Lotusblüte von Jaelaki ([Sasuke & Sakura | Kakashi & Yamato]) ================================================================================ Kapitel 7: Da wo wir saßen am Lebensbaum. ----------------------------------------- ________________________________________________   Oder hörst auch du die ungesagten Worte dazwischen? Die, die die Lüge mit der Wahrheit vermischen. Hast du sie vor dir? Die Zeilen dazwischen? In denen wanken wir zwischen Gefühlen und Worten, zwischen dort und hier.   ________________________________________________       »Warum gehen Sie davon aus, dass es sich bei Yamatos Problem um ein Genjutsu handelt? Es kann doch auch –« Tsunade brachte sie mit einer Geste ihrer Hand zum Schweigen. »Die Missionsverteilung und die Besetzung liegt noch immer in meinen Händen. Glaubst du nicht, dass ich mir sehr wohl im Klaren bin, dass auch andere Ursachen dahinter liegen könnten und ich trotzdem meine Gründe habe, die Mission so zu gestalten?«, fragte sie scharf und es lag etwas Endgültiges in ihrem Ton, das Sakura deutlich zeigte, dass sie diese Diskussion verloren hatte. Sie schwieg, doch in ihrem Inneren rumorte es. Warum hatte sie das Gefühl, dass diese Teamzusammenstellung mehr bezweckte als den erfolgreichen Abschluss einer Mission? Es machte sie wütend und zornig und ärgerte sie: Was waren sie? Ein Experiment? »Die Mission wird zwei Wochen dauern. Untersucht die Lotuspflanze, besonders den Chakrakreislauf und beobachtet mögliche Wirkungen, die der Lotus auf Yamato hat«, fasste Tsunade zusammen und übergab die Schriftrolle mit den Missionsangaben Kakashi. »Was? Moment. Wir sollen Yamato mitnehmen zum Lotus und dort Experimente mit ihm veranstalten?«, bemerkte Sakura mit Widerwillen. »Solltest ihr es schaffen, den Lotus hierher zu bringen, könnt ihr die Untersuchungen mit Yamato auch gerne hier machen«, entgegnete Tsunade ironisch – den Ausmaßen der Pflanze bewusst. Sakuras Blick verdunkelte sich. »Ich meinte –« »Sakura. Nicht nur Yamato befindet sich in einer äußerst kritischen Lage. Er verliert das Bewusstsein und beginnt Kameraden zu attackieren. Er wird zur Gefahr für das Dorf. Wenn diese Gefahr nicht beseitigt wird –« Sie ließ die endgültige Konsequenz unausgesprochen, doch Sakura war nicht dumm – niemandem im Raum musste erklärt werden, was auf dem Spiel stand. Die Sicherheit des Dorfes, die Sicherheit ihrer Freunde und Bekannten, das Leben ihres Kameraden. Sakura schwieg und betrachtete die Dächer des Dorfes, die sich vor der Fensterfront des Hokagebüros ausbreitete. Ein Leben für viele. Sie würde es nicht zulassen. Sie würde ihre Kameraden nicht sterben lassen. Hatten sie nicht deswegen den Krieg überhaupt durchgestanden? »In eineinhalb Stunden am Westtor«, ordnete Kakashi an und wie auf ein geheimes Zeichen verschwanden Naruto, Sasuke und er in einem nebeligen Dampf. Sakura hingegen drehte sich gen Tür. »Sakura! Vergiss nicht, für was du all die Jahre gekämpft hast«, erinnerte Tsunade sie, als sie bereits die Handfläche auf die Türklinke gelegt hatte. Sie hatte mit Team Sieben gekämpft, um Team Sieben, für Team Sieben. Aber es hatte sich so viel verändert. Sie hatten sich verändert. Ohne ein Wort verließ sie das Büro.     _       Als sie so da standen am Westtor und – wie hätte es anders sein können? – auf Kakashi warteten, wünschte sich Sakura, dass ihr jemand zusicherte, dass alles gut werden würde. Natürlich wusste sie, dass das kindisch war. Denn es würde nicht alles gut werden. Sie war erwachsen genug, um nicht dieser Utopie anheim zu fallen. Irgendjemand würde verletzt werden oder es würde irgendetwas passieren, das – »Das ist doch unglaublich«, wetterte Naruto wieder vor sich her, »er kommt immer noch zu spät! Immer! Schon wieder!« »Manche Dinge ändern sich eben nie«, murmelte sie und schaute die Hauptstraße entlang, die wie ausgestorben da lag. Andere hingegen – Es würde sicherlich etwas passieren, das ihre Welt auf den Kopf stellte – in jedem negativen Sinne, den es nur irgendwie gab. Vielleicht war der Lotus außerirdisch und würde sie alle in gedankenlose Monster verwandeln oder es würde irgendjemand Unerwartetes auftauchen – vielleicht sogar jemand, den man bisher für tot gehalten hatte – es wäre ja nicht das erste Mal. Sie schnaubte leise bei dem Gedanken. Es dämmerte und die Wolken breiteten sich wie sanfte Streifen über den rotorangen Himmel, wurden in rosa Licht getunkt. Es wehte ein sommerlich warmer Wind, doch vom Wald her zog feuchte Luft an ihren Kleidern und ließ sie schnell an der Haut kleben. »Halt endlich die Klappe, Naruto«, murrte Sasuke, als Genannter wieder zu meckern anfing und ungeduldig von einem auf den anderen Fuß watete. Sakura schaute widerwillig zu den beiden und runzelte die Stirn. Narutos blondes Haar schimmerte im Sonnenuntergang, als würde es glühen, während Sasukes schwarze Strähnen das Licht schluckte und nur dunkel reflektierte. Abweisend die Arme vor der Brust verschränkt, an den Torbogen gelehnt stand er da und sah aus, als gehörte er nicht wirklich dazu – oder besser: als wollte er nicht dazugehören. »Hey, da seid ihr ja!«, begrüßte sie eine Stimme gut gelaunt und sie drehte sich mit einem resignierten Seufzen um. »Natürlich sind wir hier!«, entgegnete Naruto energisch. »Wir sind ja auch schon seit einer Stunde hier verabredet! Echt jetzt!« Kakashi fuhr sich nachdenklich durch das Haar. »Und es ist ausgezeichnet, dass ihr nicht wie ich durch den ganzen Papierkram der Mission aufgehalten wurdet – oder durch ein Holzklotz am Bein!« Yamato gab ein resigniertes Seufzen von sich und Kakashi klopfte ihm munter auf die Schulter. »Der Papierkram zu einer Mission folgt erst danach, nicht dav-« »Dann sollten wir keine Zeit mehr verlieren!«, unterbrach Kakashi ihn mit einem Zwinkern und meinte nur: »Sasuke, Sakura. Ihr kennt noch den ungefähren Weg vom letzten Mal, oder?« Sie warf Yamato einen Blick zu: Blass stand er neben Kakashi und lächelte ihr schwach zu. Sie nickte. Sasuke stieß sich vom Torbogen ab und schritt vor. Natürlich wusste er, wo es hinging, dachte Sakura gereizt, er hatte seinen Weg ja oft genug alleine gefunden.     _       Bei einer solchen Mission erwartete sie, einen Weg voller Gefahren und Hindernisse. Dass plötzlich Feinde auftauchten, die einen mit viel zu mächtigen Jutsus bekämpften und sie nur mit schweren Verletzungen am Zielort ankamen. Dem war nicht so. Anders als bei ihrer ersten Suche nach dem geheimen Versteck, konnten sie diesmal die potenziellen Verstecke ausschließen und sich auf direktem Wege dorthin aufmachen. Außerdem wussten sie zirka, was sie dort erwarten würde – zumindest hoffte Sakura das. Wobei bereits dieser Gedanke dafür sprach, dass sie sich zu sicher war und damit zu leichtfertig. »Wir machen hier Rast«, rief ihnen Kakashi gelangweilt zu und nacheinander landeten sie auf dem Waldboden. »Aber wir sind doch erst zwei Stunden unterwegs! Es dürfte nicht mehr weit sein und –« Kakashi brachte Naruto mit einem Achselzucken zum Stocken. »Was soll das« – Er imitierte Kakashis Bewegung – »heißen? Hä?« »Es heißt, dass du jetzt schlafen gehst, Naruto«, erklärte er und es klang mehr nach Anordnung als nach Vorschlag. »Aber wir können –« »Mach, was er sagt, Naruto«, unterbrach ihn Sasuke. Sakura beobachtete die drei, doch etwas anderes lenkte ihre Konzentration auf sich: Sie nahm neben sich Yamatos schnelle Atmung wahr. Instinktiv beugte sie sich zu ihm, schnappte sich seinen Arm und presste ihre Finger auf sein Handgelenk. Ihre Augen weiteten sich bei seinem schnellen Puls. Yamato erwiderte ihren Blick. »Was auch immer es ist«, raunte er ihr zu, »es ist unglaublich subtil und trotzdem offensichtlich.« Sie musste ihm zustimmen. Es war mit bloßem Auge zu erkennen, dass etwas nicht mit ihm stimmte. Ein Laie hätte vielleicht auf eine Grippe getippt – sie als Expertin jedoch war sich unsicher. Ihre Augen zogen sich zusammen. Doch sie würde es bald herausfinden. »Wir laufen nicht ohne Pause in das ehemalige Hauptversteck von Madara«, erklärte Kakashi und sah Naruto scharf an, als er anfing zu murren. »Es geht hier nicht um Schnelligkeit, es geht um Informationen.« Widerstrebend willigte Naruto ein. Kakashi sah ihm an, dass es ihm noch immer schwerfiel, nichts zu überstürzen. Sein Blick schwenkte zu Sakura, die Naruto einen Schlag auf den Hinterkopf versetzte und dann zu Sasuke, der ohne ein Wort bereits seinen Schlafsack entrollt hatte. Sie waren wie Tag und Nacht, wie Licht und Schatten. Er musste leise lächeln. Gut, dass der Schatten dort am stärksten war, wo auch das Licht am hellsten schien.     _       »Sai!« Tsunades Stimme klang ungeduldig. Er trat ohne ein Zögern durch die Tür in das Büro der Hokage und verbeugte sich – so wie es ihm beigebracht worden war. Tsunade verabscheute die Ne. Sie hatte sie schon immer verabscheut. Diese geheime Organisation, die damit prahlte gefühllos zu sein. Doch wie konnte man ein Dorf verteidigen ohne das Gefühl der Freundschaft und Aufrichtigkeit und Wärme? Sie fragte sich auch, warum sie diese Wärme momentan nicht spürte. Die Hoffnung, die Naruto stets in seinen Augen trug und die Entschlossenheit, die Sakura leitete. Auf ihren eigenen Schultern ruhte die Verantwortung so vieler Leben. Sie hoffte. Sie fühlte. Doch sie durfte nicht tatenlos zusehen. Sollte etwas passieren, sollte die Mission von Team Sieben fehlschlagen, dann konnte sie nicht darauf vertrauen, dass alles schon irgendwie gut gehen würde. Es war ihre verdammte Pflicht, Team Sieben so viel wie nötig zuzutrauen, aber auch so viel wie möglich von den Schultern zu nehmen. Und wenn es nur dieser potentiell letzte Ausweg war, den sie ihre eigenen Schultern tragen ließ. »Dies ist eine geheime Mission«, begann sie und wünschte sich, die Mission würde nie erledigt werden.     _       »Hey – heeeey«, raunte Naruto neben ihr Sasuke zu, der ihn ignorierte. »Ich weiß, dass du noch nicht schläfst«, behauptete Naruto stur und streckte sich auf dem Waldboden aus. Über ihnen thronte der Sternenhimmel, von knorrigen Ästen durchzogen »Woher willst du das wissen, Strohkopf«, schnaubte Sasuke und wandte sich genervt zu ihm um  »Ha! Siehst du!«, erwiderte Naruto flüsternd, streckte seine Arme aus und grinste zufrieden. »Egal, was auch passiert, die Mission wird genial. Die supergenialste Mission seit langem«, behauptete er voller Euphorie  und Sakura hielt den Atem an, um nichts zu verpassen. Sie lag neben Naruto auf dem Waldboden und hörte die Bäume flüstern und die Blätter wispern. »Warum?«, brummte Sasuke und stellte damit die Frage, die in der Luft hing. »Na, weil es wieder die erste Mission für Team Sieben ist. Ein glorreicher Auftakt für viele weitere supergeniale Missionen.« Sie konnte Narutos Grinsen förmlich aus seinen Worten heraushören und wünschte sich, sie könnte sich so sicher sein, wie er.     _       Am nächsten Morgen saßen sie in einem Kreis und Kakashi raunte ihnen Anordnungen zu. Erstens: Es wurden keine unnötigen Risiken eingegangen. Dabei warf er Naruto einen strengen Blick zu, der wenigstens den Anstand hatte sich verlegen am Hinterkopf zu kratzen. Zweitens: Sie würden sich dem Lotus so viel Zeit wie nötig und so wenig Zeit wie möglich aussetzen. Sakura sollte den Einfluss der Pflanze auf Tenzous – Yamato seufzte – Gesundheit feststellen und weitere Proben mitnehmen. Drittens: Sasuke sollte die Umgebung nach Auffälligkeiten scannen. Viertens: Er selbst würde mit Sakura Tenzous – Yamato verdrehte resigniert die Augen – Zustand überwachen. Fünftens: Teamwork war angesagt. »Und ich?«, warf Naruto entgeistert ein. »Du hilfst Sasuke und machst keinen Lärm«, entgegnete Kakashi, zuckte die Schultern und legte seine Hand auf Narutos Schopf, als wäre er ein braves Hündchen. »Hey! Ich bin keine Katze«, murrte Naruto trotzig und über Kakashis maskierte Lippen zuckte ein Grinsen. »Daran hatte ich auch nicht gedacht.« Das Versteck hatte nichts an seinem Mysterium eingebüßt. Sie hatte gedacht, dass ihr der Anblick vertraut wäre und daher weniger furchteinflößend, doch da hatte sie sich geirrt. Nach wie vor verursachte dieser Ort ein prickelndes Gefühl in ihrem Bauch und eine Gänsehaut auf ihren Armen. Sakuras Instinkte rieten ihr davon ab, in die Höhle zu klettern und die engen Gänge entlang zu laufen, um in einer Bucht unter der Erde eine Pflanze mit einem guten Kameraden verschmelzen zu lassen, um mögliche Veränderungen und Auswirkungen untersuchen zu können. Sie schnaubte. Das hier war eine Mission, die lauthals nach Verletzten und ungebetenen Überraschungen schrie. »Autsch!« Narutos Ruf ließ alle zusammenzucken und sich nach ihm umdrehen. »Sorry, bin mit dem Kopf an die Decke geknallt«, murmelte er verhalten und rieb sich die Stirn. Sakura seufzte. »Hier entlang«, trieb Sasuke die Gruppe mit einem genervten Kopfschütteln an und huschte weiter um die nächste Ecke. Sie folgten ihm – und standen vor einer Sackgasse. »Was –« Doch Sasuke würgte Narutos Gerede ab – seine Augen färbten sich blutrot, als er einige Schritte auf die erdige Wand zu machte. Seine schwarzen Pupillen verdrehten sich, feine, schwarze Linien gruben sich in seine Iris. Steine bildeten sich vor ihren Augen, hoben sich ab von der Erde und formten eine Tür, die über den Boden dröhnte, als sie sich in Bewegung setzte. »Los, weiter!« Kakashi schob Naruto, der mit offenem Mund von Sasuke zu Sakura starrte, durch den Eingang. »Und ihr zuckt nicht einmal mehr mit der Wimper, wenn so etwas passiert?«, gab er kopfschüttelnd zu bedenken. »Sagt der, mit dem versiegelten Biju im eigenen Körper«, murmelte Sakura und klopfte ihm gutmütig auf die Schulter, während sie durch den Gang stoben. Naruto legte seine Stirn nachdenklich in Falten. Sie lebten nun einmal in einer Welt voller Überraschungen, die irgendwann gar nicht mehr so überraschend waren. »Was ist das für ein grünes Licht?«, fragte er, als sie anhielten und den Spalt einer weiteren Tür mit Misstrauen musterte. »Das kommt von dem riesigen Lotus auf der anderen Seite, der dort in einer riesigen Höhle wächst«, erläuterte Sakura. »Achso, klar«, antwortete Naruto ironisch, »warum bin ich da nur nicht selbst drauf gekommen?«   Mit einem Quietschen öffnete Kakashi die Tür. Yamatos Körper spannte sich an. Er hätte nie gedacht, dass er das hier nochmals lebendig sähe, dass er hierher zurückkehren würde – nun, eigentlich hatte er auch nicht damit gerechnet hier überhaupt lebend herauszukommen. Und vielleicht rächte sich nun sein Optimismus und er würde eben doch hier sterben. Es war wirklich nicht lustig. Kakashi klopfte ihm auf die Schulter. Ohne ein Wort. Einfach so. Nur sein Auge sprach Bände. Am liebsten wäre er einfach wieder gegangen.   Naruto stand zwei Schritte vor ihnen. Er folgte seinem Blick hinab auf den Grund der Höhle, deren Boden geflutet war. Das grüne Licht strahlte von einer riesigen Pflanze, die sich durch das weitläufige, unterirdische Versteck grub. Es spiegelte sich in dem Wasser, in dem die Wurzeln mündeten. »Und ich hab mich schon gefragt, warum wir die Blume nicht einfach mit nach Konoha nehmen«, murmelte Naruto entgeistert. An einzelnen Ästen hingen verkrüppelte Zetsu. Die grünen Stiele strebten der Höhlendecke zu, die sicherlich fünfzig Meter über dem Grund ragte. Eine grazile Blüte, deren weiße Blätter rosa zuliefen. »Aber – warum ausgerechnet ein Lotus? Warum – keine – Rose oder so?«, fragte er ernst und Sakura warf ihm einen Blick zu. »Das ist wirklich die erste Frage, die dir durch den Kopf geht bei dem Ganzen hier?«, fragte sie und er zuckte die Schultern. »Streng genommen war es ja schon die zweite gewesen«, murmelte er. »Wie auch immer. Wir sollten beginnen«, erklärte Sakura und sprang auf einen der dicken Äste, die in der Luft ragten. »Shizune hat bereits festgestellt, dass der Lotus seine Energie mithilfe von – nennen wir es Chakraphyllen produziert. Er betreibt keine Photosynthese – also Umwandlung von Energie mithilfe von Licht – sondern stellt Energie mithilfe von Chakra her.« »Wie kann eine Pflanze Chakra bilden?«, hakte Sasuke irritiert nach. »Dazu wird ein Geist, ein Verstand benötigt –« »Wir wissen noch nicht ganz genau, wie es funktioniert«, gab Sakura mit Widerstreben zu und ignorierte Sasukes spöttelnden Zug um den Mund. »Unter anderem deswegen sind wir ja hier«, erläuterte sie und zog ihre Augen zusammen. Ein falscher Ton und sie würde ihm dieses spöttische Grinsen von den Lippen wischen – mit einem gut platzierten Schlag. Ihr Kopf pochte bei dem Gedanken – wahrscheinlich würde sie seine Lippen nie erreichen. Er war verdammt schnell, verdammt stark, verdammt arrogant. Dieser Mistkerl. Sie fuhr herum und strich über den verholzten Ast der Pflanze. Sie waren hier aus wichtigen Gründen – ihre begründete Abneigung gegen Sasuke durfte nicht den Erfolg dieser Mission gefährden. Sie würde sich nicht ablenken lassen. »Irgendetwas beeinflusst Yamato-senseis Körper«, flüsterte sich Sakura selbst zu. Das grünliche Licht waberte den Stiel entlang. Sie hielt ihre Finger in das Funkeln und überlegte. Warum grün? Ihr Blick wanderte nach oben. Warum eine Pflanze? Und sie sah zu Naruto, der von einem Fuß auf den andere watete. Er hatte Recht, zuckte ihr plötzlich durch den Kopf. Warum eigentlich ein Lotus? »Yamato-sensei?«, forderte sie ihn auf und er nickte nur. Sein Gesicht kalkweiß, seine Augen von dunklen Augenringen ummantelt. Er wirkte wie ein Geist. »Ich werde versuchen, meinen Finger mit dem Lotus zu verschmelzen. Ich denke, das sollte funktionieren«, murmelte er. »Das wird es, denn – es hat schon einmal funktioniert«, sprach sie ihm zu. »Leider erinnere ich mich nicht mehr daran«, entgegnete er mit einem schiefen Lächeln. Sie schwieg und konnte sich kaum vorstellen, was dieser Mann gerade durchmachte. Dieser Ort war eine einzige Mahnung. Ein Ort, der einen aufforderte ihn niemals zu betreten. Yamato war hier so lange Zeit gefangen gewesen – was musste in seinem Kopf vorgehen? Kakashi beobachtete die Situation wachsam. Sie sah, wie sein Sharingan glühte. Ohne ein Hindernis tauchte Yamatos Finger in die Pflanzenzellen ein und sie vermischten sich mit dessen menschlichen. »Es tut nicht einmal weh«, meinte Yamato und irgendwie steckte Überraschung in seinen Worten. Der grüne Lichtschein kletterte seinen Arm herauf und umtanzte seine Haut. »Im Gegenteil. Es fühlt sich gut an.« Sakura runzelte die Stirn. Sie zog ihr Kunai aus der Beintasche und schnitt in weiche, grüne Pflanzenfasern, um eine Probe zu nehmen. Das Licht flackerte. »Habt ihr das gesehen?«, rief Naruto überrascht aus. Sie überprüfte Yamatos Vitalfunktionen und schaute ihn ungläubig an. »Sie – genesen«, raunte sie. »Was passiert hier?«, fragte Kakashi ernst. »Fördert der Lotus etwa Heilprozesse?« »Aber woher kommen dann Yamatos Ausfälle?«, wollte sie wissen. Es passte nicht zusammen. Mit einem Ruck zuckte sie zurück, als etwas auf ihrem Kopf landete. Ein vertrocknetes Blatt segelte hinunter. Ihr Blick schnellte nach oben. Wieso war ihr das nicht schon früher aufgefallen? Sie sprang von Ast zu Ast, betrachtete die Pflanzenfasern und die Blätter. »Sakura-chan! Was hast du vor?«, rief Naruto ihr hinterher. »Sasuke, komm mit«, forderte sie statt einer Antwort und erwartete bereits Widerworte oder schlichte Ignoranz, als sie – nicht ohne Überraschung – Sasuke neben sich landen spürte. »Wir müssen zu der Blüte«, erklärte sie und sprang mit einem gewaltigen Satz los. Sasuke folgte ihr, ohne sich anzustrengen. Sie spürte die Kraft seiner Aura und verkniff sich, ihre Augen zu verdrehen. Jetzt galt es, sich zu konzentrieren. Sie betastete die Blütenblätter, als wäre es sensible Haut eines Patienten. »Sasuke – was siehst du?«, fragte sie. Sasukes rubinroter Blick wanderte die überdimensionale Blüte entlang, auf dessen Blütenblatt Sakura kniete. »Chakra, unregelmäßges Chakra«, antwortete er gefasst, doch sie konnte es anhand seiner Körperhaltung entnehmen, dass es ihn beunruhigte und sie konnte sich dem Gefühl nicht erwehren, dass diese Pflanze atmete und fühlte und – Pflanzenfasern zerrieselten in ihren Fingern. »Der Lotus«, begann sie leise und verstand allmählich, »er stirbt.« Sie blickte auf. Verständnislos. »Warum sollte er dann Yamato-sensei heilen? Das ist doch widersprüchlich«, meinte sie, verschloss eine weitere Probe und erhob sich. »Warum sollte diese Pflanze jemanden heilen, während sie selbst verendet?« »Ein Medinin opfert sich zuletzt«, erwiderte Sasuke und seine dunklen Augen starrten in die ihrigen. Sie runzelte die Stirn. »Was hat das damit –« »Der Lotus braucht eine Quelle, um sich selbst regenerieren zu können. Er hat mit aller Gewalt versucht Yamato am Leben zu erhalten – bis wir ihn hier gefunden haben –« »Aber was soll Yamato haben, dass – das Mokuton! Hashiramas Zellen!«, fuhr Sakura dazwischen und schlug sich auf die Stirn. »Die ganze Zeit sprachen Shizune und ich davon. Das Mokuton ist von der ganzen Sache betroffen. Sobald Yamato Chakra schmiedet, verliert er zunehmend das Bewusstsein. Aber warum?« Sasuke zuckte die Schultern. »Ich würde in jedem Fall den Lotus in die Überlegungen mit einbeziehen«, meinte er ironischerweise und Sakura verdrehte ihre Augen. »Dann lass uns schnell wieder zu den anderen gehen. Ich nehme gerade noch schnell hier eine Probe, dann –« »Erinnerst du dich, als du damals meintest, es könnten hier noch Abwehrmechanismen intakt sein«, fragte sie Sasuke ungerührt. »Keine Ahnung«, erwiderte Sakura leichthin und spürte mit einem Windzug Sasukes Rücken an dem ihrigen. »Hey, was soll –« »Nun, ich denke, wir haben die Abwehrmechanismen gefunden.« Sie richtete sich langsam auf und blickte sich um. Ihr Puls begann zu rasen.   Wie Schlingen umschlängelten sie die Pflanzenstiele. Wie Schlangen, in deren Falle sie saßen – wie ahnungslose Kaninchen, die dem Fressfeind entgegen starrten. »Wie kommen sie her?«, hauchte Sakura und bewegte sich keinen Zentimeter. »Madara ist tot. Wie können diese –« »Was, wenn Madara sie nicht erschaffen hat, sondern nur genutzt? Der Lotus hat sie kreiert –«, stellte er in den Raum, ohne einen Blick von den Zetsus zu nehmen, die sie umzingelt hatten. »Sasuke, du wirst ja wohl keine begründete Angst vor diesen – Dingern haben«, scherzte Sakura, ohne sich danach zu fühlen. Sie spürte diese Furcht aufsteigen. Ein Schrei zerfetzte die Stille. »Naruto!«, erkannte sie entsetzt. »Was ist hier los?«   Wie auf ein geheimes Kommando stürzten sich die Zetsu auf sie. Ein leises Lächeln zuckte über seine Lippen und mit einem zischenden Blitz dolchte er drei Zetsu auf. Sofort umfasste sSakura ihr Kunai mit der Rechten und pumpte Chakra in ihre Linke. Mit einem Schlag zerquetsche sie fünf von ihnen. Sasuke schaute zu ihr und sie glaubte, etwas wie Anerkennung zu erkennen. Ein Gefühl von Wärme erfüllte sie und sie riss ihren Kopf herum. Dafür war jetzt keine Zeit. »Pass auf, Sakura!«, schrie Sasuke und sprang hinter sie. Mit einem Blick zurück erfasste sie die Situation. Ein gellender Schrei, dann sackte Sasuke zu Boden.   »Nein!«, schrie sie. »Sasuke!« Mit einem Satz sprang sie zu ihm und pumpte Chakra in seinen Körper. Blutüberströmt lag er da. Die Zetsu krochen über die Pflanzenstiele zu ihnen. »Sie – regenerieren sich«, keuchte Sakura entsetzt und sah dabei zu, wie sich die Gestalten wankend aufrichteten. Sein Blut klebte an ihren Händen. »Warum bist du mir überhaupt ohne Widerworte gefolgt?«, fragte sie und fühlte diesen Kloß im Hals. »Ich hatte dir vertraut, Sakura«, röchelte er, »ich hatte gedacht, diesmal könntest du wirklich etwas zum Team beitragen. Aber wie immer bist du einfach nur unglaublich nervig«, erwiderte er kalt und spuckte Blut. Sein Blick erinnerte sie an damals. Sie fühlte sich plötzlich wieder so jung und unbedeutend und allein. »Warum?«, fragte sie und konnte das Wimmern nicht völlig schlucken, doch dann straffte sich ihre Haltung. Sie war nicht mehr die Zwölfjährige von damals. »Nur damit du es weißt«, zischte sie ihm zornig über die Geräusche der Zetsu hinweg zu und zerquetsche einem neben ihm den Schädel – falls sie überhaupt so etwas hatten, »ich habe Team Sieben nicht aufgegeben. Sonst wäre ich nicht hier.« »Wir sind schon lange nicht mehr hier. Das ist ein Genjutsu«, flüsterte Sasuke. Ihre Augen weiteten sich erschrocken. »Aber«, stammelte sie. »Was meinst du? Wo sind wir?«, hauchte sie. Der Boden löste sich auf. Sasukes sterbender Körper löste sich auf. Die wankenden Zetsu lösten sich auf. Nur ihre Schmerzen blieben und dieses Gefühl, das sie innerlich verschlang. »Bei mir«, schreckte sie eine Stimme auf. Sie fuhr hoch und entdeckte Sasuke neben sich stehen, völlig unversehrt. Er zeigte keine einzige Gefühlsregung und sah sie nicht an. Doch sie wusste, dass er ihn erkannt hatte – diese Stimme. Wer, wenn nicht er? Langsam wandte sie sich um. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)