Vera Lamia 2 von CichAn (Fortsetzung) ================================================================================ Kapitel 7: Unerwarteter Besuch ------------------------------ Ich bin wirklich ein wenig sprachlos. Ohne ein Wort zu sagen, steht er im Rahmen und sieht mir direkt in die Augen. Lorelei lehnt sich mit der Stirn an die Türkante. "Sagtest du nicht, du willst nichts Dummes tun..?" Aber er beachtet sie gar nicht, kommt auf mich zu, nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich. Ich bin so überrumpelt, dass ich nur ein kurzes ersticktes Geräusch von mir gebe, bevor er meine Lippen mit seinen verschließt. Nicht einmal meine Augen kann ich vor Schreck schließen, ich habe absolut keine Ahnung, wo ich mit meinen Händen hinsoll und er hört nicht auf.... Langsam geht mir die Luft aus und ich versuche ihn wieder zur Besinnung zu bringen, indem ich ihm auf die Schulter klopfe. Mir wird wirklich langsam schwindelig und ich weiß nicht genau, ob es am Luftmangel oder am Kuss an sich liegt. Wohl aus der Mischung. Schließlich zieht Lorelei ihn von mir weg: "Weiß unser Chef, dass du hier bist?" Das er eben noch über mich hergefallen war, scheint sie nicht sonderlich zu stören. Genauso wenig wie ihn, dass sie da ist: "....Ist irgend etwas passiert, dass du mich nicht sehen willst..?" Stur sieht er auf den Boden zu meinen Füßen. Ich gehe ein paar Schritte zurück und lasse mich wacklig auf mein Hotelbett sinken. Irgendwie kommt es noch nicht richtig bei mir an, was gerade passiert ist. Er steht nur neben Lorelei, die ihn immer noch am Kragen festhält und sieht irgendwie... getroffen aus... "I..ich wollte nur, dass es dir nicht so schwerfällt..." Er sieht wieder auf und mir direkt in die Augen: "Ich habe dir doch gesagt, dass es schlimmer ist, wenn ich dich nicht sehe." Ich wechsle einen kurzen Blick mit Lorelei und frage mich, ob ich wohl genauso überrascht dreinschaue. "A..also willst du mich sehen..?" Ich stehe wieder auf und gehe ein paar Schritte auf ihn zu. Er nickt nur kaum merklich und ich werde knallrot. Lorelei lässt seinen Kragen seufzend los und geht aus unserem Hotelzimmer. Wo sie hinwill, ist mir gerade reichlich egal. Ich strecke meine Hand nach seiner Jacke aus. Ihm muss doch viel zu warm sein in dem Ding. Meine Finger wandern den Verschluss nach oben und auf Höhe der Brust, ziehe ich mich langsam an ihn heran. "Was hast du vor, jetzt wo du hier bist..?", "Ich weiß noch nicht..." Ich sehe ihm immer noch in die Augen und auch wenn die Regung kaum sichtbar ist, weiß ich das es sein Ernst ist. Er hat keine Ahnung, was er hier will. Konnte dem Drang zu mir zu kommen nur nichts entgegensetzen. Ich lasse meine Stirn an seine Schulter fallen und er schließt ohne zu Zögern seine Arme um mich. "Was tue ich dir nur an...", flüstert er unvermittelt und vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren. ".... Sollte ich das nicht eigentlich sagen..?" Ich spüre seine Lippen an meiner Schläfe, er lächelt. "Du hast ja keine Ahnung..." Ich löse mich ein wenig von ihm, um sein Gesicht sehen zu können, als die Tür wieder auf geht und Lorelei mit Satoru und William im Schlepptau den Raum betritt. "Na sieh mal einer an..." Satoru verschränkt die Arme vor der Brust und grinst breit. "Was musstest du denn tun, um uns folgen zu dürfen..?" Lorelei antwortet an seiner Stelle: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass unser Chef nichts davon weiß." Satoru kommt, immer noch grinsend, auf uns zu und legt wie vor ein paar Tagen seine Hand auf Dorians Schulter. "Kommt da etwa wieder der Rebell durch, mein Lieber?" Statt ihn anzufahren, dreht er den Kopf nur leicht und lächelt tatsächlich ein wenig: "...Scheint so..." Ann lacht wieder, über ihn, die Situation oder über mich dem das wieder einen Stich versetzt. Ich bin Schuld, dass seine 'weiße' Persönlichkeit beschmutzt wird.... Das er Dinge tut, die er so nie machen würde. "Was soll ich dem Chef sagen?" Lorelei seufzt. "Die Wahrheit. Dass ich hier bin, ihr weiter macht wie bisher und ich mich mit meinem Gefährten im Hotelzimmer verkrieche." Er sagt es vollkommen ernst und trocken und ich werde wieder rot. Ann knurrt nur leise. Ich setze an einen Vorschlag zu machen, in dem Moment sackt William in sich zusammen. Satoru fängt ihn gerade so auf und nimmt ihn laut fluchend hoch. Mir bleibt fast das Herz stehen. In nur zwei Schritten bin ich bei ihm: "W..was ist los mit ihm..?" Satorus Antwort ist bald nur ein Knurren: "Er hat nicht gerade viel Schlaf bekommen in letzter Zeit..." Sofort habe ich wieder die Bilder von der Nacht in London vor mir und meine Miene verfinstert sich. "Vielleicht hättest du ihm mal ein bisschen Ruhe gönnen sollen...", flüstere ich halb. "Ich..?", er lacht. "DU hast ihm doch das Märchen von seiner Mutter erzählt, dass ihn jede Nacht wach hält, egal was ich mache!" Noch ehe ich begriff, was das bedeutet, hatte er sich abgewendet und knallte laut die Tür hinter sich zu. Ließ mich zurück. Mit noch einem Grund sich schlecht zu fühlen. Mit noch einem Leben, dass ich auf den Kopf gestellt hatte... --- Als William seine Augen öffnete lag er im Bett, Satoru neben sich, der sich mit einem Arm abstützte und ihn musterte. "Hallo...", flüsterte William kaum hörbar. "Hallo...." Satoru versuchte noch sich mit einer Moralpredigt zurückzuhalten, weil William so fertig schien. "Soll ich dir nicht doch helfen..?" Satoru nickte in Richtung seiner Hand, er könnte ihn ohne Probleme zum einschlafen bringen, zumindest für eine Nacht. Heftiges Kopfschütteln bekam er jedoch als Antwort. "Du weißt genau, dass ich es nicht leiden kann! Das ist als würde ich die Kontrolle über mich verlieren...", "Oh ja. Einfach umzufallen, zeugt natürlich von viel mehr Kontrolle.", er grinste nur breit und ein versuchter böser Blick konnte daran auch nichts ändern. William seufzte und rutschte weiter zu Satoru, der sich sofort bequemer hinlegte und ihn in den Arm nahm. "Wovor hast du eigentlich Angst..? Was hält dich wach..?", "Wenn ich das wüsste... Es ist alles so wirr in meinem Kopf...", "...und das ist was neues..?" Satoru musste lachen, wurde aber recht schnell wieder ernst: "... Du.... solltest dir nicht so viel davon erhoffen... Ich glaube nicht, dass das im Bernstein wirklich Ann ist..." William sah zu ihm hoch. "Wer sollte es sonst sein..?" Es dauerte einen Moment bis er antwortete: "Vielleicht trifft es 'WAS sollte es sonst sein' besser.... Wenn es zum Beispiel nur ihr Körper ist, oder.... generell etwas anderes...", "... und du denkst darüber nachzudenken, lässt mich besser schlafen..?", "Ich will nur nicht, dass du daran zerbrichst." "Werde ich nicht. Was immer es ist." Satoru sefzte nur, da er das alles andere als überzeugend fand. "Ich... hab's mir anderes überlegt... Mach das ich einschlafe...", ".... Ok..." Satoru nahm seine Hand. Doch bevor William einschlief, musste er noch etwas loswerden: "W..was wenn Alexandre es geschafft hat, sie in dem Moment ihres Todes festzuhalten.... Wenn sie noch lebt... und stirbt in dem Moment, in dem wir sie befreien..?" "Das wäre so ziemlich das Grausamste, was dein Möchtegernvater dir antun könnte..." Satoru gab ihm noch einen Kuss auf die Stirn. --- Natürlich konnte ich nicht schlafen. Ich tat jetzt schon eine ganze Weile nur so. Wie selbstverständlich kroch Dorian zu mir ins Bett. Auch wenn ich es nie für möglich gehalten hatte, überforderte mich die Nähe zu ihm doch sehr. Mal davon abgesehen, dass der Gedanke an William mich davon abhielt zu schlafen und Ann, die mich die ganze Zeit versuchte zum Aufbruch zu zwingen.... Sie wollte unbedingt zu dem Kerl in der Pension. Aber wenn er auch nur ein bisschen Verstand hatte, war er mittlerweile über alle Berge. Nach eine Weile, öffne ich dann doch meine Augen und finde das schlafende Gesicht von Dorian direkt vor meinem. Ich rutsche ein bisschen von ihm weg, nicht sicher was ich tun soll. Gehen wir jetzt? Ja. Du darfst ihn dir holen. Du. Sie lachte und ich spürte, wie mir wieder schwindelig wurde, alles verschwamm und ich gab die Kontrolle an sie ab. Ein seltsames Gefühl alles nur zu beobachten. Keine Kontrolle und kein Gefühl im Körper zu haben. Als würde man schweben und einen Film sehen. Das hatte sie bisher nur einmal getan, vor dreihundert Jahren, beim Versuch nicht eingesperrt zu werden. Damals kostete es Ann zu viel Kraft und war zu neu, es hatte keinen Sinn. Sie hatte jedoch viele Jahre Ruhe, um ihre Kräfte zu sammeln. So konnte ich zusehen, wie sie Dorian die geschlossenen Augen zuhielt und ich rebellierte kurz. Nur ein Zucken, aber sie merkte es und lachte leise, ihr lachen mit meiner Stimme. Unheimlich. "Keine Sorge. Ich würde deinen Lieben nie etwas tun." Du bist ja wirklich in Hochstimmung... "Wer wäre es nicht in der Aussicht auf einen Mitternachtssnack..?" Willst du ihn wirklich fressen..? Wieder lacht sie: "Leider kann ich das nicht mit diesem Körper." War das wieder einer ihrer Scherze..? Wir standen mühelos auf. Sie schloss die Badtür und ich konnte innen das Klicken des Schlosses hören. Das Licht schaltete sie auch an. Wenn doch jemand merkt, dass ich nicht im Bett bin, ist das zumindest für eine Weile eine gute Tarnung... Clever. "Sieh zu und lerne Kleiner~" Sie bewegt sich schnell und erschreckend unauffällig durch das Hotel und die Straßen, obwohl wir nicht viel mehr als einen Schlafanzug tragen... Es ist noch einiges los in den Bars der Stadt, trotz so später Stunde. Nur die kleine Pension ist völlig dunkel. Sieht aus, als wäre er weg... "Oh nein, er wartet auf uns~" Mit viel Schwung öffnet sie die Flügeltür, dass sie krachend gegen die Wand schlägt. Alles ist still und viel zu düster, um etwas zu erkennen. Trotzdem geht sie ohne zu Zögern ins Dunkel, findet ohne Probleme die Treppe und geht in den ersten Stock. Sie weiß genau, wo er ist und ich nicht ob es mir Angst machen oder mich beeindrucken sollte. "Hallo, hallo~", flötet sie mit meiner Stimme, beim Betreten eines Zimmers. Nur wenig später wird in einer Ecke eine Lampe angemacht, deren Schein es nicht ansatzweise schafft den Raum zu erhellen. Sie erlaubt nur den Blick auf den alten Mann, mit dem Gewehr auf dem Schoß und einem Whisky Glas in der Hand, das er leert und krachend auf dem Tisch abstellt. "Da bist du ja, Monster.", "Na na. Sei doch nicht so unhöflich~" Ich weiß das sie grinst. "Und du nicht so eingebildet 'Ann'. Oder wie immer du dich grad nennst." Sie stöhnt genervt. "Du warst schon immer eines ihrer schlechteren Werke.", "Dann wird es wohl Zeit, dass man mich verschrottet." Er lächelt, gießt sich noch ein Glas ein und prostet uns zu. Ich bin nur ein bisschen verwirrt, dass sie sich scheinbar kennen und wer ist 'sie'..? "Es wird wirklich Zeit. Wie versprochen bin ich hier dich zu holen und danach suchen wir unsere Körper." Er lacht laut und rau. "'Ann' ist nicht dein Körper, Monster!", "Das nicht, aber immerhin ist mein 'ich' in ihrem Körper gefangen und ich bin es leid eingesperrt zu sein, in diesen sterblichen Hüllen." Er grinst immer noch. "Grausam nicht wahr..? Zu spüren wie die Uhr tickt..." Er nimmt noch einen großen Schluck. "Wenigstens sind unsere Körper hier ganz in der Nähe." Er wird ziemlich blass: "Woher wisst ihr das..?", "Weil du es uns gerade bestätigt hast..." Sie lacht laut und lehnt sich an den Türrahmen. Er hingegen sitzt nur da und starrt uns verärgert an. "Das spielt jetzt auch keine Rolle mehr. Zumindest nicht für mich. Willst du mich nun totquatschen oder aktiv werden?" "Nach dreihundert Jahren gönnst du uns nicht mal ein kleines Schwätzchen..?" Sie lacht und fängt an sich komplett auszuziehen, legt ihre Sachen zusammen und vor dem Zimmer auf eine Kommode. Was wird das bitte..? "Oh ist das dein Ernst..? Hättest du nicht wenigstens die Gestalt einer hübschen Frau annehmen können, wenn es schon das Letzte sein soll, was ich sehe...?", "Ich finde ihn recht gut gelungen..." Sie dreht sich einmal. "Und für die paar Minuten wirst du wohl damit Leben können. Ich will nicht, dass die Sachen von meinem Kleinen schmutzig werden~" "Und du schläfst besser ein paar Minuten~" Bevor ich irgendetwas tun kann, wird alles um mich herum schwarz und still. Erst will ich mich beschweren, dann denke ich aber doch, dass es besser so ist... Ich will das nicht unbedingt mit ansehen. Für mich fühlt es sich nur wie ein Augenblick an, bis sie mich wieder sehen lässt. Ich weiß nicht wie viel Zeit wirklich vergangen war. Wir stehen unter der Dusche. Sie schaut nach unten und wir sehen zu, wie das Blut im Abfluss verschwindet. Bist du jetzt zufrieden..? "Erst wenn das Zeug von uns runter ist...." Wie spät ist es? "Wir haben noch Zeit." Nicht die Antwort auf meine Frage, aber gut, soll sie machen. Es darf nichts übrig bleiben, was sie riechen könnten... "Ich weiß..." Kommt es mir nur so vor oder ist sie... traurig..? Fertig..? Erschöpft..? Irgendetwas ist mit ihr.... Soll ich uns nach Hause bringen..? "Machst du dir Sorgen?" Ich höre wie sie dabei grinst. Sowas in der Art.... "Ich schaff das schon. Bin nur ein bisschen erschöpft..." ...Ok.... --- Als wir wieder sauber und angezogen auf die Straße gehen, ist kaum noch jemand zu sehen. Es muss mittlerweile weit nach Mitternacht sein. Sie versteckt sich nicht, macht auch keine Anstalten sich unauffällig zu bewegen. Sie schlendert einfach die Straßen entlang und ignoriert die paar verbliebenen Leute. "Hast du gar keine Fragen..?" ....Schon. Aber ich werde sie nicht stellen. "Warum nicht? Zum Beispiel die Frage nach meinem richtigen Namen? Kein Interesse es zu erfahren?" Für mich bist du Ann. Vielleicht nicht 'Königin Ann', vielleicht ein 'Monster', aber das spielt für mich keine Rolle. Für mich bist du meine Ann, die die mich gerettet hat, die mich beschützt... Schadet es uns denn, wenn ich nur so viel weiß? Sie lacht: "Nein. Es ist gut so. Du... solltest nur wissen, dass ich deine Fragen beantworten würde... Das ich die Fragen deiner Begleiter beantworten werde, sollte es dazu kommen, dass..." Dann soll es bis dahin reichen, dass du meine Ann bist. Sie lacht wieder, bleibt dann jedoch abrupt stehen und schaut sich um. Sie sieht nicht auf den Weg hinter sich, ihre Augen suchen die Dächer ab. "Scheint als würde man uns beobachten, mein Kleiner..." ....Steve..? Wie lange wohl schon..? Ob er weiß, was wir gerade getan haben..? "Ich. Was ich getan habe." Als wenn sie da einen Unterschied machen würden... Ann verschwindet ohne ein weiteres Wort in einer Seitengasse und versucht so unauffällig wie möglich zum Hotel zurückzukommen. Im Zimmer entriegelt sie wieder das Bad, macht das Licht aus und überlässt mir fast gleichzeitig wieder die Kontrolle. Das kam so plötzlich, dass ich beinahe umfiel. Ich mache mich noch etwas benommen auf zum Bett und liege kaum, da öffnet Dorian blinzelnd die Augen. "Warst du im Bad..?" Ich nicke nur und kuschel mich an ihn, damit er mein Gesicht nicht sehen kann. Er vergräbt seine Nase in meinen Haaren und atmet tief ein. Ich versteife mich augenblicklich und halte die Luft an. Verdammt! Mein Geruch! "Du riechst gut~", murmelt er und ist auch schon wieder eingeschlafen. Ich atme erleichtert aus... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)