Shadows von Karu (In den Schatten) ================================================================================ Kapitel 2: Wie im Märchen? -------------------------- Ich bin kurz vor Ende des Jahres noch mit dem nächsten Kapitel fertig geworden. Dementsprechend einen Guten Rutsch an alle und ich hoffe, das es euch gefällt. hat nach einer Erklärung für die 'verzwickten Verwandtschaftsverhältnisse' gefragt. Naja, wie würdest du die Cousine der Cousine deiner Mutter denn nennen?! ^.- Erschöpft ließ sich Shizuka in die Kissen ihres Bettes fallen. Es war anstrengend, sich den gesamten Vormittag und manchmal sogar bis in den Abend hinein die Reden ihrer Lehrer anhören zu müssen. Sie erzählten und erklärten einfach eine Menge, sodass es für sie gegen Ende des Tages schwerer wurde, das Gesagte auch wirklich im Gedächtnis zu behalten – was keinesfalls dadurch besser wurde, dass ihre letzte Stunde heute Gymnastik bei Nobunaga-sensei gewesen war. Seine ewigen Predigten, die meistens aus einer Mischung aus ‚Mehr beugen!’, ‚Du musst dich konzentrieren!’ und ‚Körperspannung halten!’ bestanden, brachten sie nach einer bestimmten Zeitspanne beinahe zur Weißglut. Sie drehte sich unter dem Protest ihrer schmerzenden Schultermuskulatur auf den Bauch und vergrub ihren Kopf in einem der angenehm duftenden Kissen. Einfach nur schlafen… „Shizuka, dein Vater erwartet dich zum Abendessen!“ drang eine gedämpfte Stimme durch die Tür zu ihrem Zimmer und ließ die Schwarzhaarige kurz zusammenfahren. „Ich komme, Tante Sakura.“ rief Shizuka zurück und gab sich Mühe, sich nicht anhören zu lassen, wie verärgert sie war. Seit dem Zwischenfall mit dem eigenbildeten Kerl vor zwei Wochen schien ihr Vater plötzlich steigendes Interesse an seinen Kindern – vor allem Shizuka – gefunden zu haben. Sooft sein Terminplan es zuließ, aß Kenji mit ihnen zu Abend und vor ein paar Tagen war Shizuka erschrocken zurückgezuckt, als ihr Vater im Raum gesessen hatte, als sie zum Unterricht mit Tsubasa erschienen war. Irgendetwas beschäftigte ihren Vater, das bekam sogar die Schwarzhaarige mit. Es beunruhigte sie. Shizuka fühlte sich unwohl unter Kenjis Blick, der in letzter Zeit ungewöhnlich oft auf ihr haftete. Vielleicht, weil sie sich das so oft und so lange gewünscht hatte, dass es ihr plötzlich wie ein Traum vorkam. Oder auch, weil sie Angst hatte, dass sie es wirklich mögen könnte und er wieder damit aufhören könnte und alles wieder so wäre wie vorher… „Vater. Haku.“ sie neigte leicht den Kopf in die Richtung des Tsuchikagen und schenkte ihrem Bruder ein liebevolles Lächeln, bevor Shizuka sich zu ihnen an den Tisch sinken ließ. „Shizuka.“ antwortete ihr Vater ruhig und registrierte ihre Ankunft mit einem kurzen Nicken. „Shizu!“ rief ihr Bruder erfreut – in seinem Verhalten das genaue Gegenteil zu seinem Vater – und schenkte ihr ein breites Lachen „Ich war heute im Garten und da war ein Frosch, und der war so groß…“ plapperte er sofort los und zeigte nebenher mit seinen Händen, wie groß der Frosch denn gewesen sein sollte. Unsicher warf die Schwarzhaarige einen Blick zu ihrem Vater, den es offenbar aber nicht störte, dass Haku so viel redete, und wandte sich dann wieder ihrem Bruder zu, um an den richtigen Stellen seiner Geschichte anerkennend zu nicken und sich über seine ausgelassene Stimmung zu freuen. Es war fast, als wären sie so etwas wie eine Familie die einfach nur Zeit miteinander verbrachte um zusammen sein zu können, als ein- oder zweimal sogar Kenji bei der Erzählung seines Sohnes auflachte und ihr schließlich leicht zulächelte, als Shizuka Haku erklärte, warum es keine gute Idee wäre, den Frosch zu fangen und in ein Glas zu stecken. In dem Moment glaubte Shizuka wirklich, ihr Vater würde sie doch mögen, irgendwie. Alles würde gut werden und vielleicht würde sie ihm irgendwann beweisen können, dass sie besser war, als irgendein Junge in ihrem Alter. Dann würde Kenji stolz auf sie sein und so lächeln, wie er es gerade getan hatte… „Haku, könnest du mich und deine Schwester für einen Moment allein lassen?“ zog die Frage ihres Vaters die Schwarzhaarige aus ihren Gedanken. Ihr Bruder schien zu überlegen, nickte dann aber und stand langsam auf „…aber dann darf Shizu nachher noch zu mir kommen, und mir etwas vorlesen, ja?“ fragte er, die blauen Augen treuherzig auf seinen Vater gerichtete. Und wieder lächelte Kenji „Sicher, mein Sohn.“ Haku lächelte zurück „Bis nachher, Shizu!“ sagte er, winkte seiner großen Schwester kurz zu und schloss dann die Tür hinter sich, als er den Raum verließ. Für einen Augenblick herrschte Stille im Raum, als Vater und Tochter stumm die Tür betrachteten, durch die Haku gerade verschwunden war. „Shizuka.“ unterbrach Kenji schließlich ihr beider Schweigen. „Ja, Vater.“ antwortete die Schwarzhaarige vorsichtig und konnte dabei nicht verhindern, es ein bisschen wie eine Frage klingen zu lassen. „Ich habe beschlossen, dass es an der Zeit ist, dass du eine weiterreichende Ausbildung erhältst, wie es für die Tochter eines Kagen angemessen ist.“ erklärte er ernst „Darum habe ich, nachdem ich mich selbst davon überzeugt habe, dass deine Fähigkeiten ausreichend sind, dafür entschieden, dir das hier zu geben…“ Nicht wissend, was sie davon halten sollte, senkte Shizuka ihren Blick auf das, was ihr ihr Vater nun über den Tisch hinweg entgegen streckte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf das Stirnband mit dem Zeichen von Iwa Gakure, dass neu in der Hand ihres Vater glänzte. Die Siebenjährige warf Kenji einen fragenden Blick zu, und als dieser ihr bestätigend zunickte, nahm sie behutsam das Ninja-Stirnband aus seiner Handfläche, um es genauer zu betrachten. Shizukas Augen leuchteten und eine unglaubliche Freude machte sich in ihr breit. Sie war sich sicher, dass ihre eigene Hand ein kleines bisschen zitterte, als ihre Finger den weichen Stoff befühlten – Ihr Vater traute ihr wirklich zu, diese Verantwortung zu übernehmen; er hatte gesagt, dass sie die Fähigkeiten hatte; er glaubte daran, dass seine Tochter eine Kunoichi werden konnte… sie würde hart trainieren und ein großartiger Ninja werden, besser als alle anderen, und ihr Vater würde stolz auf sie sein und… „Du wirst nach Konoha gehen.“ Ihr Kopf fuhr ruckartig nach oben und Shizuka erwiderte stocksteif den Blick ihres Vaters, nicht wirklich realisierend, was er gerade gesagt hatte. „Du wirst nach Konoha Gakure gehen, und dort eine grundlegende Ausbildung zum Ninja erhalten.“ wiederholte Kenji, offensichtlich blind für das Bild von purem Horror auf dem Gesicht seiner Tochter „Der Hokage hat bereits zugestimmt – Das wird das Bündnis zwischen unseren beiden Ländern festigen und einen freundschaftlichen Bezug aufbauen, den wir für gute Handelsbeziehungen benötigen.“ Shizuka meinte, etwas hören zu müssen, obwohl sich zwischen ihnen erneut Stille ausbreitete. Irgendein Geräusch, als würde etwas zerbrechen, als würde eine kostbare Vase auf dem Boden zerschellen, ein schmerzverzerrter Schrei vielleicht… aber da war nichts, nur Stille. Nichts, das zeigte, wie zerbrochen, zerstört, verloren sie sich in diesem Moment fühlte. Nur Totenstille, unterbrochen von ihrem stockenden Atem und dem gleichmäßigen ihres Vaters. Ihre Augen fixierten das Stirnband, um das sich ihre Finger verkrampften bis die Knöchel weiß hervortraten und das Metall ihr schmerzhaft ins Fleisch schnitt. ‚Warum?‘ wollte sie fragen, allerdings verließ das Wort nie ihre Lippen. Die Frage nach dem Warum würde nichts ändern, es würde nicht ändern, dass ihr Vater, dem sie im einen Moment noch vertraut hatte, sie im anderen verraten hatte… und alles, was übrig blieb, war Hass. Hass, und der Schwur an sich selbst, dass sie nicht noch einmal so dumm sein würde, ihm zu vertrauen. Nie wieder. „Was passiert mit Haku?“ fragte sie schließlich. „Er wird hier bleiben. Dein Bruder ist zu jung für eine Reise und außerdem ist es bald an der Zeit, dass auch er seinen ersten grundlegenden Unterricht erhält.“ erklärte Kenji knapp. „Natürlich, ihm könnte ja etwas zustoßen… ich bin ihm egal – ich könnte verrecken in Konoha und es wäre ihm wahrscheinlich sogar recht –, aber Haku würde er nie einer Gefahr aussetzen… das Einzige, in dem wir einer Meinung sind, Vater. Wenn auch aus anderen Gründen.“ „Ich werde ihm schreiben. Tante Sakura kann ihm die Briefe vorlesen und vielleicht gibt es ihm einen Anreiz, lesen zu lernen.“ sagte Shizuka und wunderte sich, dass ihre Stimme nicht zitterte. „Ich werde darüber nachdenken…“ war Kenjis leicht abweisende Antwort und die Schwarzhaarige erkannte an seinem Tonfall, dass er von dieser Idee nicht viel hielt. „…ich habe versprochen, auf ihn auszupassen. Wenn ich das nicht kann, werde ich ihm zumindest Briefe schreiben, um zu verhindern, dass er sich allein gelassen fühlt und zu sehen, dass es ihm gut geht.“ erwiderte sie eisern. Er konnte vielleicht mit ihr machen was er wollte und sie an den entferntesten Ort der Welt schicken, aber ihren Bruder würde sich Shizuka nicht nehmen lassen. Dazu hatte Kenji Meian einfach kein Recht – nicht, nachdem sie es ihrer Mama versprochen hatte, als er nicht dagewesen war, um es statt ihrer zu tun. Kurz verzogen sich die Lippen des Tsuchikagen zu etwas, dass vielleicht ein abwertendes Grinsen gewesen sein mochte, dann zuckte er mit den Achseln „Tu das, wenn dir so viel daran liegt… und jetzt geh, ich habe noch zu tun.“ Als sich ihr Vater erhob, ging Shizuka wortlos in Richtung Tür davon und verließ nur kurz darauf das Speisezimmer. Die Gänge des riesigen Hauses waren um diese Zeit verlassen, da die meisten Mitglieder des Meian-Clans wohl gerade dabei waren, ihr Abendessen einzunehmen. Stille. Leere. Überall, wo sie entlangging. Shizuka war fast erleichtert, auf keinen anderen Menschen zu treffen, mit dem sie sich vielleicht hätte unterhalten müssen. Sie wollte nicht reden, mit gar niemandem. Am liebsten wäre in ihr Zimmer gerannt, hätte den Kopf in den Kissen ihres Bettes vergraben, geweint und stumm nach ihrer Mutter geschrien, von der sie wusste, dass sie ihr nicht mehr helfen konnte …aber zwei Gänge und drei Türen weiter saß ihr kleiner Bruder wahrscheinlich hibbelig vor Freude auf seinem Bett und wartete brav darauf, dass seine Schwester kommen und ihm aus seinem Bilderbuch vorlesen würde. Ganz kurz wünschte sich die Schwarzhaarige wirklich, dass er doch fortgehen sollte und dafür ihre Mama wieder da sein sollte, damit alles wieder so war wie früher und ihr Vater sie nicht einfach fortschicken konnte – Sekunden später erschrak sie über ihre eigenen Gedanken. Ihr Bruder konnte nichts dafür, dass der Tsuchikage sie nicht leiden konnte, weil sie kein Junge war, aber Haku schon. Er wusste nicht einmal richtig, wie ihre Mama ausgesehen hatte, sondern kannte sie nur von Bildern… Shizuka fühlte sich schlecht, als sie sich daran erinnerte. Haku konnte nun wirklich nichts für das alles. „Shizuka!“ tönte ihr Hakus kindliche Stimme entgegen, als sie leise sein Zimmer betrat. Sie lächelte schwach „Ich habe schon gedacht, dass du schon schläfst.“ erzählte sie ihrem Bruder, während die Siebenjährige von ihm sein Lieblingsbuch entgegennahm und sich neben ihn auf das Bett setzte. „Ich habe extra auf dich gewartet.“ murmelte Haku zufrieden und kuschelte sich noch mehr in seine warme Bettdecke und den Berg aus Kissen. Shizuka wuschelte ihrem Bruder einmal durch den schwarzen Haarschopf, bevor sie das Buch aufklappte und es so hielt, dass Haku bequem die bunten Bilder sehen konnte; die Seiten waren wirklich wunderschön gezeichnet worden. „Wieder einmal streifte Inari* in der Gestalt einer weißen Füchsin durch die grünen Reisfelder. Die Sonne strahlte warm vom Himmel und die Füchsin wedelte glücklich mit ihrem buschigen Schweif. Es war herrlicher Tag, und sie beobachtete neugierig, wie die Menschen fleißig ihre Felder bestellten. Die Mütter und Väter arbeiteten, während ihre Kinder fröhlich durch die Felder liefen und fangen spielten…“ begann sie, die Geschichte vorzulesen. Es ging darum, wie Inari eines Tages einen Jungen traf, der weinte, weil er und seine Familie als einzige kein Reisfeld hatten und deshalb hungern mussten. Inari hatte Mitleid mit dem armen Kind, gab ihm einen Beutel Reiskörner, und zeigte ihm ein Stück Land, das von da an das Reisfeld seiner Familie sein sollte. Der Junge versprach ihr, sie als Dank dafür jedes Jahr einmal zu besuchen und ihr einige Reiskörner von ihrem Feld mitzubringen. „…und auch, als er schon erwachsen war und selbst einen Sohn hatte, kam der Junge von einst immer noch einmal in jedem Jahr zu Inari. Er brachte ihr einige Reiskörner in einem Beutelchen und erzählte ihr, was in dem vergangen Jahr alles passiert war …und manches Mal glaubte man bei Tagesanbruch auch, eine weiße Füchsin durch die Felder des Jungen streifen zu sehen, wie sie nach dem Reis sah und nach einem kurzen Blick in das kleine Haus der Familie wieder im Morgennebel verschwand…“ las Shizuka das Ende der Geschichte, während Haku das Bild der weißen Füchsin betrachtete, wie sie in den Nebel ging. Wie gerne wäre die Schwarzhaarige auch so einem mystischen Wesen begegnet, das kam und alles wieder gutwerden ließ. „Warum weinst du, Shizu?“ holte die fragende Stimme ihres kleinen Bruders sie wieder aus ihren Gedanken. Eilig wischte sich Shizuka mit dem Ärmel die Tränen aus den Augenwinkeln „Es ist nichts, Haku.“ beruhigte sie ihn „Schlaf gut.“ „Schlaf gut, Shizu.“ murmelte der Kleine halb schlafend, während ihm die Augen zufielen und er sich in die einlullende Wärme seines Bettes kuschelte. Shiuka legte das Buch beiseite, zog die Decke etwas enger um Haku und schlich dann leise zur Tür. Im Türrahmen drehte sie sich noch einmal um und schenkte ihrem friedlich schlafenden Bruder ein wehmütiges Lächeln. Die Tür fiel lautlos hinter ihr ins Schloss, als sie den Raum verließ. *Inari: Inari ist die japanische Gottheit der Fruchtbarkeit, des Reises und der Füchse. Ob Inari männlich oder weiblich ist, ist eigentlich ungeklärt (Sie tritt als beides auf), weshalb ich mir die künstlerische Freiheit genommen habe, sie zu einer Frau zu machen ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)