Lost in Time von Shelling__Ford (ShinichixRan) ================================================================================ Kapitel 36: Der letzte Beweis ----------------------------- Hallöchen ihr lieben, diesmal gibt’s ein Vorwort an Stelle eines Nachwortes ^//^ Wie immer erst mal vielen Dank für eure Lieben Kommentare *knuddel* Ich muss gestehen ich bin wirklich ziemlich gespannt was ihr zu diesem und dem kommenden Kapitel sagt >///<, nen ziemlich großer Wendepunkt in der Story und auch ein gewagter Schritt für mich. *zitter* Ich hoffe trotz allem ihr bliebt mir treu und lasst euch auf diese äh- etwas andere Variante der Aushebung der Organisation ein. Auch wenn ich gestehen muss das ich diesmal besonders gespannt auf eure Meinung bin. Viel „Spaß“ und bis bald, eure Shelling *sichschnellversteckengeht* - Rückblick: Vermouths Blick aber glitt ein letztes Mal von der Ausfahrt der Tiefgarage in den Rückspiegel, eine einzelne kleine Falte zeigte sich auf Sharons Stirn, während ihre graublauen Augen sein regungsloses Bild einfingen. - Rückblick Ende Der letzte Beweis Das dröhnende Summen in seinen Ohren brachte ihn langsam wieder zu Bewusstsein. Der Detektiv stöhnte, sein Kopf fühlte sich an, als hätte ihn jemand mit Watte gefüllt, während er zu begreifen versuchte, was um ihn herum vor ging. Kühles Metall ruhte unter seinen Fingerspitzen, fraß sich durch seine Kleidung und brachte ihn in der Dunkelheit zum Frösteln. Der Gedanke an die vergangenen Minuten, oder Stunden?- pumpte Adrenalin durch seine Adern und wusch damit die letzten Reste des Narkosemittels aus seinem Blut. Shinichis Nase kitzelte und machte ihn damit darauf aufmerksam, dass Bells Visage sein Gesicht nicht länger schütze. Vermutlich hatte Vermouth den Kriminalistikprofessor noch vor seiner Ankunft entsorgt. Shinichi schluckte, seine Kehle war trocken und sein Kopf hämmerte in einem erbarmungslosen Takt, allerdings gab es wichtigere Dinge, um die er sich Gedanken machen musste, als um einem aufkommenden Migräneanfall. Gerade aber, als er sich aufrichten wollte, spürte er wie erbarmungsloses Metall seine Bewegung stoppte, ihm ins Fleisch schnitt, wenn er sich dagegen lehnte. Handschellen. Seine Hände und Füße waren gefesselt, fixierten ihn in dieser angreifbaren Position auf dem Boden… oder einem Tisch vielleicht? Der Detektiv fluchte, ließ sich zurück auf das unbequeme Metall sinken und spürte, wie sich dessen kälte durch seine Kopfhaut fraß. Er versuchte, sein eingeschränktes Sichtfeld auszunutzen und den Blick durch den Raum gleiten zu lassen, doch alles, was ihm begegnete, war tiefe, schon viel zu lang andauernde, Dunkelheit. In dem Raum, in dem er sich befand, gab es kein Licht - das wiederum bedeutete vermutlich, das er alleine war und die Zeit nutzen konnte, um sich mit seiner Umgebung vertraut zu machen. <… und drüber nachzudenken, wie du hier wieder raus kommst, Kudo.> Der Detektiv seufzte blickte genervt an die Decke und wartete. Er wartete darauf, dass sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Er wartete…, bald sollte er seine Umgebung zumindest schemenhaft erkennen können. Er wartete…, schluckte und blinzelte, um vermeintliche Schatten von seinen Augen zu waschen. Nichts. Kein Bild, keine Farben, kein Licht… nichts. Shinichi konnte nicht verhindern, dass sein Puls sich erhöhte, seine beschleunigte Atmung verriet die falsche Ruhe, die er sich selbst einzureden versuchte. Nicht der Raum war dunkel sondern… er konnte nichts sehen. Schweiß trat ihm auf die Stirn, er spürte, wie das Metall unter seinen Fingern warm wurde, feucht, von seinem plötzlichen Temperaturanstieg beschlagen. Was hatten diese Typen mit ihm angestellt? War er- …blind? Shinichi schluckte, blinzelte und suchte Schmerz, wo er welchen vermutete, doch ein Resultat blieb aus, seine Augen schienen in Ordnung, wieso aber war die Welt um ihn herum dann nichts weiter als ein einziges schwarzes Loch? Wie hatten sie das angestellt und- „Warum?“ Die Unsicherheit in seiner rauen Stimme blieb nicht unbemerkt. Shinichi zuckte unweigerlich zusammen, als seine Umgebung plötzlich zum Leben erwachte. Er hörte einen Stuhl knarren, Schritte die die kurze Distanz zu ihm überquerten, ehe die Person vor ihm stehen blieb, nahe genug, dass er die Wärme des anderen Körpers spüren konnte. Er war nicht allein im Raum, war es nie gewesen. Die viel zu bekannte Stimme, die dann an sein Ohr drang, brachte dann aber selbst den sonst so ruhigen Detektiv aus dem Konzept. „Auch wir geben nicht gerne all unsere Geheimnisse preis, selbst nicht vor denen, die keine Gelegenheit mehr haben, sie noch weiter zu erzählen.“ Shinichis Augen wurden groß, wanderten nutzlos in die Richtung des Sprechers, dessen amüsierter Ton ihm die Haare zu Berge stehen ließ. „Aber mit Geheimnissen kennst du ohnehin aus, nicht wahr… Shinichi Kudo?“ Die Stimme des Kriminalistikprofessors schmiegte sich samtig weich an seine Ohren, gaukelte ihm Ruhe vor, wo keine war. Der Detektiv schluckte, schloss die Augen und zwang sich dazu, ruhig einzuatmen und seine Gedanken zu ordnen. Dem Fremden im Zimmer entging die Stille des Oberschülers nicht und Shinichi stellte bald fest, dass sein Gegenüber genau wusste, wie er seine Signale zu deuten hatte. „Wie ich sehe, ist dir mein kleiner Trick bereits aufgefallen? Ich dachte mir, es wäre doch schade, deine so Sorgsam aufgebaute Marionette einfach ungenutzt zu lassen.“ Bells Stimme bekam einen ironischen Unterton, wirkte mit einem mal fremd in seinen Ohren. „Übrigens kann ich dich beruhigen Kudo, dein Augenlicht ist durchaus noch intakt. Allerdings haben wir vor ein paar Jahren eingeführt, dass all unsere „Besucher“ diese speziellen Kontaktlinsen als Gastgeschenk bekommen. Natürlich handelt es sich dabei um eine Spezialanfertigung. Die Linse ist über der Pupille dunkel gefärbt und blockiert das Blickfeld des Auges gänzlich und das schöne ist, das du sie Tag und Nacht tragen kannst für nun- mindestens die nächsten dreißig Tage. Praktisch, nicht wahr?“ Shinichi schluckte, blinzelte, doch er konnte die Kontaktlinsen auf seinen Augen noch immer nicht spüren. Bells Stimme erinnerte ihn während seiner Erläuterung an seine eigene Art und Weise, Vorlesungen zu halten. Autoritär, wissend und doch mit genug Amüsement, um Neugier bei den Zuhörern schüren. Der Detektiv ahnte, wer ihm die Ehre eines Besuchs erwiesen hatte. Der Boss der Schwarzen Organisation… Und wenn der Boss eine fremde Stimme nutze um mit ihm zu sprechen, konnte das nur eines bedeuten. Shinichis Atem zitterte, das kalte Metall ließ seine Muskeln steif werden, während sein Verstand einen Satz formte, den er kaum begreifen konnte. Das Oberhaupt der Organisation schien die angespannte Stille zu genießen, die zwischen ihnen in der Luft lag. Tatsächlich schlich sich ein feines Lächeln auf die Lippen des Bosses, während seine dunklen Augen über die Gestalt des Detektivs wanderten. Man hatte seine Anweisungen befolgt und ihn am Untersuchungstisch fixiert. Der Körper des Siebzehnjährigen war angespannt, sein Gesicht gewann langsam wieder an Farbe, während seine blauen Augen auf ihm ruhten. Er aber fühlte sich nicht beobachtet, bekam keine Gänsehaut von dem durchdringenden Blick des Detektivs, weil er genau wusste, dass das einzige, was Shinichi Kudo wahrnahm, endlose Dunkelheit war. Die Ruhe des jungen Mannes aber überraschte ihn. Jeder andere hätte in seiner Situation vermutlich schon längst die Nerven verloren,… nicht so Shinichi Kudo. Im Gegenteil, er konnte förmlich sehen, wie es hinter der Stirn des Detektiven arbeitete, sein Verstand vermutlich die ersten Rätsel zu lösen versuchte, die er ihm gegeben hatte. Dabei wusste er, der sie verfolgt und gejagt hatte, wohl am besten was ihm nun bevorstehen würde. Vielleicht aber war es eben diese fehlende Ungewissheit, die seinem Opfer Ruhe einimpfte. Das Lächeln kehrte auf seine schmalen Lippen zurück. Er räusperte sich, genoss die weiche Stimme des amerikanischen Professors, die er sich geborgt hatte. „Aber wo bleiben nur meine Manieren? Ich habe es doch glatt versäumt, mich vorzustellen, aber ich schätze, du hast deine Schlussfolgerungen schon längst gezogen, oder, Kudo?“ Shinichi schluckte nur, Bells Stimme bescherte ihm noch immer eine Gänsehaut, dennoch zog es der Detektiv vor, auf die Fragen des Bosses einzugehen. „Ihre Verhaltensweise lässt tatsächlich nur einen Schluss zu - der Boss der schwarzen Organisation selbst hat mir die Ehre erwiesen. Ein hochrangiges Mitglied wäre selbstverständlich auch möglich, aber da mein Sichtfeld in letzter Zeit etwas eingeschränkt ist, sind mir präzisere Deduktionen im Moment leider nicht möglich.“ „Ha!“ Bells lautes Lachen drang an Shinichis Ohren. „Sieht aus, als hättest du Sinn für Humor, das gefällt mir.“ Shinichi aber runzelte nur die Stirn, spürte wie die Spannung im Raum sich veränderte, ehe der Boss das nächste Mal zu sprechen begann. „Natürlich liegst du mit deinen Schlussfolgerungen richtig, aber bleiben wir der Einfachheit halber doch bei Bell. Ein schöner Name, wenn auch nicht besonders einfallsreich. Sherlock Holmes zweiter Vorname und Doyles Mentor.“ Shinichi hörte ein Seufzen, ehe der Boss weitersprach. „Ich hätte ein wenig mehr Kreativität von Yusaku Kudos Sohn erwartet und doch muss ich sagen, mag ich den Klang dieses falschen Namens. William Bell…, ja ich denke damit lässt sich arbeiten.“ Shinichi ballte die Hände zu Fäusten, die Anspannung in seinen Muskeln sorgte dafür, das die Handschellen sich unangenehm um seine Gelenke spannte. Was sollte dieses Spiel? Natürlich würde der Boss ihm seinen Namen nicht verraten, wozu sonst der ganze Aufwand mit den Kontaktlinsen und der Stimme, es wunderte den Detektiv jedoch, das er scheinbar keinen Codenahmen besaß. Vermutlich aber war dies von dem Boss der Organisation so gewollt, das nicht einmal seine Mitarbeiter das Oberhaupt ihrer dunklen Machenschaften beim Namen kennen konnten. Es ließ ihn mit der Dunkelheit verschmelzen und verlieh ihm gleichzeitig Autorität, formte fast etwas Gottähnliches aus ihm, da er scheinbar über allen Dingen stand und für niemanden greifbar war. Der Detektiv schluckte, das Pochen in seinem Kopf hatte mittlerweile den Rhythmus seines Herzens angenommen und mischte seinen Gedanken einen bedrohlichen Unterton bei. So jemand war auf keinen Fall zu unterschätzen… Wie erwartet ignorierte der Boss die wiederaufkommende Stille seines Gesprächspartners, fuhr ungerührt fort und genoss es, die Reaktionen des Detektivs zu beobachten. „Natürlich ist es nicht nötig, dich vorzustellen, schließlich hast du in der Organisation einen weitläufigen Ruf erlangt, Shinichi Kudo.“ Shinichi zuckte, als er die Kiefer des Bosses knacken hörte, jeglicher Zweifel darüber, ob ein Mann oder eine Frau vor ihm stand, war durch die Darstellung purer Kraft im Keim erstickt worden. Tatsächlich barg Bells Stimme nun etwas Bedrohliches in sich und der Detektiv konnte sich nicht daran erinnern, den Kriminalisten so schon jemals gehört zu haben. „Du und diese lästigen Maden vom FBI habt uns wirklich einiges gekostet. Neben viel zu viel Geld und meiner kostbachen Zeit auch einige meiner besten Männer… und es ist schwer, solche Leute zu ersetzen, Kudo.“ Shinichi hörte Bell seufzen, das Rascheln von Kleidung, vermutlich hatte der Boss seine Hände in den Hosentaschen vergaben. „Bourbon, zum Beispiel…“ Der Detektiv schluckte, er erinnerte sich an diesen Fall in New York, kurz nachdem er Tokio verlassen hatte. Die Wunden, die das FBI und er den schwarzen Schatten verpasst hatten, waren noch frisch, als Bourbon auf einmal ins Schussfeld gelangte. Über den Verbleib des blonden Organisationsmitglieds hatten sie danach nur wenig in Erfahrung bringen können, offensichtlich war der Boss ihnen da einen Schritt voraus. „Hast du dich eigentlich nie gefragt, warum Akai ihn seinen Lieblingsfeind nannte? Oder haben der Gute und du ein paar Kommunikationsprobleme in letzter Zeit?“ Shinichi aber wandte den Blick ab, machte diese eigentlich sinnlose Geste bewusst, um dem Boss zu zeigen, dass er auf seine Anspielungen nicht eingehen würde. Der aber scherte sich nicht groß um die Schweigsamkeit seiner neusten Errungenschaft und sprach weiter. „Auch Bourbon war angeblich undercover in der Organisation unterwegs. Man hat ihn in die Tokioter Polizeiausbildung eingeschleust, seine Aufgabe war es, zu überprüfen, ob die Organisation einen Spitzel unter den Beamten hatte, dabei war er selbst der Maulwurf unter ihnen. Genial, oder? Allerdings hat es durch Akai einen Zwischenfall gegeben und er musste raus aus der Nummer. Leider hat das damals ein schweres Opfer gefordert…“ Bells angeschlagene Stimme aber brachte seinen Geduldsfaden, nun endgültig zum Zerreißen, Shinichis Stimme klang patzig, ganz die eines halbwüchsigen Teenagers. „Als ob Sie das kümmert!“ Der Boss der Organisation stockte nur, Shinichi konnte das Lächeln beinahe hören, dass sich nun auf den Lippen dieses Mannes befand und sich mit Bells Stimme paarte. „Oh, aber natürlich tut es das. Niemand opfert seine Bauern gern, aber manchmal ist es nun mal nötig, um das Spiel am Laufen zu halten.“ Dann aber wurde Bells Tonfall abfällig. „Es wundert mich allerdings nicht, dass ihr Bourbon zuerst aus dem Weg geräumt habt. Ich bin sicher, er war euch, nach der Sache mit der kleinen Sherry, ein Dorn im Auge.“ Bell seufzte, brachte die Stimme des Kriminalisten zum vibrieren. „Aber gut, Schwamm drüber.“ Er beugte sich zu ihm hinunter, bis er den Atem des Bosses auf seiner Wange spüren konnte. Bells Stimme jedoch war kaum mehr wahrnehmbar, barg einen amüsierten aber gleichermaßen auch drohenden Ton in sich. „Schließlich wirst du uns in Zukunft keine Probleme mehr machen…, nicht wahr, Kudo?“ Der heiße Atmen an seinem Ohr ließ Shinichi frösteln, grade aber als er etwas erwidern wollte, waren Schritte und Stimmen zu hören. Ohne Frage eine Gruppe von Leuten die auf sie zukamen. Auch der Boss bemerkte es, richtete sich auf, sprach, während er vermutlich zu Tür sah, da sich seine Stimme von Shinichi abgewandt hatte. „Ah, sieht ganz so aus als wäre unsere Zeit abgelaufen. Schade, aber ich bin sicher es wird für dich auch so nicht langweilig werden.“ Er lachte hohl, beugte sich ein letztes Mal zu dem Detektiv hinunter. „Ich denke, ich kann auf ihre Mitarbeit zählen, Herr Detektiv, wenn nicht-… nun, der Rest dürfte bekannt sein.“ Shinichis Kiefer spannte sich, sein Blick in die Dunkelheit um ihn herum war so starr, dass er eigentlich Löcher in seine Kontaktlinsen brennen musste. Die Spannung, die seine offensichtliche Drohung zwischen ihnen aufgebaut hatte, wurde von dem Klopfen an der Tür gestört. Shinichi schluckte, er hörte wie sich der Boss von ihm entfernte und sich dem Klopfen nährte, ehe er sich nochmals zu ihm herum drehte. „Ein letzter Rat - versuch am Leben zu bleiben, Kudo. Tot nützt du uns nämlich nichts…“ Shinichi biss die Zähne zusammen, wandte den Kopf um, um dem Boss in die Augen sehen zu können und fluchte über die ewige Dunkelheit in die man ihn verbannt hatte, während William Bells Stimme den Platz schon längt mit gleich mehreren neuen getauscht hatte. Mit einem Seufzen ließ er den Kopf wieder zurück auf den Metalltisch sinken, hörte, wie der Raum langsam zum Leben erwachte. Er schloss die Augen - welchen Sinn hatte es auch, sie noch länger offen zu lassen? - und versuchte, sich auf die Geräusche um ihn herum zu konzentrieren, die dem Raum endlich etwas mehr Form und Gestalt gaben. Schritte, das dumpfe Rascheln von Kleidung, zwei- nein, drei Leute. Er hörte das Summen eines Computers, der grade hochgefahren wurde, Schubladen wurden geöffnet und wieder geschlossen, während ein verdächtiges metallenes Klimpern seine Nackenhaare aufstellte. Shinichi schluckte, hatte Mühe, die plötzlich aufkommende Übelkeit zu unterdrücken, hörte wie Gummihandschuhe schnalzten und ein Kuli klickte, während der Raum für ihn immer enger wurde. Ehe sein Verstand Ablenkung in der neuen Stimme fand, die den Raum durchschnitt. Eine Frau, die Tonlage kühl, autoritär, definitiv gewohnt, Befehle zu erteilen. „Shinichi Kudo, männlich, 27, APTX 17, erste orale Dosis 13.01.1994,-“ Shinichis Atmen stockte in seiner Kehle, während er dem monotonen „Patienten“-Protokoll lauschte. Sein Verstand suchte im Sarkasmus Zuflucht, versuchte die Wissenschaftler um ihn herum, in ein Gespräch zu verwickeln, doch das Lächeln auf seinen Lippen fühlte sich steif und unecht an. „Sieht so aus als würden wir die nächste Zeit miteinander verbringen, wenn ich vorstellen darf, Shinichi Kudo, Detektiv und derzeit offizielles Versuchskaninchen der Organisation.“ Der Redefluss aber stockte auch nicht für nur eine Sekunde, die kühle Stimme fuhr fort, als hätte sie nichts dergleichen gehört. Aber er sparte sich den Kommentar, seufzte nur. „Wohl nicht grade gesprächig, was?“ Die Chemiker, oder Mediziner wie er vermutete, ignorierten ihn abermals und Shinichi konnte nicht verhindern, dass die Dunkelheit um ihn herum einen Hauch von Klaustrophobie in ihm aufkeimen ließ. Er konnte nichts sehen, sich nicht bewegen und war diesen Schwarzkitteln vollkommen ausgeliefert. Doch noch bevor er einen Gedanken darüber verschwenden konnte, ob sein wunderbarer Plan vielleicht doch noch Hoffnung für ihn in sich barg, spürte er, wie behandschuhte Finger seinen Ärmel hochkrempelten, den Blutstau anlegten und den Schlauch etwas fester als unbedingt nötig zuzogen, während eine andere Hand seine Armbeuge desinfizierte. Der alkoholische Gestank brannte in seiner Nase, während sich eine kühle Nadel in sein Fleisch bohrte. Der Oberschüler schluckte, ignorierte den Kloß, der sich langsam in seinem Hals festsetzte. Die Art und Weise, wie die Wissenschaftler um ihn herum über ihn sprachen, belegte seine Zunge mit einem bitteren Geschmack. In diesem Moment, in diesem Raum, auf diesem Tisch, hatte er jegliche Menschenrechte verloren. Er war ein Forschungsobjekt… mehr nicht. Der Himmel über Japan war grau und Wolkenverhangen, ein dichter Nebel hatte sich über ihnen ausgebreitet und verschluckte alles um sie herum in seinem grauweißen Schleier. Seit neun Tagen waren sie nun schon hier, in einem Haus irgendwo an der Stadtgrenze und warteten… Auch wenn sie sich, zugegebenermaßen, an die ersten beiden Tage kaum erinnerte. Ihr Körper war von dem Gift zu geschwächt gewesen, Szenen von Diskussionen und Argumentationen flackerten immer wieder vor ihr auf, ein tiefer Schlaf war jedoch alles, woran sie sich wirklich erinnern konnte. Die junge Lehrerin atmete schwer, ihr Blick schwenkte zu Kazuha an ihrer Seite, die ohne ein Wort zu sagen das Geschirr spülte, ehe sie ihr die nassen Teller und Tassen zum Abtrocknen reichte. Die Sicherheit, die man ihnen bot, hatte ein Gefängnis um sie herum errichtet, dessen Mauern sich mit jedem Tag einander annäherten, und ihre Zelle immer weiter zusammen schrumpfen ließ. Denn auch wenn sie zusammen „eingesperrt“ waren, kam es ihr doch eher wie Einzelhaft vor. Ran schluckte, knetete das feuchte Geschirrtuch in ihren Händen. Diese Warterei raubte ihnen langsam den Verstand, denn ein Urteil stand noch aus,… keiner konnte ihnen sagen, wie lange dieser Zustand anhalten würde. Die Ungewissheit zerfraß sie von innen heraus. Man hatte sie einfach so aus ihrem Leben gerissen, einen Stillstand hervorgerufen, ohne dass sie wussten, wann es weiter gehen würde. Darüber, wovon diese Entscheidung am Ende abhing, wollte die junge Frau jedoch lieber nicht weiter nachdenken… Neun Tage. So lange schon hatte keiner mehr etwas von ihm gehört. So lange schon befand er sich in den Händen dieser Monster. So lange schon hofften sie, dass er noch lebte… Rans Atem zitterte, wollte offenbar nicht in ihrer Lunge blieben, während ihre Augen zu brennen begannen. Wieder hatte er eine Entscheidung ohne sie getroffen, hatte sein Leben gegeben, um ihres zu retten und hatte sie zurück gelassen. Allein… „Shinichi…, du verdammter Idiot!“ Eine warme Träne rann ihr über die Wange, hinterließ eine kleine rote Spur, bis sie endlich der Schwerkraft nachgab und die eben erst abgetrocknete Reisschalte erneut benetzte. Gleichzeitig suchte Kazuhas Hand die Schulter ihrer Freundin auf, ihr waren weder Rans Blick noch ihr gewisperter Fluch entgangen. Die junge Mutter bemühte sich erst gar nicht Rans Blick zu fangen, viel zu sehr fürchtete sie sich davor, dass diese dann ihre eigene Unsicherheit erkennen könnte. „Sie werden ihn finden, Ran…“ Kazuha schluckte, hörte wie ihre Stimme schwankte und machte es ihr schwer, ihren eigenen Worten zu glauben. „…ganz sicher.“ Ran aber reagierte nicht, kniff die Augen zusammen und wischte sich mit dem Handrücken unwillig die Spuren ihrer Tränen aus dem Gesicht. Sie hatte genug geweint, schon lange genug. Ihre blauen Augen richteten sich starr aus dem Fenster, ihr Blick versank in dem grauen Nebel, während sie sprach. „Wir sollten ihnen helfen.“ Die Stimme der jungen Lehrerin klang bitter, zu hart für ihre Lippen. „Wir sollten ihn suchen…“ Kazuha schluckte, wandte den Blick von ihrer Freundin ab. Natürlich sollten sie das… Keiner von ihnen konnte es ertragen, einfach still da zu sitzen und zu warten, besonders Ran und seine Eltern nicht. Mehr als einmal hatten sie sich deswegen mit dem FBI angelegt und mehr als einmal hatte ihnen Jodie erklärt, dass das nicht ging. Das es das sicherste für die Ermittlungen wäre, wenn sie hier blieben, außer Schussweite, so hatten sie die besten Chancen ihn zu finden, ohne ein weiteres Leben zu riskieren. Einsehen wollte das jedoch keiner von ihnen. Und erst der immer etwas verbittert aussehende FBI Agent Akai hatte Rans Zorn mit seinem trockenen Tonfall Einhalt gebieten können… „Du solltest ihm ein wenig Dankbarkeit erweisen. Er hat alles riskiert um dich und alle anderen in Sicherheit zu wissen, willst du diesen letzten Gedanken, der ihm am Leben hält, wirklich zerstören?“ Der Gedanke an die kühle Stimme des Agents schickte erneut eine Gänsehaut über den Rücken der Osakanerin. Dennoch fiel es ihr schwer ein Seufzen zu unterdrücken, lange hatte Rans Einsicht nicht angehalten und dennoch war sich die junge Mutter sicher, dass nur diese Worte sie überhaupt noch an das fremde Haus banden und Ran von einer Dummheit abhielten. Sie schluckte, zog den Stöpsel aus dem Spülbecken und beobachtete, wie die das trübe Wasser mit einem leisen Gurgeln im Abfluss verschwand. „Sie werden es uns sagen, wenn wir etwas tun können Ran, bis dahin-…“ Doch das Geräusch der Haustür ließ die junge Frau in ihrem Satz inne halten, so fremd das viel zu große Haus noch immer war, das war ein Geräusch das sofort erkannte. Geistesabwesend trocknete sie sich die Hände am Geschirrtuch ab, ihr Blick hatte sich schon längst Richtung Tür verschoben, während sie sprach. „Sieht aus, als wäre Heiji gekommen, vielleicht hat er diesmal Neuigkeiten für uns?“ Kazuhas unsicherer Tonfall veranlasste nun auch Ran dazu, sich ihr zuzuwenden. Sie konnte ihrer Freundin an der Nasenspitze ansehen, dass diese mit sich haderte, zu ihrem Ehemann zu gehen, oder ihr noch ein Weilchen Beistand zu leisten. Ein kurzes Lächeln schlich sich auf Rans Lippen. „Ja, vielleicht… Geh du ruhig schon mal vor Kazuha, ich werde uns einen Tee Kochen, schließlich dauern Heijis Berichte ja meistens ein wenig länger. Ich komme dann nach.“ Die Osakanerin zögerte kurz, nickte dann und verschwand aus dem Raum, sah nicht, wie das Lächeln auf Rans Lippen wieder verblasste. Ihre Hände suchten nach dem Teekocher, doch ihr Verstand war ganz woanders, während ihr das Atmen immer schwerer fiel. Neun Tage waren nun fast vorbei… Neun Tage,… und sie hatten gar nichts. Seine Zunge fühlte sich nach dem unnützen Drumherumgerede schwer an, seit drei Tagen war er nicht mehr hier gewesen und konnte ihnen doch keine neuen Ergebnisse vorweisen. Selbst der FBI Agent mit der zerzausten Frisur machte mittlerweile einen unzufriedenen Eindruck, während seine Frau sich auch bei dieser „Besprechung“ nicht hatte sehen lassen. Für einen Moment kam der Kommissar nicht umhin, sich die Frage zu stellen, was Tracy den ganzen Tag so trieb? Dann aber verwarf Heiji den Gedanken wieder und genoss für diesen Moment nur das ruhige Atmen von Kazuha an seiner Seite, die Haiku auf ihrem Schoß in den Schlaf kraulte. Die Stille jedoch, die seine Informationen im Raum hinterlassen hatte, lag schwer auf ihnen. Das einzige Geräusch im Haus war Rans Treiben in der Küche, die schon eine geschlagene halbe Stunde einen Tee kochte. Mori hatte Ansätze gemacht, ihr zu helfen, ehe Eri ihn mit einem leichten Kopfschütteln davon abgehalten hatte. Heiji seufzte, fuhr sich unwirsch übers Gesicht und spürte, wie sich ein Dreitagebart ankündigte und versuchte, das letzte Bisschen Hoffnung in seine Stimme zu legen, das er an diesem Abend noch auftreiben konnte. „Das FBI arbeitet jetzt mit der CIA zusammen, sie versuchen so den Kontakt zu Kir wieder aufzubauen, vielleicht kann sie-…“ Doch das Klingeln seines Handys unterbrach den Kommissar in seinem Satz, sofort kehrte Leben in die kleine Gruppe zurück, die gespannt beobachtete wie Heiji sein Mobiltelefon hervor kramte um selbst, mit einem nicht minder erhöhten Puls das Gespräch anzunehmen. „Hauptkommissar Megure was-?“ Weiter aber sollte der Osakaner nicht kommen, ehe ihn Megures aufgebrachte Stimme unterbrach. „Heiji, schalt den verdammten Fernseher an!“ „Was?“ „Die Nachrichten, tu´s einfach. Das kann doch nicht wahr sein…“ Die Stimme des älteren Beamten klang heiser und der letzte Teil seines Satzes schien nicht für seine Ohren bestimmt gewesen zu sein. Heiji spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte, ihm Kälte in die Fingerspitzen zog, während er sich unruhig im Raum umsah. „Megure, Sie wissen wo ich bin, halten Sie das wirklich-…“ „Gott verdammt, Hattori! Jetzt mach schon!“ Der Kommissar nickte, suchte unruhig nach der Fernbedienung während ihm Megure ins Ohr schwieg und die anderen sein Verhalten mit leichter Verwunderung beobachteten. Als er dann jedoch die Nachrichten anschaltete, achtete niemand mehr auf den lautlosen Fluch des jungen Kommissars. „- diese Amateuraufnahmen wurden unserem Sender eingeschickt und richten sich an die Öffentlichkeit.“ Der Nachrichtensprecher wirkte ein wenig blass um die Nase, das Skript in seinen Händen zitterte bei genauerem Hinsehen, während er sich immer wieder durch das ohnehin schon zerzauste Haar fuhr und die Arbeit der Maskenbildnerin damit wohl gänzlich ruinierte. „Wir haben das genannte Video lange auf Echtheit geprüft, sodass wir uns erst heute dazu entschlossen haben, Ihnen diese Bilder nicht länger vorzuenthalten.“ Damit verschwand das Bild des erregten Nachrichtensprechers, tauschte seinen Platz mit einem Kamerabild, das man zwar nicht als schlecht bezeichnen konnte und doch nicht die Qualität des professionellen Nachrichtenstudios hatte. Das Objektiv war auf das einzige fixiert, das man in dem kleinen Raum finden konnte, ein Schreibtisch, hinter dem ein gut lesbares Exemplar der New York Times hing, vor dem er Platz genommen… William Bell. “Okay, that should work for now…“ Die weibliche Stimme lenkte Bells Blick von dem Objektiv ein wenig ab. “Are you sure, Tracy? Shouldn’t we-“ Die Frau im Hintergrund atmete geräuschvoll aus, zeigte jedoch keinen Funken von Ungeduld in ihrer Stimme. “You know, you don´t have to do it, it was your idea after all…“ Man konnte sehen wie der Amerikaner schluckte, den Blick jedoch nur kurz abwandte ehe er erneut sprach. „I- doch, doch ich muss.“ Der plötzliche Umschwung der ausländischen Stimme mochte für andere seltsam gewirkt haben, während es die Personen im Raum nicht einmal registrierten. Ein hilfloses Lächeln zeichnete sich auf William Bells Lippen ab. „Ich weiß nur nicht wie ich anfangen soll…“ “Just do it, we always have the chance to cut something out, or delete the whole damn thing, when you´ve come to your senses again. Just try it…” Der Kriminalistikprofessor reagierte nicht auf die Anspielung, sie hatten jetzt schon lange genug darüber diskutiert und schließlich war sie es gewesen, die ihm ihre Hilfe angeboten hatte. Also nickte Bell einfach, setzte sich ein wenig aufrechter in den Stuhl und atmete lange aus. Das Rauschen des Fernsehers überlagerte die plötzliche Stille, sodass man ihre Pumps auf dem kalten Parkett klappern hörte. Die Augen wanderten kurz vom Fernsehbildschirm zu der Chemikerin, die in den Raum getreten war, die selbst ein Handy am Ohr hatte, in das ein ungehaltener Agent Black hinein brüllte. Tracys Aufmerksamkeit aber galt weder ihrem Verlobten, seiner Familie oder Freunden im Raum, noch der erbosten Stimme ihres Vorgesetzten, ihre Blicke ruhten allein auf dem Gesicht, das sie erschaffen hatte, seinem Gesicht. Bells Stimme aber gewann auch die Blicke der anderen wieder. „Die Mafia, Yakuza, wir alle kennen Geschichten über diese Organisationen, jedes Land hat seine eigenen. Sie entziehen sich dem Gesetz und sind für die Justiz nicht fassbar, weil ihr Netz so fein gewoben ist das niemand zu ihnen durchdringen kann.“ Bells Stimme hatte einen bitteren klang, man konnte das Zittern seiner Atmung am Mikro hören, ehe er weiter sprach. „Heute möchte ich Ihnen eine weitere dieser Verbrecherorganisationen vorstellen, deren Reichweite sich bis über die Grenzen Japans hinaus erstreckt und doch kaum einem japanischen Polizeibeamten bekannt ist.“ Er schluckte, doch seine Tonlage wurde mit jedem Wort ernster. „Eine Organisation, die bisher nicht gefasst werden konnte, die sich dem Gesetzt immer wieder entzieht, weil sie scheinbar zu Mächtig ist. Die nie einen Fehler begeht oder einen Beweis hinterlässt.“ Die blauen Augen hinter Bells Brille, bargen einen nur allzu bekannten Glanz, ihrem scharfen Blick konnte sich niemand entziehen. „Heute aber, liefere ich Ihnen diesen letzten Beweis.“ Ein dumpfer Knall, vollendete seinen Satz, ließ sie mit einem Scherbenhaufen zu ihren Füßen zurück, während ihre Stimme kaum mehr als ein heiseres Wispern war. „Shinichi…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)