Original Sin von kaprikorn (rise above it all.) ================================================================================ Kapitel 8: Gefunden ------------------- „Ich gebe es ungern zu, aber du hattest Recht.“ Das graue Augenmerk erwiderte kurz das dunkle Braun seines Gegenübers, das voller Vorfreude zu funkeln begonnen hatte. Als Heihachi von der Insel fliehen musste, auf der er das Iron Fist Turnier abgehalten hatte, hatte er erzürnt feststellen müssen, dass sich sein Sohn nun in dem Licht präsentierte, für das er sein Leben lang schuften musste. Freilich, ursprünglich war es so angedacht gewesen, dass der Gewinner aus dieser Schlägerei alles in seine Taschen schieben konnte und durfte, was als sein rechtmäßiger Besitz galt. Aber da Kazuya eben dieses Finale aus purem Glück überstanden und nicht gewonnen hatte, konnte Heihachi nicht zulassen, dass sich der Bengel in seine Angelegenheiten mischte und sich alles unter den Nagel riss, was man ihm auf dem Silbertablett servierte. Als er sich während der Explosion in seinen Helikopter angelte, war dem Alten der Verlauf der Zukunft erst einmal völlig egal gewesen. Nachdem ihm zwei Tage später über die Zeitungen die Nachricht ereilte, Kazuya Mishima sei der neue Vorstand der Zaibatsu, hatte Heihachi zuerst lauthals aufgelacht. Doch schon einen Sekundenbruchteil später wünschte er sich nichts sehnlicher, als diesem Bastard endlich den Garaus zu machen. Dass dieser Wunsch auf Gegenseitigkeit beruhte, wusste und interessierte den hoch Gewachsenen dabei eher weniger. Einzig Lee hatte er es zu verdanken, dass Heihachi wusste wo sich sein leiblicher Sohn gerade aufhielt. Dabei war er sich nicht einmal sicher, ob er dem Silberhaarigen trauen konnte oder ihn schnurstracks zum Teufel jagen sollte, denn wirklich hilfreich war sein adoptiertes Kind in der Vergangenheit nicht gewesen, zumal Lee ohnehin über seinen Verhältnissen lebte. Materielle Dinge waren ihm immer wichtiger gewesen, als der klare Geist und der wache Verstand, obwohl Heihachi nicht abstreiten konnte, dass der Junge ein kleines Genie war. Und allein die Tatsache, dass er ihm Kazuya regelrecht auslieferte, ließ ihn die Wut über Lees Dummheit an jenem Tag auf der Insel erst einmal vergessen, bis sich eine neuerliche Chance bot den Jüngeren zu demütigen, wie er es verdient hatte. Denn nichts war im Moment wertvoller, als der Aufenthaltsort seines einzigen und leiblichen Erben, den er Zeit seines Lebens versuchte, stark zu machen. Und wie das Schicksal so wollte, hatte sich Kazumes Kind an den Ort zurück gezogen, der Schuld an seinem größten Leid war: Das kleine Inselparadies Yakushima. Heihachi wollte gar nicht wissen, wie Lee ihn ausfindig machen konnte. Warum, Weshalb, Wieso waren Fragen, die einem nur Zeit und Nerven kosteten. Wichtiger war es jetzt, sich die Firma zurück zu holen und dem Bengel einzutrichtern, dass man sich die Sachen anderer Leute nicht so ungefragt unter den Nagel riss. Das Anwesen, das auf dem höchsten Punkt des Berges ruhte, von dem man sagte er wäre ein ausgebrannter Vulkan, wirkte immer noch unbewohnt. Heihachi war schon lange nicht mehr hier gewesen, weil die Erinnerungen an jenen Ort selbst für jemanden wie ihn zuweilen schmerzhaft waren. Aber verborgen hinter dichten Baumkronen ging der Hüne davon aus, ein gutes und idiotensicheres Versteck gefunden zu haben. Denn der Letzte, der den Weg hier herauf nehmen würde, war Kazuya selbst. Es sei denn, er wollte es so. Und während der Graubart die Kerzen in dem abgedunkelten Meditationszimmer maß, spürte er den aufflackernden Hass seines Sohnes, der einer Flammenzunge gleich nach Rache lechzte. Ja, er hatte ihn enttarnt, noch bevor er überhaupt daran dachte, dass sein Vater ganz in seiner Nähe war. Und das fand Heihachi wiederum beeindruckend. Er hatte einen Prachtkerl groß gezogen. Einen Solchen, der mit seiner Familie zwar nichts zu tun haben wollte, aber doch einen gefährlichen und intelligenten Gegner gab, in jeglicher Form. „Soll ich ihn weiterhin beobachten, Vater?“, mischte sich Lee in Heihachis Gedankenwelt ein, der sich nicht noch einmal die Mühe machte, über die Schulter zu dem Silberhaarigen umzusehen. Seine Mundwinkel verzogen sich, ehe er schwach nickte. „Wieso arrangierst du nicht ein kleines Intermezzo? Schließlich ist er hier auf „Urlaub“, wie du sagtest? Er würde sich bestimmt sehr über einen Besuch von dir freuen.“ „Ja, in der Zaibatsu hat man mir seine Abwesenheit damit erklärt. Ich nehme an, er vergnügt sich mit diesem Mädchen, das an dem Turnier teilgenommen hat.“ Blinzelnd, wurden Lees Augen gefährlich schmal. Er hob kurz die Schultern. „Ihr Name ist Kazama Jun, sie war gemeinsam mit Interpol beauftragt worden uns auszuspionieren.“ „Hat wohl nicht ganz geklappt, wie!“, bellte der Alte lachend auf, dass sich die Nackenhaaren des Silberhaarigen kräuselten. „Nein. Unser einziges Problem war und ist immer noch Lei Wulong. Nach den aktuellen Angaben ist er nach Hong Kong zurück gekehrt. Aber offengestanden traue ich dem Frieden nicht ganz.“ Das Mishima-Oberhaupt schwieg sich einen Atemzug lang aus, ehe er ein Räkeln unterdrückte und sich auf die Beine zurück kämpfte. Sein Adoptivsohn wich einen halben, respektvollen Schritt vor ihm zurück und ging in eine tiefe Verbeugung. Ja, es gefiel dem Alten, wenn die anderen erkannten, dass er stärker war als sie und sich ihm unterordneten. Kazuya fehlte diese Einsicht bislang, was nicht zuletzt daran lag, dass er einfach keinen Respekt vor seinem Vater hatte – eine Schandtat, wenn man sein Traditionsbewusstsein bedenkt! Aber es war nicht zu ändern, noch nicht. Es würde sicher die Zeit kommen, wo alles wieder in geregelten Bahnen lief. Er musste nur den Humbug aus dem Hirn des Knaben vertreiben, zur Not eben mit Prügel. „Inspektor Wulong könnte uns in der Tat ein Dorn im Auge sein. Sorge dafür, dass er nicht in Hong Kong ankommt, beziehungsweise die Stadt nicht mehr verlässt.“ Lee erwiderte Heihachis Worte mit einem süffisanten Grinsen. „Die Williams-Schwestern, Vater?“ „Bitte nicht beide auf einmal, sonst behindern sie sich gegenseitig!“, fuhr Mishima Chaolan ins Wort, wobei sich seine Brauen an der Nasenwurzel berührten, als sich seine Stirn in tiefe Falten legte. „Diese Weiber sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, wenn man sie gemeinsam in einen Raum sperrt. Das können wir bei Interpol als Gegner nicht verantworten. Gib Nina den Auftrag, sie hat weiß Gott mehr Talent als dieses braunhaarige, dürre Ding.“ „Anna hat eben andere Vorzüge“ Lees Entgegnung war ruhig, nahezu singend und von einem Lächeln unterstrichen. Dass er sich über Heihachis Aussage ärgerte, war ihm nicht einmal ansatzweise anzusehen. „Als Hure vielleicht! Und jetzt lass mich allein.“ Eine erneute Verbeugung angedeutet, wandte sich der Silberhaarige steif ab, um die Räumlichkeiten durch die Schiebetür so lautlos zu verlassen, wie er sie betreten hat. Seine rauen Finger richteten den Kimono, bevor er in einen Seisa zurück sank und sich vor der mannshohen Buddhastatue verneigte. Die Augen schließend, glitt der Graubart neuerlich in sein ganz eigenes, persönliches Reich des inneren Friedens ab, durch das er fähig war, seine Kräfte zu bündeln, seine Umgebung zu spüren, wie sie kein normaler Mensch wahrnehmen würde. Es war ein angenehmer Zustand, ein solcher der Macht verhieß. Und als machtvoll betrachtete sich der Karateka alle mal. Er würde sein Eigentum sicher zurück bekommen, Kazuya zeigen wie man mit ihm umzugehen hatte und endlich dessen wahre Stärke heraus finden. Mit dem Anflug eines schmallippigen Lächelns erinnerte sich Heihachi an ihre letzte Begegnung zurück, wo der Schwarzhaarige kämpfte, als wäre er der Teufel selbst. Irgendetwas war an seinem Sohn anders, etwas das er ergründen und besitzen wollte. Mishima hoffte nur inständig, dass ihm das Weibsbild nicht noch mal einen Strich durch die Rechnung machen würde und er andere Saiten aufziehen musste. Man behauptete oft, Heihachi Mishima sei ein grausamer Mann. Er selbst sagte, er war lediglich fair. Denn am Ende erhielt jeder das, was er verdiente. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)