The Curse von AlastairBlackwell ================================================================================ Kapitel 16: Warnung ------------------- Nachdem am folgenden Morgen der Unterricht ausgefallen war, war der Tag den vier Siebtklässlern unendlich lang vorgekommen. Mittlerweile war es Nachmittag und im Schlafsaal der Mädchen war es totenstill, während sie sich für die Trauerfeier umzogen, die in einer halben Stunde beginnen würde. Miranda und Felicity hatten die Nachricht über Victor Farringtons Tod mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Natürlich vermissten sie ihn nicht wirklich, doch zumindest hatten sie deutliches Mitleid mit Shawna und besonders Anthony gezeigt. Die Schwarzhaarige war als erste fertig, und ohne auf die Zwillinge zu warten, verließ sie auch den Raum als erste, um sich wenig später im Gemeinschaftsraum zu Anthony zu setzen. Die übliche Bräune war noch immer nicht in das Gesicht des Achtzehnjährigen zurückgekehrt, während er stumm ins Feuer starrte, offensichtlich versuchend zu verbergen, dass er geweint hatte. Shawna biss sich auf die Lippe. Sie wusste zwar, dass es in jedem Fall schrecklich war, einen Bruder zu verlieren, doch hätte sie nicht gedacht, dass es Anthony so nah gehen würde, immerhin waren die beiden nie allzu gut miteinander ausgekommen. Einige Minuten später stießen schließlich auch Miranda und Felicity zu ihnen, endlich das Schweigen brechend. „Ich schätze, deine Mutter wird auch auftauchen, was...?“, fragte Miranda vorsichtig, woraufhin Anthony sich schließlich aufsetzte und seufzte. „Ich befürchte es. Sie ist so ziemlich die letzte, der ich im Moment begegnen möchte, ich wette, sie wird irgendeinen Weg finden, mir die Schuld an Victors Tod zu geben...“ Während die vier sich schließlich auf den Weg machten, tauschten Anthony und die Zwillinge noch einige Worte aus, denen Shawna jedoch nichts hinzuzufügen wusste, weswegen sie sich wie schon so oft in Schweigen hüllte. Offensichtlich gehörten sie zu den letzten, die sich auf den Weg gemacht hatten, denn als sie auf den Ländereien ankamen, waren dort schon viele Menschen anzutreffen. Nervös schaute sich Anthony um, während sie sich gemeinsam durch die Menge drängten, doch von seiner Mutter war weit und breit nichts zu sehen. „Ich glaube es nicht, es ist die Trauerfeier ihres Sohnes und sie kommt nicht...?“, zischte Felicity leise, doch kaum eine Sekunde später stieß Miranda ihr leicht in die Rippen, stumm etwas weiter nach vorn deutend. Beinahe hätte man sie nicht erkannt, da sie, anders als üblich, heute vollkommen schwarz gekleidet war, doch hinter einem kleinen Rednerpult, welches vor den Stuhlreihen aufgebaut war, stand tatsächlich Adrienna Farrington, zusammen mit den Professoren Greifenstein, Deveraux und Blackwell, welche ihr offenbar gerade ihr Beileid aussprachen. Als hätte sie die Blicke der vier gespürt, schaute die Frau plötzlich auf, wandte den Kopf direkt in ihre Richtung, und beinahe war es, als bohrten sich ihre eisblauen Augen wie Speere in die ihres Sohnes hinein. Anders als Shawna es wahrscheinlich getan hätte, hielt dieser ihrem Blick jedoch eisern stand, so dass sie es schließlich selbst war, die sich wieder den Professoren zuwandte. Sie schien nicht zu bemerken, dass sich Deveraux mittlerweile entfernt hatte, oder es war ihr einfach egal, denn wie es aus der Entfernung aussah, brach die sonst so gefühllos wirkende Frau im nächsten Moment in Tränen aus und begann, hektisch in ihrer Handtasche nach etwas zu kramen. Mitfühlend wie er war, bot Professor Greifenstein ihr sein Taschentuch an, doch auch das schien Mrs Farrington nicht wahrzunehmen, denn nicht einmal eine Sekunde später gab sie die Suche in ihrer Tasche auf und warf sich in einer beinahe schon zu theatralischen Geste an die Brust Professor Blackwells, welcher zwar zur Seite gesehen hatte, jedoch noch immer vor ihr stand, so dass dieser keine andere Wahl hatte, als sie gewähren zu lassen, obwohl man ihm mehr als deutlich ansah, dass er diese Form von menschlicher Nähe offenbar nicht besonders schätzte. Etwas verhalten legte er ihr eine Hand auf die Schulter, eine Szene, die von Seiten einiger Umstehender nicht unkommentiert blieb, und obwohl es ziemlich offensichtlich war, dass sie lediglich schauspielerte, verengten sich Shawnas Augen. Die Aussage Anthonys, wie unfassbar dreist seine Mutter sich doch wieder in den Mittelpunkt drängte, überhörte sie, und anders als sonst hatte sie nicht einmal ein schlechtes Gewissen, als sie sich bei dem Gedanken ertappte, der Frau einen Fluch auf den Hals hetzen zu wollen. Erst Mirandas Stimme riss sie wie üblich aus ihren Gedanken. „Was ist denn mit dir los? Du siehst ja aus als würdest du Anthonys Mutter gleich auffressen!“ Ein leichtes Grinsen konnte die Blonde sich bei diesem Satz nicht verkneifen, doch Shawna schüttelte bloß seufzend den Kopf. „Ich hab keine Ahnung... Setzen wir uns einfach, okay?“ Miranda nickte, und die beiden Mädchen hatten nicht einmal einen großen Kampf nötig, um zu Anthony und Felicity zu gelangen, welche sich bereits Plätze gesucht hatten. „Unglaublich, was für ein Theater sie da aufführt... Ihr Sohn ist gestorben und sie hat offensichtlich nichts anderes im Kopf als sich selbst in den Mittelpunkt zu drängen!“, zischte Anthony, noch immer vollkommen fassungslos, woraufhin die Mädchen ihm nickend zustimmten. Seufzend ließ sich Shawna auf den letzten freien Stuhl neben ihren Freunden fallen, während sie noch immer im Abstand weniger Sekunden nach vorn schaute, wo Mrs Farrington mittlerweile von Professor Blackwell abgelassen hatte, welcher nun, wie es schien, erleichtert das Weite suchte und wenig später seinen Platz in der Nähe des Rednerpultes einnahm. Aurelius Greifenstein war der erste, der schließlich an das Pult trat und sich räusperte, woraufhin der Großteil der Menge bereits in Schweigen verfiel. Den Zauberstab an seine Kehle gerichtet begann er nur einen Augenblick später zu sprechen. „Es ist gewiss kein freudiger Anlass, der uns heute hat zusammenkommen lassen, doch leider werden sich Tragödien im Leben wohl niemals vermeiden lassen. Wenn ein Mensch, besonders ein so junger, von uns geht, ist es wichtig, dass die Hinterbliebenen als das zusammenhalten, was sie sind: eine Familie.“ „Als wären die jemals eine richtige Familie gewesen...!“, zischte ein Junge an dieser Stelle seinem Sitznachbarn zu. Shawna wandte sich um und erkannte, woher diese Aussage gekommen war, nämlich von Stephen Crane, einem der anderen Siebtklässler aus Slytherin, mit denen sich auch Anthony den Schlafsaal teilte. Dieser schaute zwar ebenfalls für einen Moment nach hinten, wirkte jedoch nicht missbilligend und sagte auch nichts weiter dazu, sondern wandte sich wieder dem Schuldirektor zu, welcher nach wie vor seine Rede darüber hielt, wie traurig es doch wäre, jemanden zu verlieren, dem man nahe stand, und dass das Andenken Victor Farringtons gewiss in jedem hier weiterbestehen würde. Der Dunkelhaarige schüttelte den Kopf und murmelte etwas Unverständliches in sich hinein, ehe er schließlich von seinem Sitz aufstand und schweigend die Trauerfeier verließ. Keines der Mädchen traute sich so recht, ihm zu folgen, doch irgendwie schienen sie alle ein schlechtes Gewissen zu haben, weswegen sie den Blick gesenkt hielten und Greifensteins Worten eher mit einem halben Ohr weiter lauschten. Tatsächlich setzte in diesem Moment ein leichter Regen ein, als wollte die Natur diesen Augenblick noch unterstreichen. Es waren bloß einige wenige Tropfen, doch aus der Ferne zogen dunkle Wolken auf, die vermuten ließen, dass es heute Abend noch ein Unwetter geben würde. Greifensteins Rede dauerte noch etwa eine Viertelstunde, ehe er sie mit einer Ankündigung enden ließ. „Zum Abschluss hat mich Professor Blackwell gebeten, noch einige Worte an die Schüler richten zu dürfen, denen Sie mit Vorsicht lauschen sollten.“, sprach er, bevor er den Zauberstab sinken ließ und selbst an der Seite Platz nahm. „Sollte nicht jemand nach Anthony suchen?“, flüsterte Miranda Shawna und ihrer Schwester zu, doch Felicity schüttelte leicht den Kopf. „Ich bin mir sicher er will jetzt lieber allein sein, ich werde ihm später erzählen was Blackwell zu sagen hatte...“ Als wäre es ein Vorzeichen gewesen, zuckte ein Blitz quer über den Himmel, kaum hatte der Professor seinen Platz hinter dem Rednerpult eingenommen. Auch ohne dass er seine Stimme magisch verstärkte, war sie wie immer laut und deutlich genug, um auch bis in die letzten Reihen vernommen zu werden. „Nun, da sich hier anscheinend ein Gewitter zusammenbraut, wollen wir nicht länger als nötig hier draußen herumsitzen. Ich rate Ihnen also, mir aufmerksam zuzuhören, damit es am Ende keine Fragen gibt. Auch auf die Gefahr hin, den denkbar schlechtesten Zeitpunkt hierfür gewählt zu haben, sehe ich mich doch in der Pflicht, eine Warnung an Sie alle auszusprechen, die mit Mr Farringtons Tod in unmittelbarem Zusammenhang steht. Ich rufe Sie keinesfalls zur Panik auf, das wäre das letzte, was wir in dieser Situation gebrauchen können, doch ich möchte Sie noch einmal mit Nachdruck daran erinnern, dass es an dieser Schule einige Regeln gibt, die gewiss nicht dazu dienen, Ihnen die Freude am Hiersein zu nehmen, sondern die zu Ihrem Schutz aufgestellt wurden. Besonders hinweisen möchte ich darauf, dass es Ihnen strikt verboten ist, nachts Ihre Häuser zu verlassen, und dass auch der Verbotene Wald seinen Namen nicht zum Spaß trägt. Selbstverständlich haben Sie nach wie vor sämtliche Schulregeln zu befolgen, doch wer dabei ertappt wird, speziell eine dieser beiden zu brechen, wird mit harten Konsequenzen zu rechnen haben. Seien Sie aufmerksam, und nun sehen Sie, dass Sie ins Schloss kommen.“ Obwohl sich der Großteil der Schüler fragte, warum der Professor ausgerechnet auf diese Regeln solchen Wert legte, hatte er doch klargestellt, dass er keine Fragen dazu hören wollte, und so befolgten sie lieber seinen Befehl und begaben sich so schnell sie konnten nach drinnen, wo die Zwillinge sich sofort auf die Suche nach Anthony machten, begleitet von Stephen, mit welchem sie im Gedränge zufällig zusammengestoßen waren. Eigentlich hatte Shawna sie begleiten wollen, doch noch bevor sie ihnen folgen konnte, wurde sie plötzlich sachte am Arm gepackt und aufgehalten. Erschrocken wandte sie sich um, doch noch bevor sie irgendetwas hätte sagen können, sprach der Junge, der sie festgehalten hatte, sie selbst an. „Shawna... Tut mir Leid falls ich dich störe, aber es gehen Gerüchte um, du wüsstest mehr über Victors Tod als die anderen hier... stimmt das?“ Bei dem Jungen handelte es sich um einen weiteren von Shawnas Jahrgangs- und Hausgenossen. Sie war sich über seinen Nachnamen nicht sicher, doch sie wusste mit Sicherheit, dass er Vincent hieß. Er war für einen jungen Mann in diesem Alter nicht besonders groß, hatte eine sehr schlanke Statur, dichtes, blondes Haar und beinahe etwas weiblich wirkende, graue Augen. „Ich...“ Die Schwarzhaarige schaute sich kurz um, ehe sie schließlich leicht nickte. „Ja, um genau zu sein habe ich ihn gefunden...“ „Im Wald, nicht wahr?“, hakte Vincent nach, woraufhin sich Shawnas Augen weiteten. „Woher weißt du das?“ „Naja“, entgegnete der Junge, „Der... der Professor hat so ausdrücklich darauf hingewiesen, sich vom Wald fernzuhalten, und bisher hat er nie ohne Grund irgendeinen Hinweis gegeben, also dachte ich, dass das irgendetwas damit zu tun haben muss.“ Shawna konnte nicht anders als ein wenig zu schmunzeln. Endlich einmal fühlte sie sich verstanden. „Ich hätte nicht gedacht dass sonst noch jemand so genau darauf achtet was er sagt, das erleichtert mich wirklich.“ Diesmal war es Vincent, der überrascht die Augenbrauen hob. „Wie jetzt? Du auch?“ Er musste kurz auflachen. „Ich hatte mich schon für besessen gehalten, und ich glaube Stephen auch. Jedes Mal wenn ich Professor Blackwells Namen nur erwähnt habe, hatte ich das Gefühl ich gehe ihm schon auf die Nerven...“ Shawna hatte keine Ahnung gehabt, dass es außer ihr noch jemandem so ging, doch irgendwie beruhigte es sie, dass sie offensichtlich nicht die einzige war, auf die der Mann eine solche Faszination ausübte. Wahrscheinlich hätten die beiden noch stundenlang hier stehen und sich angeregt über Alastair Blackwell und seine Weisheiten austauschen können, doch schließlich beendete Shawna die Schwärmerei - schweren Herzens, das musste sie zugeben - und überredete Vincent, ihren Freunden lieber dabei zu helfen, Anthony zu suchen und ihn über die Warnung des Professors aufzuklären. „Ich hätte nicht gedacht, dass es in Slytherin so viele nette Leute gibt“, platzte es nach einigen Minuten des Schweigens plötzlich aus dem Blonden heraus, „Gerade mit unserem Jahrgang kann man wirklich gut zurechtkommen.“ In dem Punkt konnte Shawna ihm nur zustimmen, diese Erkenntnis war ihr ebenfalls schon gekommen. Normalerweise sagte man den Slytherins ja nach, sie seien allesamt eingebildet und hinterlistig, und natürlich gab es auch viele solche Menschen in ihrem Haus, doch Vincent hatte es auf den Punkt gebracht. Gerade der siebte Jahrgang bestand zum großen Teil aus recht ruhigen und toleranten Persönlichkeiten, so dass man sich auch dann wirklich wohlfühlen konnte, wenn man so war wie das Mädchen. Es dauerte glücklicherweise nicht allzu lange, bis die beiden Anthony schließlich entdeckten, in einem großen Fensterrahmen sitzend, die Knie an den Körper gezogen und die Augen durch das bunte Glas nach draußen gerichtet. „Hey, Anthony“, sprach Shawna ihn zaghaft an, woraufhin er leicht aufschreckte und zu ihr herüberschaute, „Ich will dich gar nicht lange stören, aber nachdem du weg warst hat Professor Blackwell noch ein paar Worte gesagt.“ „Er meinte“, übernahm Vincent an dem Punkt, sich neben Anthony auf die Fensterbank setzend, „dass die Schüler in nächster Zeit besonders vorsichtig sein sollen, und er hat noch einmal an ein paar Regeln erinnert. Ich will nicht wissen, was für Strafen er sich ausdenken würde, aber er hat gesagt, es soll sich niemand nachts von ihm auf dem Korridor erwischen lassen, vom Verbotenen Wald ganz zu schweigen.“ Diese Worte brachten Anthony ein wenig zum Grinsen, obwohl er nach wie vor etwas niedergeschlagen wirkte. „Wisst ihr was? Alastair Blackwell ist so oder so der letzte, dem ich im Dunklen begegnen will!“ Mit diesen Worten erhob sich der Dunkelhaarige, und die drei machten sich auf den Weg in ihren Gemeinschaftsraum. _______________ Also hiermit dürfte ich offiziell meinen persönlichen Langsamkeitsrekord aufgestellt haben. Seid ehrlich, hätte noch irgendwer geglaubt dass es wirklich weitergeht? xD Dieses Kapitel hat mir wirklich den letzten Nerv geraubt, aber ich hoffe ich komme jetzt wieder etwas schneller voran. Wann es eine Fortsetzung gibt, kann ich wie immer nicht sagen, aber ich verspreche feierlich, dass es weitergehen wird! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)