Stille Nacht, Heiliges Versprechen von Jaelaki ([Team 7]) ================================================================================ Kapitel 1: „Wenn es keine Plätzchen mehr gibt, ist das deine Schuld, Sakura-chan.“ ---------------------------------------------------------------------------------- Federleichte, weiße Schneeflocken segelten vor dem am Rande beschlagenen Fensterglas herab, tanzten im kühlen Winterwind, der sie regelmäßig aufwirbelte. Draußen war die Luft eiskalt. Ihr müder Blick wanderte zwischen den dunkelgrauen, schweren Wolken, zu den funkelnden, abertausenden flimmernden Sternen, zurück zu den dicht beschrifteten Dokumenten und Schriftrollen, die großzügig verteilt auf dem dunklen Schreibtisch vor ihr ausgebreitet lagen. Bücher und Ordner stapelten sich auf dem Boden, dem Stuhl für Patienten, sogar dem Fensterbrett. Sie seufzte, rieb sich erschöpft über die Augen, beugte sich erneut über die Papiere und arbeitete sich weiter durch die Zeilen. Ein plötzlicher ohrenbetäubender Krach, wie schwere Brocken, die ungebremst auf den Boden gedonnert waren, ließen sie augenblicklich zum Fenster herumfahren und mit gezückter Faust den unerwarteten Eindringling mit furchterregend blitzenden Augen einen Moment lang angriffslustig anstarren. Ihre Müdigkeit war wie weggeblasen. Große, treue, azurblaue Augen weiteten sich einen angespannten Wimpernschlag lang. Wie in eine plötzliche Starre gefallen, hatte der ungebetene Gast innegehalten, saß mit beiden Schuhen fest auf dem Fensterbrett in einer lockeren Hocke und grinste sie unverhohlen und breit an. Kalter Wind peitschte von draußen in ihr Gesicht, vereinzelte Schneeflocken wirbelten in ihr kleines Büro. In dem Moment rastete scheinbar wieder etwas in ihrem Kopf ein und sie fing ungehemmt an zu zetern mit plötzlichen roten Flecken im Gesicht, die sich unschön mit ihrem rosa Haar bissen: „Du dämlicher Trottel! Was denkst du dir eigentlich durch mein Fenster einzusteigen? Bist du noch bei Trost? Kannst du nicht wie jeder Normale durch die Tür kommen? Und – das sind kostbare Studienbücher, Naruto! Wenn die auch nur einen Riss in einer Seite – Und überhaupt! Was machst du eigentlich hier?“ Naruto kratzte sich verlegen am Hinterkopf, sprang unerwartet elegant vom Fensterbrett, griff willkürlich nach ein paar Büchern auf dem Boden, die er durch sein Manöver unwirsch vom Fensterbrett gefegt hatte und legte sie achtlos auf den Stapel, der bereits auf dem Stuhl thronte. Die Konstruktion schwankte bedrohlich. „Sakura-chan“, unterbrach er gefasst ihre ungebremste Tirade mit einem vielsagenden Blick aus seinen himmelblauen Augen, mit denen er es tatsächlich schaffte, sie für einen Moment gefangen zu halten, „wir warten alle auf dich. Du bist viel zu spät dran. Komm schon. Den Kram kannst du doch noch morgen weitermachen. Echt jetzt.“ Beleidigt plusterte sie sich auf und drehte ihm stur den Rücken zu. „Dieser Kram ist dafür verantwortlich in akuten Situationen schnell und effizient Leben zu retten, ich glaube nicht, dass –“ Er warf ihr einen vielsagenden Blick zu, der sie innehalten ließ und sie atmete tief durch. „Ja, und. Sasuke ist noch immer auf Mission und ich –“ „Sakura-chan“, nörgelte Naruto leise, „heute ist Heilig Abend. Und überhaupt. Du hast mir ein Geschenk versprochen. Und ich hab dir versprochen, dass wir zusammen feiern. Wir warten alle auf dich, echt jetzt. Jetzt mach schon. Sasuke kommt so oder so erst nach seiner Mission. Ob du jetzt hier sitzt – oder bei uns.“ „Aber“, wandte sie ein und knabberte nachdenklich auf ihrer Unterlippe, „ich muss noch –“ „Müssen wir alle“, erwiderte Naruto schulterzuckend, ein versöhnliches Grinsen hatte sich auf seine Lippen geschlichen, ehe er sorglos weiterplapperte, typisch Naruto „komm schon. Oder Kakashi-sensei hat alle Plätzchen gegessen, bis ich wiederkomme. Und Sai. Sai ist ein richtiger Fresssack. Echt jetzt. Wusstest du das? Hätte ich auch nicht gedacht. Umso gefährlicher, so unverdächtig. Echt jetzt.“ Ein seltenes Lachen entfloh ihren Lippen, als Narutos übertrieben grimmiger Blick sie traf, dann seufzte sie ergeben. „Wenn es keine Plätzchen mehr gibt, ist das deine Schuld, Sakura-chan“, meinte er dennoch, grinste sie aber wieder breit an, verschränkte seine Arme hinter dem Kopf und spazierte vor ihr aus der Tür. Typisch Naruto. „Siehst du. Ich kann es auch“, grinste er dabei. Mit erhobener Augenbraue musterte sie ihn vage, während sie schnell ihre Sachen zusammenpackte und sich den Wintermantel überzog. „Was meinst du?“ „Na, wie jeder Normale durch die Tür zu gehen.“ Ihrem gespielt gereizten Schlag wich er lachend aus. Der frische Schnee knirschte unter ihren festen Winterschuhen, die Spuren waren nur schemenhaft in dem künstlichen Licht der Straßenlaternen zu erahnen. Die Schneeflocken fielen noch vereinzelt vom Himmel, ansonsten war es eine klare Nacht. Der Himmel thronte mächtig, dunkel, bestickt mit funkelnden Sternen über ihnen, einige Schleierwolken durchbrachen die glitzernde Pracht. „Mensch, es ist arschkalt. Beeil dich, Sakura-chan! Echt jetzt!“, trieb Naruto sie unwirsch an, während sie unbeeindruckt weiterschlenderte. „Du Pienzer“, murmelte sie, an ihren Mundwinkeln zog ein neckendes Grinsen. „Was hast du gesagt?“, fragte er mit tiefer Stimme, tauchte augenblicklich hinter ihr auf, plötzlich gefährlich nahe. Tänzelnd wich sie seinem Versuch aus, sie mit Pulverschnee einzuseifen, mit durchschlagender Kraft pfefferte sie ihm ohne zu zögern einen Schneeball in das Gesicht. Prustend befreite er sich von den kalten Überresten. Dennoch grinste er überlegen. Typisch Naruto. „Pass auf! Das bekommst du zurück! Echt jetzt!“ Sie lachte befreiend. Bereits vor der Tür hörte sie die verschiedenen Stimmen durch das dünne Holz schwirren, unverständliche Worte und einige tiefe Lacher gemischt mit leise düdelnder Weihnachtsmusik, doch ehe sie den Augenblick auf sich hätte wirken lassen können, riss Naruto mit einem lauten „Wir sind dah~a!“ in die Runde die Tür auf, grinste sein breites Grinsen, pfefferte die Jacke in die Ecke, in der auch die Garderobe stand, sprang förmlich aus den Schuhen und ließ sich ungestüm bei den anderen am engen Tisch nieder. Der Duft frisch gebackener Plätzchen hing noch in der Luft, einige schienen verbrannt zu sein. Typisch Naruto. Sakura zog sich kopfschüttelnd den Wintermantel von den Schultern, schlüpfte aus den dicken Schuhen und betrat das einladende Wohnzimmer mit einem leisen Grinsen. „Ihr seid zu spät!“, erwiderte Kakashi mit desinteressiertem Blick, welchen er starr auf das unscheinbare Büchlein in seiner Hand gerichtet hatte, schaute kaum auf, ehe er Sakura dann doch zuzwinkerte. Diese erwiderte mit einem verlegenen Lächeln, musterte gleich die gesellige Runde, den kleinen, runden Tisch, der über und über mit Schachteln und Schälchen voller Plätzchen und Gebäck war, mit Kerzen, einem Adventskranz und Mandarinen und Schokolade und –. In der Ecke glitzerte und funkelte ein bunter Weihnachtsbaum, die Lichterketten wechselten sich in rhythmischer Folge ab, rot, blau, grün, gelb. Der sanfte Kerzenschein am Tisch stand in seltsamen Kontrast zu den übertrieben bunten Lichtern am Baum. Typisch Naruto. Dann wanderte ihr aufmerksamer Blick zurück zu den vertrauten Gesichtern. Kakashi saß strategisch gut positioniert über den bunten Plätzchen, Yamato hingegen schielte zu den Zuckerstangen, lediglich Sai schien unbeeindruckt von dem ganzen süßen Kram, der verlockend vor ihm auf dem Tisch ausgebreitet war. „Du willst was sagen wegen Pünktlichkeit, Kakashi-sensei?“, meinte Naruto mit ungläubiger Miene, schüttelte langsam den Kopf, während er sich in seinem Stuhl zurücklehnte, sein Blick fest auf den grauhaarigen Mann gerichtet. „Ja, wieso denn nicht?“, antwortete Kakashi gespielt ahnungslos, das feine Grinsen unter der Maske ließ Naruto argwöhnisch die Stirn runzeln, „immerhin kenne ich mich doch mit Pünktlichkeit aus.“ Die Runde schnaubte, während Kakashi zufrieden nach einem weiteren Plätzchen griff, das Büchlein locker in der anderen Hand. „Da kann ich ihm allerdings nur zustimmen“, murmelte Yamato ergeben, ehe er eine Spur beleidigt leise murmelnd fortfuhr, „nicht, dass es ihn kümmern würde. Das hat er ja oft genug bewiesen. Egal, welches Wetter oder welche Uhrzeit oder –“ „Sag bloß du bist immer noch nachtragend, nur weil du letzte Woche etwas hast warten müssen“, fiel er seinem Kohai überdeutlich und verschlagen ins Wort. „Etwas warten?“, hakte Yamato mit düsterem Gesicht nach, seufzend, „ich habe geschlagene eineinhalb Stunden im Schnee gestanden. Und das nur, weil –“ Es klopfte plötzlich an der Tür. Naruto sprang wie auf Kommando sofort hoch, an die Tür und öffnete mit einem „Na, also! Jetzt können wir doch alle schon sofort Geschenke aufmachen!“, Yamatos resignierten Kommentar einfach übergehend. Sakura schaute mit erwartungsvoll klopfenden Herz zur Tür, schob sich gerade so ein verlockendes Plätzchen in den Mund, als sie diese Stimme vernahm, die ihr augenblicklich die Härchen auf den Armen aufrichten, wie erstarrt innehalten und ihr stockendes Herz plötzlich wieder mit einem Male rasant schlagen ließ. Sie hielt unwillkürlich den Atem an, als er von Naruto mit ausschweifenden Gesten hineinbugsiert, durch die Tür trat. „Du hast es also doch noch geschafft, Teme!“, resümierte Naruto begeistert, klopfte ihm auf die Schulter und blickte dann mit strahlenden Augen zu Sakura. Unwillkürlich erwiderte sie das einnehmende Lächeln, das ihr Naruto zuwarf. „Die Mission hat länger gedauert als ich erwartet hatte“, erklärte er knapp, „ANBU-Missionen sind nun einmal schwer abzuschätzen.“ Naruto schnaubte. „Schon klar“, erwiderte er gespielt abschätzig, „die arme, arme ANBU.“ Sasuke verdrehte ohne ein weiteres Wort zu verschwenden seine Augen, hängte seinen von Schneeflocken feuchten Wintermantel zur Garderobe, die völlig überfüllt ächzte, und suchte unauffällig einen ganz bestimmten Blick. „Du blöder Idiot!“, schimpfte Sakura auch schon leise, als sie mit festen Schritten auf ihn zuging und ihn dann mit einem überwältigenden Glücksgefühl, dem befreienden Gefühl der Erleichterung und dem warmen Gefühl der bedingungslosen Zuneigung in die Arme schloss. „Sakura“, erwiderte er lediglich, erwiderte die Umarmung und drückte seine Lippen kurz und unauffällig, aber eindrücklich auf ihren Scheitel, ehe er sie wieder losließ und ihr mit seinen funkelnden, schwarzen Obisianen tief in die mindgrünen Augen blickte. „Es tut mir leid, dass ich dich immer warten lasse“, ließ er sie ernst vernehmen, sie schluckte und schnaubte dann jedoch. „Als ob ich auf dich warten würde, du Hohlkopf. Du arroganter, dummer –“ Das feine Lächeln um seine Lippen, ließ ihr Herz höher schlagen. „Ja, ich weiß“, antwortete er leise, vielsagend. Er hatte sie vermisst, sie wusste es. Es lag zwischen seinen Worten, in seinem undurchdringlichen Blick. Nicht, dass er es aussprechen würde. Er sprach seltenst Dinge direkt aus. „Dafür, dass du so spät bist, musst du jetzt das erste Weihnachtslied alleine singen“, neckte Naruto plötzlich mit provokantem Grinsen im Gesicht und lenkte ihrer beider Blicke auf ihn. Sasuke wandte sich ihm langsam, herablassend schnaubend zu. Kakashi beachtete die beiden nicht weiter, sondern aß mit raffiniertem Timing die Schokoladen-Plätzchen, Sais Blick wanderte aufmerksam, jedoch undurchsichtig von Naruto zu Sasuke zurück zu Naruto, kritzelte hin und wieder in ein kleines Skizzenbuch und schwieg ansonsten mit beharrlicher Ausdauer. Sakura ließ sich wieder entspannt neben Yamato nieder, der immer mal wieder einen finsteren Blick zu Kakashi warf, Sasuke setzte sich mit einem knappen Gruß in die Runde gleich neben sie, so unauffällig nah, dass er sie nicht berührte, aber sie dennoch seine Körperwärme erahnte. Die Weihnachtslieder spielten im Hintergrund ihre Melodien und schafften eine lockerleichte, festliche Atmosphäre. „Wirst du mich eigentlich den ganzen Abend so finster von der Seite anschauen?“, fragte Kakashi irgendwann mit trockenem Ton und Schalk in dem unverdeckten Auge den wie ertappt dreinschauenden Yamato, der zunächst verlegen seinen Blick abwandte, jedoch nicht verhindern konnte, dass sein Mund sich beleidigt vorschob. „Tu ich gar nicht, Kakashi-senpai.“ „Doch, tust du.“ „Nein, tue ich nicht.“ „Doch.“ „Nein.“ Er schaute ihn finster an, seufzte dann und verschränkte die Arme vor der Brust. „Siehst du“, wagte sich Kakashi natürlich mit funkelndem Auge noch hinzuzufügen und lehnte sich selbstzufrieden zurück. Sakura lachte leise, rückte ein Stück näher an Sasuke, mahnend Naruto fixierend, welcher ihm bereits wieder einen provokanten Blick zuwarf. „Ist es eigentlich Tradition, den Adventskranz zu verbrennen?“, fragte Sai plötzlich mit vertraut nüchternem-ahnungslosem Ton in der distanzierten Stimme. Alle Blicke richteten sich augenblicklich auf ihn, erst danach wanderten die ersten zum Adventskranz, der unbekümmert vor sich her loderte. Dann brach Tumult aus. „Wasser! Schnell!“, gab Sakura sofort den Befehl. „Wo?“, fragte Naruto völlig verdattert. „Du wohnst doch hier –“ „Ten – ich meine. Ach, lösch einfach mal bitte den Kranz“, meinte Kakashi völlig gelassen, immer noch, wieder ein Plätzchen in der Hand, mit der er Yamato eine entsprechende Geste zuwarf. Der rollte schulterzuckend seine Augen, formte die nötigen Fingerzeichen und ließ das knisternde Feuer mit einem gezielten Wasserstrahl eingehen. Mit einem hochroten Kopf brach Naruto in Lachen aus. „Was gibt es denn da jetzt zu lachen?“, fragte Sakura beinahe säuerlich, atmete tief durch und stopfte sich rigoros einen Keks in den Mund. Yamato schaute irgendwie bedröppelt drein, während Kakashi unverändert gelassen, mit gelangweiltem Ausdruck in den Augen, da saß. Sasuke zuckte die Schultern. „Es ist ja nichts passiert“, sprach der mit tiefer, beruhigender Stimme, wandte sich dann unauffällig den Süßigkeiten zu und fuhr mit einem leisen Grinsen, das an seinen Mundwinkeln zog, fort: „Dort, wo nur trockenes Stroh liegt, ist es eben gefährlich Feuer zu entzünden, stimmt's, Dobe?“ „Was willst du damit sagen?“, erwiderte Naruto mit zusammengekniffenen Augen. Sasuke zuckte wieder lediglich die Schultern. „Immerhin können wir froh sein, dass nur der Adventskranz gebrannt hat und nicht – dein Kopf.“ „Jaaa~ah. Der Adventskranz ist ja auch nicht – hey! Was?“, echauffierte sich der Chaos-Ninja mit plötzlich gefährlich funkelnden Augen. „Pass ja auf, Teme!“ Mit seinem ausgestreckten Zeigefinger deutete er auf Sasuke, der unbekümmert ein Schokoladen-Bonbon auswickelte. „Hör auf in mein Buch zu linsen, Ten –“ Yamato räusperte sich geräuschvoll und Kakashi verstummte mit rollenden Augen. „Mich interessiert dein Schmuddelheft nicht, Kakashi-senpai“, erwiderte Yamato dennoch starr mit einem verlegenen Hauch Rot auf den Wangen. Kakashi grinste unter seiner Maske, als er genüsslich erwiderte: „Doch, tut es.“ „Nein, tut es nicht.“ „Doch.“ „Nein.“ „Ihr seid ja alle“, murmelte Sakura grinsend, „total verrückt.“ Allgemeine Heiterkeit, Narutos übertrieben witzige Witze, Sais ahnungslos-trockene Kommentare, Kakashis heimlich-offensichtliche Besessenheit von den glasierten Weihnachtsplätzchen und Sasukes gelassen-gelangweilten Erwiderungen auf Narutos offensichtlich-neckenden Provokationen ließen Sakura für einen kurzen Moment schwelgend und glücklich die Augen schließen. „Sakura-chan, Sakura-chan!“ Plötzlich aufgeschreckt richtete sie sich auf, erfasste mit erschrocken umherhuschendem Blick das Chaos vor ihr und die großen, blauen Augen, die sie besorgt musterten. „Was? Wo?“, seufzte sie wie erschlagen. „Sakura-chan. Du hast geschlafen. Du solltest echt mal wieder eine Nacht zu Hause schlafen, echt jetzt. Außerdem ist doch Weihnachten.“ Sie sah sich benommen um, dicht beschriftete Dokumente und Schriftrollen, die großzügig verteilt auf dem dunklen Schreibtisch vor ihr ausgebreitet lagen, bedeckten den dunklen Schreibtisch, vor dem sie saß. Bücher und Ordner stapelten sich auf dem Boden, dem Stuhl für Patienten, sogar dem Fensterbrett. Sie seufzte, rieb sich erschöpft über die Augen. „Komm, ich begleite dich nach Hause, Sakura-chan.“ Ihr Blick glitt suchend über ihren Arbeitsplatz, ehe er auf ihm ruhen blieb und ihn nachdenklich betrachtete. „Ich muss aber noch –“ „Du solltest die Nacht zu Hause schlafen. Du siehst fertig aus, echt jetzt.“ Seufzend erhob sie sich langsam, packte widerwillig ihren Wintermantel von der Garderobe und verließ mit einem letzten Blick auf das unübersichtliche Chaos gemeinsam mit ihrem blonden Chaoten das kleine Büro. Federleichte, weiße Schneeflocken segelten vom Himmel herab, tanzten im kühlen Winterwind, der sie regelmäßig aufwirbelte. Draußen war die Luft eiskalt. Ihr müder Blick wanderte zwischen den dunkelgrauen, schweren Wolken, zu den funkelnden, abertausenden flimmernden Sternen. Unter ihren schweren Winterstiefeln knirschte der frische Pulverschnee. „Naruto.“ „Mh?“ Sie zögerte, warf ihm einen musternden Blick von der Seite zu, die blonden Strähnen fielen ihm locker ins markante Gesicht. Seine dunkelblauen Augen waren starr geradeaus gerichtet, das künstliche Licht der Laternen reflektierte sich in ihnen mit einem kühlen Glanz. Die frischen Spuren im Schnee waren nur schemenhaft in dem künstlichen Licht der Straßenlaternen zu erahnen. Die Schneeflocken fielen noch vereinzelt vom Himmel, ansonsten war es eine klare Nacht. Der Himmel thronte mächtig, dunkel, bestickt mit funkelnden Sternen über ihnen, einige Schleierwolken durchbrachen die glitzernde Pracht. Sie standen bereits kurz vor ihrer Tür. „Denkst du manchmal daran – denkst du manchmal daran, wie es sein – könnte?“, flüsterte Sakura zaghaft. Unvermittelt blieb er stehen, suchte ihren Blick, den sie stur abgewandt hatte. Er schwieg, ehe er seufzend die Arme hinter seinem Kopf verschränkte, hoch in den dunklen Himmel starrend. „Sakura-chan“, meinte er leise, „du weißt, dass – es ist nicht gut. Wenn du immer nur an so etwas denkst. Das weißt du –“ „Naruto!“, rief sie ihn streng zu Räson, „ich bin kein unartiges Kind, das sich gegen eine Regel stellt. Ich habe dich nur gefragt –“ „Ich weiß“, seufzte er leise, ließ seine Schulter sinken und sie sah, wie er seinen Blick vom Himmel zu ihrer zierlichen Silhouette wandern ließ, wie sie so da stand in der verschleiernden Dunkelheit der kalten Winternacht. „Willst du noch kurz mit rein kommen?“, meinte sie plötzlich mit deutlicher, jedoch versöhnlicher Stimme, als bereute sie ihre harschen Worte zuvor, blickte ihn abwartend an. Ein breites Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Na, klar, Sakura-chan.“ Die Tür schloss sich mit einem leisen Geräusch hinter ihnen. Sie zog sich sofort die dicke Winterjacke aus, die feuchten Stiefel von den Füßen und schlüpfte in ihre Hausschuhe. Langsam blickte sie sich in ihrer Wohnung um. Die Kerzendochte des Adventskranzes standen weiß und unberührt ab, dabei war bereits der dritte Advent vorüber. Ansonsten gab es nichts, was auf Weihnachten hindeutete. Keine bunten Lichter, kein Duft von frisch gebackenen Plätzchen. Nicht einmal verbrannter. Es war so still. Unangenehm still. Ihr Blick wanderte durch den Raum zum Fenster. Federleichte, weiße Schneeflocken segelten vor dem am Rande beschlagenen Fensterglas herab, tanzten im kühlen Winterwind, der sie regelmäßig aufwirbelte. Es war angenehm warm im Raum, ihre tauben Gliedmaßen gewöhnten sich allmählich an die Temperatur. Ihr müder Blick wanderte durch das Fenster, zwischen den dunkelgrauen, schweren Wolken, zu den funkelnden, abertausenden flimmernden Sternen. „Ja“, erwiderte Naruto nach diesem stillen Moment mit unerwartet fester Stimme plötzlich, blickte ihr mit einem Male direkt in die Augen, ehe sie verständnislos nachhaken konnte, fuhr er bereits fort: „Ja, ich denke daran. Oft. Und es gibt mir Kraft, Sakura-chan. Dieser – dieser Gedanke, wie es sein könnte, wie es sein sollte. Und deswegen werde ich nicht aufgeben. Irgendwann, wird es so sein. Dann werden wir zusammen sein. Und –“ Er sah sie vage schlucken, ehe sie die hellgrünen Augen von ihm abwandte. Ein leises, irgendwie trauriges Lächeln legte sich in ihre Mundwinkel. „Und du wirst meckern, dass Kakashi-sensei dir die Plätzchen wegisst und Sai-kun so ein Fresssack ist und Yamato-senpai wird mit Kakashi-sensei diskutieren und –“, flüsterte sie und spürte Narutos musternden Blick auf sich ruhen. Sie lachte leise, eine verräterische Träne sammelte sich in ihren Augenwinkeln, die sie hartnäckig wegblinzelte. Einen Moment hörten sie nur den Wind, der um das Haus rauschte, die einzelnen Schneeflocken mit sich nahm auf eine kurze, rasante Fahrt. „Und Sasuke-kun wird unerwartet doch dazu kommen, obwohl seine strenggeheime Mission viel zu lange gedauert hat“, flüsterte sie weiter, „der arrogante, blöde Idiot.“ Naruto warf ihr einen schnellen, nachdenklichen Blick zu, dann folgte er dem ihrigen aus dem Fenster. Langsam nickte er, sein breites, unnachahmlich einnehmendes Grinsen legte sich auf die Lippen. „Ja, der blöde Angeber“, murmelte er gewohnt trotzig, aber es lag noch etwas anderes in seiner Stimme, das Sakura nicht definieren konnte. „Naruto?“ „Mh?“ Sie zögerte einen vagen Moment, ehe sie sich dazu entschloss die Worte, die in ihrem Kopf bereits geformt waren, auch auszusprechen. „Versprichst du mir etwas?“ Er blickte sie augenblicklich an, kratzte sich verlegen am Hinterkopf, ehe sie sachte lächelte, beinahe beschämt. „Ich weiß, dass es mir eigentlich nicht zusteht, überhaupt noch etwas von dir zu fordern, ich wollte nur –“ Naruto lehnte sich abwinkend und grinsend zurück, strahlte sie mit seinen bedenkenlos loyalen, tiefblauen Augen an und fragte nur: „Was soll ich dir versprechen, Sakura-chan?“ Wortlos erwiderte sie seinen offenherzigen Blick, suchte etwas in diesen himmelblauen Augen mit den tiefblauen Sprengeln. „Versprich mir, dass wir nächstes Weihnachten zusammen feiern und übernächstes und – okay?“ Er sah sie verblüfft an. „Öhm“, erwiderte er irgendwie überfordert und überrascht und blickte sie einfach nur an, „Sakura-chan, ich weiß nicht, ob wir so schnell mit der Suche nach ihm erfolgreich sein werden. Ich meine – natürlich hoffe ich es auch, aber – ich –“ „Nein“, fiel sie ihm mit einer plötzlichen Erkenntnis kopfschüttelnd ins Wort, erkannte, dass er nicht richtig verstanden hatte und er verstummte ungewohnterweise sofort, mit gerunzelter Stirn ihren Blick einfangend, der irgendwie verlegen umherhuschte. „Ich meine –“ Sie suchte nach Worten, die all das auszudrücken vermochten, was sie fühlte, das erfasste, was sein könnte und sollte und vielleicht sogar würde. Irgendwann. Sie wusste nicht, wie sie es sagen konnte. Oder ob. „Ich meine: Pass auf dich auf, Naruto. Zu unserem Weihnachtsfest gehörst du dazu. Also mach keine unüberlegten Dummheiten, du Idiot! Kapiert?“ Sie verpasste ihm eine nachdrückliche Kopfnuss mit ihrer Faust, jammernd rieb er seinen Hinterkopf. „Mensch, Sakura-chan. Das tut weh, echt jetzt!“ Während er sich wehleidig über ihre unangebrachte Aggressivität beklagte [„Du bist manchmal echt gemein! Und furchteinflößend! Echt jetzt! Das kommt bestimmt davon, weil du immer in deinem blöden Büro schläfst. Danach hast du immer so komische Launen. Noch mehr als sonst!“], hob sie nachdenklich ihren Blick. Einige verschwommene Bilder blitzten vor ihrem inneren Auge auf. Wie Erinnerungsfetzen, aber irreal. Denn sie hatte es nie erlebt. Nur geträumt. In einigen ihrer Träumen tauchte Kakashi auf, sogar Sai oder Yamato. In vielen ihrer Träume kam Tsunade vor, Shizune, sogar Ino. Regelmäßig träumte sie von Sasuke. Immer mal wieder. Einer fehlte nie. Nicht nur in ihren albernen Träumen. Aber das bemerkte sie nicht. Viele Jahre, viele Winter und viele Weihnachten lang. Ein leises Grinsen legte sich in ihre Mundwinkel. Dann schlang sie unerwartet ihre dünnen Arme um seinen Hals. Er versteifte sich einen Augenblick lang, ehe er bedenkenlos ihre Umarmung erwiderte. Sie spürte seinen warmen Pullover an der Wange, seinen regelmäßigen Atem und die angenehme Körperwärme, die von ihm ausging. Ihr eigener, warmer Atem strich sein Ohr, als sie leise flüsterte: „Frohe Weihnachten, Naruto.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)