Blatt im Regen von Passer (oder: Versteck mich!) ================================================================================ Kapitel 15: Fünfzehn -------------------- Teil: Fünfzehn Email: sca.ry@hotmail.de Warnung: Evt. lemon/lime, auf jeden Fall sap Kommentar: Jaa, jaa, ich weiß, dass ich euch ... ähm ... ganze *zweieinhalb Monate* sitzen gelassen habe u__u Gebt ihr mir noch eine Chance? Diese nicht eingeplante Pause hat mir sehr gut getan, und deshalb muss ich noch einmal Werbung für meine andere neue FF Werbung machen ^__^ Es ist ebenfalls Shônen-Ai (Was sonst n__n), aber mit Fantasy als Nebengenre. Sie nennt sich 'Der Traumwolf' und entsteht nach der Idee eines Bildes, das hier ebenfalls unter meinen Fanarts hochgeladen ist^^ Ich würde mich über Leser freuen :) Und nun genug des Gelabers.... Hier kommt Fünfzehn! ____________________________________________________________________________ Ich wusste nicht, wie ich es schaffte, mich mit Einkaufswagen durch die Kassenschlange zu drängeln, und das noch ohne zu bezahlen. Denn das Einzige, was mir jetzt noch in den Sinn kam, war, Cain nachzulaufen. Egal, wohin. Egal, wie weit. Ich liebte ihn. Ich hatte es doch schon vorher gewusst, aber jetzt wurde es mir erst richtig klar, was das überhaupt bedeutete... Ich würde alles für ihn tun. „Verdammt, ich kann doch auch nichts gegen das Auftauchen von diesem Mädchen tun!“, brüllte ich in den Abend hinein. Ja, es war mittlerweile dunkel geworden, so lange suchte ich nun schon nach Cain; gerade durchkämmte ich ein kleines Waldstück, doch nichts ließ hier auf seine Anwesenheit schließen. Mein Herz pochte vor Aufregung und Angst, und allein der Gedanke, dass ich ihn finden musste, ließ mir nicht schlecht werden. Schon damals, wo er bei uns zu Hause in den Wald abgehauen war, war ich ja besorgt gewesen – aber das hier war mindestens dreimal so schlimm. Denn es hatte eine andere Ursache. Ich konnte nicht mehr. Ich konnte einfach nicht mehr. Er hatte es allein mir zu verdanken, dass er nicht schon längst von den Sicherheitsleuten der Psychiatrie geschnappt worden war, und dann so etwas...! Langsam begann ich mich wirklich zu fragen, wie ich es bisher mit ihm, einem so sensiblen und zerbrechlichen Jungen, hatte aushalten können, ohne einen Nervenzusammenbruch zu erleiden. Er war einfach das pure Wrack. Nun half mir diese Erkenntnis auch nicht bei meiner Suche nach ihm weiter. Dieses Mal würde er sich nicht mit einem einfachen Baumast zufrieden geben, das hatte ich im Gefühl. Blieb nur zu hoffen, dass er diesmal wirklich nichts Schlimmeres als einfach nur das Abhauen an sich geplant hatte. Schluckend wehrte ich den Gedanken ab, bevor sich mein Gehirn weiter ausmalen konnte, was er vorhatte. Nach einigen weiteren Minuten stapfte ich zwischen die Sträucher hindurch und stand wieder am Waldrand. Der Weg vor mir war leer – einzig die Wiese auf der gegenüberliegenden Seite beherbergte Lebenszeichen. Pferde... Ich hatte schon oft auf dem Pferderücken gesessen, und das nicht nur, weil meine Tante ein kleines Gestüt besaß. Aber diese Tiere hatten weder Trense noch Sattel. Ich schluckte. Sollte ich es wagen? Schneller war ich so allemal... Mit geballten Fäusten und starrem Blick rannte ich hinüber zu der Weide – ich konnte es selbst noch nicht richtig fassen –, sprang mit einem geschickten Satz über den Zaun, um so wenig Zeit wie nur irgend möglich zu verschwenden. Jede Sekunde zählte; jede Sekunde, in der Cain sich wer weiß was antun könnte. Und das alles nur, weil er so sensibel war... So zerbrechlich, dass er gleich bei jeder leichten Berührung erschrak. Der Pferdekörper unter mir war warm und braun-weiß gescheckt. Es war kein großes Pferd, es verdiente noch nicht einmal diesen Namen. Es maß höchstens ein Meter dreißig im Widerrist. Und dennoch wagte ich mit meiner kleinen Erfahrung im Reiten, ohne Sattel und Zaumzeug, nur mit den Händen in der Mähne vergraben, über den mindestens einen Meter hohen Zaun zu springen. Es war so waghalsig, wie sich freiwillig in einen Fluss voller hungriger Piranhas zu werfen. Ich war lebensmüde geworden, aber das zu Recht. Für Cain. Ein harter Aufprall, ein zerschmetterndes Geräusch, und mir wurde für wenige Sekunden schwarz vor Augen. Hatte ich doch gewusst, dass das nicht gut gehen würde...! Stöhnend öffnete ich die Augen, die verschwommene Sicht verschwand sogleich wieder. An dem Schnaufen und unruhigen Heben der Hufe konnte ich hören, dass mein Reittier nicht davongelaufen war. Wenigstens etwas. Ich richtete mich auf und war unendlich erleichtert, als ich keine weiteren Schmerzen fühlte. Aber vielleicht lag das auch nur an der Situation. Mit einem entschlossenen Gefühl im Magen schwang ich mich wieder auf den Rücken des Ponys, und als hätte es nur darauf gewartet, stürmte es mit weit ausholenden Galoppsprüngen den Kiesweg entlang in Richtung Nirgendwo. Der Wind zauste durch mein kurzes Haar, und trotz seiner Länge, die so gut wie gar nicht vorhanden war, musste ich mir immer wieder nervige Strähnen aus dem Gesicht streichen. Und immer noch ging es mir viel zu langsam. Ich trat dem Tier förmlich in den Bauch, um es nur noch schneller durch die uns jetzt umgebende Innenstadt zu jagen. Einkaufende Passanten sprangen erschrocken aus dem Weg, kleine Kinder wurden von ihren Müttern von der Straße an die nächste Hauswand gezogen; ich erlebte dieses um mich herum gar nicht. Ich befand mich in einem Zustand des Wahnsinns, wollte nur noch schneller reiten, nur noch Cain finden, ihn in meine Arme schließen, um ihn nie wieder loszulassen. Egal, was er dachte. Egal, was er dabei empfand. Einfach alles war egal, ich wollte ihn nur noch finden. Selbst die Tatsache, dass ich gerade wie ein Berserker über das harte Straßenpflaster auf einem kleinen Pony ritt, interessierte mich nicht – es war ganz und gar schlichtweg egal. Und irgendwann musste ich dann wohl ein wenig die Kontrolle über das Tier verloren haben, denn plötzlich sah ich seine Gestalt wie im Rausch vorüberfliegen. Ich ließ die Mähne los, haute schreiend auf die Pferdeschulter ein, sah, wie die Ohren sich wütend nach hinten legten, aber stellte fest, dass es sich aufbäumte und zu meiner Erleichterung nicht mehr lief. Natürlich fiel ich herunter wie ein Stein. Ein Rutsch über die flache Kruppe, und ich hockte mit einem Mal ein wenig verdutzt mit dem Hintern auf der Straße. Das Pferd war weg. Aber ich war da! Blitzschnell war meine Verdutztheit vergessen, ich sprang auf die Beine und rannte wie wahnsinnig geworden in die Richtung, aus der ich gekommen war. Da war eine Brücke. Und dort stand er. Ich brüllte seinen Namen, und hörte nur einen Moment später ein lautes Platschen. „Nein!“ Ich war endlich bei dem Geländer der kleinen Holzbrücke angekommen und lehnte mich nun weit über das Wasser. Große Ringe zogen ihre Kreise auf der Oberfläche. „Nein“, flüsterte ich. Ohne weiter nachzudenken, zog ich mir die Jacke aus und den Pullover über den Kopf, Schuhe und Wollsocken aus, ein weiteres Platschen erklang. Mein gesamter Körper tauchte unter Wasser, und Kälte stach wie spitze Nadeln unter meine Haut. Ich versuchte, es so weit wie möglich zu ignorieren – er war jetzt wichtiger. Ich glaubte nicht, dass er schwimmen konnte. Mit kräftigen Schwimmzügen bahnte ich mir einen Weg durch das trübe Nass des kleinen Flusses. Fische und vor allem Algen versperrten mir die Sicht, und da war keine Spur von Cain. Unmerklich entfuhr mir ein Schlucken, und ich schoss hoch, um nach Luft zu schnappen. Nur zwei Sekunden später war ich wieder unten, am Grund, es war nicht gerade tief. Und die Stille drückte auf meine Ohren, ebenso wie der veränderte Druck. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis ich wieder ein Lebenszeichen entdeckte, und auch das war nicht gerade erfreulich, als ich ihn endlich entdeckte. Die nächsten Minuten erlebte ich nur noch in einer Art Trance; nur noch mit einem trüben Schleier vor den Augen. Die Gegenwart sauste an mir vorbei, obwohl ich mich mitten in ihr befand. Die frische, kalte und äußerst trockene Luft schmerzte in den Lungen, und es kostete mich einige Mühe, mich und Cain nach diesem Höllenritt sicher ans Ufer zu schleppen. Er hatte noch seine gesamte Kleidung an, und diese zog merklich unter Wasser. Als ich endlich schwer atmend neben ihm hockte, bewegte er sich noch immer nicht. Wir mussten nach Hause. Dort war es warm, gab es eine Erste-Hilfe-Ausrüstung und süßen, belebenden Kakao. Ich hievte ihn mir auf die Schultern und wankte zur Brücke zurück, um ihn dort noch einmal abzulegen und meine Kleidung einzusammeln. Cain war klitschnass, und so riss ich ihm die Jacke und das Hemd auf, das er trug, ebenso die Hose, und war gleichzeitig froh darüber, dass niemand in der Nähe war. Stattdessen wickelte ich ihn nun notdürftig in meine eigenen Klamotten und trug ihn wieder Huckepack. „Halte durch“, wisperte ich mehr mir als ihm zu und griff nach seiner Hand. Seiner kalten, äußerst leblosen Hand. Das spornte mich noch zusätzlich an, doch es dauerte trotzdem weit mehr als nur eine halbe Stunde, wie ich ursprünglich erwartet und erhofft hatte. Mir klangen jetzt noch die Stimmen der Leute im Kopf, die Kommentare über meine nicht vorhandene Kleidung und den völlig verwahrlosten Jungen auf meinem Rücken zum Besten gegeben hatten. Zitternd hob ich die Hand und betätigte den Klingelknopf zu unserem Haus. Ich hörte die Glocke im Inneren schellen, dann brach ich erschöpft zusammen. Ich hörte Stimmen. Hektische, fast panische Stimmen. Und... im nächsten Moment dieser Geruch. Ich mochte ihn nicht. Der Geruch von Sauberkeit. Gesundheit. Zu gesund. Ich schlug die Augen auf. Etwas ergriff von mir Besitz – eine eiskalte Hand umschloss mein Herz und ließ mich zusammenzucken. Das Erste, was ich wahrnahm und auch richtig interpretieren konnte, war, dass ich mich in einem Bett befand. Der Schleier vor den Augen, durch den ich etwa so viel wie durch dichten Nebel sehen konnte, verschwand nur mäßig schnell und auch dann noch konnte ich nur verschwommen sehen. Aber ich erkannte zumindest, dass so gut wie alles in meiner näheren Umgebung von weißer Farbe war. Ein Krankenhaus. Und mir wurde noch viel schlechter. Unwillkürlich griff ich unter das Bett, wo sich normalerweise immer ein Nachttopf befand, und übergab mich. Ich traute mich nicht, aufzustehen und ein Bad zu suchen, um mir das Gesicht zu waschen, aus Angst, wieder umzukippen. Mir war speiübel – noch dazu setzten jetzt hämmernde Kopfschmerzen ein. Was hatte ich mir nur angetan? Oder, was noch viel wichtiger war: Was hatte ich ihm angetan? Ich wollte, musste wissen, ob es ihm gut ging. So hob ich ein wenig schwach die Hand und tat das, was ich noch nie getan hatte -–ich drückte den Knopf neben dem Bett. Knapp eine Minute später hörte ich das Geräusch einer sich öffnenden Tür und die warme Stimme der zuständigen Schwester dieser Station. „Guten Abend, schön, dass Sie aufgewacht sind.“ Ich fühlte, wie sie meinen Kopf anhob, um meine Gesichtsfarbe näher zu betrachten, und sie begann mit einer mir ganz und gar nicht gefallenden Untersuchung. Ich versuchte mein Bestes, sie zu unterbrechen. „Entschuldigung, aber... ich... Wie geht es Cain?“ Meine Stimme klang noch viel schlimmer als das Krächzen einer Krähe... „Beruhigen Sie sich. Ich muss sie erst zu Ende untersuchen.“ Ich wusste doch, dass es in eine Sackgasse hinauslaufen würde... In allen Büchern und Filmen kam es so. Und am Ende gewann der Patient meistens doch. Bei mir war es jedenfalls nicht der Fall. Fakt war, dass ich noch eindeutig zu geschwächt war, um irgendetwas zu unternehmen; nicht einmal meine Stimme erheben konnte ich. Nebenbei sprach die Schwester. „Sie haben drei Tage und zwei Nächte durchgeschlafen, da geht es Ihnen noch nicht so weit gut, als dass sie irgendwelche Fragen stellen könnten.“ Drei Tage?! „Was auch immer sie mit dieser Aktion bewirken wollten – besonders mutig war es nicht. Eher lebensmüde, würde ich sagen.“ Aber was hätte ich denn tun sollen? In diesem Moment machte ich mir keine Gedanken darüber, woher sie wusste, was passiert war. Es hatte doch niemand zugeschaut... Oder? „Ihrem Freund geht es mittelmäßig. Er liegt derzeit noch in der Narkose.“ „Narkose?“, brachte ich mühsam hervor und versuchte, genügend Atem zu bekommen. „Er hat eine ganze Weile keinen Sauerstoff zu sich genommen. Die Ärzte mussten ihn in ein künstliches Koma versetzen“, fügte sie zögerlich hinzu, als dürfte sie es eigentlich nicht verraten. Von wegen Narkose... „Die Operation dauerte mehr als fünf Stunden, doch er hat es ohne weitere bleibende Schäden überstanden. Jedoch musste er mehrmals wiederbelebt werden.“ Ich schluckte. Dafür kannst du nichts, Adrian, das ist nicht deine Schuld... Ich wusste, dass es nicht meine Schuld war. Jedenfalls redete ich es mir ein. Verdammt, noch nie hatte ich mich mit solchen Schuldgefühlen konfrontiert gefühlt! Nie! Denn irgendwie war ich doch schuld, denn ohne mich wäre er niemals davongelaufen... Andererseits würde er ohne mich auch wieder in der Psychiatrie sein... Es war einfach eine Sackgasse. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)