Original Sin von kaprikorn (rise above it all.) ================================================================================ Kapitel 7: Irritation --------------------- Was war das für eine seltsame Hitze in ihrem Körper? Jun bezweifelte stark, dass das fremde Gefühl von der glühenden Sonne kam, die ihre Haut allmählich versengte. Ein Frösteln durchfuhr sie, dass sie sich die Oberarme rieb und sich trotz der Wärme in das große Handtuch kuschelte, das ihren Körper ganz zu bedecken wusste. Hatte sie Angst? Nein, das war unmöglich. Wovor denn? Kazuya war kein Mann, der die erstbeste Situation für sich nutzte. Oder vielleicht doch? Der Blick ihrer tiefbraunen Rehaugen glitt scheu zu dem Hünen, der sich längst mit etwas anderem, als sie beschäftigte. Ob es ihm missfiel, dass die Fischer sie unterbrochen hatten bei… Ja wobei eigentlich? Ihre Wangen färbten sich abermals und sich mit einem schwachen Seufzen zurück auf die Decke fallen lassend, zog Jun die Beine in einen Schneidersitz. Der sandige Boden wirkte mit einem Mal unglaublich interessant unter dem Gedanken der Verwirrtheit, der sie überfiel. Dieser Moment war so ungewohnt und plötzlich gewesen, dass sie gar nichts anderes hatte tun wollen als Kazuyas Aufforderung Folge zu leisten. Andererseits verstand sie das Verhalten des Karatekas nicht. Wieso machte er alles so kompliziert? Den hoch Gewachsenen im Auge, neigte sich ihr Haupt kaum merklich schief. Nachdem beide peinlich berührt und schweigsam aus dem Meer gestiegen waren, hatte sich ihr Begleiter mit der dumpfen Ausrede, er müsse noch etwas für seine Fitness tun, in sich selbst zurück gezogen. Sie kannte dieses Verhalten an ihm, das deutlich machte, dass er in gewisser Weise alleine sein wollte. Und Jun schmerzte es ein wenig, jetzt mehr oder minder völlig von Kazuya übergangen zu werden. Freilich hatte er bereits angekündigt, die Möglichkeit für eine Trainingseinheit zu nutzen, aber in Anbetracht der Tatsache, was gerade passiert war, fühlte sich die Tierschützerin dann doch ein wenig abgeschoben. Die Lippen aufeinander gepresst, angelte Jun nach dem Picknickkorb, aus dem sie einen Apfel und ein Messer heraus zog, ehe sie damit begann die Zeit ein wenig tot zu schlagen - würden sie jetzt den lieben langen Tag damit verbringen sich gegenseitig anzuschweigen? Sie hoffte nicht. Denn immerhin konnte sie den jungen Mishima gut leiden… Ein Stück des Apfels in den Mund geschoben, begrüßte ihre Zunge den kühlen Saft des Obstes und weiterhin in ihrer eigenen kleinen Welt gefangen, dachte Jun über die vergangenen Wochen nach. Wie war sie eigentlich auf die Idee gekommen, diesen Mann so unvoreingenommen zu sich einzuladen? Klar, sie hatten als Kinder miteinander gespielt und er hatte ihr letztendlich sogar das Leben gerettet. Möglicherweise waren sie, was das anbelangte, quitt. Aber war Kazuya für sie nicht ein völlig Fremder? Den Hünen erneut fixierend, wie er seinen inneren Zorn über Tritte und Schläge freien Lauf ließ, blinzelte Jun mit dem Anflug von Zweifel. Einerseits war es falsch, Kazuyas Freundschaft in Frage zu stellen. Andererseits war sich die Tierschützerin nicht ganz sicher, was ihr vermeidlicher Freund unter dem Begriff überhaupt verstand und ob sie beide auf das Selbe hinaus wollten. Denn wenn er sie nur wie eine gewöhnliche Frau behandeln wollte, war er bei ihr an der falschen Adresse. Sie würde sich nicht aus Spaß an der Freude irgendeinem Mann hingeben, für den sie nichts empfand. War das so? Jun erschrak über ihre eigenen Gedanken und musste sich prompt eingestehen, dass sie es nicht wusste. Sie wusste nicht, ob es Liebe war, die sie zu Kazuya hinzog, oder sie einfach nur der Chance folgte, in seiner Nähe sein zu können – auf einfacher und freundschaftlicher Basis. Sie schob sich ein weiteres Stück des Apfels zwischen die Lippen und beschloss beim Hinunterschlucken für ihr eigenes Seelenheil, dass es wohl besser sein würde, den anderen alsbald darauf anzusprechen. Es nützte nichts, wenn Jun ihn zu sich einlud und ihm dann wegen einer solche Lappalie aus dem Weg ging. Denn das wollte sie nicht, ebenso wenig wie von ihm benutzt zu werden. Ja, Tacheles reden und klare Verhältnisse schaffen war in diesem Fall wahrscheinlich die beste und einzige Lösung und dann konnten sie ja immer noch … „Lässt du mir etwas davon übrig?“ Die Schwarzhaarige stockte in ihrer Bewegung, rutschte vor Schreck mit dem Messer ab und bemerkte erst zu spät, dass sich die Klinge bereits tief in das Fleisch ihres Daumens bohrte. Das Blut sickerte aus dem schmalen und sauberen Schnitt als die Klinge zurück gezogen wurde, kräuselte sich schnell in einem feinen Rinnsal am Gelenk herab und fiel tropfend auf das weiße Handtuch. „Oh nein“, war das erste, was Jun dazu einfiel und Obst und Werkzeug rasch beiseite gelegt, führte sie den Daumen an ihren Mund. Kazuya wirkte unzufriedener denn je, griff jedoch bestimmt nach ihrer Hand und murmelte eine Entschuldigung, die sie fast nicht verstand. „Warte… das haben wir gleich“ Seine Order zeigte Wirkung, als er mit Hilfe des Messers ein Stück Stoff aus dem Kimono trennte und nebensächlich bekundete, dass er ihn ersetzen würde, es allerdings erst einmal die beste Idee sei, ihr damit zu helfen. Jun hörte nicht hin, sondern war starr auf das Handeln ihres Gegenübers konzentriert, der behutsam versuchte, den Schnitt so gut wie möglich zu verbinden um die Blutung zu stoppen. Seine Zärtlichkeit kam ihr bekannt vor. Auch als kleiner Junge hatte er immer versucht, sie zu trösten. Er war eigentlich stets da gewesen, wenn sie ihn brauchte. Sollte dieser Junge zu einem Mann geworden sein, der nur noch seine eigenen Ziele verfolgte? Der Zwiespalt ließ ihr Herz schmerzhaft gegen die Brust hämmern. „Wein' nicht, ja? Ich wollte dich nicht erschrecken...“ Seine tiefe Stimme animierte die Polizistin zum Aufsehen und als sich ihre Blicke trafen, durchfuhr sie ein neuerlicher und befremdlicher Schauer. Den Kopf schüttelnd, wollte sie etwas sagen. Aber ihr war, als würde ein Stück des Apfels sie am Sprechen hindern und ihr von Innen heraus in der Kehle die Luft abschnüren. „Ist alles in Ordnung?“ Er hielt noch immer ihre Hand und Jun war sich nicht ganz sicher, ob das nur ihr bewusst war. Sich kurz räuspernd, schluckte die Schwarzhaarige schwer und zog scheu den Arm zu sich zurück. „Es geht schon, danke. Ich habe dich gar nicht bemerkt.“ Sie versuchte zu lächeln, was ihr gänzlich misslang. Die Sachen ihres Ausflugs bereits im Anschlag, legte sie alles fahrig in den Korb und rappelte sich mitsamt Handtuch auf die Beine zurück. „Wir sollten wieder gehen, was meinst du?“ Jun konnte den Anflug von Überraschung auf seinen Zügen erkennen, als er es ihr gleich tat und verhalten nickte. „Wie du willst“, war das einzige was Kazuya ihr dann dunkel zuwarf, ehe er sich bereitwillig nach der Decke bückte und ihr auf dem Weg folgte, den sie am Morgen gekommen waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)