Original Sin von kaprikorn (rise above it all.) ================================================================================ Kapitel 4: Erster Gedanke ------------------------- Er wurde von einem herrlichen Duft geweckt, der in seiner Nase kitzelte und ihm gemächlich zu Kopf stieg. Die Augen noch geschlossen und nach wie vor seinem Halbschlaf erlegen, hing er der traumlosen Nacht noch ein Weilchen hinterher, die Ruhe und fremde Stille um sich herum genießend. Für gewöhnlich schaffte es sogar der Lärm der weit entfernten Strassen Tokyos bis in seine Wohnung zu dringen. Wirklich leise war es nie, die Hektik war ein stetiger Begleiter in seinem Alltag geworden. Eine Umstellung, mit der Kazuya zu Anfangs zu kämpfen hatte – nicht nur, weil auch seine Laune merklich darunter gelitten hat. Jetzt war ihm, als wäre er zu Hause angekommen. Ein vertrautes Gefühl regte sich in seinem Corpus und sich entspannt auf dem Futon ausgestreckt, war es letztendlich der säuerliche Geschmack in seinem Mund, der ihn dazu veranlasste dem Tagtraum einen Tritt zu verpassen und ins Hier und Jetzt einzukehren. Das Sonnenlicht, das durch die hohen Fenster der kleinen Hütte drang, blendete ihn leicht und zwang ihn zum Blinzeln. Und ein Gähnen unterdrückt, ließ er das Augenmerk einen Moment lang orientierungslos durch die Räumlichkeit gleiten. Nur langsam kehrte die Erinnerung an den gestrigen Abend zurück: die überstürzte Abreise nach Yakushima, plötzlich und spontan und eigentlich so gar nicht seine Art. Sich mit der flachen Hand über den Nacken fahrend, streckte er die Arme zu beider Seiten von sich und drückte den Rücken durch, dass einige Wirbel hörbar darunter knackten. Als er mit dem Oberkörper schließlich abermals auf den Futon fiel, nutzte Kazuya den entstandenen Schwung um seine Beine in Richtung Brust anzuziehen und mit einer galanten Bewegung auf die Füße zu springen. Eine Aktion die er gleich darauf bereute, waren seine Knie noch nicht so munter wie sein Geist und brachten ihn deshalb kurz aus dem Gleichgewicht und Sternchen vor seinen Augen zum Tanzen. „Wie ich sehe, bist du schon wach“, begrüßte ihn eine sanfte Stimme mit dem Anflug eines Lächelns vom Türrahmen aus. „Ich wollte dich nicht wecken, deshalb war ich in der Zwischenzeit im Dorf einkaufen und habe Frühstück gemacht.“ Jun wies auf eine Schiebetüre nahe ihres Schlafplatzes. „Dort ist das Bad, da kannst du dich frisch machen. Ich habe dir außerdem etwas von meinem Vater hingelegt, es sollte dir passen.“ Nur zu einem Nicken im Stande, stand Kazuya etwas überrumpelt in dem spärlichen Wohnraum. Als sie seine irritierte Miene wahrnahm kam sie nicht umhin zu lachen, was dem Schwarzhaarigen eine Falte auf die Stirn trieb. „Guten Morgen erstmal … oder besser schon guten Mittag.“ „Mittag..?“ wiederholte der hoch Gewachsene mit einem ungläubigen Unterton. Er konnte sich nicht erinnern, das letzte Mal nach Sonnenaufgang aufgestanden zu sein. Eigentlich brauchte er allgemein nur sehr wenig Schlaf. War die Anreise am gestrigen Abend tatsächlich so spät gewesen? „Ja, wenn wir heute noch etwas unternehmen wollen müssen wir uns etwas überlegen, bevor uns die Zeit davon läuft.“ Damit ließ sie ihn mit hängenden Schultern allein, um summend in den Teil der Hütte zurück zu kehren, der wohl zur Küche gehören musste. „Unternehmen?“ Irgendetwas in ihm war noch nicht ganz in der Realität angekommen, was ihn im Nachhinein auch nicht verwunderte. Schließlich sollte er heute Vormittag bei einer Konferenz anwesend sein, einige sinnlose Entscheidungen treffen und anderen Geschäftspartnern erlauben, ihm in den Arsch zu kriechen. Das Wort „Freizeit“ war ihm ohnehin fremd, denn wenn er nicht mit dem Überleben beschäftigt war, dann sicherlich mit dem An- und Verkauf solcher Firmen die es zu nichts gebracht haben. Die Tatsache, all das erst einmal vergessen zu können löste ein kleines Feuerwerk in seinem Bauch aus: Er konnte tun und lassen was er wollte! Kazuyas Lippen formten sich zu einem begierigen Grinsen. Das war zu schön um wahr zu sein, doch die durch die Sonnenstrahlen verursachte Wärme auf seiner Haut bestätigte ihm, dass er längst wach und gestern wirklich mit nach Yakushima gekommen war. Also machte der Hüne auf den Fersen kehrt, steuerte auf die Türe zu die ihm Jun empfohlen hatte, bahnte sich den fremden Weg zum Baderaum, wo er sich die restliche Müdigkeit mit kaltem Wasser aus dem Gesicht spülte und sich eine kurze Dusche gönnte. Wie der Rest der Hütte war auch hier mit Modernität gespart worden: Die Ausstattung war aus dunklem Holz und seine Intuition bestätigte ihm, dass das warme Wasser über eine Feuerstelle erhitzt werden musste, bevor es benutzt werden konnte – zumindest hätte das den rauchigen Geruch erklärt, der in der Luft hing. Nachdem seine Lebensgeister vollends erwacht waren und er sich wie ihm geheißen in die dargelegten Kleider zwängte, die aus einem blauen mit goldenen Stickereien besetzten Kimono bestanden, folgte Kazuya dem Duft von frischem Essen, wobei ihn das Knurren seines Magens erinnerte, dass er seit einer geraumen Weile schon nicht mehr befriedigt worden war. „Da bist du ja“, begrüßte Jun ihren spontanen Gast mit dem selben Lächeln wie zuvor und erneut bemerkte der junge Mishima, wie glücklich sie in ihrer vertrauten Umgebung doch war. Bei ihrem vermeidlichen Waldspaziergang war er ihr aus einem dummen Zufall heraus näher gekommen als notwendig; eine Nähe die ihm einen Sekundenbruchteil lang die Fassung geraubt hatte. Anfangs war sie für ihn nichts weiter als die kleine Freundin aus Kindheitstagen gewesen, die er nicht weinen oder unglücklich sehen konnte. Seit gestern Nacht bemerkte er die eigentliche Attraktivität in ihrer Figur, ihrem Aussehen und ihrem Charakter. Eine Erkenntnis die ihn unweigerlich etwas beunruhigte und einen Stein ins Rollen brachte, über den er so vorher nie nachgedacht hatte. Die Erkenntnis, dass Jun mittlerweile eine richtige Frau mit entsprechenden Anziehungsmerkmalen war, formte in seinem Kopf ein Bild, das ihn so sehr ablenkte, dass Kazuya ihren fragenden Lidaufschlag erst mit dem zweiten Atemzug erkannte. Und dann lachte sie - schon wieder. Der Schwarzhaarige hatte noch nie einen Menschen so oft und so ehrlich lachen sehen, wie sie. „Ist alles in Ordnung? Setz dich doch, was willst du denn jetzt trinken? Grünen Tee, Wasser oder Milch?“ Sich etwas steifer als nötig vor dem niedrigen Tisch auf die Knie sinken lassend, berührten sich seine Augenbrauen an der Nasenwurzel, ehe er geistesabwesend einen Tee in Betracht zog. Während Jun ihm einschenkte, entging ihm ihr prüfender Blick nicht – war seine Gedankenwelt für sie so offensichtlich? Er hoffte nicht, denn ging es sie nun wahrlich nichts an, dass er ihre Brüste unheimlich interessant fand. So interessant sogar, dass er sie gerne einmal angefasst hätte. Irritiert schüttelte Kazuya zu sich selbst den Kopf, räusperte sich tief und bedankte sich nebensächlich für die Bedienung welche sie ihm zu Teil werden ließ. Ihre schwingenden Brüste ständig in seinem Blickfeld, dass es ihm schwer fiel, nicht hinzusehen. „Ich hoffe du magst Sushi. Nach dem ganzen künstlichen Essen aus Tokyo wollte ich etwas frisches machen, da kam mir der Fisch gelegen. Ich persönlich würde für Sake ja sterben ... hoffentlich wirst du satt davon“ Die Unsicherheit, die in ihrem Ton mit schwank lenkte Kazuyas Augenmerk von der Tischplatte auf ihr Gesicht. War das ernst gemeint? Hatte sie Angst darum, es könne ihm nicht schmecken? Abermals knurrte sein Magen, schrie förmlich nach dem dampfenden und duftenden Reis, dass er sich nur mühsam zu einem beschwichtigenden Schmunzeln durchringen konnte. „Sushi ist perfekt.“ „Dann bedien dich, lass es dir schmecken“, eröffnete Jun damit das kleine Buffett, wobei sich Kazuya nicht zweimal bitten ließ, das Loch in seinem Bauch mit Reis und Fisch zu stopfen, bis sich der Gürtel des Kimonos um seinen Bauch zu spannen begann. Das Gute an ihrem schweigsamen Essen war, dass sich der Firmenchef ganz auf die Stäbchen und nicht auf ihre Reize konzentrieren musste. Indes vermutete ein Teil seines Verstandes, dass die plötzliche Einsicht über Juns Weiblichkeit daher rührte, weil er jetzt vollkommen allein mit ihr am sogenannten Arsch der Welt saß und ihn im Endeffekt nichts mehr davon ablenken konnte, sie in gewisser Weise zu bemerken. Innerlich betete er zu seiner Selbstbeherrschung, nichts Unüberlegtes zu tun. Jun schien ihm zu vertrauen und an nichts anderes außer Freundschaft zu denken. So schätzte er sie jedenfalls ein, obschon sie Kazuya nach Strich und Faden mit Gastfreundlichkeit verwöhnte. Trotzdem lag es ihm fern dieses Klima zu zerstören. „Was wollen wir heute machen?“, unterbrach der hoch Gewachsene die Stille zwischen ihnen, die leere Schüssel mitsamt den Stäbchen auf den Tisch zurück stellend. Ihre Blicke trafen sich, wobei Jun lediglich die Schultern hob. „Ich habe ehrlich gesagt nichts konkretes im Sinn. Aber wir könnten in den Wald gehen, oder an den Strand.“ Ihre Augen leuchteten kurz, während sich Kazuyas Magen leicht verkrampfte. Hatte er zu viel gegessen? Nein, es war das andere Gefühl, die Unruhe über ihre Idee, der Gedanke an nackte Haut. „Ja, der Strand wäre klasse“ Die eigene Bekräftigung ihrer Worte ließ ihn lautlos aufstöhnen, warum hatte er überhaupt gefragt und war nicht selbst mit einem Vorschlag gekommen? Als er dann ihre Hand auf der seinen spürte und das Funkeln in ihren braunen Augen sah, kam er nicht umhin ergeben zu nicken. „In Ordnung. Dort kann ich dann wenigstens etwas in Form bleiben.“ „Du willst trainieren?“ „Natürlich... wenn ich schon die Zeit dazu habe?“ Abermals brachte ein glockenhelles Lachen seine Ohren zum klingen. „Dann werde ich dir dabei zusehen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)