Lotusblüte von Jaelaki ([Sasuke & Sakura | Kakashi & Yamato]) ================================================================================ Kapitel 4: Drum sorge für die Knospe, dass sie auch schön gedeih'. ------------------------------------------------------------------ ________________________________________________   Denkst du manchmal auch, wie es früher war? Jetzt ist es nur noch ein Gedankenhauch, nur in der Erinnerung noch da.   Hätte, wäre, wenn. So viele Möglichkeiten. Es könnte jetzt ganz anders sein, denn wir waren uns so nah. ________________________________________________           Er öffnete die Tür mit einem Knarzen, nachdem er einmal angeklopft hatte und betrat das Zimmer. Das künstliche Licht strahlte auf das Bett, um das die medizinische Apparatur aufgebaut stand.   »Teme!«, rief ihm der lebensmüde Idiot von dort entgegen und grinste ihn an, als hätten sie sich hier für eine Geburtstagsfeier versammelt. Dabei verabscheute er Krankenhäuser. Schon dieser Geruch bohrte sich unangenehm in seinen Magen. Der Geruch nach Desinfektion und Kranken. Er warf Naruto einen vielsagenden Blick zu, dann wandte er sich an Sakura, die ihn offensichtlich versuchte so lange wie möglich zu ignorieren und stur auf die Bildschirme der Maschinen starrte. Mit ihrem Ärztekittel stand sie da und notierte sich irgendwelche Werte. Sein Blick folgte den Graphen, die sich dort abzeichneten und mit gelegentlichen Piepstönen ihre Arbeit unterstrichen.   »Kakashi-sensei! Sie sind auch da!«, hörte er Naruto jedoch weiter diesen überglücklichen Ton verwenden, der nicht in ein Krankenzimmer passte. »Ja, wie hätte ich mir das hier entgehen lassen können«, erwiderte Kakashi trocken, nickte dennoch ob der Offensichtlichkeit der Tatsache und lehnte sich an die nächste Wand. So, als wäre er nur zufällig in diesem Raum und zog sein abgenutztes Büchlein aus der Hosentasche. Sakura verdrehte ihre Augen.   »Haben Sie mir etwas mitgebracht, Kakashi-sensei?« »Nö. Oder hast du mir etwas mitgebracht?« »Hey, ich bin hier der arme Kranke!«, empörte sich Naruto und blähte entrüstet die Wangen auf. »Und ich der arme Alte, der die ganzen Verrückten ertragen muss«, erwiderte Kakashi, zuckte eine Schulter und zwinkerte ihm zu. Schnaubend verdrehte Naruto seine Augen. Im Stillen gab Sasuke ihm Recht. »Wie geht es ihm jetzt?«, fragte er an Sakura gewandt und brachte sich damit dann doch auch die Aufmerksamkeit seines ehemaligen Lehrers ein – und einen beleidigten Blick von Naruto. »Warum fragst du sie, wie es mir geht? Das kann ich –« »Seine Werte sind stabil. Allerdings macht uns der Chakrafluss noch ein wenig Sorgen.« »Mir geht’s gut, Leute, aber –« »Und inwiefern?«, hakte Sasuke nach. »Das Chakra des Kyuubis –« »Kurama«, warf Naruto mit vor der Brust verschränkten Armen ein. »– hat womöglich negativen Einfluss auf Narutos –« »Hört auf über mich so zu reden, als wäre ich nicht –« »Und welche Auswirkungen hat das?« »Das wissen wir noch nicht abschließend.« Sasuke fuhr sich durchs Haar und strich sich eine Strähne aus der Stirn. Er hob die Augenbrauen und warf Sakura einen abwägenden Blick zu. »Ihr wisst das noch nicht?« Obwohl es eine Frage war, klang Herablassung mit. Er konnte es sich einfach nicht verkneifen. Ihre stoische Fassade knirschte bereits. Zu genüsslich war es, wenn er diesen Schalter bei ihr drückte. Narutos Blick schnellte von ihm zu Sakura, als ahnte der, dass etwas im Raum stand, das niemand aussprach. »Nein, das wissen wir noch nicht«, presste Sakura betont ruhig zwischen ihren Zähnen hindurch, doch ihre Mimik sprach Bände. »Ich bin übrigens seit meiner Entlassung durch Tsunade rund um die Uhr bei Naruto gewesen, um es herauszufinden. Wo warst du, Sasuke?« Er erwiderte ihren giftigen Blick mit einem Lächeln, das vor Arroganz triefte. Da war es wieder. Dieses Gefühl, sie vorhersagen zu können. Eine Tatsache, die er durchaus gerne mal auskostete – ein wenig Zeitvertreib, ein wenig Macht. Ja, er hatte Macht über sie. »Es tut mir leid, wenn ich keine Zeit hatte, dir bei deiner Arbeit die Hand zu halten, aber ich hatte durchaus noch etwas zu tun.« »Naja, wie dem auch sei. Es ist ja nicht so, als wäre es etwas Neues, dass du einfach verschwindest«, ätzte sie mit einer wegwischenden Handbewegung und wandte ihm den Rücken entgegen, als sie sich gegen Narutos Bettkante lehnte. »Glücklicherweise ist dir das ja inzwischen egal«, scharrte Sasuke und wandte sich gelassen gen Tür. Diese Macht, die sie versuchte zu negieren. Wegen der sie sich selbst belog. Die sie verzweifeln ließ. Er sah es in ihren Augen. Seine Hand lag bereits auf dem Türknauf, als er sich nochmals an Naruto richtete. »Dobe, mach keinen Ärger. Ich schau morgen nochmal vorbei.« »Bring mir was von Ichirakus mit, Teme! Ich bin am Verhungern!«, stöhnte Naruto und zog eine gequälte Grimasse. Ein Grinsen zuckte über Sasukes Lippen. Er wusste, dass er an einer empfindlichen Grenze entlang balancierte. Doch er genoss es zu sehr, alles auszureizen. »Das kann Sakura übernehmen – das fällt in den Aufgabenbereich einer Krankenschwester.« Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung, fing er mühelos die leere Spritze auf, die sie nach ihm geworfen hatte. Sein Blick schwenkte zu Sakura, die mit lodernden Augen da stand. Einen Moment erwiderte er. Stoisch. Ruhig. Nichts aussagend. Und doch stand alles zwischen ihnen. »Ohne Nadel. Anscheinend unterschätzt du mich, Sakura«, provozierte er flüsternd, spielte mit der Kanüle zwischen den Finger. »Im Gegenteil«, höhnte sie, »ich habe dich stets überschätzt.« Damit richtete sie sich resolut an Naruto und begann eine viel zu sorgfältige Untersuchung. Schnaubend ließ Sasuke die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Es ging ihm einfach so am Arsch vorbei, was sie getan hatte oder tat. Ihre Meinung über ihn konnte ihn nicht weniger interessieren. Sie war stets eine Nervensäge gewesen. Und das würde sie auch immer bleiben.   _       Anspannung und Stille hingen im Raum, nachdem Sasuke die Tür hinter sich hatte ins Schloss fallen lassen. Sakura tastete geschäftig Narutos Bauchdecke ab, der sie nachdenklich musterte. Sakura spürte seinen Blick und ignorierte ihn. Ruhig blätterte Kakashi eine Seite weiter. In diesem Kapitel würde die Protagonistin und der Protagonist endlich – »Sakura-chan, ich hab Hunger. Lass mich nur kurz rüber zu Ichirakus gehen und –« Angesprochene schnaubte. Kakashi fragte sich, wann Sakura soweit war und Naruto eine ordentliche Abreibung verpassen würde. Er sah, wie sie stoisch die Untersuchung durchzog und trotzdem konnte er nur ahnen, wie sehr es unter ihrer Fassade brodelte. »Du gehst nirgendwo hin. Idiot. Es ist mitten in der Nacht. Ichirakus hat ohnehin geschlossen.« Sein Blick erfasste Naruto, der sich seufzend im Bett zurücklehnte. »Stimmt«, erwiderte der, die Resignation im Gesicht, »hab ich nicht dran gedacht.« Außerdem fragte sich Kakashi, ob Naruto tatsächlich so ein Brett vor dem Kopf hatte und nicht mitbekam, was sich für ein Gewitter vor seiner Nase zusammenbraute. Irgendwann würde es sich entladen, ungebremst, zerstörerisch. Und Kakashi hoffte insgeheim, dass er sich in dem Moment in sicherer Entfernung befand – und vielleicht sogar dass Naruto unversehrt bei Ichirakus aß. »Ich sehe, du bist in guten Händen, Naruto. Wir sehen uns die Tage«, ließ Kakashi verlauten, während er sein Büchlein zuklappte und mit den Händen in den Hosentaschen auf sie zuschlenderte. »Beim nächsten Mal bringen Sie mir etwas mit«, beharrte Naruto und fügte flüsternd hinzu: »Am besten was zum Essen.« Grinsend fuhr der sich durch sein Haar. Kakashi schüttelte den Kopf. »Bis dann.« Er warf Sakura einen Blick zu und zwinkerte. Dann war er mit einem vertrauten Paff verschwunden. Die Frage, die ihn interessierte war, ob dieser Sturm Team Sieben endgültig zerreißen würde.     _       »Soweit, so gut«, schloss Sakura ihre Untersuchung ab. »Morgen werden wir nochmals deine Werte überprüfen – bis dahin musst du dich halt ausruhen.« Naruto überkreuzte seine Arme hinter dem Nacken. »Wie langweilig«, murmelte er und bekam sofort einen Klaps auf den Kopf. »Sei froh, dass es dir schon wieder so gut geht. Ich hätte nicht gedacht, dass –«   Sie verstummte und kramte geschäftig in ihrem Ärztekittel. »Was gedacht?«, forderte Naruto und das kindliche Gehabe war aus seinen Gestik und Mimik verschwunden. Sein Blick wirkte plötzlich nur noch müde. »Dass ich so schnell wieder auf die Beine komme? Oder dass ich es überhaupt überlebe?« Sakura spürte den leichten Druck seiner Finger an ihrem Arm, als er sie anhielt, ihn anzusehen. Sie schluckte. »Ich hatte Angst», flüsterte sie. Er stupste sie an. Ein trauriges Lächeln hing in seinen Mundwinkeln. »Ich auch«, gestand er leise und sie starrte ihn mit großen Augen an. »Ich hatte Angst, dass alles umsonst gewesen war. Aber das war es nicht. Wir sind wieder alle zusammen. Team Sieben, so wie wir es uns immer gewünscht haben, Sakura.« Sie schaute ihn an. Es tat ihr weh, seinen Blick, diesen glücklichen Funken darin, auf sich zu spüren. So viele Erinnerungen und Erwartungen. Sie waren naiv gewesen, zu glauben, dass mit Sasukes Rückkehr Team Sieben wieder komplett wäre. Dem war nicht so. Es verlief ein Riss durch ihr Team.   »Naruto«, begann sie leise, räusperte sich und schüttelte dann doch nur den Kopf. »Es ist spät. Ich schaue morgen wieder nach dir. Gute Nacht.« Er nickte ihr zu, zog die Decke bis zum Kinn und drehte sich langsam zur Seite. »Gute Nacht – und Sakura-chan, lass dich nicht so von ihm ärgern. Er schätzt deine Arbeit. Jeder tut das. Echt jetzt.« Ihre Hand lag bereits auf der Türklinke. Tief einatmend verharrte sie und schnaubte. »Es ist mir egal, was er tut oder denkt.« Naruto gluckste. »Natürlich», erwiderte er nur und mit einem letzten Blick auf ihn schloss sie leise hinter sich die Tür. Einen Moment blieb sie dort stehen. Der Gang lag wie ausgestorben da. Die Nacht war noch ganz dunkel. Ruhe. Durch die Fenster glitt das bleiche Mondlicht. Stille. Sie seufzte, fuhr sich müde über die Augen. Dann machte sie sich endlich auf, Richtung ein paar Stunden Schlaf.   _     Es war später Vormittag, als die Godaime mit zerfurchter Stirn über einem Dokument brütete. Instinktiv langte sie mit ihrer Hand nach dem Gläschen, das rechts neben ihr auf dem Schreibtisch stand, fuhr es an ihre Lippen und musste feststellen, dass es wieder einmal leer war.   »Shizune», polterte Tsunade und mit gehetztem Blick stand Gerufene in der Tür. Die Godaime hielt ihr nur das Gläschen entgegen. »Es ist nicht einmal Mittag«, kritisierte Shizune, doch Resignation stand in ihrer Mimik. Aber noch ehe sie die Flasche hätte holen können, hielt Tsunade sie zurück. »Diese Mission hier«, begann sie nachdenklich. Shizune horchte ob des ernsten Tones auf. »Beide schreiben in ihrem Bericht, dass sie ohne Verzögerungen oder Probleme die Mission erfolgreich durchgeführt hätten.« Shizune blickte über die Schulter ihrer Vorgesetzten und nickte. »Ja. Und soweit ich informiert bin, trifft das auch zu. Sie haben die Proben abgeliefert. Ich habe bereits mit den ersten Untersuchungen begonnen.« Tsunade lehnte sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück, die Fingerspitzen aneinander gelegt. »Der Missionsbericht ist trotzdem unvollständig.« Mit überraschtem Blick sah Shizune auf. Die Frage stand in ihren Gesichtszügen geschrieben. »Wieso unvollständig?«, hakte sie nach und überflog nochmals die beiden ANBU-Berichte. Tsunade seufzte, stand auf und schritt an die breite Fensterfront ihres Büros. Ihr Blick glitt über die Dächer Konohas, das geschäftige Treiben in einigen Straßen und den hellblauen Himmel, der sich über das Bild spannte. »Wie schätzt du Kanaes und Yasuos Arbeit bisher ein, Shizune?« »Sie sind sehr effizient. Yasuo muss eher noch durch Kanae zurückgehalten werden. Kanae ist erfahrener und arbeitet analytischer, während Yasuo erst seit eineinhalb Jahren bei der ANBU arbeitet. Trotzdem machen ihn seine Fähigkeiten zu einem wichtigen Mitglied. Sein Geschick mit Versiegelungen ist erstaunlich.« Tsunade nickte. »Dann frage ich mich, warum sie einen verschwendeten halben Tag nicht näher erklären.« Shizunes Augen weiteten sich. »Ein halber Tag?« »Hin und zurück, das bedeutet einen Vierteltag, die Arbeit dort, beschreiben sie, dauerte ungefähr sechs Stunden. Sie waren aber deutlich später hier im Dorf.« Sie tippte auf die Stelle im Bericht. »Dann stellt sich nur die Frage, warum ihnen das entfallen ist«, sprach Shizune aus, was im Raum stand. Tsunade seufzte genervt. In ihr braute sich ein verdammt ungutes Gefühl zusammen.       _       Sie blinzelte und öffnete die Augen. Seufzend schob sie ihre Bettdecke über die Ohren und drehte sich um. Irgendwo zwitscherten irgendwelche Vögel. Sakura fuhr sich genervt durchs Haar, das ihr ins Gesicht hing, dann zuckte sie zusammen und saß plötzlich aufrecht in ihrem Bett. Hektisch suchte sie nach ihrem Wecker, den sie auf dem Boden liegen fand – die Batterie war in eine Ecke des Zimmers gerollt, das Display hatte einen Sprung. »Verdammt, verdammt, verdammt», fluchte sie vor sich her, zog sich eine Hose vom Kleiderstapel, ein T-Shirt und verschwand ins Bad, spritzte sich Wasser ins Gesicht, putzte irgendwie gleichzeitig die Zähne und band sich ihr Haar zu einem unordentlichen Pferdeschwanz. Dann schnappte sie sich die Tasche mit den Akten und stürmte aus der Wohnung. Die Nacht war verdammt kurz, verdammt bekackt gewesen. Sie fragte sich, wo der wohltuende Schlaf geblieben war – sicherlich irgendwo zwischen den Akten. Sie war viel zu spät dran. Abgehetzt kam sie in der Klinik an, atmete tief durch, ehe sie den Eingangsbereich betrat. »Sakura-san!«, begrüßten sie Schwestern und nickten ihr zu. Knapp erwiderte sie den Gruß und schritt auf ihr Büro zu, stieß die Tür auf und ließ sie sofort ins Schloss fallen. Ihre Tasche stellte sie auf den Besucherstuhl. Sie blätterte durch die neusten Akten, die ihr auf den Schreibtisch gelegt worden waren, und rieb sich über die Stirn. Sie hatte heute wirklich verdammt viel zu tun – und natürlich musste sie ausgerechnet heute verschlafen. Was war überhaupt mit ihrem Wecker passiert? Der hatte ausgesehen, als hätte ihn jemand mutwillig zerstört. Sie gluckste – nicht amüsant. Mit einer Bewegung zog sie ihren weißen Kittel über, dann rauschte sie durch den Gang.       _       »Und dann hat sie ihn gerettet, echt jetzt?« Die Augen des Chaoten hielten ihn förmlich fest, als er immer wieder weiter Fragen stellte – Fragen zu einer Mission, die unter Geheimhaltung lief. Sasuke nickte genervt. Er wusste, Naruto würde das nicht einfach akzeptieren und ruhen lassen. »Die Frage ist, woher du überhaupt von der Mission weißt«, erwiderte Sasuke verstimmt, »immerhin ist es –« Naruto winkte gelassen ab. »Jeder weiß davon», erklärte er bloß, »so was macht schnell die Runde.« Er streckte sich im Krankenbett und verkreuzte dann schulterzuckend die Arme hinterm Kopf. »Was meinst du?«, hakte Sasuke dann doch nach, obwohl er sich innerlich dagegen sträubte. Gerüchte. Gelaber. Halbwahrheiten, die sich gelangweilte Hausmütter erzählten. Dazu diese Blicke. Er hatte es schon immer verabscheut. Erst recht, da er sich oft im Zentrum eben dieser befunden hatte – dem konnte man kaum entfliehen, wenn der eigene große Bruder den gesamten Clan auslöschte. Bis auf einige Ausnahmen eben. Er schnaubte. »Yamato-sensei liegt einige Zimmer weiter, Dobe, da bleibt es nicht aus, dass sich Leute Fragen stellen, echt jetzt, und dann kommen irgendwann Antworten. Auch, wenn natürlich echt viel Unsinn erzählt wird.« »Und ausgerechnet du bist einer von denen, der sich Fragen stellt?«, spöttelte Sasuke und genoss, wie sich Narutos blaue Augen verdunkelten. »Ich bin einer von denen, der sich Fragen stellt, wie eine Mission verlaufen ist, bei der meine Freunde ihr Leben riskiert haben. Genau.« Sasuke verdrehte die Augen. »Diese melodramatische Erklärung kann auch nicht kaschieren, dass du dich einfach hier langweilst und mit in der Gerüchteküche kochst.« Naruto hatte wenigstens den Anstand sich verlegen am Kopf zu kratzen, aber sein breites Grinsen machte das auch wieder gleich wett. »Eigentlich ist es nur mein Recht davon zu erfahren, echt jetzt.« Sasukes Augenbraue schoss in die Höhe. »So weit ich weiß, steht das nur der Hokage zu.« »Ich bin zukünftiger Hokage.« »Und gegenwärtige Labertasche.« Naruto blähte beleidigt die Wangen auf, dann seufzte er. »Ich meine, weil ich eigentlich auch dabei gewesen wäre. Bei der Mission und –« In diesem Moment öffnete sich die Tür. Sasuke sah, wie sich Sakuras Augen kurz zusammenzogen, als ihn ihren Blick traf. Dann übernahm etwas, das wohl professionelles Desinteresse sein sollte, in ihrer Mimik. Es war geradezu lächerlich. »Naruto, wie geht es dir?«, fragte sie und musterte den Blondschopf mit ärztlicher Genauigkeit. »Ich hab Hunger», antwortete er keck und sie verdrehte die Augen. »Also viel zu gut», erwiderte sie spöttelnd und begann die Routineuntersuchung. Sasuke beobachtete sie. Wie sie ihre Hände über Naruto gleiten ließ, mal hier, mal dort ein wenig fester drückte, ihre Augen sich immer mal wieder ein wenig zusammenzogen, und Naruto ihr unsinniges Zeug erzählte. Und obwohl sie ihn ermahnte, zogen sich diese kleinen Fältchen um ihre Augen, die ihr unterdrücktes Lächeln demaskierten. Sasuke zog sich ohne ein Wort zurück. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.       _         »Hä? Wohin ist Sasuke verschwunden?«, fragte Naruto irgendwann und sah sich verwirrt im Krankenzimmer um. Sakura folgte seinem Blick und zuckte dann die Schultern. Stille. Dann sah Sakura auf und bemerkte Narutos nachdenklichen Blick, der durch sie durch zu sehen schien. »Warum behandelst du Sasuke so – komisch?«, fragte er und sein Blick hielt sie einen Moment gefangen. »Was meinst du?«, erwiderte sie mit Widerwillen und notierte sich die Werte, die die Maschinen anzeigten. »Du ignorierst ihn, scheinst dauernd wütend auf ihn zu sein. Und – naja.« »Und was?«, bohrte sie nach und sah trotzdem nicht von ihren Notizen auf. »Und du scheinst so unglücklich zu sein.« Sie verharrte, seufzte dann und versuchte ihre Gefühle, all das, was in ihr wühlte, irgendwie in Worte zu fassen. Diese Trauer, die Schuldgefühle, die Hoffnung, die immer und immer wieder gestorben war, nur um von Narutos Worten und Taten wieder heraufbeschworen zu werden. Die Vergangenheit, in der sie sich ein Leben ohne Team Sieben nicht hatte vorstellen können, wie es zu einem Leben geworden war, in dem sie sich nicht hatte vorstellen können, die Suche aufzugeben, und dann das Leben, in dem sie auch ohne das alte Team irgendwie klar gekommen war. Ihre Träume, wie diese naive Schwärmerei durch die harte Realität abkühlte, wie sie darüber hinaus gewachsen war – und sich ihr Traum grundlegend gewandelt hatte. Sie hatte sich verändert. Sie alle. »Wir haben einen Krieg gewonnen, Naruto. Aber es ist nicht wieder plötzlich alles gut. Tausende Verletzte, noch viel mehr Tote. Hinterbliebene, die kaum Zeit zum Trauern haben, weil so viel zerstört wurde – und damit meine ich jetzt nur das Materielle. Häuser, Wohnungen, Zuhause. Es gibt etliche Kinder, die über Nacht zu Waisen geworden sind. Weißt du eigentlich –« »Ja, Sakura, ich denke, ich weiß, wie das ist», erwiderte er ruhig und sie erstarrte, hielt den Atem an und blickte ihn an. Ihre Augen geweitet. »Entschuldige», flüsterte sie und er legte seine Hand auf ihre Schulter. Wieder legte sich Stille über sie beide. Eine Stille voller ungesagter Worte, gemeinsamer Erinnerungen und geteiltem Leid. »Ich bin nicht gut in so was, Sakura-chan. So mit Worten und so. Aber – ich meine – wir hatten es alle nicht leicht. Auch Sasuke. Auch wenn er es nicht zugeben würde. Und vielleicht ist das unsere Chance wieder anzuknüpfen irgendwie – wie es mal gewesen ist. Unsere einzige Chance.« »Es wird nie wieder sein, wie es einmal gewesen ist», murmelte sie. »Ich weiß.« Sie schaute auf, Überraschung ließ sie blinzeln. »Aber sollen wir deswegen bis an unser Lebensende trauern und bereuen? Oder –« Er lächelte sie an. Seine Augen strahlten in diesem Azurblau. Dieses Funkeln, das seinen Blick durchwob und ihr bisher immer wieder Hoffnung gegeben hatte. »Sollten wir nicht versuchen, das Beste daraus zu machen?«             Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)