimme ist ein raubtierartiges Knurren und seine Augen schimmern silbrig hinter seinen wirren Haaren hervor, die ihm lästig ins Gesicht fallen. Als er sein Gesicht noch näher an mich heran schiebt, schließe ich verzweifelt die Augen. … Kapitel 2: You're mine! ----------------------- Based on the Doujinshi „Elements“; Art by Nor-chan © by Nor-chan, Takao Aoki-san / all rights reserved Endlich ein neues Kapitel! Und es ist mal was länger! You're mine! Ich blinzle verwirrt, streiche mir eine meiner langen Strähnen aus dem Gesicht und sehe vollkommen verblüfft zu dem Mann auf, der vor kurzem in das Zimmer gekommen ist, in das mich Kai, so der Name des perversen Lüstlings, gebracht hatte. „Shénme…?*“, frage ich mit heiserer Stimme nach und sehe wie entnervt der Mann schon langsam ist. Es ist nicht so, dass ich ihn nicht verstanden hätte, doch seine Geschichte klingt so fremd und eigenartig, dass ich einfach nicht weiß, was ich davon halten soll. „Also noch einmal!“ Seine Stimme ist nur noch ein verhaltenes grimmiges Knurren. „Du befindest dich hier im Center of Elements, kurz dem CoE, einer Einrichtung zur Erforschung der Seelentiere und der damit verbundenen Kontrolle über die Elemente. Der Junge, mit dem du ja schon regen Kontakt gepflegt hast, heißt Kai Hiwatari und ist unser russischer Schützling. Da er einer der erfahrensten Elements ist wird er für die nächste Zeit dein Sensei, dein Lehrer und Trainer, sein. Hör gut zu, wenn er dir etwas erklärt und befolge seine Befehle.“ Nach dieser Ansprache dreht sich der Mann um und lässt mich vollkommen überfordert mit Kai zurück. „Mein Sensei…? Elements…? Seelentier…?“ Ich fahre mir nervös durch meine Haare und werfe meinem neuen Lehrmeister einen flehenden Blick zu, was diesen nur seufzen lässt. Langsam steht Kai auf und zieht sich einen Stuhl vom Schreibtisch heran, lässt sich dann darauf niederfallen und beginnt mir alles zu erklären. „Also, pass auf! Es gibt Menschen, die eine besondere Gabe haben. Diese Menschen besitzen ein so genanntes Seelentier durch das sie die Fähigkeit erhalten die Elemente zu kontrollieren. Diese Gabe haben nicht viele und nur sehr wenige können wirklich damit umgehen, sie richten meist mehr Schaden als Nutzen an. Deswegen hat Kyōju-san dieses Forschungszentrum gegründet. Er sucht die Elements, die Menschen, die ein Seelentier besitzen, in der ganzen Welt und hilft ihnen hier, mit ihren übernatürlichen Kräften umzugehen. Das ist auch der Grund warum du hier bist. Als wir uns auf der Straße begegnet sind, hat mein Seelentier auf das deine reagiert und kam, aufgrund meiner Wut auf dich, zum Vorschein und hat dein Seelentier herausgefordert. Allerdings war seine Kraft zu stark für dich und du bist ohnmächtig geworden. Ich habe dich dann hierher gebracht, denn hier ist es sicherer für dich.“ Nachdem Kai geendet hat sehe ich ihn weiterhin fragend an, doch ich nicke. Das was er mir erklärt hat, habe ich verstanden, es ist irgendwo logisch und doch wirkt es sehr surreal auf mich. Ich besitze ein Seelentier? Ich kann mir nicht ganz vorstellen was das sein soll und was für magische Kräfte in mir leben sollen, aber meine Neugier ist zumindest geweckt. Und außerdem… nun bin ich nicht mehr allein. Jetzt habe ich Menschen, die sich um mich kümmern und die mich beachten. Auch wenn es Perverslinge sind. Alles ist besser als nichts. Nach einer Weile steht Kai auf und verschwindet in einem angrenzenden Raum. Doch er bleibt nicht lange fort. Als er wiederkommt, trägt er einen geflochtenen Korb vor sich her und ich bemerke, dass meine Kleidung darin liegt. Denn bis auf meine Unterhose bin ich vollkommen nackt. Mit einem leichten Schaudern erinnere ich mich an die kürzliche Situation zwischen mir und dem Russen. Er hatte mich auf dem Bett festgepinnt und war mir unglaublich nahe gekommen. Sein Atem strich über mein Gesicht hinweg und ich konnte das wütende Glitzern in seinen Augen sehen, die mich beinahe erdolcht haben. Ich hatte das Schlimmste befürchtet, doch Kyōjus Eintreffen hatte mich vor weiterem bewahrt. Ich bin mit einer leichten Beule davongekommen. Denn Kyōju hat sowohl mir als auch Kai eine Kopfnuss gegeben um uns von unseren „unlauteren Gedanken“ zu befreien, wie er sich ausdrückte. Langsam ziehe ich mir meine Hose an und bemerke, dass sie doch ganz schön ausgefranst ist. Durch den ganzen Schmutz von der Straße ist mir das zuvor nie wirklich aufgefallen. Auch mein grauer Pullover wirkt abgetragen und abgewetzt. Wirklich lange hätte ich den nicht mehr behalten können. Einzig meine Mütze wirkt noch relativ neu. Sie habe ich nämlich erst vor zwei Monaten zwischen zwei Müllsäcken gefunden. Irgendwie hänge ich an ihr. Als ich mich fertig angezogen habe, sehe ich zu Kai auf, der unbewegt neben meinem Bett gestanden und die Augen geschlossen gehalten hat. Sein Profil wirkt sehr markant und ich meine eine kleine Narbe über seinem Auge zu erkennen, aber ganz sicher bin ich mir nicht. „Ich bin soweit.“, sage ich leise und er öffnet seine Augen. Sie schimmern wieder in einem matten Braunton und ich frage mich noch einmal, ob er nicht zuvor silberne Iriden gehabt hatte. Bei Gelegenheit werde ich ihn darauf ansprechen, das habe ich mir vorgenommen. Mit einer knappen Kopfbewegung gibt er mir zu verstehen, dass ich ihm folgen soll und ausnahmsweise gehorche ich ihm dieses Mal aufs Wort. Alles hier ist noch so neu für mich und ich habe Angst, dass ich mich hier nicht zurechtfinde. Außerdem bin ich sehr gespannt darauf, was mir Kai zeigen wird. „Wie heißt du eigentlich?“ Seine Frage kommt sehr plötzlich und ich brauche einen verwirrten Moment um zu verstehen, was er mich wirklich gefragt hat, denn wir gehen bereits seit einer geraumen Zeit schweigend nebeneinander her. „Ray. Ray Kon.“ Keine Antwort. Er nickt scheinbar nur und biegt dann um eine Ecke, bleibt vor einer Tür stehen und klopft zweimal kräftig an. Eine dumpfe Stimme dringt von innen zu uns raus und Kai öffnet die Tür und tritt in das vollkommen verdunkelte Zimmer ein. Nur ein laufender Computerbildschirm spendet ein wenig Licht. „Ähm… setz dich irgendwohin, Kai. Da wo Platz ist, ich muss gerade noch eine letzte Einstellung überarbeiten.“ Neugierig gehe ich in dem Zimmer umher, dabei stoße ich mir den Fuß an einem riesigen Karton, den ich beiseite schiebe. Ich bin neugierig was der Bildschirm zeigt und setze mich deswegen davor auf den Schreibtisch. Ein Diagramm ist zu sehen, viele Zahlen und seltsame Formel und Begriffe, die ich alle nicht verstehe. Aber das Bild sieht sehr hübsch aus. Es sieht aus wie ein Armband mit einem silbernen Schnappverschluss. Wirklich hübsch. Weil es auch so schlicht ist. Dumpfe Geräusche und ein unterdrückter Fluch ertönen und ich wende interessiert meinen Kopf herum und sehe gerade noch, wie ein schmächtiger Junge über den Karton fällt, den ich kurz zuvor verschoben habe. „Autsch!“, jappst er leise und rappelt sich wieder auf, schüttelt den Kopf und schiebt den Karton wieder zurück. „Kai?“ Mit einem Mal flutet helles Licht auf und ich kneife die Augen zu um nicht geblendet zu werden. „Whoa, ich das hell…“, höre ich die Stimme des fremden Jungen und muss leicht schmunzeln. „Ah, da bist du. Also ich war mir nicht ganz sicher wie ich das Band einstellen sollte. Ich meine, wir haben ja keinerlei Daten von ihm. Deswegen bin ich mir nicht ganz sicher ob es die Kraft halten wird. Wäre gut, wenn wir relativ bald einen Übungskampf oder wenigstens die Standardtests mit ihm machen könnte, damit ich das Band angleichen kann.“ „Wird es halten?“ „Wie ich ja schon sagte…“ Kai unterbrach den Jungen erneut sehr schroff. „Wird es halten?!“ „Ja.“ Der Junge ist blond, hat ein paar Sommersprossen im Gesicht, vor allem um die Nase herum, und tiefe blaue Augen. Sie schimmern im Licht besonders stark und es sieht beinahe so aus, als ob ein kleiner Bach in ihnen fließen würde. So lebendige Augen habe ich noch nie gesehen. Sie strahlen Ruhe und Sanftheit aus, aber auch die Entschlossenheit eines Flusses, sich gegen einen Berg durchzusetzen. Ich bin begeistert von diesem Jungen und fühle mich in seiner Gegenwart sehr wohl, was mir ein leises schnurrendes Geräusch entlockt. Überrascht wendet sich der Junge um. „Oh! Gomen, ich habe dich gar nicht bemerkt.“, sagt er freundlich und verneigt sich kurz vor mir. „Mein Name ist Makusu Mizuhara. Freut mich dich kennen zu lernen.“ Ich ergreife seine Hand und lächle sanft. „Ray Kon. Freut mich auch.“ Mit einem freundlichen Blick auf mich wendet sich Makusu wieder Kai zu, der scheinbar wenig interessiert eine Art Band mustert, das er in einer Hand hin und her dreht und von allen Seiten begutachtet. „Ist dass das Band auf deinem Computer?“, frage ich neugierig nach und Makusu nickt bestätigend. „Ja, genau. Das ist das Band an dem ich heute gearbeitet habe. Ich bin gerade eben erst mit den letzten Einstellungen fertig geworden. Wegen einiger Details war ich mir nicht ganz sicher, aber nun sollte es funktionieren.“ Ich verstand nicht fiel von dem was er sagte, doch ich fand es sehr interessant und war begierig darauf zu erfahren, wofür dieses Band wohl gemacht worden war. „Und was macht man mit diesem Band?“ In diesem Moment steht Kai auf und in einer unheilvollen Ahnung rutsche ich ein paar Zentimeter auf dem Schreibtisch nach hinten. Ich habe sein breites, verzerrtes Grinsen gesehen und ahne nur noch Furchtbares. „Kai…? Was…?“ „Du wolltest doch wissen wofür das Band ist, also komm her!“ Seine Stimme ist ein raues Grollen und mir läuft ein Schauer über meinen gesamten Körper, doch ich kann nicht weiter ausweichen. Ich fühle mich wie gelähmt. Seine Augen schimmern wieder silbrig. „Deine Kraft…?“ Er nickt mir zu und sein Grinsen wird nur noch breiter. Mit einem leisen klicken öffnet er die Schnalle und greift mit einer Hand unter mein Kinn. Dann legt er mir das kühle lederartige Band um den Hals und lässt den Verschluss wieder zuschnappen. Keine Sekunde später fühle ich eine Art Stromstoß durch meinen Körper fließen und überrascht keuche ich auf. Meine Haare stehen zu Berge und angstvoll blicke ich zu Kai auf, der sich tiefer zu mir herabgelehnt hat und mir leise etwas ins Ohr flüstert. „Jetzt gehörst du mir.“ … _________________________________________________________________________________ *shénme ist chinesisch und bedeutet „was“. Da Ray ja gebürtiger Chinese ist werde ich ihn ab und an ein wenig Chinesisch sprechen lassen. Auch die anderen Charaktere werden sich hin und wieder ihrer Muttersprache befleißigen. Kapitel 3: Transitory --------------------- Based on the Doujinshi „Elements“; Art by Nor-chan © by Nor-chan, Takao Aoki-san / all rights reserved Transitory Mir ist schlecht. Um wirklich ehrlich zu sein möchte ich am liebsten auf seine frisch geputzten Schuhe kotzen. Wenn ich allein schon sein Gesicht sehe kommt mir die ganze Galle hoch. Kai Hiwatari… irgendwann zahle ich dir alles heim, das verspreche ich dir! Doch meine düsteren Gedanken bringen mir absolut nichts. Von dem Übelkeitsgefühl einmal abgesehen. Ich bin nun einmal hier und Kai ist dank Kyōju mein Sensei und ich ihm zu Gehorsam verpflichtet. Pah! Arschlecken! Im Augenblick geht es mir jedoch in sofern gut, als das Kai nicht hier ist. Er wird nicht lange wegbleiben, aber allein schon die Gewissheit nicht mit ihm in einem Raum zu sein bereitet mir einen wahren Glücksmoment. „Ray…?“ Ich blicke auf und lächle Makusu zu, der vor mir steht und dann auf das Laufband unter meinen Füßen zeigt. „Hast du mir auch nur eine Sekunde lang zugehört?“ Weiterhin freundlich lächelnd schüttle ich den Kopf und sehe Makusu grinsen. Der Blondschopf ist ein netter Junge und ich mag ihn wirklich gern. Er ist ganz anders als Kai, der jeden morgen schon direkt nach dem aufstehen so eine miese Grimasse zieht. Ehrlich, aus diesem Typen werde ich nicht schlau. „Also dann noch mal. Ich brauche die exakten Werte für dein E-Band und dafür musst du ein paar Tests durchlaufen. Als erstes deine Kondition. Das Gerät ist so eingestellt, dass du dich zunächst einmal locker einläufst und es dann von Zeit zu Zeit schwieriger wird. Deine Werte werden dabei kontinuierlich gemessen. Wenn du aufhören möchtest, dann gibst du mir einfach ein Zeichen, okay?“ „Hai!“ Mit einem Ruck springt die Maschine an und beinahe wie von selbst bewegen sich meine Beine in einem dazu passenden Rhythmus. Die ersten zehn Minuten lang kann ich mich noch mit Makusu unterhalten und er erzählt mir viel über diese Einrichtung hier und über all die anderen Jugendlichen die hier aufgenommen wurden. Als ich ihn nach Kai frage, lächelt er ganz plötzlich und ich schaue ihn nur verwirrt an. „Entschuldige.“, sagt er und kritzelt sich wie beiläufig eine Notiz auf seinen Block, den er auf seinen Schoß hält. Dann sieht er mich wieder an und grinst ganz frech. „Es tut mir wirklich Leid, Ray, aber Kai ist ein Thema, dass du besser nicht mit mir besprichst.“ Mein Blick wird nur noch verwirrter, was Makusu leise kichern lässt, doch ich kann zu keinem Protest mehr ansetzen, denn das Laufband beginnt nun sich schneller unter meinen Füßen zu bewegen und ich falle in einen trabenden Schritt. „Ich weiß nicht sehr viel über Kai. Persönlich stehen wir uns nicht sehr nahe und über alles was er vor seiner Zeit im CoE getrieben hat schweigt er sich aus. Es ist schwer an ihn ranzukommen. Ich persönlich glaube, dass er so eine Art einsamer Wolf ist, dem es nichts ausmacht alleine zu sein. Er kämpft immer alleine.“ Einen Moment hält Makusu inne und scheint nach draußen zu lauschen, doch die leisen Schritten verklingen alsbald und er lehnt sich wieder entspannt zurück. Schnell wirft der Blondschopf einen Blick auf die vielen blinkenden Anzeigen und drückt dann hier und dort ein paar Knöpfe auf seltsam anmutenden Armaturen. Ein leises Piepsen ertönt und erneut wird die Geschwindigkeit meines Laufbandes erhöht. „Wenn ich ehrlich bin, dann hat es mich sehr überrascht, dass ausgerechnet du als Kais Teampartner eingetragen wurdest. Es geht nicht gegen dich persönlich, Ray, aber du passt in keinster Weise zu ihm.“ Makusus Worte sind wie Nadelstiche auf meiner Haut und ich wende mich von seinen unheimlich strahlenden blauen Augen ab. Verärgert trete ich schneller aus. Als ob ich darum gebeten hätte sein Partner und Schüler zu sein! Als ob ich jemals gebeten hätte überhaupt hier zu sein! Wenn es nach mir gegangen wäre, dann wäre mir Kai niemals über den Weg gelaufen und ich würde nach wie vor auf der Straße leben und mich mit Gaunereien über Wasser halten. Denn da wusste ich immerhin was ich tat und wohin ich gehörte. Aber hier? Hier ist alles neu und fremd für mich und ich habe ehrlich gesagt nicht die geringste Lust darauf mit meinem Seelentier in Berührung zu kommen. Schön und gut das ich eine solche Macht habe, aber ich habe sie nie benötigt und brauche sie auch jetzt nicht! Ich kann darauf verzichten, bei Gott! „Jetzt hast du ihn verärgert.“ Diese ruhige, bedrohliche Stimme jagt mir einen eiskalten Schauer über den Rücken. Ich hebe nur zögerlich den Kopf und sehe zu Kai herüber, der lautlos den Trainingsraum betreten hat und Makusu nun mit einer finsteren Miene ansieht. Der Blondschopf versucht dem harten Blick aus Kais Augen standzuhalten, doch es dauert nicht lange und er gibt keuchend auf, wendet den Blick ab und schnappt heftig nach Luft. Erschrocken bemerke ich, dass Kais Iriden silbrig schimmern. Mir wird mit einem Mal wirklich bewusst was es bedeutet, wenn sich Kais Augen verfärben. Zuvor war alles nur eine Ahnung gewesen, doch nun begreife ich die Macht, die hinter all diesen Dingen steckt. Es ist nichts mehr so einfach wie ich mir das immer wieder versucht habe einzureden. Ein einziger Blick genügt und diese Macht befördert einen Menschen ins Jenseits. Wenn Kai es gewollt hätte, dann hätte er Makusu bezwingen und vielleicht sogar töten können. Ich erschaudere bei diesem Gedanken und kralle meine Hände in die mit Schaumstoff umzogenen Stangen des Laufbandes. Diese Macht… diese Macht die in mir wohnt… kann töten… kann vernichten und zerstören… Dieser Gedanke betäubt mich und alles um mich herum verschwindet. Einzig und allein Kai bleibt in meinem Blickfeld scharf und ich werfe ihm einen verängstigten Blick zu. Wenn ich diese Kraft nicht zu kontrollieren lerne, könnte ich damit einen unglaublichen Schaden anrichten. Dieser Tag sollte noch lange andauern. Nach der Laufbandeinheit musste ich noch Gewichte heben, Reaktionstests über mich ergehen lassen, einen Gesundheistcheck absolvieren und wurde einmal von Kopf bis Fuß vermessen. Ich weiß jetzt sogar, dass mein kleiner Zeh drei Zentimeter lang ist. Aber nur der an meinem rechten Fuß. Diese ganzen Tests waren anstrengend und ein Großteil davon meiner Meinung nach vollkommen überflüssig, doch Makusu hat mir erklärt, dass es sehr wichtig ist genaueste Daten über sich selbst und andere zu haben, sowohl was Körpermaße und Fitness betrifft, als auch charakterliche Eigenschaften und Interessen. Der Blondschopf hat mir seine Datensammlung gezeigt und ich war wirklich beeindruckt über den ganzen Aufwand den er betrieben hat. Auffallend war allerdings, dass bei Kai zwar alle möglichen Vermessungsdaten standen aber kaum etwas über seine Fähigkeiten. Zumindest war dieser Teil im Vergleich zu anderen Mitgliedern sehr kurz. „Kais Potenzial ist unermesslich. Im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern kann er auf scheinbar unerschöpfliche Ressourcen zurückgreifen. Jeder Mensch erreicht irgendwann einmal seine Grenzen, doch Kai scheint seine eigenen Grenzen immer wieder zu durchbrechen.“ „Wie ist so was möglich?“ „Ich weiß es nicht, Ray. Und selbst wenn Kai es wüsste bin ich mir nicht sicher ob er es mir sagen würde. Er hasst meine Methoden.“ Dabei hatte Makusu zu Kai geblickt, der nur stumm dagesessen war und uns keines Blickes gewürdigt hatte. Lange Zeit habe ich über alles was an diesem Tag passiert ist nachgedacht. Vor allem über Makusus Worte. „Wenn ich ehrlich bin, dann hat es mich sehr überrascht, dass ausgerechnet du als Kais Teampartner eingetragen wurdest. Es geht nicht gegen dich persönlich, Ray, aber du passt in keinster Weise zu ihm.“ Diese Worte haben mich getroffen. Ich mag Makusu, auch jetzt noch, denn er ist ein lieber Kerl und später hat er mir erklärt was er wirklich damit gemeint hatte. Kai war in unser gemeinsames Zimmer vorausgegangen. „Es tut mir Leid, dass ich vorhin so gemein zu dir war, Ray. Ich meinte es wirklich nicht persönlich. Aber weißt du, Kai war von jeher allein. Er war der Einzige der nie einen Partner hatte und damit ist er sehr gut gefahren. Seine Kräfte sind selbst für uns nicht wirklich kontrollierbar und er übernimmt die gefährlichsten Aufträge. Wir anderen sind in Teams eingeteilt worden. Ein Team zu je zwei Mann. Und das funktioniert bei uns sehr gut, weil wir so veranlagt sind. Sowohl menschlich als auch aufgrund unserer Kräfte. Unsere individuellen Eigenschaften wurden so kombiniert, dass wir uns ergänzen. Mein Partner ist Yuriy Iwanov, ein sehr temperamentvoller Kerl, der sehr gerne einmal drauflos stürmt und sich dabei keine Gedanken um die Gefahren und Risiken macht. Man könnte fast meine, dass ich sein genaues Gegenteil bin, denn wie du gesehen hast bin ich einer, der alles analysiert und durchdenkt. Auch unsere Kräfte sind so ausgerichtet. Er ist der aggressive Angreifer und ich bilde seine felsenfeste Verteidigung. Wir ergänzen und schützen uns. Nun… bei dir und Kai… Kai ist ein Einzelkämpfer, der Schutz noch nie nötig hatte und der allein stark genug ist um es mit jedem erdenklichen Gegner aufzunehmen. Und du… ich hätte erwartet, dass Kai einmal einen Partner bekommt der so ist wie ich. Der sein aufkeimendes Temperament während eines Kampfes zurückhält. Du bist keine Ergänzung für Kai… im Gegenteil, du bist ihm sogar sehr ähnlich. Deine Kräfte sind genau wie seine: unglaublich stark im Angriff. Wenn du so willst seid ihr zwei Kampfmaschinen. Und ich befürchte einfach, dass ihr euch in die Quere kommen werdet und das einer von euch dadurch großen Schaden nimmt.“ Auch wenn ich vielleicht noch immer nicht ganz verstanden habe worum es hier eigentlich genau geht und warum alle dieses Thema so ernst nehmen, so denke ich dennoch, dass ich Makusus Sorgen verstehen kann. Ich seufze laut auf und lasse mich dann erschöpft in mein Bett fallen. Dieser Tag war anstrengend und hat mich total fertig gemacht. Ich rolle mich auf die Seite, schiebe das Kopfkissen noch ein Stückchen weiter zusammen, seufze noch einmal und schließe dann die Augen. Ich nehme nur noch das leise zuschlagen der Tür und Kais Schritte war, ehe ich einschlafe. … „…ay! Ray!“ Starke Hände packen mich, zerren mich hoch und schütteln mich kräftig. Als ich die Augen aufschlage und mir meiner Umwelt bewusst werde, bemerke ich entsetzt, dass ich lauthals schreie und wie wild um mich schlage. Langsam lasse ich die Arme sinken und schließe meinen Mund, ersticke damit mein eigenes Geschrei. Kai steht vor mir, sein Blick ist in diesem Moment ein Ausdruck der Sorge und… Angst. Schwer atmend lasse ich mich wieder in mein Kissen zurücksinken und wische mir über meine nassen Wangen. Ich habe geweint. Für einen kurzen Moment schließe ich meine Augen wieder, versuche mich darauf zu besinnen wo ich wirklich bin und taste mit meiner Hand nach dem Bernsteinanhänger meiner Mutter. „Mum…“, flüstere ich leise und erneut laufen mir die Tränen über die Wangen. Ein gewaltiger Ruck geht durch meinen Körper, als Kai mich erneut packt und hochzieht. Ich will protestieren, doch verblüfft behalte ich alle Worte bei mir. Unglaublich, aber wahr… Kai Hiwatari, der Eisklotz… umarmt mich. Ich weiß nicht genau warum, vielleicht weil ich mich in diesem Moment so entsetzlich schwach und einsam fühle, aber ich zögere nicht lange und schmiege mich an den kräftigen und vor allem warmen Körper meines Teampartners, der mich gerade so fest in den Armen hält, dass ich mich geborgen fühle. „Willst du es mir erzählen?“ Fast muss ich ein wenig schmunzeln bei seiner Frage, denn Unglaublicherweise hat scheinbar nur Kai Hiwatari den Dreh raus, wie man eine solche Frage nicht neugierig, dafür aber mitfühlend klingen lassen kann. Langsam lege ich meine Hände auf seine Schulter, bette mein Gesicht in seine Halsbeuge und schließe die Augen, atme einmal tief durch. Dann beginne ich, ihm davon zu erzählen. „Meine Mum ließ sich von meinem Vater scheiden als ich noch ganz klein war und zog mich dann alleine auf. Es war nicht leicht für sie, aber trotz allem waren wir zu zweit sehr glücklich. Sie bekam eine Stelle in einer großen Firma angeboten und nach etwa zwei Jahren verlobte sie sich mit ihrem Chef.“ Ich stocke. Meine Kehle schnürt sich zu als ich an das Folgende denke und noch einmal greife ich nach dem Bernsteinanhänger an meinem Hals, halte ihn hoch ins Licht und schlucke einen großen Kloß hinunter. Kais warme Hand legt sich auf meine und er sieht mich besorgt an. Doch er sagt kein Wort und dafür bin ich ihm in diesem Moment unendlich dankbar. Er lässt mir die Zeit die ich brauche, drängt mich nicht, sondern gibt mir das Gefühl für mich da zu sein, mich aber niemals zu etwas zwingen zu wollen. In einem Anflug von Dankbarkeit und einem Gefühl das ich mir selbst nicht zu deuten weiß, schlinge ich meine Arme um ihn und ziehe ihn zu mir heran. „Ich mochte ihren Chef. Er war ein sehr netter Mann, hat sich rührend um meine Mum und mich gekümmert und dabei hat er mir nie versucht meinen Vater zu ersetzten. Ich habe nur wenige Erinnerungen an meinen leiblichen Vater, aber… Eines Tages veränderte sich dann alles. Meine Mum war nicht zu Hause und er kam in mein Zimmer…“ Tränen rennen über meine Wangen, ich wische sie fort, doch mein ganzer Körper bebt und zittert, Kais Arme schließen sich fester um mich, sein Atem streift meine Haut und mit einem Mal wird mir wieder etwas wärmer. „Hat er dich misshandelt?“ Ich nicke. „Hat er dich vergewaltigt?“ Ich zucke unter diesen Worten zusammen; ich nicke. Kais Hände sind so sanft und warm. Sie streichen meinen Rücken entlang, ganz sacht, sie berühren mich kaum und doch… ich fühle mich so geborgen und sicher. Warum? „Er brachte mir die Hölle auf Erden und ich floh von zu Hause. Ich hielt es nicht mehr aus. Doch ich kehrte wieder zurück. Ich konnte meine Mutter nicht alleine lassen, mit Sicherheit würde sie sich Sorgen um mich machen und ich selbst hatte Angst um sie. Wenn er ihr auch etwas antun würde? Aber… als ich nach Hause kam… alles war leer… keine Möbel… keine Zeichen mehr davon das jemals jemand dort gelebt hatte. Und meine Mutter war verschwunden. Ich habe sie überall gesucht. Aber… sie war fort… ich glaube er hat sie mitgenommen. Seit jenem Tag bin ich allein.“ Weitere Tränen rennen über meine Wangen, doch sie werden von warmen Händen weggestrichen, unglaublich sanfte Augen sehen auf mich herab du zum ersten Mal sehe ich meinen russischen Teampartner lächeln. „Wein nicht mehr! Jetzt bist du hier und nur das ist wichtig. Von nun werde ich auf dich aufpassen, ne?“ Ich merke wie meine Wangen sich röten und verzweifelt schiebe ich Kai von mir fort, knurre laut auf und tue dann das was ich immer tue: ich beschwere mich! „Pah! Ich brauch keinen Aufpasser, bin doch kein Baby mehr! Wofür hältst du mich eigentlich, Perversling?“ Es folgt keine Reaktion auf meine Worte und mir wird nun mit einem Schlag bewusst, dass Kai seine Worte vollkommen ernst meinte. Keine Verarschung, kein Spiel, sondern reine Ehrlichkeit. Mir kommen erneut die Tränen. „Danke…“, flüstere ich leise, ehe ich von Kai erneut in eine Umarmung gezogen und in meine Kissen gedrückt werde. Er wirft die Decke über uns und bis ich sanft in seinen Armen einschlafe lausche ich dem ruhigen, steten Rhythmus seines Herzens. … Kapitel 4: First Mission ------------------------ Based on the Doujinshi „Elements“; Art by Nor-chan © by Nor-chan, Takao Aoki-san / all rights reserved Im nächsten Kapitel gibt es "Russisch für Anfänger!" ^.^ First Mission „Dieser elende Kyōju kann was erleben, wenn dieser Mist hier vorbei ist! Ich trete ihm höchstpersönlich in den Arsch und zieh ihm die Ohren lang! Elender Mistkerl!“, zische ich aufgebracht und stampfe undamenhaft mit meinen spitzen Schuhen auf den Parkettboden. Aber warum sollte ich auch nicht undamenhaft sein, schließlich bin ich keine und werde auch nie eine sein, egal wie viel Puder und Lippenstift man mir ins Gesicht klatscht. Und auch egal wie sehr man meine langen Haare wäscht und frisiert und ebenfalls egal wie oft man mich auch in ein hautenges Kleid steckt, dessen Dekollete man mit diesen komischen Gelpolstern aufgemöbelt hat. Oh, wenn ich nur daran denke kriege ich wieder das Kotzen und einen unheimlichen Hass auf meinen „Chef“, der „ja so entzückt von mir ist“, wenn ich ihn einmal zitieren darf. Ein unangenehm spitzer Ellebogen sticht mir in die Seite und ich fange den mahnenden Blick meines Partners auf, der mindestens genauso elegant gekleidet ist wie ich, wenn auch in der passenden männlichen Garderobe. „Sei still! Jetzt ist es eh zu spät! Wenn du weiter so rumnörgelst wird man noch auf dich aufmerksam und dann war alles für die Katz.“, murmelt er eindringlich und wie auf ein geheimes Zeichen hin dreht sich ein älterer Herr zu uns um und lächelt mir freundlich zu. Ich zwinge mich ebenfalls zu einem Lächeln und neige leicht den wohl frisierten Kopf um den Herren zurück zu grüßen. Dabei kann ich es mir allerdings nicht verkneifen Kai mit meinem Absatz auf die Zehen zu treten. Und plötzlich muss sich Kai einen allzu lauten Ausruf sparen, denn ein Wut- oder Schmerzschrei hätte die Anwesenden mit Sicherheit auf uns aufmerksam gemacht. Doch Kai ist nicht ohne. Langsam lässt er seine rechte Hand hinter meinen Rücken wandern und zwickt mich einmal, wenn auch sehr feste, ehe er mich zu sich zieht und mir ein „Los, wir tanzen!“ ins Ohr raunt. Bitte?! Ich soll tanzen? Hat der sie nicht mehr alle? Bei dem hat jetzt wohl alles ausgesetzt. Schlimm genug, dass ich hier als aufgetakelte Diva rumrennen muss, aber tanzen kann ich mit Sicherheit nicht. Nicht in diesen Schuhen, nicht in diesem Kleid und eigentlich auch in keinem anderen Outfit. Ich habe keine Ahnung vom Tanzen, das hat mir niemand beigebracht, so fliegen wir garantiert auf, aber dessen ist sich Kai wohl nicht bewusst, denn unerbittlich, wenn auch mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht, schiebt er mich vor sich her auf die Tanzfläche, auf der sich schon einige der Reichen und Schönen hier tummeln. Er ergreift nun meine Hände, legt sich die eine auf die Schulter, die andere um seine Hüfte, greift dann nach der meinigen und zieht mich nahe an sich heran, was mich entrüstet zu ihm aufblicken lässt. Kai neigt sich nun langsam zu mir herab, streift mit seinem warmen Atem mein Gesicht, seine Lippen berühren sacht mein Ohr und ich kann sein dreckiges Grinsen förmlich riechen. „Versuch dich zu entspannen und überlass mir die Führung.“ Noch bevor ich meine rot geschminkten Lippen öffnen kann hat er sich auch schon in Bewegung gesetzt und ich ziehe scharf die Luft ein. Wir stehen so dich aneinander, dass seine Hüfte an meiner reibt und ich so jede Bewegung die er vollführt automatisch mitmachen muss. Zudem bin ich mir fast sicher, dass Kai diese mehr als zweideutige Situation absichtlich herbeigeführt hat und dass er sie genießt. Er ist eben doch ein kleiner großer Perversling!!! „Sie mich an.“, flüstert er mir leise zu und widerwillig hebe ich den Blick, schlucke einmal heftig, als ich das graue Funkeln in seinen Augen sehe. „Was…?“ Doch er schüttelt lächelnd den Kopf. Dieses Lächeln… war das echt? Noch nie habe ich Kai so lächeln gesehen. Schon im nächsten Augenblick entgleitet mir die Welt um mich herum, ich sehe nichts mehr außer Kais Gesicht. Ich spüre nichts mehr, als Kais Hände auf meinem Körper. Ich höre nichts mehr außer Kais ruhigen Atemzügen, die sich zu dem Rhythmus formen dem meine Schritte folgen. Schritte, die ich willenlos begehe, denn Kai hat mich in seinen Bann geschlagen. Er murmelt in meinem Kopf beruhigende Worte, während er meinen ganzen Körper unter Kontrolle hält. Warum nur tut er das? Hab keine Angst mehr! Eine unglaubliche Wärme breitet sich in mir aus… Ich werde von nun an für dich da sein! Immer weiter steigt die Hitze in mir auf, ich befürchte zu verbrennen… Lass mich der Einzige für dich sein… ich beschütze dich! Und mit einem Mal erlischt der Zauber. Ich blinzle verwirrt, die Welt um mich herum wird wieder bunter, lauter und ich sehe zu Kai auf, der mich noch immer in seinen Armen hält, doch nicht mehr ganz so fest wie zu Beginn. Sein Gesicht wirkt angespannt und er fixiert einen Punkt weit hinten im Saal. Mich umzudrehen wage ich jedoch nicht. War das wirklich Kais Stimme in meinem Kopf gewesen? Der Einzige…? Was sollte das bedeuten? Doch ich kann mir über diesen Gedanken nicht mehr klar werden, da Kai mir ein „Los geht’s!“ ins Ohr raunt und mich dann mit einem kräftigen Dreher aus seiner Umarmung entlässt. Nur knapp kann ich mir ein Aufschreien verkneifen, als ich schließlich mit jemandem zusammenstoße. „Uff! ... Verzeihung, ich… ich wollte nicht…“, stammele ich hilflos, doch ich werde sanft auf die Füße gezogen und ein älterer, wenn auch ansehnlicher Herr lächelt auf mich herab. „Aber nicht doch, Mylady! Ihnen kann ich doch nicht böse sein. Sie sehen ein wenig blass aus, kommen Sie, ich bringe Sie an die frische Luft.“ Und ohne noch einen Protest aussprechen zu können werde ich auch schon von dem Herren durch den Saal geführt, direkt auf die riesige Balkontüre zu. Langsam wird mir tatsächlich schlecht. Und von Kai, keine Spur mehr. Ich lache gelöst und streiche mir beiläufig eine Haarsträhne zurück hinters Ohr. Der Herr, der mich hinaus begleitet hat, lächelt ebenfalls, nippt an seinem Champagner und lehnt sich dann gegen die Brüstung des Balkons. Die frische Luft tut mir gut und meine Laune hat sich auch erheblich verbessert. Der Typ ist echt ein witziger Kerl, wer hätte das von so einem Bonzen schon gedacht? Ich jedenfalls nicht, denn ich habe einen Haufen Vorurteile gegen diese Sorte Mensch. „Aber genug von mir. Erzählen Sie mir doch etwas über sich. Wo kommen Sie denn her? Nicht aus Japan.“, sagt er dann und mein Lächeln gefriert auf meinem Gesicht. Ich wusste es ja von Anfang an, der hat unlautere Absichten. Wichser! „Oh, ich… ich komme aus Thailand.“, schwindle ich und leere mein Glas. Ich habe keine Ahnung was das für ein Zeug ist, es schmeckt allerdings echt gut. Unbedacht lecke ich mir über die Lippen und ich sehe wie ein gieriger Ausdruck in die Augen meines Begleiters tritt. So ein Perverser! „Thailand, schön… ich war leider noch nie da. Und mit wem sind Sie hier?“ „Ich begleite meinen Freund. Jungunternehmer.“, plaudere ich aus, kann aber nicht verhindern, dass ich bei dem Wort Freund etwas verächtlich klinge. Kai Hiwatari und mein Freund… nur über meine Leiche! „Oh! Junge Unternehmen muss man früh fördern, ich würde mich gerne näher damit beschäftigen, erzählen Sie mir…“ Seine letzten Worte gehen in einem Rauschen und Knistern unter, ehe ich dann Kais liebliche Stimme hören kann. Der Mistkerl lebt also noch, wie schön! „Ich habe unsere Zielperson im Visier. Durch den linken Ausgang des Saales, zweiter Raum auf der rechten Seite. Die Tür steht einen Spalt offen. Komm her!“ Ja Kai, ich liebe dich auch… Ich schenke meinem Gegenüber ein zuckriges Lächeln und entschuldige mich dann mit den Worten, dass ich wohl langsam wieder zu meinem Freund gehen sollte, ehe dieser mich noch vermisst. Der reiche Pinkel lächelt daraufhin zurück und reicht mir seine Karte, führt mich dann noch in den Saal und verabschiedet sich von mir, ehe er zu seiner etwas angestaubten Frau zurückkehrt. Solche sind mir die Liebsten! Die Karte verstaue ich irgendwo in meinem Faltenwurf, durchquere dann den riesigen Tanzsaal und steuere auf den linken Ausgang zu, der allerdings von einem riesigen Schrank in schwarzem Anzug bewacht wird. Ob der mich wohl vorbeilässt? Tut er zum Glück und ich durchschreite die Tür, sehe mich um und entdecke dann meinen miesepetrigen Partner, der vor der entsprechenden Türe auf mich wartet, die Arme verschränkt und die Augen zu Schlitzen verengt. Was in drei Teufels Namen habe ich nun schon wieder verbrochen? „Der Typ ist da drin, das ist sein persönliches Büro. Er ist momentan alleine, den Schlüssel trägt er um den Hals. Mach dich an ihn ran und klau ihm das Ding.“ „Ich habe dich auch vermisst, Schatz!“, gifte ich ihn an und klopfe dann an der Türe, ein Brummen ertönt, das ich einfach mal als eine Aufforderung fürs Eintreten interpretiere. Mit einem letzten Blick auf meinen vermaledeiten Partner drücke ich die riesige Türe auf und trete ins Büro hinein. Das erste was ich sehe ist… nichts. Vor mir tut sich augenscheinlich ein großes schwarzes Loch auf, denn in dem Raum ist es stockdunkel, kein Licht, nicht mal das klitzekleinste Lämpchen brennt. „Ähm… Verzeihung…?“, frage ich leise in den Raum hinein und vor mir ertönt ein leises Schnappgeräusch und es leuchtet tatsächlich eine Schreibtischlampe auf. Ich blinzle erschrocken und sehe mich dann neugierig um. Das Büro ist übervoll von Büchern, Karten und anderem wissenschaftlichen Schnickschnack der mich eigentlich nicht im Geringsten interessieren würde, wenn da nicht Kyōju und sein blöder Auftrag wären. Der Boss will, dass ich diesem Herrn da eine Art kleiner Mini-Disk abjage, die wohl ganz wertvolle Informationen enthalten soll, die er unbedingt für seine Forschungen braucht. Und wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist dieser Opa am Schreibtisch auch ein böser Junge, der den Elements aus Profitgeilheit an den Kragen will. Das passt mir ja schon mal gar nicht. Also habe ich auch keine Skrupel ihm das Ding abzujagen. Zaghaft trete ich auf ihn zu und sehe mich dabei gespielt verwirrt um. „Verzeihen Sie die Störung, aber… ich habe mich scheinbar etwas verlaufen.“, erkläre ich ihm und ich sehe wie sich ein Lächeln auf seine vergreisten Züge stiehlt. Anscheinend mag er mich. Was ein Glück… „Aber das macht doch nichts. Kommen Sie, setzen Sie sich. Wollen Sie mir nicht Gesellschaft leisten?“ Er macht eine einladende Bewegung und ich bin so brav und tue was er wünscht. Wieder einmal ein Lächeln von der Sorte „Purer Zucker – Vorsicht Karies!“ und dann sitze ich auch schon bei ihm… oder besser, auf seinem Schreibtisch der Marke rustikal. Um langen Einzelheiten aus dem Weg zu gehen, wobei ich mich an die meisten eh nicht wirklich erinnern kann, sage ich einfach schnell was passiert ist, oder besser, was ich eigentlich geplant hatte. Mein genialer Plan war Folgender: Ich labere mit dem Typen, lächle dabei zuckrig, wie oben schon gesagt, dann rutsche ich vor ihm hin und her, zeige dabei meine wunderschönen, grazilen Beine, saufe dann mit ihm um die Wette, fange an mit ihm über Geschäfte zu reden und locke dann aus ihm hervor wo er diese Disk hat. Genial oder? Finde ich auch, auf jeden Fall! Dumm ist nur, dass ich zwischen der Beinsache und dem Wettsaufen stecken geblieben bin. Ich weiß noch, dass ich auf jeden Fall total dicht war, gelacht habe wie unter Drogen und das der Typ irgendwie ganz ungeniert an mir rumgefummelt hat, was ich aber wohl ultrakomisch fand. Ihr seht also, dass war ein Erfolg auf der ganzen Linie. Wirklich erinnern kann ich mich dann nur noch an den Teil, wo ich mit dem Rücken auf dem Schreibtisch lag, der Kerl zwischen meinen Beinen stand und ganz angegeilt auf mich herabgesehen hat. Da ist mir dann in meinem Suffkopf aufgegangen, dass ich eigentlich keine Lust habe mit dem Kerl rumzumachen, geschweige denn mich durchvögeln zu lassen. Doch so zugedröhnt wie ich war habe ich es nicht mehr fertig gebracht den alten Sack von mir runterzukriegen. Dafür musste ich mir dann leider Hilfe holen. Ihr ahnt es sicher schon. Ja… von Kai. Schande… Ich kann dem Kerl keine drei Wochen mehr in die Augen sehen, ach was, noch länger, so eine Scheiße. Ich hab irgendwann einfach angefangen nach ihm zu rufen. Mein kleines Minimikrofon hatte sich nämlich sonst wohin verabschiedet. Nicht gerade vorteilhaft, aber zum Glück hat der Russe gute Ohren, denn nur wenige Augenblicke später ging die Türe auf und Kai stand im Rahmen, warf mir, uns, einen vollkommen entgeisterten Blick zu. Zum Glück stand er nicht sehr lange auf der Leitung, sondern kam schnell zu uns herüber und hat mir diesen dicken alten Mann vom Hals geschafft. Der war inzwischen so besoffen, dass er einfach auf dem Fußboden eingeschlafen ist. „Alles klar bei dir?“ Langsam nicke ich, richte mich auf und ziehe mir meine Kleidung wieder in Ordnung, doch Kais Blick lässt mich nicht los und ich sehe wieder auf. Erschrocken zucke ich zurück, denn Kai schaut so finster drein wie ein Gewittersturm. „Sag mal bist du von allen guten Geistern verlassen? Ich glaube du bist jetzt vollkommen durchgedreht! Was sollte das hier?“ Bei mir kommt jetzt ungefähr so viel an: bla blablabla blabla blaaa Leute, ich bin total besoffen. Das hat Kai wohl auch mitbekommen, denn er fängt mich gerade noch auf, als ich ihm mit einem entrückten Lächeln in die Arme stürzen will und dabei einen halben Meter zu weit rechts lande. Doppelt sehe ich jetzt auch schon alles. Aber irgendwie finde ich das lustig. Das entlockt mir auch ein total behämmertes Lachen. Und von Kai kriege ich einen mürrischen Blick. Aber wenn er so eine Schnute zieht ist er doch ganz niedlich, oder? Das ist noch so der einzige helle Fleck in meiner Erinnerung. Später hat Kai mir erzählt, dass ich wohl trotz allem Müll den ich fabriziert habe wohl so schlau gewesen bin nach der Disk zu fragen. Und der Herr hat mir scheinbar geantwortet. Es hat Kai zwar fast drei Stunden gekostet mir die nötige Zahlenkombination aus der Nase zu ziehen mit der er den Safe öffnen konnte (außerdem habe ich ihm die Zahlen in einer verdrehten Reihenfolge genannt, was nicht gerade förderlich war), und dann musste er mich auch noch von jeder weiteren alkoholischen Flüssigkeit fernhalten, aber im Endeffekt ist der Auftrag glatt über die Bühne gelaufen. Makusu hat sich dann, als wir wieder raus waren, um die Videobänder im Büro gekümmert, die Kai vorher nicht eingeplant hatte. Alles prima! Mir tut jetzt lediglich der Kopf weh. Der Auftrag war vorgestern, aber noch immer fühle ich mich wie ausgekotzt, da hilft mir auch kein nasser, kühler Waschlappen, oder viel Wasser und eine Aspirin. Ich liege schon den ganzen Tag im Bett, das Zimmer ist vollkommen verdunkelt und um mich herum herrscht eine beruhigende Stille. Langsam geht es mir wirklich besser. Aber wirklich nur langsam. Hauptsache dieser erste Auftrag ist gut über die Bühne gegangen. Kapitel 5: Russin Time ---------------------- Based on the Doujinshi „Elements“; Art by Nor-chan © by Nor-chan, Takao Aoki-san / all rights reserved Kurze Anmerkung! Kai und Yuriy reden in diesem Kapitel ein wenig Russisch, die Übersetzung findet ihr am Ende des Kapitels und es wäre nicht schlecht, wenn ihr die in ein separates WORD Dokument kopieren würdet, dann müsst ihr innerhalb der Geschichte nicht dauernd umblättern, da ich alles chronologisch aufgelistet habe. Mein Russisch kommt von einer Übersetzungsmaschine im Internet und deswegen übernehme ich keine Garantie für die Richtigkeit der russischen Passagen. Aber ich denke, dass es so einigermaßen hinkommt. Die Übersetzung ist im Übrigen auf Englisch, da das einfach besser rüberkommt, wie ich finde. Russin Time „Как вы, Kai?“* Ich sehe mich erstaunt um und fixiere den Jungen, der aus einer Tür herausgetreten war und Kai unverwandt anstarrt. Nur schwach erinnere ich mich an das Gesicht, das ich schon einmal in Makusus Computerdatei gesehen habe. Der Name fällt mir allerdings nicht ein. „Да.“ Kai ist so wortkarg wie immer. Doch er reicht dem Fremden die Hand, zieht diesen in eine kurze, aber kräftige Umarmung. Ich hasse es, so ignoriert zu werden. „То ваш товарищ по команде?“ Während der Typ das sagt sieht er mich an und ein überhebliches Grinsen umspielt seine Lippen, seine Mundwinkel zucken verächtlich und dann legt er Kai einen Arm um die Schulter, beugt sich näher zu dem Russen herab. Dabei lässt er mich jedoch nicht aus den Augen. „Более плох, нет оно? Он мал, слаб и некотор виды уродского… не ваш тип. Дайте его назад.“ Okay, das reicht. Was auch immer er da Kai über mich ins Ohr sülzt, das geht zu weit. Ich balle meine Hand zur Faust und gehe auf den Kerl zu. Ich hasse ihn jetzt schon. „Hey! Du russischer Arsch!“, rufe ich laut und der andere hebt belustigt eine Augenbraue, nimmt die Hände hoch und grinst noch eine Spur breiter. „Wenn du was zu sagen hast, dann sag es! Aber so, dass ich dich verstehen kann! Ansonsten halt deine dämliche Fresse oder ich polier sie dir!“, schreie ich, packe den Rotschopf am Kragen, presse ihn gegen die nächste Wand und funkle ihn wütend an. So einen Mist lasse ich mir nicht bieten. Ich spüre wie sich eine Hand auf meine Schultern legt und ich von dem Kerl weggezogen werde, der mich schon wieder zu ignorieren scheint. „Он больше моего типа чем вы, Yuriy. Получите назад, или я задавлю вас.“, höre ich Kais Stimme hinter mir und ich bemerke, dass er noch um eine Spur kälter und distanzierter wirkt, wenn er auf Russisch redet. Es ist das erste Mal, dass ich ihn so reden höre. Als er mich hinter sich herzieht werde ich jedoch wieder wütend. „Was soll der Mist, Kai? Lass mich los, du impotenter Affe! Ich mach diesen Wichser fertig! Lass mich endlich los!“ Doch das alles hilft mir nicht. Kais Griff ist unerbittlich und er zieht mich immer weiter weg von dieser elenden Schmalzlocke, der ich so gerne eine verpasst hätte. „Guten Morgen, Ray!“ „Morgen…“, grummle ich zurück, lasse mich dabei auf einen der wenigen freien Sessel im Zimmer des Blondschopfs fallen und verschränke die Arme störrisch vor der Brust. „Scheinbar hast du heute sehr gute Laune.“ „Ja, fabelhaft.“, gebe ich mürrisch zurück und bin einmal mehr davon beeindruckt, dass sich Makusu weder von meiner heutigen Griesgrämigkeit noch von Kais eisigem Schweigen beirren lässt. „Ist was passiert?“, fragt der Technikfreak schließlich nach, steht dabei auf und sieht mich abwartend und freundlich lächelnd an. „ложка“, sagt Kai auf einmal und streckt die Hand aus. Er hat sich von Makusus gedeckten Frühstückstisch eine Schale mit Müsli genommen und scheint jetzt von mir zu erwarten, dass ich verstehe was er von mir will, wenn er auf Russisch mit mir redet. „Red gefälligst so, dass ich dich verstehe, Bastard!“, keife ich und trete nach ihm. Recht erfolglos, wenn man bedenkt, dass er etwa fünf Meter von mir entfernt steht. Mit einem breiten Lächeln greift Makusu an mir vorbei und angelt einen Löffel aus dem Wust, reicht ihn Kai rüber, der ihn wortlos annimmt. Dann ertränkt er sein Müsli in Milch und tunkt den Löffel hinein, sieht mich mit einem steinernen Gesicht an. „Löffel.“ „Fick dich!“, gebe ich zurück und stehe abrupt auf. Gemeinsames Frühstück hin oder her, ich habe momentan absolut keinen Hunger und diese russischen Idioten rauben mir einfach den letzten Nerv. Ich stapfe wütend aus dem Zimmer. Vorher zeige ich Kai aber noch liebevoll meinen Mittelfinger. Ich ertrag das einfach nicht mehr. Erst Makusu, jetzt noch dieser komische Russe und dann auch noch Kai. Ich weiß nicht was ich denen getan habe, aber mich behandelt hier jeder wie ein Stück Dreck. Und egal was ich mache, es scheint sich nicht zu ändern. Noch immer höre ich Makusus Worte, dass ich nicht zu Kai passe, in meinem Kopf. Löffel… natürlich wollte er einen Löffel. Wie soll man Müsli sonst essen? Makusu hat ihn aber verstanden und irgendwie wurmt mich das ganz gewaltig. Ich bin doch nicht blöd, oder? Verflucht! Ziellos bin ich an diesem Tag durch das ganze Gebäude gewandert und habe so ziemlich alles verflucht was mir in den Sinn kam: Kai, Yuriy, Russland, die CoE, wieder Kai… dann drei Mal hintereinander Yuriy, Russland, dann habe ich Russland die Schuld an Yuriys Geburt gegeben und dabei einen Mülleimer, der unschuldig im Weg stand, demoliert. Das hat mich halbwegs runter gebracht. Ich bin dann in mein Zimmer gegangen, habe mich auf mein Bett geworfen und dort verbissen die Wand angestarrt. Kai kam irgendwann rein und meinte es gäbe Essen, doch ich habe diesen blöden Kerl einfach ignoriert und ihn gleich noch einmal verflucht. Dafür das er geboren wurde, das er so scheiße war mich hierher zu bringen und das er genauso arrogant ist wie dieser Yuriy! Den habe ich dann auch innerlich durch den Fleischwolf gedreht. Darüber kam dann wieder Kai rein, stellte mir ein Tablett mit Essen hin und nachdem ich ihn weiterhin erfolgreich ignoriert hatte, ging er dann ins Bad, duschte und legte sich schlafen. Arschloch! Am nächsten Morgen ist meine Laune auch nicht besser, tatsächlich eher schlechter. Kai ist nämlich schon aufgestanden, hat das Tablett mit dem Essen wieder mitgenommen, das ich nicht einmal angesehen habe und ist jetzt wo auch immer. Wenigstens muss ich ihn dann nicht sehen. Ich greife mir aus dem Schrank ein sauberes Hemd, nehme die Hose vom Stuhl und streife alles über, ziehe mir frischen Socken an und mache mich dann im Bad daran meine Haare wieder ordentlich zu verknoten. Das dauert einige Zeit und ich beobachte angestrengt meine Handlungen im Spiegel. Dabei denke ich über diesen Yuriy nach. Ich kann mich wirklich nicht erinnern dem jemals was getan zu haben und aus diesem Grund begreife ich einfach nicht warum der mich direkt beim ersten Mal auch so provozieren muss. Tatsächlich wurmt mich aber die Tatsache, dass Kai das einfach nur schweigend hingenommen hat, am meisten. Der hat ja wenigstens verstanden was dieser russische Arsch gesagt hat und ich weiß einfach das es eine Beleidigung war, so was erkennt man! Trotzdem hat Kai nichts dazu gesagt, zumindest nichts was ich verstanden hätte. Diese russischen Arschlöcher! Mit einem kräftigen Ruck ziehe ich mein Haarband fest, werfe den langen Zopf nach hinten und bemerke aus dem Augenwinkel, dass Kai im Türrahmen steht und mich scheinbar nachdenklich mustert. Ich werfe ihm einen giftigen Blick zu und stoße ihn dann zur Seite, verlasse den Raum und gehe in Richtung der Mensa. Den Weg dahin habe ich mir endlich merken können. Mit einem leisen Surren gleitet die elektronische Tür auseinander, als ich davor zum stehen komme und ich trete nach einem kurzen Zögern ein. Noch wurde ich nicht allen Mitglieder der CoE vorgestellt und die meisten Mahlzeiten habe ich auf dem Zimmer eingenommen, denn Kai hatte es für ratsamer befunden mich nicht gleich der ganzen Horde auszusetzen, dementsprechend war ich nun etwas nervös. Doch zu meinem Glück waren nur drei andere im Raum: Makusu, Yuriy und ein Junge, den ich noch nicht kennen gelernt hatte, der aber auch markante – und für mich russisch wirkende – Züge hat. Ich gehe erst einmal zu dem Büffet, nehme mir ein Tablett und einen Teller und versuche dann mich zu entscheiden. Ist ja nicht so als hätten die hier nichts zu essen. Vier oder Fünf Käsesorten, dasselbe bei der Wurst und den Brötchen, Brot, Salat, verschiedene andere Aufstriche, Reis, und ganz undefinierbare Dinge, die wohl aus den verschiedenen Ländern stammen, aus denen auch die Mitglieder kommen. Makusu hat mir irgendwann während des Trainings etwas über die CoE und ihre Mitglieder erzählt, einfach weil ich zu wenig darüber wusste und man hier sowieso recht spärlich mit Informationen handelt. Der Blondschopf hat mir dann auch unter anderem aufgelistet aus welchen Ländern die Mitglieder stammen: Japan, Russland, Amerika, China als Hauptländer und hier und da noch einige aus anderen Nationen. Ein ganz bunt gemischtes Volk und für jeden gibt es dann auch die entsprechende Küche, damit sich hier jeder gut aufgehoben fühlt. Letztendlich entscheide ich mich für eine Portion Reis, ein wenig Fisch und Gemüse. Obwohl es hier wirklich ausreichend zu Essen gibt bin ich es einfach nicht gewohnt diese Auswahl zu haben und mein Magen hat mir schon in den ersten Tagen zu verstehen gegeben, dass weniger manchmal mehr ist. Ich setze mich zu Makusu, der mich mit einem breiten Lächeln begrüßt und beginne dann meine Mahlzeit. Schweigend. Auch wenn Makusu nichts für meinen Ärger kann, so bin ich momentan einfach nicht in der Stimmung mit jemandem zu reden, egal wer das ist. „Было настолько легко для меня! Отсутствие возможности на всех. В и вне, то было всем.“ Ich höre Yuriy und den anderen Jungen lachen und versuche das aufkeimende Hassgefühl zu unterdrücken. Es bringt mir nichts, wenn ich wegen diesem Kerl wieder die Beherrschung verliere. Einfach ein- und wieder ausatmen, ganz einfach. Doch als Yuriy aufsteht und zum Büffet herüber geht, mich dabei bemerkt, ist der Tag gelaufen, dass weiß ich einfach instinktiv. Sein Grinsen wird breiter und er starrt mich eine Weile einfach an, ehe er zu mir hinnickt, dann lacht und etwas auf Russisch sagt, dass wieder einmal schwer nach einer Beleidigung klingt. Der andere Junge lacht, blickt zu mir und winkt mir mit einem spöttischen Lächeln zu. Langsam wird mir warm. Vielleicht sollte ich mir noch etwas zu trinken holen? Ich erhebe mich und bemerke mit einer grimmigen Genugtuung wie sich Yuriys Blick verändert. Nun sieht er alarmiert aus. Er hatte meinen Wutanfall von gestern wohl doch nicht so leicht weggesteckt. Ich gehe zum Tisch und greife nach einer Glaskaraffe die mit eisgekühltem Wasser gefüllt ist und schenke mir ein Glas ein. Das ist für Yuriy wohl Entwarnung genug, denn er redet wieder mit seinem russischen Freund, lacht und vollzieht dann einige Grimassen, sieht mich dabei wieder herausfordernd an und scheint immer weiter zu sticheln. Blöd nur das ich kein einziges Wort von dem verstehe was er sagt. Doch das ist kein Grund ihm keine Lektion zu erteilen. Ohne jede Vorwarnung wende ich mich um, reiße dabei die Karaffe vom Tisch und schleudere deren Inhalt Yuriy ins Gesicht. Erschrocken jappst der Russe auf als er von dem eiskalten Wasser erwischt wird und schlagartig verstummt das Gelächter. Triefend nass starrt Yuriy mich an, während ich ihm nun meinerseits ein höhnisches Lächeln schenke. „Wenn du was Wichtiges zu sagen hast, dann sag es ruhig. Nur mach es so, dass ich dich verstehe, denn sonst garantiere ich nicht für das was bei mir ankommt.“, sage ich, lächle dann zuckersüß, werfe ihm dabei aber einen herausfordernden Blick zu. Jetzt wird sich ja zeigen ob er ein Mann oder eine kleine russische Maus ist! „Nur zu deiner Information, ich spreche fließend Japanisch und Chinesisch und kann mich auch einigermaßen auf Englisch ausdrücken. Solltest du also noch einmal russisch in meiner Gegenwart sprechen ziehe ich dir den erstbesten Gegenstand über den Schädel.“ Ich klinge ganz ruhig, auch wenn ich innerlich vor Zorn bebe. Sollte dieser blöde Wichser doch herkommen und sich mit mir Prügeln. Ich hatte da absolut nichts gegen. Makusu steht von seinem Platz auf und ruft ein paar Mal nach mir, doch ich ignoriere ihn. Ich will das jetzt klären, ein für alle Mal. „Du kleine dreckige Ratte…“, zischt Yuriy, wischt sich über das tropfende Gesicht und funkelt mich grimmig durch seine nassen Haare hinweg an. Seine Stimme klingt zwar nicht mehr ganz so eisig, aber dennoch ist sie klar und hart, sein japanisch ist wenig melodisch, eher abgehackt. Doch wenigstens kann ich ihn jetzt verstehen und habe auch endlich den Beweis, dass er kapiert was ICH ihm sage. „Oh, du kannst ja auch verständlich reden…“, knurre ich, richte mich auf, und balle die Hände zu Fäusten. Wenn er kommen wollte, dann war ich bereit. „Ich zermalme dich!“, keift er, stürmt dann auf mich zu und führt einen Schlag gegen mich, dem ich aber nach hinten ausweiche, dabei greife ich den Büffettisch und reiße diesen herum, treffe mit dem langen Ende die Beine des Russen, fege ihn so von den Füßen. Ich schiebe den Tisch weiter vorwärts um Yuriy nach hinten zu drängen, doch der kleine Idiot taucht unter dem Tisch hindurch und tritt mir dann mit voller Wucht gegen die Knie sodass diese nach hinten wegknicken und ich unsanft auf allen vieren lande. Dann holt er aus und tritt mir zwei Mal in die Seite, ehe ich mich wegrollen kann. Schnell richte ich mich auf, springe nach hinten, wische mir einmal kurz den Schweiß aus der Stirn und grinse dann, als ich Yuriys wutverzerrtes Gesicht sehe. „So einfach bin ich wohl nicht zu zermalmen, oder?“ Ich lache rau und blocke dann Yuriys nächsten Schlag, reiße ihm den Arm herum und auf den Rücken, zwinge ihn so, keuchend nachzugeben. Doch der Russe ist einfach nicht klein zu kriegen, denn plötzlich lässt er sich in meinen Griff fallen, zieht mich damit von den Beiden, rollt sich einmal herum und liegt dann plötzlich auf meinem Rücken, drückt mich hart zu Boden. Ich stöhne auf und ziehe meine Beine an, schlinge sie um seinen Körper und reiße ihn von mir herum. Ein Schreckenslaut entfleucht ihm. Das ich so biegsam bin hat er wohl nicht bedacht. Er rappelt sich wieder auf, streicht sich einige lose Haarsträhnen aus dem Gesicht und funkelt mich wieder böse an, wischt die Bemerkung seines Freundes mit einer fahrigen Handbewegung beiseite und auch ich ignoriere Makusus Bemühungen mich zum aufhören zu bewegen. „Was fällt dir eigentlich ein!?“, schreit Yuriy plötzlich und sein Gesicht ist rot vor Wut. „Du kleiner dreckiger Mistkerl! Kommst einfach hierher und bildest dir ein dir alles erlauben zu können, was?“ „Ich hab nie darum gebeten hier zu sein, Arschloch!“, kreische ich und kann nicht verhindern, dass meine Stimme dabei um eine halbe Oktave höher steigt. „Jetzt sind wohl wieder andere Schuld, was? Du bist erbärmlich!“ „Nicht so erbärmlich wie du!“, gebe ich relativ schwaches Kontra und auch Yuriy schnaubt verächtlich. Wenn ich wirklich wütend bin, dann ist es relativ schlecht um meine Argumentationsmöglichkeiten bestellt. „Was ist eigentlich dein Problem?“, frage ich schließlich einfach frei heraus. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass Yuriy mir darauf antworten wird, aber ich kann später dann wenigstens behaupten, dass ich gefragt habe. „Du.“, lautet schließlich auch die schlichte Antwort des Russen und ich stampfe wütend mit dem Fuß auf. „Als ob ich das nicht wüsste, Arschloch!“ „Dann frag nicht so dumm.“ Irgendwie wird mir das hier zu blöd. Ich trete erneut nach Yuriy, doch der duckt sich geschickt unter mir hinweg und nutzt meine gesenkte Deckung um mir einen Schlag in die Magengegend zu geben. Ächzend taumle ich einige Schritte zurück, doch dann zieht Yuriy mir eine über den Schädel und ich gehe endgültig zu Boden. Für einige Augenblicke ist mir schwarz vor Augen, verfluchter Mist! Ich richte mich wieder auf und sehe wie Yuriy sich siegessicher gebärdet, indem er laut lacht, dabei wieder mit seinem russischen Kumpel redet und mich dabei offensichtlich missachtet und nicht mehr für voll nimmt. „Ich an deiner Stelle wäre mal nicht so überheblich, denn es gibt nichts worauf du dir etwas einbilden könntest. Dein Land ist eine einzige Schneewüste, deine Kultur vollkommen heruntergekommen, und die russische Intelligenz ist irgendwo in der Eiszeit eingefroren.“ Langsam, beinahe wie in einer Slow-Motion dreht Yuriy sich zu mir um und starrt mich entgeistert an. Seine ganzen Gesichtszüge sind ihm entgleist, was unheimlich komisch aussieht. „Что…?! Святейшее дерьмо…“ Die Zeit scheint auf einmal sehr viel langsamer zu sein, denn ich habe den Eindruck Yuriy in einer Zeitlupe dabei zuzusehen, wie er herumwirbelt, zu dem Tablettwagen rennt, sich eines der Plastikteile greift, damit auf mich zugestürmt kommt und weit ausholt. Ich höre noch Makusus Stimme die mich warnen will, doch meine Reaktion hat sich um ein vielfaches verlangsamt. Und so bleibe ich beinahe regungslos als das Tablett mit voller Wucht meinen Schädel trifft und mich zu Boden schmettert. Und auf einmal geht wieder alles rasend schnell. Ich schlage auf den harten Fliesen auf, wirble zwei oder dreimal um meine eigene Achse, ehe ich gegen den Tisch krache und diesen wegreiße. Alles stürzt auf mich nieder und ich versuche noch die Hände schützend über mich zu ziehen, doch das hat alles kaum noch einen Sinn. Der Schatten über mir hat Yuriys Gestalt und ich sehe wie er zu einem Tritt ausholt, ehe er im letzten Moment nach hinten gerissen wird. Ich höre Kais Stimme. Auch wenn Kai Russisch redet erkenne ich seine Stimme sofort. Dieses Mal ist sie jedoch wütend. Ein Streitgespräch auf Russisch entsteht und ich nehme benommen war wie Makusu mich wieder auf die Beine zerrt und mich dann zu einem der Tische schleift. Alles dreht sich und ich meine, gleich kotzen zu müssen. „Yuriy, утихомиривает вниз! Остановите его! Hey!“ „Препятствуйте мне! Я убиваю это страшное немногая драчевое! Проклятье он, я убиваю его!“ Kai zieht Yuriys Arm nach hinten sodass dieser gefangen ist, obwohl er sich verbissen gegen dieses Eingreifen wehrt und mir mörderische Blicke zuwirft, die ich gelassen erwidere. Ich weiß, dass meine Worte alles andere als fair und nett waren, aber ich kann Yuriy nicht ausstehen, vor allem nicht seine arrogante Art. Meiner Meinung nach hat er diesen Seitenhieb dringend nötig gehabt und ich kann besser mit ihm umgehen, wenn die Fronten einigermaßen geklärt sind. Das wir uns jetzt so heftig geprügelt haben ist vollkommen in Ordnung, denn jetzt wissen wir beide woran wir bei dem anderen sind. „Что случалось?“, fragt Kai in diesem Moment und ich sehe auf. Yuriy fängt meinen Blick auf und senkt seine Stimme, als er Kai vermutlich erzählt, dass ich an allem Schuld bin… was aber auch zur Hälfte stimmt. Aber die alleinige Schuld gebe ich mir nicht. Yuriys Stimme klingt aufgebracht, ungezügelt und unverhohlen wütend als er auf Kai einredet. Makusu besieht sich währenddessen meinen Kopf und ich spüre wie ein kleines Rinnsal Blut über meine Stirn läuft. Der elende Russe hat mir eine richtige Platzwunde geschlagen. „Das hätte echt böse enden können, Ray.“, murmelt der Blondschopf und wirft mir einen tadelnden, aber auch äußerst besorgten Blick zu. „Yuriy sollte man nicht reizen.“ Ich knurre unwillig und wische seine Hand fort, blicke ihn von unten her an und werfe in einer fließenden Bewegung meinen zersausten Zopf nach hinten über meine Schulter. „Und mich auch nicht!“, schnappe ich dann aufgebracht und stehe ruckartig auf. „Ich lasse mich von euch nicht einfach hin- und herschubsen wie es euch gefällt! Ich bin nur hier, weil ihr mich braucht, vergiss das nicht!“, schreie ich Makusu schließlich an und trete an diesem vorbei, will den Saal verlassen. Dass es um mich herum totenstill geworden ist bemerke ich gar nicht und ich halte erst inne, als ich von hinten gepackt werde und Kai mich zu sich herumdreht. „Lass mich los!“, zische ich gefährlich und funkle meinen Teampartner wütend an, doch Kai ist davon wenig beeindruckt, stattdessen reißt er mich von den Füßen und wirft mich wie einen nassen Sack über seine Schulter, schleppt mich, unter Missachtung jeglichen Protests aus der Mensa und in unser gemeinsames Zimmer. Dort lässt er mich unsanft auf mein Bett fallen sodass ich mit einem Keuchen die Luft aus meinen Lungen entlasse. Als ich mich erheben und ihn anfauchen will, drückt er meine Hände nach hinten und positioniert sich über mir, wirft mir einen eiskalten Blick zu. „Hör endlich auf!“, faucht er dann und ich halte erschrocken die Luft an. Noch nie habe ich Kai so wütend gesehen. Natürlich war er schon sauer auf mich, aber ich habe es nie geschafft ihn so wütend zu machen. Unwillkürlich zucke ich zurück. „Was denkst du dir eigentlich dabei dich mit Yuriy anzulegen? Du hast nicht den leisesten Hauch einer Chance gegen ihn!“ „Ich lasse mich nicht von irgendeinem dahergelaufenen Kerl demütigen und verspotten! Ich habe schließlich auch meinen Stolz!“, gifte ich zurück und versuche mich aus dem unerbittlichen Griff des Russen zu lösen. Ohne Erfolg. „Ja, verdammt, den hast du! Und ich verfluche dich dafür!“ „Ach ja? Dann verfluche ich dich und deinen Stolz! Ebenso wie Yuriy und seinen Stolz! Was ist denn damit, hä? Es ist deiner Meinung nach wohl nur euch Russen erlaubt einen Stolz zu haben, was?“, ich kreische richtig und klinge dabei vielleicht wie ein Mädchen, aber das ist mir so was von egal. Das muss einfach alles endlich raus. Dieser ganze verfluchte Scheiß macht mich noch krank! „Aber lass dir mal eins gesagt sein, Mister Eisklotz, mich können mal alle am Arsch – du hast mich vielleicht von der Straße aufgelesen und du magst mich auch dabei erwischt haben wie ich geklaut habe, aber wenigstens habe ich nichts getan, was unter meiner Würde wäre, ich habe mich nicht verkauft und ich habe ebenso meinen Stolz wie ihr verfluchten Scheißkerle und ich lasse nicht auf mir rumtrampeln, okay?!“ „Halt endlich deine verfluchte Klappe!“, ruft Kai nach meiner Schimpftirade aus und lehnt sich weiter vor. Erschrocken halte ich die Luft an, als ich mit einem Mal seine warmen, wenn auch harten Lippen auf meinen spüre. Ich kann es nicht glauben, stehe unter Schock und nur ein einziger hilfloser Gedanke rast wie wild geworden durch meinen Kopf: Kai Hiwatari… küsst mich? -------------------------- Y: “How are you, Kai?“ K: “Fine“ Y: “Is that your partner?“ […] Y: “It is more than worse, isn’t it? He is small, weak and certain the forms of ugly… not your type. Give it back.“ K: “He is more my type than you are, Yuriy. Go back, or I’ll crush you.“ […] K: “Spoon.“ […] Y: “It was so easy for me. No big deal. In, Out that was all.“ […] Y: “What…? Holy Shit…“ […] K: “Yuriy, calm down! Stop it! Hey!“ Y: “Let me! I’ll kill this creepy little bastard! I’ll kill him!” […] K: “What has happened?” Kapitel 6: You, just you! ------------------------- Based on the Doujinshi „Elements“; Art by Nor-chan © by Nor-chan, Takao Aoki-san / all rights reserved You, just you! Atemlos liege ich auf meinem Bett, die Augen halte ich geschlossen und ich konzentriere mich ganz und gar auf das Gefühl, dass durch meinen gesamten Körper strömt. Ich spüre etwas Warmes, Feuchtes auf meinem Bauch, während eine fremde Hand mich noch immer kurz hinter meinem Ohr krault und mich so unfähig zu jeglicher Bewegung macht. Ich glaube, wenn ich schnurren könnte, dann würde ich es jetzt tun. Aber diese Fähigkeit habe ich wohl nicht von meinem Seelentier übernommen. Aber wann schnurrt ein Tiger schon mal? „… ha … K-Kai…“ Am liebsten würde ich mir auf die Zunge beißen, aber dieses Unterfangen hat mein Teampartner schon bei den ersten Versuchen Zunichte gemacht, indem er mich immer wieder geküsst und mit seiner verfluchten Hand abgelenkt hat. Jetzt habe ich endlich verstanden was Makusu damit meinte, dass man als Träger eines Seelentieres dessen Kräfte, aber auch dessen Schwächen übernimmt, man sozusagen eins wird mit seinem Tier. Einem Tiger gefällt es wohl, wenn er hinter den Ohren gekrault wird. Und diesen Umstand hat Kai sich zu Nutzen gemacht. Dieser verfluchte Russe! Als ob er meine Gedanken gehört hat, taucht Kai wieder in meinem Blickfeld auf, sein Gesicht ist ernst, doch ich bemerke, dass seine Augen viel weicher wirken als sonst immer. Anscheinend hat auch Kai sich in seinem Tun verloren. Ich würde ja beinahe behaupten, dass er verträumt aussieht. Allerdings habe ich Kai nie schlafen, geschweige denn träumen gesehen, also bleibt das nur eine Vermutung. „Geh nicht weg.“, flüstert er mir zu und ich sehe ihn überrascht an. In meinem Kopf dreht sich noch alles und ich glaube mich verhört zu haben. Doch Kai streicht mir sanft über mein Gesicht, beugt sich tief zu mir herunter und stielt mir erneut einen Kuss. Mein zweiter an diesem Abend, aber sehr viel sanfter als der Erste. „Geh nicht weg.“, sagt er noch einmal, sieht mich an und mich durchzuckt es förmlich als ich bemerke wie sich sein Blick verändert. Jetzt wirkt er beinahe traurig… verzweifelt? Ich erinnere mich an unsere gemeinsame Mission von vor ein paar Wochen. Diese Worte in meinem Kopf, als wir miteinander getanzt haben, waren dann wohl doch keine Einbildung gewesen. „Warum…?“ Meine Stimme ist ein Krächzen, doch ich kann nichts daran ändern, denn dieser Moment ist einfach… beängstigend und berauschend. Ich habe einen Kloß im Hals und kann ihn nicht runterschlucken. Kai will der Einzige für mich sein? Und mich beschützen? Warum soll ich nicht weggehen? Warum ist er so? Das sind die Fragen, die mir im Augenblick durch den Kopf schießen und ich warte auf eine Antwort, während ich merke, dass ich kurz davor bin zu heulen. „Weil ich dich brauche.“ Seine Stimme ist so entsetzlich sanft, so liebevoll. Eine erste Träne kullert mir über mein Gesicht und ich sehe mit wässrigem Blick zu meinem Partner auf, der mich nun liebevoll anlächelt, die Träne auffängt und mich dann wieder küsst. So sanft. Ich schließe meine Augen, lege einen Arm um Kais breite Schultern, verkrampfe meine Finger in den Stoff seines Hemdes und imitiere die Bewegungen seiner Lippen an meinen. Warum ich das mache weiß ich nicht genau. Momentan scheine ich nur aus Gefühlen zu bestehen, die dich alle paar Sekunden abzuwechseln scheinen. Zu Beginn war ich wütend. Wütend auf Yuriy, auf Kai, auf mich selbst, ich hatte das Leben hier nur satt, denn dauernd wurde ich wie ein dummer Junge behandelt, ignoriert, zurechtgewiesen oder verspottet. Obwohl ich hier aufgenommen worden war, war dies kein Ort an dem ich gerne war. Dann hatte ich Angst. Angst vor dem was Kai tun würde, so sauer wie der war. Das wandelte sich in eine Angst was kommen würde, als Kai mich küsste, als er mich streichelte. Doch schließlich konnte ich das Gefühl nur noch genießen, ich entspannte mich immer mehr, auch wenn mein Kopf verzweifelt versuchte mich wieder klar werden zu lassen. Aber von jemandem so liebevoll berührt zu werden… auch als Kais Berührungen noch grob waren habe ich gespürt wie viel Gefühl er aber doch hineinlegt. Das hat mich endgültig aufgeben lassen. Ab einem gewissen Punkt wollte ich das was er mit mir machte. Es war ein Gefühl von Geborgenheit, von Mitgefühl, von Verständnis, von Sorge, von… Schon seit langem wurde ich nicht mehr so liebevoll behandelt und dann auch noch ausgerechnet von einem Menschen, von dem ich es am wenigsten erwartet hätte. Kais Hände wandern während unseres Kusses wieder an meinen Seiten entlang, streicheln jeden Millimeter Haut, dann über meinen Bauch hinweg und ziehen ihre Kreise. Das ist vielleicht auch ein Grund warum ich mich so fallen lassen kann. Obwohl Kai zu Beginn sauer war und auch jetzt die Kontrolle über das Geschehen hat, so tut er doch nichts was ich nicht erlauben würde. Er überrumpelt mich auf eine angenehme Art und Weise, er kennt seine und vor allem meine Grenzen. Bei ihm habe ich trotz allem ein Gefühl von Sicherheit. „K-Kai…“, flüstere ich leise und öffne meine Augen um ihm ins Gesicht sehen zu können. Er sieht mich schweigend an, seine Hände ruhen auf meinen Hüften, sein ganzer Körper scheint mich zu umschließen und mir ist dabei so warm, dass ich es kaum aushalte. „Ich… bitte ich…“, stammle ich, unfähig meinen Satz, meine Bitte vorzutragen. Doch seltsamerweise scheint Kai mich auch ohne jedes Wort zu verstehen. Er küsst meine Stirn, meine Wange, noch einmal meine Lippen, dann greift er nach der Decke, die zusammengeknüllt am Fußende des Bettes liegt und zieht sie zu uns nach oben, deckt uns zu. „Keine Angst.“ Nein, die habe ich nicht. Tatsächlich habe ich kein bisschen Angst. Ich lehne mich zu ihm herüber, streiche ihm nun meinerseits über die Wange, über den Hals, dann zum Nacken, durch seine Haare, die sich grob und rau anfühlen. Kai lässt mich gewähren, beobachtet mich unentwegt, während ich mit meinen Händen damit beginne seinen Körper zu erkunden. Ich setze mich auf, streife mit meinen Händen den Kragen seines Hemdes und nach einem kurzen Zögern beginne ich damit, es aufzuknöpfen. Langsam und mit zittrigen Fingern. Noch nie habe ich so was vorher gemacht, doch Kai gibt mir alle Zeit die ich brauche und ich bin ihm unendlich dankbar dafür. Vorsichtig streife ich das Hemd zur Seite und besehe mir seinen durchtrainierten Oberkörper. Seine Brust ist breit, man sieht auch fast so was wie ein Six-pack, seine Haut ist leicht gebräunt, offenbar hält er sich also die meiste Zeit des Tages draußen auf. Ein echter Naturbursche vielleicht. Als ich mit meiner Hand von seinem Hals hinunter zum Brustkorb streife, bemerke ich fast überall Unebenheiten. Mit einem Finger zeichne ich eine lange, weiße Linie auf seiner linken Brust nach, die sich fast runter bis zum Ende seiner Rippen zieht. „So viele Narben.“, flüstere ich, sehe in Kais Gesicht, das unbewegt scheint, vielleicht ein bisschen nachdenklich. Er ergreift meine Hand, zieht sie über sein Herz und ich spüre seinen unsteten Rhythmus. Unwillkürlich erröte ich. „Das ist nicht wichtig. Wichtig ist nur das.“, antwortet er mir, seine Stimme ist rau und klingt belegt. Er setzt sich auf, umfasst mein Gesicht, küsst mich erneut und ich kann nicht anders, als diese Berührung zu erwidern. Meine Hand ruht noch immer über seinem Herzen. Nach einigen Augenblicken löst er sich von mir und schenkt mir ein unwiderstehliches Lächeln. Ein Lächeln das ich noch nie bei ihm gesehen habe. Sanft streift er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Du warst wütend.“, stellt er dann ruhig fest und ich blinzle verwirrt. „Ja.“, gebe ich zurück und weiß nicht recht was ich mit seiner Aussage anfangen soll. Will er etwa mit mir über die heutigen Geschehnisse reden? „Auch auf mich?“ Verlegen schaue ich zur Seite, doch die warme Hand von Kai zwingt mich wieder ihm ins Gesicht zu sehen. Fragend sieht er mich an, zieht eine Augenbraue nach oben und ich schlucke unwillkürlich. Mit einem Mal fühle ich mich wieder unbehaglich. „Ja.“ „Warum?“ „Kai!“, protestiere ich halblaut, versuche mich aus seinem Griff zu entwinden, doch der Russe lässt mich nicht los, zieht mich eher noch näher zu sich heran, bis wir schließlich nur noch wenig Luft zwischen uns haben. „Sag’s mir.“, fordert er nun und ich nicke einfach. Ich will es nicht aussprechen, nicht darüber reden, denn dann würde ich mir eine Blöße geben und damit konnte ich schon immer schlecht umgehen. Auf der Straße ist es nicht gerade förderlich, wenn man seine Gedanken auf der Zunge trägt. „Warum?“ „Als ob du das nicht wüsstest!“, schnaufe ich, schlage seine Hände fort und stehe auf. Ich fröstle, doch nach meinem Shirt greife ich nicht. Damit würde ich Kai wieder zu nahe kommen. „Du hast doch nichts dazu gesagt, als dieser elende Yuriy über mich hergezogen hat. Und du warst wütend auf mich, obwohl ich in dieser Sache eindeutig im Recht war. Verdammt, Kai! Du hättest gefälligst auf meiner Seite stehen müssen!“ Ich bin wütend, so wütend. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass ich von den Mitgliedern dieser merkwürdigen Gemeinschaft nur herumgestoßen werde. Wie ein Spielball. Ich fühle mich so unfähig. Hilflos. Ich zucke zusammen, als sich plötzlich zwei Arme um mich schlingen und ich in eine enge Umarmung gezogen werde. Ich spüre Kais Atem an meinem Ohr und ich erschauere unwillkürlich. Seine Hände liegen auf meinem Bauch, regungslos. Mein Körper verkrampft sich und ich bin gewillt meinen Partner von mir zu stoßen, doch dieser legt sein Kinn auf meine Schulter und flüstert mir seine Antwort ins Ohr. „Bei deinem ersten Treffen mit Yuriy habe ich dich verteidigt.“, sagt er und ich erinnere mich an die Szenerie. Kai, wie er mich zurückzieht und etwas zu Yuriy sagt. Dabei klingt seine Stimme eisig, aber es ist Russisch und ich verstehe kein Wort. Woher sollte ich das also wissen? Sagt er überhaupt die Wahrheit? „Ich habe Yuriy davon abgehalten weiter auf dich einzuschlagen.“, fährt Kai fort und ich schließe ergeben meine Augen. Seine Stimme klingt zu süß, zu einschmeichelnd und doch kann ich mich nicht dagegen wehren. Ich beginne zu zittern, Kais Griff wird ein wenig fester und ich spüre seine warmen Lippen an meinem Hals. „Ich beschütze dich. Ich bin auf deiner Seite, Ray, egal was passiert. Hörst du?“ Ich nicke ergeben, lasse mich von Kai in seinen Armen herumdrehen und sehe wie erschrocken er wirkt. Erst jetzt bemerke ich, dass ich angefangen habe zu weinen. Er zieht mich an seine Brust und ich lasse mich gegen ihn fallen, schlinge meine Arme um ihn und weine. Ich weiß nicht genau warum ich weine, aber es ist befreiend und etwas, was ich in diesem Moment einfach machen muss. Und Kai ist da. Er ist einfach nur da, er sagt nichts, er tut nichts, außer mich in seinen Armen zu halten und dafür bin ich ihm in diesem Moment unendlich dankbar. „Hinter dir, Yuriy!“, ruft Makusu und der rothaarige dreht sich herum, blockt meinen Angriff. Ich schnaube und werfe Makusu einen vernichtenden Blick zu, wobei mich der Blondschopf mit einem siegessicheren Grinsen bedenkt, ehe er sich wieder auf seine Position stellt. Heute hatte ich mein erstes Partnertraining. Nachdem mir Kai über Wochen beigebracht hatte wie ich meine mystischen Kräfte mit Hilfe von Bannsprüchen kontrollieren konnte, war es nun Zeit sie auch an anderen auszuprobieren. Kai selbst hatte ich während unserer Trainingsstunden nie auch nur ein Haar krümmen können. Aber bei Yuriy sah das Ganze schon wieder anders aus. Bei dem kleinen Dreckssack würde ich mir doch glatt doppelt so viel Mühe geben. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Kai das wusste und auch ausnutzte. Aber es war mir egal, so lange ich dem Russen eine runterhauen konnte. Na ja, zumindest so lange mir Makusu nicht in die Quere kam. Idiot! Ich tigere um Yuriy herum, der mich keine Sekunde aus den Augen lässt, bemerke dabei aus dem Augenwinkel heraus, wie Kai einen Ausfall gegen Makusu startet, der sich mit einem Schildzauber zu schützen versucht. Es gibt einen lauten Knall, eine Druckwelle, die die beiden voneinander trennt, doch Makusu hatte einige Blessuren davon getragen. Kai ist also durch seinen Schild durchgedrungen. „Alles klar, Kusu-chan?“, fragt Yuriy in seinem akztentlastigen Japanisch, Makusu nickt nur und wischt sich den Schweiß von Stirn und Kinn. Dann geht es für ihn und Kai auch schon weiter. Die beiden laufen aufeinander zu, Makusu hebt seine rechte Faust, brüllt irgendetwas, während Kai mit einem Mal stehen bleibt, sich unter dem Schlag wegduckt, dann ausholt und Makusu einen Tritt in den Magen versetzt. Makusu landet hart auf dem Boden, hustet. Das Training ist anders als sonst. Sehr viel härter. „Steh nicht nur in der Gegen rum!“, bellt Kai, wirft mir einen wütenden Blick zu, den ich mit meinem eigenen erwidere. Der soll sich gar nichts auf seine Stärke einbilden. Ich kann das auch. Ich setze mich in Bewegung, Yuriy folgt mir, ich schlage einige Haken um seinen Blitzkugeln auszuweichen, dann wirble ich um meine eigene Achse und erzeuge somit einen kleinen Tornado, der jedoch noch immer recht unkontrolliert sein Unwesen treibt. Es ist zwar schon besser als zu Beginn, aber noch machen mir meine eigenen Kräfte zu schaffen. „Scheiße!“, fluche ich leise, schließe kurz und fest die Augen um das Schwindelgefühl loszuwerden, das mich immer wieder ergreift, wenn ich meine Kräfte einsetze. Kai beobachtet mich, wird dann jedoch von Yuriy abgelenkt, der meine Schwäche ignoriert und lieber seinem Teampartner zu Hilfe kommt, der von Kai ordentlich malträtiert wird. Makusu tut mir irgendwie leid. Kai zeige wirklich kein Erbarmen, während ich selbst noch ordentlich gehemmt bin. Kämpfen ist einfach eine Sache, an die man sich nur schwer gewöhnte, wie ich finde. Kai wird an die Wand gedrängt, von beiden Seiten schlagen kleine Explosionen neben ihm ein. Yuriy gerät also gerade in Fahrt. Auch Makusu macht sich zu einem finalen Schlag bereit, denn er erzeugt eine riesige Flutwelle, die ungebremst auf Kai zurauscht. Es dröhnt mir in den Ohren, ich sehe die weißen Schaumkronen, fühle die gewaltige Energie, die hinter diesem Angriff steckt. Meine Beine bewegen sich ohne mein Zutun auf Kai zu, ich renne, spüre einen unnatürlich kalten Zug in meinen Lungen, während mein Herz rast. Ich öffne den Mund um Kai etwas zuzurufen, ich weiß selbst nicht was, doch alles was meine Kehle verlässt ist ein tief dröhnendes Grollen. Mein Magen verkrampft sich und ich stoße erneut einen animalischen Laut aus. Mit einem Mal wird mir im wahrsten Sinne des Wortes grün vor den Augen, ein Licht strahlt und blendet mich, ich kneife meine Augenlider zusammen und spüre eine unglaubliche Hitze in mir aufsteigen. Das Wasser rauscht in meinen Ohren, es bricht sich an mir, ich spüre die Kühle, rieche den Wasserdampf in der Luft, dann prasseln die ersten Tropfen auf mich herunter. Langsam öffne ich meine Augen wieder, doch die Welt erscheint mir seltsam verzerrt. Ich hört das schwere, abgehackte Atmen hinter mir und schnuppere in der Luft. Es ist Kai. Er drückt sich an die Wand, sein Knie blutet und ich rieche eine frische Wunde in seinem Gesicht. Ich knurre leise auf. Ein Keuchen dringt an meine Ohren, die ich in die entsprechende Richtung drehe. Nervös schlage ich mit meinem Schwanz hin und her, streife dabei Kai und knurre erneut. Ich wittere in der Luft ein anderes Biest, es zittert vor Furcht, aber auch vor Wut. Aber es ist in mein Territorium eingedrungen, es weiß, dass ich es angreifen werde. Ich brülle laut auf, versuche meinen Gegner einzuschüchtern, der tatsächlich zurückweicht. Dann jedoch legt er die Ohren an, duckt sich und knurrt leise. Mit meiner vorderen Pranke schlage ich nach ihm, er weicht erneut zurück, dann jedoch fasst er sich ein Herz und stürzt auf mich zu. Ich höre einen Schrei, der sein Heulen begleitet, dann schlage ich ihn mit meiner Pranke nieder, grabe meine Fänge in das nachgiebige Fleisch seiner Kehle und versuche ihn auf den Rücken zu werfen, doch er wehrt sich. Ich höre ihn jaulen, seine kleine Pranke streift mein Gesicht, mich durchzuckt der Schmerz, als seine Kralle mein Fell aufreißt, ich beiße stärker zu und höre sein Röcheln. Unterdrückt grolle ich, schleife ihn über den Boden und bin mit mir zufrieden. Er hat sich mir unterworfen und mein Territorium ist verteidigt. Es knirscht hinter mir und ich wende den Kopf, sehe beinahe treuherzig in die Augen Kais, der vorsichtig auf mich zutritt und eine Hand nach mir ausstreckt. Ich knurre leise, was ihn inne halten lässt, dann wandert sein Blick über meinen Körper und ich schlage aufgeregt mit dem Schwanz hin und her. Ich gehe auf ihn zu, meine Beute noch immer zwischen meinen Fängen, das Biest wimmert leise, doch ich lasse es erst los, als ich vor Kai stehe. Es rollt sich herum, seinen Schwanz legt er eng um seinen Körper, die Ohren in einer Geste der Unterwerfung angedrückt, der Blick gesenkt, die Schnauze auf den Pfoten liegend. Kai streckt seine Hand aus und ich warte gespannt. Doch anstatt sich mir zuzuwenden, berührt er das andere Bieste, streichelt ihm über den Kopf, sieht es dabei besorgt an. Ich brülle, springe auf den anderen zu, der noch versucht von mir weg zu kommen, dann grabe ich meine Fänge in seine Flanken, schüttele den Kopf herum, werfe das Biest hoch und will ihm nachsetzen, doch Kais gebieterische Stimme lässt mich innehalten. „Ray.“, sagt er sanft und sieht mich mit einem Blick an, den ich sofort als Aufforderung verstehe zu ihm zu kommen. Mit einem letzten Blick auf mein Opfer wende ich mich um, streife um Kais Beine, ehe er sich niederkniet und mir seine Hand reicht. Ich erlaube ihm mich zu berühren und lege mich dann hin. Er flüstert leise auf mich ein, doch ich verstehe seine Worte nicht. Alle Kraft weicht aus meinen Gliedern, ich falle schwer zu Boden und ächze. Wieder umgibt mich dieses grüne Licht, ich brülle ein letztes Mal, ehe ich mich diesem Gefühl der Schläfrigkeit hingebe und ergeben meine Augen schließe. Die Welt wird immer dunkler, dann ist sie ganz schwarz und ich drifte in die Bewusstlosigkeit ab. Ich erwache mit einem dröhnenden Schädel und einem seltsamen Geschmack im Mund, der mich stark an Blut erinnert. Mühsam setze ich mich auf und blinzle mehrere Male, ehe sich meine Augen an die um mich herum herrschende Dunkelheit gewöhnt haben. Ich bin nicht in meinem Zimmer, es ist niemand anwesend, den ich hätte fragen können, doch als ich einen riesigen Schrank sehe, auf dessen Tür ein Poster hängt, das den muskulären Aufbau des Menschen zeigt, bin ich mir relativ sicher, dass man mich auf die Krankenstation gebracht hat. Aber warum? Angestrengt versuche ich mich zu erinnern, aber es gelingt mir nicht. Ich konnte mich nur noch an ein paar Einzelheiten aus dem Training erinnern, dass ich zusammen mit Kai, Makusu und Yuriy gehabt hatte, aber dann… dann war da nichts als Schwärze und dem Gefühl niedergedrückt zu werden. Als ob man mir die Luft abgeschnürt hatte. Ich schüttle den Kopf und stöhne. Warum nur musste immer mir das passieren? Langsam stehe ich auf, trete zu der Tür herüber, die mir gegenüberliegt und öffne sie vorsichtig. Es ist das Badezimmer. Ich taste nach dem Lichtschalter, drücke ihn und trete dann vor den Spiegel. Doch bei meiner Betrachtung fällt mir nichts auf, außer das ich total zerzaust und müde aussehe. Kratzer hatte ich keine, auch sonst keine Male. Moment… ich gehe näher an den Spiegel heran, drehe mein Gesicht so, dass ich meine rechte Wange besser sehen kann und befühle dann den roten Kratzer, der sich schwach von meiner Haut abzeichnet. Na ja, war nur ein Kratzer. Nichts worüber ich mir Gedanken mache. Einem Impuls folgend öffne ich dann weit den Mund und strecke meinem Spiegelbild die Zunge raus. Ich lehne mich nach vorne und starre angestrengt in den Spiegel. Tatsächlich sehe ich weiße Haare auf meiner Zunge, die ich versuche abzuwischen. Nachdem ich den Wasserhahn aufgedreht habe, trinke ich einige Schlucke, dann gurgele ich und versuche so die Haare aus meinem Mund zu kriegen. Mehr oder minder gelingt mir das auch. Was hatte ich nur gemacht? Ein Kaninchen mit Fell gegessen? Ich schüttle mich bei dem Gedanken, lösche das Licht und verlasse dann das Badezimmer mit einem mulmigen Gefühl. Es ist beängstigend, wenn man sich nicht mehr an die vorangegangenen Ereignisse erinnern konnte. Aufgeregt wandere ich vor meinem Bett auf und ab, als ich mit einem Mal ein schwaches Stöhnen höre. Erschrocken wirble ich herum, folge dem Geräusch zu einem der anderen Betten und staune nicht schlecht, als ich Yuriy darin liegen sehe. Er hat seine Decke weggetreten und ich kann sehen, dass seine Seite verwundet ist. Blut ist durch den Verband gesickert, der einmal um ihn herum gewickelt worden war. Auf seiner Stirn steht der Schweiß und er wälzt sich unruhig im Schlaf hin und her. Aus dem Badezimmer hole ich einen Becher Wasser, helfe Yuriy dann sich aufzusetzen und lasse ihn trinken. Entweder ist er ein hervorragender Schlafwandler, oder er ist halbwach und im Delirium, denn er trinkt tatsächlich den ganzen Becher aus, was ihn ein wenig ruhiger werden lässt. Ein Gefühl des Triumphes bricht in mir aus, als ich den anderen so vor mir sehe, doch als ich die riesige Bisswunde an Yuriys Hals bemerke wird mir ganz bange. Das was ihn da gebissen hat, musste ja einen riesigen Kiefer gehabt haben. Wahnsinn! Ich betrachte die Wunde nachdenklich und mit einem Mal wird mir siedensheiß und schlecht, als in mir der Gedanke heranwächst, dass Yuriy hätte sterben können. Das was ihn angefallen hatte, hätte ihn jederzeit mit Leichtigkeit die Kehle durchbeißen können. Ich würge, stolpere zum Badezimmer zurück und erbreche mich neben der Toilette. Keuchend und schwitzend hocke ich auf den kalten Fließen, Tränen rennen mir unkontrolliert über die Wangen und ich fühle mich so mies, wie noch nie in meinem Leben. Ich erinnere mich an den Streit mir Yuriy, an den Kampf den wir gehabt hatten, das Training… ich war so voller Hass gewesen. Auf ihn! Was war also, wenn ich daran schuld war? Wenn ich beim Training die Kontrolle über mich verloren und ihm etwas angetan hatte? Bei all der Abscheu die ich für ihn empfand war es mir das nicht wert. Egal weswegen, keines meiner Gefühle rechtfertigte einen solchen Angriff auf sein Leben. Was war nur mit mir passiert, dass ich so die Kontrolle über mich verloren hatte? Ich sehe auf, als ich ein leises tapsen wie von nackten Füßen vernehme. Die Tür wird aufgestoßen und ein keuchender, schwitzender Yuriy steht vor mir, sieht auf mich herab, lässt sich dann vor mir auf die Knie sinken, umfasst den Klodeckel. Seine Hände zittern und seine Augen stieren angestrengt darauf. Dann reißt er den Deckel hoch, lehnt sich vor und erbricht sich mit einem würgenden Laut. Ich schluchze erneut auf, streiche dann mit zitternden Fingern einige seiner Haarsträhnen nach hinten, rücke näher an ihn heran und lege in einer hilflosen Geste meinen Kopf auf seinen Rücken. Dabei kann ich einfach nicht aufhören zu weinen. „Es tut mir leid… es tut mir leid… so leid… Oh Gott…“, raune ich leise immer und immer wieder, höre Yuriy keuchen und spucken, das Röcheln, sehe das Blut aus seinem Verband sickern und fühle mich doch unfähig ihm zu helfen. Ich weiß nicht wie lange ich so an ihn geklammert da saß und immer wieder meine Entschuldigungen flüsterte, doch irgendwann erschien Kai, gefolgt von Kyōju, Makusu und zwei Jungen, die ich noch nie gesehen hatte. Da es in dieser Zeit sehr viele Aufträge zu erfüllen galt sah ich die anderen Mitglieder der Organisation so gut wie nie, außer Yuriy und dem anderen Russen hatte ich vielleicht ein oder zwei Gesichter wahrgenommen, doch sie waren nie lange geblieben. „Holt Verbandszeug, frische Kleidung und Wasser.“, wies Kyōju die zwei Jungen hinter sich an, die beiden nickten und verschwanden dann. „Bereite das Bett vor, Kusu-chan. Kai, fass mit an.“ Kyōju löst mich von Yuriy, lehnt mich an die Wand und greift dann unter Yuriys Arme, Kai schnappt sich dessen Beine und gemeinsam tragen sie den Russen aus dem Bad, in den dunklen Sanitätsraum hinein. Ich höre das Keuchen und Rascheln, leise Stimmen und wieder steigen mir Tränen in die Augen. Dann erscheint der Leiter der Organisation wieder und sieht zu mir herunter. Ich erwarte beinahe eine Anklage von ihm, den Rauschmiss oder zumindest Vorwürfe, aber nicht, dass er sich zu mir herunterbeugt und mich anlächelt. „Wie geht es dir, Ray?“, fragt er mich sanft, streicht mir über die tränennassen Wangen. Seine strahlenden braunen Augen betrachten mich eine Weile, während ich ihn anschweige und auf all das Böse wartete, von dem ich erwartete, dass es kommen würde. Doch Kyōju sagt kein Wort mehr, bis einer der beiden Jungen wieder im Türrahmen steht und ihm meldet, dass er die Aufgabe ausgeführt ha und das Yuriy neu verbunden wurde und nun am schlafen ist. Makusu säße bei ihm und kümmere sich um ihn. Kyōju nickt, winkt den Jungen dann zu sich heran. „Kümmere dich um Ray, Takao.“ „Und Kai?“ „Sag ihm, dass er in meinem Büro auf mich warten soll. Ich dulde keine Widerrede.“ „Alles klar.“ Takao geht nach draußen, ein Wortwechsel mit Kai folgt, dann kommt er wieder zurück und sieht auf mich herab. Ich fühle mich schlecht und will mich am liebsten verkriechen, doch Takao tritt auf mich zu, greift mir unter einen Arm, zieht mich hoch und führt mich dann aus dem Bad und zu einem der Betten. Dort hievt er mich rauf, gibt mir etwas zu trinken und hilft mir in ein neues Shirt und neue Hosen. „Du bist dann also Ray Kon, unser neuer Zugang.“, sagt er, lächelt mich dabei aufmunternd an und reicht mir einen Becher mit Wasser, den ich dankend annehme. Ich brauche einfach etwas an dem ich mich festhalten kann. „Ich bin Takao Kinomiya, freut mich dich endlich kennen zu lernen. Bisher habe ich dich immer nur im vorbeigehen gesehen. Mein Bruder und ich waren auf einer Mission und deswegen nur selten zu Hause. Aber jetzt kennen wir uns ja.“, redet der Junge auf mich ein, der dunkles, wahrscheinlich schwarzes, Haar hat, dafür aber umso strahlendere blaue Augen, die mich freundlich anfunkeln. „Weißt du was passiert ist?“, frage ich leise und nicke zu Yuriy rüber, der in einem Bett mir gegenüber liegt und wieder zu schlafen scheint. Makusu tupft ihm von Zeit zu Zeit mit einem feuchten Lappen den Schweiß von der Stirn. Kyōju hatte schon vor einer geraumen Zeit den Raum verlassen und saß nun wahrscheinlich mit Kai zusammen in seinem Büro und tauschte sich über den Zwischenfall aus. Takao wird nachdenklich und schüttelt dann den Kopf. „Ich hab nur ein paar Gerüchte aufgeschnappt. Du solltest auf das offizielle Statement von Kyōju warten. Keine Sorge, du erfährst es schon früh genug.“ Er klopft mir auf die Schulter und erzählt mir dann ganz belanglose Dinge über sich oder die anderen Mitglieder. Auch wenn es mir peinlich ist, so brachte er mich auch in dieser furchtbaren Situation zum lachen. Mit Takao verstehe ich mich sehr gut. Er redet einfach ohne Unterlass, ist dabei total aufgeschlossen und witzig und es scheint ihn scheinbar überhaupt nicht zu kümmern was passiert ist. „Du hättest sein Gesicht sehen sollen…“, erzählt Takao gerade, unterbricht sich allerdings als Kyōju wieder den Raum betritt und auf uns zusteuert. Seit meiner Zeit hier habe ich Kyōju nur ein paar Male gesehen. Er ist groß und schlank, seine braunen Haare sehen ein bisschen wild aus, doch sein Gesicht wirkt stets ruhig und gelassen. Bei ihm habe ich das Gefühl, dass er niemals wirklich wütend werden kann, stets freundlich und zuvorkommend ist. „Sieh mich nicht so an, Ray.“, sagt er leise, setzt sich auf das Fußende meines Bettes und beugt sich zu mir vor, mustert mich kurz, ehe er sich wieder zurückzieht und sanft lächelt. „Erinnerst du dich noch an das was geschehen ist?“ Ich schüttle den Kopf, ziehe dabei die Decke etwas höher und verstecke mich, was Takao besorgt und Kyōju amüsiert. Ich dagegen fühle mich unbehaglich. „An was erinnerst du dich überhaupt noch?“ „An das Training. Aber nur sehr verschwommen.“, gebe ich dann Antwort und werfe Yuriy wieder einen besorgten und entschuldigenden Blick zu. Noch immer kann ich nicht fassen, dass ich das alles getan haben soll. „Ja, Ray, das warst du.“ Ich zucke bei diesem Satz zusammen, werfe Kyōju einen gequälten Blick zu, verkrieche mich dabei noch etwas tiefer in meine Decke. Jetzt ist es also raus. Ich hatte Yuriy tatsächlich so übel zugerichtet. Empört bläht Takao die Backen auf und will gerade dazu ansetzen etwas zu sagen, als Kyōju ihm auch schon mit einer Handbewegung schweigen gebietet. „Mach dir aber deswegen keine allzu großen Gedanken Ray, du konntest nichts dafür. Und Yuriy ist auch bald wieder auf den Beinen. Das es ihm jetzt so schlecht geht, hat etwas mit der Überreaktion zu tun, die er als auch du erlitten hast.“ „Ich versteh nicht…“ „Wie du ja mittlerweile weißt besitzt jeder von euch ein Seelentier, auf dessen Kräfte ihr zugreifen könnt durch die Zaubersprüche, die du von Kai gelernt hast. Es gibt natürlich noch mehr, aber du weißt was ich meine. Jetzt muss ich dir allerdings etwas sagen, was ich zuvor verschwiegen habe, weil ich dachte, dass es bei deinem Level noch unerheblich wäre.“ Kyōju räuspert sich verlegen, sieht mich dann ernst an und ergreift meine Hand, führt sie zu sich heran und hält sie fest. Durch diese Berührung wird mir warm und ich spüre plötzlich den Drang in mir zu schnurren. So etwas Ähnliches wie ich es auch bei Kai empfunden habe, als ich von ihm gekrault worden war. Verwirrt sehe ich Kyōju an, der nun wieder lächelt. „Das was du jetzt spürst, sind nicht mehr nur deine Gefühle.“ „Nicht… was? Ich kapier das nicht…“ „Pass auf. Das Seelentier, ist nicht nur eine Kraft in dir, sondern tatsächlich ein Wesen, manche bezeichnen es als einen Gott, das sich in deinem Körper eingenistet hat und sich diesen mit dir teilt. Wenn wir nur mal dein eigenes nehmen, dann wird es dir vielleicht klarer. Kai hat dir gesagt, welches Tier du hast?“ „Einen Tiger, ja, aber…“ Kyōju hebt die Hand und ich breche ab. Scheinbar konnte ich nur abwarten. „Richtig, ein Tiger. Wie du bei meiner Berührung gespürt haben solltest, hat sich in dir etwas geregt. Das war dein Seelentier. Der Tiger heißt im Übrigen Byakko, wenn du das noch nicht wissen solltest. Byakko mag es scheinbar, wenn man ihn sanft berührt. Eine Streicheleinheit macht ihn glücklich und er ist zufrieden. So ist das nun mit jedem Gefühl. Byakko hat genauso Emotionen wie du, er kann traurig und fröhlich sein, ebenso auch wütend. Wenn also etwas passiert, was Byakko berührt, dann spürst du das. Deswegen sind die Seelentiere so gefährlich. Sie sind eigenständige Wesen, die sich in einem menschlichen Körper aufhalten und dabei unberechenbar sind. Aus diesem Grund trägst du auch das Band, das Makusu dir gegeben hat, es unterdrückt und schwächt die Kraft deines Seelentieres. Du bist noch nicht in der Lage Byakko zu kontrollieren, weswegen du normalerweise nur mit Kai trainieren darfst. Kai ist der Einzige, der sich Byakko entgegenstellen kann, wenn er ausbricht und…“ Als ich die Hand hebe stoppt der Leiter und sieht mich abwartend an. Ich muss diese Fülle an Informationen erst einmal verarbeiten. Wenn ich alles richtig verstanden hatte, dann war mein Tiger, Byakko, also ein eigenständig denkendes und fühlendes Wesen, dass Besitz von mir ergreifen und dann auch noch so stark war, dass allein Kai es im Zaum halten konnte. Ich werfe einen schnellen Blick auf den nun stöhnenden Yuriy und beiße die Zähne fest zusammen. Wenn ich mir das so betrachte, dann ist es heute dazu gekommen. Während des Trainings ist also etwas geschehen, was Byakko dazu gebracht hatte die Kontrolle über mich zu übernehmen und Yuriy anzugreifen. Waren also meine heftigen Gefühle für Yuriy der Grund dafür, dass ich nur ihn und keinen anderen angegriffen hatte? Makusu war unversehrt, ebenso Kai… ich selbst hatte einen Kratzer, also hatte Yuriy sich wohl gewehrt. Verfluchter Bockmist! „Warum hat mich Kai dann nicht aufgehalten?“, frage ich leise und sehe wieder zu Kyōju, der nun die Schultern hebt und einen tiefen Seufzer ausstößt. „Es ging sehr schnell, keiner hatte damit gerechnet. Und im ersten Moment schien Byakko keine Gefahr darzustellen, bis er schließlich Yuriy angegriffen hat. Da war es dann aber erst einmal zu spät für ein eingreifen. Später konnte Kai den Tiger aber beruhigen und somit schlimmeres verhindern. Ich will ehrlich zu dir sein, Ray, wenn niemand dazwischen gegangen wäre, dann hätte Byakko Yuriy wahrscheinlich in Stücke gerissen. Es war beinahe schon grausam wie er auf den armen Jungen losgegangen ist.“ „Sie meinen doch mich, oder? Sagen Sie doch, dass ich Yuriy angegriffen und so verletzt habe! Das es meine Schuld war, das ich gefährlich und unberechenbar bin!“, keife ich nun aus voller Seele, schlage mit der Faust immer wieder auf das Bett und funkle Kyōju wütend an. „Du bist aber nicht schuld, Ray. Dein Seelentier und du, das sind zwei vollkommen verschiedene Dinge. Das darfst du nicht verwechseln.“, sagt der Mann leise und legt mir eine Hand auf die Schulter. „Du kannst nichts dafür. Wenn du es absichtlich getan hättest, dann würdest du dich daran erinnern. Ein Mensch kann mit seinem Seelentier verschmelzen und sich dessen Körper und Kräfte leihen und dann bewusst handeln. Da du aber keine Erinnerungen daran hast ist es eindeutig, dass es in diesem Fall anders herum war. Byakko hat sich deiner bemächtigt und vollkommen eigenständig gehandelt. Du hattest damit nichts zu tun.“ Noch lange saß ich auf meinem Bett, starrte an die Wand und hieb verbissen immer wieder auf meine Beine. Kyōju hatte mich nach dem Gespräch entlassen und auf mein Zimmer geschickt, wo ich den gesamten Resttag verbracht hatte, abgeschieden von allen anderen. Takao hatte mich noch begleitet und gefragt, ob ich irgendetwas brauchen würde, doch ich hatte ihn schnell abgewimmelt und mich dann zurückgezogen. Diese ganze Sache zerrte an meinen Nerven und ich musste erst einmal darüber nachdenken. Byakko… was hatte den Tiger zum Erscheinen gebracht? Waren mein Ärger und meine Wut auf Yuriy der Grund gewesen? Angestrengt bemühte ich mich in meinen Erinnerungen zu kramen. Das Training war normal verlaufen. Yuriy war ihm leicht ausgewichen. Kai und Makusu hatten gekämpft und dann… was war dann gewesen? Beim besten Willen konnte ich mich daran einfach nicht mehr entsinnen. Aber ich war mir fast sicher, dass es daran lag. Irgendwo nach meinen Erinnerungen hatte es einen Moment gegeben der ausschlaggebend dafür war, das Byakko die Kontrolle übernommen hatte. Ich musste nur wissen was. Ich erhebe mich, verlasse mein Zimmer und bahne mir meinen Weg durch die beinahe endlosen Korridore zu Makusus Zimmer. Vielleicht war der Blondschopf ja wieder zurück und ich konnte ihn fragen was geschehen war. Kai hatte ich den ganzen Tag lang nicht mehr gesehen. Ich biege gerade um die Ecke, als ich besagten Russen in ein paar Metern Entfernung ausmachen kann. Er steht vor Makusus Tür und lehnt sich an die Wand zu seiner Linken, hält die Arme verschränkt und ich höre ihn hin und wieder undeutlich brummen. Langsam schleiche ich mich ein bisschen näher heran. „Ich sollte noch ein paar Tests mit ihm machen… jetzt scheint er sich wieder beruhigt zu haben, aber das Energielevel war während des Trainings deutlich höher als es normal hätte sein dürfen.“ „Die Energie eines Seelentieres überschreitet die eines Menschen um ein zehnfaches.“, murmelt Kai nur und ich höre Makusu schnauben. „Das weiß ich. Aber ich rede nicht von Byakko, ich rede von Ray. Meine Sensoren haben ihn das ganze Training über überwacht. Von Anfang an war Rays Level zweimal so hoch wie er bei meinen Ergebnissen hätte sein dürfen. Kai, da stimmt etwas ganz und gar nicht!“ Der Russe antwortet nicht und ich höre Makusu erneut schnauben. Erinnert mich ein wenig an ein Nilpferd, wenn er das tut. Doch ich mache mir darum keine weiteren Gedanken, sondern lausche angestrengt, ob die beiden noch etwas sagen würden. „Kai, irgendetwas läuft hier schief und ich kann dir nicht sagen, was es ist. Das beunruhigt mich. Normalerweise ist Yuriy deinem Schützling weit überlegen, immerhin ist er einer unserer besten Mitglieder, aber heute war davon nichts zu sehen. Byakkos Erscheinen hat Wolborg aus Yuriy heraus gezwungen und der Kampf… es war ja nicht mal ein richtiger Kampf! Byakko hat Wolborg fertig gemacht! Ich habe noch nie in meiner langjährigen Partnerschaft mit Yuriy gesehen wie sich Wolborg so dermaßen unterwürfig gezeigt hat!“ Makusu ist offensichtlich außer sich. Er klingt wütend, aber auch frustriert und verzweifelt. Anscheinend kann er ebenso wenig mit dem Geschehenen anfangen wie ich. Aber wenn auch ein Superhirn wie Makusu das nicht versteht… was sollte ich dann erst tun?! „Tierische Instinkte, Makusu.“, sagt Kai in diesem Augenblick. „Tiger und Wolf sind keine natürlichen Feinde. Byakko hat sich wahrscheinlich herausgefordert gefühlt. Dazu kommt noch der Streit, den es vorher zwischen Ray und Yuriy gegeben hat.“ „Ja, schon, aber was soll das damit zu tun haben wie stark…“ „Gefühle…“, unterbricht Kai den kleineren Jungen. „…wirken sich ganz entscheidend auf unser Stärkepotenzial aus. Je stärker die Emotion, desto unkontrollierbarer werden unsere Kräfte. Außerdem vergisst du, dass Byakko größer und kräftiger gebaut ist als Wolborg. Hinzu kommt noch das Überraschungsmoment und damit solltest du alle Faktoren haben.“, schließt Kai seine kleine, geflüsterte Rede. Er stößt sich von der Wand ab und schnell gehe ich hinter einem riesigen Blumenkübel in Deckung. Ich komme mir vor wie eine chinesische Version von James Bond. „Das, Makusu, sind Dinge, die du nicht berechnen kannst.“ „A-Aber… Kai! Warte!“, ruft Makusu meinem Partner noch hinterher, aber der ignoriert das vollkommen und verschwindet um die nächste Ecke. Makusu geht in sein Zimmer zurück und ich atme erleichtert auf, trete aus meinem Versteck und klopfe dann bei Makusu an. „Herein!“ Ich öffne die Tür und trete in das dunkle Zimmer. Wieder ist das einzige Licht die Beleuchtung der Monitore. Der Blondschopf sieht auf, aber ich kann nicht erkennen ob er lächelt oder wütend ist. „Ah… Ray… wie geht es dir?“ „Besser.“ „Gut. Was kann ich für dich tun?“ „Ich… ich wollte nur fragen, was während des Trainings geschehen ist…“, frage ich zaghaft und trete einen Schritt zurück, als Makusu sich ruckartig aufrichtet. Er geht mit großen Schritten auf mich zu sodass ich noch weiter zurückweiche, bis ich schließlich an der Tür stehe, der Türgriff bohrt sich unnachgiebig in meinen Rücken. „Du willst also wissen was passiert ist?“, fragt mich Makusu, seine Stimme klingt gekränkt und lauernd. „Hast du dir Yuriy mal angesehen? Du hättest ihn fast in Stücke gerissen!“ Ich zucke unter seinen Worten zusammen und schließe ergeben meine Augen. Es war doch keine gute Idee hierher zu kommen. Offenbar hängt Makusu sehr an Yuriy und glaubt, dass ich der Schuldige bin. Was ich ja auch bin… verdammt! „Ich will dich nicht in meiner Nähe haben, alles klar? Und lass dich auch bei Yuriy nicht blicken, bis ich weiß was bei dir im Kopf alles schief gelaufen ist! Und vergiss eins nicht, Ray Kon: Du bist schuld, nur du und niemand sonst, hörst du?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)