Kinder des Wassers - Specials von -Izumi- ================================================================================ Kapitel 9: Die einzige Gemeinsamkeit (Szene) -------------------------------------------- Harata fühlte sich eigenartig. Die Nacht war bereits über die Wüste hereingebrochen, dementsprechend kühl war es auch. Normalerweise war es keine Zeit, um durch die Oase zu wandern, schon gar nicht einen derart weiten Weg wie der bis nach Morika, den er vermutlich noch nie in einer solchen Geschwindigkeit zurückgelegt hatte. Obwohl er Thilias Dorfoberhaupt war, war er überhaupt sehr selten in dem einzigen Nachbardorf... um diese Politik hatte sich immer Chatgaia gekümmert. Das würde sie bald nie wieder tun müssen... diese Nacht war die Nacht, in der Morika sterben würde. Harata war kein brutaler Mann. Es brauchte viel, sehr viel, um ihn wütend zu machen und für viele Männer seines Dorfes Thilia galt dies so ähnlich. Er schielte kurz über die Schulter zurück auf die Meute, die ihm folgte. Im schwachen Licht des Mondes und der Sterne waren nur Silhouetten zu erkennen... Silhouetten, die ihn mit einer Bestimmtheit verfolgten, die ihn normalerweise mehr als nur gefreut hätte – so ein loyales Dorf war wünschenswert. Der Grund, den diese Männer hatten, derart hinter ihm zu stehen war jedoch schaurig und alles andere als erwünscht... Während Thilia blühte, nicht zuletzt wegen vieler Einwanderer aus dem Nachbarort, ging dieser mehr und mehr den Bach herunter. Niemand wusste so genau warum, zumindest nicht dort, wo Harata etwas zu sagen hatte, aber auch seine Frau konnte sich den katastrophalen Zustand des ehrenwerten Dorfes nicht erklären. Das einzige, was alle wussten, war, wer Schuld hatte. „Fast alle Lichter sind aus.“ Der Mann schielte neben sich. In nicht mehr all zu großer Entfernung konnte man die dunklen Schatten der Bauten Morikas erkennen, mehr schlecht als Recht, das war wohl wahr. „Kein Talg mehr, schätze ich. Ich finde es mutig, dass du mitkommst, Rohama...“ Schließlich stammte der junge Mann nicht nur aus diesem Ort, sondern war auch noch der jüngere Bruder des Verantwortlichen. Ein Zischen genügte jedoch als Antwort, um zu zeigen, wie viel er von dem Älteren hielt. „Ich bin kein herzlicher Mensch.“, räumte der Blonde dann ein, „Und ich habe kein Herz für Kinder. Aber Pflichtbewusstsein, ich... muss Imera da heraus holen – so lange ich noch die Möglichkeit dazu habe.“ Harata erahnte den von Schmerz gezeichneten Blick des Jüngeren und seufzte leise. Nein... er wusste nicht viel von ihm, aber alles, was er wusste, ließ Rohama als einen doch sehr gezeichneten Mann erahnen. Er kannte keine Liebe... vielleicht konnte er sie erahnen, weshalb es ihn bei dem jungen Mädchen in Thilia gehalten hatte, aber er wusste nicht wirklich, was es war. Seine Sorge um seinen Neffen war ein verzweifelter Versuch, ein Mensch zu sein... Das Dorfoberhaupt erschauderte, als es wieder aufsah und schließlich inne hielt, sich zu seinem Gefolge wendend. Sie waren beinahe da... und nicht einmal das einst so prunkvolle Tor war erleuchtet, geschweige denn bewacht oder zumindest geschlossen... es war beinahe zu einfach. Aber irgendwie hatte man damit gerechnet, wobei ihre Götter ihnen den Ausgang der Nacht ohnehin verraten hatten. „Hört mir zu!“, sprach Harata da zu den Männern seines Dorfes, die ebenfalls inne gehalten hatten, „Wir sind kein Volk von Kriegern, aber wir wissen, wie wir uns verteidigen. Legt die Hand an niemanden, bevor er es nicht auch bei euch tut! Und tötet nur, wenn man euch keine andere Wahl lässt...“ Ein Raunen ging durch die Menge, als er eine kurze Pause machte. Das klang ja grauenvoll... „... es sollte nicht all zu oft nötig sein, hat das kleine Kaera-Mädchen gemeint.“ Die hübsche kleine Seherin hatte die Gruppe in die Markthalle geschickt – oder das, was davon übrig war. Markt wurde darin wohl schon lange nicht mehr abgehalten, genau so wie das einst so gut organisierte Dorf schon ewig keine Wirtschaft mehr besitzen konnte. Selbst im Dunkeln erkannte man, wie zerfallen die Straßen waren... es war still in dem gespenstischen Ort. Alhata lauschte seinen eigenen Worten kaum. Es war auch egal, was er sagte, er wusste, dass die Männer zu seinen Füßen auf ihn hören würden – hören mussten, denn sie hatten keine andere Möglichkeit. Von einem Überfall auf Thilia war die Rede, den ganzen Abend schon und er hörte sich verstört kichern, eher er zu seinem vorangegangenen Vortrag etwas nachsetzte. „... und dort... nehmen wir uns das, was in Wahrheit uns gehört! Uns, den ersten in dieser Oase!“ Der darauf folgende Jubel kostete sein ausgezehrtes Volk vermutlich seine letzte Kraft, während der Mann mit ungewöhnlich viel Elan von dem morschen Podest sprang, auf dem zu anderen Zeiten besonders gute und preiswerte Wahre vor der breiten, zahlungswilligen Masse angeboten worden war. Alle Stände in dem architektonischen Meisterwerk – in der ganzen Wüste war es als solches in seiner Größe einzigartig – waren verlassen, leer und verwahrlost und hätte man es nicht besser gewusst, dann wäre niemand darauf gekommen, dass nur wenige Jahre zuvor an diesem Ort das Leben geblüht hatte wie nirgendwo sonst in dem ganzen Staat, in dem sie unbemerkt lebten und in der Einwohnerliste zahlenlos unter „Wilde Völker“ aufgeführt waren. „Da... werden wir wieder eine richtige Familie sein... Imera...“, raunte der Mann seinem ältesten Sohn zu, der mit vernebeltem Blick am Fuße des Podestes saß. Er lächelte ein geisterhaftes Lächeln. „Ja, Papi... jahaa...“ Fasziniert von dem kleinen Jungen, der ihm so ähnlich sah, bemerkte das Dorfoberhaupt erst als es bereits zu spät war, wer da seine kleine Versammlung stürmte. Er handelte ohnehin wie in einem seltsamen, verhangenen Traum. „Haltet euch zurück!“, schallte eine Stimme, die dem Mann durch Mark und Bein ging durch die Halle, „Es ist einfacher für euch, wenn ihr einfach auf mich hört!“ Vielleicht war es das tatsächlich. Aber wie viel Wert hatten die Erben Morikas in diesem Augenblick noch? Das Dorfoberhaupt knirschte mit den Zähnen. „Kämpft!“, rief er dem anderen Mann zum Trotz und er hätte nicht damit gerechnet, dass sich seine Männer tatsächlich auf die ungeliebten Besucher stürzten. Nicht, dass es ihn überraschte, dass sie in dieser Nacht bei ihm auftauchten... Haratas Schock saß tief, als er die Männer sah, die tapfer ihre letzte Kraft für das, was ihre Ahnen aufgebaut hatten, verschwendeten. Er konnte sich nicht einmal darüber freuen, dass er in der fremden Sprache Morikas, die er nie besonders gut beherrscht hatte, die passenden Worte gefunden hatte, als er sah wie die ausgezehrten Gestalten kämpften wie eine Flamme, die noch einmal besonders hell aufleuchtete, ehe sie erlosch. Obwohl er viele Magier dabei hatte, wurde keinerlei Magie gebraucht... selbst halbwüchsige Jungs wären mit diesen Schatten fertig geworden. Es war ihm beinahe peinlich, sich durch die Meute zu schlängeln, auf der Suche nach dem Schuldigen, denn der verdiente seine Strafe. Aber wo war der Abschaum hin?! Harata schnaubte und fragte sich schon, ob seine Götter ihn in eine falsche Richtung gelenkt hatten, als die bekannte Stimme direkt vor ihm erklang. „Na?“, kam gehässig, aber überraschenderweise in der Sprache des ungebetenen Gastes, wenn auch mit grauenhaftem Akzent, „Suchst du etwa nach mir?“ Einen Augenblick lang war der Blauhaarige wie erstarrt. Mit dem, was er sah, konnte sein Hirn nicht viel anfangen... das war nicht der, nach dem er suchte! Der Widerling, dem es galt, eine Lektion zu erteilen, war ein stolzer Mann, stark und mit spürbarer Autorität und nicht das, was da vor ihm stand! Kein halb verhungerter, zerzauster Wicht mit dunkel unterlaufenen Augen, die so trüb waren, dass der Magier sich kurz fragte, ob er wohl erblindet war. Seine blutbesudelte Kleidung bestätigte jedoch wie auch seine Götter den wohl bekannten Klang der Stimme des Jüngeren. „Alhata?!“, keuchte er dennoch verwirrt, in den Augenwinkeln wahr nehmend, dass der meiste Widerstand bereits auf unblutige Art und Weise gebrochen worden war. Nur wenige kämpften weiter. „Wer sonst?!“, spottet sein Gegenüber da und wirkte unsagbar klein, obwohl es das Oberhaupt Thilias eigentlich sein Leben lang in Körpergröße überragt hatte, „Zugegeben, wir haben uns eine Weile nicht gesehen, Hurensohn.“ Harata konnte sich nicht ernsthaft über die Beleidigung ärgern, zu gebannt war er noch immer von dem Anblick, der sich ihm bot. Dass die nun mehr dunkelroten Flecken auf der lumpigen Kleidung des anderen tatsächlich das Blut der freundlichen Schwester und der niedlichen Nichte seiner Frau waren, wollte er einfach nicht begreifen, aber bei allem um ihn herum wurde das beinahe nebensächlich. „Sag mal...“, stellte der Magier da wohl reichlich spät fest; der Schnellste war er nie gewesen, „Du bist doch völlig zugedröhnt, du stehst total unter Drogen!“ Alhata kicherte, scheinbar guter Dinge, völlig ignorierend, dass der letzte Halm, an den sich sein Dorf geklammert hatte, nun abriss. „Ja...“, gab er zu, „Um ehrlich zu sein... ich sehe dich zwei Mal... oder zwei-einhalb, wir sind ja nicht... kleinkariert, was?!“ Er lachte wieder zusammenhangslos und der Ältere sah sich kaum in der Lage, irgendetwas zu tun vor Schock über die Ausmaße von... was auch immer. Es würde ein ewiges Geheimnis bleiben, hatte er im Gefühl. „Weißt du...“, fuhr sein Gegenüber da fort, sich dir strubbeligen braunen Haare weiter raufend, „Ich... ich bin kein schlechter Mensch! Ich bin ein guter Mensch, der schlechte Dinge getan hat – das ist ein gewaltiger Unterschied! Ich muss doch das Dorfoberhaupt sein... ich darf nicht wahnsinnig werden, verstehst du?! Und das würde ich, ich habe meine Frau getötet, und meine Tochter... ich würde mir selbst die Haut dafür abziehen, wenn ich bei Sinnen wäre! Das wäre schlecht!“ Er gackerte weiter und ließ seine Hände zu seinem Gesicht wandern, über das sie zunächst nur rieben, wie Harata es morgens nach dem aufstehen tat, wenn er noch müde war und dann begannen, zu zerkratzen. Er verursachte dank seiner kurzen Nägel nur oberflächliche rote Striemen. „Ich habe immerhin reichlich gegessen heute... Imera hat es auch!“, er deutet auf seinen Sohn, der hohl lächelnd zu ihm und seinem Onkel aufsah, „Eigentlich... war mein Gedanke, durch die Reduzierung der Familienmitglieder... Nahrung einzusparen, damit der Rest satt wird... ich war nur zu spät an, du elender Kamelarsch!“ Er trat einen Schritt auf den Blauhaarigen zu, der darauf seine Hand sofort an den Griff seines Schwertes legte, das er in seinem Gürtel befestigt hatte. Inzwischen zerkratzte sein Gegenüber seine dürren Arme. „Weißt du, was? Ich stand dann da im Blut meiner Mädchen und ich dachte mir... und nun? Unser Haus war leer, es gab nicht wenig Essen, es gab gar kein Essen! Und ich dachte mir, ihr Tod soll nicht umsonst gewesen sein, Tagami war immer sauer, dass Imera so dürr war... jetzt hat sie ihn doch noch ernährt bekommen...“ „Halt den Rand!“ Harata schnappte nach Luft, während der Jüngere inne hielt und scheinbar ernsthaft nachdachte, was genau den anderen da gerade dermaßen aus der Bahn geworfen hatte, dass er ihn so anblaffte. „Was?!“, folgte darauf auch scheinbar empört, „Imera, sag, du bist satt, nicht wahr?“ „Jahaa.“ „Du liebst Vati, nicht?“ „Jahaa!“ „Hat Vati das richtige getan?“ Der Blauhaarige wandte sich abrupt an den kleinen Jungen, dessen Zwillingsbruder gerade in Thilia von Chatgaia getröstet wurde. „Noch einmal „jahaa“, und ich schneide dir die Zunge noch während du es aussprichst aus dem Mund! Weißt du eigentlich, was du getan hast?! Was dein... Vati getan hat?!!“ Der Kleine starrte ihn aus großen blauen Augen an, ehe er den Blick langsam senkte, während auch alle anderen Iriden auf ihm lagen. Die meisten hatten das Angebot, freiwillig nach Thilia zu kommen und sich dort eine neue Existenz aufzubauen nach kurzer Überredung dankend angenommen. Als Imera hysterisch zu wimmern begann, löste Rohama sich aus seiner Starre und nahm den Jungen unbeholfen, aber bemüht in den Arm und drückte ihn an sich. Alhata zischte. „Wage dich und drohe noch einmal meinem Sohn, du Bastard...“ Er zog mit einer seiner knochigen Hände sein eigenes, blutverkrustetes Schwert. Für seinen erbärmlichen Zustand hielt er es sehr sicher... zu sicher für Harata, der seines nun auch endgültig zog. „Ich lehre deinen Sohn nur Vernunft, du widerlicher Mistkerl! Du Abschaum...“ Der Blauhaarige schüttelte sich vor Gram, die Menge um sich herum ignorierend. Er musste noch nachsehen, was mit denen geschehen war, die sich tatsächlich mit ihrem Leben für Morika eingesetzt hatten... oder noch einsetzten? Seine Aufmerksamkeit galt Alhata. „Du hast meinem Sohn nichts beizubringen! Du hast ihn nicht einmal anzusehen, du... Verlierer, du hast es nicht einmal zu einer Tochter gebracht!“ Der Jüngere lachte wieder, bis er von einem Moment auf den nächsten ausnahm und den Magier beinahe enthauptet hätte, hätte der im letzten Augenblick nicht seine eigene Waffe gehoben und den anderen abgeblockt. Er errötete missbilligend, während Alhata das verblutete Ding gegen seines presste, scheinbar in der Hoffnung, der nun wesentlich stärkere würde nachgeben. „Ja, das willst du nicht hören, was? Ich habe wenigstens Kinder... Erben... oder hatte, wie auch immer! Und du hast es nicht geschafft, Chatgaiachen schwanger zu machen...“, er zog sein Schwert zurück, nur um es im nächsten Augenblick wieder auf das des anderen klirren zu lassen, ehe er mit überraschend düsterem Blick fortfuhr, „... und deshalb ist sie unglücklich. Ich... hätte sie glücklich machen können, viel glücklicher, als du es jemals können wirst!“ Harata schnaubte, ehe er ihn mit einem harten Strahl Wasser von sich gegen das alte Podest schleuderte. „Das reicht! Nimm nie wieder ihren Namen in den Mund, nie wieder!“ Er hatte ihn nicht einmal für eine halbe Minute außer Gefecht gesetzt da rappelte Alhata sich bereits wieder halb auf. Ein schmaler Streifen an Blut bahnte sich den Weg über seine Stirn hinab, doch er ignorierte die Platzwunde grinsend, die raunende Menge irgendwie genießend. Oh ja, sie sollten es alle ruhig hören... „Chatgaia?!“, fragte er kichernd, „Oh ja, deine hübsche Frau... mir wird ganz warm, wenn ich daran denke, wie sie sich für mich bewegt hat... wieder und wieder...“ „Halt den Rand!“ Ein weiterer Schwall Wasser verfehlte den Jüngeren nur knapp, der sich tatsächlich in die richtige Richtung duckte um nicht getroffen zu werden. Jetzt war er vom Spritzwasser zwar nass, aber hatte weiterhin nicht mehr als eine Platzwunde zu beklagen. Er kicherte abermals, als er bemerkte, wie der Ältere vor Wut nur so bebte. „Du sollst ihren Namen nicht noch einmal in den Mund nehmen, du widerliches abscheuliches... Etwas! Du notgeiles Schwein, du hattest nicht das Recht, dich an meiner Frau zu befriedigen!“ Durch die erschöpfte Menge ging ein entsetztes, zum Teil auch peinlich berührtes Raunen. Ja... Chatgaia war eine kleine Schlampe, das wusste ihr Mann... in diesem Moment hätte er sich niemals gewagt, sich umzudrehen, denn jeder, der den Blick von ihm abgewandt hatte, hatte sich ebenfalls einmal an der hübschen Magierin bedient. Aber das alles war ihm lieber als die Tatsache, dass diese widerliche Drecksau sie auch nur kurz berührt hatte... er verabscheute ihn so. Und er wusste, dass Chatgaia es auch tat... dass sie ihren Körper und ihre weiblichen Triebe einfach nicht unter Kontrolle hatte, bei keinem schönen Mann hatte sie das. Und ursprünglich war Alhata nicht hässlich gewesen und hatte durchaus eine Art an sich, die seine Frau reizen konnte. Doch was darauf folgte riss ihn aus der Bahn. „Ich habe mich nicht nur an ihr befriedigt, wie du es hier so schön offen vor allen aussprichst... ich liebe deine Frau.“, er gackerte abermals und der erblassende Harata bemerkte nicht einmal, wie erbärmlich der Kerl gerade zu seinen Füßen lag, „Wir hätten so glücklich sein können... wir beide hätten einen Sohn haben können! Ich glaube, ich hätte sie irgendwann dazu bekommen, zu mir zu kommen... meine zweite Frau zu werden... sie sehnt sich so sehr nach einem... Baby. Einem Baby, das du ihr nie geben wirst. Ich schwöre es, dafür sorge ich.“ Er grinste ein diabolisches Grinsen und in einen Augen blitze etwas, das eigentlich nicht hätte da sein dürfen – Menschen konnten keine Flüche aussprechen. Das konnten sie wahrlich nicht und so preschte Harata bloß vor Wut schreiend hervor und presste dem Jüngeren die Klinge seines Schwertes an den Hals. „Halt endlich den Rand, du Made! Chatgaia hasst dich! Du hast Tagami getötet und Rahlina – Chatgaia hat die beiden geliebt! Du hast deine Familie so leiden lassen... allein dafür hasst sie dich schon! Und ich hasse dich dafür, dass du dir anmaßt, mir meine Frau ausspannen zu können.“ Einen Augenblick lang verflüchtigte sich die Wut scheinbar und beide Männer sahen sich einfach nur an. Es war beinahe still in der großen Halle, einzig Imeras Schluchzen und Rohamas geflüsterte Worte der Beruhigung waren zu vernehmen. Warum wohl hatte er Chatgaia nicht längst von sich gestoßen. Harata hatte klare Gedanken darüber. Egal, wem sie ihren Körper zur Verfügung stellte ihr Herz war immer bei ihm. Nur mit ihm sprach sie ehrlich, nur mit ihm war sie zärtlich... und seit einiger Zeit war ein weiterer Grund, weshalb er sich mehr denn je an sie klammerte der jämmerliche Mann am Boden. Hätte der Magier seine Frau freigegeben, dann hätte der Jüngere sie schnell gehabt... und die hätte dann nebenbei vermutlich auch Morika wieder hergerichtet, sie hatte ein Händchen für Politik und Wirtschaft. Und hätte ihm vermutlich weitere Erben geboren... Er zischte. Nein, Chatgaia hasste dieses Bastard! „Ich... weiß, dass sie mich hasst. Ich... liebe sie trotzdem, Harata... und dich hasse ich, weil... mich der Neid auf dich schon seit Monaten, nein Jahren langsam innerlich tötet... in Wahrheit ist das alles deine Schuld.“ Harata war kein brutaler Mann, in keinster Weise. Aber gewisse Worte und eine tiefe, unbändige Wut weckten in ihm auf gewisse Art einen Urinstinkt, der ihn dazu trieb, eine Entscheidung zu fällen, die ihm beinahe niemand übel würde nehmen. Alhata blockierte den Weg in die Freiheit für die, die das sterbende Morika übrig gelassen hatte und die auch am Leben hingen. Für diesen verblendeten Spinner war in dieser Welt jedoch keine Platz. „Bei dir wird Chatgaia nicht glücklich werden, nie wieder.“, prophezeite der brünette Mann in seinem Drogenwahn grinsend, „Vielleicht so glücklich, wie Tagami es am Ende mit mir war... mit dir wird sie niemals mehr ein Kind haben... das schwöre ich dir.“ Der Ältere ging nicht darauf ein, als er ernst seine Brauen tief senkte. „Rohama.“, sprach er dann so laut, dass jeder es hören konnte, „Halte Imera gut fest.“ Er musste sich nicht umdrehen, um zu erkennen, dass der junge Mann seinem Befehl folge leistete – das Schluchzen des Jungen verstummte darauf auch. In Alhatas verschleiertem Blick lag Trotz, aber eine anerkannte Unterlegenheit – so sehr genährt hatte ihn das ach so herrliche Festmahl dieses Tages dann wohl doch nicht. Eigentlich hatte er sich sogar übergeben müssen, aber das musste niemand wissen... „Morika ist hiermit aufgelöst.“, entschied Harata nicht wirklich weise, sondern sprach das aus, was ohnehin alle wussten, „Hast du noch etwas zu sagen, du ärmlicher Spinner?“ Er wollte ihm an sich gar nicht die Gelegenheit lassen, sich zu äußern, aber der Jüngere war zu schnell. „Was für ein arrogantes Trampeltier du doch bist.“, kam so gleichgültig, „Du kommst einfach so hier her, störst meine Ansprache und entführst dann meine Anwohner, nett ist das nicht. Aber ich bekomme schon meine Rache...“ Er grinste. „Dann passe mir wenigstens auf meine Zwillinge auf – und deine...“ Ein Raunen ging durch die Menge, als Thilias Dorfoberhaupt seinem eigentlichen Kollegen das Wort im wahrsten Sinne des Wortes abschnitt. Er zog die kalte Klinge mit ungeahnter Heftigkeit durch die Kerbe, den jüngeren Mann nun das Leben kosten würde. Er röchelte, als sein Blut sich mit einem Mal in Strömen ergoss und er versuchte, einen letzten Atemzug zu erlangen, ehe er der rasch zugefügten Verletzung erlag – oder zumindest das Bewusstsein verlor. Harata trat zurück, den Blick rasch von dem sterbenden Mann abwendend, den er so sehr hasste. Als er sich zu der Versammlung umdrehte, ertönte ein einziger, greller Schrei des Schmerzes und darauf folgte das hysterische Heulen eines Kindes, das an einem einzigen Tag beinahe die komplette Familie verloren hatte. Rohama saß am Boden, seinen kleinen Neffen mit sanfter Gewalt an sich drückend, jedoch ahnungslos, was es nun galt, zu sagen. Vermutlich lag das nicht einmal an seinem geringen Wissen über den Umgang mit anderen Menschen, sondern viel mehr an der Situation – was hätte es schon geben können, was Imera hätte hören wollen? Höchstens „Du träumst doch nur, jahaa...“ „Gibt es in dieser Halle jemanden...“, erhob Harata zitternd seine Stimme in der Sprache Morikas, „Gibt es jemanden, der mein Handeln in Frage stellt? Der es falsch fand? Der möge jetzt sprechen!“ Bis auf das Jammern des kleinen Jungen blieb es vollkommen ruhig. Es war beinahe etwas beunruhigend, wie gleichermaßen ernüchtert alle Anwesenden den blauhaarigen Mann anstarrten. Der schluckte schwer. „Das war eindeutig! Hört, jedes Wort, das in dieser Nacht in diesem Ort gesprochen worden ist, bleibt auch in diesem Ort, verstanden?“ Stummes Nicken. Dem Dorfoberhaupt Thilias gefiel es nicht, was man nun vermutlich über ihn dachte... aber hatten sie nicht die Worte gehört? Er hatte das einzig richtige getan. Er sah kurz über seine Schulter zurück zu den leblosen Überresten Alhata Timaros, der diesen grausamen Tag eingeläutet hatte. Er hatte, was er verdiente. „Wir gehen.“ ---------------- Doofe kleine Szene, die ich letztens für Mama-Herz schrieb... und die sie scheinbar so toll fand, dass sie mir eigenst dafür ein Bild zeichnete oô *guckste Chara-Beschreibung*. Alter, Alhata hatte seine Frau zum Fressen gern Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)