Kaizoku no Baroque von Alma (I. Träume) ================================================================================ Kapitel 38: Sturmflut --------------------- Unwillkürlich zuckte er zusammen, wirklich heftig. Er starrte sie an, konnte nichts sagen, nichts denken, nichts tun. Hatte sie das gerade wirklich gesagt...? Sie zwang sich langsam ein und auszuatmen. Sie hatte es gesagt. Verglich er sie jetzt auch wieder mit Elisa? Ob sie es ernst meinte? Ob sie ihm alles nur vorspielte? Aber sie meinte es ernst. Gott, sie meinte es so verdammt ernst. Noch immer konnte er einfach nichts weiter tun als zu schweigen. Sein Kopf fühlte sich an wie leer geblasen, das Gebäude auf den morschen Stegen war endlich eingebrochen. Er wollte denken, er wollte wirklich, aber es blieb ihm verwehrt. Er konnte einfach nichts tun, nicht einmal einen einzigen Gedanken fassen, nicht einmal die Gefühle in seiner Brust zuordnen. Nicht einmal ein wenig, nicht einmal ein bisschen, nicht einmal grob. Robin legte den Kopf auf ihre Arme, die auf dem Fenstersims gestützt waren und atmete wieder tief ein. Sie war so froh darüber die Fassung halten zu können. Nichts wollte sie weniger als jetzt vor ihm in Tränen ausbrechen. »Ich habe vorher noch nie einen Menschen umgebracht...« Nun musste sie sich doch sammeln. Es war nicht einfach, aber es musste sein. Ihre Stimme durfte nicht zittern. »Als ich in deinem Körper war, habe ich gespürt, was du gespürt hast. Ich weiß, dass dir das gar nicht passt, aber so ist es nun mal.« Wieder ein paar Sekunden Pause. »Ich habe die Liebe gespürt. Ich habe gesehen, was sie dir angetan hat...« Ihre Nase legte sich in den Wind, sog ihn auf. Er half ihr äußere Ruhe zu bewahren. »Ich hasse sie dafür so sehr, dass ich sie immer und immer wieder umbringen würde. Nur damit sie endlich aus deinem Leben verschwindet.« Sie wusste es ja, sie wusste, dass sie das Versprechen brach. Aber er hatte nachgefragt und es musste heraus. Es klappte nicht, sie konnte all die Worte nicht aufhalten. Nicht, wenn sie dadurch fürchten musste, dass er sie auf ewig mit dieser Frau verglich. »...Damit du endlich deinen Frieden hast. Und...« Nun drehte sie sich wieder zu ihm, der Blick fest, obwohl ihr das Herz heftig klopfte. »Es ist mir egal, ob du das in Ordnung findest oder nicht. Ob du meinst, es ginge mich nichts an.« Es war schwer so ruhig, so ernst zu bleiben. Es verletzte sie, aber sie hielt es aufrecht und sah wieder zurück aufs Meer. Sein Blick ging zu Boden. Er konnte immer noch nicht denken, aber er spürte in sich, dass ihre Worte die Teile des Puzzels vervollständigten. »...Nur eine Sache tut mir leid.« Sie brauchte ein paar Sekunden, um das auszusprechen, denn es tat weh. »...Es tut mir leid, dass ich dich nicht vor ihr getroffen habe. ...Es ist okay, wenn du mich jetzt hasst.« Das Atmen wurde schwerer. »Du hast sie geliebt, oder liebst sie noch immer. Keine Ahnung, aber wie gesagt, wenn du mich deswegen jetzt hasst, muss ich damit leben...« Ihre Augen schlossen sich. Mehr konnte sie ihm nicht sagen, mehr ging nicht. Es schnürte ihr die Luft ab. Ihre Worten rissen ihn nun endlich aus seiner Starre, wenn auch nur teilweise. Er konnte nun sprechen und er spürte einen Bruchteil seiner Gefühle, aber denken konnte er nicht. Die Worte sprudelten einfach aus ihm heraus, ohne Filter. »...Und... warum sollte ich dich jetzt hassen?« Seine Stimme schwankte, ganz gewaltig. Vor Verwirrung und vor Unsicherheit, aber sie spürte auch einen dumpfen Schmerz in seinen Worten. Unwillkürlich zuckte sie zusammen. »Weil...« Abermals musste sie sich sammeln. »...ich sie umgebracht habe. Ich habe sie... getötet.« »...Und?« Er sah sie seltsam distanziert an, soweit er das schaffte, denn in seinen Augen schien ein Vulkan auszubrechen. Sie sah so viele verschiedene Gefühle, zu viele um ein einheitliches Bild zu geben. »...Robin... diese Frau hat mich fast 15 Jahre verfolgt... sie hat mir die Hand abgeschlagen und... etwa die Hälfte meiner Narben kannst du ihr zuschreiben. Sie hat meine Freunde umgebracht. Alle. Jeden einzelnen von ihnen. Was meinst du denn... meinst du ich würde diese Frau noch lieben?« Nun zitterte ihre Stimme doch. »Warum hast du dann nicht... warum hast du sie nicht selbst...?« »Ich weiß es nicht!« Er wurde laut und sie bekam Angst der Vulkan würde noch schlimmer ausbrechen, sie unter sich begraben. »Ich weiß es einfach nicht! Es ging eben nicht!« Ihr Blick krachte zu Boden, wollte sich dort vergraben, um seinem Groll zu entkommen, weil es sie jedes Mal wieder verängstigte. Was sie in seinen Augen gesehen hatte, prallte gegen sie, nahm ihr das Gleichgewicht, ließ sie erzittern, nahm ihr den Atem. Sie konnte damit nichts anfangen. Aber er liebte Elisa nicht mehr. Und... er... er hasste sie nicht. Crocodile versuchte sich zu sammeln, Worte zu finden, ihr zu antworten, es ihr zu erklären, es sich selbst zu erklären. Aber es war so schwer, er wusste nicht was er sagen sollte. Alles was er spürte war ein unaufhaltsamer Sturm in seiner Brust, der sich nun entfesselte. »Sie...« Zischend riss sein Blick sich von ihr. Er biss sich auf die Lippe. Es klappe nicht. Wirklich, sie konnte ihn nicht mehr ansehen, aber zumindest ihre Stimme war etwas sicherer. »Ich will eigentlich nicht weiter rumschnüffeln. Für mich zählt nur, was jetzt ist, aber... ich wüsste zu gern, warum sie dich so sehr gehasst hat. Ich... kann es mir nicht erklären.« Er blickte noch immer weg, zischte lauter. »...Ich glaube kaum, dass du mir glauben würdest.« »Warum nicht? Du meinst doch nicht, dass ich irgendwas von dem Kram geglaubt habe, denn sie dir da an den Kopf geworfen hat, oder?« kam es leise, aber fest. Halbwegs zumindest. »...Und wenn es stimmen würde?« sein Blick griff sie an, seltsam, abschätzend. »Tut es nicht.« flüsterte sie. »Woher willst du das wissen?« Sie starrte ihm nun doch entgegen, konnte nicht mehr atmen. »Ich weiß es eben.« Er erwiderte den Blick, noch immer abschätzend, zögernd. »...« Doch Robin ließ nicht locker. Niemals würde sie ihn das glauben lassen. Sie fühlte wieder den Zorn in sich aufsteigen, drängte ihn aber zur Seite. Er hatte ihr nichts getan, er hatte sie zu sehr geliebt. Und außerdem, Crocodile war einfach nicht der Typ, der einer Frau etwas antat. Er war nicht so, wie Elisa ihn beschrieben hatte. Seine Augen stachen ihr entgegen, durchdringend, eisig. »...Du kommst aus dem West Blue, nicht wahr?« Sie sparte sich die Antwort, er wusste es ja schließlich. »Wie viel bekommt man da für Zigeuner? 10.000 Belly? 100.000?« Ihr Blick blieb standhaft, auch wenn sie sich wirklich dazu zwingen musste. »Ich kenne mich mit den Geschäften da nicht aus, aber irgendwas dazwischen.« Er knirschte, erbarmungslos, ernst, kühl. »Tja im Souh Blue bekommst du das Doppelte, vor allem wenn es eine schöne Frau ist. Ich glaube du kannst dir den Rest denken.« »Nein, kann ich nicht.« kam es ruhig, obwohl nun auch ihr Innerstes von seinem hervorquellenden Sturm erfasst wurde. Ihr Herz begann ganz schrecklich zu schmerzen, doch sie ignorierte es. Er knurrte und spürte einen Kloß in seinem Hals. Er wurde so wütend, er schrie sie einfach an, all seine verdrängten Gefühle und Gedanken direkt in ihr Gesicht. »Mein Vater hat Spaß gehabt Zigeunerfrauen zu fangen und zu verkaufen!« Wortlos ließ sie es über sich ergehen, verschluckte sich fast an ihrem eigenen Atem. Sein Vater. Sie musste an Amirs Worte denken. Vergewaltigung, Mord, Sklavenhandel. Das hatte sein Vater getan? Aber was hatte das mit Elisa zu tun? Die Mauer ihres Äußeren stand noch, aber in ihren Augen tobte es wie in den seinen. Das Herz schlug ihm nun so hart und wild bis in die Schläfen, dass ihm fast schlecht wurde. Vor Zorn, vor Blutverlust, von dem Brennen in seiner Brust und seinen neuen Wunden. Es war als hätte sie einen Schalter in ihm ausgelöst, der all seine Bitterkeit hinaus fließen ließ, brennend heiß wie Lava. Er konnte sich nicht mehr halten, es sprudelte einfach alles hervor. »Mein Vater war ein dreckiger Hurensohn! Er hats mit tauenden Frauen im ganzen South Blue gemacht und sie vergewaltigt. Ihm hats scheinbar gefallen, wenns ihnen weh tat!« Sie musste hart schlucken, ließ sich aber nicht beirren. Er sollte ruhig seine Wut heraus lassen, sie konnte es ab. Für ihn konnte sie das locker ab. Weiterhin blieb sie ruhig, bekam aber innerlich immer wieder weiche Knie. Das war noch nicht alles, das wusste sie. Ihre Schultern strafften sich, warteten auf den nächsten Stoß. Sie nahm ihn freudig entgegen, wenn das hieß, dass er es sich von der Seele reden konnte. »Ich glaube es ist nicht schwer, die nötigen Schlüsse zu ziehen!« Seine Stimme war noch immer laut und bedrohlich. »Nicht schwer rauszufinden, warum Elisa ihn gehasst hat!« Robin sprach ruhig, aber angeschlagen. »Und sie war so krank, dass sie diesen Hass an dir auslassen wollte?« »Mein Vater ist leider abgekratzt, bevor sie ihn umbringen konnte!« »Ist das ihre Ausrede gewesen?« »Ich war sein einziger Sohn, der er jemals anerkannt hat!« Crocodile bebte nun und seine Stimme auch, hörte sich an wie ein Grollen, wie ein Erbeben. »Was weiß ich wie viele andere er noch gehabt hat!« »Sie war also doch krank.« Langsam brach ihre Ruhe. Er schluckte. »Sie wollte ihre Rache um jeden Preis.« »Na und?« Sie klang nun ebenfalls wütend und kam auf ihn zu, hob seinen linken Arm zu sich heran. »Selbst wenn er ihre ganze Familie umgebracht hat, sie hatte kein Recht dir das anzutun! Du bist nicht dein Vater!« Ihm wurde schlecht, ihm wurde wirklich unheimlich schlecht. Diese Worte von ihr zu hören war wie ein vernichtender Schlag in die Magengrube. Nur einen kurzen Augenblick verstummte er, dann schrie er sie wieder an. »Hat sie aber nicht gestört!« »Ist das vielleicht der Grund, warum du sie nie töten konntest? Weil du nicht wie er sein wolltest?« ihre Stimme war etwas hysterisch, ihr Starren hart und erbarmungslos. Er fühlte wie der Kloß in seinem Hals immer größer wurde, ihn fast aufsog. Er bekam keine Luft mehr. Doch er ließ das Feuer einfach wieder speien. »Was weiß ich!« Hart krachten ihre Augenlider aufeinander und sie küsste seinen Stumpf. »Schon gut, ich habs begriffen.« Da war der Drang seinen Arm einfach wegzureißen, aber sein Körper ließ ihn nicht, spannte sich allerdings so hart an, dass sie es spürte. »...« Noch einmal küsste sie ihn, dann ließ sie ihn los, blickte wieder in seine Augen. »Danke.« »Wofür?« Er spie die Worte immer noch aus. »Dass du es mir gesagt hast.« Ihm blieb wieder die Luft weg, als er bemerkte dass sie Recht hatte. Scheiße, er hatte es ihr gesagt, scheiße scheiße scheiße! Was war nur in ihn gefahren?! Langsam lehnte sie sich mit dem Rücken gegen den Sims und sah ihn wieder ganz ruhig an. Sie suchte nach Worten. »Ist deine Frage damit auch beantwortet?« Er hatte nun so lange die Luft angehalten, dass ihm wirklich übel wurde und der Sauerstoffmangel heftig in seinem Kopf schmerzte, wie Nadeln, ein seltsamer Innendruck, der ihn zu zersprengen drohte. Er kam über ihre Antwort immer noch nicht hinweg. Er wollte es noch nicht wahr haben, konnte es nicht. Da sein Kopf unfähig war zu denken, reagierte sein Körper einfach ganz von allein. »...Scheint wohl so...« »Gut.« Sie drehte sich wieder um und sah aus dem Fenster. Wusste genau wie aufgewühlt er war. Sicher noch viel mehr als sie. Sie hatte es ihm gesagt. „Ich liebe dich“. Die Worte hallten noch in ihrem Kopf. Sie hatte es wirklich gesagt. Und er hatte ihr freiwillig etwas aus seiner Vergangenheit erzählt. Gut, dass Elisa schon tot war. Sie spürte den Hass so sehr in sich brodeln, dass sie sie glatt noch einmal umbringen wollte. Wie konnte man nur, egal wie groß der Schmerz war, jemand der unschuldig daran war, so leiden lassen? Das ging ihr nicht in den Kopf. Aber sie konnte diese Frau nicht mehr fragen. Es hätte sie sowieso nur wieder wütend gemacht. Ob es sich für ihn auch wieder nur wie Elisa angehört hatte? Sie hoffte nicht. Ihre Hand verkrampfte sich in ihrem Herz. Bitte nicht. Er zögerte, er zögerte sehr lange. Dann kam er schließlich zu ihr, drückte sie etwas mehr gegen die Wand und umschlang ihren Bauch, legte seine Stirn an ihre Schulter und hielt noch immer den Atem an. Scheiße, scheiße, scheiße... Sie zuckte zusammen. Mit dieser Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Trotzdem lehnte sie sich gegen ihn, ganz von allein. Weil er sie anzog, wie ein Magnet, weil es ihre Haut zum kribbeln brachte und ihr Herz sich etwas entspannte. Er hielt sie weiter fest, sagte nichts, hielt sie einfach nur fest und versuchte seinen Kopf zu ordnen, ihr etwas zu sagen, seine Gefühle zu verstehen und endlich herauszukriegen was ihre Worte in ihm ausgelöst hatten. Es verging eine Ewigkeit, wie sie so dastanden und schwiegen. Crocodile hatte es noch immer nicht geschafft sich zu ordnen, ein Muster zu finden, aber zumindest hatte er sich beruhigen können. Sein Körper war ruhig, der Hass und die Bitterkeit war zurückgewichen, wieder vergraben. Er schmeckte eine Frage auf seiner Zunge, aber er wusste nicht was er sie fragen wollte. Ihm schwebten so viele Gedanken im Kopf herum, aber alle waren so verschwommen. Es war unmöglich sie zu erkennen, zu greifen. Sie waren nur kurze Schimmer, Blitze und ließen ihn weiter im Ungewissen. Er kam sich vor als gäbe es ein Karussell in seinem Kopf, ihm drehte sich alles und er bekam wieder Wut, auch wenn es ihm nur so vor kam es werde er zornig, denn sein Körper war immer noch ruhig. Warum konnte er nicht endlich wissen, was er ihr sagen wollte? Er versuchte es, er versuchte es ganz angestrengt. Keine Regung durchzuckte sie. Sie konnte seine Zerstreuung schon regelrecht auf ihrer Haut spüren. Scheinbar hatte sie ihn ziemlich geschockt, was? Trotzdem blieb sie ruhig, so gut das ging. Von ihr aus konnte er so viel Zeit haben, wie er wollte. Es war so ein seltsames Gefühl, er kam sich richtig verloren in seiner eigenen Haut vor. Verwirrung plagte ihn und er konnte einfach nicht beschreiben was er fühlte, nicht deuten. Es war wie ein mit unterschiedlichen Farben gemischtes Bild, dass man nicht mehr sagen konnte woraus es bestand. Da waren zu viele Gefühle in seiner Brust, der er niemals raus gelassen hatte. Bis jetzt zumindest. Und die nun einfach allen Platz einnahmen, ihn hinderten klar zu denken. Er wollte sie etwas fragen, sehr viel sogar, aber er wusste nicht wo er anfangen sollte. Wo ihm der Kopf stand. Endlich schaffte er es einen der Gedanken zu fassen zu bekommen und er war froh darüber, auch wenn er ihn einfach aussprach ohne zu überlegen. Seine Stimme war ruhig und sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Hals. »...Ich... hab echt viele Menschen auf dem Gewissen...« Oh, das wusste sie. Wenn sie allein an den Beginn ihrer Reise dachte. König Cobra, die Rebellen, die Wachen ...und das war nur in letzter Zeit. Sie wusste, dass er im eigentlichen Sinne kein „guter“ Mensch war. Er war aber auch kein schlechter Mensch. Er hatte sein Leben so gelebt, wie er es musste und für richtig hielt. Sie konnte ihm das nicht vorwerfen. Nicht mehr. »Ich... ich weiß.« »...Viele sogar mit meinen eigenen Händen... Ich hab einige so übel zugerichtete, dass sie sich danach gewünscht hätten, sie würden sterben.« Er erinnerte sich an seine Heimatinsel und die Jugendlichen, die er dort so schlimm zugerichtet hatte. So schlimm wie sie ihn jahrelang aufgrund seiner Herkunft gequält hatten. So lange bis er schließlich von der Insel verbannt worden war. »Das macht mich nicht viel besser als ihn, oder?« Noch etwas mehr lehnte sie sich gegen ihn, schloss die Augen und atmete tief durch, nahm seinen Geruch in sich auf. Es beruhigte ihre Sinne, hüllte sie ein wie eine warme Decke an einem Wintertag. »Du kannst hinterhältig sein, aber ich habe nie erlebt, dass du jemanden grundlos getötet hast oder dass es dir wirklich Spaß gemacht hat. Dass du... jemanden bis aufs Blut gefoltert hast. Du dich daran ergötzt hast wie er verblutet, wie er sich windet und um sein Leben bettelt.« Wie so viele andere Piraten, bei denen sie gewesen war. »Außerdem... bisher hatten deine Gegner immer eine Chance und wenn es nur die war wegzulaufen. Du wärst ihnen nicht nachgerannt um sie zu töten...« »Wäre mein Vater auch nicht...« Nun drehte sie den Kopf zu ihm. »Es geht dir aber nicht darum jemandem weh zu tun, nur um ihn leiden zu sehen.« Oder redete sie sich das nur ein? War er wirklich ein schrecklicher Mensch, ein Monster? Nein. Nicht für sie. Niemals. Ihr Blick war ernst, fest. »Du sehnst dich mehr nach Freiheit, als nach allem anderen, oder? Deswegen folgt dir die Crew. Weil du... ein Mensch bist, der ehrlich seinen Träumen folgt. Ich glaube,... solche Menschen können nicht von Grund auf schlecht sein.« Niemand, kein Mensch auf der Welt wurde böse geboren. Sie waren alle nur Projektionen des Leides, das sie erfahren hatten. Es gab für alles einen Grund. Und bei dem was Crocodile erfahren hatte, konnte sie endlich nachvollziehen, warum er so war, wie er eben war. Ihre Lider senkten sich wieder. »Du hast bisher nur getötet, weil du dich verteidigt hast, weil man dich provoziert hat und weil du nun mal ein Pirat bist und als solcher deinem Traum folgst. Egal was kommt. Ohne Verluste, ohne Skrupel. Jeder Mensch würde das tun, wenn ihm keine andere Wahl bleibt. Jeder ist irgendwie egoistisch. ...Und ich bin es auch...« »...« Sie atmete langsam auf, spürte wie sie innerlich erzitterte. Er konnte einfach nicht antworten. Er war... geschockt, erstarrt, wieder unfähig sich auch nur zu bewegen. So sah sie ihn? Stimme es denn? War er so? Hatte er... wirklich ein Recht drauf das zu bekommen, was er wollte? »Und du meinst... dass es in Ordnung ist?« »Ist es das denn für dich?« Die Worte sprudelten wieder einfach aus ihm heraus, die Stimme angekratzt. »...Ich weiß nicht...« »Fragst du mich nach meiner eigenen Meinung? Ob es für mich in Ordnung ist, dass du so bist wie du bist?« »...« Er wusste es ja selbst nicht. »Hättest du mich vor vier Jahren gefragt, hätte ich nein gesagt. Aber heute...« Stocken. »Nun ja, ich habe dich kennengelernt. Es war falsch von mir zu glauben, über dich urteilen zu dürfen. Du... hast so viel erlebt, genauso wie ich. Du bist anders als ich, du gehst die Dinge ganz anders an und wir treiben uns oft gegenseitig in den Wahnsinn damit und trotzdem...« Ihre Stimme bebte leicht, sie lehnte sich noch ein Stücken zu ihm. »Trotzdem möchte ich nirgendwo anders als bei dir sein.« Das löste ein seltsames Zucken und Ziehen in seiner Brust aus, aber er konnte nicht einordnen ob es schmerzte oder gut tat. »...Du bist viel zu jung um so etwas zu sagen...« Wirklich, sie hatten wirklich die gleiche Angst. Aufgrund ihrer Vergangenheit nicht akzeptiert zu werden. Das letzte zu verlieren, was ihnen noch etwas bedeutete. Er schloss die Augen, weil diese Erkenntnis das Chaos in ihm noch mehr schürte. »Für mein Alter habe ich aber genug Menschen kennengelernt, genug Schicksale erlebt und selbst ertragen, um eine fundierte Meinung zu haben. Außerdem lässt sich nicht immer alles mit dem Kopf entscheiden. Hier sein zu wollen... das hab ich mir gar nicht ausgesucht... Das... war einfach plötzlich da...« »...Mein Beileid.« »...Gleichfalls.« »...« Er schwieg sehr sehr lange, versuchte den Strudel in sich auszuschalten. Es klappte, wenn auch nur ein wenig. »...Wie geht´s deinem Arm?« »Der freut sich, dass du noch lebst...« »Und wie zeigt er das?« »...Pocht so schön.« Kurz atmete sie durch. Scheinbar war die Sturmflut erst einmal vorbei. »Wie es dir geht, frag ich lieber gar nicht erst. Da kommt eh nur wieder ein: „Liebes, ich hab schon viel schlimmeres erlebt“.« imitierte sie ihn. Noch immer konnte er nicht denken oder seine Gefühle einordnen, aber es schien als würde sein Körper in den Energiesparmodus gehen, so fern es einen gab. Er baute seine Wand wieder auf, um dieser Situation zu entkommen. Er hatte genug gehört, er wusste dass er jetzt nur noch die Zeit brauchte das zu verarbeiten und endlich seine Entscheidung zu fällen. Alles was ihm noch fehlte, war die nötige Zeit. Auf ihren Kommentar musste er dennoch schmunzeln, auch wenn ihm ganz sicher nicht danach war. »Du kannst mich aber gut nachmachen.« »“Liebes, ich kann alles.“« Sie lachte nun, ganz leise, schwach. »Jetzt verstehe ich, warum du das immer sagst. Es macht wirklich Spaß.« »Kling ich auch so bescheuert dabei?« »Was glaubst du denn? Nein, warte, antworte nicht darauf. Da kommt eh nur wieder so ein Spruch.« »Und was für einer?« »Hm...« sie grübelte kurz, riss sich dann zusammen, wandte sich zu ihm und grinste ihn an. »Ach, du bist so kreativ. Da kann ich gar nicht mithalten.« Wirklich, sie bemühte sich nur noch die Liebe auf sich wirklich zu lassen, die seine Berührung, seine Nähe, in ihr entfachte. »Bin ich das?« Darauf lachte sie etwas lauter. Er musterte sie, mit einem undefinierbaren Blick. »Du bist aber auch nicht von schlechten Eltern. Und in einem hatte Elisa Recht, du bist wirklich ein sturer Esel.« »Sie hatte aber auch Unrecht.« Jetzt drehte sie sich gänzlich um und kuschelte sich in seine Arme. »Denn du magst mich genauso.« »Tue ich das?« schmunzelte er ausgelaugt. Sie schielte zu ihm hinauf, lächelte schüchtern. »Wusstest du, dass du sehr sexy bist, wenn du lächelst?« Sofort blieb ihm der Atem weg und er hatte keine Kraft mehr übrig das zu verbergen. »Ich bringe dich ja oft zum lächeln, meistens finde ich das nicht so toll...« Meinte sie etwas ernster. »...aber, es lohnt sich manchmal.« Dann lächelte sie wieder. »Aha...« war alles was er rausbekam. Daraufhin war sie wieder ernst. »Das schlimmste daran ist, dass du mir das ewig vorhalten wirst.« Und wieder das Schmunzeln. »Aber heute soll das Mal okay sein. Aber...« Die Augen schürzten sich. »...treibs nicht zu weit.« Er war so verwirrt von ihren ständig wechselnden Gesichtsausdrücken, dass er einfach drauf los plapperte. »Eh... wir sollten deinen Arm endlich mal nähen.« »Meinst du, du kannst das mit deiner Hand?« ehrlich gesagt würde sie sich wirklich gern von ihm nähen lassen. Sie sah in seine Augen und konnte sehen wie verwirrt er war, er bekam es nicht unter Kontrolle. Seine Augenbraue hob sich an. »Nein, deswegen fragen wir ja auch die andern.« »Was meinst du, wie lange du brauchst, bis du sie wieder einigermaßen bewegen kannst?« Scheinbar überlegte er ernsthaft. »Komplett wieder bewegen?« Nicken. Er sah sie abermals an und sprach ganz sachlich darüber. »Ich hoffe, ich kann sie in einigen Tagen halbwegs ohne Schmerzen bewegen, aber da die Sehnen vollkommen im Arsch sind, wird es bestimmt an die zwei Wochen dauern, bis sie wieder topfit ist.« Sie unterdrückte ein weiteres „tut mir leid“. Wäre sie schneller gewesen, dann... »Gut, ich werde Paula fragen, ob sie es schafft.« »Gut.« Eine Hand legte sich an seinen Kopf, sie schmunzelte wieder. »Ich bin doch ein braves Mädchen, nicht wahr?« »..Ja das bist du...« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)