Blatt im Regen von Passer (oder: Versteck mich!) ================================================================================ Kapitel 3: Drei --------------- Titel: Blatt im Regen Autor: Keema-chan Disclaimer: Die gehören alle mir *_________* Teil: Drei Email: kyubimon1@gmx.de Warnung: Evt. lemon/lime, auf jeden Fall sap Kommentar: Puh, genau eine Woche nach dem letzten Kapitel xD Okay, ich geb's zu, ich konnte euch das neue Kapitel nicht vorenthalten u.u' Gut, aber ich bitte euch, wenigstens einen Kommi zu hinterlassen, von wegen "Gefällt mir" - das reicht doch schon T^T Ich würd nur gern wissen, wer das hier alles liest, weiß ja nicht, ob alle die FF auf ihrer Favoliste haben... *sfz* Nya, das nächste Kapitel könnte evt. etwas länger als eine Woche dauern, schon mal ne Warnung ^^' ____________________________________________________________________________ „Cain“, bat ich. „Cain, hör mir doch zu. Wenigstens nur eine Minute.“ Nichts. Kein einziges Geräusch, keine Regung war zu hören. Ein letztes Mal versuchte ich es noch, dann sagte ich leise: „ein letztes Mal, es tut mir Leid, Cain. Nur, dass du es weißt. Ich muss jetzt wieder zurück. Wenn du Hunger hast, nimm dir einfach etwas...“ Dann entfernte ich mich von der Tür des Abstellzimmers, kehrte aber noch einmal zurück. „Ach ja, ich nehme Umbrella mit, du brauchst dir also keine Sorgen zu machen, ihr über den Weg zu laufen oder mit ihr spazieren gehen zu müssen...“ Also schnappte ich mir, noch immer mit einem sehr schlechten Gewissen, Leine und Hund und verließ das Haus. Die Sonne strahlte auf die immer noch vom Nachtregen feuchte Straße herab und spiegelte so gar nicht wieder, was sich in meinem Inneren abspielte. Zum Einen wollte ich Cain nur zu gern erklären, dass es mir so unendlich Leid tat, ich ihm nicht zu nahe hatte treten wollen, aber ich hatte es doch schon versucht. Zum Anderen aber war ich ein wenig sauer, dass er alles die Goldwaage legte und sich dermaßen sehr zu Herzen nahm. Ich wusste, ich war eigentlich der Letzte, der ihn so ausfragen durfte, schließlich kannte ich ihn erst seit einem Tag oder weniger. Aber ich wüsste doch schon gern, wer die Leute waren, die ich rettete und bei mir wohnen ließ. Was war nur so Schlimmes geschehen, dass er solche Qualen erlitt, wenn man ihn danach fragte? Seufzend zog ich Umbrella in das Geschäft und hängte das Schild, das vorher das Wort „Geschlossen“ gezeigt hatte, um, sodass nun „Geöffnet“ darauf zu lesen war. Den Hund brachte ich in den hinteren Teil des Shops, wo ich auch meine Kleidung ablegte. Dann begrüßte ich den nächsten Kunden, dem ich bei der Auswahl von einem Starterset Aquarell helfen sollte. Nach zwei Stunden bereits begann mein Magen wieder zu knurren. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr – ebenfalls ein Geschenk meiner aufmüpfigen kleinen Schwester. Es war kurz nach Vier. Kein Wunder, dass ich Hunger hatte, schließlich hatte ich, nachdem Cain aus der Küche gerannt war, keinen Bissen mehr anrühren können. Erst jetzt fiel mir ein, dass das Geschirr samt Nahrung noch auf dem Tisch stand, daneben die Flasche Apfelschorle, die sich langsam erwärmte. Ich verscheuchte den Gedanken und konzentrierte mich wieder auf das Gesamtverzeichnis der Haarpinsel, das ich immer zu Rate zog, wenn niemand im Geschäft war und ich mich ablenken wollte. Weitere zwei Stunden später wuselte Umbrella im Laden herum, und ich schloss die Tür von außen ab. Ich atmete tief ein – diese Regenluft tat einfach nur gut. Auf dem Weg nach Hause ging ich absichtlich langsam und nahm sogar einen Umweg. So war ich noch unterwegs auf einem kleinen Schaufenstertrip, stand aber wohl oder übel irgendwann auf der Stufe vor der Haustür. Ich öffnete den Briefkasten und holte die Post heraus. Vorsichtig steckte ich den Schlüssel ins Türschloss. Ich zögerte. Quatsch, Adrian, dachte ich, das hier ist dein Haus! Warum gehst du nicht einfach rein? Also schloss ich auf, Umbrella stürmte einem Wirbelwind gleich in die Küche, wahrscheinlich dem Geruch der vor sich dahin vegetierenden Salami hinterher. Aber als ich mich von Jacke und Schuhen befreit hatte, erlebte ich eine Überraschung: Der Tisch war ordentlich aufgeräumt, es stand sogar eine kleine Glasvase mit Blumen in der Mitte. Und die Setterdame umsprang niemand anderen als – Cain. Er blickte mich mit geradezu schüchternen Augen an und hatte sich an die Theke gelehnt. Er lächelte unsicher. „Hallo... Adrian.“ Bei seiner Stimme lief mir unwillkürlich ein Schauer über den Rücken. Doch so leicht wollte ich ihm sein Lächeln nicht abnehmen. „Hallo, Cain“, erwiderte ich zögerlich. „Schön, dass du den Tisch frei geräumt hast. Danke.“ Er winkte ab – eine ungewöhnliche Geste, die nicht zu seiner gespielt lässigen Körperhaltung passen wollte. „Kleinigkeit.“ Schweigend schob ich eine Tiefkühlpizza in den Ofen – zum Kochen war ich nicht in der Laune. Das hätte ganz sicher grauenvoll geschmeckt, und das wollte ich dem Jungen nicht zumuten. So saßen wir dann am Tisch und knabberten stumm an unserem Pizzastück herum. Der Käse klebte zäh in meinem Mund, die Oliven schmeckten lasch und ohne jeglichen Geschmack. „‘Tschuldigung“, platzte es schließlich aus Cains Mund heraus. Ich sah auf. „Für was?“ „Na, dass ich mich so blöd benommen habe...“ Eine kurze Pause. „Ich würde dir wirklich gern erzählen, was passiert ist...“ Eine glatte Lüge. „Ich brauche nur etwas Zeit.“ Ich nickte. „Verständlich.“ Ich wollte nicht gekränkt sein – aber ich konnte es einfach nicht verhindern. Als die Pizza aufgegessen und die Gläser geleert waren, erhob sich Cain und streckte sich ausgiebig. Er blinzelte, und ich sah ihn fragend an. „Ich dachte mir, ich könnte wieder gutmachen, was ich heute Vormittag verbockt hab...“ Sein absolut unschuldiges Lächeln ließ mich erschaudern, und ich wandte schnell den Blick ab, war nicht imstande, den Blickkontakt zu halten. Ein unangenehmes Zwicken in der Brustgegend machte mich darauf aufmerksam, dass ich wahrscheinlich mehr von ihm wollte als den bloßen Kontakt... Cain sah mich noch einmal an, dann fing er an, durchs Haus zu stromern, um nach Umbrella zu suchen. Ich blieb sprachlos am Tisch sitzen und starrte den leeren Teller vor mir an, legte die Hände an die Schläfen, als hätte ich Kopfschmerzen. Ich hätte es fast vergessen zu erwähnen. Ich war schwul. Ich hasste dieses Wort, es klang so aussätzig und grauenvoll; ich hatte es noch nie gewagt, es in den Mund zu nehmen. Und doch konnte ich mir selbst die Wahrheit nicht verleugnen – der Grund, warum meine Schwester stets besorgt um mich war, immer nachfragte, wie es meiner Freundin gehe, die ich doch noch nicht einmal hatte, der Grund, warum ich nie in ‚normale‘ Bars gegangen war – er war schlicht und einfach der, dass ich mich nur in Jungen verliebte. Die Erkenntnis, dass ich womöglich ‚etwas von Cain wollte‘ – schon wieder so ein blöder Ausdruck – schwebte momentan noch sehr unsicher in mir herum. Und machte mir beinahe Angst. Ich hatte mich schon oft zu Jungen hingezogen gefühlt, mit anderen Typen in der Gaybar über sie geschwärmt, aber solche Schmetterlinge hatte ich noch nie gespürt. Ein lautes Bellen und Cains Geschrei hallten durch das Haus. Abrupt sprang ich auf und folgte den Geräuschen. Ich fand die beiden im Abstellzimmer; Cain hatte sich in einem Winkel hinter dem Schlafsofa verkrochen, nur der Hügel, der von der Wolldecke verhüllt wurde, zeugte von seiner Anwesenheit. Umbrella versuchte mit lautstarkem Winseln, an ihn heranzukommen. Lachend kam ich herein und packte die Hündin am dunkelroten Lederhalsband, zog sie sanft aber bestimmt zu mir heran. „Du kannst rauskommen“, kicherte ich, die eine Hand vor dem Mund. Kurz regte sich der Hügel, dann ertönte die Stimme des Jungen: „B... Bist du dir sicher?!“ Aber ohne eine Antwort abzuwarten, kam er hervor und lehnte sich leicht gegen das Sofa, atmete schneller als sonst. Umbrella versuchte sich loszureißen, aber ich hielt sie eisern fest. „D – Dieses Vieh!“ Anklagend zeigte er mit dem Finger auf den Hund neben mir. „Dieses Vieh hat mir aufgelauert!“ Sein Zittern war mir wohl aufgefallen. Ein leises Lächeln huschte über meine Züge, von ihm unbemerkt. Zum Glück. „Sie mag dich“, sagte ich unnötigerweise. Ein unwilliges Grummeln seinerseits. Dann forderte ich ihn mit einer Geste auf, sich von der Decke zu befreien; ich hörte, wie er mir folgte. „Ich glaube, ich komme besser mit“, schmunzelte ich, und wir zogen uns im Flur an, wobei Cain regelmäßig den Sicherheitsabstand zu Umbrella überprüfte. Auf der Straße herrschte, wie so oft, Einsamkeit. Langsam wurde es mir unheimlich. Warum kamen die Leute nie heraus, wenn die Sonne gerade mal nicht so viel für dieses Dorf übrig hatte? Umbrella lief leinenlos ein paar Meter vor uns, beschnüffelte hin und wieder eine der gerade angehenden Straßenlaternen. Ein Auto fuhr die Straße entlang, mit den Rädern die Pfützen aufspritzend. „Kann es sein, dass du wirklich Angst vor Hunden hast?“, fragte ich Cain. Ohne den Blick von seinen Füßen zu nehmen, nickte er. „Schon immer, eigentlich...“ „Warum wolltest du dann allein mit ihr rausgehen?“ „Naja...“ Er murmelte kaum verständlich. „Schließlich muss ich mich ja irgendwie revanchieren...“ Ich lächelte und winkte ab, aber er ließ sich davon nicht beeindrucken. Die nächsten Minuten gingen wir schweigend nebeneinander her. Die eine Hand hatte ich in der Hosentasche, in der anderen hielt ich die Leine. Cain hob seinen Blick nicht einmal. Ich hätte zu gerne gewusst, was in ihm vorging... Plötzlich hielt Cain an, ich blieb zwei Meter vor ihm stehen. Knapp vor uns untersuchte Umbrella etwas und stieß es mit der Pfote an. Ihre Nase hing tief über dem Boden. Mit einem lauten Schrei, der mich erschrocken zusammenfahren ließ, stürzte der Junge auf die Hündin zu, die sogleich etwas verängstigt zurückwich und die Ohren leicht nach hinten legte. Cain hockte sich dorthin, wo sie gerade geschnuppert hatte, und hob etwas sehr vorsichtig, als wäre es zerbrechlich, mit beiden Händen hoch. Vorsichtig ging ich zu ihm hin, hielt Umbrella auf Abstand von uns. Erst dann öffnete er seine Hände und ich konnte sehen, was sich darin befand. Dort, auf seinen Handflächen, lag ein winziger Vogel. Er war ganz nass, als hätte es eben erst geregnet, und fiepte schrill. Ich schaute nach oben, aber neben uns stand kein Baum, von dem er hätte fallen können. Ich runzelte die Stirn. „Ich nehme ihn mit“, sagte Cain leise und mit einer solchen Entschlossenheit, die ich noch gar nicht von ihm kannte. „Ähm...“, wollte ich einwenden, doch ich erntete nur einen blitzenden Blick und schwieg lieber. Langsam aber sicher tauschten wir die Rollen. So kam es, dass wir wieder nach Hause gingen, er den Vogel in den Händen, ich mit der angeleinten Umbrella hinterher, und ich die Tür wieder aufschloss. Er stürmte geradezu hinein, nachdem er die Schuhe achtlos draußen stehen gelassen hatte, und gleich ins Bad, um was weiß ich mit dem Tier anzustellen. Derweil deckte ich den Tisch für das Abendessen. Als Cain wiederkam, trug er ein großes Handtuch auf den Armen, in dessen Tiefen vermutlich irgendwo der Vogel stecken musste. Jedoch regte sich nichts. Ich wies ihn an, sich zu setzen. Wohlbehütet legte er das Bündel neben seinen Teller und begann schweigsam zu essen. Hin und wieder warf er einen prüfenden Blick auf das Pack. Ich war erstaunt, mit was für einer Fürsorge sich der Junge um das winzige Tier kümmerte. Andere hätten das Ding überhört und wären weitergegangen, weil es ohnehin nicht viel Hoffnung auf ein Überleben gegeben hätte; Cain aber kümmerte sich darum. Er schien eine Kämpfernatur zu sein. „Äh... Cain?“ Er schaute zu mir auf. „Was hast du jetzt vor mit dem Kleinen?“ Lebt er überhaupt noch? wollte ich hinzufügen, aber das wäre dann doch etwas taktlos gewesen. Einen Moment schwieg Cain, rang sich dann aber doch zu einer gemurmelten Antwort durch. „Ein Freund hat immer gesagt... man solle unschuldiges Leben retten, egal, was es kostet.“ „Das war keine Antwort auf meine Frage“, erwiderte ich sanft. „Na, nach was sieht’s denn aus“, fauchte er plötzlich. „Ich werde den Vogel aufpäppeln und wieder ins Freie bringen.“ „Tut mir Leid, wenn ich dir zu nahe getreten bin...“ Wieder ruhte die Stille wie ein großes Tuch über uns. Man konnte die Uhr an der Wand ticken hören, und die Anzeige an der Mikrowelle blinkte immer noch. „War nicht deine Schuld. Ich muss mich entschuldigen.“ Er seufzte schwer und starrte die Holzmaserung des Tisches an. „Aber so bin ich nun mal. Es ist, als hätte ich zwei Seiten...“ Irgendwie wirkte er zerknirscht. „Ist kein Problem“, zögerte ich. „Jeder hat mal... kritische Phasen.“ Obwohl sie bei ihm ganz besonders oft vorkamen, fügte ich in Gedanken hinzu. Cain stand auf und nahm vorsichtig wieder das Handtuch mit dem Vogel darin an sich. „Ich gehe dann mal schlafen...“ „Gute Nacht“, sagte ich nur. Er war schon halb aus der Küche verschwunden, als ich ihn noch einmal zurückrief. „Ach, Cain? Morgen Vormittag habe ich mir frei genommen. Du brauchst dringend neue, eigene Kleidung, wenn du weiterhin bei mir wohnen willst.“ Ich grinste. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)