Lost in Time von Shelling__Ford (ShinichixRan) ================================================================================ Kapitel 24: Augenzeugen ----------------------- Augenzeugen Der heiße Dampf, der aus seiner Teetasse stieg, wurde von einem mächtigen Seufzer durcheinander gewirbelt. Hauptkommissar Megure beobachtete, wie der milchige Nebel sich in- und umeinander wand, bis er wie das Flackern einer Kerze wieder zur Ruhe fand. Mit seinem Fall verhielt es sich leider überhaupt nicht so. Der Beamte schluckte, rieb sich nervös die immer kahler werdende Stelle unter seinem Hut. Anstatt aus alledem endlich Klarheit zu erlangen, wurde die ganze Sache nur immer vertrackter und verworrener. Und jetzt auch noch das. Die Augen des Oberhaupts der Tokioter Mordkommission lagen auf dem kleinen Zettel vor ihm, auf dem in krakeliger Handschrift ein paar Worte und Zahlen zu lesen waren. Doch das hatte gereicht, um dem Hauptkommissar heute Nacht den Schlaf zu rauben. Er hatte nicht einmal den Versuch gestartet, sich zu Midori ins Bett zu legen, weil er genau wusste, er würde sie ohnehin nur Wecken, wenn er sich von Schlaflosigkeit getrieben hin und her wälzen würde. Das harte Sofa allerdings hatte auch nur wenig zu seiner Laune beigetragen und noch weniger zu der Lösung dieses Falls. Porsche, schwarz 356 A Der Hauptkommissar schluckte schwer, er hatte den Tod der beiden Kinder damals nicht vergessen. Ai Haibara und Conan Edogawa. Heiji und das FBI waren mit der Sprache rausgerückt. Dass es eine Organisation gab, die von jeher hinter den beiden Kindern her gewesen war, einen Verein, den man sich besser nicht zum Feind machte, skrupellos und grausam. Und dennoch konnte Megure das Gefühl nicht leugnen, dass irgendetwas fehlte. Dass man ihm etwas nicht gesagt hatte, etwas, das vielleicht auch mit diesem Fall zu tun hatte? Erst das Klopfen an seiner Bürotür riss den Kriminalbeamten aus seinen Gedanken. Es überraschte ihn nicht, dass auf sein „Herein!“ gleich Sato, Takagi und auch Mori in den Raum traten. Mit einem Blick auf seine Armbanduhr stellte er fest, dass auch sie zu früh dran waren und in den Gesichtern seiner Angestellten war zu lesen, dass sie eine ähnliche Nacht hinter sich hatten wie er. Es war wohl besser wenn er gleich zur Sache kam. „Die Konferenz für heute ist abgeblasen.“ Megure stand auf, stützte sich dabei mit den Händen auf seinem Schreibtisch ab. „Wir müssen erst einmal ein wenig richtige Polizeiarbeit leisten, ehe wir erneut Gruppentherapie spielen, um dieses Destaster zu verarbeiten und auseinanderzupflücken. Sato, Sie bleiben weiter an diesem Kiraba dran, sollte dieser Möchtegern-Paparazzi irgendwas Verdächtiges unternehmen, informieren Sie mich sofort. Es kann einfach kein Zufall sein, das er überall auftaucht und sein Benehmen gestern spricht auch nicht grade dafür.“ Die Angesprochene nickte energisch, sie hatte darauf gehofft, dass Megure diesen Kerl nicht so einfach davonkommen lassen würde. „Gut. Takagi, Sie bearbeiten weiterhin das Gericht und, wenn nötig, auch diesen Schmierlappen von Rechtsanwalt. Vielleicht können wir die Verhandlung wenigstens hinaus schieben. Und was Sie anbelangt Mori- was denn jetzt noch!?„ Ein unsanftes Klopfen hatte Megure aus dem Satz gerissen, seine aufgebrachte Frage wurde von dem Eindringling kurzerhand als „Herein“ gedeutet. Hamato, der etwas untersetzte Mann aus der Spurensicherung, betrat nur zögerlich den Raum und reichte Megure eine Akte. „Guten Morgen Hauptkommissar, die Ergebnisse der Brandermittlungen, um die Sie mich gebeten hatten.“ „Danke Hamato, irgendwas Interessantes dabei?“ „Nun ja…“ Der Blick des Beamten suchte die Akte in Megures Händen. „Es wurden deutliche Spuren eines Brandbeschleunigers gefunden. Wir können also davon ausgehen, dass es sich um Brandstiftung handelt.“ „Schön und weiter? Da steckt doch noch mehr dahinter, das sieht man Ihnen an, Hamato.“ Der junge Mann blinzelte kurz, nickte dann aber. „Die Spurenermittlung hat in einem Raum ein erhöhtes Silikatvorkommen festgestellt. Wir konnten zunächst nichts damit anfangen, bis einige Proben auch Reste von Polysiloxan enthielten, oder anders gesagt…“ „Silikon.“ Kogoro zuckte augenblicklich zusammen, als Megure den Satz des Beamten beendete, sein Blick wanderte zu dem Hauptkommissar, doch der bedankte sich grade bei Hamato und entließ den Mann aus dem Raum. Eine schwere Ruhe legte sich über die vier Polizisten, die dem ehemals schlafenden Detektiv nur noch mehr aufs Gemüt drückte. „Verdammt!“ Der Knall von Megures Faust auf seinem, zum Glück massiven, Schreibtisch riss sie alle aus ihren Gedanken. Doch nur Sato und Takagi schauten ihren Chef verwundert an. „Hauptkommissar, was-?“ Doch Takagis zögerliche Frage wurde von Megure abgewunken, er ließ sich zurück in seinen Bürostuhl sinken und schaute von dort aus zu Mori hoch. „Sie haben ihnen also noch nichts erzählt?“ Der Hauptkommissar erkannte, wie die Augen seines Freundes sich verdunkelten, ehe er nickte. „Wovon erzählt?“ Diesmal war es Sato, die Megure mit einem scharfen Blick musterte, ehe dieser ein Seufzen seiner Antwort voraus schickte. „Wie Sie wissen, haben wir keinen Zeugen, der die Brandstiftung belegen könnte, allerdings haben einige Leute durchaus etwas gesehen.“ Der Beamte schluckte kurz, zwischen seinen Augenbrauen bildete sich ein tiefer Schatten. „Einen schwarzen Porsche… das Modell muss ich Ihnen wohl nicht erst nennen oder?“ „Was?“ Sato durchfuhr es siedend heiß, diese Antwort konnte selbst die sonst so kühle Kommissarin aus der Fassung bringen. Auch Takagi ließ diese Nachricht kurz nach Luft schnappen. Sie hatten nicht viele Informationen über diese Organisation, aber genug um zu wissen, dass sie ein gewaltiges Problem hatten, wenn sie irgendwie in den Fall verwickelt war, oder irgendetwas mit Bell zu schaffen hatte. Der Gedanke an diese ominösen schwarzen Gestalten hatte das Paar die ganzen Jahre über nie ganz los gelassen. Sie waren es, die damals am meisten mit den Kindern zu tun gehabt hatten und der Schlag, dass man die beiden Grundschüler so gezielt aus dem Weg geschafft hatte, lag den jungen Eltern noch immer tief im Magen. Takagi war es, der als erstes seine Stimme wieder fand. „Sie glauben Bell, hat etwas mit ihnen zu tun?“ Der Hauptkommissar brauchte etwas zu lange für seine Antwort, schüttelte dann aber nur nachdenklich den Kopf. „Das können wir nicht mit Bestimmtheit sagen.“ Seine Augen wanderten zu Mori, der dem ganzen bisher schweigend zugehört hatte. „Deswegen werden Sie mir den Professor aufspüren Mori, wie Sie es machen ist mir egal, aber finden Sie ihn.“ Kogoro wollte grade antworten, als Takagi den Hauptkommissar erneut mit einer Frage löcherte. „Heißt das, Sie wissen nicht wo er ist?“ „Nein, wir haben seit gestern nichts mehr von ihm gehört. Deswegen möchte ich das Sie ihn finden Mori, hab ich mich klar ausgedrückt?“ Der Detektiv schluckte trocken, nickte dann aber. „Schön. Sie drei tun das, was ich Ihnen aufgetragen habe, mehr bleibt uns momentan nicht. Und egal, welche Vermutungen im Spiel sind, es geht hier immer noch darum, diesen Fall aufzuklären, daran muss ich sie wohl nicht erinnern.“ „Jawohl, Hauptkommissar.“ „Eins noch, Kommissar Hattori nimmt derzeit das ausgebrannte Gästehaus noch einmal unter die Lupe. Er weiß nichts von dem Porsche, und fürs erste möchte ich, dass es so bleibt.“ Die drei Beamten nickten, wollten sich grade aus der Tür davon stehlen, ehe sie Megures Stimme zurückhielt. „Wenn Ihnen irgendetwas seltsam vorkommt, setzen Sie sich sofort mit mir in Verbindung, ist das klar?“ Der maßregelnden Stimme des Polizeioberhaupts war ein Hauch Sorge beigemischt, den sie alle drei wahrnahmen, ehe sie sich mit einem weiteren Nicken von ihrem Chef verabschiedeten. Als die Tür hinter den Dreien zufiel, entwich ein langer Atemstoß Megures Lunge, fahrig wischte er sich mit seiner Hand übers Gesicht, merkte erst jetzt, wie kalt diese war. Aber egal. Aller Furcht zum Trotz, die diese schattenhafte Organisation hervorrief, nochmal würde er so etwas jedenfalls nicht zulassen. Sie blieb vor seiner Zimmertür stehen, bohrte mit ihrem Blick Löcher ins Holz. Wie lange hatte sie diesen Raum nicht mehr betreten, wie oft hatte sie sich vorgenommen, wenigstens Staub zu wischen, doch jedes Mal wenn sie vor dieser Tür gestanden hatte, hatte ihr der Mut versagt. Sie hätten ihn nie allein lassen dürfen… Niemals. Keiner von ihnen beiden war wirklich für ihn da gewesen, sie hatten Conan vorgeschlagen, mit nach Amerika zu kommen, Interpol alles Weitere regeln zu lassen, obwohl sie damals schon ahnten, wie seine Reaktion ausfallen würde. Und dann… Hat man ihnen gesagt er sei tot. Shinichi wäre von eben dieser Organisation, die er so lange gejagt hatte, ermordet worden. Yukiko schluckte, blinzelte um das Brennen aus ihren Augen zu treiben. Sie hatten ihn beerdigt. Nicht Shinichi, sondern Connan. Conan, mit dem sie nur über tausend Ecken verwandt wahren, den sie so gut wie nie sahen und eigentlich kaum kannten. Wobei Letztes wohl irgendwie der Wahrheit entsprach. Für sie beide war es eine schmerzhafte Farce gewesen, ihn nicht einmal als Shinichi Kudo beerdigen zu können. Sie wusste jetzt, dass Yusaku damals noch nichts von der Wahrheit geahnt hatte, anhand seines Verhalten damals hatte sie sich das jedoch bereits gedacht. Ihr Mann hatte zu diesem Zeitpunkt versucht, alle Hebel in Gang zu setzten, um ihn wenigstens unter seinem eigenen Namen begraben zu können. Doch ohne dass die Polizei, vielleicht sogar die Öffentlichkeit etwas davon erfahren hätte, war es unmöglich. Es blieb ihnen nichts weiter übrig, als zu zusehen, wie ihr Sohn diese Lüge mit ins Grab nahm. Yukiko schnappte nach Luft, schüttelte energisch mit dem Kopf. Das alles entsprach jetzt nicht mehr der Wirklichkeit, wurde von ihr in die Ecke für viel zu reale Albträume verbannt. Sie hatte eine zweite Chance bekommen und sie würde diese ganz sicher nutzen. Die Schauspielerin schluckte ein letztes Mal und klopfte dann an die Tür ihres Sohnes. „Shinichi?“ Sie hörte eine Schulbade zu fallen und das Rollen eines Bürostuhls, ehe er ihr antwortete. „Herein.“ Yukiko öffnete die Tür und trieb dabei den Staub in kleinen Nebelschwaden vor sich her. Er stand in der Mitte des Raumes, schaute sie unschlüssig an und machte den Eindruck, als würde er irgendwie nicht dorthin gehören. Die Schauspielerin schluckte und schaute sich zum ersten Mal seit Langem im Raum um. „Himmel, Shinichi, das tut mir leid, ich werde gleich sauber machen.“ „Du musst das nicht tun.“ Seine Stimme war ruhig, ließ sie unweigerlich aufschauen und bescherte der Mutter eine Gänsehaut. Shinichis Blick machte deutlich, dass es ihm mit diesem Satz um mehr ging als den Staub in seinem Zimmer. Yukiko zögerte kurz, ehe sich ein kleines Lächeln auf ihren Lippen zeigte, mit dem sie dann einen Schritt auf ihren Sohn zu machte. Sie fuhr mit den Fingerspitzen durch sein Haar, schaute ihn lange und eindringlich an. „Ich weiß… ich weiß.“ Er schluckte, nickte dann aber und drehte sich ein wenig von ihr weg, sah sich das eingestaubte Zimmer selbst einmal genauer an. „Ganz davon abgesehen, kann ich diesen Saustall auch allein Ordnung bringen. Allzuviel kann ich heute ohnehin nicht anstellen.“ Shinichi schenkte ihr ein schiefes Grinsen, das seine Mutter unsicher erwiderte. „Ist gut. Wenn du Hunger hast warten dein Vater und ich mit dem Frühstück auf dich.“ „Mhm? Du hast Frühstück gemacht?“ Die Stimme ihres Sohnes klang für Yukikos Geschmack ein wenig zu überrascht. „Willst du damit irgendetwas andeuten, Shinichi?“ Sie machte erneut einen Schritt auf ihn zu, war nur noch ein paar Zentimeter von ihm entfernt. „Du solltest nicht vergessen, dass ich immer noch wütend auf dich bin.“ „N-nicht doch.“ „Da dachte ich, dass ich dir nach all der Zeit in Amerika eine Freude bereite und stelle mich in aller Herrgottsfrühe an den Herd um dir ein traditionell japanisches Frühstück zu machen und dann das!“ „So war das doch gar nicht gemeint Mama, ich komme gleich runter.“ „Schön, aber beeil dich, bevor der Reis ganz kalt wird.“ Shinichi nickte nur, beobachtete wie seine Mutter ihm den Rücken zuwandte und grade den Raum verlassen wollte, als seine Stimme sie erneut aufhielt. „Danke.“ Yukiko stockte, drehte sich aber nicht zu ihm um, nickte stattdessen nur, ehe kurz ehe sie beinahe fluchtartig den Raum verließ. Das Lächeln auf seinen Lippen verblasste langsam. Shinichis Blick fiel zurück auf die Schulblade, die er eben hektisch geschlossen hatte, er ging hinüber und öffnete sie erneut und holte das, was er dort versteckt hatte, wieder zum Vorschein. Das Bild von Ran und ihm im Tropical Land. Shinichi schluckte, sah sich die beiden Oberschüler auf diesem Foto lange an, während sich im Glas des Bilderrahmens sein eigenes Bild spiegelte. Er verzog das Gesicht und beförderte die Fotografie wieder zurück in die dunkle Schublade. Er wollte dieses Bild jetzt nicht sehen. Shinichi wusste, seine Mutter hatte es mit dem Frühstück nur gut gemeint, allerdings war dieser Moment zwischen den drei Kudos alles andere als entspannt. Yukiko sah ihn immer wieder verstohlen über ihre Kaffeetasse hinweg an, als würde befürchten, dass er sich jeden Moment in Luft auflösen könnte. Sein Vater hingegen verbarg sich die meiste Zeit hinter der heutigen Tageszeitung, sodass eine beklemmende Stille Begleiter ihres Frühstücks wurde. Er wusste, dass ihnen beiden, vorallem wahrscheinlich seinem Vater, noch unendlich viele Fragen auf der Zunge brennen mussten, denn er hatte ihnen zwar gestern erzählt, wie es ihn nach Japan verschlagen hatte und dass das FBI hinter „William Bell“ steckte, doch wieso es überhaupt so gekommen war, was sich vor 10 Jahren ereignet hatte, das hatte er ihnen nicht erzählt. Im Grunde wusste das bisher niemand. Zwar lockerte Professor Agasas Erscheinen, der sich selbst kurzerhand zum zweiten Frühstück einlud, die Runde ein wenig auf, allerdings hielt das nur so lange an, bis Shinichis, beziehungsweise Bells Handy zu klingeln begann. Shinichi verschluckte sich beinahe an seinem letzten Schluck Kaffee, stellte die Tasse ab, um dann nach Bells Handy in seiner Hosentasche zu kramen. Als der Detektiv dann jedoch einen Blick auf das Display warf verdunkelte sich seine Miene. Shinichi biss sich kurz auf die Lippen, schaltete das nervige Ding auf stumm und steckte es wieder ein. Erst als er aufsah, erkannte er, dass ihn die restlichen Personen am Tisch unverhohlen anstarrten. „Was?“ Shinichi wusste, dass die Frage ein wenig zu scharf aus seinem Mund gekommen war und schaute nervös zur Seite. Das alles reichte jedoch für seinen Vater um zu deduzieren, wen Shinichi so kalt abgewürgt hatte. „Das war Ran, nicht wahr?“ Sein Sohn hielt für einen Moment den Atem an, schaute aber noch immer nicht auf. „Ahnt sie etwas? Weiß sie Bescheid?“ Yusaku beobachte ihn eingehend, sah, wie er erst die Augen zusammenkniff, um dann langsam mit dem Kopf zu schütteln. „Nein. Nein, ich denke nicht.“ Das regelmäßige Freizeichen hämmerte monoton in ihr Ohr, wurde mit jedem Mal schmerzhafter, bis sie es nicht mehr aushielt. Ran schluckte, nahm den Hörer vom Ohr und starrte ihn noch eine Weile an, wartete kurz, bis sie diesem freudlosen Singsang mit einem Knopfdruck ein Ende bereitete. „Shinichi…“ Rans Stimme hallte einsam in ihrer Wohnung. Die junge Frau konnte nicht verhindern, dass ihr Herz immer schneller zu schlagen begann. Ihr Blick streifte erneut die Zeitung in der die Überreste des Gästehauses zu sehen waren, in dem er untergebracht worden war, niemand hatte ihn seither gesehen. Was, wenn ihm wirklich etwas passiert war? Wenn er… Ran schluckte, schüttelte abwehrend mit dem Kopf. Wahrscheinlich hatte er einfach nur viel zu tun, oder aber… er ging bewusst nicht dran. Ganz sicher ging es ihm gut, man hätte in der Zeitung davon gelesen, wenn William Bell wirklich etwas passiert wäre, die Polizei hätte es nicht geheim halten können, sie würden es wissen wenn- Aber natürlich… Wenn sie ihn nicht direkt erreichen konnte, würde sie ihre Informationen eben woanders her holen müssen. Sie biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, versuchte zu ignorieren, wie sehr ihre Hände zitterten, während sie die Nummer wählte und wieder wartete. Wieder mit diesem lästigen Geräusch im Ohr, das sich langsam zum Tinnitus entwickelte. Diesmal aber wurde Ran nicht enttäuscht. „Hattori.“ Doch mit einem Mal verschlug es ihr die Sprache. Was sollte sie sagen? Der Detektiv am anderen Ende der Leitung hatte nun offensichtlich einen Blick auf sein Display geworfen, das ihm verraten hatte, wer ihm da ins Ohr schwieg. „Ran?“ Die zuckte bei ihrem Namen kurz zusammen, biss sich auf die Lippen und schloss die Augen, atmete kurz aus und gab so Heiji ein erstes Lebenszeichen. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust, als sie sich endlich für eine Frage entschieden hatte. „Geht es ihm gut?“ Sie hörte ein Knirschen auf der anderen Seite, unverkennbar Heijis Kiefer, der unter ihrer Frage die Zähne fest zusammenbiss. Er wusste genau, nach wem sie frage, und warum. Der Osakaner schluckte, ließ seinen Blick über den schwarzen Trümmerhaufen gleiten, in dem sein Freund bis gestern Quartier bezogen hatte. Ran wartete geduldig auf seine Antwort, er wusste, er hatte schon viel zu lange geschwiegen, um jetzt noch so zu tun, als wüsste er nicht genau, um wen es der jungen Lehrerin ging. „Er war nich da, als es passiert is.“ Sie atmete unweigerlich aus, merkte erst jetzt, dass sie die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte. „Wo ist er jetzt?“ Diesmal aber ließ sich der Kommissar nicht so leicht um den Finger wickeln, wenigstens das konnte er noch richtig machen, alles andere würde nur dazu führen, dass Kudo ihm früher oder später den Kopf abreißen würde. „Wissen wir nich.“ „Aber-„ „Ran, ich kann´s dir echt nicht sagen, er wird sich schon melden, ich schätze er hat jetzt selbst erst mal einiges zu klären, nachdem es irgendwer offensichtlich auf ihn abgesehen hat.“ „Brandstiftung?“ „Sieht ganz so aus… und jetzt entschuldige mich, die Ermittlungen warten.“ Damit legte er auf, überließ sie ihren eigenen Gedanken, wusste nicht, dass es sie innerlich zerriss, eingeengt zwischen Erleichterung und Enttäuschung. Manchmal fragte sie sich, ob es das alles wert war, ob er wirklich gut für sie war. Wenn Shinichi nicht einmal bewusst etwas tun musste, um sie zu verletzten. „Dann lass mal sehen, Shinichi.“ Der schluckte kurz, nickte dann aber und überreichte seiner Mutter Bells Maske, die seinem Empfinden nach ohne die dazu gehörige Perücke nur noch gruseliger war. Es war mittlerweile Nachmittag, so lang hatte er sich um dieses Thema gedrückt, obwohl er gleichzeitig wusste, dass er ohne Bell aufgeschmissen war, hatte er in der Tat erst in seinem Zimmer für Ordnung gesorgt und seine Gedanken zu den Morden sortiert, bis seine Mutter ihn nicht länger in Ruhe gelassen hatte. Shinichi schaute dabei zu, wie Yukiko Bells Gesicht in ihren Händen eingehend studierte, die Maske dabei hin und her drehte, sodass es aussah, als würde der Professor mit dem Kopf schütteln. Doch die Mahnung an sich selbst konnte die leichte Gänsehaut nicht verbergen, die sich auf seinen Armen bildete. Ungeduldig wandte er sich ab, ließ sich auf dem kleinen Drehstuhl vor dem Schminkspiegel seiner Mutter nieder und sah sich um. Der Raum war zwar nicht groß, dennoch runzelte Shinichi die Stirn bei dem Gedanken, dass seine Mutter ein ganzes Zimmer für ihre Masken und Verkleidungen in Anspruch nahm. Nicht, dass es ihnen irgendwo an Platz mangelte, aber der Staub belegte auch hier, wie selten es benutzt wurde, dabei hatte seine Mutter so viel Stoffe, Farben und Schminke gehortet, dass sie damit wohl eine ganze Theatergruppe hätte ausstatten können. Er schluckte, schaute in den Spiegel vor ihm und beobachtete Yukiko so aus dem Augenwinkel heraus. Sie hatte dieses Handwerk zusammen mit Sharon gelernt. Die es sogar noch besser verstand anderen Menschen ihre Identität zu rauben, oder eine völlig neue zu kreieren. Vermouth, Sharon und Chris… Sherri, Shiho, Ai. Ein bitteres Lächeln schlich sich auf Shinichis Züge. „Sag mal Mama, du hast damals gemeint, du hättest diese ganze Verkleidungsmasche von einem Magier gelernt oder? Wer war es denn, der dich unterrichtet hat?“ Yukiko schaute auf, blinzelte ob der plötzlichen Frage ihres Sohnes, ehe sie antwortete. „Stimmt… du warst damals ja noch klein und kannst dich wahrscheinlich nicht mehr an ihn erinnern. Sein Name war Kuroba, Toichi Kuroba, wirklich ein Meister seines Faches.“ Von der Begeisterung der Schauspielerin blieb am Ende ihres Satzes jedoch nicht viel übrig. Shinichi ahnte wieso, er hatte von dem Fall in den Akten seines Vaters gelesen. Der Name dieses Mannes war ihm in Erinnerung geblieben, weil sein Vater sich damals augenscheinlich so intensiv damit auseinander gesetzt hatte. „Ich erinnere mich, er ist bei einem seiner Auftritte durch einen Unfall ums Leben gekommen.“ Seine Mutter atmete schwer aus und nickte nur. Shinichi aber konnte nicht verhindern, dass der Name ihm irgendwie Unwohlsein bereitete, irgendetwas in seinem Kopf schien zu schreien, ohne dass er auch nur ein Wort davon verstand. Toichi Kuroba. Wieso nagte dieser Name so an ihm? Shinichi seufzte, ließ sich tiefer in den Schminkstuhl sinken. „Alle Achtung, da hat jemand wirklich gute Arbeit geleistet.“ Er schaute aus seinen Gedanken gerissen zu ihr auf. „Meinst du, du bekommst das hin?“ Seine Mutter schürzte die Lippen und runzelte die Stirn, Shinichi schluckte, bemerkte wie alt sie diese Geste mit einem mal aussehen ließ, behielt seine Gedanken jedoch lieber für sich. „Es wird nicht ganz einfach, aber wir werden es auf jeden Fall versuchen. Warte mal einen Moment.“ Mit diesen Worten streifte die Schauspielerin Bells Gesicht über eine Styroporbüste auf dem Schminktisch, setzte ihr die Perücke auf, ging zu einem der Regale und verschwand darin zur Hälfte, während sie offenbar nach etwas suchte. Shinichi verzog das Gesicht beim Anblick Bells, drehte die Silikonattrappe von sich weg, nur um dann zu bemerken, dass dieser ihn jetzt vom Spiegel aus anstarrte. Doch grade als der Detektiv einen dummen Spruch auf der Zunge hatte, den er loswerden wollte, wurde die Welt um ihn herum plötzlich dunkel. „Mhmmhm…“ Er spürte wie fremde Finger etwas Kühles, Gummiartiges an sein Gesicht zu pressen versuchten, hörte seine Mutter dumpf im Hintergrund murmeln, ehe sie ihr Vorhaben offenbar aufgab und ihren nach Luft ringenden Sohn freigab. „Was sollte denn das?!“ Shinichi sah sie gereizt an, erkannte jetzt, dass seine Mutter einen Abguss von ihm in der Hand hatte und sich nun mit einem verlegenen Grinsen an der Schläfe kratzte. „Entschuldige bitte, Shinichi. Aber ich hatte gehofft, es würde gehen…, ich meine, die Form passt zwar noch gut, aber es reicht definitiv nicht aus, um eine lebensechte Maske daraus zu machen, es würde auffallen und nicht hundertprozentig passen.“ Ihre Augen wanderten zu dem Abdruck in ihrer Hand, den sie, kurz bevor die ganze Sache mit der Organisation angefangen hatte, für ihren Sohn angefertigt hatte, weil dieser ihn für einen Fall benötigte. „Ich verstehe nur nicht, warum der alte Abguss nicht mehr passt… du bist doch-…“ Doch seine Mutter stockte, biss sich auf die Lippen, ahnte aber, dass es zu spät war und Shinichi genau wusste, wohin ihre Gedanken führten. Ihr Sohn seufzte, zwang sich dazu in den Spiegel zu sehen, doch neben seinem eignen Gesicht starrte auch der derzeit tote Professor mit leeren Augen in den Spiegel. Ihre Blicke aber trafen sich dabei nicht. „Du hast schon Recht, mein Gesicht müsste das gleiche sein wie vor zehn Jahren. Neben Genen spielen aber auch Umwelt und hormonelle Faktoren eine Rolle beim Wachstum und der Ausbildung einzelner Merkmale. Die Veränderungen sind zwar nicht so entscheidend, dass man mich nicht wieder erkennt, aber doch ausreichend dafür, dass der Abdruck nicht länger passt.“ Er atmete lange aus, versuchte ein schiefes Lächeln auf seine Lippen zu pressen, das unter dem mühseligen Versuch jedoch nur angeschlagen aussah. „Ich bin nicht Shinichi Kudo, der Abdruck ist der beste Beweis dafür.“ Da er ihr noch immer den Rücken zukehrte, konnte Yukiko nicht anders, als sein Spiegelbild anzustarren, seine Worte hatten ihr die Brust zugeschnürt - es tat unheimlich weh, ihn so zu sehen. Sie schluckte schwer, merkte, dass sich auch in ihrer Kehle ein Kloß gebildet hatte, sodass ihre Stimme rau war, als sie endlich sprach. „Shinichi…“ Doch noch bevor Yukiko ihren Satz wirklich beginnen oder beenden konnte, riss die Türklingel sie aus ihren Gedanken. „Nanu, wer kann das jetzt sein?“ Grade als Yukiko den Raum verlassen wollte, hielt Shinichi sie auf, stellte sich vor die Tür und legte die Finger an seine Lippen. „Warte noch…“ Sie hörten Schritte ehe das Klingeln verstarb. Shinichi schluckte, presste sein Ohr gegen die Tür und Fluchte innerlich, er konnte zwar hören, dass etwas gesprochen wurde, aber um es wirklich zu verstehen reichte es nicht aus. Ohne auf seine Mutter zu achten, die ihn beobachtete, drückte Shinichi die Klinke hinunter, langsam, um mögliche Geräusche zu vermeiden und ließ die Tür einen Spalt breit aufgleiten, ausreichend um die Barriere zu brechen, die ihn daran hinderte zu hören, wem sein Vater die Haustür geöffnet hatte. „… also was kann ich für euch tun?“ Yusakus Stimme verriet seine Anspannung nicht, dennoch musste er sich zusammennehmen, um seine Blicke nicht nervös von einem zum anderen gleiten zu lassen. Es war nicht so als wären sie sich noch nicht begegnet, aber für gewöhnlich mieden sie dieses Haus und ihre Bewohner. Die bereits untergehende Nachmittagssonne stand den drei Oberschülern im Rücken und warf seltsame Schatten auf ihre Gesichter. Ayumi schluckte, sah den skeptischen Blick in den Augen des Schriftstellers. Yusaku Kudo wusste längst, warum sie hier waren. Mitsuhiko war es, der als erstes den Mund aufbrachte, um zu sprechen. „Wir möchten sie darum bitten, Mr. Bell etwas auszurichten.“ Noch ehe Yusaku fragend die Augenbraue heben konnte, spürte er, wie sein Mundwinkel kurz zuckte. Gespannt verschränkte der Autor die Arme, lehnte sich ein wenig gegen den Türrahmen und beobachtete die drei mit festem Blick. „Ist das so? Und was bringt euch zur der Annahme, ich könnte-“ „Lassen Sie das...“ Ayumis Stimme war kaum wahrnehmbar und dennoch waren ihre Worte bestimmt und schnitten dem Schriftsteller die Luft ab. Die Oberschülerin hatte ihn nicht angesehen während sie sprach, schaffe es erst jetzt ihren Blick zu heben und seinem Vater in die Augen zu sehen, die Augen, die seinen viel zu ähnlich waren. „Bitte.“ Sie schluckte, merkte wie dick der Kloß in ihrem Hals wirklich war, zwang sich, als sie der Blicke ihrer Mitschüler gewahr wurde, jedoch zur Vernunft und ignorierte das stolpernde Pochen ihres Herzes. „Hören Sie einfach nur zu.“ Yusaku schaute die Oberschülerin lange an, ließ deinen Blick zu ihren beiden Mitschülern gleiten und konnte nicht vermeiden, dass die drei ihn irgendwie beeindruckten. Sie wussten offensichtlich Bescheid, wie sie es herausgefunden hatten, blieb dahingestellt, aber sie kannten das Geheimnis um William Bell. Und dennoch erhoben sie keine Anklage, stellten keine Forderungen und konnten offensichtlich auch ihre Enttäuschung und Wut im Zaum halten, die er in ihren Gesichtern lesen konnte. Sie wollten ihm bloß etwas sagen. Der Schriftsteller schluckte, nickte dann abwartend. Mitsuhiko fiel es zusehends schwer, seine Augen von Ayumi abzuwenden, geschweige denn seine Stimme wieder zu finden, sodass seinem Satz ein heiseres Räuspern voranging. „Wir waren heute Morgen auf dem Revier und haben ein Gespräch von Megure… nicht überhören können.“ Sein Tonfall wurde von unsicher plötzlich ernst. „Augenzeugen zufolge wurde gestern Abend kurz vor dem Brand ein schwarzer Porsche 356 A am Tatort gesehen.“ Yusakus Augen wurden schmal, dennoch hörte er weiter aufmerksam zu, während Genta nun das Wort ergriff. „Außerdem haben die Brandermittler Spuren von Silikon in einem der Zimmer entdeckt.“ Mitsuhiko schluckte nickte Genta jedoch bestätigend zu, ehe er sich erneut Yusaku zuwandte. „Der Hauptkommissar ist ziemlich nervös wegen der ganzen Sache, besonders, was Bells Person anbelangt.“ Yusaku konnte sehen, dass dem Oberschüler noch etwas auf der Zunge lag, Mitsuhiko schaute ihn einen Moment zu lange an, ehe er es sich dann doch anders überlegte und einen ersten Schritt von der Haustür weg machte. „Sagen Sie ihm das.“ Damit ließen die drei ihn stehen, drehten sich um, ohne Yusaku noch einmal anzusehen und hatten es offensichtlich mehr als eilig, das Grundstück der Familie zu verlassen. Der Schriftsteller blieb ihm Türrahmen zurück, schaute den Dreien nachdenklich hinterher. Yusaku schluckte, schloss die Tür hinter sich und ließ sich dagegen sinken. Er atmete lange aus, die Worte der drei Oberschüler hatten ihm ein Stück weit den Atem geraubt. Erst ein verdächtiges Knirschen der Treppe verriet ihm, das er mit seinen Gedanken nicht länger allein war. Der Autor schaute auf, erkannte seinen Sohn der langsam die Treppe hinunter ging und selbst für sein Auftreten ein wenig zu blass im Gesicht war. Shinichis Stimme aber verriet nichts davon, sie war so ruhig wie die ganze Zeit schon. Eine Ruhe, die den Schriftsteller langsam wirklich Nerven kostete. „Sie wissen Bescheid…“ Yusaku nickte nur, während Shinichis Augen ihm auswichen und er auf dem Parkettboden seine Antwort zu suchen schien. „Aber wieso-…“ „Du warst eben ein guter Lehrer, Shinichi. Du hast ihnen mehr beigebracht, als dir lieb ist.“ Shinichi schaute auf, Verzweiflung lag in seinem Blick, während er langsam den Kopf schüttelte. „Das meine ich nicht. Sie sind gegangen… wieso?“ Yusaku aber lächelte nur matt, natürlich hatte sein Sohn mit etwas anderem gerechnet. Mit wütenden Anklagen, die tatsächlich in den dreien verborgen waren, aber zu einem solchen Zeitpunkt waren derartige Dinge eben nur zweitranging. „Sie sind deine Freude Shinichi, egal wie weit das für dich vielleicht schon zurück liegt, die Drei sind Conan Edogawas Freunde.“ Yusaku seufzte nur. „Das sind sie offenbar immer noch.“ Hallöchen da draußen, Ja das war´s schon wieder ;) Ein etwas ruhigeres Kapitel, ehe es für unsern lieben Shinichi wirklich spannend wird. Wie immer vielen, vielen Dank fürs Lesen und vor allem auch Kommentieren! Ich freue mich wirklich sehr darüber und hoffe natürlich, dass ihr mir auch diesmal eure ehrliche Meinung zu diesem Kapitel hinterlasst ^//^ Nochmals vielen Dank! Bis zum nächsten Mal, eure Shelling PS: *flüster* Nächste Woche wird’s noch eine kleine Überraschung geben, ihr könnt also gerne die Augen offen halten ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)