Jumays Kinder von -Izumi- (Part 5: Kinder des Wassers - Verloren im Sand) ================================================================================ Kapitel 22: Feierlichkeiten (Part 3) ------------------------------------ „Also.... ich will ja nicht unhöflich sein oder so, aber ich kann einfach nicht glauben, dass ein Mann freiwillig so kocht!“ Choraly starrte mit großen Augen auf das Tablett auf ihrem Schoß, das mit den bestmöglichen Speisen der Wüste bedeckt war. Eigentlich hätte es ihr auch nichts ausgemacht, kurz aufzustehen und am Tisch zu essen, aber Mayora hatte darauf bestanden, es ihr ans Bett zu bringen. Tante hat gesagt, ich soll mich um dich kümmern, hatte er das kommentiert, Also werde ich dich schön verwöhnen! Scheinbar kannte er den Unterschied zwischen 'kümmern' und 'verwöhnen' nicht so ganz, bedauerlich. Normalerweise hätte sie da sicher nichts gegen gehabt, aber irgendwie war ihr seine Nettigkeit peinlich und sie fühlte sich so, als würde sie ihn ausnutzen. Und das wollte sie nicht. Irgendwie. „Aber ich koche gern, das macht mir Spaß.“, erwiderte er da in nahezu entschuldigendem Tonfall, „Findest du das schlecht?“ Wie dämlich konnten Fragen sein? Sie seufzte lächelnd. „Nein, ich finde es toll, nur ungewöhnlich, das ist alles.“ Er grinste. „Ich bin nun einmal ungewöhnlich.“ Ja, das war er. Auch den Rest des Tages las er ihr die Wünsche von den Augen ab und am nächsten Morgen ging es ihr verhältnismäßig gut und sie konnte auch wieder mit den beiden Himmelsblütern gemeinsam frühstücken. Und da kam es, dass jemand an der Haustür klopfte. Das war an sich nicht ungewöhnlich, besonders Imera stand in letzter Zeit öfters mal sinnlos vor der Tür (und wurde von Mayora dann zusammen gestaucht und weggeschickt), aber am heutigen Morgen war es anders. Als die Hausherrin öffnete, erhaschten die beiden übrigen einen Blick auf Tafaye, der breit grinsend da stand. „Guten Morgen!“, begrüßte er sein Gegenüber und dieses erwiderte den Gruß überrascht und musterte den jungen Mann fragend, als nichts weiteres folgte. Dann verstand sie, warf sich in seine Arme und knuddelte ihn wie bescheuert, die arme Choraly verschluckte sich bei dem Anblick ganz übel an ihrem Schmoddersaft und als Mayora sich auch erhob und den Blonden im Anschluss genau so doll knuddelte wie seine Tante zuvor, hatte sie den Faden völlig verloren. „Was ist denn jetzt los?“, erkundigte sie sich verwirrt und trat ebenfalls zu den Dreien. Der Blonde grinste stolz. „Ich habe heute Geburtstag!“ Ah. Das erklärte natürlich so einiges. Das Mädchen erinnerte sich an seinen eigenen zurück. An diesem Abend hatten sich alle völlig besoffen... und sie war mit Imera, dem Idioten, zusammengekommen. Das hätte sie sich auch sparen können, dachte sie sich nun. Die erwartenden Blicke aller rissen sie aus ihren Gedanken. Mayora hustete gekünstelt. „Du musst ihm gratulieren...!“ Sie machte große Augen. Wie, sie sollte ihn jetzt auch abknuddeln oder was? Das war doch... nein, so weit konnte sie gar nicht sinken, sie hatte auch ihre Grenzen! „Glückwunsch!“, machte sie deshalb bloß und hielt ihm die Hand hin, bereute es aber direkt danach, als sie den unglücklichen Gesichtsausdruck Tafayes und den giftigen Chatgaias bemerkte. „Wenn du mich nicht magst, musst du heute Abend auch nicht zum Essen kommen...“, machte das Geburtstagskind nur deprimiert und sie seufzte. „Ich mag dich.“ Und sie überwand sich und umarmte den ihrer Meinung nach perversen Kerl doch. Furchtbar, diese Geburtstags-Geilheit hier. Das grenzte ja fast schon an sexueller Nötigung, was sie machen musste. Aber wenigstens der Blondi war glücklich und er hatte sogar davon abgesehen, sie unsittlich anzufassen, kaum zu glauben. Sie wusste nicht, dass das bloß dank eines bösartigen Blicks Mayoras hinter ihrem Rücken so war, war aber auch egal. „Also, kommt ihr heute Abend alle?“ Nachdem Choraly ihn wieder losgelassen hatte, schaute der junge Mann fragend in die Runde. „Kommt drauf an, wer kommt.“ Das Mädchen hob fragend eine Braue und er schaute blöd. „Na... alle wichtigen Leute, ein paar Verwandte und meine besten Kunden.“, er grinste schelmisch, „Du gehörst zur letzten Gruppe, genau so wie Shakki und Kinai, die sind ja auch sowas von eitel! Freut mich übrigens, die Meisten kommen ja nur, wenn ihre Kleidung bereits durch ist....“ „Wir beiden werden da sein!“ Den geschockten Blick der Brünetten konnte der junge Mann quasi auf sich spüren, denn er wusste, was sie gesagt hätte, wenn er sie nicht davon abgehalten hätte. Dass sie nicht kommen wollte, weil sie Shakki nicht mochte. Und das wäre absolut unhöflich gewesen, besonders nach der peinlichen Nummer zuvor. Außerdem gehörte Tafayes Familie nicht gerade zu den Leuten, die gern feierten, man musste sich geehrt fühlen, wenn man von ihnen eingeladen wurde. Seine Tante jedoch empörte ihn. „Ich werde wohl nicht kommen können, tut mir Leid.“ „Oh.“, machte der Blonde irritiert und sie seufzte etwas verlegen, „Ja, ich hab noch zu tun, sei mir nicht böse.“ Er nickte nur. Sie war das Dorfoberhaupt, sie hatte sicher ihre Gründe. Hoffentlich nicht das, was böse Zungen so behaupteten ... -- „Ich hasse Shakki!“, schimpfte Choraly ungehalten am späten Nachmittag, während sie sich im Badezimmer fertig machte, „Und ich hasse dich, Missgeburt!“ Mayora, der sich in seinem Zimmer ebenfalls feierlich ankleidete, seufzte lächelnd. Seit er wusste, dass sie es nicht mehr ernst meinte, fand er es nicht mehr schlimm, wenn sie so arg über ihn fluchte. Besser, sie reagierte sich ab, als alles in sich hinein zu fressen, wie mach anderer... „Ignoriere sie einfach und freu dich für Tafaye!“, bat er deshalb bloß freundlich und sie kreischte wutentbrannt auf. „Wie soll man die Hexe ignorieren?! Kann man denn nichts dagegen tun, dass sie so... so... dass es sie gibt!?“ Sie wollte nicht aussprechen, dass sie sie am liebsten umbringen würde. Und dabei wusste sie noch nicht einmal warum, sie war zwar gruselig und hatte sie bedroht, aber direkt etwas schlimmes getan hatte sie ihr ja nicht. Dennoch, für das Stadtmädchen war sie Abschaum, den es zu beseitigen galt. Wie die Bastarde, die ihren Bruder auf dem Gewissen hatten, aber so lange es Menschen gäbe, würden diese Psychopathen nicht aussterben. Das war die traurige Wahrheit. „Ist doch halb so wild, ich pass schon auf dich auf!“, na toll, das hatte sie hören wollen. Sie steckte sich ihre Haare zurecht und betrachtete prüfend ihr Spiegelbild. Sie sah hübsch aus. Mittlerweile schaffte sie es ja tatsächlich ganz allein, sich schick zu machen, früher hatte sie dafür Bedienstete gehabt. Sie war selbstständig geworden. Das Mädchen trat seufzend auf den Flur, Mayora tat es ihr kaum einen Moment später gleich und schnappte geschockt nach Luft, als er sie sah. „Was schaust du so geschockt?!“, sie schnaubte und hob dann beide Brauen, als sie ihn musterte, „Siehst schick aus.“ Das musste sie sich eingestehen, er war wirklich nicht hässlich, besonders nicht, wenn er so edle Klamotten trug und fein zurecht gemacht war. Er war ein ansehnlicher Junge. „Du auch!“, riss er sie da aus den Gedanken, „Du siehst wunderschön aus, Prinzessin!“ Ihre Laune hob sich. Komplimente mochte sie, von denen konnte sie gar nicht genügend bekommen. Und dann auch noch so ein liebes. Sie musste lächeln. „Vielen Dank.“, sie machte eine höfliche Verbeugung und er erwiderte sie grinsend. „Sehr gern, Prinzessin, ich spreche die Wahrheit!“ Sie lachte. „Ich hoffe es!“ -- Der Weg zu Tafaye war lustig, sie beschimpfte ihren Mitbewohner für nichts und wieder nichts gut gelaunt und er tat so, als wäre er beleidigt, ohne es ein einziges Mal zu schaffen, dabei nicht zu grinsen. Als sie dann ankamen, fiel dem Mädchen auf, dass sie zwar schon öfters im Laden, aber noch nie in der Wohnung des jungen Mannes gewesen war. Der private Eingang war hinter dem Haus, wie sie feststellte, der Garten davor war trostlos und verwittert. Jede Menge Sand, vermutlich von dem Sandsturm und etwa hundert seiner Vorgänger, lagen in dem vertrockneten Gestrüpp und dem verbrannten Gras, irgendwo stand ein verkrüppelter Kaliri-Baum. Choraly hob überrascht von diesem Anblick beide Brauen. Das ging ja echt nicht, sah ja asozial aus. „Tafayes Mama hat sich immer um den Garten gekümmert.“, begann Mayora da an ihrer Seite ungebeten dumpf zu erklären und sein Blick folgte dem Ihren, „Ich weiß es bloß von Erzählungen hinter der Hand, aber sein Vater muss ein ziemlicher Arsch sein... als Tafaye sieben oder acht war, ist seine Mutter weggerannt.“ Wie schrecklich, das hätte sie bei dem fröhlichen Kerl nie vermutet. Sie senkte betroffen den Blick, ehe ihr etwas einfiel. „Aber wohin ist sie denn gerannt?“ Der 17-jährige hielt sein Haupt ebenfalls gesenkt, als er antwortete. „In die Wüste.“ Auf diese ernüchternde Nachricht hielten die beiden es für besser, schnell anzuklopfen und hereinzugehen, damit sie nicht zu viele traurige Gedanken bekamen. Traurige Gedanken gehörten nicht zu so einem Freudentag wie dem Heutigen. Auch nicht, wenn die Wohnung so trist und düster war, wie die, in der sie feierten. Aber zumindest das Geburtstagskind hatte gute Laune und die beiden Gäste ebenfalls, als sie die Küche, in der auch der Esstisch stand, betraten und sahen, wer daran saß. „Tai und Lilli!“, war Choralys erfreute Begrüßung und die Mädchen erhoben sich ebenfalls und umarmten sich. „Die beiden?“, wunderte sich Mayora überrascht an den Gastgeber gewandt und dieser lächelte. „Ich dachte, den beiden würde etwas Ablenkung sehr gut tun.“ Da war etwas dran. Eben genau das war es, was der Grünhaarige schon immer an Thilia gemocht hatte, die Art, mit der viele miteinander umgingen. Es gab auch einige schwarze Schafe, sicherlich, aber der Großteil war nett oder tat zumindest so. Wenig später, die Mannschaft saß am Tisch und ließ sich bekochen, klopfte es abermals an der Tür. Die Kaera-Geschwister waren bereits eingetroffen (Shakki und Choraly vermieden es, sich anzusehen, geschweige miteinander zu sprechen) und auch Dafi war da. Letztere hatte man nicht ganz angenehm begrüßt, denn besonders Lilli und Choraly hatten sie zunächst zusammen geschrien, weil sie es gewagt hatte, sich die Haare ein Stück zu schneiden. Nun reichten sie ihr nur noch bis an die Schultern, was alle Übrigen extrem schade fanden, doch der kleinen Himmelsblüterin gefiel es und da ließ sie sich auch nicht reinquatschen. Während das Geburtstagskind also zur Tür ging, um die nächsten Gäste zu begrüßen, fiel Kinai etwas auf. „Wo ist eigentlich Pinita?“ Seine Schwester warf ihm unbeeindruckt einen Seitenblick zu, als die Cousine der Blonden seufzend den Blick senkte. „Pinita ist in der großen Stadt Fides, unter dem Vorwand, aus beruflichen Gründen dort festgehalten zu sein. In Wirklichkeit gibt es andere Gründe, aber ich will sie nur ungern verraten...“ Dafi starrte sie an. „Ist es schlimm?“ „Es gibt schlimmeres...“ Die Schwarzhaarige musterte ihr dürres Gegenüber düster. Dieses Mädchen war die mit Abstand bemerkenswerteste Kreatur, der sie in ihrem ganzen Leben je begegnet war. Choraly ihrerseits war innerlich etwas eingeschnappt, dass die Blondine reisen konnte, wie sie wollte, aber sie behielt es für sich, weil sie nichts zu Worten der Seherin sagen wollte. Einen Moment darauf riss Tafaye wieder die Aufmerksamkeit auf sich, als er, gefolgt von zwei weiteren Personen, den Raum betrat. Die erste war ein Mann, er musste etwas älter als Uda Magafi sein und hatte eine ziemliche Ähnlichkeit mit dem Geburtstagskind, ebenso auch eine junge Frau, die etwas älter als die Gäste zu sein schien. „Mein Onkel Alya und meine Cousine Katico!“, wurden die beiden vorgestellt und sie verbeugten sich höflich und nahmen ebenfalls guter Laune Platz. „Verkriecht sich dein Vater schon wieder in seinem Zimmer?“, erkundigte sich der nun Älteste in der Runde und sein Neffe, der sich nun wieder dem Essen widmete, seufzte. „Du kennst ihn doch.“ Choraly und Mayora warfen sich unauffällig einen eindeutigen Blick zu. In so einem Geburtstags-fanatischen Kaff nicht den Geburtstag mit dem eigenen Kind zu feiern war ein Skandal, fand die junge Frau, behielt sich aber vor, weitere Gedanken daran zu verschwenden. Man wusste ja nie, wer es mitbekam... Das Essen verlief harmonisch, man redete über dies und das und verstand sich gut. Dabei fiel dem Stadtmädchen auf, dass auch der Schneider ein durchaus annehmbarer Koch war. Vielleicht nicht ganz so toll wie ihr Mitbewohner, aber doch sehr lecker. Er hatte sich richtig Mühe gegeben, das schmeckte man. Sein Vater wusste vermutlich gar nicht, was er verpasste. Interessant wurde es jedoch erst nach dem Essen, als Tafaye, um die Stimmung etwas „aufzulockern“, so hatte er es bezeichnet, Ming-Ming brachte und dabei besonders Mayora blöd angrinste. „Pass nur auf, meiner ist noch viel toller als deiner!“ Na, das war ein Wort. Mit Ausnahme von Lilli und komischer Weise auch Tai bekam jeder ein Glas von dem hoch-alkoholischen Getränk und Choraly war überrascht von dem angenehmen süßen Fruchtgeschmack. Man merkte gar nicht, wie stark es war... So blieb den beiden Nüchternen aus plötzlicher Überzeugung oder eben Umstand nichts anderes übrig, als den anderen dabei zuzusehen, wie sie immer voller wurden, und das war irgendwie überraschend amüsant. Und zehn Minuten später war die ganze Mannschaft zu. Immer wieder faszinierend, dass es keine Person zu geben schien, die die Heftigkeit der Wirkung der Gesöffs einzuschätzen wusste... „Ich will noch ein Glaaaaaaas!“, jammerte Kinai wie auf Kommando, als sich Lilliann darüber Gedanken gemacht hatte, „Bitteeeeeee!“ „N-nix da, du verträgst n-nichts mehr!“, schimpfte seine Schwester und wedelte dabei theatralisch mit dem Finger vor seiner Nase herum. Er zog eine Schnute und kramte in seiner Hosentasche herum, um eine kleine Schachtel mit seltsamen Zigaretten heraus zu nehmen und sich eine anzuzünden. „Ich muss mich trösten!“, erklärte er dramatisch und Katico streckte eine Hand danach aus. „Ich mag auch eine!“ „Nix da, alles meine!“ Tafaye lachte blöd, während Choraly irgendetwas lallend an Mayora klebte, der sich ungestört weiter betrank. Onkel Alya fiel etwas auf. „Hast du unser ehrenwertes Dorfoberhäuptchen denn nicht eingeladen?“ Er hickste und wirkte damit genau so unseriös wie der Rest der Truppe. Ja, auch älteren Herren schmeckte das Zeug gut... „Doooch, aber die mag mich nicht!“ Das Geburtstagskind jammerte und Dafi lachte es aus, ungeachtete dessen, dass sie noch nicht einmal zugehört hatte und gar nicht wusste, worum es ging. War ihr auch egal, seit Pinita nicht mehr da war, hatte sie selten Gelegenheit dazu. „Mein Tantschän had zu tun!“, mischte sich Mayora da ernst ein und Alya hickste wieder. „Ach was, die hat nur keine Lust, die vergnügt sich jetzt!“ „Mit jemandem, den wir alle kennen.“, fügte Shakki noch hinzu, wurde aber ignoriert. Der Grünhaarige schlug empört auf den Tisch und schnaubte. „Niemand belaidischt mein Tantschän!“ Choraly tat es ihm gleich. „Genau, das darf nur ich persönlich, weil ich ja die schöne, tolle, perfekte, unwiderstehliche Tochter von Uda Magafi bin und alles darf!“ „Genau!“ Der blonde Mann lehnte sich lachend in seinem Stuhl zurück und Dafi gackerte wieder doof mit. „Als ob Chatgaiachen wirklich seriös oder gar anständig wäre, das kleine Flittchen...“ „Also Onkel!“, machte jetzt auch Tafaye empört und Mayora schnappte nach Luft. „Meine Tante ist eine sähr säriöse und voll anständige Frau, halts Maul!“ Es wurde still in der Runde. Katico fragte sich besorgt, wie ihr Vater auf die Idee kam, die mächtigste Magierin des Dorfes öffentlich und dann auch noch vor ihrem Neffen so zu entwürdigen, das konnte doch nicht gesund sein?! „Schaut nicht so!“, schnappte er, „Sie ist wirklich ein Flittchen! Sie hat mich verführt!“ Das konnte man falsch verstehn. „Du hast Mami betrogen?!“, quiekte seine Tochter geschockt und der Mann verdrehte die Augen. „Das war, bevor ich mit Mami zusammen war, klar?“ „Aber trotzdem!“, meckerte der Magier weiter, „Bloß weil Tantschän disch mal verfüat hat, is sie doch nicht gleich ein Flittchen!“ „Genau!“, pflichtete Dafi ungefragt bei und Kinai begann ein seltsames Lied auf der alten Sprache zu singen. „Sie ist mit 13 Jahren wie eine Nutte bei mir angekommen und hat mich halb vergewaltigt!“ Empört über den allgemeinen Unglauben verschränkte Alya die Arme vor der Brust und Shakki, die mittlerweile ebenfalls eine seltsame Zigarette rauchte, wedelte wieder theatralisch mit dem Finger herum. „Durchaus, er spricht die Wahrheit! Unser Dorfoberhaupt ist tatsächlich etwas pervers angehaucht mit Vorlieben für Männer außerhalb ihrer Altersklasse!“ -- „Hatschi!“ „Bäh, spinnst du?!“ Chatgaia schlug sich verlegen die Hände vor der Mund. „Ich musste jetzt einfach niesen, ich glaube, jemand hat schlecht über mich gesprochen, Verzeihung.“ Der junge Mann über ihr starrte sie empört an. „Hallo?! Du kannst mir doch nicht einfach ins Gesicht niesen, während ich voll dabei bin! Das ist... das ist asozial und unprofessionell, genau!“ Er stützte sich mit den Ellbogen am Bett ab und wischte sich mit den Händen durch sein Antlitz. Sie schnaubte. „Such dir doch eine andere, wenn es dir nicht passt!“ Anstatt an ihre Gesundheit zu denken, also wirklich. Und wer da gerade schlecht über sie gesprochen hatte, dem sollte es doch ins Badezimmer schneien, Frechheit! Jetzt konnten sie wieder von vorn anfangen... „Ich will aber keine andere, ich will dich!“, maulte er da weiter, „Und zwar nur dich und nicht deine Bazillen und Bakterien und was du sonst noch so hast!“ Er wollte sie küssen, doch sie legte eine Hand auf seine Stirn und drückte ihn wieder etwas weg. „Und das sagst du so schamlos? Entweder nimmst du mich mit allen Bazillen und Bakterien und was ich sonst so habe, oder gar nicht!“ „Igitt, das ist Erpressung!“ Frauen waren höchst komplexe Wesen, hatte der arme Kerl gelernt. Und sie konnten ganz schön widerlich sein, fand er. „Ich bin nicht igitt...“, kam dann leiser und er hob beide Brauen bei ihrem etwas verletzten Gesichtsausdruck. Das hatte er auch nicht gewollt. Ach herrje... „Nein, natürlich nicht. Ich hab dich gern, mit all deinen Bazillen...“, er grinste verschmitzt, „Komm, lass uns weiter machen. Ähm- wo waren wir stehen geblieben?“ Die Frau schaute blöd. Er war wirklich sowas von dumm. Sie ließ ihren Blick demonstrativ nach unten gleiten und nach unendlichen Sekunden verstand er tatsächlich. „Ich bin ein Blödmann.“, gestand er dann leise lächelnd und küsste sie sanft auf die Lippen, ehe er wieder ganz langsam begann, da weiter zu machen, wo sie aufgehört hatten... -- „... und ihre Röcke waren so lang wie ein durchschnittlicher Gürtel, ja! Und wie sie immer mit dem Hintern gewackelt hat, da konnte man nicht weg schauen! Glaubt mir, ich bin mir auch bescheuert vorgekommen mit so einem jungen Mädchen zu schlafen, aber das ging gar nicht anders!“ Bis auf Kinai, der noch immer komische Lieder sang, lauschten alle gespannt Alya Alhatfas Worten mehr oder minder aufmerksam (es kam halt immer auf den Alkoholpegel an). Am aufmerksamsten natürlich Tai und Lilli, die ja völlig nüchtern waren und ihr Dorfoberhaupt ganz plötzlich aus anderen Augen sahen. Der Eindruck des kleinen Flittchens machte sie menschlicher, dachte sich Lilliann, aber man durfte auch nicht vergessen, wie lange das schon her war. Fast jeder tat in seiner Pubertät mal etwas verrücktes, sie selbst hatte sich vor gerade einmal zwei Jahren die Haare so kurz geschnitten, dass selbst Jiros länger gewesen waren und das nur, um ihre Eltern zu empören, weil sie Empörung toll gefunden hatte. Sie fand, jemand musste diesen Mann stoppen, bevor hier alle den Respekt vor dieser eiskalten Frau verloren! Und das geschah schneller, als sie geahnt hatte und auf eine ungewollte Art und Weise. „Lass dem Dorfoberhaupt doch auch seine Geheimnisse, Alya! Wir haben verstanden“ Shakki erhob sich und knallte den Rest der zu ende gerauchten Zigarette auf den Tisch. „Sie ist fähig zu regieren und zu richten, das ist sie Hauptsache, hier gibt es schließlich viel schlimmere Individuen!“ Kinai hörte auf zu singen. „Was will sie uns damit sagen?“, wunderte sich Dafi benommen und stand auf dem Schlauch, doch die allem Anschein nach ziemlich benebelte Schwarzhaarige antwortete ihr nur all zu deutlich, als sie mit ausgestrecktem Arm auf Choraly zeigte. „Dieses nichtsnutzige Weib meine ich! Die, die uns den Tod bringt! Wen denn sonst?!“ Mayora schaute blöd zwischen den beiden jungen Frauen her. Da war doch noch etwas gewesen, hatte er dem Mädchen aus der großen Stadt nicht etwas versprochen? Er erinnerte sich nicht mehr... Choraly ihrerseits blinzelte überrascht, dann schnaubte sie. „Von dir lass ich mir nichts sagen, du geisteskranke Ziege!“, blaffte sie zurück, „Ich bin eine Magafi, ich mache immer alles richtig! Und du bist eine notgeile Hexe, genau! Du solltest vor mir kriechen!“ Der Alkohol und wohl auch Kinais Drogen ließen ihre Sicht verschwimmen und beide erhoben sich und starrten sich über den Tisch hinweg wutentbrannt an. Die Anderen sahen mehr oder minder interessiert zu und Tafaye überlegte sich, dass es doch ziemlich unhöflich war, auf Geburtstagen zu streiten. In dem Grünhaarigen kam währenddessen ein beunruhigendes Gefühl auf. Die beiden waren eine explosive Mischung, das wusste er auch, selbst wenn er zu war und kaum sprechen konnte. Aus irgendeinem Grund hatte die Seherin etwas gegen das Stadtmädchen... „Kriechen?!“, fauchte die Ältere da, „Du wirst kriechen, nicht ich! Und zwar vor meinen Füßen, du bist pures Gift!“ Tainini zog laut die Luft ein, als sich etwas merklich düsteres über den kleinen Raum legte und Choraly geriet ins Wanken. Alkohol und ihre Feinfühligkeit ergaben keine gute Kombination... „Du verkörperst alles Schlechte dieser Welt, Choraly.“, zischte die Magierin da, „Und das bestrafen die Götter.“ Die Angesprochene hob verwirrt und gezwungen gefasst beide Brauen. Es fiel ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen, dieses Ming-Ming-Zeug setzte ihr doch ziemlich zu. Und auch den anderen, denn die sahen bloß verwirrt und teilweise nicht handlungsfähig zu. Die Stimmung war angespannt. „Sie bestrafen dich und alle, die dir wichtig sind oder waren.“, Shakkis violette Augen funkelten, „Du wirst für immer hier bleiben müssen, bei uns, unter uns und es wird dir immer schwer fallen! Aber nicht nur du sollst leiden, die Seele deiner Mutter wird bis ans Ende der Zeit gefangen sein in einer düsteren Welt zwischen unserer und dem Himmelreich, gejagt von den Schatten ihres Lebens!“ Sie schritt um den Tisch herum und auf die Jüngere zu, die weiter wankte und erschauderte, ebenso wie Mayora, der irgendwie eingreifen wollte, aber in seiner eigenen Benommenheit nicht wusste, wie. „Dein Vater muss zusehen, wie die Welt im Chaos versinkt und dein geliebtes Kindermädchen, Atti, existiert nicht mehr! Ihre Seele wurde im Namen der Wasser-Götter zerfetzt und es geschieht ihr Recht! Und du...“ Sie wurde unterbrochen. Aber nicht von Mayora, der seiner Mitbewohnerin fest versprochen hatte, auf sie acht zu geben, sondern von Tafaye, dem es trotz seines Alkoholpegels und der damit verbundenen erhöhten Toleranz langsam zu bunt wurde. „Ich werde heute 21 Jahre alt, klar?!“, fuhr er sie an und erhob sich ebenfalls, um sich bedrohlich vor ihr aufzubauen, „Ich habe euch eingeladen, damit ihr mit mir feiert und nicht, damit ihr euch gegenseitig fertig macht!“ Die Frau blickte bloß feindselig in seine blauen Augen. Das war nicht nur frech, sondern in Anbetracht dessen, dass er der Gastgeber war auch noch unverschämt. Aber sie war die Seherin, sie war wichtig. Sie durfte das. „Ich mache sie nicht fertig, ich spreche bloß die Wahrheit. Ich spreche immer die Wahrheit.“ „A-aber die Wahrheit ist voll dumm!“, kommentierte Dafi das, die dieses Mal zumindest halbwegs mitbekommen hatte, worum es ging. Und auch Tainini gab ihr stumm Recht, als sie aufstand und Choraly, die ursprünglich neben ihr gesessen hatte, vorsichtig umarmte, weil sie leise schluchzte. Sie hatte von dem Traum gesprochen! Sie kannte den Traum, sie wusste, was er bedeutete und es war grausam! Und sie war grausam, diese Hexe! Aber am grausamsten war Mayora, der einfach nur da saß und verwirrt allen zusah, wie sie irgendetwas machten (und war es nur gegenseitige sexuelle Belästigung wie im Fall von Kinai und Katico). Er hatte sein Versprechen gebrochen! „Ja, leide, Mädchen aus der großen Stadt, das sollst du, das ist dein Schicksal!“, hörte sie Shakkis giftige Stimme da wieder und sie konnte sich nicht verteidigen. Sie war betrunken, sie wusste nichts anständiges zu erwidern. Und so riss sie sich einfach aus Tais Umarmung und rannte hinaus. „Das war echt absolut unhöflich von dir!“, tadelte Alya die Seherin kurz darauf noch immer hiksend, doch sie ignorierte ihn einfach und warf einen düsteren Blick zu ihrem kleinen Bruder, der sich auf doch recht intime Art mit dem hellblonden Mädchen vergnügte. „Lass die Finger von ihr, Kinai, wir gehen.“ Sie drehte sich um und ging, der bekiffte Junge folgte ihr kaum später. Zurück blieb eine Gruppe mehr oder minder angeheiterter Leute, die irgendwie keine Lust mehr auf feiern hatte. Und die Erste, die sich wieder regte, war Lilli, denn sie verpasste Mayora, der ihr gegenüber saß, eine schallende Ohrfeige über den Tisch hinweg und zog damit alle Aufmerksamkeit auf sich. „Du bist so ein Waschlappen!“, schimpfte sie, „Du bist für sie verantwortlich, wenn ich dem Dorfgespräch richtig gelauscht habe, du hättest sie verteidigen müssen! Und wenn du betrunken nicht dazu fähig bist, hättest du nichts trinken dürfen! Ich denke, du hast sehr wohl gewusst, dass sie nicht mit Shakki zurecht kommt, das war unverantwortlich von dir!“ Er erwiderte ihren wütenden Blick stumm. „Worauf wartest du?“, sie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, „Geh sie suchen, kümmere dich um sie! Oder willst du das Geburtstagskind oder Verwandtschaft auf die Suche schicken? Oder Dafi, die selber breit ohne Ende ist? Oder die blinde kleine Tai? Oder mich mit meinem runden Bauch?!“ Was war los mit dem Kerl? So besoffen konnte er doch nicht sein, das war unverschämt! Sie wollte weiter schimpfen, da erhob er sich stumm und verließ artig den Raum. „Das hat jetzt aber auch gedauert.“, meinte Alya darauf und schaute ihm nachdenklich nach, „Aber wenn sein Vater betrunken war, war er genau so, ich erinnere mich...“ -- Tafayes Onkel hatte Recht und das wusste Mayora auch, was das betraf kam er nach seinem Erzeuger und das passte ihm nicht wirklich. Und es passte ihm nicht, vorhin so versteinert gewesen zu sein. Er hatte vergessen, was er versprochen hatte. Und er hatte seine Pflichten nicht erfüllt. Aber zumindest wusste er jetzt ein wenig besser den seltsamen Traum von vor ein paar Wochen zu verstehen... wenn er sich das hatte richtig merken können, er war noch immer betrunken. Aber zumindest lange nach seiner Mitbewohnerin suchen musste er nicht, Choraly saß unter dem verkrüppelten Kaliri-Baum und heulte sich die Augen aus. Was hatte sie denn gemacht, dass die Götter sie so bestraften? War das Leben in der Stadt so sündig gewesen? Oder hatte Shakki gelogen? Es war verwirrend, sie hatte keinen Durchblick, bloß Kopfschmerzen und zwischendurch Magenkrämpfe. Dieses Ming-Ming war Höllenzeug... „Hey!“ Sie sah auf und erkannte Mayoras Silhouette verschwommen in der Dunkelheit, wie er sich durch das Gestrüpp zu ihr kämpfte und sie auf die Beine zog, als sie nicht reagierte. „Es is kalt nachts, man solle nisch auf dem Boden hocken...“ Und das Sprechen wollte auch nicht so recht klappen, na super. Sie scherte das jedoch herzlich wenig, als sie düster und verletzt zu ihm auf sah und er genau wusste, weshalb. Verdammt, und er hasste sich dafür! Er war einfach nicht klar genug gewesen... er hatte es ihr doch versprochen! Damit hatte er im übrigen auch seine Tante enttäuscht, die hatte sie ihm schließlich geschenkt, damit er sich gut um sie kümmerte! „Lass mich einfach in Ruhe!“, fauchte sie da und trat einen Schritt zurück. Sie war enttäuscht. „Du hast uns einfach ignoriert! Du hast durch uns hindurch gesehen, als wir uns gestritten haben! Und dabei hast du mir doch versprochen, dass du dich um mich kümmerst und auf mich aufpasst! Du elender Lügner!“ Sie war so verletzt, die musste sich Luft machen, unbedingt. Sie fühlte sich irgendwie hintergangen... „Ich war... ich bin betrunken, ich war nisch ganz bei mir!“, versuchte er sich darauf zu rechtfertigen, doch sie schnaubte nur verachtend. Ja, er wusste es, dann hätte er nichts trinken sollen, für das nächste Mal würden er es sich merken. Wenn es denn ein nächstes Mal gab, mit so einem musste sie nicht unbedingt zusammen herum laufen. Er konnte ja nicht auf sie aufpassen... „Bitte verzeih mir!“, jammerte er weiter, „Isch wais doch auch nisch...“ Sie senkte nur den Blick. „Aber du hast es versprochen und du hast dein Versprechen nicht gehalten...“ Er wusste es und er schämte sich. Aber... er hatte einfach nicht schnell genug gemerkt, was geschah... „Etwas anderes...“, begann sie da leise und schaute ihm wieder direkt in die roten Augen, aus ihren eigenen rannen frische Tränen, „Denkst du, Shakki hat die Wahrheit gesprochen?“ Darauf antwortete er zunächst einige Zeit nicht, dann bloß leise. „Ich weiß nisch...“, begann er, „Vieles, was sie sagte, stimmte mit diesem seltsamen Traum überein... aber bei einem bin ich mir fast sischa...“ Sicher? Die junge Frau blinzelte sich die Tränen aus der Augen, als er leicht zu lächeln begann. Wusste der denn, was er sprach? Sie war sich nicht sicher. „Was meinst du?“ Die Prinzessin war naiv. Er beugte sich etwas zu ihr, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. „Du wirst doch nie bei uns leiden müssen, du wirst niemals allein sein.“ Dann küsste er sie. ----- Ahoi ö.ö Eigentlich wissen es ja alle, die es wissen müssen, aber für eventuelle Schwarzleser noch einmal: Ich werde am 10.07. für 1,5 Woche in Urlaub fahren, das heißt... ich bin weg, gut, schlau XD Nein, ich werd nächste Woche am Donnerstag und am Freitag jeweils ein Kapitel hochladen, wie ihr es euch dann aufteilt, ist eure Sache, die Woche darauf werd ich logischerweise nichts hochladen können ^^ So, das wärs Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)