Was kostet die Freiheit? von TommyGunArts ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Er hätte nie gedacht, dass es einmal so zu Ende gehen würde. Er hatte doch alles: Ein schönes, großes Haus, eine wunderbare Familie und jede menge Freunde. Sein Jura Studium hatte er schon seit eineinhalb Jahren in der Tasche und er eröffnete auch gleich danach seine eigene Rechtsanwaltskanzlei.Wahrhaftig schien sein Leben perfekt zu sein. Bis zu diesem einen Tag. Gerade hatte er ein Gespräch mit einem seiner Klienten geführt, der des Mordes beschuldigt wurde. Der Name des Mannes war Clete. Dieser hatte wieder einmal geschildert, was sich "wirklich" zugetragen hatte. Doch dann ganz plötzlich schwang er von dem eigentlichen Thema ab, indem er sagte: »Mr. Morrow, sagen Sie mal, was glauben Sie ist Freiheit?« John Morrow kam es vor, als sei diese Frage nie gestellt worden und Antwortete nicht. Als John jedoch bemerkte, dass sie doch gestellt ward, beugte er sich leicht über den Tisch und überlegte. »Ich denke, Freiheit ist, das tun zu können, was man möchte.« Clete lächelte, als hätte er auf diese Antwort nur gehofft. »Wenn das stimmt, Morrow, warum werde ich dann angeklagt? Ich dachte immer unser Staat garantiert Freiheit« »Also, das wiederum ist«, begann John, wurde jedoch unterbrochen. »...ist nichts anderes, nein! Wenn ich Frei bin, dann tue ich, was mir beliebt, dazu zählt auch das töten. Wenn Freiheit demnach so aussieht, sollte ich gewiss nicht hier sein!« John wusste nichts darauf zu sagen und schwieg. Plötzlich wurde ihm etwas bewusst: »Es sei denn, das ist überhaupt nicht die Bedeutung von Freiheit« »Doch!«, entgegnete Clete, »Das ist sie. Freiheit ist, über eine stark befahrene Straße zu gehen, ohne angefahren zu werden. Es ist die Suppe, die Sie essen, die, die dick macht, aber Sie werden davon nicht dick. Es ist die Nacht, die ihren schien durchs Zimmerfenster wirft, und Sie berührt, aber es dennoch nicht tut. Das Privileg "Nein" zu sagen. Und doch, das Ende der Existenz!« »Na, wenn Sie das so sagen...«, meinte John beiläufig, ohne wirklich zu gehört zu haben und zündete sich eine Zigarette an. Er musste sich eingestehen, dass er Clete für verrückt erklärte. Die Worte, die er sagte waren ihm zu seltsam. »Sind Sie Frei, Morrow?«, wollte Clete in Erfahrung bringen. John zog an dem Glimmstängel, hob eine Augenbraue und sagte: »Ich fühle mich so, ja.« Clete grinste schief. »Aber Sie sind es nicht« Er deutete auf Johns glühende Zigarette. »Sie sind an etwas gebunden. Nicht nur an das Rauchen, sondern auch an das Essen und das Trinken. An den Schlaf. Wenn Sie all diese Dinge nicht mehr brauchen, dann, erst dann sind Sie wirklich frei.« Mit diesen Worten verschwand Clete zur Tür hinaus und ließ John einfach dort sitzen. Er blickte auf die Zigarette. Was wollte Clete damit sagen, fragte er sich. Und dann hatte er den unheimlichen Drang, die Kippe auf der Stuhllehne auszudrücken, seine Sachen zu packen und zu gehen. Es vergingen sechs Monate in denen John nur die Worte Clete´s im Kopf hatte. Sein Klient hatte sich diese Zeit über nicht einmal mehr bei ihm blicken lassen. John begann ernsthaft über das nachzudenken, was ihm gesagt ward. Er sah sich sein Leben genauer an und fand heraus, dass er tatsächlich keine Freiheit besaß. Er war an so viele Dinge gebunden, die ihm vorher nie aufgefallen waren. Er war abhängig von Freunden, seinem Beruf, von Geld, von seiner Familie, vom Schlaf, Essen, Trinken. Diese Erkenntnisse brannten sich in seinem Schädel ein und ließen nicht mehr locker. Als er auf seinem Stuhl im Esszimmer saß und seine Wohnung betrachtete verabschiedete sich seine Vernunft. Er hatte plötzlich den unheimlichen Drang gegen seine Unfreiheit anzugehen. Wurde er etwa verrückt, wie Clete? Er schüttelte den Kopf und sprang auf. Mit schnellen Schritten eilte er hinüber zum Küchentisch, nahm seine Autoschlüssel und verließ die Wohnung. Er musste unbedingt raus. Er konnte einfach nicht länger still sein und ertragen, dass ihm etwas entschieden fehlte. John fuhr auf die Autobahn. Die Worte von Clete hatten ihm seinen Verstand geraubt. Mit einem Mal trat er auf die Bremse, hielt in einer Halte-bucht. Freiheit ist, über eine überaus stark befahrene Straße zu gehen, ohne angefahren zu werden , kam es ihm ins Gedächtnis, Und doch, das Ende der Existenz! Ohne zu überlegen, öffnete er die Wagentür und stieg aus. Stark befahrene Straße. Johns Glieder verspannten sich. Das Ende der Existenz!... Sind Sie frei? Diese Wortfetzen dröhnten in seinem Inneren. Und so betrat er die Straße. Ja, ich bin frei, sagte er sich in Gedanken, ich bin frei! Hupende Autos. Quietschende Reifen. Und John schrie, wie er noch nie geschrien hatte: »Ich bin frei!« Mit ausgebreiteten Armen und den Blick gen Himmel, wurde er von nächsten Wagen mitgerissen. Als Clete am nächsten Morgen die Zeitung aufschlug, stach ihm die Nachricht seines toten Anwalts sofort ins Auge. Er rieb sich den Nacken, während er angespannt den Artikel las. Wütend schlug er das Zeitungsblatt zu, nachdem er den Lesevorgang abgeschlossen hatte und seufzte. »So habe ich das nicht gemeint, als ich dir sagte, was Freiheit ist!«, flüsterte er. Er schlug mit der Faust gegen den Türrahmen. Dann zog er sich die Jacke an und machte sich auf zum Gerichtssaal, wo ihn seine Verurteilung erwartete. Ihm war klar, dass der Richter sich gegen ihn entscheiden würde. Der einzige, der ihn hätte retten können, war nun tot. Clete jedoch hatte nichts dagegen, wegen Mordes verurteilt. Immerhin an einem Tod war er schuld, auch, wenn es nicht seine Absicht gewesen war. Mit einem letzten Gedanken an Morrow, ging er zum Gerichtssaal und setzte ein mattes Lächeln auf. »Was ich dir sagen wollte, Morrow«, sagte er zum Himmel hinauf, »ist, dass ein Mensch niemals Frei sein wird, ganz egal, wie sehr er es auch will. Die Freiheit, die wir kennen, ist unerreichbar für uns. Wir dürften niemals existiert haben, wenn wir frei sein wollten. Wir dürften nicht einmal denken können. Es ist unvorstellbar und unmöglich. Der Preis, den wir Zahlen müssten, wird niemand je zahlen können. Ich dachte, du könntest das verstehen, doch leider hast du es nicht. Du bist umsonst gestorben!« Der Himmel ließ ein weiteres mal einen hellen Sonnenstrahl durch die Wolkendecke scheinen und wärmte Clete, bis er in der Dunkelheit des Gebäudes verschwand. Er wusste, er würde zum Tode verurteilt, aber das war nur fair. Und er hatte keine Angst, da er wusste, dass der Tod ihn nicht gefangener machen würde, als er im Leben ohnehin schon war. Weil die Freiheit unerreichbar war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)