Legenden der Leidenschaft (OS - Sammlung) von Fantasia (Letztes Update: 20.01.2011) ================================================================================ Kapitel 9: Gewitter (Itachi; Sasuke) ------------------------------------ Gewitter Laut prasselte der Regen auf das Flachdach des Anwesens und ließ ein monotones Geräusch in den Zimmern und Gängen widerhallen. Lose Fensterläden schlugen gegen die Außenwände, als zornige Windböen am Haus rüttelten und von mächtigem, dröhnendem Donner begleitet wurden. Blitze zuckten willkürlich über den Himmel, ließen das Zimmer im Sekundentakt hell aufleuchten. Itachi schlief nie, wenn es gewitterte. Die Geräusche faszinierten ihn. Er liebte die Wildheit der Natur, die sich nachts noch viel allmächtiger anhörte als tagsüber. Er mochte das Gefühl klein und unbedeutend zu sein, machtlos gegenüber all dem, was die Welt für ihn bereithielt. Druck und Erwartungen hatten ihn vom ersten Schritt an begleitet und nur in Nächten wie diesen hatte er das Gefühl damit umgehen zu können. Nur in Nächten wie diesen wusste er, was getan werden musste um das natürliche Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Er liebte Gewitter und er hieß sie willkommen. Seine Gedanken tobten mit ihnen und wenn sich der Sturm legte und der Donner verstummte, so war sein Verstand klarer und ruhiger als zuvor. Der junge Uchiha lag in seinem Bett und betrachtete versunken die Zimmerdecke, in der mehrere kleine, winzige Löcher klafften. Seine Finger schlossen sich um das kalte Metall des Kunais, dann spannte er seinen Arm an und warf. Ein dumpfes Geräusch ertönte, als sich die Spitze in die Decke bohrte. Es donnerte. Itachi lächelte, das Wurfmesser löste sich und sauste gefährlich auf sein Gesicht zu, doch der Junge fing es locker ab. Sekunden verstrichen, in denen er nur lauschte. Dann warf er erneut und das Gewitter entlud sich heftig und unaufhaltsam. Seine Zimmertür wurde langsam aufgeschoben und Itachis Lächeln wurde breiter. Er fing das Kunai ab und legte es unter sein Kopfkissen, dann drehte er seinen Kopf zu seinem kleinen Bruder, der zögerlich im Spalt zwischen Zimmer und Gang stand. „Komm.“, sagte Itachi leise und beim nächsten Donner stob Sasuke ins Zimmer, zog die Tür hinter sich zu und flüchtete zum Bett seines großen Bruders. Er hielt einen großen Teddybär fest an sich gedrückt und zitterte am ganzen Körper. Stumme Tränen quollen aus seinen Augen. Itachi setzte sich auf, beugte sich zu dem kleinen Jungen und hob ihn ins Bett, drückte ihn sanft auf die Matratze und zog die Bettdecke über ihn. Sasuke schniefte und wischte über sein nasses Gesicht. Itachi ließ sich neben ihn sinken und sein kleiner Bruder drängte sich in seine Arme, kuschelte sich an seinen Körper und zitterte. „Gewitter können dir nicht wehtun, Sasuke.“, sagte der ältere Uchiha leise, „Alles ist gut.“ „Nur wenn du da bist.“, krächzte der Junge, „Du beschützt mich.“ „Natürlich.“ Es war völlig ausgeschlossen Sasuke nicht zu beschützen. Es gab niemanden sonst, der dazu in der Lage war. Ihre Mutter wurde von Fugaku beeinflusst und Fugaku tolerierte keine Schwäche. Außerdem war er mit… anderem beschäftigt. Mikoto mochte stark und durchsetzungsfähig sein wenn die Sonne aufging, aber nachts konnte sie ihren Jüngsten nicht beschützen und behüten. Bloß sein Schutz war allumfassend. „Wird es noch lange dauern?“, erkundigte sich Sasuke verängstigt. Itachi streichelte langsam über seinen Rücken. „Nein. Wenn es am lautesten ist, ist es bald vorbei.“ „Das kannst du nicht sicher wissen.“, wisperte Sasuke, doch Itachi schmunzelte. „Vor der Dämmerung ist die Nacht am schwärzesten. So verhält es sich mit allen Dingen.“ „Versprochen?“ „Versprochen.“ Sasuke nickte sachte, fuhr sich wieder über sein nasses Gesicht und atmete dann tief durch. Er wuselte sich aus Itachis Armen, drückte den Bären aber fester an seinen Körper und wartete gebannt auf den nächsten Donner, rührte sich keinen Millimeter, als das Krachen die Erde erschütterte. Itachi lächelte und legte seine Hand auf Sasukes. Sie lagen schweigend da, bis das Gewitter abgeklungen war. Itachi streichelte über Sasukes Wange, wischte die letzten Tränenspuren von seiner Haut. Der kleine Junge ließ es willig geschehen und beobachtete seinen Bruder mit großen, dunklen Augen. „Hast du vor gar nichts Angst, Nii-san?“, fragte er leise und ehrfürchtig. Itachi war von dieser Frage überrascht, schüttelte jedoch lächelnd seinen Kopf. „Doch. Natürlich habe ich Angst.“, antwortete er genauso leise. „Wovor?“, hauchte Sasuke fasziniert. „Vor der Dunkelheit.“ Der kleine Uchiha drückte seinen Teddybär unwillkürlich fest an sich. Seine Augen weiteten sich. „Ich auch!“, wisperte er aufgeregt, „Vor allem dann, wenn du nicht da bist.“ Itachi zog die Bettdecke ordentlich über Sasukes schmalem Körper zurecht, fuhr durch sein unordentliches Haar und rutschte näher an ihn. Sein kleiner Bruder kuschelte sich an ihn und seufzte leise, erschöpft. „Du solltest schlafen, Sasuke.“, schlug Itachi sanft vor, „Morgen ist es wieder hell.“ „Ich möchte aber mit dir reden.“, murmelte der Zwerg, „Morgen bist du wieder auf Mission und weg.“ „Ich komme wieder.“ „Versprochen?“ Itachi sah Sasuke verwundert an. „Natürlich. Warum sollte ich nicht wiederkommen?“ „Weiß nicht.“, nuschelte der Kleine, drückte seinen Teddy fest an sich, „Weißt du was?“ „Hm?“ „Ich habe noch viel größere Angst, dass du weggehst und mich alleine lässt.“ Itachi betrachtete seinen kleinen Bruder sanft, strich wieder durch sein Haar. Er war so unschuldig und zerbrechlich. Er musste beschützt werden. Das war seine Aufgabe. Er war der große Bruder und er würde Sasuke vor all dem Übel bewahren, das dort draußen auf ihn lauerte. Und das größte von allen war die Dunkelheit. „Ich werde immer bei dir sein, Otouto.“, flüsterte Itachi, „Und jetzt schlaf. Morgen ist es hell und ich werde hier sein. Dann musst du keine Angst mehr haben. Ich liebe dich sehr, Sasuke.“ „Und ich liebe dich, Nii-san. Mehr als Tomaten.“, flüsterte der kleine Uchiha aufrichtig, gähnte und schloss erschöpft seine Augen, kuschelte sich tiefer in die Decke und an seinen Bruder. Itachi schloss einen Arm um seinen Körper, wartete, bis er ruhig und sicher eingeschlafen war. Dann sah er weiterhin in die Dunkelheit und lauschte dem stetigen Regen. Jahre später Gleißende Blitze zuckten über den Himmel und erhellten seine kleine Kammer, ehe krachender Donner die Wände und den Boden erzittern ließ. Sasuke lag in seinem Bett und regte sich nicht, sah emotionslos aus dem Fenster, an dessen Scheibe tausende kleine Wassertropfen hinabperlten. Das Gewitter tobte und vernichtete, war gewaltvoll und übermächtig. Genauso würde seine Rache sein. Niederschmetternd. Zerstörerisch. Unaufhaltsam. Sein Bruder war tot. Fort. Gestorben. Möglicherweise für den Frieden. Möglicherweise für Konoha. Völlig sicher für ihn. Irgendjemand musste bezahlen, damit es aufhörte wehzutun. Ein gewaltiges Donnern zerriss die Luft und Sasuke schloss seine Augen, bewegte sich nicht und wartete darauf, dass das Gewitter vorüberzog und nur noch in seinem Inneren weitertobte. Er gab sich der Dunkelheit und Schwärze der Nacht hin, lauschte und sank anschließend in leichten Halbschlaf. Als er am nächsten Morgen erwachte und die Augen aufschlug, wurde es nicht hell. Owari~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)