Die Unschuld in Deinen Augen von Jaelaki ([Itachi & Sasuke - no incest]) ================================================================================ Prolog: Unschuld ---------------- Prolog Die wahrhaftige Unschuld widerspiegelt sich in den Augen eines Kindes. Franz Schmidberger Er atmete tief durch, während er elegant auf dem Boden landete. Seine Kleidung war verschmutzt und an manchen Stellen aufgerissen, seine Haare hingen ihm verschwitzt im Nacken. Er hielt inne, fühlte diesen Blick schon seit einiger Zeit auf sich gerichtet, sah jedoch erst jetzt auf und blickte direkt in große, schwarze, staunende Augen. „Was machst du denn hier?“, fragte er leise. „Mama hat gesagt, ich soll dir sagen, dass das Essen gleich fertig ist“, antwortete sein kleiner Bruder in einem ganz wichtigen Ton und lächelte zu ihm hoch. Er nickte knapp, packte seine Jacke und die Waffen zusammen, die er sich zum Trainieren mitgenommen hatte, unter einem gefährlich neugierigen Blick aus dunklen Augen. „Nii-chan? Darf ich auch mal mit d…“ „Nein, du bist noch zu klein.“ Uchiha Sasuke blähte beleidigt seine Wangen. „Und das weißt du auch“, fügte er mahnend – und natürlich auch gutmütig aufziehend – hinzu. „Pff“, erwiderte sein kleiner Bruder, „ich bin kein kleines Kind mehr!“ Und blickte ihn trotzig an mit seinen großen, dunklen, unschuldigen Augen. Itachi schnaubte beinahe belustigt: „Du bist fünf Jahre alt, Sasuke!“ Wenn wir Kinder sind, wollen wir schnell erwachsen werden. Wir wollen alles dürfen, können, machen, wie wir es wollen. Wir glauben, dass die Welt wunderbare Dinge für uns bereithält, die wir endlich begreifen, wenn wir älter sind. Wir glauben, wenn wir erwachsen sind, wird alles besser und toller und spannender. Wir glauben, wenn wir die Wahl hätten, würden wir lieber ganz schnell erwachsen sein. Schweigend schlenderten sie nebeneinander her, ehe Sasuke plötzlich nachdenklich zu ihm hochsah. „Nii-chan? Wenn ich mal groß bin, will ich genauso sein wie du.“ Sein kleiner Bruder sah in aus großen, dunklen, treuen Augen an. Wenn wir Kinder sind, glauben wir daran, dass wir werden können, was wir wollen, wie wir wollen. Wir glauben an Gerechtigkeit und Liebe, an Freunde und Helden. Wir glauben an ganz viel Gutes in der Welt, weil uns unsere Familie vor dem Schlechten bewahrt und wir es nicht sehen. „Wieso denn das?“, fragte Uchiha Itachi und musterte den kleinen Jungen, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten schien. Plötzlich schaute der etwas verlegen drein. „Naja. Du bist halt so schnell und stark und so.“ Uchiha Itachi blickte nachdenklich auf seinen kleinen Bruder hinab. „Es gibt wichtigere Dinge als schnell und stark zu sein“, meinte er fast flüsternd und sanft und Sasuke runzelte seine Stirn. „Echt? Was denn?“ Er schüttelte langsam den Kopf und meinte nur: „Nicht so wichtig. Das wirst du irgendwann verstehen.“ Sein kleiner Bruder stemmte die dünnen Ärmchen in die Seiten und blies sich eine Strähne seines dunklen Haares aus der Stirn, ehe er trotzig murrte: „Hey! Seit wann sagst du sowas? Ich bin nicht dumm!“ Itachi lächelte schwach. „Nein, du bist nicht dumm, nur ungeduldig.“ Wir glauben, dass wir dann endlich alles verstehen werden und wir alles wissen dürfen und dass uns keiner mehr sagt, dass wir es noch nicht verstehen, weil wir noch zu klein sind. Und wir sind ungeduldig und hoffen, dass die Zeit schnell vergeht. Er war zu spät dran. Schon wieder. Es war schon dunkel. Sasuke verzog wehleidig das Gesicht, wenn er daran dachte, was ihn erwartete, sobald er zu Hause ankommen würde. Eine mächtige Standpauke. Wir freuen uns darauf, dass uns dann keiner mehr ins Bett schicken wird, uns niemand mehr vorschreiben kann, wie lange wir aufbleiben und unterwegs sind, wir freuen uns darauf unabhängig zu sein, keinem mehr Rechenschaft schuldig. Wir freuen uns darauf, frei zu sein. Es war seltsam ruhig. Das Viertel wirkte wie ausgestorben. Mit langsamen Schritten ging er die Straße entlang, wandte seinen Kopf nach links und rechts. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn und ließ seine Hände ganz kribblig an seinem schwarzen T-Shirt spielen. Wahrscheinlich bildete er es sich nur ein. Er mochte es nicht, wenn es so dunkel war draußen. Er beschleunigte unwillkürlich seine Schritte. Der Kies knirschte unter seinen Schuhen. Der Wind wehte ihm ins Gesicht, ließ ihn frösteln. Er war noch ganz durchgeschwitzt vom Training. Wenn wir Kinder sind, glauben wir daran, dass unsere großen Brüder uns vor allem beschützen können und dass unsere Eltern für immer bei uns bleiben. Er stand vor der Tür, im Haus brannte kein Licht. Er fühlte sich plötzlich wie gelähmt. Das ungute Gefühl stach plötzlich in seine Brust, ließ ihn schwer atmen. Sein Arm wollte sich nicht bewegen, er war erstarrt, sein Herz hämmerte in der Brust, in seinen Ohren rauschte es. Mit einem Ruck öffnete er die Tür und sah nur Finsternis in dem sonst so wohnlichen Raum, nur Schatten, dann seinen Bruder, der sich fließend aus der Dunkelheit löste und ihm mit blutroter Iris in die großen, schwarzen Augen stierte, in denen ihm die Unschuld entgegen schrie. Irgendwann stellen wir fest, dass wir falsch lagen als Kinder. „Nii-chan? Was … was hast du getan?“ Aber dann ist es zu spät. Kapitel 1: Hass --------------- Kapitel 1 Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit. Elie Wiesel Die Sonne ging auf, tauchte das Uchiha-Viertel in ein orange-rotes Licht, ein paar junge Männer schlenderten an ihnen vorbei, grüßten sie. Ein kleines Mädchen mit schwarzem Haar, zu zwei Zöpfen gebunden, griff gegenüber nach der Hand ihrer Mutter, die am Zaun mit der Nachbarin sprach, lachte. Er selbst lehnte sich gemächlich an das Geländer der Veranda, ließ seinen Blick mal gelassen schweifen, mal starr vor sich her gleiten. „Nii-chan? Hasst du mich?“ Uchiha Itachi schaute auf. Vor ihm stand ein kleiner sechsjähriger Junge mit rabenschwarzem Haar und dunklen, funkelnden Augen, mit denen er momentan bedrückt auf den Boden blickte. Seine Hände klammerten sich an dem Saum des schwarzen Hemdes fest, auf dem Rücken das Emblem des Uchiha-Clans, unruhig verlagerte er sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Er stand nur in dünnen Socken auf der Veranda des Familienhauses und machte irgendwie einen trübseligen Eindruck. „Wie kommst du darauf?“, fragte Angesprochener distanziert zurück und musterte seinen kleinen Bruder eindringlich. „Naja“, erwiderte der zögerlich, „wenn einem etwas nicht wichtig ist, dann hat man das auch nicht mehr lieb und wenn man etwas nicht mehr lieb hat, dann hasst man das doch irgendwie, oder?“ Uchiha Sasuke hatte seine Stirn in Falten gelegt, die Augen plötzlich nachdenklich zusammen gekniffen und pustete eine dunkle Strähne seines Ponys aus seinem Gesicht. „Und wenn du mich lieb hättest, dann würdest du mich nicht immer vergessen. Mama sagt, dass Menschen, die einen lieb haben, ganz wichtig sind für einen. Und du vergisst keine wichtigen Dinge. Das hat Papa gesagt. Du hast versprochen gestern mit mir zu trainieren, aber du hast mich vergessen.“ Ein gewisser Trotz hatte sich in Sasukes feine Gesichtszüge geschlichen, seine Wangen waren etwas aufgebläht, sein kleiner Mund beleidigt vorgeschoben. Itachi starrte seinen kleinen Bruder ruhig an, dann atmete er tief aus. „Es tut mir leid, Sasuke. Ich habe es nicht vergessen, ich hatte nur viele Dinge zu tun.“ Der kleine Junge verzog seine großen, dunklen Augen beinahe zu Schlitzen. „Mama sagt, dass man die wichtigen Sachen zuerst machen sollte. Dann bin ich also nicht wichtig?“ Ein müdes Lächeln schlich sich auf Itachis dünne Lippen. „Da hat sie bestimmt recht. Manchmal macht man es aber nicht, wie man es sollte.“ Er hörte den Wind an seinem Ohr vorbeirauschen, ein brennendes Kribbeln auf seiner Haut, er stieß sich vom nächsten Ast ab und glitt durch die breiten Kronen der dunklen Bäume. Der Wind zerrte an seiner Kleidung, peitschte ihm ins Gesicht, doch er starrte unentwegt, unbeirrt in die Dunkelheit. In seinen Armen trug er einen kleinen Körper, den er an sich presste, beinahe als hätte er Angst, ihn zu verlieren. Es war nicht kalt, aber ein Frösteln durchzog seine Glieder. Bereits seit Stunden rauschte er durch den Wald, nicht hektisch, aber zielstrebig. Ein dünner Schweißfilm überzog seine Haut, nicht aus Anstrengung, sondern aus Anspannung heraus. Er hatte schon viel gesehen, viel getan, aber das zerrte selbst an seinen Nerven. Nicht dass es erkennbar war. Er war ein Genie. Ein Genie der Täuschung. Er trug eine Maske. Sein Gesicht. Es war noch dunkel. Um ihn herum herrschte die Stille der Nacht. Ein paar Grillen zirpten, eine Eule flog vorbei, irgendwo raschelte es. Ansonsten waren da nur der Wind und sein eigener Atem. „Wieso macht man es nicht einfach so, wie man es sollte?“ Unverständnis lag in den dunklen Augen seines kleinen Bruders. „Das ist eine gute Frage“, erwiderte er leise und wandte sich zum Haus, „vielleicht weil es nicht richtig ist?“ Sasuke runzelte die Stirn und blickte nachdenklich drein. „Manchmal sagst du komische Sachen“, bemerkte der schließlich und Itachi musterte ihn für einen kurzen Augenblick, ein Lächeln zog an seinen Mundwinkeln. „Mutter und Vater auch“, erwiderte er und Sasuke lachte, ehe er ihn plötzlich ernst ansah, so ernst es ein Sechsjähriger mit großen, schwarzen Augen eben konnte. „Nii-chan …“ Er dehnte es und machte sicherlich ein fünfsilbiges Wort daraus, „trainierst du heute mit mir?“ Itachi bedachte ihn mit einem langen Blick und winkte ihn näher zu sich. Er tippte ihm gegen die Stirn, ehe er nur sagte: „Ein anderes Mal“ Und Sasuke beleidigt seine Wangen aufblähte. Allmählich lichtete sich der sanfte Nebel der Nacht. Zuerst hörte er die Vögel, die begannen ihre Lieder zu singen, dann sah er die ersten Lichtstrahlen, die durch die Nebelschleier blinzelten. Er horchte auf, sein Herz trommelte in der Brust, ansonsten war es angenehm ruhig. Wachsam und blutrot leuchteten seine Augen, während er leichtfüßig von Ast zu Ast gen Waldboden sprang. Seine Finger zitterten jedoch verräterisch, als er den schmalen Körper behutsam an einen dicken Stamm lehnte. Zwei Tage und zwei Nächte war er nun pausenlos durch den Wald gelaufen, gerannt, geflogen, von Baum zu Baum und Ast zu Ast gehastet, doch er sah noch immer diese dunklen, großen Augen vor sich, wie sie ihn anstarrten, ungläubig, verzweifelt, angsterfüllt, panisch. Mühselig schüttelte er den Kopf, ließ sich langsam neben der kleinen Gestalt am Baumstamm hinab gleiten. Ausdruckslos nagelte sich sein Blick auf die gegenüberliegende Seite, starrte einen alten, verkrüppelten Baum an, beobachtete eine junge Amsel, die seinen Blick aufmerksam erwiderte. Er fragte sich, ob er es getan hatte, wie er es tun sollte. Wenigstens dieses eine Mal. „Nii-chan!“, quängelte sein kleiner Bruder trotzig, „immer sagst du ‚nächstes Mal‘. Immer. Du kannst das nicht immer so sagen! Ich will mit dir trainieren! Dieses Mal!“ Itachi musterte ihn beinahe amüsiert. „Stimmt. Das werde ich nicht immer sagen können“, meinte er bloß, wandte sich um, fügte leise hinzu: „Irgendwann wird es das letzte Mal sein.“ Sasuke starrte ihm verwundert hinterher. Itachi musterte die kleine, schmale Gestalt neben sich, den Rücken an den Baumstamm gelehnt, das Kinn auf der Brust. Strähnen dunklen Haares hatten sich vor die Augen des Jungen geschoben, seine Brust hob und senkte sich regelmäßig. Sanfte Sonnenstrahlen fielen auf die Wange, die Schulter. Itachi wandte den Blick ab und wartete. „Nii-chan?“, flüsterte es durch die Dunkelheit. Itachis Schritte hielten inne, er öffnete leise die Tür und blickte durch das trübe Mondlicht, das sich auf das Kinderbett legte, in die geöffneten Augen seines Bruders. „Warum bist du noch wach, Sasuke? Es ist spät!“, fragte er leise. „Ich … konnte nicht schlafen.“ Itachi musterte ihn forschend. „Du hast nicht wieder auf mich gewartet, oder? Ich habe dir schon das letzte Mal gesagt, dass du nicht warten kannst, wenn ich so spät von einer Mission zurückkomme.“ Er sah, wie Sasuke verlegen seinem Blick auswich und hätte beinahe geseufzt. Er spürte plötzlich, wie es sich allmählich neben ihm regte. Innerlich zog sich etwas in ihm zusammen, doch er beobachte regungslos, wie sein kleiner Bruder zunächst blinzelte und sich dann langsam seine Augen unwillkürlich zu Schlitzen formten. Die Morgensonne flutete den Wald. Die Vögel sangen. Irgendwo plätscherte ein klarer Bach. „Nii-chan“, flüsterte Sasuke orientierungslos, ehe er sich zäh aufrappelte und suchend umblickte, „ich …“ Er zuckte zusammen, fasste sich an den Kopf, runzelte mit schmerzverzogenen Gesicht seine Stirn, ehe er ihn müde fokussierte. Itachi beobachtete ihn aufmerksam, erwiderte offen seinen Blick. Er selbst saß noch immer an den Baumstamm gelehnt, schwieg und beobachtete nur. Sein Bruder sah ihn von der Seite her an, als versuchte er einen roten Faden wiedereinzufangen. „Nii-chan“, wiederholte er leise, „ich hab‘ etwas ganz Schlimmes geträumt.“ „Du musst dich weniger auf das Ziel und mehr auf die Kunais konzentrieren.“ Sasuke wandte sich überrascht zu der dunklen Stimme um und blickte seinen Bruder stumm an, der ihn aufmerksam musterte. Der Siebenjährige stand mitten auf einer Lichtung, zwischen und an den grünen Bäumen, durch deren Blätter leise der Wind raschelte, hingen Zielscheiben in unterschiedlichsten Größen. Er hielt drei Kunais in den Händen, wippte mit den Füßen und beobachtete Itachi einen Augenblick lang schweigend, der ihm mit schmutziger ANBU-Weste entgegenkam. „Was machst du denn hier?“, fragte sein kleiner Bruder bloß, das leise Erstaunen klang in seiner Stimme mit. Itachi erwiderte zunächst nichts, machte einen weiteren Schritt und tauchte plötzlich hinter ihm auf wie aus dem Nichts. Sasuke zuckte kurz zusammen. „Du brauchst erst einmal Gefühl für die Waffe, danach kannst du es durch verschiedene Zielscheiben und deren Größen verfeinern. Stell dich richtig hin.“ Abrupt hörte Sasuke auf mit den Füßen zu wippen und stellte sich fest auf den Boden, automatisch zückte er dabei die beiden Kunais und hielt sie locker vor sich. „Hnh“, machte Itachi prüfend. „Halt die Kunais nicht zu lange in der Hand beim Wurf, dadurch kommen sie nicht zielsicherer an, sondern meistens nur später. Linker Fuß nach vorne. Und wirf!“ Die Kunais steckten gegenüber und rechts jeweils in der schwarzen Mitte fest. Sasuke jauchzte und über Itachis Lippen flog ein angedeutetes Lächeln. „Hast du das gesehen? Hast du das gesehen?“, wiederholte sein kleiner Bruder und hüpfte beinahe von einem Bein auf das andere. „Komm, es ist schon spät und ich komme eben erst von einer Mission. Lass uns nach Hause gehen.“ Sasuke nickte, während er mit vor Eifer glühenden Wangen und einem stolzen Grinsen zu ihm hochsah. Plötzlich riss Sasuke seine Augen auf, ächzte, sprang auf und stolperte ein paar Schritte zurück. „Wo … was …?“ Seine Stimme verlor sich. Hektisch atmend, huschte sein Blick von seinem großen Bruder zurück zur Umgebung, zu seinen Händen, die sich verkrampft in sein T-Shirt krallten. „Hör auf zu hyperventilieren“, durchbrach plötzlich Itachis dunkle Stimme seine unzusammenhängenden, panischen Gedanken. Unverständnis sprach aus dem Blick seines Bruders. „Zu hyperventilieren?“, echote er ungläubig mit dünner Stimme. Es war als hätte sich etwas verdammt Schweres auf seine Lunge gelegt, er konnte nicht richtig atmen. „Das heißt, dass du panisch bist und zu hektisch atmest“, entgegnete Itachi ihm auffällig ruhig. „ZU HEKTISCH ATME?“, schrie Sasuke plötzlich und funkelte ihn hasserfüllt an, „was ist hier los? Wo sind wir? Was hast du gemacht? Was hast du gemacht, verdammt?“ „Nii-chan?“ Sasuke stand plötzlich in der Tür, rieb sich müde die Augen und sah ihn mit großen, ungläubigen Augen fragend an, die Stirn runzelnd. „Was hast du gemacht?“, wollte er fast ängstlich wissen. Itachi öffnete ohne aufzublicken mit einem Ruck seine ANBU-Weste, zog sie sich aus. „Sasuke, ich habe dir gesagt, du sollst im Bett bleiben!“ Es war noch dunkel, draußen zirpten die Grillen, trotzdem war es warm, fast unangenehm. „Was ist das?“, fragte sein kleiner Bruder mit unnatürlich hoher Stimme, sein Blick klebte an der Weste. „Das ist nichts“, antwortete er bloß wie auswendig gelernt. Sasukes Augen weiteten sich, als er leise flüsternd fragte: „Ist das Blut? Hast du dir wehgetan?“ Itachi sah plötzlich hellwach zu ihm auf, wie er ihn auffällig besorgt musterte, eine Spur zu neugierig, eine Brise zu unerschrocken. Er stand im Türrahmen seines Zimmers, und verlagerte sein Gewicht unruhig von einem Bein auf das andere. „Es ist nicht mein Blut. Geh ins Bett!“ Seine Stimme hatte etwas Endgültiges, dem kleinen Jungen einen strengen Blick aus dunklen Augen zuwerfend. „Es ist alles okay. Geh. Los“, fügte er schließlich sanfter hinzu. Sasuke wandte sich endlich schweigend um, zog die Tür leise hinter sich zu. Vielleicht, dachte Itachi dann, verstand sein kleiner Bruder allmählich, dass es besser war, manche Dinge nicht zu wissen. Die Augen, die ihn so verstört und mit dem naiven Unverständnis angeblickt hatten, wie es nur die eines unschuldigen Kindes im Stande zu tun waren. Er hatte es in dessen Augen wahrgenommen, auch, wenn es nur für einen Bruchteil der Realität gewesen war. Sein kleiner Bruder wollte es nicht wissen, aber es drang schmerzhaft in seine Gedanken, stach in seine Erinnerungen, er wehrte sich verzweifelt. „Nii-chan?“, flüsterte es durch die Dunkelheit. Itachis Schritte hielten inne, er öffnete leise die Tür und blickte durch das trübe Mondlicht, das sich auf das Kinderbett legte, in die geöffneten Augen seines Bruders. „Warum bist du noch wach, Sasuke? Es ist spät!“, fragte er leise. „Ich … konnte nicht schlafen.“ Itachi musterte ihn forschend. „Du hast nicht wieder auf mich gewartet, oder? Ich habe dir schon das letzte Mal gesagt, dass du nicht warten kannst, wenn ich so spät von einer Mission zurückkomme.“ Er sah, wie Sasuke verlegen seinem Blick auswich und hätte beinahe geseufzt. „Ich hab‘ nicht gewartet, ich habe nur was Schlimmes geträumt.“ Langsam ließ sich Itachi auf der Bettkante nieder. „Dann ist es doch nicht mehr so schlimm“, sagte er leise, „jetzt weißt du ja, dass es nur ein Alptraum war.“ „Es war ein Alptraum, nur ein Alptraum“, flüsterte Sasuke ergeben, keuchte noch atemlos von seiner Schreiattacke, die unbeantwortet blieb „bitte, sag mir, dass es ein Alptraum war, Nii-san.“ Seine dunklen, großen Augen blickten verzweifelt zu ihm, suchten diesen Funken, dieses beruhigende Lächeln um seine Lippen, dieses angedeutete „es ist alles okay“. Doch nichts davon stand in seinen Gesichtszügen. Er fand nichts, nur schwarze, leere Augen, die direkt und unerbitterlich in seine eigenen stierten. „Ich habe sie getötet, Sasuke.“ Plötzlich bäumte er sich auf, schüttelte seinen Kopf, krallte die Finger um seinen Kopf, riss sich verzweifelt die Haare, ehe er mit einem Male wild aufschreiend auf seinen großen Bruder zustürmte, versuchte ihn zu treten, zu schlagen, zu beißen, kreischte und heulte. Dann brach er kraftlos zusammen, sank auf seine Knie, die Finger in das dunkle Shirt seines Bruders festgekrallt, als suchte er verzweifelt Halt. Seinen dröhnenden Kopf lehnte er gegen Itachis Beine. Der schwieg einfach nur, schloss für einen schwachen Moment seine Augen, fühlte nichts als diese bleierne Leere in sich. Manchmal war Schmerz besser als Leere, Schreie besser als Schweigen, Hass besser als Gleichgültigkeit. „Hasst du mich, Otouto?“ Denn Gleichgültigkeit ist das Gegenteil von Liebe. Nicht Hass. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)