Vera Lamia von CichAn ================================================================================ Kapitel 18: Wahrheit -------------------- Ich legte mein Ohr an seine Brust um jede Veränderung an seinem Herzschlag hören zu können. Dennoch dauerte es scheinbar Stunden, bis es lauter schlug und er sich wieder bewegte. Mit einem Lächeln richtete ich mich auf und sah dabei zu wie er die Augen öffnete. Seine erste Amtshandlung war jedoch weniger erfreulich. Innerhalb weniger Augenblicke ergriff er meine Handgelenke und warf mich unsanft mit dem Gesicht zu Boden. Auch wenn er mich nur mit einer Hand festhalten konnte, schien es ihn eine Menge Kraft zu kosten. Er atmete schwer und seine Hand war eiskalt. “Wo ist die Waffe..?”, knurrte er. Ich fragte mich, warum er sich die Mühe machte, ich hatte nicht vor mich zu wehren. “…Sie liegt da hinten…” Ich schloss die Augen. “Wenn du es beenden willst, bitte. Sie ist nur noch mit silbernen Kugeln geladen.” Er hielt für einen Augenblick die Luft an, dann ließ er mich los. Ich drehte mich langsam auf den Rücken, machte aber keinerlei Anstalten aufzustehen. “Das… war also keine..?” Er sah verwirrt und scheinbar erleichtert zur Waffe neben dem Bett. Ich runzelte die Stirn. “Natürlich nicht. Sonst wärst du wohl nicht mehr am Leben.” Sein Blick wanderte wieder zu mir. “Ich weiß nicht… wozu dieser Körper im Stande ist, wenn…” Er brach ab und schloss die Augen. Da er sich auch nach einer ganzen Weile nicht rührte, begann ich: “Du hast mich getötet… und du hast mich gerettet. Beides zusammen ergibt keinen Sinn. Also… was von beiden war deine Absicht..?”, “Sie haben mich reingelegt.”, antwortete er schließlich. “Ich bin mitten in der Nacht aufgewacht, weil ich Schritte vor der Tür hörte. Es ging nicht einfach nur jemand vorbei, jemand lief vor deiner Zimmertür auf und ab. Ich wollte dich nicht wecken, zog mich deshalb leise an und sah nach.” Er machte eine kurze Pause. “Ich dachte, deine Schwester wäre auf unserer Seite.”, “Meine Schwester..?” Er nickte. “Sie stand vor der Tür. Erzählte mir, dass James hier wäre und in der Nähe des Anwesens auf mich warten würde… Sie wollte mich zu ihm bringen und führte mich in die Kanalisation…” “Sie führte mich ziemlich weit hinein und als ich sie darauf ansprach… Verzog sich ihr Gesicht zu einer grinsenden Fratze und sie verschwand.” Ich runzelte die Stirn. “Was..? Warum sollte sie..?” Er schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust. “Kennst du die Fähigkeit deiner Tante?” Ich dachte kurz nach und schüttelte dann den Kopf. “Ihre Fähigkeit wird als ‘Legion’ bezeichnet. Das bedeutet, dass sie beliebig viele Illusionen erschaffen kann, die von normalen Menschen, oder Vampiren nicht zu unterscheiden sind. Als mir klar wurde, dass sie dafür verantwortlich war, fiel mir nur ein logischer Grund dafür ein. Sie wollte mich von dir fernhalten, also versuchte ich so schnell wie möglich zurück, raus aus diesem Labyrinth zu finden.” Immer noch lag ich vor ihm auf dem Boden, bewegte mich nicht und hing an seinen Lippen. Hatte ich dann vielleicht auch nur eine Illusion gesehen, als ich niedergeschlagen wurde..? “Nach… nach ein paar Abbiegungen…”, er zögerte, scheinbar kam die Erinnerung wieder. “Nach ein paar Abbiegungen, standest du plötzlich vor mir… Du schienst überrascht mich zu sehen, kamst auf mich zu und fielst mir um den Hals. Ich dachte erst man hatte dich auch dorthin gelockt, warum auch immer… Aber dann… hast du mich angegriffen…”, “Eine Illusion..?”, “Ja… Trotzdem zögerte ich noch etwas…” Ich erinnerte mich, dass er an der Schulter verletzt war. Das stammte sicher davon. “Erinnerst du dich an den Dolch, mit dem du Frederico in Italien angreifen wolltest? Ich hatte ihn mitgenommen und trug ihn auch da bei mir. Ich musste eine Weile mit mir ringen, doch dann stach ich zu und ‘dein’ Körper löste sich fast augenblicklich auf…” Also war das dieser Dolch mit dem er mich angegriffen hatte? Wieso hatte er ihn überhaupt mitgenommen? Er ließ mir keine Zeit weiter darüber nachzudenken: “Es wurden dann immer mehr. Hinter fast jeder Abbiegung hast ‘du’ schon auf mich gewartet. Ich habe sie alle vernichtet… jeden einzelnen… und dann war da endlich der Ausgang und… Ich dachte du wärst noch eine dieser Illusionen, aber du hast dich nicht aufgelöst.” Er lächelte bitter. “Du hast… soviel Blut verloren…” Er hob seine Hände und sah sie an, als wären sie immer noch blutverschmiert. “…und bist in meinen Armen zusammengebrochen… Ich hörte wie sich dein Herzschlag immer mehr verlangsamte… Ich begriff, dass du echt warst und geriet in Panik… Ich versuchte dir so viel Blut wie möglich zu geben… Aber dann tauchte deine Schwester auf und nahm dich mit sich…” Er kroch auf allen vieren zu mir und öffnete mit seiner zitternden Hand mein Hemd. Als er die Narbe sah, nahm sein Gesicht einen noch verzweifelteren Ausdruck an. “Das Zeichen war verschwunden… Du warst verschwunden… Ich dachte du wärst tot…” Er nahm meine linke Hand und küsste die Innenseite. Ich ließ alles mit mir geschehen. Glücklich darüber, dass er mich lebendig wollte. Ich zog ihn samt meiner Hand näher heran. “Ich dachte du wolltest mich nicht überleben..?” Sein Gesicht wurde wieder ernst. “James hat mich gefunden, mir den Dolch weggenommen… und mich hier eingesperrt…” Ich lächelte ihn an. “Dann muss ich mich später noch bei ihm bedanken.” Er erwiderte mein lächeln zaghaft und wollte mich küssen. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und hielt ihn so, dicht vor mir, davon ab. “Du hast mir wirklich wehgetan…”, wiederholte ich. Etwas von seinem vergossenen Blut tropfte auf meine Wange. Er lächelte mich an. “Dann sind wir jetzt wohl quitt…”, “Sind wir das..?” Ich wehrte einen erneuten Versuch ab. Er schnaufte beleidigt: “Was soll das..? Ich musste so lange darauf verzichten…” Ich versuchte von ihm wegzukommen. “Es war nur eine Woche! Außerdem…”, “Ich dachte ich könnte das nie wieder tun…”, unterbrach er mich und ich hielt Inne. “Ich glaube nicht das du begreifst, was du mir angetan hast…”, brachte ich fast tonlos hervor, “Alle Erinnerungen, jeder einzelne Moment in dem ich etwas gefühlt hatte, so vieles das ich erfahren habe, war mit einem Schlag weg.” Er ließ den Kopf hängen. “Heißt das du kannst mir nicht verzeihen..?” Ich schüttelte langsam den Kopf. “Ich will nicht das das noch einmal passiert. Nur du kannst dafür sorgen und das du es bis jetzt nicht getan hast… dafür hast du nichts anderes verdient.” Ich schnippte ihm mit dem Finger gegen die Stirn. “Dann habe ich meine Strafe schon erhalten..?” In seinem Gesicht schien ‘Warum dann noch böse?’ geschrieben zu stehen. Ich schnaufte: “Kommt darauf an was du jetzt vor hast.” Sein Gesicht wurde wieder ernst. Er berührte ganz sanft meine Wange und strich mit den Zeigefinger über meine Lippen. “Also warten wir nicht mehr, bis wir zurück in Japan sind?” Das schien für ihn mehr eine Feststellung, als eine Frage, denn er wartete nicht auf eine Antwort und küsste mich. Ein intensiver Kuss, der mich beinahe vergessen ließ wo wir uns befanden. Schweren Herzens schob ich ihn ein wenig von mir weg. “Dafür dass du eben noch halb tot warst, hast du dich ziemlich schnell erholt.” Er fing an zu lachen und mein Herz schien einen Schlag auszusetzen. “Verschieben wir das auf später?”, “Wieso?” Ich seufzte. “Um ehrlich zu sein wäre es mir lieber wenn du vorher badest… Du bist schmutzig und den Gestank von meinem Blut kann ich auch nicht viel länger ertragen…” Er zog die Augenbrauen hoch und lächelte dann wieder. “Nur wenn du mitkommst.” -- Das Badezimmer war direkt nebenan, trotzdem es klein war hatte es alles was man brauchte. “Dieses Haus ist von Innen wirklich in einem guten Zustand…”, stellte ich fest, als ich den Wasserhahn der Wanne aufdrehte. “Dieses Haus gehört James. Ich hatte dir doch erzählt, dass er sich nach Anns Tod verkrochen hat.”, “Er war damals hier?” Ich sah ihm dabei zu wie er sich auszog und versuchte mir zusammenzureimen, was das genau für mich bedeutete. Also war James bis zu letzt ganz in ihrer, in unserer Nähe gewesen… Irgendetwas schien ganz tief in meinen Erinnerungen langsam in Bewegung zu geraten. Da war etwas an das ich mich erinnern sollte… Aber was? Er warf seine Sachen auf den Boden und ich rümpfte die Nase. Ich hob sein Hemd auf und warf es zurück ins Zimmer. “Das sollten wir am besten verbrennen…” Er hatte sich währenddessen in die Wanne gesetzt und spülte das Blut aus seinen Haaren. Ich erstarrte bei diesem Anblick. Das Wasser verfärbte sich tief rot und floss in Strömen seinen Rücken hinunter. Ich konnte nicht anders als meinen Blick abzuwenden und mich an der anderen Seite der Wanne, auf den Rand zu setzen. Ihn schien meine Reaktion zu amüsieren. Er grinste breit: “Du hast ganze Arbeit geleistet.”, “Selbst Schuld…”, murmelte ich und er lachte wieder. “Stimmt.” Als er damit fertig war, ließ ich ihm Badewasser ein. “Willst du dich nicht ausziehen?”, kam es mir daraufhin entgegen. “Aber ich hab nicht vor…” Er schenkte mir ein Lächeln, dass es mir fast unmöglich machte nein zu sagen. “Aber die Wanne ist viel zu klein für zwei und…” Während ich noch versuchte mich herauszureden, hatte er meine linke Hand ergriffen und strich mit seinem Daumen über mein Zeichen. Ich biss mir auf die Unterlippe und zog dann widerwillig meine Sachen aus. Kaum hatte ich einen Fuß in die Wanne gesetzt, zog er mich zu sich, ich verlor mein Gleichgewicht und fiel auf ihn. Das Wasser schwappte über den Rand. Ich versuchte mich wieder aufzurichten, doch er hielt mich fest. Seine Hand wanderte meinen Rücken hinunter und seine Finger zeichneten kleine Kreise entlang meiner Hüfte. “Ich hatte das letzte Mal gar keine Gelegenheit zu fragen, wie es dir dabei ging.” Ich erschauderte. “Du scheinst jetzt nicht unbedingt begeistert zu sein, von dem Gedanken mit mir…”, “E..es ist nur..!”, unterbrach ich ihn. “Es ist anders… Ich war so fixiert auf dich und war kurz davor den Verstand zu verlieren, aber jetzt…”, “Jetzt ist dein Kopf klar und dir wird klar, dass du das gar nicht willst?” Ich schüttelte den Kopf. “Veilmehr ist es so, dass ich das letzte Mal keine Wahl hatte. Und mich jetzt bewusst dafür entscheide…” “Das ist doch gut, oder?”, “Ich denke schon…” -- Die Sonne war längst untergegangen, als sich alle übrigen im Salon versammelt hatten. James saß in einem Sessel und starrte gedankenverloren in das Feuer des Kamins. Er sah erst wieder auf, als Kazuki Tee servierte. Als er Sophie, die auf einem etwas größeren Sofa neben Lorelei Platz genommen hatte, ihre Tasse gab, durchbrach diese das Schweigen: “Macht ihr euch gar keine Sorgen? Es ist schon seit Stunden nichts mehr zu hören. Das letzte… war dieser Schuss…” beim letzten Wort verzog sie angewidert ihr Gesicht. Auch Kazuki schien von der momentanen Situation nicht unbedingt begeistert. “Es tut mir Leid. Ich hätte ihn aufhalten müssen…” James seufzte: “Ich bitte euch. Es ist alles so wie es sein sollte.”, “Aber sollte nicht vielleicht doch jemand nach ihnen sehen?”, Sie wollte sich nicht einfach so geschlagen geben. “Sophie…”, “Aber ihr riecht es doch auch, oder? Satorus Blut. Das sind definitiv nicht nur ein paar Tropfen…” Wieder herrschte Schweigen. Lorelei stand auf, ging zum Kamin und warf ihre Tasse mit voller Wucht ins Feuer, so dass sie in hunderte kleine Splitter zerbrach. Sophie sprang vor Schreck auf. “Immer noch nichts?”, fragte James, ohne jegliche Regung in der Stimme. Lorelei ballte die Hände zu Fäusten. “Nichts. Es will einfach nicht mehr mit mir sprechen..!”, zischte sie. “Es ist wütend. Weil ich das was es mir gezeigt hat, verändert habe…” James nahm lächelnd einen Schluck aus seiner Tasse. “Das ist doch ein gutes Zeichen.” Sophie seufzte und ließ sich wieder auf das Sofa fallen. “Wovon redet ihr eigentlich..?” -- Mit einem Stirnrunzeln betrachtete ich das Häufchen, das vor einer Weile noch meine Sachen waren. Ich hatte nicht mit Satorus plötzlichem Übergriff gerechnet, sie auf den Boden gelegt und nun waren sie komplett nass. Wie alles andere was in reichweite der Wanne war. Ich seufzte, hob mit zwei Fingern mein Hemd an und sah dabei zu wie immer wieder Tropfen zu Boden fielen. Mit einem platschenden Geräusch ließ ich es wieder fallen und kuschelte mich weiter in mein Handtuch. Satoru war ins Zimmer nebenan gegangen um ‘aufzuräumen’. Was mir absolut recht war. Mit einem Schaudern dachte ich an sein Hemd… Ohne dass ich es bemerkt hatte, stand er plötzlich wieder hinter mir und nahm mich in den Arm. “Was machst du da?”, fragte er grinsend. “Nichts… Ich wollte mich anziehen… aber…” Ich deutete auf das Häufchen nasser Wäsche. “Wozu? Willst du deinen Bräutigam etwa in der Hochzeitsnacht allein lassen?” Meine Wangen fingen an zu glühen. Ich warf ihm einen strafenden Blick zu und stellte dabei fest, dass er immer noch nichts angezogen hatte. “Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir geheiratet haben…” Er griff unter mein Handtuch und zog meine Hand hervor, nur um mir mein Zeichen vor die Nase zu halten. “Nicht..?” Er flüsterte mir direkt in mein Ohr: “Das habe ich aber anders in Erinnerung.” Ich befreite meine Hand aus seinem Griff und brachte ein wenig Abstand zwischen uns. “Das ist doch nicht das Selbe! Außerdem…” Ich machte ein kurze Pause, um mir die richtigen Worte zurecht zu legen und sah verlegen zu Boden. “Es ist ja nicht so, dass ich weg will… Ich wollte den anderen nur Bescheid sagen, dass alles in Ordnung ist. Sie machen sich sicher Sorgen…” Er zog eine Augenbraue hoch. Ich räusperte mich: “Und dabei wollte ich wenn möglich eine Hose anhaben.”, “Dummerweise hat mein gütiger Bruder mir lediglich einen Schlafanzug hier gelassen… Den müssen wir uns dann wohl teilen.” Ich schluckte. “K..kannst du ihn mir nicht kurz überlassen, ich sage ihnen Bescheid und komm…” Er hielt mich mit einem Kopfschütteln vom weiterreden ab. “Du glaubst doch nicht etwa, dass ich dich nach all dem allein lasse?” Mit einem Grinsen schob er mich nur mit dem Oberteil bekleidet vor die Tür. “Ich dachte du wolltest mich nicht allein lassen..?”, “Ich hänge nur schnell deine Sachen zum trocknen auf. Wenn du willst kannst du ja warten.” Und warum konnte ich nicht drinnen warten? Ich seufzte. Das Oberteil war groß genug, um alles ‘wichtige’ zu bedecken. Trotzdem gefiel es mir überhaupt nicht so unter Leute zu gehen. Mit ihm, der die passende Hose trug wirkte das tatsächlich so, als wären wir frisch verheiratet… Der Gang vor mir war genau so dunkel wie zuvor. Ich hob meine Hand und ließ Elektrizität hindurchfließen, was für ein wenig Licht sorgte. Die Glühbirne war immer noch kaputt aber Kazuki war bereits verschwunden. Ich hätte mir auch wirklich Sorgen gemacht, wenn er noch dagelegen hätte. Ich lehnte mich gegen die Wand neben der Zimmertür und wartete. Mir war langweilig, also hob ich auch meine andere Hand und ließ kleine Blitze zwischen ihnen tanzen. Es entstanden kleine Kugeln, nicht größer als Murmeln, die durch den Gang wie kleine Glühwürmchen tanzten und ihn mehr erhellten. Es war ganz einfach. Trotzdem sich meine Kraft wieder verstärkt hatte, konnte ich sie mühelos kontrollieren. Ich betrachtete meine Hände und fuhr mit dem Finger die schwarzen Konturen meines Zeichens nach. “Schon praktisch…”, murmelte ich, schreckte dann jedoch zurück, als sich etwas raschelnd an der Treppe bewegte. Ich sprang vor die Zimmertür und ließ einen Teil der ‘Glühwürmchen’ sich an der Treppe versammeln. Ein groß gewachsener Mann schnellte nun ohne ein Geräusch von sich zu geben, von dort auf mich zu. Ich wollte nach hinten ausweichen, knallte jedoch mit dem Rücken gegen die Tür. Er hielt mir mit einem finsteren Ausdruck ein riesiges Schwert an den Hals. Es hatte eine sehr breite Klinge und war ab der Hälfte gebogen. Es erinnerte mich an die Schwerter, die ich in ein paar Ägypten Büchern meines Vaters gesehen hatte. Er runzelte die Stirn und musterte mich einmal von oben bis unten. “Was… bist du denn..?”, fragte er dann in Vampirsprache mit einem starken russischen Akzent. Ich spürte wie Wut in mir hochstieg. “Was fällt dir ein?!”, zischte ich. Die kleinen Lichter die bis eben noch im ganzen Flur tanzten, versammelten sich nun und umkreisten den ungebetenen Gast. Nur für den Bruchteil einer Sekunde warf er einen Blick zu den, ihn immer enger umkreisenden blauen Lichtern, die nun langsam größer wurden. “Ist es nicht eher an mir zu fragen, was für ein ungehobelter Klotz versucht mich hier zu bedrohen?” Ich bewegte mich kaum merklich nach vorn, so dass die Klinge meinen Hals berührte. Ich versetze ihm so einen ordentlichen Schlag, im gleichen Moment stürzten die Lichter auf ihn ein. Der gesamte Flur erstrahlte in hellem Licht. Dann wurde die Tür hinter mir aufgerissen und ich fiel rückwärts in Satorus Arme. Mein russischer Angreifer taumelte ein ganzes Stück nach hinten, sammelte sich kurz und umklammerte dann mit beiden Händen schwer atmend sein Schwert. Ich staunte nicht schlecht. Er war zwar nicht mehr ganz so frisch aber er stand noch. Kazuki hatte ich mit nicht einmal halb so viel außer Gefecht gesetzt. Satoru sah meinen Angreifer verdutzt an. “Und da fragst du mich noch, warum ich dich nicht allein lassen kann?” Ich richtete mich wieder auf, blieb aber so dicht wie möglich bei Satoru. Der strich mir über meine Wange und mit dem Damen über den Hals. Dann leckte er mit einem breiten Grinsen einen Tropfen Blut ab. “Deine Klinge ist erstaunlich scharf…”, bemerkte er während ich den kleinen Schnitt an meinem Hals betastete. Er schlang seine Arme um meinen Oberkörper und funkelte den Fremden bedrohlich an. “Weißt du überhaupt, wen du vor dir hast..?” Bevor er jedoch noch etwas unternehmen konnte, tauchte James auf und stellte sich vor unseren Angreifer. “Satoru. William. Es reicht. Er ist mein Gast.” Gast? Warum sollte mich ein Gast angreifen? Er ließ sein Schwert sinken und trat an James vorbei. Dann fiel er vor uns auf die Knie. “Bitte verzeiht, zukünftige Majestät! Der Geruch von eurem Blut… Ich wusste nicht wen ich vor mir hatte.” Ich sah ihn verdutzt an. Nicht sicher wen er mit ‘zukünftiger Majestät’ meinte. “Wie wäre es wenn wir unten weiter reden?”, warf James mit seinem gewohnt freundlichen Lächeln ein. Im Salon erwarteten uns Sophie und Lorelei schon. Sie sprangen sofort auf, als sie uns sahen, Lorelei lief zu mir, in meine Arme. “Gut gemacht.”, flüsterte sie auf Französisch. Satoru und James setzten sich jeweils in einen Sessel. Ich machte mich daran, mich zu Sophie auf das Sofa zu setzten, wurde aber von Satoru am Arm gepackt und auf seinen Schoß gezogen. Es war klar, dass es wenig Sinn machte sich zu wehren, also blieb ich sitzen. Der Blick den mir James in diesem Moment zuwarf, sorgte dafür, dass sich meine Nackenhaare aufstellten. Als ich mich zu ihm drehte, sah er weg. “Sag ihnen was du hier willst.” Der Fremde stellte sich vor den Kamin und machte eine leichte Verbeugung in unsere Richtung. “Mein Name ist Maksim Sokolow, ich bin der Vampirfürst im Gebiet um Weißrussland.” Dieser Name… “Du bist der Gefährte meiner Schwester Luisian…” Alle Anwesenden sahen mich überrascht an. “D..das ist Richtig. Sie hat von mir erzählt?” Ich nickte. Er schien einen Moment zu überlegen. “Ich kam nach Frankreich um in ihrer Nähe zu sein. Aber auch um eure Familie zu überwachen. Wenn sie ihnen von mir…” Ich schüttelte den Kopf. “Nein. Ich bin ziemlich sicher, dass sie es nur mir gesagt hat.” Er drehte sich mit dem Gesicht zum Kamin. “Die Vampirfürsten nehmen es nicht länger hin, dass sie von diesem unfähigen König regiert werden. Sie haben die Entmachtung eures Vaters beschlossen. Aber versteht mich bitte nicht Falsch. Wir sind nicht gegen die Monarchie und die Regeln die eure Mutter aufgestellt hat. Nur gegen seine. Wir wollen einen rechtmäßigen König auf den Thron setzen. Deshalb bin ich hier.” Er wand sich an Satoru und ich konnte praktisch spüren, wie dieser sich verkrampfte. “Einen Ur-Vampir.”, “Nein…”, flüsterte Satoru, “…das kann ich nicht.”, “Wir werden wenn nötig gegen den jetzigen König in den Krieg ziehen. Und wir haben gehofft unseren neuen, unseren rechtmäßigen König an der Spitze unserer Armee zu sehen.” “Nein!”, Satoru wurde laut, seine Wut schien den ganzen Raum zu erfüllen. Ich war wie gelähmt. “Nein… Wir haben euch nicht erschaffen, um über euch zu herrschen! Das ist eure Sache! Ich werde weder an eurer Seite kämpfen, noch werde ich den Platz, als euer König einnehmen!” James fing an zu lächeln: “Genau das habe ich ihm auch gesagt. Vielleicht… nicht ganz so energisch aber…” Maksim nickte. “Ich verstehe. Es ist eure Entscheidung. Aber trotz allem steht fest, dass wir den König stürzen und zwar bald. Sehr bald. Die Fürsten sind schon auf dem Weg hierher.” Ich erschauderte. Meine Familie. Ich sollte an ihrer Seite kämpfen, oder? Ich sah zu Satoru der die Augen geschlossen hatte, mit seiner Faust auf der Lehne. Aber was wenn ich ihn dadurch verliere? Ich berührte seine Hand sachte. Er öffnete wieder die Augen und entspannte sich ein wenig. Ohne den Blick von Satoru zu nehmen, flüsterte ich, nicht in der Lage laut zu sprechen: “Was habt ihr mit meinem Vater und meiner Tante vor?”, “Das kommt darauf an, wie sie sich verhalten.” Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie das Feld so einfach räumen würden. “Wie gesagt. Ob ihr euch dazu entschließt uns zu helfen oder nicht, ist eure Entscheidung. Und ich sollte besser nicht mehr hier sein wenn es soweit ist.” Das zwang mich dazu wieder zu ihm zu sehen. “So sehr ich mich auch für diese Sache einsetze… oberste Priorität hat meine Gefährtin. Ich stehe auf der Seite, auf der sie steht. Egal welche das sein mag.” Er verbeugte sich tief und ging dann zur Tür. “Ich habe meine Nachricht überbracht, es ist Zeit für mich zu gehen.” Ich sprang auf und folgte ihm ein paar Schritte. “Maksim.” Er bleib stehen, drehte sich jedoch nicht um. “Pass bitte gut auf meine Schwester auf…” Er nickte. “Das werde ich. Passen sie auch auf sich auf, werter Schwager.”, und schon war er verschwunden. Sophie sprang auf und lief ihm nach. “I..ich begleite ihn nach draußen.” So war auch sie verschwunden. Lorelei schnaufte. “Und gerade jetzt straft es mich mit Schweigen. Ich habe genug für heute. Gute Nacht.” Sie drehte sich noch einmal in der Tür um. “Kommst du mir noch gute Nacht sagen?” James lächelte. “Selbst verständlich. Warte oben auf mich.” Als auch sie weg war, herrschte wieder Schweigen. Ich setzte mich auf die Lehne von Satorus Sessel und sah in die Flammen des Kamins. Sollte ich an der Seite meiner Familie kämpfen..? Aber sie haben mich verraten und betrogen… Mein Leben scheint ihnen nichts wert zu sein. Aber was war mit mir? Was war ihr Leben mir wert? Erst nach einer ganzen Weile durchbrach James das Schweigen: “Seit ihr in der Lage diese Entscheidung zu treffen? Wie steht es zur Zeit um euren Geisteszustand?”, er brachte die Frage vollkommen nüchtern, ohne jede Regung hervor. Ich brauchte einen Moment um sie zu deuten. Doch bevor ich antworten konnte, meldete Satoru sich zu Wort: “Was glaubst du denn, könnte damit nicht stimmen?” Bildete ich mir das nur ein oder hörte ich ein leises knurren in seiner Frage mitschwingen. “Du weißt genau was ich meine.” Er hielt uns seine Handfläche entgegen. Auch James schien langsam wütend zu werden. Satoru zog mich darauf hin wieder auf seinen Schoß und in seine Arme. “Alles ist so wie es sein sollte.” Das schien James noch wütender zu machen. Ich konnte nicht glauben, dass sie sich darüber in die Haare bekamen. “Wenn du ihn dazu gezwungen haben solltest, dann…” Satoru fuhr ihm dazwischen: “Nein! Und was um alles in der Welt würde es dich angehen, wenn es so wäre?!“ Das hatte ihn wohl gekränkt. “Nichts… Es geht mich nichts an.” Er stand auf und ging ohne uns anzusehen, vorbei. “Lorelei wartet. Bitte entschuldigt mich.” Als er weg war, wollte ich aufstehen, doch Satoru umarmte mich daraufhin nur noch fester. “Was willst du tun?”, flüsterte er und lächelte bitter. “Ich bin in dieser Hinsicht wohl nicht viel anders als Maksim. Ich werde an deiner Seite bleiben, egal wie du dich entscheidest. Auch wenn ich dabei gegen meine Prinzipien handle.” Mir kamen fast die Tränen. Ich konnte kaum in Worte fassen, wie dankbar ich ihm dafür war. Ich nahm sein Gesicht in die Hände und küsste ihn auf Stirn und Wange. “Lass uns auch ins Bett gehen.” Der obere Flur wurde nur von einem kleinen Lichtschein erhellt. Die erste Tür stand einen Spalt weit offen. Ich warf einen Blick hinein. James lag neben Lorelei auf dem Bett und sang ihr etwas vor. Ich erkannte das Lied sofort. Aber nicht nur das. Ich spürte wie sich mein Herzschlag beschleunigte. Dieses Lied… seine Stimme… “Ich weiß es wieder…” Satoru stellte sich neben mich. “Was weißt du wieder?” Damals, als wir zum ersten Mal nach Frankreich kamen. Luisian wollte in diesem großen Anwesen nicht allein sein und kam immer in mein Bett… und… Ich erschauderte. “Lass uns bitte gehen…” Jeden Abend nachdem unsere Mutter uns ins Bett gebracht hatte, schlich er sich durch unser Fenster. ‘Ich komme um euch eine gute Nacht zu wünschen. Aber ihr dürft eurer Mutter nichts sagen, sonst kann ich nicht mehr kommen. Versprecht ihr mir das?’ Er sang uns etwas vor oder erzählte uns eine Geschichte… Er kam jeden Abend, bis sie starb. Obwohl wir es ihr nicht verraten hatten und wir ihn mehr als je zuvor gebraucht hätten, ist er nicht mehr aufgetaucht… Unser Vater… Er hat uns im Stich und bei diesem falschen König gelassen..! Meine Beine gaben nach. Satoru fing mich auf. “Will! Was hast du?” Der Gesang verstummte. James kam aus Loreleis Zimmer in den Flur. “Was ist los?” Er kam zu uns und wollte mich berühren, doch ich wehrte seine Hand ab. “Wag es nicht mich anzufassen! Du hast uns zurückgelassen und dich hier im Wald verkrochen! Wie konntest du nur?!” Erst schien er entsetzt und verwirrt, doch dann veränderte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht. Er verstand. “Du erinnerst dich also..?” Satoru schnaufte ärgerlich: “Jetzt reicht es aber! Könntet ihr mich wohl aufklären?!” James blieb unbeweglich stehen und sah zu Boden, also übernahm ich: “Er… ist mein Vater..!”, “Was?!” Ich war so wütend, dass mir schwindelig wurde. Warum hat er uns zurück gelassen und wieso hatte er nichts gesagt? “Ich hatte keine andere Wahl.”, flüsterte er, als hätte er meine Gedanken gelesen, “Ich hatte es Ann versprochen…” Dann sah er wieder zu uns auf. “Satoru… Es tut mir Leid, dass ich dir nicht die Wahrheit gesagt hatte… Die Wahrsagerin damals… sie hat nicht Anns Tod vorhergesagt. Sie sagte uns, dass Ann ein Kind bekommen wird, das dazu bestimmt ist den Platz an deiner Seite einzunehmen… Sie sagte uns… dass du nicht gut für das Kind, unser Kind sein würdest.” Er sah mir direkt in die Augen und versuchte zu lächeln. “Er hätte zu viel schlechten Einfluss auf dich gehabt, aber damit Satoru ein guter König werden kann, bräuchte er jemand ‘reines’ an seiner Seite…” Nur wenige Augenblicke später, ließ mich Satoru los, packte ihn am Kragen und knallte ihn mit voller Wucht gegen die Wand. Er hielt ihn so hoch, dass seine Füße den Boden nicht mehr berühren konnten. “Schlechter Einfluss, Ja?!“ Nun kam auch Lorelei aus ihrem Zimmer. “Was macht ihr denn da?!” Ich stand nur wie angewurzelt da und sah zu, wie Lorelei versuchte Satoru von ihm wegzuzerren. Aber weder Satoru noch James reagierte auf sie. Sie starrten sich nur weiter an. “Ann wollte eine Welt erschaffen in der unsere Kinder sorglos aufwachsen können. Ohne Gewalt und schlechte Einflüsse.” Trotz der Situation in der er sich befand lächelte er nun wieder wie gewohnt. Was so gar nicht zu dem passte was er dann sagte: “Leider gehörte ich auch dazu… Ich durfte nicht mehr zu ihnen, nachdem sie ihre Kräfte eingesetzt hatte. Sie sollten alles vergessen, was mit uns beiden zu tun hatte. Bis zum richtigen Zeitpunkt.” Satoru ließ ihn wieder ein Stück hinunter, so das er stehen konnte. Ich kniete mich hin und rief Lorelei zu mir, die mir sogleich um den Hals fiel. “Sie schloss einen Vertrag mit Alexandre Chevallier. Er durfte in ganz Europa als König schalten und walten, solange er die von ihr aufgestellten Gesetze vertritt und unsere Kinder wie seine eigenen großzieht. Das hat alles auch prima funktioniert, bis Michelle wieder auftauchte und die reine, weiße Welt beschmutzte. Eher als geplant.”, “Geplant? Also war selbst das hier, sein Sturz von euch geplant?”, knurrte Satoru. “Wir konnten den Zeitraum in dem es geschah natürlich nicht bestimmen. Aber uns war klar, dass es von Anfang an unvermeidbar war. Immerhin… war es von Anfang an deine Bestimmung König zu werden. Alles scheint wie geplant zu enden, also haben wir nicht alles falsch gemacht, oder?”, wieder strahlte er Satoru mit seinem gespielten Lächeln an. Satoru schlug ihn daraufhin so fest ins Gesicht, dass ich allein vom Geräusch zusammenzuckte und Lorelei fester umarmte. Dann ließ er ihn los. Er sackte zu Boden und wischte sich das Blut von seiner Lippe. Satoru kam nun auf uns zu und ging vor uns in die Hocke. Er wuschelte durch meine Haare und ließ seine Hand auf meiner Wange liegen. “Und ich dachte bis jetzt schon, dass du einen schlechten Fang mit deinem Vater gemacht hast.” Ich gab Lorelei einen Kuss auf die Wange. Sie sah mich daraufhin verwirrt an und betastete die Stelle mit ihrer Hand. Ich musste schmunzeln. “Es hat auch etwas Gutes. Das heißt ich habe zwei so süße Schwestern.” Sie fing an zu lächeln. Ich stand auf und machte ein paar Schritte auf James zu. “Lass sie wenigstens nicht im Stich.” Ich tappte weiter in den dunklen Flur und öffnete die Tür am Ende des Ganges. Dann drehte ich mich noch einmal um. “Was ist? Kommst du nicht mit?” Satoru zögerte kurz, blinzelte dann ein paar mal und folgte mir. Ich machte ein paar Schritte ins Zimmer und betrachtete die Stelle, an der ich Satoru niedergeschossen hatte. Er hatte dort einen Stuhl hingestellt und eine Decke darüber geworfen, so dass der Fleck nicht mehr zu sehen war. Satoru schloss die Tür und blieb dicht hinter mir stehen. “Was hast du jetzt vor?”, “Ich will heute nicht mehr darüber nachdenken.” Ich drehte mich zu ihm und schenkte ihm ein Lächeln, dabei liefen mir Tränen die Wangen hinunter. “Ich brauche eine Pause…” Er nahm mich in den Arm. “Ich habe genug davon…” Ich löste mich ein wenig von ihm und küsste ihn, so wie er es schon oft getan hatte. “Mach bitte das ich das alles vergesse…” “…nur für heute Abend…” ---- *puh* manchmal steiger ich mich einfach zu sehr rein… >.> so wies jetzt aussieht is das nich nur ’das kap der offenbarungen’ sondern auch das vorletzte kap… ja ihr habt richtig gehört das ganze wird wohl im nächsten beendet… ‘das ende einer ära’ wie wir immer so schön zu sagen pflegen nich wahr Kchan? XD machts gut! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)