Was wir sind von Jaelaki (Seto & Joey | Puppyshipping) ================================================================================ Kapitel 25: … ist nicht ahnungslos ---------------------------------- __________________________________________   Ahnungslos Ganz unbewußt und völlig ahnungslos hast Du Dich in mein Leben geschlichen. Seitdem versuche ich krampfhaft, es Dir schonend beizubringen. © Claudia Malzahn (*1969)   __________________________________________           Seto Kaiba war Geschäftsmann, Erfolgsmensch und ein Genie. Für ihn zählte der Gewinn und nicht der Einsatz, also das Ziel und nicht der Weg. Zumindest dachte ich das eine ganze Zeit lang. Manchmal denke ich es noch immer. Egal was er sich vornahm, er wusste wie, war immer vorbereitet und hatte Ahnung – nicht unbedingt wie ich. Er arbeitete für das, was er erreichen wollte und erreichte das, was er wollte. Er verlangte viel, aber wenn man auf ihn setzte, dann versprach es einen großen Gewinn. Die Frage war, was es bedeutete, wenn Seto Kaiba derjenige war, der auf einen setzte. Und was es einen kostete.   Am Donnerstag bekamen wir eine Neulieferung von Waren. Kaiba ordnete an wie und wohin die geräumt werden sollten. Ich sollte es natürlich ausführen. Herr Muto beobachtete das Treiben, wischte sich ab und zu mit einem Tuch über die Stirn. Es war bereits vormittags drückend und Herrn Mutos Kreislauf nicht mehr der beste.   »Wheeler, das kommt dorthin und –« »Du könntest auch einfach mal selbst eine Box tragen!«, schlug ich ihm genervt vor. »Ich ertrage schon dich, das ist schwer genug«, behauptete er und ich knurrte, was er mit einem Kräuseln seiner Lippen quittierte. Doch entgegen seiner Worte packte er an und räumte Kisten aus dem Lastwagen. Ein paar Schaulustige sammelten sich an. Der Seto Kaiba verrichtete körperliche Arbeit – neben einem Typen, den die Welt nicht kannte. Noch nicht. Ich betrachtete ihn aus den Augenwinkeln. Sein Haar haftete in seinem Nacken, weil er schwitzte. Er krempelte die Arme seines Hemdes hoch, lockerte die Krawatte, wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Wheeler.« Kaibas Ton ließ mich ertappt zusammenzucken. »Was ist?« »Hör auf zu trödeln.« »Oder?«, provozierte ich ihn. »Oder ich sorge dafür, dass du in der Mittagspause kein Eis bekommst.« Ich lachte auf, denn Kaiba, der mir drohte, mein Eis wegzunehmen oder so, war doch wirklich zum Schießen. Aber als ich seinen Blick auffing verebbte mein Lachen. »Du meinst das ernst«, bemerkte ich entgeistert.   Der Mittag rollte mit einem Gewitter an, das sich gefühlt im Garten entlud. Regen stürzte hinab und verschleierte alles in einem Grau. Donner grollte über das Dach hinweg und Blitze zuckten durch die schwarzen Wolken. »Woho, Apokalypse«, behauptete ich und lutschte an meinem Eis, während ich hinaus sah. Wir saßen drinnen an einem kleinen Tisch neben der Verkaufstheke. Kaiba saß mit überschlagenen Beinen mir gegenüber und tippte auf seinem Laptop herum. »Wenn ich für dich arbeite«, begann ich und saugte an meinem Wassereis, »krieg ich dann auch Eis in der Mittagspause?« »Wenn du für mich arbeitest, dann hast du keine Mittagspause«, entgegnete Kaiba trocken. »Meinst du das ernst?«, wollte ich wissen, meine Augen verengt, mein Mund vorgeschoben, das Eis in der Rechten. Er warf mir einen Blick zu. »Ich bezweifele, dass ich dich von Eis fern halten könnte. Der Aufwand lohnt nicht. Solltest du aber irgendetwas versauen –« Vor meinem geistigen Auge sah ich, wie zwei Männer im dunklen Anzug, meinen Körper in verschiedene Koffer verteilten und mich quer durch Japan verschickten. Ich winkte ab und kramte – mit dem Eis im Mund – nach meinem Rucksack, zog die Papiere hinaus und hielt sie über Kaibas Laptop hinweg ihm entgegen. »Da. Unterschrieben.« Er betrachtete mich kurz. Wassereis im Mund, Verträge in der Hand, ihm entgegen gestreckt, mein Haar Chaos, mein T-Shirt mit der Aufschrift Keep calm and ...und mein Grinsen so breit, dass meine Wangen doppelt so groß waren. Er nahm die Dokumente und steckte sie in seinen Aktenkoffer. »Um siebzehn Uhr findet eine Konferenz statt.« »Hä? Wie?« Ein Gefühl von Panik schwappte durch meine Adern. Konferenz. Hörte sich wichtig an. Er sah mich an, als müsste er sich konzentrieren, um mich nicht wegen meiner Ahnungslosigkeit zu erwürgen. Jedenfalls langte er sich an die Stirn, atmete aus und erklärte weiter. »Dort kannst du dich gleich vorstellen und wir werden das weitere Vorgehen besprechen. Sarah wird auch dort sein.« Mich vorstellen? Ich schaute an mir herunter, in meinem Kopf sah ich irgendwelche Anzugträger, die mich missachtend betrachteten, hinter gehobener Hand über mich sprachen und ich fühlte mich immer kleiner. »Okay«, behauptete ich. Aber es fühlte sich nicht so an. Gegen sechzehn Uhr verabschiedeten wir uns von Herrn Muto. Das Gewitter hatte sich verzogen, aber die Gehwege waren noch nass und die Luft frisch. Die Frau an der Anmeldung, die Blicke im Rücken, Mitarbeiter, die Kaiba zunickten und mich übersahen, Mitarbeiter, die Kaiba zunickten und mich neugierig anstarrten. Als wir im Lift nach oben fuhren, schritt ich nervös hin und her. »Kaiba, ich –«, begann ich und sah zu ihm auf, bemerkte erst da, dass er mich wohl beobachtet hatte und hielt inne. »Wenn du aufs Klo musst«, warf er ein und ich schnaubte. »So ein Quatsch, ich wollt sagen, dass ich – ich hab keine Ahnung, was ich denen sagen soll«, gab ich zu und betrachtete betreten meine ausgelatschten Turnschuhe. »Das ist unerheblich«, entgegnete er und mein Blick rutschte zu ihm hoch, meine Augen weiteten sich, meine Augenbrauen hochgezogen, weil ich nicht glauben konnte, was er da sagte, »denn die wissen in siebzig Prozent der Fälle auch nicht, was sie mir sagen sollen, wenn ich sie etwas frage. Und das hier sind schon die Kompetenten unter ihnen.« Ich grinste schwach, wusste nicht, ob er scherzte oder es ernst meinte. »Sarah wird den Großteil übernehmen, setz dich einfach dazu, versuch nicht allzu dämlich auszusehen und verhalte dich der Situation angemessen.« Mein Blick verdüsterte sich. »Wenn das deine Ermutigungsrede ist, dann ist sie ziemlich kacke.« »Hündchen, dir war hoffentlich klar, dass ich dich nicht anlügen würde.« Ich schnaubte. In diesem Moment öffnete sich der Lift und Kaiba stolzierte hinaus, ich stolperte ihm hinterher. Ich würde mich professionell verhalten. So wie man es erwartete. Keine Gossensprache, alle Silben schön sauber ausgesprochen – so wie Kaiba es tat. Ich würde freundlich und nett auftreten, souverän, als hätte ich das hier schon zig Mal gemacht – so wie Kaiba eben. Ich würde antworten, wenn man mich fragte und niemandem auf die Füße treten. Ich würde selbstbewusst und clever meine Fähigkeiten präsentieren – so wie Kaiba.   »Kopf hoch, Schultern nach hinten«, wies er mich an, dann drückte er die Tür auf und schritt in den Konferenzsaal. Augenblicklich richtete sich die Aufmerksamkeit auf ihn. Sein Auftritt ließ alle verstummen. Sein Charisma nahm den Saal ein, überstrahlte die anderen Anwesenden und riss eine Kluft zwischen ihm und mir auf, die mir schmerzhaft ins Bewusstsein rückte, wie mächtig er war – und wie unbedeutend ich. Mein Blick schweifte über die Runde: Herren in Anzügen, eine Frau – abgesehen von Sarah. Ich erkannte Herrn Tanaka, der mir kurz zunickte.   »Wir beginnen mit Phase eins der Turniervorbereitungen«, ordnete Kaiba an und nickte Sarah zu, während ich neben ihm stand und bestimmt so aussah, als wollte ich überall sein, nur nicht hier – ganz und gar nicht wie Kaiba. »Meine Herren, meine Dame«, übernahm Sarah, »ich darf Ihnen Herrn Joseph Wheeler vorstellen. Mit ihm werden wir die Werbekampagne starten.« Als alle Blicke zu mir wanderten, rutschte mir das Herz in die Hose. »Ähm – hi«, brachte ich hervor und Kaiba hob eine Augenbraue, während er sich am Kopf des Tisches niederließ. Sarahs Hände lagen plötzlich auf meinen Schultern und sie navigierte mich zu einem Platz rechts von Kaiba, brachte mich dazu, mich zu setzen, blieb aber selbst zwischen ihm und mir stehen. »Ich bitte Sie, Herr Kaiba«, warf eine Stimme ein und ein dicklicher Mann in grauem Anzug und roter Krawatte erhob sich, stützte seine Hände auf dem Tisch ab und betrachtete abwechselnd mich und Kaiba, öffnete den Mund und schloss ihn wieder, als wüsste er nicht, wie er seine Gedanken zusammenfassen könnte und dann brachte er es endlich auf den Punkt. »Der ist nicht älter als ein Schüler. Seit wann legt die Kaiba Corporation ihren Erfolg in die Hände unerfahrener Jungen?« Die anderen Männer begannen zu flüstern. Mein Blick blieb an der Frau haften. Dunkelbraunes Haar, rote Brille, nicht älter als siebenundzwanzig. Sie schwieg und beobachtete die Szene aufmerksam. »Ich bitte Sie, Herr Le. Herr Kaiba selbst ist noch ein Schüler, wenn Sie sich erinnern«, entgegnete Sarah mit einem spöttelnden Unterton. Kaiba schaltete sich nicht ein, aber es konnte einfach nicht clever sein, jemanden aufgrund seines jungen Alters vor ihm diffamieren zu wollen. Trotzdem machte er den Anschein der Ruhe selbst: die Beine übereinander geschlagen, die Finger locker aneinander gelehnt, sein Blick aus dem Panoramafenster gerichtet, als interessiere ihn diese Debatte nur am Rande. »Ich denke, wir sind uns einig, dass Herr Kaiba nicht einem durchschnittlichen Typus von Schüler entspricht«, wandte Herr Le ein, stemmte seine kurzen Arme in je eine Seite seines Körpers. An dieser Stelle hätte sogar ich genickt. Kaiba war alles andere als durchschnittlich. Er war überdurchschnittlich intelligent, erfolgreich und nervtötend. »Sie glauben doch nicht wirklich, Frau Jones, dass dieser Junge etwas Nützliches beitragen kann? Wir könnten eher froh sein, wenn er unsere Arbeit nicht behindert.« Ich biss mir auf die Lippe. So ein arroganter – ich würde freundlich und nett auftreten, erinnerte ich mich. »Herr Le, ich wäre sehr froh, wenn dieser talentierte junge Mann unsere Arbeit behinderte. Denn das hieße, dass unsere planlose Suche in eine erfolgreiche Richtung stieße.« »Ich bitte Sie, Frau Jones. Die Kaiba Corporation hat eine Menge talentierter Werbedesigner. Es ist eine Schande, dass –« Ich würde antworten, wenn man mich fragte und niemandem auf die Füße treten. Keine Gossensprache, keine vorlauten Reibereien. Ich würde selbstbewusst und clever meine Fähigkeiten präsentieren – so wie Kaiba. Ich würde still sein, wenn es sich gehörte. Kaiba blieb still. Wahrscheinlich gehörte es sich für mich dann erst recht. Mit knirschenden Zähnen folgte ich dem Schlagabtausch. Mein Blick wanderte zu Kaiba, der weiter aus dem Fenster schaute, als wartete er auf etwas. »Ja, es ist eine Schande, was an Vorschlägen aus Ihrer Abteilung kam, Herr Le.« Sarah schnaubte, rückte ihr Hütchen zurecht und Herr Le funkelte sie an. »Als Sie uns vor knapp einer Woche einen klugen Marketingzug, einen talentierten Künstler versprachen, der nah an der Zielgruppe ist«, Moment. Hier schnellte mein Blick von Sarah zu Kaiba. Sie hatte mich angekündigt. Er hatte also mit meiner Zusage gerechnet. Oder wen hatten sie als Ersatz in der Hinterhand? War ich so durchschaubar? Woher hatte er das gewusst? Oder hatte er nur hoch gepokert?, »dachte ich an jemanden wie Laure Prouvost oder Paulien Oltheten und nicht an jemanden wie – wie heißen Sie nochmals?« Herr Le betrachtete mich wie jemanden, von dem er wusste, dass er seine Zeit verschwendete. Ich kannte diesen Blick. Mein Vater hatte mich oft genug so angesehen. Nutzloser Bengel. Verlierer. Nichtskönner. Null. Ich ballte meine Hände. Das war's. Meine Vorsätze verwehten mit Herr Les Frage an mich. »Ich heiße Joey Wheeler und mir ist egal, an wen Sie dachten.« Mein Blick glühte. Herr Le schnaubte, öffnete seinen Mund, aber ich kam ihm zuvor. »Kaiba hat mir den Vertrag gegeben und egal wie er mich manchmal auch ankotzt«, jemand atmete scharf ein, »ich weiß er hat Ahnung hiervon. Wenn er sagt, ich bekomm das hin, dann bekomm ich das hin. Kapiert?« Mein Blick wanderte über die Gesichter. Mein Kinn gereckt, meine Faust auf dem Tisch. Ich bemerkte erst jetzt, dass ich stand und alle mich anstarrten. Hitze legte sich auf meine Wangen. Dann sah ich die junge Frau mit roter Brille lächeln. »Also würde ich – mal vorschlagen«, fuhr ich fort, »dass Sie – also dass wir hier mal – anfangen mit – planen und – was auch immer Sie hier sonst tun.« Ich setzte mich. Sarah strahlte mich an. Herr Le presste seine Lippe aufeinander. Die anderen schienen mir zuzustimmen, denn sie kramten in Unterlagen, jemand verlas die Punkte für die Sitzung und ich lehnte mich zurück, atmete tief durch und bemerkte, dass ich Luft in meinen Lungen gesammelt hatte. »Der Situation angemessen, Hündchen«, vernahm ich eine Stimme, als Kaiba sich ein wenig zu mir beugte, damit nur ich es hörte. Es war keine Ermahnung – im Gegenteil. Mit ein bisschen Willen, konnte man es als Lob verbuchen. Ein Grinsen schlich sich in meine Mundwinkel. Dann folgte eine Menge Rederei über Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte, aber das beunruhigte mich kaum, denn Kaiba, der Seto Kaiba hatte dafür gesorgt, dass ich hier saß und ich würde den Teufel tun, hier wieder zu verschwinden, ohne allen gezeigt zu haben, warum.   Nach der Konferenz wusste ich, dass ich nichts wusste. Das war einerseits keine neue Erkenntnis – und wahrscheinlich deswegen nur halb so ernüchternd – auf der anderen Seite aber verdammt ärgerlich, weil es Herrn Les Argumente nicht gerade schwächte. Einige verschwanden aus der Tür, aber der Großteil stand zusammen, unterhielt sich paarweise oder zu dritt, trank schlückchenweise Wasser und diskutierte. Ich stand langsam auf. Kaiba stand zwischen zwei Männern, einer hager, der andere klein und wurde offensichtlich belagert. Seine Mimik wandelte sich von gleichgültig zu ungeduldig, aber die beiden schienen es nicht zu bemerken. Sarah besprach etwas mit Herrn Tanaka. Ich wusste nicht, was ich hier tun sollte, fühlte mich irgendwie wie bestellt und nicht abgeholt, nahm mir ein Glas, schenkte Wasser ein und trank, einfach, um etwas zu tun zu haben. »Herr Wheeler.« Die Frau mit roter Brille stand mir plötzlich gegenüber und rückte die Gläser auf ihrer Nase zurecht. »Ja, ähm – Frau –« »Mireille-Fabienne Mathieu«, stellte sie sich vor und ich nahm ihre Hand. »Ich sehe der Arbeit mit Ihnen entgegen.« Im ersten Moment konnte ich es nicht einschätzen, ob sie spottete oder es ernst meinte, aber als sie leise lächelte, entspannte ich mich. »Ja, danke. Ich – also – was arbeiten Sie eigentlich?« Es hörte sich laut gesagt viel unfreundlicher, an als es in meinem Kopf geklungen hatte. »Ich wollte nur«, fuhr ich verlegen fort, aber sie winkte ab. »Ich bin Leiterin der Produktion.« »Wow, echt? Sie sehen so jung aus.« Sie schmunzelte. »Ich dachte, gerade Sie wüssten, dass das meistens unerheblich ist.« Ich glubschte sie an. Gerade ich – das würden wohl die meisten eher denken – hatte davon keine Ahnung. Konnte froh sein, wenn ich meinen Schulabschluss in normaler Geschwindigkeit mit einer mehr oder weniger passablen Note schaffte – geschweige denn so eine Karriere hinzulegen wie diese junge Frau vor mir, die implizierte, ich hätte eine Idee von so etwas. »Wo Sie doch offensichtlich eng mit Herrn Kaiba arbeiten, Herr Wheeler«, erklärte sie weiter. »Ja, also wir sind nur Klassenkameraden aber – ähm – nennen Sie mich doch einfach Joey. Das Andere – klingt komisch«, warf ich ein. »Dann nennen Sie mich bitte Fabienne«, entgegnete sie »Gerne«, ich verstummte kurz, trank einige Schlucke, obwohl ich keinen Durst hatte und bemerkte Kaibas Blick, als prüfte er, ob ich mich benahm – aber vielleicht kam es mir auch nur so vor. »Was macht man eigentlich als Produktionsleiterin?«, nahm ich den Faden wieder auf. Sie setzte gerade zur Antwort an, als sich zwei Hände auf meine Schulter legten. »Joey«, Sarahs Stimme brachte mich dazu, mich umzudrehen, »ich möchte euch nur ungern unterbrechen, aber wir sollten in mein Büro gehen und die nächsten Schritte planen. Frau Mathieu.« Sie nickten sich zu und Sarah ließ meine Schultern los, ging vor, schritt auf Kaiba zu, wechselte schon ein paar Worte mit ihm, während ich mein Glas auf einen Wagen stellte, wo sich schon ein paar benutzte Gläser sammelten. »Entschuldigen Sie, aber es steht wohl noch echt viel Arbeit an«, sagte ich und grinste ihr zu. Über ihre Lippen glitt ein Lächeln. »Es steht immer viel Arbeit an«, erwiderte sie, »und ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei, Joey.« Damit wandte sie sich um und ließ mich stehen. Sarah bedeutete mir, mich in Bewegung zu setzen und ich tat wie geheißen. Sie stand bei Kaiba, der irgendwelchen Anzugträgern Anweisungen gab und mich nicht beachtete.   »Ich wusste, dass du das hier hinbekommst, Schätzchen«, lenkte Sarah meine Aufmerksamkeit von Kaiba zurück zu ihr, »jetzt müssen wir die nächsten Schritte gehen und Herrn Le ordentlich blamieren. Seine Abteilung hat bei dieser Kampagne bisher ganz schön geschwächelt.« Ein Lächeln federte ihre harten Worte ab. »Am besten wir gehen in mein Büro und besprechen dort alles.« Ich nickte, doch mein Blick wanderte wieder zu Kaiba, der ihn erwiderte, was mich im ersten Moment inne halten ließ. Uns trennten drei Männer, zwei davon redeten auf Kaiba ein – der dritte war Herr Le, der schweigend dabei stand – und Sarah, die mich beanspruchte. Sie lehnte sich zu mir. »Die beiden neben Herrn Le bei Seto sind Herrn Les Schergen. Herr Miller ist der rechte, der mit der Fliege. Er ist Abteilungsleiter des Online-Marketings. Links steht Herr Suzuki. Er ist in der Redaktion der Online Zeitung der Kaiba Corporation und dabei Ressortleiter der Kultur.« Mein Kopf schwirrte. Leiter, Abteilungen, Namen, Aufgaben. Dass die Kaiba Corporation groß war, wusste ich schon davor, aber jetzt erahnte ich langsam die ganzen Ausmaße. Herr Miller schaute zerknirscht, strich sich gerade seinen blonden Pony aus der Stirn und rückte seine Fliege zurecht. Herr Suzuki öffnete den Mund, aber Kaiba schüttelte den Kopf, kräuselte seine Lippen. Ohoh, da hatte ihn jemand ganz schön angepisst. »Was ist mit Herrn Le? Ich meine: Was macht der?«, wollte ich wissen. »Er ist Hauptabteilungseiter des Marketings hier in der Zentrale.« »Ich nehme an, dass das ein wichtiger Job ist«, vermutete ich. »Dein Job ist nicht weniger wichtig«, behauptete Sarah mit einem Lächeln und ich kaute mir auf meiner Lippe. Ich wusste nicht, ob mich das beruhigen sollte. »Hast du sonst noch Fragen?«, fragte sie. Ich kratzte mich am Kinn, erwiderte ihren aufmerksamen Blick und zuckte die Achseln. »Also – wer sind Olthen und Proust?« Sie betrachtete mich einen Moment und brach dann in leises Lachen aus. »Lass uns in mein Büro gehen.« Sie gab mir einen sanften Schubser Richtung Tür des Konferenzsaals. Ich schob mich an Kaiba und den beiden anderen Männern vorbei, die keinerlei Notiz von mir nahmen – oder es vorgaben. Sarah verabschiedete sich mit einem »Meine Herren«, was die Blicke auf sie lenkte. Die Männer nickten ihr zu und sie öffnete bereits die Tür, als uns Herrn Les Stimme zurückschauen ließ. »Herr Wheeler. Dann bleibt uns wohl nur zu hoffen, dass Sie Ahnung hiervon haben, dass sich Ihre Arbeit erfolgreich gegen professionelle Werbedesigner durchsetzen kann und rechtzeitig fertig wird.« Sein Blick brannte sich in meinen und alles, was dort stand, widersprach seinen Worten. Ich zuckte meine Schultern und grinste schief. »Keine Sorge«, behauptete ich, »ist eine meiner Stärken.« Mein Grinsen verbreiterte sich bei Kaibas hochgezogene Augenbrauen und ich schlenderte aus dem Konferenzsaal, spürte die Blicke in meinem Rücken und atmete tief durch, als sich die Tür endlich hinter uns schloss.   Sarahs Büro war eine Etage weiter unten. An den Aktenschränken klebten Zettel, mitten im Raum stand ein White-Board, Skizzen lagen auf ihrem Schreibtisch, belagerten den Besucherstuhl und einen Großteil des Bodens, Modelle stapelten sich in den Schränken. »Dann mal los.« Sarah strahlte mich an und ich konnte nicht anders als es ehrlich zu erwidern. Es würde nicht einfach werden– es würde eine Menge Arbeit. Egal was ich mir vornahm, ich wusste nicht unbedingt wie, war nicht immer vorbereitet und hatte manchmal keine Ahnung – nicht unbedingt wie Kaiba. Aber ich hatte das Gefühl, hier am richtigen Fleck zu sein.   »Joey, Schätzchen. Du stehst auf einer Skizze für die neue Rare-Card von diesem Sammelkartenspiel.« »Oh, sorry«, murmelte ich und machte einen Schritt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)