Was wir sind von Jaelaki (Seto & Joey | Puppyshipping) ================================================================================ Kapitel 2: … ist der Stärkste ----------------------------- __________________________________________ Seine Stärke war die Schwäche der anderen. Agricolus __________________________________________ Seto Kaiba baute sein eigenes Imperium auf. Ich hingegen schlenderte mit einem kaputten Rucksack voller Zeitungen durch die Straßen. Winterwind blies mir in mein Gesicht, meine Finger bläulich angelaufen und verfluchte die blöden Bilder von ihm in der Zeitung, auf denen er mir mit diesem Blick entgegen stierte. Er wirkte da so abgehoben, außerhalb meiner Realität. Unerreichbar. In der Schule saß er dann nur einige Reihen vor mir, mit einer Körperhaltung, die seine Arroganz betonte, den Laptop ständig in Betrieb, herumtippend, während ich missmutig und überfordert da hockte und hoffte, dass mich die Lehrerin nicht für die nächste Aufgabe aufrufen würde. Er hingegen wusste, dass sie es nicht wagte. Mir ging sein Getue so auf die Nerven. Seto Kaiba besaß einen ganzen Hofstaat, wie Tristan es zukünftig bezeichnete und konnte den Willen anderer mit Beträgen, in denen unübersichtlich viele Nullen vorkamen, beugen. Zumindest hatte ich das alles schon einmal irgendwo in der Zeitung gelesen, die ich austrug. Manchmal wanderte mein Blick eben doch über die Zeilen. Seto Kaiba besaß Kohle, Angestellte, eine richtig coole Villa, Ambitionen, Durchsetzungsvermögen und verdammt viel Selbstbewusstsein. Ich nannte es einen kranken, selbstgerechten, egozentrischen mit Gold eingekleisterten Scheißcharakter. »-seph! Joseph!« Ich schreckte aufs meinen Gedanken hoch. Frau Tanaka warf mir so einen Lehrerinnenblick zu. Ihre Mimik ließ auf nichts Gutes schließen. »Wie ich sehe, beehrst du uns wieder mit deiner geistigen Anwesenheit«, stellte sie trocken fest und Gelächter waberte durch die Sitzreihen. Das Schnauben unterdrückte ich und presste ein ironisches »Keine Ursache« zwischen meinen Lippen hervor. Allerdings hätte ich wohl auch das runterschlucken sollen, denn ihre Miene wandelte sich von leicht genervt in düster-mörderisch. »Dann würde ich vorschlagen, dass du dich endlich zu deinem Partner setzt«, meinte sie gefährlich leise und deutete auf einen Platz, der sich viel zu sehr in Kaibas Nähe befand. Der hatte mir seinen Rücken zugedreht. Mein Blick floh zurück zu Frau Tanaka. »Was?«, fragte ich verdattert, »Tris und ich arbeiten immer –« Hilfesuchend wandte ich mich an ihn, der mit einem Blick der Entschlossenheit der Lehrerin zunickte. Erleichtert atmete ich aus, doch Frau Tanaka schüttelte ihren Kopf und begrub meine Hoffnung unter einem Geröll von Worten. »Wenn jeder in dieser Klasse mit dem arbeitet, mit dem er immer gearbeitet hat, dann hätte Seto Kaiba logischerweise keinen Partner.« Was meiner Meinung nach nicht sonderlich bedauernswert wäre. Er war ein egoistischer Arsch mit zu viel Geld. Sollte er sich jemanden für die Partnerarbeit engagieren. Doch Tanakas Mund verschmälerte sich und ihre Augen zogen sich unheilvoll zusammen. »Joeseph, du kannst die Aufgabe auch gerne alleine erledigen und mir als Essay zur Benotung abgeben«, schlug sie vor und in meinem Kopf begann es zu rattern. Vor- und Nachteile? Pro: kein Kaiba. Kontra: keine Zeit, Note, Stress – Seufzend entschloss ich, mich in Bewegung zu setzen und ließ mich plump auf den Platz neben Seto Kaiba fallen. Der machte jedoch keinerlei Anzeichen, meine Anwesenheit überhaupt zu bemerken. »Also«, begann ich, ohne zu wissen, was ich eigentlich sagen wollte. Aber ich hasste es, ignoriert zu werden. »Wir soll'n über – ähm – Familienstrukturen reden, jo. Ist Familie heute noch aktuell?«, las ich von der Tafel ab und mein Blick verdüsterte sich. Ich wollte sicherlich nicht mit Seto Kaiba über Familienstrukturen reden. Ich wollte gar nicht mit ihm reden. Er offensichtlich auch nicht mit mir. Stattdessen tippte er weiter auf seiner Tastatur herum und blickte auf seinen Bildschirm. Mein Blick wanderte wie nebenbei über sein Profil. Seine langweiligen, braunen Haare fielen in langweiligen Strähnen in seine Stirn, seine langweiligen Augen unverwandt auf den Bildschirm fest gepinnt. Ich seufzte genervt und schaute auf das geöffnete Fenster seines Laptops. Eine Skizze von einem Hund prangte mir dort entgegen. Recht langweilig. Eine Mischung aus Welpe und Teddybär. »Der Hund sieht ja mal total bescheuert aus, Geldsack. Die Augen sehen ja total tot aus. Voll creepy. Mach da mal was«, urteilte ich, wedelte mit meiner Hand vor seinem Bildschirm und lehnte mich dann in meinem Stuhl zurück, kippelte, pustete mir meine Ponysträhnen aus der Sicht. Ein Paar Augen aus Eis fixierte mich. Mit blanker Miene, doch einem Blick, in dem Eisberge auf Schiffskatastrophen warteten, hielten mich seine Augen einen Moment gefangen. Ich schluckte. »Tatsächlich.« In seiner Stimme lauerte etwas, das ich nicht identifizieren konnte. Aber es war so was von klar, dass ihm mein Urteil am Arsch vorbeiging. Nicht, dass ich mich davon beeindrucken ließ. Das hatte ich noch nie. Das würde ich nie. »Ja. Die Augen. Mit denen stimmt was nicht. Der Rest ist – jo – okay.« Mit einem Mut, der dann auftaute, wenn sich Trotz in meiner Brust sammelte, reckte ich mein Kinn und verschränkte meine Arme vor der Brust. Sein Blick jedoch lag auf der Skizze. »Und warum immer Schäferhunde, hä?«, fragte ich dann. „Und komm mir jetzt nicht mit einem Dalmatiner. Und dann immer dieses Kindchen-Schema.« »Es verkauft sich gut«, antwortete er trocken und ich zuckte die Schultern, wischte es zur Seite, als wäre das kein Grund. »Ramsch verkauft sich eben bei den richtigen Kunden gut«, meinte ich bloß und zog meine Augenbrauen vielsagend hoch. Ohne ein weiteres Wort an mich zu verschwenden, hob er seinen Arm. Ich zuckte zurück. Frau Tanaka nickte ihm zu und er stand auf, packte den Laptop in den Aktenkoffer. »Äh – was?« »Da Familienstrukturen mitunter äußerst komplex sind und Familien sehr facettenreich sein können, passt das Konzept Familie durchaus in die moderne Gesellschaft. Es hängt allerdings von der Definition der Familie ab«, erwiderte er, während er sich seinen übertrieben hässlichen Mantel anzog. Ich blickte ihn an. Sicherlich stand ein Fragezeichen in meiner Mimik, doch er überging es ohne Kommentar, griff nach seinem Aktenkoffer und wandte sich dann ohne Verabschiedung von mir ab. Mit gerunzelter Stirn sah ich ihm nach. »Gib mir bitte dann eure Erarbeitung nach der Stunde ab, Joseph«, vernahm ich die Stimme von Frau Tanaka. Ich wollte die Ungerechtigkeit anprangern, mit deren Hilfe Seto Kaiba offensichtlich davon gekommen war, doch Frau Tanaka schüttelte den Kopf, als wüsste sie bereits, was ich sagen wollte. Ich runzelte vor Zorn die Stirn und langte angepisst nach meinem Block. Mein Blick wanderte zu Yugi und Tristan, die mich beobachteten. Ich verdrehte die Augen, streckte aber meinen Daumen. So ein blödes Essay würde einen Joey Wheeler nicht kleinkriegen. Und ein Seto Oberpenner Kaiba erst recht nicht. »Habt ihr's schon gehört?«, fragte uns Yugi einige Wochen später in der Pause. Die Aufregung in seiner Stimme konnte er nicht verbergen. In seinen Augen sirrte Alarm, als er von einem Bein auf das andere hibbelte. Tristan und ich warfen uns einen ahnungslosen Blick zu und schüttelten langsam den Kopf. »Nee, was'n?« »Es heißt, dass Seto Kaiba gerade ein absolut revolutionäres Spielsystem entwickelt.« Mein Blick huschte zu Besagtem, wie er da einige Reihen vor uns saß, so total un-revolutionär weiterarbeitend, und einfach in seiner Wichtigtuerei ignorierte, dass für jeden normalen Schüler gerade Pause war. Seto Kaiba war eben nicht normal. »Und was macht's?«, fragte Tristan und musterte unseren Kumpel. Yugi knabberte unwohl an seiner Unterlippe herum und schaute betreten zu Boden. »Durch diese Konzernriesen sind kleinere Läden nicht mehr konkurrenzfähig. Mein Großvater betreibt doch diesen Spielzeugladen. Und – es ist schwierig momentan. Sehr.« Mein Blick wanderte über Yugi, der mit traurigen Augen den Boden anstarrte, zurück zu Kaiba, der mit durchgestrecktem Rücken und schnellen Fingern auf seiner Tastatur herumtippte. »Er ist ein arroganter Bastard«, meinte ich, als zöge ich ein wohldurchdachtes Fazit und auf Tristans Lippen legte sich ein Grinsen, selbst über Yugis Mund huschte ein Lächeln. Yugi war ein verdammt guter Mensch, einer, der sich für andere einzusetzen wusste. Mit einer Stärke, die man ihm auf den ersten Blick nicht zutraute. Ich achtete ihn für diese Eigenschaft mit Ehrfurcht. Außerdem war er die erste Person in meinem Leben, die mehr in mir sah, als einen verpeilten und semikriminellen Verlierer. Außer Tris vielleicht, aber der kam aus derselben Schublade wie ich. »Kumpel, können wir dir irgendwie helfen?«, fragte ich und er schüttelte den Kopf. Bedauern ließ ihn auf seine Schuhe starren. »Leider nicht«, seufzte er und zwischen uns herrschte Schweigen, bis er plötzlich aus seiner Tasche einen Stapel Karten zog und mich mit einem schwachen Grinsen und Augen anblickte, in denen sein Spielerherz funkelte. »Die Gerüchte drehen sich um DuelMonsters«, flüsterte Yugi und Tristan und ich warfen uns einen Blick zu. »Mein Großvater hat mit einem Handelsvertreter zu tun, der anscheinend auch mit Kaiba Geschäfte macht und dieser Handelsvertreter gab meinem Großvater den Rat, den Laden so schnell wie möglich zu verkaufen, weil es bald auf dem Markt jemanden und etwas gäbe, mit dem man nicht mithalten könnte«, raunte er nervös. Ich schnaubte und machte eine wegwerfende Geste, doch Yugi schüttelte den Kopf und meinte: »Kaiba baut sich ein Unternehmen auf, das in der Spielindustrie einen der obersten Ränge einnimmt.« Ich nickte widerstrebend. »Ja, sogar ich habe seine ätzende Fratze tausendmal in der Zeitung sehen müssen«, grummelte ich. »Joey, versuch dich ausnahmsweise zurückzuhalten.« »Hä? Was meinste?«, fragte ich ahnungslos und Yugi seufzte. »Ich meine in Bezug auf Seto Kaiba.« »Haste ja anscheinend schon irgendwie – verkackt«, triezte Tristan und ich schnaubte genervt. »Ich hab schon tausendmal gesagt, dass ich nichts bei unserer blöden Partnerarbeit verbockt hatt'! Er is'einfach so abgehauen! Ehrlich, Mann!« Während Tristan mit grinste, antwortete Yugi ungewohnt kryptisch: »Seto Kaiba produziert Spiele und er spielt gerne. Aber er verliert nicht. Verstehst du, Joey?« Ich war mir nicht sicher, ob ich es verstand, aber ich nickte. »Ich meine es ernst. Ich habe jetzt bereits einige Male an offiziellen Meisterschaften für diverse Spiele teilgenommen. Und egal, wo man ist, an dem Namen Seto Kaiba kommt man nicht vorbei. Er organisiert Wettbewerbe, macht Werbung, erfindet und entwickelt Spielsysteme und setzt Trends und dabei geht es um viel, viel Geld.« Seine großen Augen waren ungewohnt ernst. Ich seufzte. »Ja, ja. Ich versuch, nicht gleich von seinen Mafiosi um die Ecke gebracht zu werden, okay?« Obwohl mir Yugi ein schwaches Lächeln schenkte, grummelte etwas in meinem Magen. Yugis DuelMonsters-Philosophie bestand darin, gemeinsam eine gute Zeit zu haben. Der Sieg war nur der Höhepunkt eines Spiels und verhieß den Beginn eines neuen. Ich verlor wie immer, aber während Yugi über die potentiell erfolgreichste Kartenkombi brütete, seine Stirn sich in Falten voller Konzentration legte, verschwand die Sorge aus seinem Blick. Schon allein dafür lohnte es sich, dieses Kartenspiel mit ihm zu spielen. »Das kommt wohl dabei heraus, wenn ein Clown und ein Affe versuchen, ein Spiel zu spielen, dessen Regeln letzterer nicht beherrscht«, höhnte Kaiba hinter mir. Mein Blick verdüsterte sich. Meine Finger versteiften sich um das Kartenblatt in meiner Hand. Schon allein sein Ton ließ mich Galle schmecken. Yugi versuchte sich an einem freundlichen Lächeln. »Wir spielen nicht nach den offiziellen Wettbewerbsregeln, wie du weißt. Joey hat erst vor ein paar Wochen mit dem Spiel angefangen und –« »Am besten wäre es, er ließe es ganz bleiben«, erwiderte Kaiba, »er ist einfach pathetisch.« »Deine Meinung dazu geht mir Gott sei Dank total am Arsch vorbei, Kaiba«, antwortete ich und legte meine Karte für den nächsten Zug. Innerlich brodelte ich. »Anstatt deine Zeit mit diesen Amateuren zu verschwenden, solltest du dich mit wahren Champions messen, Muto«, wandte sich Kaiba unbeeindruckt an Yugi, dessen Blick verlegen gen Tisch wanderte, während er ein »Ich – verschwende nicht meine Zeit – und – ich –« stammelte. »Hast du eine Ahnung, Kaiba«, grummelte ich, »dich würde ich locker fertig machen.« Ich war nun mal nicht der Typ für bedachte Worte. Neben mir zog Tristan die Luft ein. Auf Yugis Gesichtszügen schlich sich Sorge. Kaiba lachte auf. »Deinem lächerlichen Wahnwitz zum Trotz, würde ich deine Herausforderung annehmen. Unter einer Bedingung.« Er lehnte sich provokant nach vorne. »Und zwar?«, fragte ich ungeduldig. Ich konnte nicht zählen, wie oft ich ihm schon an den Kopf geschmettert hatte, dass ich ihn platt machen würde. Aber er war bisher nie darauf eingegangen. Sein Blick wanderte über mich hinweg zu Yugi. »Muto spielt ein Spiel mit mir, um das neue, noch nicht releaste Spielsystem in einem echten Duell zu testen.« »Warum sollte er?«, fragte ich und schmeckte die Herausforderung, verschränkte die Arme vor meiner Brust und pustete eine meiner störrischen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Seto Kaiba warf mir einen Blick der Verachtung zu. »Ich habe die Möglichkeiten den Spielladen seines Großvaters finanziell und marketingmäßig zu unterstützen. Oder«, fügte er dunkel und äußerst bedacht hinzu, »ihn dem Erdboden gleichzumachen.« Mein Blick huschte zu Yugi, der sichtlich erschrocken zusammengezuckt war, dann zurück zu Kaiba, der da vor unserer Schulbank stand und mit seiner Präsenz alle Gespräche in der Umgebung im Keim erstickte. Yugi stimmte zu. Ich stimmte zu. Kaiba zog mit einem siegesgewissen Grinsen um die Mundwinkel davon. Sein blöder Mantel bauschte sich auf. Ich hasste ihn. Den Mantel von Kaiba und Kaiba. Wenige Tage später machte er mich in einem Duell, das mir noch Wochen später auf den Magen schlagen sollte, fertig. Umgekehrt schlug Yugis Sieg ihm auf den Magen. Über Kaibas Mimik zog ich noch Wochen – und Jahre – später her. Yugi gewann gegen diesen selbstgerechten Arsch und sicherte sich damit nicht nur die finanzielle Unterstützung für den Spielladen seines Großvaters, sondern auch eine seltsame Wertschätzung seitens Kaibas. Sie waren die Messlatte der Spielstärke des anderen. Der krasse Unterschied war: Yugis Stärke gründete auf etwas, durch das man selbst Kraft schöpfen konnte. Kaibas Stärke hingegen war die Schwäche der anderen. So eine Stärke, bei der er seine Gegner fertig machte, bis sie ihm nicht mehr in die Augen sehen konnten. Meine Stärke war, ihm trotzdem in die Augen zu sehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)