Shadows von Karu (In den Schatten) ================================================================================ Prolog: Kleiner Bruder ---------------------- Also... hier beginnt der Anfang vom Ende ^^ - Scherz bei Seite: Nachdem ich mich entschlossen haben, doch noch eine Fanfiction über 'Shizukas Geschichte' (wenn man des denn so nennen will) raus zu bringen, starte ich hiermit dem Prolog. „Du kannst jetzt reingehen Shizuka, deine Mutter will dich sehen.“ erklärte Tante Sakura dem Mädchen leise. Die kleine Shizuka blickte mit großen Augen zu ihrer Tante und legte etwas den Kopf schief. Sie nickte zögerlich und betrat dann ganz leise das Zimmer, in dem ihre Mama schon den ganzen Tag war. Sie war zwar klein, aber sie wusste trotzdem, dass etwas nicht stimmte. Den ganzen Tag hatte sie ihre Mama nicht sehen dürfen und brav allein spielen sollen. Keiner hatte Zeit gehabt, sich um sie zu kümmern, weil alle andauernd hin und her gerannt waren. Und getuschelt hatten sie auch; extra leise und nur dann, wenn sie glaubten, Shizuka würde es nicht hören – aber sie hatte sie trotzdem gehört. Shizuka hatte nach ihrer Mama gefragt, aber die Frauen hatten immer gesagt, Mama hätte keine Zeit. Sie würde ein Baby bekommen. Das hatte sie doch vorher schon gewusst, schließlich hatte Mama es ihr ja gesagt. Sie hatte sich gefreut, auf das Baby, und Shizuka gesagt, dass es etwas Tolles wäre – da hatte sich Shizuka noch mit ihr gefreut. Jetzt freute sie sich nicht mehr über das Baby. Wenn sie Mama wegen dem Baby den ganzen Tag nicht sehen konnte, war das Baby doof. Und wenn alle tuschelten, und keiner mit ihr spielen wollte, mochte sie das Baby noch weniger. Vorsichtig ging sie auf das große Bett zu, in dem sie ihre Mama liegen sah. Ganz leise, damit sie Mama nicht störte und damit Vater später nicht wieder mir ihr schimpfen konnte, weil sie so laut war und Mama Ruhe brauchte. Ihre Mama war blass; sie sah sehr erschöpft aus – so, wie als hätte sie lange mit Shizuka fangen gespielt. Shizuka mochte es nicht, wenn es Mama nicht gut ging. Dummes Baby! Nur wegen ihm musste Mama sich hinlegen! „Mama.“ flüsterte sie, als sie neben ihrem Bett stand. „Shizuka, mein Schatz.“ Mama lächelte ihr zu und eine ihrer Hände strich langsam über Shizukas schwarzen Haarschopf. Sie lehnte ihren Kopf gegen die warme Hand; froh, endlich wieder bei ihrer Mama zu sein. Lächelnd hielt sich Shizuka an der weißen Decke fest und krabbelte dann mehr oder minder umständlich zu ihrer Mama auf die weiche Matratze. Sie kuschelte sie eng an Mama und schloss zufrieden die Augen. „Schau mal Shizuka, das ist dein Brüderchen.“ flüsterte Mama ihr leise zu und Shizuka öffnete neugierig die Augen, um das Bündel auf der anderen Seite ihrer Mama zu erspähen. Zwei winzige Ärmchen streckten sich aus den weichen Laken und Shizukas Mama nahm das Bündel mit ihrem Arm auf, um es sich an die Brust zu pressen. Shizuka streckte den Kopf, um sich ihr Brüderchen ansehen zu können. Jetzt, wo sie endlich bei Mama lag, mochte sie das Baby schon wieder mehr. Solange Mama immer noch mit ihr spielen und kuscheln würde, war ihr Brüderchen vielleicht doch nicht so doof. Und wenn er größer war, könnte er ja mit ihr spielen, wenn Mama keine Zeit hatte. „Er ist ganz klein.“ stellte Shizuka überrascht fest. Mit großen Augen betrachtete sie ihren neuen, kleinen Bruder, der ihr aus hellblauen Augen entgegen blickte. Seine Augen waren schön, sie mochte sie. „Er wird noch wachsen.“ erklärte Mama ihr geduldig und Shizuka nahm nur unbewusst war, dass die Stimme ihrer Mutter heiser und erschöpft klang. „Sag Hallo zu Haku.“ ermutigte sie Mama sanft. Noch etwas zögerlich streckte Shizuka dem Baby eine Hand entgegen und kicherte dann überrascht, als die Fingerchen ihres Brüderchens eine Faust um ihren kleinen Finger bildeten. Seine Hand war weich und warm; wärmer als Mamas. „Hallo Haku.“ grüße sie ihren neuen Bruder. Lächelnd wandte Shizuka den Blick von ihrem Bruder ab und sah in das Gesicht ihrer Mama hinauf. Mama war immer noch bleich und sah jetzt sehr, sehr müde aus. „Du musst gut auf ihn aufpassen Shizuka, ja? …Mama ist unglaublich müde und wird sich bald für sehr lange schlafen legen. Während ich schlafe wird Papa vielleicht nicht immer Zeit für euch haben… dann passt du auf Haku auf, versprichst du mir das, Schatz?“ fragte ihre Mama sanft, während ihre Hand beruhigend über Shizukas langes Haar strich. Shizuka warf einen Blick auf die Hand ihres Bruders, der noch immer ihren Finger umklammert hielt. Die kleinen Äuglein hatten sich vertrauensvoll geschlossen. Sie nickte. „...ich will nicht so lange mit Vater allein sein, Mama.“ flüsterte sie schließlich zaghaft „Er hat mich nicht lieb; er wird böse werden, weil ich alles falsch mache.“ „Pscht, Shizuka.“ beruhigte ihre Mama sie „Sag so etwas nicht! …natürlich hat Papa dich lieb …er kann es nur nicht richtig zeigen, das weißt du doch. Er wird immer für euch da sein, da bin ich ganz sicher, Schatz.“ Shizuka bemerkte, dass die Stimme ihrer Mama immer leiser wurde, als würde sie gleich einschlafen. Sie fühlte sich unwohl bei dem Gedanken, dass Mama gleich lange schlafen würde, und sie mit ihrem Vater allein sein würde. Und mit Haku. „Mama schläft gleich ein, Shizuka.“ erklärte ihre Mutter und hob sich dann ein bisschen an, sodass sie fast aufrecht am Bettende lehnte „…nimm dein Brüderchen und geh raus zu Tante Sakura.“ Langsam löste sich Shizuka von der Hand des Kleinen und ließ sich vom Bett gleiten. Sie blickte dann zu ihrer Mutter hinauf, die ihr geduldig das Bündel mit dem ihrem kleinen Bruder in die Hände legte. Ganz vorsichtig schloss Shizuka ihre Arme um die weichen Decken, damit ihr ihr Brüderchen nicht versehentlich herunterfallen und sich wehtun könnte – Haku hatte die Augen immer noch geschlossen und gab ein leises, glucksendes Geräusch von sich. „Genau so. Du hältst ihn sehr gut.“ Shizuka lächelte ob dem Lob ihrer Mama und hielt ihren kleinen Bruder stolz noch ein bisschen fester. Sie würde gut auf Haku aufpassen, wie sie es versprochen hatte. Ihre Mama lehnte sich etwas vor, damit sie Shizuka einen Kuss auf die Stirn hauchen konnte und streichelte dann versonnen dem kleinen Haku über die Wange. Ihre Augen waren schon halb zugefallen. „Schlaf gut Mama. Ich hab dich lieb.“ „Ich dich auch, mein Schatz.“ Shizuka lächelte, und nachdem ihre Mama ihr Lächeln erwidert hatte, lehnte sie sich seufzend zurück in die Kissen. Mama musste wirklich sehr müde sein. Ganz leise, um ja keinen Lärm zu machen, schlich Shizuka aus dem Zimmer. Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, kam Tante Sakura auf sie zu. Sie sah Shizuka ganz merkwürdig an, ihre Augen glänzten so komisch. „Mama schläft.“ erklärte sie ihrer Tante, um sie zu beruhigen „Sie wird ganz lange schlafen, hat sie gesagt… wir müssen ganz leise sein, damit sie nicht aufwacht.“ Zufrieden, das Richtige gesagt zu haben, warf Shizuka einen kurzen Blick auf ihren kleinen Bruder. Haku hatte sich in die Decken gekuschelt und schlief ganz friedlich – offenbar war nicht nur Mama müde gewesen… aber er war ja noch klein. Shizuka wusste, dass kleine Kinder ganz viel schliefen. Sie bemerkte nicht den erschrockenen Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Tante und auch nicht, wie sich deren Augen nach und nach mit Tränen füllten. „Komm Haku, ich werde dir mein Zimmer zeigen. Da ist ein ganz großes Bett, da kannst du schlafen.“ flüsterte sie glücklich dem Bündel in ihren Armen zu und machte sich dann mit etwas unsicheren Schritten auf den Weg den Gang hinunter. Kapitel 1: Familienbande ------------------------ So, hier kommt das offizielle 1. Kapitel. Eigentlich sollte es ja nicht sooo lang werden (ca. 2000 Wörter), aber irgendwie hat sich die Story verselbstständig... Shizuka holte tief Luft, während ihre Augen auf die Karte gerichtet waren, die ihr Lehrer in diesem Zimmer hatte aufhängen lassen. Fein gewebt, mit bunten Fäden verziert und reich im Detail war sie sicherlich teuer gewesen, aber das kümmerte die Siebenjährige wenig. Ihre Gedanken waren darauf konzentriert, sich an das zu erinnern, was ihr beigebracht worden war. „Und das ist Konoha Gakure.“ sie deutete auf das südlichste Land des Kontinents „Hauptstadt Konoha Gakure no Sato, seit über einem Jahr regiert von Yondaime Hokage, der zusammen mit meinem Vater den Vertrag unterschrieb, der den Krieg zwischen unseren beiden Ländern beendete. Geboren wurde Yondaime in Konoha Gakure no Sato; er wurde berühmt, weil er schon als Jonin im damaligen Krieg eine ganze Batallion unserer Ninja allein vernichtete. Sein Lehrer war Jiraiya, einer der Sannin, der drei legendären Ninja, die von Sandaime Hokage trainiert wurden und vor fast 20 Jahren im Krieg von Konoha, Suna, Ame und Iwa als einzige einen Kampf mit Salamander Hanzou aus Ame Gakure überlebten und dem Feuerreich schlussendlich den Sieg bescherten.“ Shizuka wandte ihren Blick von der Karte und blickte ihren Lehrer an. Hätte Tsubasa sie nicht so gut gekannt, hätte er ihre aufrechte Haltung und ihr kühles Verhalten als gesundes Selbstbewusstsein oder gar Arroganz gewertet, aber er wusste es besser. Er kannte die Kleine schon lange genug, um die Anzeichen von Unsicherheit unter ihrer Fassade zu erkennen; obwohl ihre Gesichtszüge kaum eine Regung zeigten und ihre Augen scheinbar fest auf ihn gerichtet waren, bemerkte den leicht verkniffenen Zug um ihre Mundwinkel und ihr kurzes Blinzeln. Tsubasa lächelte. „Absolut korrekt.“ verkündete er und wurde damit belohnt, dass Shizuka sein Lächeln erwiderte. „Morgen werden uns näher mit der Wirtschaft und Kultur von Konoha befassen. Ich kann dir erzählen, wie die Leute dort so sind, und warum man Konoha das Feuerreich nennt – wie wär’s?“ fragte er grinsend. „Erzählt du mir, wie die Konohaner aussehen? …stimmt es, dass sie den ganzen Tag essen und dann immer noch nicht satt sind?“ fragte Shizuka neugierig und verleitete ihren Sensei damit zum Schmunzeln. „Wenn ich es dir heute erzählen würde, würdest du dich ja nicht mehr auf morgen freuen…“ neckte er seine Nichte und wuschelte ihr zärtlich durch den schwarzen Haarschopf. Für einen Moment ließ die Kleine es Geschehen, dann befreite sie sich durch ein kurzes Kopfschütteln von seiner Hand und trat einige Schritte zurück. „Dann werde ich jetzt wohl besser gehen. Bis morgen, Tsubasa-sensei.“ verkündete sie mit geschäftiger Stimme. Nach einer höflichen Verbeugung warf die Schwarzhaarige ihm einen letzten Blick zu und verließ dann das Zimmer; die Tür schloss sich lautlos hinter ihr. Tsubasa seufzte. Ihm gefiel ihr Charakter nicht – besser gesagt gefiel ihm ihr Charakter in dem Hinblick nicht, dass sie eine Siebenjährige war und er ihr Verhalten selbst bei einer Zwölfjährigen nicht unbedingt gutgeheißen hätte. Aber dieses Thema war nichts, das er diskutieren konnte. Ohne es einmal versucht zu haben, wusste er, dass Shizuka sofort abblocken würde, wenn er das Gespräch mit ihr suchen würde und bei Kenji brauchte er es noch weniger zu versuchen – denn so offen und geduldig der Tsuchikage für die Belange aller seiner Untergebenen war, so verbohrt und voreingenommen war er im Umgang mit Shizuka. Schon vor dem Tod seiner Frau war Kenji nicht gut auf seine Tochter zu sprechen gewesen. Er hatte nie verheimlicht, dass er als Erben einen Sohn hatte haben wollen. Für ihn war es eine herbe Enttäuschung gewesen, stattdessen eine Tochter zu bekommen. Damals hatte Reika zwischen ihrem Mann und ihrem Kind vermittelt, seitdem sie jedoch bei der Geburt des kleinen Haku gestorben war, hatte sich das Verhältnis zwischen Vater und Tochter – das man auch früher im besten Fall als distanziert bezeichnen konnte – rapide verschlechtert. Und Haku war wohl mit ein Grund dafür, wie Tsubasa über die Jahre bemerkt hatte. Der Tsuchikage hatte seinen Sohn seiner Tochter vorgezogen, wie sich schnell herausstellte. Was diese aber – so glaubte er zumindest – ohnehin wenig gestört hatte. Shizuka vergötterte Haku nahezu und war gar nicht in der Lage, auf ihren jüngeren Bruder eifersüchtig zu sein. Dennoch hatte es sie wohl getroffen, dass die wenige Zeit und Aufmerksamkeit, die ihr Vater seinen Kindern entgegen brachte, sich inzwischen praktisch allein auf seinen Sohn bezog. Früher hatte er sich zumindest ab und an zeigen lassen, welche Erfolge Shizuka zu verzeichnen hatte – mittlerweile war sich der Schwarzhaarige nicht einmal sicher, ob der Tsuchikage wusste, in welchen Fächern seine Tochter unterrichtet wurde… Kopfschüttelnd machte sich Tsubasa daran, die Schriftrollen und Bücher, die über den ganzen Tisch verteilt waren, einzusammeln. „Shizu!“ rief Haku fröhlich und holte seine Schwester fast von den Füßen, als er sich auf sie warf, um sie zu umarmen. „Haku.“ glücklich wuschelte Shizuka ihm durch die schwarze Mähne. „Spielst du mit mir? Bitte… du hast es versprochen!“ plapperte der kleine Junge sofort los, während er sich von Shizuka löste, sie an der Hand nahm und hinter sich her in den Raum hinein führte. Er dachte gar nicht daran, loszulassen, da seine große Schwester ja sonst wieder gehen könnte… aber Shizu würde bleiben, sie hatte es ihm schließlich versprochen. Seine große Schwester hielt immer, was sie versprochen hatte. „Natürlich spiele ich mit dir.“ antwortete Shizuka sanft, und ließ sich neben ihrem Bruder auf den Kissen am Boden nieder. Alle Gedanken über ihre heutigen Lektionen waren vergessen und auch die leichte Müdigkeit, die sie vor Minuten noch gespürt hatte, waren verschwunden. Allein Hakus Anblick, wie er freudestrahlend zu ihr hinauf sah, ließ sie nahezu alles andere vergessen. So lange es ihm gut ging und der glücklich war, war sie es auch. „Was willst du spielen?“ fragte sie schließlich, obwohl sie die Antwort ohnehin schon kannte. „Wir spielen Ninja.“ verkündete ihr Bruder begeistert „Dich haben die bösen Räuber überfallen und ich bin der Ninja, der kommt und dich rettet.“ Er sprang auf rannte im Zimmer umher, auf der Suche nach dem Holzkunai, den er zu seinem Dritten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Als er ihn dann gefunden hatte, suchte er nach bunten Tüchern, die er seiner Schwester umhängen konnte, um sie zu einer schönen reichen Frau in Nöten zu machen. Shizuka ließ es geduldig geschehen und lachte, als Haku sich einmal in den Tüchern verhedderte, und sie ihn aus seinem 'Gefängnis' befreien musste. „Shizuka.“ wurden sie unterbrochen, als der kleine Ninja gerade mit seinem Holzkunai gegen eine Horde unsichtbarer Gegner focht, um zu seiner Schwester zu gelangen, die nicht weit entfernt in ihren bunten Tüchern auf seinem Bett saß. Abrupt stoppte Haku in seinem Tun und senkte das Kunai, während Shizuka missbilligend zu einer ihrer Tanten – die eigentlich keine war, aber auf die aufgrund der verzwickten Verwandtschaftsverhältnisse keine andere Bezeichnung passte – hinüber blickte. „Was ist?“ fragte sie kühl und machte damit klar, dass sie es absolut nicht schätze, beim Spielen mit ihrem geliebten kleinen Bruder unterbrochen zu werden. „Kenji möchte dich sehen.“ antwortete die schwarzhaarige Frau. Jetzt wurde Shizukas Gesichtsausdruck ärgerlich. Sonst wollte ihr Vater auch nichts von ihr wissen, und gerade dann, wenn das erste Mal am Tag wirklich Zeit mit Haku verbringen konnte, wollte er sie plötzlich sehen. „Kann das nicht warten?“ fragte sie trotzig. Mit einem Seitenblick auf ihren Bruder bemerkte sie, dass er absolut nicht erfreut war. Der Kleine hatte glasige Augen und eine Unterlippe bebte leicht. Shizuka wollte ihn nicht allein lassen, wo er sich so sehr drauf gefreut hatte, mit ihr spielen zu können. Ihre Tante schüttelte den Kopf „Nein, er sagte sofort. Er hat Besuch von einigen hochrangigen Herren, die dich gerne sehen würde.“ beteuerte sie. Die Siebenjährige kniff wütend die Augen zusammen, während sie an den Rand des Bettes heranrutschte und begann, sich langsam der Tücher zu entledigen. „Gut, ich komme sofort.“ presste sie hervor und war dankbar, dass ihre Tante ohne einen weiteren Kommentar den Raum verließ. „Ich muss gehen Haku, ich kann Vater nicht warten lassen.“ erklärte sie dem Jüngeren zerknirscht. „…aber du hast gesagt, du spielst mit mir! …du hast es versprochen!“ schniefte ihre Bruder und ballte enttäuscht die Hände zu Fäusten. In seinen Augen schimmerten ungeweinte Tränen. „Ich weiß Haku“ erwiderte Shizuka traurig „ aber da sind wichtige Leute, die mich sehen wollen – du hast Tante Haruka doch gehört. Vater wird sehr böse mit mir sein, wenn ich nicht komme.“ versuchte sie ihrem Bruder begreiflich zu machen. Sie hatte eigentlich keine Zeit, um noch mit Haku zu diskutieren. Ihr Vater mochte es nicht, wenn man ihn warten ließ und würde es noch weniger mögen, wenn diese hochrangigen Vertreter – oder was auch immer sie waren – wegen seiner Tochter ewig warten mussten. Sie wollte ihn nicht enttäuschen, wenn er ihr schon einmal so viel Vertrauen entgegen brachte, sie diesen Männern vorzustellen… ihr Vater sollte sich nicht für sie schämen müssen. „Wir spielen nachher weiter, wenn ich von Vater zurück bin, ja?“ fragte sie und umarmte Haku liebevoll, aber er verzog seine Lippen nur zu einem Schmollmund. Sie biss sich auf die Unterlippe, löste sich aber von ihm und hauchte ihrem Bruder einen Kuss auf die Stirn „Bis später Haku.“ Schnell erhob sie sich und hastete aus dem Raum. Shizuka traute sich nicht, einen Blick zurück auf ihren Bruder zu werfen. Um sich zu beruhigen atmete Shizuka einmal tief ein und aus, bevor sie nicht allzu laut, aber deutlich, an die Tür zu dem Zimmer klopfte, in dem Kenji Meian für gewöhnlich seine Gäste empfing. Es dauerte nicht lange, bis von drinnen ein gedämpftes „Herein“ ertönte. Schnell schlüpfte in den Raum und schloss die Tür lautlos wieder hinter sich. Dann wanderte ihr Blick durch das Zimmer, bis ihre Augen auf dem Tsuchikagen ruhten. Er trug seine Roben nicht, dafür aber einen fein gearbeiteten Kimono – sie dankte Kami im Stillen dafür, dass sie noch immer weniger bequeme, aber schickere Kleidung trug, die während ihres Unterrichts Pflicht war. Shizuka näherte sich dem schwarzhaarigen Oberhaupt des Meian-Clans. „Du wolltest mich sehen, Vater?“ erkundigte sie sich höflich und deutete eine Verbeugung in Richtung seiner Gäste an. „Hallo Shizuka.“ ihr Name klang seltsam aus dem Mund ihres Vaters – was vielleicht auch daran lag, dass sie ihn ihn so selten aussprechen hörte „Ich möchte dir unsere Gäste vorstellen…“ er deutete auf die drei Männer und den Jungen, die auf gemütliche Kissen um einen kleinen Tisch herum saßen „Kaito Enshu und sein Sohn Taro aus Kumo Gakure; Matsuo Toriama, ebenfalls aus Kumo Gakure und Takashi Nakito aus Taki Gakure.“ Wie sie es gelernt hatte, verbeugte sich Shizuka vor den Gästen, wenn ihr Vater den jeweiligen Namen nannte, und versuchte sich währenddessen einzuprägen, wer wer war. „Es freut mich, ihre Bekanntschaft zu machen.“ erklärte sie manierlich. „Setz dich, Shizuka.“ wies Kenji sie an, während er selbst sich auf einem der Kissen niederließ. So blieb Shizuka nur noch die Möglichkeit, sich auf den einzigen freien Platz zwischen ihrem Vater und dem Jungen aus dem Blitzreich zu setzen. Elegant ließ sie sich auf das Kissen sinken, nahm dann eine aufrechte Haltung ein und faltete sittsam die Hände über ihrem Schoß. Für einige Augenblicke herrschte vollkommene Stille, dann begann einer der Männer etwas über irgendwelche Handelsbeziehungen zu erzählen und bald waren alle vier Erwachsenen in ein Gespräch vertieft, während Shizuka und der braunhaarige Junge stumm auf ihren Plätzen saßen und zuhörten. Für einen Moment wallte Ärger in der Schwarzhaarigen auf. Und dafür hatte sie Haku allein gelassen?! Es machte sie zornig, dass ihr kleiner Bruder fast geweint hätte, nur weil ihr Vater sie plötzlich einmal vorzeigen wollte. Sie traute sich allerdings nicht, den Gedanken weiter zu führen, in der Angst, dass er sie vom Gesprächsinhalt ablenken oder man ihr ansehen könnte, dass sie wütend war. „Shizuka“ sprach ihr Vater sie später doch wieder an – sie fand es noch immer ungewohnt, ihn ihren Namen sprechen zu hören „Geh doch bitte mit Taro in eines eurer Zimmer – Haku wird sich sicherlich freuen, einen neuen Spielkameraden zu haben.“ sagte er zu ihr und die Siebenjährige war sich bewusst, dass das keine Bitte sondern ein Befehl war. Die Männer wollten sich unterhalten, ohne von Kindern gestört zu werde. Ruhig erhob sie sich und wandte ihren Blick dem Jungen zu, der vielleicht ein oder zwei Jahre älter war, als sie selbst. Er verschränkte die Arme vor der Brust und musterte sie hochnäsig – kurz glaubte Shizuka sogar, er würde widersprechen, aber ein scharfer Blick seines Vaters brachte Taro offenbar dazu, den Mund zu halten. „Folge mir.“ wies sie ihn an, verbeugte sich dann noch einmal vor den Gästen ihres Vaters und machte sich auf den Weg zur Tür. Taro folgte ihr und gemeinsam verließen sie das Zimmer. „Wer ist Haku?“ verlangte der Junge sofort neugierig zu wissen und maß Shizuka mit einem Blick, der Abneigung ausdrückte. Offenbar war sie ihm nicht gut genug. Die Schwarzhaarige wusste, dass sie höflich zu den Gästen ihres Vaters sein sollte, aber sie mochte Taro nicht – und anscheinend beruhte das auf Gegenseitigkeit. „Er ist mein Bruder.“ erzählte sie ihm deshalb knapp, aber nicht unbedingt unhöflich und drehte ihm dann den Rücken zu, um den Gang hinunter zu Hakus Zimmer zu laufen. „Warum warst dann du da und nicht er?“ wollte er wissen und Shizuka mochte ihn jetzt noch weniger. Er redete wie ihr Vater. Er konnte sie nicht leiden, weil sie kein Junge war. Die Schwarzhaarige ballte die Hände zu Fäusten. „Haku ist klein. Er ist jünger als ich.“ antwortete sie nur und ihr war es jetzt egal, wie giftig ihr Tonfall klang. Taro verstummte und folgte ihr schweigend. Ihr war es nur recht, am besten sollte er die ganze Zeit ruhig sein. Missmutig führte Shizuka den braunhaarigen Jungen weiter durch die Gänge, und hätte, als sie um eine Ecke ging, fast den kleinen Menschen übersehen, der ihr entgegen gerannt kam. Schnell machte sie einen Schritt zur Seite und drehte den Kopf rechtzeitig, um gerade noch zu sehen, wie ihr kleiner Bruder mit Taro zusammenstieß – weil er zu viel Schwung hatte, taumelte Haku, fiel um und landete unsanft auf den Holzpanelen. „Sag mal spinnst du, du kleiner Baka!“ brüllte da der ältere Junge auch schon los. Er machte drohend einen Schritt auf Haku zu, der leicht benommen und mit aufgeschürftem Knie auf dem Boden lag. Für einen Moment starrte der Kleine ihn nur schockiert aus ängstlichen Augen an, dann brach er in Tränen aus. „Haku!“ Shizuka drängte Taro unsanft bei Seite, um ihren jüngeren Bruder umarmen zu können. Der Schwarzhaarige drückte sich weinend fester an seine Schwester „Aua! Shizu…“ schniefte er. „Alles gut, Kleiner.“ tröstete Shizuka ihn“ Wir gehen ein Pflaster holen und das geht ganz schnell vorbei.“ versprach sie ihrem Bruder. Er schniefte „Wirklich?“ treuherzige, hellblaue Augen blickten Shizuka an. „Versprochen.“ sie wuschelte ihm durch die dunklen Haare „Und dann gehen wir in die Küche und du lässt dir etwas Süßes geben.“ Langsam hörte Haku auf zu schniefen und blickte dann glücklich zu seiner Schwester. Er liebte Süßigkeiten und sein Knie tat auch fast nicht mehr weh. Vorsichtige zog Shizuka ihren Bruder auf die Beine, der sich sofort hinter sie drängte und ängstlich zu Taro hinüber schielte, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte und ihn finster anstarrte. „Das ist Haku? …so sein Weichei wollte nicht zum Bruder haben!“ meinte der Braunhaarige höhnisch. Der Angesprochene begann in Shizukas Rücken wieder zu schniefen und drückte sich enger an sie. Der große Junge war gemein, Haku mochte ihn nicht. „Und ich will jemand so fieses wie dich nicht als Bruder! Haku ist tausendmal besser als du!“ verteidigte die Siebenjährige ihren Bruder sofort. „Pah!“ Taro streckte Shizuka die Zunge raus „Dein Bruder ist ein Weichei, dein Bruder ist ein Weichei… ich wette, er kann ich das nicht wieder holen!“ er löste seine Arme und wedelte mit Hakus Holzkunai in der Luft herum. „Mein Kunai!“ rief der Kleinste empört hinter seiner Schwester hervor und ihm traten Tränen in die Augen. Das war sein Kunai. Den hatte er zu seinem dritten Geburtstag bekommen! „Gib ihn her, das ist meins…“ forderte er verzweifelt. „Hol ihn dir, du Weichei, Weichei…“ entgegnete Taro nur grinsend. Er fand das absolut witzig, jetzt hatte er endlich seinen Spaß. „Gib ihn zurück, er gehört dir nicht!“ verlangte jetzt auch Shizuka. Das durfte er nicht! „Komm und hol ihn dir, wenn du ihn willst!“ Taro streckte ihr wieder die Zunge raus und richtete den Kunai dann auf Haku, der sich erschrocken hinter seiner Schwester versteckte. Wütend machte Shizuka einen Schritt nach vorn. Sie würde sich den Kunai holen, wenn er ihr ihn nicht geben wollte! …sie streckte ihre Hand aus und langte nach der Spielzeugwaffe, bekam aber von Taro einen Schups gegen die Schulter und stolperte einige Schritte nach hinten. „Ihr seid beide Weicheier, Weicher…“ ärgerte der Braunhaarige weiter und sprang dabei fröhlich von einem Beins auf das andere. Sie hatte keine Ahnung, woher die Idee plötzlich kam, aber als Shizuka wieder auf den Jungen zuging, langte sie gar nicht dach dem Kunai, sondern trat ihm, als Taro für einen Augenblick auf nur einem Bein stand, einfach den Fuß weg und stieß ihn zurück. Polternd landete Taro auf dem Holzboden und Shizuka warf sich wütend auf ihn. Sie wollte erneut nach dem Kuani fassen, schrie aber, als Taro sie fest an den langen Haaren zog. In einer Mischung aus Wut und Verzweiflung ballte Shizuka eine Faust und schlug nach dem Jungen. Ihre Hand traf seine linke Wange und stöhnend ließ er Hakus Kunai fallen. „Was ist denn hier los? Shizuka!“ durchschnitt die scharfe Stimme ihres Vaters das Handgemenge und erschrocken blickte die Siebenjährige in Kenji Meians zornige Augen. „Geh sofort von ihm herunter!“ forderte der Tsuchikage und sie beeilte sich, zu gehorchen – natürlich nicht, ohne dabei Hakus Kunai an sich zu nehmen. Unterdessen rappelte Taro sich auf trat schnell zu seinem Vater, der nicht weniger wütend als Kenji drein blickte. „Was sollte das?“ forderte der Mann aus Kumo zu wissen. „Sie hat mich geschlagen Papa!“ ereiferte sich Taro sofort und hielt sich die Wange, an der ihn Shizukas Faust getroffen hatte. Beide Männer blickten zu Shizuka hinüber, die diese Ungerechtigkeit nicht auf sich sitzen lassen wollte. „Er hat-“ sie stockte im begonnenen Satz. Wenn sie sagen würde, dass Taro Hakus Kunai ‚gestohlen’ hatte, würde sie auch sagen müssen, dass Haku ihn verloren hatte, als der Taro fast umgerannt hätte. Sie wollte nicht, dass Haku wegen dem dummen Kerl Ärger bekam. „Shizuka hat mir meinen Kunai zurück geholt.“ ertönte plötzlich Hakus kindliche Stimme hinter ihr „Der gemeine Junge hat ihn nicht hergeben wollen… Shizu hat gesagt er soll ihn zurückgeben, aber er hat es nicht gemacht… und dann hat er Shizu geschupst und sie hat zurückgeschupst…“ „Aber er hat mich fast umgerannt!“ unterbrach ihn Taro. Haku sah ihn aus seinen hellblauen Augen an, in den Tränen schimmerten „…ich wollte niemanden wehmachen…“ Für einen Moment herrschte Schweigen. „Komm mit mein Sohn – wir gehen ins Gasthaus zurück.“ wandte sich Kaito Enshu schließlich an Taro. Er sah nicht aus, als hätte er seinem Sohn die Sache schon vergeben. „Entschuldigen sie uns.“ beide verneigten sich kurz in Richtung des Tsuchikagen, dann führte Kaito seinen Sohn durch die Gänge davon. Kenji Meian musterte seine Kinder. Seine Tochter stand mitten auf dem Gang, stocksteif, die schwarzen Haare zerwühlt und die Kleidung verknittert, den Holzkunai ihres Bruders noch immer fest in der Hand. Sein Sohn hatte sich noch immer halb hinter seiner älteren Schwester versteckt und Tränen glänzten in seinen Augen, während er schuldbewusst zu Boden starrte. „Was sollte das?“ fragte er schließlich an Shizuka gewandt. Die reckte das Kinn in die Höhe, um den Blick ihres Vaters fest zu erwidern „Ich habe versprochen, auf Haku aufzupassen.“ Für einen Moment verzog sich Kenjis Gesicht zu einem schmerzlichen Ausdruck, dann glätteten sich seine Züge wieder. „Geht Abendessen, es ist schon spät.“ war schließlich alles, was er sagte. „Ja, Vater.“ Shizuka drehte sich zu ihrem kleinen Bruder um und nahm ihn an der Hand „Komm Haku, du hast doch bestimmt Hunger…“ Der Tsuchikage blickte seinen Kindern nach, als sie Hand in Hand den Gang hinunterliefen und irgendwann vom Zwielicht der einsetzenden Dämmerung verschluckt wurden. Kapitel 2: Wie im Märchen? -------------------------- Ich bin kurz vor Ende des Jahres noch mit dem nächsten Kapitel fertig geworden. Dementsprechend einen Guten Rutsch an alle und ich hoffe, das es euch gefällt. hat nach einer Erklärung für die 'verzwickten Verwandtschaftsverhältnisse' gefragt. Naja, wie würdest du die Cousine der Cousine deiner Mutter denn nennen?! ^.- Erschöpft ließ sich Shizuka in die Kissen ihres Bettes fallen. Es war anstrengend, sich den gesamten Vormittag und manchmal sogar bis in den Abend hinein die Reden ihrer Lehrer anhören zu müssen. Sie erzählten und erklärten einfach eine Menge, sodass es für sie gegen Ende des Tages schwerer wurde, das Gesagte auch wirklich im Gedächtnis zu behalten – was keinesfalls dadurch besser wurde, dass ihre letzte Stunde heute Gymnastik bei Nobunaga-sensei gewesen war. Seine ewigen Predigten, die meistens aus einer Mischung aus ‚Mehr beugen!’, ‚Du musst dich konzentrieren!’ und ‚Körperspannung halten!’ bestanden, brachten sie nach einer bestimmten Zeitspanne beinahe zur Weißglut. Sie drehte sich unter dem Protest ihrer schmerzenden Schultermuskulatur auf den Bauch und vergrub ihren Kopf in einem der angenehm duftenden Kissen. Einfach nur schlafen… „Shizuka, dein Vater erwartet dich zum Abendessen!“ drang eine gedämpfte Stimme durch die Tür zu ihrem Zimmer und ließ die Schwarzhaarige kurz zusammenfahren. „Ich komme, Tante Sakura.“ rief Shizuka zurück und gab sich Mühe, sich nicht anhören zu lassen, wie verärgert sie war. Seit dem Zwischenfall mit dem eigenbildeten Kerl vor zwei Wochen schien ihr Vater plötzlich steigendes Interesse an seinen Kindern – vor allem Shizuka – gefunden zu haben. Sooft sein Terminplan es zuließ, aß Kenji mit ihnen zu Abend und vor ein paar Tagen war Shizuka erschrocken zurückgezuckt, als ihr Vater im Raum gesessen hatte, als sie zum Unterricht mit Tsubasa erschienen war. Irgendetwas beschäftigte ihren Vater, das bekam sogar die Schwarzhaarige mit. Es beunruhigte sie. Shizuka fühlte sich unwohl unter Kenjis Blick, der in letzter Zeit ungewöhnlich oft auf ihr haftete. Vielleicht, weil sie sich das so oft und so lange gewünscht hatte, dass es ihr plötzlich wie ein Traum vorkam. Oder auch, weil sie Angst hatte, dass sie es wirklich mögen könnte und er wieder damit aufhören könnte und alles wieder so wäre wie vorher… „Vater. Haku.“ sie neigte leicht den Kopf in die Richtung des Tsuchikagen und schenkte ihrem Bruder ein liebevolles Lächeln, bevor Shizuka sich zu ihnen an den Tisch sinken ließ. „Shizuka.“ antwortete ihr Vater ruhig und registrierte ihre Ankunft mit einem kurzen Nicken. „Shizu!“ rief ihr Bruder erfreut – in seinem Verhalten das genaue Gegenteil zu seinem Vater – und schenkte ihr ein breites Lachen „Ich war heute im Garten und da war ein Frosch, und der war so groß…“ plapperte er sofort los und zeigte nebenher mit seinen Händen, wie groß der Frosch denn gewesen sein sollte. Unsicher warf die Schwarzhaarige einen Blick zu ihrem Vater, den es offenbar aber nicht störte, dass Haku so viel redete, und wandte sich dann wieder ihrem Bruder zu, um an den richtigen Stellen seiner Geschichte anerkennend zu nicken und sich über seine ausgelassene Stimmung zu freuen. Es war fast, als wären sie so etwas wie eine Familie die einfach nur Zeit miteinander verbrachte um zusammen sein zu können, als ein- oder zweimal sogar Kenji bei der Erzählung seines Sohnes auflachte und ihr schließlich leicht zulächelte, als Shizuka Haku erklärte, warum es keine gute Idee wäre, den Frosch zu fangen und in ein Glas zu stecken. In dem Moment glaubte Shizuka wirklich, ihr Vater würde sie doch mögen, irgendwie. Alles würde gut werden und vielleicht würde sie ihm irgendwann beweisen können, dass sie besser war, als irgendein Junge in ihrem Alter. Dann würde Kenji stolz auf sie sein und so lächeln, wie er es gerade getan hatte… „Haku, könnest du mich und deine Schwester für einen Moment allein lassen?“ zog die Frage ihres Vaters die Schwarzhaarige aus ihren Gedanken. Ihr Bruder schien zu überlegen, nickte dann aber und stand langsam auf „…aber dann darf Shizu nachher noch zu mir kommen, und mir etwas vorlesen, ja?“ fragte er, die blauen Augen treuherzig auf seinen Vater gerichtete. Und wieder lächelte Kenji „Sicher, mein Sohn.“ Haku lächelte zurück „Bis nachher, Shizu!“ sagte er, winkte seiner großen Schwester kurz zu und schloss dann die Tür hinter sich, als er den Raum verließ. Für einen Augenblick herrschte Stille im Raum, als Vater und Tochter stumm die Tür betrachteten, durch die Haku gerade verschwunden war. „Shizuka.“ unterbrach Kenji schließlich ihr beider Schweigen. „Ja, Vater.“ antwortete die Schwarzhaarige vorsichtig und konnte dabei nicht verhindern, es ein bisschen wie eine Frage klingen zu lassen. „Ich habe beschlossen, dass es an der Zeit ist, dass du eine weiterreichende Ausbildung erhältst, wie es für die Tochter eines Kagen angemessen ist.“ erklärte er ernst „Darum habe ich, nachdem ich mich selbst davon überzeugt habe, dass deine Fähigkeiten ausreichend sind, dafür entschieden, dir das hier zu geben…“ Nicht wissend, was sie davon halten sollte, senkte Shizuka ihren Blick auf das, was ihr ihr Vater nun über den Tisch hinweg entgegen streckte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf das Stirnband mit dem Zeichen von Iwa Gakure, dass neu in der Hand ihres Vater glänzte. Die Siebenjährige warf Kenji einen fragenden Blick zu, und als dieser ihr bestätigend zunickte, nahm sie behutsam das Ninja-Stirnband aus seiner Handfläche, um es genauer zu betrachten. Shizukas Augen leuchteten und eine unglaubliche Freude machte sich in ihr breit. Sie war sich sicher, dass ihre eigene Hand ein kleines bisschen zitterte, als ihre Finger den weichen Stoff befühlten – Ihr Vater traute ihr wirklich zu, diese Verantwortung zu übernehmen; er hatte gesagt, dass sie die Fähigkeiten hatte; er glaubte daran, dass seine Tochter eine Kunoichi werden konnte… sie würde hart trainieren und ein großartiger Ninja werden, besser als alle anderen, und ihr Vater würde stolz auf sie sein und… „Du wirst nach Konoha gehen.“ Ihr Kopf fuhr ruckartig nach oben und Shizuka erwiderte stocksteif den Blick ihres Vaters, nicht wirklich realisierend, was er gerade gesagt hatte. „Du wirst nach Konoha Gakure gehen, und dort eine grundlegende Ausbildung zum Ninja erhalten.“ wiederholte Kenji, offensichtlich blind für das Bild von purem Horror auf dem Gesicht seiner Tochter „Der Hokage hat bereits zugestimmt – Das wird das Bündnis zwischen unseren beiden Ländern festigen und einen freundschaftlichen Bezug aufbauen, den wir für gute Handelsbeziehungen benötigen.“ Shizuka meinte, etwas hören zu müssen, obwohl sich zwischen ihnen erneut Stille ausbreitete. Irgendein Geräusch, als würde etwas zerbrechen, als würde eine kostbare Vase auf dem Boden zerschellen, ein schmerzverzerrter Schrei vielleicht… aber da war nichts, nur Stille. Nichts, das zeigte, wie zerbrochen, zerstört, verloren sie sich in diesem Moment fühlte. Nur Totenstille, unterbrochen von ihrem stockenden Atem und dem gleichmäßigen ihres Vaters. Ihre Augen fixierten das Stirnband, um das sich ihre Finger verkrampften bis die Knöchel weiß hervortraten und das Metall ihr schmerzhaft ins Fleisch schnitt. ‚Warum?‘ wollte sie fragen, allerdings verließ das Wort nie ihre Lippen. Die Frage nach dem Warum würde nichts ändern, es würde nicht ändern, dass ihr Vater, dem sie im einen Moment noch vertraut hatte, sie im anderen verraten hatte… und alles, was übrig blieb, war Hass. Hass, und der Schwur an sich selbst, dass sie nicht noch einmal so dumm sein würde, ihm zu vertrauen. Nie wieder. „Was passiert mit Haku?“ fragte sie schließlich. „Er wird hier bleiben. Dein Bruder ist zu jung für eine Reise und außerdem ist es bald an der Zeit, dass auch er seinen ersten grundlegenden Unterricht erhält.“ erklärte Kenji knapp. „Natürlich, ihm könnte ja etwas zustoßen… ich bin ihm egal – ich könnte verrecken in Konoha und es wäre ihm wahrscheinlich sogar recht –, aber Haku würde er nie einer Gefahr aussetzen… das Einzige, in dem wir einer Meinung sind, Vater. Wenn auch aus anderen Gründen.“ „Ich werde ihm schreiben. Tante Sakura kann ihm die Briefe vorlesen und vielleicht gibt es ihm einen Anreiz, lesen zu lernen.“ sagte Shizuka und wunderte sich, dass ihre Stimme nicht zitterte. „Ich werde darüber nachdenken…“ war Kenjis leicht abweisende Antwort und die Schwarzhaarige erkannte an seinem Tonfall, dass er von dieser Idee nicht viel hielt. „…ich habe versprochen, auf ihn auszupassen. Wenn ich das nicht kann, werde ich ihm zumindest Briefe schreiben, um zu verhindern, dass er sich allein gelassen fühlt und zu sehen, dass es ihm gut geht.“ erwiderte sie eisern. Er konnte vielleicht mit ihr machen was er wollte und sie an den entferntesten Ort der Welt schicken, aber ihren Bruder würde sich Shizuka nicht nehmen lassen. Dazu hatte Kenji Meian einfach kein Recht – nicht, nachdem sie es ihrer Mama versprochen hatte, als er nicht dagewesen war, um es statt ihrer zu tun. Kurz verzogen sich die Lippen des Tsuchikagen zu etwas, dass vielleicht ein abwertendes Grinsen gewesen sein mochte, dann zuckte er mit den Achseln „Tu das, wenn dir so viel daran liegt… und jetzt geh, ich habe noch zu tun.“ Als sich ihr Vater erhob, ging Shizuka wortlos in Richtung Tür davon und verließ nur kurz darauf das Speisezimmer. Die Gänge des riesigen Hauses waren um diese Zeit verlassen, da die meisten Mitglieder des Meian-Clans wohl gerade dabei waren, ihr Abendessen einzunehmen. Stille. Leere. Überall, wo sie entlangging. Shizuka war fast erleichtert, auf keinen anderen Menschen zu treffen, mit dem sie sich vielleicht hätte unterhalten müssen. Sie wollte nicht reden, mit gar niemandem. Am liebsten wäre in ihr Zimmer gerannt, hätte den Kopf in den Kissen ihres Bettes vergraben, geweint und stumm nach ihrer Mutter geschrien, von der sie wusste, dass sie ihr nicht mehr helfen konnte …aber zwei Gänge und drei Türen weiter saß ihr kleiner Bruder wahrscheinlich hibbelig vor Freude auf seinem Bett und wartete brav darauf, dass seine Schwester kommen und ihm aus seinem Bilderbuch vorlesen würde. Ganz kurz wünschte sich die Schwarzhaarige wirklich, dass er doch fortgehen sollte und dafür ihre Mama wieder da sein sollte, damit alles wieder so war wie früher und ihr Vater sie nicht einfach fortschicken konnte – Sekunden später erschrak sie über ihre eigenen Gedanken. Ihr Bruder konnte nichts dafür, dass der Tsuchikage sie nicht leiden konnte, weil sie kein Junge war, aber Haku schon. Er wusste nicht einmal richtig, wie ihre Mama ausgesehen hatte, sondern kannte sie nur von Bildern… Shizuka fühlte sich schlecht, als sie sich daran erinnerte. Haku konnte nun wirklich nichts für das alles. „Shizuka!“ tönte ihr Hakus kindliche Stimme entgegen, als sie leise sein Zimmer betrat. Sie lächelte schwach „Ich habe schon gedacht, dass du schon schläfst.“ erzählte sie ihrem Bruder, während die Siebenjährige von ihm sein Lieblingsbuch entgegennahm und sich neben ihn auf das Bett setzte. „Ich habe extra auf dich gewartet.“ murmelte Haku zufrieden und kuschelte sich noch mehr in seine warme Bettdecke und den Berg aus Kissen. Shizuka wuschelte ihrem Bruder einmal durch den schwarzen Haarschopf, bevor sie das Buch aufklappte und es so hielt, dass Haku bequem die bunten Bilder sehen konnte; die Seiten waren wirklich wunderschön gezeichnet worden. „Wieder einmal streifte Inari* in der Gestalt einer weißen Füchsin durch die grünen Reisfelder. Die Sonne strahlte warm vom Himmel und die Füchsin wedelte glücklich mit ihrem buschigen Schweif. Es war herrlicher Tag, und sie beobachtete neugierig, wie die Menschen fleißig ihre Felder bestellten. Die Mütter und Väter arbeiteten, während ihre Kinder fröhlich durch die Felder liefen und fangen spielten…“ begann sie, die Geschichte vorzulesen. Es ging darum, wie Inari eines Tages einen Jungen traf, der weinte, weil er und seine Familie als einzige kein Reisfeld hatten und deshalb hungern mussten. Inari hatte Mitleid mit dem armen Kind, gab ihm einen Beutel Reiskörner, und zeigte ihm ein Stück Land, das von da an das Reisfeld seiner Familie sein sollte. Der Junge versprach ihr, sie als Dank dafür jedes Jahr einmal zu besuchen und ihr einige Reiskörner von ihrem Feld mitzubringen. „…und auch, als er schon erwachsen war und selbst einen Sohn hatte, kam der Junge von einst immer noch einmal in jedem Jahr zu Inari. Er brachte ihr einige Reiskörner in einem Beutelchen und erzählte ihr, was in dem vergangen Jahr alles passiert war …und manches Mal glaubte man bei Tagesanbruch auch, eine weiße Füchsin durch die Felder des Jungen streifen zu sehen, wie sie nach dem Reis sah und nach einem kurzen Blick in das kleine Haus der Familie wieder im Morgennebel verschwand…“ las Shizuka das Ende der Geschichte, während Haku das Bild der weißen Füchsin betrachtete, wie sie in den Nebel ging. Wie gerne wäre die Schwarzhaarige auch so einem mystischen Wesen begegnet, das kam und alles wieder gutwerden ließ. „Warum weinst du, Shizu?“ holte die fragende Stimme ihres kleinen Bruders sie wieder aus ihren Gedanken. Eilig wischte sich Shizuka mit dem Ärmel die Tränen aus den Augenwinkeln „Es ist nichts, Haku.“ beruhigte sie ihn „Schlaf gut.“ „Schlaf gut, Shizu.“ murmelte der Kleine halb schlafend, während ihm die Augen zufielen und er sich in die einlullende Wärme seines Bettes kuschelte. Shiuka legte das Buch beiseite, zog die Decke etwas enger um Haku und schlich dann leise zur Tür. Im Türrahmen drehte sie sich noch einmal um und schenkte ihrem friedlich schlafenden Bruder ein wehmütiges Lächeln. Die Tür fiel lautlos hinter ihr ins Schloss, als sie den Raum verließ. *Inari: Inari ist die japanische Gottheit der Fruchtbarkeit, des Reises und der Füchse. Ob Inari männlich oder weiblich ist, ist eigentlich ungeklärt (Sie tritt als beides auf), weshalb ich mir die künstlerische Freiheit genommen habe, sie zu einer Frau zu machen ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)