Blatt im Regen von Passer (oder: Versteck mich!) ================================================================================ Kapitel 13: Dreizehn -------------------- Teil: Dreizehn Email: kyubimon1@gmx.de Warnung: Evt. lemon/lime, auf jeden Fall sap Kommentar: Hupsa, hab ich doch glatt vergessen, das hier hochzuladen. Dabei wollte ich heute bereits vierzehn hochladen... Nya, gibt's eben zwei Kapitel <.< Ach ja, es wäre toll, wenn mir JEDER, der eine Benachrichtigung bei einem neuen Kapitel bekommen möchte, das in seinen Kommi schreibt. Ich kann mir das einfach nicht merken und fertige dann mal eine Liste an ^^° Viel Spaß beim Lesen ;D ____________________________________________________________________________ Ich blinzelte, einerseits verwirrt, andererseits aufgeregt. Der Kuss, der von ihm ausgegangen war, hatte mich ganz schöne Nerven gekostet. Jetzt noch fühlten sich meine Arme an wie durch einen Schraubstock befestigt. Mein Atem ging schneller als sonst; ich saß aufrecht und stocksteif auf der Couch, starrte ihn an, er blickte zurück wie ein verängstigtes Tier. Das Feuer in seinem Rücken flackerte nun schwächer geworden, und es herrschte abgesehen von den wenigen Geräuschen eine unangenehme Stille. Keiner wagte etwas zu sagen. Nach ein paar Minuten des Nichtssagens begann ich, unruhig auf meinem Hintern hin und her zu wippen, dabei immer nervöser werdend. Natürlich merkte Cain das, er wandte den Kopf errötend zur Seite. Ich konnte sehen, wie er die Hände, die er bis jetzt auf den Boden gestützt hatte, um sich von dem Sturz abzufangen, in seinem Schoß zu Fäusten ballte. „Es... tut mir Leid“, kam es gehaucht von ihm. Ich hätte es fast nicht gehört. Endlich konnte ich mich aus meiner Starre lösen und wechselte in eine bequemere Position. Ich beugte meinen Oberkörper vor, sodass dieser halb über das Sofa hinausragte. „Das braucht dir nicht Leid zu tun.“ Und ich konnte es nicht verhindern, eine Hand zu heben und einmal über seine Wange zu streichen. Danach blieb sie weiterhin ruhig dort liegen und verriet nichts über meine innerliche Aufgewühltheit. Seine Augen fixierten mich und hielten sich gleichzeitig an mir fest. Sein Mund war leicht geöffnet, und ich sah, wie er schluckte und plötzlich wieder hastig den Blick senkte. Doch ich konnte und wollte diesen Moment nicht einfach überspielen. Als hätte ich nicht schon genug angerichtet, fragte ich ihn, warum er das getan hatte. Schön blöd von mir... Das klang ja jetzt doch so, als würde ich ihn für das, was er getan hatte, verurteilen – dabei war ich wirklich nur verwirrt und wollte doch nur den richtigen Grund dafür wissen! Allerdings war alles, was ich als Antwort erhielt, ein noch tieferes Rot in seinem Gesicht und schnellere Blicke von links nach rechts. Unter mir, natürlich. Ich senkte die Augenlider ein wenig und rutschte von dem Sofa. Meine Hände fanden den Weg auf seine Schultern, und ohne weiter darüber nachzudenken, was ich tat, ohne zu zögern, beugte ich mich nun meinerseits nach vorn, um sanft meine Lippen auf ihre Gegenstücke zu legen. Überrascht weiteten sich Cains Augen, als die Berührung in sein Inneres durchdrang. Er schien so zerbrechlich in meinen Armen, als ich dieselben nun fest um seinen Körper schlang und ihn an mich zog. Sicher und beschützt war er dicht an mich gepresst, während meine Zunge sanft gegen seine noch immer geschlossenen Lippen stupste und ihn auffordern wollte. Zögerlich öffnete er sie, nicht wissend, was jetzt auf ihn zukam. Er schien so zerbrechlich... Zärtlich umspielte ich seine Zunge, strich immer wieder darüber hinweg; unsere Augen waren schon längst geschlossen. Es verging eine Ewigkeit, bis ich endlich eine Erwiderung von seiner Seite aus bemerkte. Und mir ein Husten entfuhr. Erschrocken wichen wir beide voreinander zurück; er schlug sich die Hand vor den Mund, den ich eben noch geküsst hatte, ich hockte da, als wäre ich bei etwas sehr Peinlichem entdeckt worden. Was ja in einer gewissen Weise stimmte. Unser beider Atem ging rasch, und noch immer konnten wir unsere Blicke nicht voneinander lösen. Ich wagte es nicht, irgendetwas zu sagen – eine Entschuldigung wäre unpassend gewesen. Vor allem, da ich ja vorher gesagt hatte, dass er sich für so etwas nicht entschuldigen müsse. Deshalb wandte ich nur verlegen den Kopf zur Seite, ebenso wie er. Wäre jetzt meine Mutter ins Zimmer gekommen – mein Gott, ich wollte mir gar nicht ausmalen, was dann geschehen wäre. Aber meine Eltern waren höchstwahrscheinlich schon längst in ihrem Bett. Der Film war nicht gerade kurz gewesen. Eine Weile blieben wir so auf dem Boden sitzen, bis ich eine Bewegung über meinem Blick wahrnehmen konnte. Cain kam auf mich zu gerückt, und nur einen Moment später spürte ich, wie er seinen Kopf an meiner Halsbeuge vergrub; seine Wimpern kitzelten meine Haut, als er die Augen schloss. „Ich weiß immer noch nicht, was es ist...“ Seine Stimme klang merkwürdig schief, aber ruhig. Er schüttelte den Kopf, wie um seine Worte zu bekräftigen. „Ich weiß nur, dass ich mich wohl fühle.“ Fragend wollte ich mein Haupt heben, den ich wie aus einem Reflex auf seinem Haar abgelegt hatte, aber seine Finger krallten sich fester in mein Hemd, sodass ich es bei dem Versuch beließ. „Was meinst du mit wohl?“, fragte ich. Ich musste es einfach wissen. Es von ihm hören. Jetzt war er es, der den Kopf anhob, um mir in die Augen sehen zu können. Dieses unschuldige Rehbraun... Ich schluckte. „Bei dir“, hauchte er und beugte sich wieder vor, um mich zu küssen. Es war ein leidenschaftlicher, zugleich zärtlicher, und vollkommen von beiden Seiten gewillter Kuss. Erst strichen seine Hände beinahe schüchtern über meine Oberarme, die durch das viele Malen einiges an Muskeln angesetzt hatten, dann umschlossen sie diese sanft, um mich noch näher an sich ziehen zu können. Keuchend schnappte ich kurz nach Luft, nur um meine Lippen sofort wieder hungrig auf die seinen zu senken. Der Fernseher lief noch immer, aber die Musik war in unser beider Ohren abgeschaltet. Es gab nur noch uns... Den einen für den anderen, und den anderen für den einen. Wir verloren das Gleichgewicht auf dieser Welt und flogen... Ja, wohin eigentlich? Ich verstehe es noch immer nicht... Doch statt den Kuss zu unterbrechen, schaltete ich endlich meinen Verstand aus, der sich weiterhin unsinnige Fragen, auf die ich sowieso keine Antworten bekommen würde, stellte, und gab mich vollkommen hin. Es schien eine Ewigkeit und noch viel länger zu dauern, als wir uns wieder voneinander lösten – und viel zu kurz. Ich blinzelte ihn ein wenig durcheinander an und fuhr mir mit einer Hand durch das zerstrubbelte Haar. Das war... unglaublich. Und es ist kein Traum. Die Realität. Cains Augen blieben nur ein paar Sekunden an den meinen hängen, ehe er meinem Blick nicht mehr standhalten konnte und den Boden suchte. Ich schluckte. Und jetzt? Ich lehnte mich zurück an das Sofa und legte den Kopf nach hinten. Die eine Hand legte sich auf meine linke Schläfe und massierte sie sacht. Jetzt musste ich erst einmal verarbeiten. „Hab... Habe ich etwas falsch gemacht?“, kam es sehr, sehr leise. Augenblicklich richtete ich mich wieder auf und beugte mich leicht nach vorn – ich legte die Hand unter sein Kinn und hob sanft seinen Kopf an, sodass er gezwungen war, mich anzusehen. „Ganz im Gegenteil, Cain“, flüsterte ich und strich einmal mit dem Daumen über seine Wange hinweg. „Es ist nur... so plötzlich. Verstehst du?“ Irgendwie kam ich mir gerade vor wie im falschen Film... Schließlich war ich doch derjenige gewesen, der mit der ganzen Sache angefangen hatte, und jetzt kam es mir zu schnell? „Lass uns... schlafen gehen, ja?“, meinte ich mit ernster Miene. Er nickte. Dann erhob ich mich und zog ihn an seiner Hand auf die Beine. Das gesamte Haus war dunkel, und hier im Flur war es kalt. Es schien wirklich niemand mehr wach zu sein. Seine Hand lag immer noch in der meinen; sie war kalt. Überhaupt schien sie sich genauso anzufühlen, wie sein gesamter Körper immer aussah – dünn, knochig, kalt. Leblos träfe es vielleicht auch. Man hätte meinen können, er sei zu den Kaltblütern übergewechselt. Er folgte meinen schnellen Schritten die Treppe hinauf, wo alle Schlafzimmer lagen. Mein altes Zimmer lag ganz am Ende des Flurs, unter einer Dachschräge, die es nur nach hinten hin gab. Als ich die Tür öffnete, wehte mir erst einmal ein ordentlicher Schwall Erinnerungen entgegen. Da, der Teddy, den ich so geliebt hatte... Oder der kleine Gameboy, der immer noch an dem gleichen Platz lag wie immer... Selbst die Bücher hatten sie nicht aus den Regalen genommen! Genau wie jedes Jahr. Ich ließ mich auf das Bett fallen und bedeutete Cain, neben mir Platz zu nehmen. Neugierig, und ohne den Blick von all der Einrichtung zu nehmen, folgte er meiner Geste. „Das ist... war also dein Zimmer?“ Ich nickte. „Es ist toll, wenn man einmal im Jahr zurück in seine Kindheit fährt und all das genauso vorfindet, wie es einst gewesen ist, als man mit diesen Dingen noch richtig zu tun hatte.“ Er hatte die Hände unter seinen Schoß geschoben und machte einen irgendwie nervösen Eindruck. „Bist du aufgeregt?“, fragte ich dreist. Langsam wandte er den Blick ab und sah mich an. „Vielleicht... ein bisschen.“ „Warum?“ „Wegen dir.“ Tief in seinen Augen lag etwas, das mir versicherte, dass er es vollkommen ernst meinte. Und ehrlich. Ich traute mich nicht, mich zu ihm vorzubeugen; es war seltsam, aber ich hatte Hemmungen, ihn zu küssen, obwohl ich so etwas mit früheren Freunden immer ohne jegliche Scham getan hatte, auch wenn ich meinen Auserwählten erst seit ein paar Minuten gekannt hatte. Aber Cain... Ich kannte ihn bereits seit knapp zwei Monaten, und doch war es etwas anderes als sonst. Womöglich lag es daran, dass er einfach anders als die Menschen vor ihm war. Seufzend ließ ich mich rückwärts in die Matratze sinken und verschränkte die Arme unter dem Kopf, schaute an die eintönige, weiße Decke. „Ich könnte jetzt sagen, dass du das nicht zu sein brauchst. Aber ich weiß, wie du dich fühlst... Die Verwirrung, Angst aber auch ein merkwürdig gutes Gefühl... Vielleicht ist es etwas anders als bei mir damals, aber jeder macht so etwas Ähnliches durch.“ „Jeder?“ Cain lachte sarkastisch angehaucht auf. „Nicht jeder liebt den Partner seines eigenen Geschlechts.“ Ich blickte zu ihm. Ich konnte spüren, wie sich langsam aber sicher Wut in mir ausbreitete. Für diesen Moment hasste ich mich dafür, meine Gefühle einfach nicht unter Kontrolle bringen zu können. „Ach, das ist also dein Problem? Kannst du es nicht akzeptieren, jemanden zu lieben, der dir im Grunde von der Anatomie her gleich ist?“ Ich schnaubte. „Nein...“, erwiderte er zaghaft, aber es klang nicht wirklich so, als wolle er mich damit wirklich überzeugen. „Ich meine...“ „Ich will es nicht hören“, schnitt ich ihm das Wort ab. So war ich nun mal, und ich konnte es nicht ändern. Ich hörte anderen Leuten gern zu, sprach mit ihnen über ihre Probleme, spielte Kummerkasten. Ich sagte nie etwas weiter. Ich hatte für einfach alles Verständnis, außer in dieser Sache. Wenn jemand etwas gegen Homosexualität hatte und auch noch Vorurteile hegte, ging ich gleich an die Decke, und das wollte ich Cain ersparen. Er sagte nichts mehr dazu und schwieg. Unsere anfangs so schöne Laune schien verflogen. Aber wirklich, wie konnte man nur so... zwiespältig sein! Erst sagte er mir offen ins Gesicht, dass er sich wohl in meiner Nähe fühlte, und im nächsten Moment, dass er Schwule nicht mochte! Jedenfalls indirekt. Er spielte mit mir! Er spielte einfach nur! Ja, genau das war es. Es hatte vielleicht gerade erst angefangen, aber ich musste jetzt schon damit rechnen, ihm nicht zu nahe kommen zu können. Ich zog die fertig aufgepumpte Luftmatratze unter dem Bett hervor, die meine Eltern noch vor unserer Ankunft vorbereitet hatten. Darauf legte ich das restliche Bettzeug, schnappte meine Schlafsachen und ging ins Bad, um mich fertig zu machen. Schlafanzug anziehen, Zähne putzen und fertig. Als ich wieder ins Zimmer kam, lag Cain bereits unter der Federdecke und hatte die Augen geschlossen. Angezogen, natürlich. Ein lautloses Seufzen entfuhr mir. So konnte er doch nicht liegen bleiben. Und wieder einmal kam ich mir vor wie seine Mutter, die er doch eigentlich noch nie wirklich gehabt hatte. Ich setzte mich auf die Bettkante, stützte den Kopf in die Hände und beobachtete ihn. Ja, wie fühlte er sich wohl? Hier, in einem – nun, wenigstens die meiste Zeit über – fröhlichen Elternhaus und stets gut gelaunten Eltern, die sich um den Haushalt und das Wohl ihrer Kinder kümmerten. Fühlte er sich nicht richtig einsam? Verloren, fehl am Platze, falsch? Es würde mir wohl so lange ein Rätsel bleiben, bis er selbst auf mich zukam. Aber nicht mehr heute. Ich beschloss, ihn jetzt in seinem Schlaf nicht zu stören und packte mich selbst ins Bett, machte das Licht aus, schloss die Augen und schlief nur wenige Minuten darauf ein. Noch immer lag er mit weit geöffneten Augen im Bett und starrte auf das helle Rechteck, das das Fenster darstellte. Seit Stunden schon lag er jetzt wach – er hatte am Abend noch perfekt den Schlafenden gemimt, um Adrian keinen Grund zur Besorgnis zu geben. Er drehte sich ein wenig auf die Seite, um seine Position zu ändern und nun Adrian im Blickfeld haben zu können. Das Antlitz des Älteren wurde von dem fahlen Straßenlicht, das von draußen hereinschien – er hatte vergessen, die Vorhänge zuzuziehen – erleuchtet. Die lange, elegante Nase und die sanft geschwungenen Lippen hoben sich deutlich von dem Gesicht ab, standen im Gegensatz zu Kinn und Augenhöhlen. Die Stirn war glatt und schimmerte matt; sie weckte in ihm die Erinnerung an seinen Bruder. Er hatte eine ähnliche Stirn gehabt. Zu gern wäre er jetzt aufgestanden und hätte die seine an sie gepresst, nur um das alte Gefühl von Erinnerung wiederzuholen. Aber er verbot es sich. Was würde Adrian dann von ihm halten? Es war ja schon genug gewesen, was bereits zwischen ihnen geschehen war! Mehr durfte er nicht zulassen, mehr wollte er nicht zulassen... Allein um Scars Willen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)