Clouds darken the sky von sinistersundown (Zwischen den Fronten) ================================================================================ When time's running ------------------- Als Axel wieder aufwachte, es war kurz vor sieben, war Roxas natürlich nicht mehr dort. Nichts gab ein Anzeichen darauf, das jemand während dieser Ruhestunden in dem Zimmer gewesen war. Und doch glaubte Axel, sich vage an etwas zu erinnern. An eine Stimme, an Worte, die ihm seltsamer Weise Kopfschmerzen bereiteten. Vielleicht hatte er auch nur geträumt; wach war er länger nicht gewesen, das wußte er. Dennoch kam es ihm so deutlich vor. So, als wenn er nicht geträumt hatte und im Halbschlaf gewesen war. Wenn er geträumt hätte, könnte er sich dann so sicher sein, etwas gehört zu haben? Oder spielte ihm sein Verstand wieder einen Streich...? Benommen schüttelte der junge Mann seinen leicht pochenden Schädel, massierte sich kurz den Nasenrücken und machte sich schließlich die Mühe, einen Blick durch das Zimmer zu werfen. Es war still, so warm, das es schon stickig wurde und nur der Heizkörper und die alte Standuhr gaben Laute von sich. Langsam kamen die Erinnerungen hoch und Axel war klar, das er doch eingeschlafen war. Brummend stand er auf. "Wunderbar... ganz klasse...", meinte er mit sarkastischem Unterton. Sein erster Gedanke galt seinem Ziehvater. Dessen Gesicht verblaßte langsam vor seinem innerem Auge. "... Xemnas wird durchdrehen wenn ich wieder angetanzt komme... soll mir egal sein...", murmelte der Biker, während lustlos die Couch wieder ordentlich gemacht wurde. ER mußte dann ein paar Takte mit seinem Altem reden und dieser hatte ihm dann gefälligst zuzuhören und den Schnabel zu halten! Als Axel sich versichert hatte, das alles wieder in Ordnung war, nahm er sich die Freiheit den Heizkörper ein paar Nummern runter zu stellen, die Vorhänge aufzureißen - was er allerdings bereute, da das fahle Licht der Außenbeleuchtung ihm in den Augen brannte, das Pochen in seinem Schädel verschlimmerte - und eines der Fenster auf Kipp' zu stellen. Dann wandte er sich um und schlurfte zur Tür. Er zögerte keinen Augenblick sie zu öffnen. Axel stöhnte so leise wie möglich. Wieder war es hell erleuchtet auf den Fluren und das Weiß an den Wänden verstärkte den Effekt nur noch. Hinzu kam ein langsam empor kriechendes Schwindelgefühl, welches er zwar versuchte zu ignorieren, dennoch tat er langsam gut daran, auf diese Signale zu hören. "Himmel, Arsch und Wolkenbruch...!", ging es dem Bodyguard durch den Kopf, er schloß leise die Tür, sah sich kurz um und schlug kurz entschlossen und leicht taumelnd den Gang zu seiner Rechten ein. Irgend wer würde schon wissen wo Marianne, der Kleine oder auch, notfalls, dieser Arschkriecher Tai zu finden war. Ein dringendes Telefonat stand ihm bevor. Roxas tigerte ruhelos in seinem Zimmer auf und ab. Er mahnte sich zwar immer wieder selbst, ruhig zu bleiben doch sein Herz machte weiterhin einem Presslufthammer Konkurrenz. Wenn das so weiterging, bekam er noch einen zu viel... "...okay... wenn ich sage, "ich habe dich gern" - wie gern ist das dann...?" Es kam dem Jungen dermaßen absurd und regelrecht gestört vor, das, was er hier tat. Da fragte er sich, wie gern er Axel hatte - dabei war Roxas doch vor wenigen Stunden da und sagte es dem Biker. Demnach müßte er doch wissen, wie der Hase lief. Er stand schließlich in dem Zimmer und brachte diese Worte über die Lippen und doch führte er gerade einen Kleinkrieg mit seinen Gedanken, mit dem, was sich vor der nackten Wahrheit sträubte. "Wie gern... wie gern... sehr gern...? Oh man..." Erledigt und mit einem Kopf, der mit einem Mal leerer als jemals zuvor wirkte, ließ sich Roxas auf den Boden plumpsen. Wieso fragte er noch, wenn er es doch wußte? Schon seit mehreren Tagen, vielleicht auch länger. Gern heißt gern. Und sehr gern heißt... sehr gern. Auf diese eine ganz besondere "sehr-gern" Weise. Das war Roxas nun recht schmerzlich klar geworden. Obendrein war es außerordentlich schwer, das auch nur ein wenig zu akzeptieren. Gerade für jemanden wie ihn. Es kam einem Schlag ins Gesicht gleich, schlimmer noch. Leider war dort nur ein kleines Stimmchen in seinem Kopf das versuchte, ihm das, was wirklich hinter dem Gefühlschaos steckte, knallhart vor den Kopf zu halten - der Rest seines Egos, beziehungsweise seines Dickkopfes bestritt diese Wahrheit vehement und versuchte alles schöner und nicht so schlimm darzustellen. Der Junge konnte es sich nicht eingestehen. Gut, vielleicht hatte er es sich selbst schon damit eingestanden, das er zu Axel ging; aber es diesem vielleicht auch zu sagen, wenn er voll da war... Sollte er das tun, dann würde er noch mehr Probleme haben, als er jetzt schon hatte. Definitiv. Als er abermals sorgfältig über diese Situation nachgedacht hatte kam ihm ein leiser, für ihn unmöglicher Verdacht, den er sofort wieder in den Wind schoß - für ihn war diese Vermutung damals halb im Spaß gemeint. Doch nun mußte er feststellen, das damaliger Gedanke Form und Farbe an nahm... Es sollte ein schönes, unvergleichliches Erlebnis sein, ein solches Gefühl zu empfinden; was es zum Teil für Roxas auch war. Die Freude, das Kribbeln - all das waren Fragmente dieses besonderen "sehr gern habens" und es fühlte sich wirklich wunderbar an. Jedoch nur zum Teil. Die andere Hälfte bestand aus Angst. Angst zu verlieren und abgewiesen zu werden. "Warum muß dieses Gefühl so kompliziert sein... ich habe doch keinen blassen Schimmer davon..." Langsam legte sich Verzweiflung auf Roxas' Gesicht. Was sollte er tun? Mit der Zeit hatte Axel seine Geduld verloren. Lauter Gänge und nirgends eine Spur von einem bekannten Gesicht. Zwar hatte er einen ausführlichen Rundgang zusammen mit dem Kurzen und Marianne gemacht, aber dieses Haus war einfach zu groß um sich nicht darin zu verlaufen. Roxas' Zimmer konnte er zum Beispiel nicht ausfindig machen, Tai hatte er nicht mal bewußt gesucht und Marianne war mit den Hunden spazieren. Diese reizende Information hatte er von dem, so kam es dem Rotschopf zumindest vor, einzig normalem Kerl hier bekommen. Rolando hieß der, soweit sich sein schmerzender Kopf erinnern konnte. Dieser Südländer starrte ihn als Einziger nicht an, sondern kam auf ihn zu und fragte, ob er helfen konnte. "Denken alle Wunder was sie sind... zum kotzen sowas!", murmelte Axel, als er abermals einen Flur passierte. Irgendwie war er hier doch schon mal gew- "Und ich sage dir, Roxas hat spioniert!" "Nein! Er würde doch niemals auch nur auf so einen Gedanken kommen! So ein lieber Junge doch nicht!" Axel machte halt an der nächsten Ecke, als er Stimmen vernahm. Langsam und vorsichtig lugte er zwischen einer großen Zierpflanze hervor, duckte sich leicht; was in seinem Zustand nicht ganz leicht war - der Gleichgewichtssinn war angeschlagen. Normal würde er auch nie lauschen, zumal das auch gegen seine persönlichen Prinzipien ging, doch er hatte das Gefühl, das dieses Gespräch zwischen zwei älteren Tratschtanten interessant werden könnte. Gerade, weil es um Roxas ging. Sein Problemkind. Auch Axel konnte sich nicht vorstellen, das der Kleine, Unscheinbare gespitzelt haben soll! Und wenn ja, was...? "Ach, du weißt doch was man sagt! Stille Wasser sind tief! Jedenfalls habe ich genau gesehen, wie Roxas in das Wohnzimmer geschlichen ist!", fuhr eine dunkelhaarige Dame fort, an ihrer Schulter lehnte ein Mopp, daneben stand der dazugehörige Eimer. Sie blickte ihre Gespächspartnerin ernst an. Der Bodyguard schwieg und war froh, stehengeblieben zu sein... "Ins Wohnzimmer?", fragte die Zweite stutzend nach und lehnte sich leicht vor, " ...warum denn geschlichen...? Ah, Moment. Marianne bat mich vorhin, nicht hinein zu gehen um zu wischen, weil dort ein Gast geschlafen haben soll!" Eifriges Nicken der anderen Seite, ein verwirrter Blick aus der Ecke. Roxas war allem Anschein nach also doch im Zimmer gewesen! "Ja, genau. Ich hatte vor ein paar Stunden noch mit bekommen, wie sie Roxas, als beide sehr leise aus dem Wohnzimmer kamen, gebeten hat "ihn nun lieber in Ruhe zu lassen, bis er wieder aufwacht!" Aber das hat Roxas dann ja nicht getan. Und als er nach einer ganzen Weile wieder raus kam, war er hochrot im Gesicht!", erzählte die Alte eifrig, untermalte das Gesehene mit kleinen Gesten. Nun war Axel platt. Er fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Das gab's doch nicht! Dann hatte er ja doch nicht geträumt! Jemand war in dem Zimmer gewesen! Jemand hatte ihm etwas zugeflüstert! Und wer? Der Kleine! "Was war das noch... das er mich gern hat...oder...?", murmelte Axel zu sich, hatte überlegend den Kopf gesenkt und versuchte krampfhaft sich alles genau in Erinnerung zu rufen, was er glaubte im Halbschlaf gehört zu haben. Sollte er nun von Glück reden, das er einen leichteren Schlaf hatte, oder nicht? Es war wirklich seltsam. Warum sollte jemand einem Schlafenden etwas erzählen, noch dazu etwas derartiges wie "ich hab dich gern"?! Ganz sachte versuchte er die Fragmente seiner vagen Erinnerung und die Erzählungen, denen er lauschte, in Zusammenhang zu bringen. Roxas hatte ihm gesagt, das der ihn mochte; aber da er dies tat, während Axel schlief, hieß das doch das Roxas nicht unbedingt gewollt hat, das er diese Worte mit bekam. Die Bekanntschaft mit dem Jungen wurde immer verquerer... Was hatte Roxas sich dabei gedacht...? Da stimmte doch etwas ganz und gar nicht...! "Axel? Was... machst du da...?" So schnell er in seinen Überlegungen versunken war, fand er auch wieder zurück. Diese Stimme hatte ihn so aus dem Konzept gebracht, das er nach vorn stolperte, gegen die Vase mit der Zierpflanze stieß und diese fast umwarf. Erschrocken japsten die beiden Hausmädchen auf. So war seine kleine Lauschaktion aber nicht geplant gewesen! "...Mist...", murmelte Axel, ehe er sich umwandte und die Vase wieder richtig hinstellte. Den Hühnern hinter ihm hatte er nur einen flüchtigen Blick geschenkt. "Ich... hab dich gesucht... Roxas." Wunderbare Reaktion. Sarkasmus machte sich in dem Biker breit, auch wenn seine Aussage der Wahrheit entsprach. So ernst wie nur irgend möglich versuchte er, den Jungen vor sich anzusehen. Roxas schaute recht verwundert, blinzelte alle paar Sekunden, so, als wenn Axel eine Fata Morgana wäre. Seine Haare waren feucht, sie hingen etwas hinab und ein paar Strähnen klebten an Roxas' Kinn wie viele kleine Fädchen. Er war duschen gegangen. "Du hast mich gesucht? Warum das...? Ich meine, geht's dir besser...? Hast du...ähm...!" Er stolperte förmlich über seine eigenen Wörter bei dem Versuch, zu viele Fragen auf einmal zu klären. Roxas schien innerhalb von Sekunden überfordert zu sein. Nachdem er Axel gesehen und den Mund aufgemacht hatte lief wieder alles in eine Richtung, in der Axel die Reaktionen und das Verhalten des Jungen nicht nachvollziehen konnte. Und so sah er ihn auch an. "...weil ich dringend mal ein paar Takte mit meinem Altem zu wechseln habe. Darum." Der Bodyguard hatte es gleich gelassen, die anderen Bewohner des Hauses zu fragen - weil er gehofft hatte, einen Moment allein mit Marianne zu sein. Roxas blickte ihn verwirrt an, seine Augen huschten hin und her, so, als wenn er nicht wußte ob er Axel anschauen sollte oder nicht. Dann startete er einen erneuten Versuch, richtige, nicht brüchige Sätze von sich zu geben. "Oh... ähm, ja...Sie, äh, du... das Telefon ist in der Küche soweit ich weiß..." Roxas fing an, ein paar Mal zu blinzeln, biß sich dann auf die Lippe und schaute beschämt zu Boden. Anscheinend hatte er nun gemerkt, wie sehr er sich beim Sprechen verhaspelte. So war das sicher nicht geplant. Axel mußte doch denken, das er nicht ganz dicht war. Und er hatte inzwischen hundertprozentig gemerkt, das Roxas' Verhalten mit ihm zusammenhängen mußte. Wenn nicht, dann war Axel für einen Bodyguard nicht sehr aufmerksam. "Soweit du weißt... gut okay..." Axel legte den Kopf ein bißchen schief. "...komm mal lieber mit, sonst verlaufe ich mich eh' wieder in diesem Labyrinth!", setzte er hinzu, kam kurzerhand auf Roxas zu und zog ihn mit sich. Für ihn war es nun zu einem Kunststück geworden, gerade zu laufen - er fühlte sich als wenn er zwei Nächte lang durch gefeiert hätte. Es wurde auch immer schlimmer und demnach wurde es für Axel umso wichtiger, schnellstmöglich hier wegzukommen; jedenfalls vorerst. Schließlich erwarteten ihn hier noch einige Aufgaben und Geheimnisse zu bewältigen. Roxas stolperte mehr hinter seinem Beschützer her, als das er ihm folgte. Er hatte ihn am Handgelenk gefasst und Roxas konnte den Wunsch nicht unterdrücken, das Axels Hand noch etwas weiter nach unten rutschte. Anscheinend mußte sich Roxas an solche Gedanken gewöhnen, auch wenn er sie am liebsten ausradiert hätte wie einen falschen Strich in einer wunderschönen Zeichnung. Unsicher betrachtete der Junge Axels Hinterkopf, die leuchtenden, roten Haare - ob die gefärbt waren...? Schnell schüttelte er den Kopf. Ihm wurde richtig warm und zu allem Überfluß spürte Roxas, wie ihm diese Hitze zu Kopf stieg und ihn sicherlich färbte. Da nützten auch die feuchten Haare nichts. Wenn Axel sich nun umdrehte... "Bitte, bitte nicht....", wisperte Roxas, kniff die Augen zu und betete insgeheim schon. Axel durfte nichts komplett falsches denken, weder Verdacht schöpfen! Auf gar keinen Fall...! Nicht jetzt...! "Kleiner... mach' wenigstens die Augen auf wenn du schon mit gesenktem Kopf hier rumtorkelst. Vielleicht schaffst du es dann ja, mir zu sagen, wo es lang geht." Axel schielte über seine Schulter und hatte sein Tempo gedrosselt. Ihre Schritte waren nahezu geräuschlos auf dem Teppichboden, der in diesem Flur gelegt worden war. Je länger der Biker auf das gesenkte Haupt dieses Kindes sah, desto mehr schwor er sich, etwas an der Situation hier in diesen vier Wänden zu ändern. Er konnte langsam nicht mehr mit ansehen, wie Roxas behandelt wurde und wie sein Innerstes daran komplett den Bach herunter ging. Ein Wunder, das der Junge noch nicht auf komische Gedanken gekommen war. Ferner wollte Axel herausfinden, was Roxas für ein Spiel mit ihm spielte und was diese Aktion in dem Wohnzimmer wirklich zu bedeuten hatte. Es war mehr dahinter - aber wieviel mehr wollte Axel jetzt nicht genau wissen. Er hatte hier einiges zu tun, wenn er in die Dienste dieser Familie trat. Axel war sich sehr, sehr sicher das er so manches Geheimnis ans Licht bringen konnte, wenn er nur an der richtigen Stelle zu suchen begann. Wer wußte schon, was hier wirklich gespielt wurde...? Wenn so viel Terror um diesen unscheinbaren Blondschopf gemacht wurde, dann mußte er in einige Sachen verwickelt sein. Eine andere Begründung konnte sich Axel einfach nicht vorstellen. So war es doch meistens bei den wohlhabenden Familien. Lügen und Intrigen wo man hinsah... Der junge Hausherr war ein bißchen zusammen gezuckt, als plötzlich Axels Stimme den Gang erfüllte. Langsam öffnete er wieder die Augen; ein paar Sekunden dauerte es, bis alles wieder erkennbar wurde, und hob ein paar Millimeter den Kopf. Ganz aufsehen wollte und konnte Roxas nicht. Nicht mit einem womöglich knallrotem Gesicht. Nicht, während sein Herz mehr einem Presslufthammer als einem Muskel glich. Roxas glaubte, das jeder Umstehende in der Lage war, seinen Herzschlag zu hören - so laut kam es ihm vor. "Da vorn, oder. Die zweite Tür?" Axel war stehengeblieben. Es hatte den Anschein, als würde er auf jene Tür schauen, aber sein Blick war ins Leere gerichtet. Erst nach einigen Sekunden wandte er sich zu Roxas und zog ein bißchen an dessen Handgelenk. Die Kommunikation zwischen beiden stimmte noch nicht ganz. Angesprochener schluckte stark, es gab ein leises, gurgelndes Geräusch; dann schoss Roxas' Kopf förmlich empor und eifriges Nicken folgte sogleich. Dabei wußte Roxas nicht einmal genau, in welchem Teil des Hauses sie sich gerade befanden. Er hatte überhaupt nicht darauf geachtet. Axel brummte kurz, musterte den Jungen skeptisch und zog ihn dann weiter. Er stieß die Tür auf und fand sich tatsächlich in der Küche wieder; natürlich viel zu groß und mit viel zu viel Schnickschnack ausgestattet. Axel brummte erneut. "Hör mal Roxas... wenn das zwischen uns funktionieren soll und damit ich meinen Job irgendwann mal ordentlich ausführen kann, mußt du dich schon ein bißchen am Riemen reißen, okay?", meinte er während er sich um seine eigene Achse drehte und nach dem Telefon Ausschau hielt, "... ich will damit nicht sagen das du dich von vorn bis hinten ändern sollst; ich meine, jeder hat seine Macken aber dieses ständige "ich schau' jetzt den Boden an und tu' so als wäre ich gar nicht da" nervt wirklich. Weißt du noch, was ich dir mal gesagt habe, auf dem Rückweg hierher?" Die Plastikverkleidung des Höhrers ließ ein seltsam schlurfendes Geräusch ertönen, als Axel das Telefon von dem Tisch schob, ohne es anzuheben. Er achtete nun auf Roxas. Mit ernstem Gesichtsausdruck und sehr erwartungsvollem Blick. Axel war sich sehr wohl bewußt, das die Aufgabe, diesen verwöhnten Bengel zu betreuen um einiges härter werden würde als vieles, was er bisher in seinem Nebenjob erlebt hatte. Aber er würde es durchziehen - und eventuell gegen ein paar Regeln verstoßen um Roxas diese Welt näher zu bringen. In gewisser Weise, Axel war es im Übrigen schnurz warum, fühlte er sich dazu verpflichtet dem Lütten irgendwie aus dieser verflucht verflixten Lage zu helfen. Denn es schien hier offensichtlich niemanden zu kümmern, das der Junge buchstäblich verkam. Hier wurde nur darauf geachtet, das diese perfekte Hülle nicht einriss und alle glaubten, sie seinen die Familie schlechthin. Nun waren diese Zeiten aber vorbei. Diese anscheinend heile Welt hatte bereits Risse bekommen, nachdem sie sich entschieden hatten, Axel ganz einzustellen. Oh ja. Er konnte zwar sehr rabiat sein, aber dennoch war er nicht der Typ Mensch, der das Geschehen um sich herum einfach vorbei rauschen ließ. Er handelte sofern es nötig war; wenn auch nicht immer sehr klug, das mußte er zugeben. Aber machte nicht jeder seine Fehler...? "Na? Weißt du es noch?", fragte Axel abermals, fing an mit dem Höhrer in seiner Hand zu spielen indem er ihn von einer Hand in die andere springen ließ. Seiner Stimme konnte man entnehmen, das er ungeduldig wurde. Die Bezeichnung "größter Idiot" war noch maßlos untertrieben. Roxas kam sich immer elendiger vor, zumal Axel langsam aber sicher versuchte, richtigen ernsthaften Kontakt aufzunehmen während er sich immer noch versuchte zu distanzieren. Aus Angst. Er wußte selbst, das es so nicht weitergehen konnte; doch leider wußte Roxas auch nicht, wie er etwas unternehmen sollte. Nicht in diesem Umfeld. "...ich... ich habe es nicht vergessen...n...nie...!" Ganz langsam hob Roxas nun seinen Kopf. Das Gesicht war nach wie vor hochrot. Er schämte sich mittlerweile nur noch mehr. "Ich hätte es nicht vergessen können...!", wiederholte Roxas, krallte seine Finger in die dünne Hose. Er konnte sich noch an alles erinnern, sogar an die Tonlage jedes einzelnen Lautes. Diese Worte waren für Roxas sehr wichtig; gerade, weil sie der Wahrheit entsprachen. Und dennoch hatte der Junge nicht den Mut gefunden, das Umzusetzen, was diese Worte ihm sagten: das er kein Tier ist, das man wegsperren kann, das er für seine Freiheit zu kämpfen hat und sonst gnadenlos in dieser Welt untergehen würde. Wie sollte er das auch schaffen...? Gerade jetzt? "Dann erzähl's mir doch nochmal." Axel hatte sich auf den Tisch gesetzt und schaute noch immer erwartungsvoll Roxas' verschüchterte Miene an, welche von einem seichten Rot umringt war. Das der Junge sich schämte oder es ihm peinlich war, konnte man nicht übersehen. Vielleicht war ihm auch nur sehr warm, obwohl die Räume hier gut gekühlt waren. Aber das es vielleicht auch noch etwas anderes sein könnte... "Also...ähm-" "Ohne stottern, Kleiner." Abrupt fuhr Axel dazwischen, hatte beinahe tadelnd den Zeigefinger erhoben. Roxas sollte endlich lernen, in ganzen Sätzen zu reden und das auch deutlich und laut. Mit Fremden ganz besonders. Dieses ewige Gestottere zog dessen Ich nur noch mehr nach unten und machte es für das Umfeld auch nicht leichter. "Du hast doch keinen Sprung inner Schüssel, oder? Du bist ne' Persönlichkeit, ein Mensch, der sich keineswegs zu verstecken braucht. Sei doch stolz auf dich. Du bist Roxas. N' Kerl, klar soweit? Oder sehe ich da was falsch? Brust raus, Schultern hoch! So läuft der Hase! Nicht immer so...!", der Biker begann, Roxas geknickte Gangart zu imitieren und ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter zu ziehen, "... da kannst du dir auch gleich "I hate myself" auf die Stirn tätowieren lassen!" Axel war vor Roxas zum Stehen gekommen, sah ihn von oben belehrend an, griff nach den Schultern des Jungen und zog sie nach hinten. "Versuch mal gerade zu stehen und was an deiner Haltung zu machen. Das allein macht schon was her. Wenn du nämlich willst, das sich etwas an der Situation hier bei dir Zuhause ändert, dann mußt du zuerst bei dir anfangen. Und dazu gehört auch, wie man durch diese Welt schreitet. Nämlich mit erhobenem Haupt." Jetzt ließ er die Schultern wieder los, sachte, um sie notfalls wieder zu richten. Doch sie blieben an ihrem jetzigem Platz. Roxas starrte Axel ungläubig an. Doch dieser nickte nur, fuhr dem Jungen grob durch das Haar, ehe er sich wieder abwandte und das Telefon ergriff. Während Axel die Nummer wählte, suchte er nach Worten, die er verwenden konnte um seinem Ziehvater zu verklickern, wo er gewesen war und wo Xemnas ihn nun freundlicher Weise abzuholen hatte. Mit einem letztem Blick auf das Display, gefolgt von einem tiefem Seufzen, hob er den Hörer und lauschte dem monotonem Tuten des Telefons. Es dauerte keine zwei Freisignale, bis abgehoben wurde. "...Xem... ich bin's...", begann Axel mit möglichst ruhiger Stimme. Für den Bruchteil einer Sekunde war dort nichts als ein leises Rauschen am anderem Ende. "Axel? ... du- Herrgott nochmal, wo warst du die letzte Nacht?! Geht es dir gut? Wo... was-" Dem Superior fehlten wirklich die Worte. Er war einfach nur erleichtert, etwas von seinem Jungen zu hören und zu wissen, das er irgendwo war und sich meldete. Dennoch war ein Schnaufen das Einzige, was er noch hervorbrachte. Seine Stimme zuvor klang müde und erschöpft. Im Hintergrund dröhnte die Geräuschkulisse einer belebten Straße. Vielleicht war es die Hauptstraße, vielleicht auch nicht. Axel beugte sich vor, schielte kurz nach draußen. Es regnete wieder. Zwar konnte er gut verstehen, das Xemnas sich Sorgen machte, aber er mußte ihm nun auch zuhören. Eher würde Axel nicht nach Hause kommen. Er wollte schließlich wissen, warum Xemnas sich so lange mit diesem Geheimnis herumquälte ohne etwas gesagt zu haben. "Bevor ich dir sage, wo ich bin, will ich das du deine Lauscher aufsperrst, okay?" "Was soll-" "Okay?!" Stille herrschte. Axel atmete tief sein, zählte bis drei und sammelte sich. Der Bodyguard schaute zu Roxas, welcher nun fragend dort stand und ihn ansah. Stumm versuchte Axel ihm nun klar zu machen, das er jetzt lieber alleine wäre. Schließlich ging es um ihre Vergangenheit, etwas sehr privates - um Zerina. Es dauerte einen Moment bis Roxas begriff und dann überhastet die Küche verließ. Erst, als die Tür leise klackte, ergriff Axel wieder das Wort. Seine Augen schmerzten, der Kopf hörte und hörte nicht auf zu pochen... "... warum hast du mir nicht schon früher davon erzählt? Davon, das du auch "Schuld" an dem Unfall haben könntest? Meintest du nicht, das ich auch ein Recht darauf gehabt hätte alles zu erfahren? Oder hattest du Angst, das ich es falsch aufnehmen würde? Du hattest nie Angst vor den Reaktionen anderer, selbst vor meiner nicht. Also...?" "Axel, bitte, ich wollte es dir doch nicht verschweigen, das weißt du! Du kennst mich doch, aber...ich...", Xemnas brach kurz ab, seufzte resigniert und fuhr beinahe wispernd fort, "... also gut, ich hatte Angst! Angst davor, das du mir den Rücken zuwenden würdest, weil du mir die Schuld hättest geben können!" "Ich gebe dir nicht die Schuld und ich hätte sie dir auch nie gegeben! Aber du hast es doch vor mir verschwiegen, diese ganzen zwei Jahre mit dir herum geschleppt ohne ein Wort über diese...diese Details zu verlieren und DAS kotzt mich an! Du hast mich belogen, Xemnas!" Axel versuchte wirklich, Ruhe zu bewahren, doch er kannte sich selbst nun viel zu gut; in so einer Situation verlor er doch mal die Kontrolle. Axel fühlte sich verarscht und respektlos behandelt. Respekt war etwas, das bei ihm immer oben stand sofern es nicht gerechtfertigt war, diesen zu übersehen. Wie gestern, als er die Hand gegen Xemnas erheben wollte... In dieser regnerischen Nacht hatte er sich viele Gedanken über dieses "Geständnis" gemacht. Gedanken, die er zu dem Zeitpunkt an dem er weglief, nicht greifen konnte. Er hatte alles noch einmal vor seinem geistigem Auge abgespielt, alles in Erwägung gezogen... Es konnte zig andere Gründe und Umstände geben, die diesen Unfall auch hätten herbeiführen können. Es war nicht zwingend gesagt, das nur Xemnas Schuld daran war - und Axel war sich dessen von Anfang an bewußt gewesen; doch er war zu geschockt, um die Augen für etwas derartiges offen zu haben. Schließlich hatten die bremsen nach der Reparatur funktioniert und wenn Xemnas sich dessen sicher war, das war es auch so und nicht anders. Er hatte seine Arbeit immer gründlich gemacht. Warum sollte er also gerade damals geschlampt haben? Axel war sich klar geworden, das es absurd war, seinem Ziehvater die Schuld zu geben. Xemnas hatte zwar geglaubt das sein Sohn gerade dies tun würde, doch es war einfach absurd. Der Fahrer von dem Lastwagen hatte einfach nicht aufgepaßt und Zerina konnte nichts mehr tun. Es gab keinen Grund mit dem Finger auf den Superior der Sensing Nobodies zu zeigen und es hatte ihn nie gegeben. Xemnas hatte sich selbst in Vorwürfen und Zweifeln ertränkt. Sich selbst das Leben schwer gemacht und Axel eine heile Welt vorgespielt. Ihn belogen als er behauptete mit dieser Sache abgeschlossen zu haben. Und nur weil er sich selbst verrückt machte und in etwas reinritt; wofür er nichts konnte. "Hast du mich verstanden? Das Einzige, was ich dir vorwerfe ist, das du als mein Ziehvater mich belogen und mir eine heile Welt vorgegaukelt hast, obwohl du dich selbst mit solch einer absurden Geschichte fertig machst! Es macht mich echt traurig, das du allem Anschein nach nicht darüber reden wolltest. Noch nicht mal mit deinem Sohn. Weil du einfach Schiss hattest! DU bist nicht Schuld! Ist das jetzt endlich angekommen oder was?" Rauschen drang an Axel Ohr; im ersten Moment dachte er, Xemnas hätte aufgelegt, doch dem war nicht so. Sein Vater hatte nur schnaubend ausgeatmet. Der Superior wußte nicht, was er dazu noch sagen sollte. Oder ob es überhaupt noch etwas zu sagen gab. Es war, als hätte Axel seinen Verstand mit einem mal von allem, was für unnötig gehalten wurde, gereinigt. Xemnas blieb einfach still, die Worte Axels im Hinterkopf behaltend, um nach dem Telefongespräch darauf zurückzugreifen und darüber nachdenken zu können. Sein Ziehsohn atmete zweimal tief durch, als er geendet hatte. Er sollte sich wirklich nicht so sehr aufregen. Axel merkte, das es ihm nicht gut tat, gerade in seinem fiebrigem Zustand, welcher zunehmend schlimmer zu werden drohte. Diesmal wunderte sich Axel wirklich, das er noch gerade stehen konnte. Der Sensing Nobody fuhr sich über die nasse und heiße Stirn. Immer wieder verschwammen Umrisse, hin und wieder spürte er, wie sein Körper zur Seite schwang. "Und jetzt hol' mich bitte ab. Mir geht's scheiße. Richtig scheiße." Schluckend wartete der junge Mann auf die Antwort. Xemnas am anderem Ende zog skeptisch eine Braue hoch. Er stand unter einer alten Markiese um sich vor dem Regen zu schützen. Etwas weiter von ihm entfernt, stand ein kleiner dunkelblauer Bus. Der Lack war hier und da schon recht verblichen, ein paar Kratzer waren bei genauem hinsehen auch auszumachen. Jener alte Volkswagen gehörte Marluxia. Er war gerade unterwegs, um Passanten nach Axel zu fragen. Manche in diesem Viertel kannten den Rotschopf vom sehen und vielleicht wußte der ein oder andere ja, wo sich dieser verdammte Ausreißer befand. Davon abgesehen, waren viele der Sensing Nobodys unterwegs um Axel zu finden - und alle waren sie nicht gerade gut auf ihn zu sprechen. Larxene hatte einen Termin abgesagt, Saix kochte sowieso seit dem Vorfall mit Ansem und Vexen war nicht der Typ für Suchaktionen, besonders, wenn er diese mit seinem altem Rivalen Xigbar zu tätigen hatte. Und Luxord, ein weiteres Mitglied, hörte sich in den umliegenden Gaststätten um. "Und wo bist du bitte?", fragte der Superior schließlich in regelrecht empörter Tonlage. "Ich werde an der Straßenecke stehen. Gegenüber vom Blumenladen. Weißt du, welchen ich meine?" Die Antwort kam promt. Axel wollte nicht, das Xemnas genau wußte, wo er die ganze Zeit gewesen war. Der Laden war ein paar Straßenecken weiter entfernt und bis dahin würde er es noch schaffen. Notfalls mit Begleitung. Er hielt es für besser so. "Also gut, okay. Ich weiß schon, aber wehe dir, du haust dann doch nochmal ab oder lässt dir was neues einfallen um mich kurz vorm Nervenzusammenbruch zu treiben!", murrte Xemnas in den Höhrer, bekam eine ebenso murrende Antwort mit gereiztem Unterton. Es dauerte ganze drei Minuten, bis das Gespräch endlich beendet wurde, und Xemnas sich - in Begleitung eines sehr schlecht gelaunten Marluxias - auf den Weg machte. Die Straßen waren noch immer feucht vom Regen, wurden jedoch nicht mehr von diesem begossen. Mit seinem Fuß fuhr Roxas immer wieder über den dunklen Teppich; die schabende Bewegung hinterließ jedes Mal einen dunkleren Fleck auf der edlen Unterlage. Öfters versuchte Roxas durch die Wortfetzen, die zu ihm gedrungen waren, herauszufinden, worüber Axel sprach. Vergebens. Er wußte lediglich, das der Biker dieses Haus bald verlassen würde. Roxas wollte nicht, das Axel jetzt ging, auch wenn es für ihn besser wäre. Schließlich war Axel, nach Mariannes Aussage, sehr lange ohne Schutz im Regen gewesen. Roxas wußte, wie fatal so ein Unternehmen sein konnte. Sicherlich hatte der Senising Nobody sich bei der Aktion etwas weggeholt. Aber wer wußte denn, wann er wiederkam oder ob er überhaupt noch an diesem Job interessiert war...? Vielleicht war Axel dann für immer weg weil er keine Lust mehr hatte oder etwas anderes sein Interesse verfliegen ließ - oder der junge Hausherr malte sich einfach nur seine schlimmste Befürchtung aus. Seufzend schaute Roxas auf. Gleich würde Axel sicherlich die Tür aufmachen, ihn vielleicht noch fragen, ob er ihn zur Tür bringen würde und dann wäre er weg. Ganz bestimmt. Hundert porz- Das Klacken von ein paar Schuhen drang an seine Ohren, lenkte all seine Aufmerksamkeit auf dieses Geräusch. Sohlen quietschten kurz, ehe die Tür langsam aufgemacht wurde. Axel trat heraus. Müde blickend ging er an Roxas vorbei und erst als der Junge ihn ansprach, realisierte Axel, das er auch noch da war. Roxas besah ihn skeptisch. Seit Axel wieder aufgewacht war, hatte Roxas den Eindruck, das er immer blasser und schwächer wurde - jetzt taumelte sein Bodyguard manchmal. Es war eine gute Dreivirtelstunde vergangen, seit Axel aufgestanden war. Bevor er und Marianne ihn alleine ließen, hatte Roxas sich noch so gesorgt, das Axel krank werden würde, worauf dieser nur meinte, das er "nicht leicht klein zu kriegen ist". Was für Axel soviel hieß wie "ich werde doch nicht krank! In hundert Jahren nicht!". Doch es sah nun ganz anders aus. Er sah nun ganz anders aus. Nämlich krank. "... sollen... sollen wir dich vielleicht nach Hause bringen? Marianne sagte doch das es besser wäre, wenn du gebracht wirst...", sagte Roxas verunsichert; nun machte es ihm Angst. Diese Vorstellung, Axel könnte krank werden, wenn er nun nicht ging. Sie hatte ihm schon vorher Angst gemacht. Lieber lebte er mit der bizarren Befürchtung, Axel könnte die Lust an diesem Job vergangen sein, als das Roxas zusah, wie der gesundheitliche Zustand des Älteren weiter bergab ging. Dafür hatte der Junge ihn wirklich in zu kurzer Zeit zu lieb gewonnen. Mit leicht zitternden Augenlidern sah er Roxas etwas perplex an; nicht weil der Kleine gemerkt hatte, das es ihn nicht gut ging sondern eher wegen der Tatsache, das er ihm anbot, nach Hause gebracht zu werden. Wirklich, beim besten Willen konnte sich Axel nicht vorstellen, das auch nur einer der Leute hier für ihn den Chauffeur spielen würde. Zumal er das auch gar nicht annehmen würde, selbst, wenn Xemnas ihn nicht abholen würde. "Lass mal, Roxy. Ich werde schon abgeholt. Muss jetzt auch...", ein Seufzer entglitt Axel, "...los. Sag' Marianne, das ich ihr dankbar für die Gastfreundschaft bin. Wir sehen uns dann noch später. Übermorgen, oder...?" Fragend sah Axel Roxas an, welcher nur leicht mit den Schultern zuckte. "Ich denke ja." Das er genau das Gegenteil dachte, sagte Roxas dem Motorradfahrer nun lieber nicht. Vielleicht kränkte er ihn damit ja; Axel war schließlich eine sehr stolze Person. Jener drehte sich nun nickend um, versuchte sogar etwas zu lächeln - was eher einer schmerzenden Grimasse gleich kam - und machte sich auf den Weg zur Tür. Nun hatte er relatives Glück mit seinem Orientierungsinn in diesem monströsem Anwesen, da der Ausgang nicht weit von der Küche entfernt und es demnach auch nicht schwer war dorthin zu finden. Roxas folgte ihn wehmütig. Hoffentlich ging das alles gut. Während der Sensing Nobody sich leise fluchend seine richtig feuchten Schuhe und auf drängen von Roxas auch einen Regenmantel anzog, ging die Haustür auf und Marianne kam herein. Fahle Sonnenstrahlen fanden den Weg auf die Fließen im Flur. Der Regen hatte sich nun verzogen und gab der Sonne des Frühjahrs eine Chance sich durchzusetzen und die Erde zu wärmen. Die gebürtige Engländerin schaute verwundert auf Axel und Roxas. In ihrem Blick konnte man sehen, das sie jetzt nicht mit Axel gerechnet hatte. Als Marianne sah, das Axel sich die Schuhe anzog, konnte sie sich zusammenreimen, das jener wieder fort wollte. "Du willst gehen?" fragte sie, legte die zwei Hundeleinen neben dem Eingang zu Boden. Besorgnis zierte ihr Gesicht, welches im Lampenlicht fast so blass wie das von Axel wirkte. Sie traute dem ganzem noch nicht. Marianne entledigte sich ihrer Jacke, blickte weiterhin fragend auf ihren Gast. Jener stand nun aus seiner gebückten Haltung auf, sehr wohl darauf bedacht, sich langsam aufzurichten damit ihn kein überraschendes Schwindegefühl von den Socken haute. "Mhm... ich werde schon abgeholt, keine Sorge. Wird nur langsam Zeit, das ich hier abzische. Nichts gegen euch, nein nein...". Ein wenig verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. Marianne nickte. "Natürlich... wenigstens hattest du etwas Ruhe. Hoffe ich jedenfalls." "Das auf jeden Fall. Danke für die Gastfreundschaft." Axel zog den Reißverschluss der Jacke nach oben, blickte noch einmal prüfend an sich herab; dennoch war es ihm im Endeffekt schnurz, wie er hier rausging. Ob nun wie ein bunter Hund oder ganz normal. "Die Sachen bringe ich dann mit, wenn ich wieder herkomme." Er deutete noch einmal auf sich, ehe Axel sich nun eiligst verabschiedete. Er wollte nur noch weg. Hoffentlich wurde das von Roxas jetzt nicht falsch aufgenommen... "Warte! Ich begleite dich gerne noch!" Hastig hatte sich Marianne wieder ihre Jacke geschnappt, einen Regenschirm dazu. Die junge Aupair konnte Axel einfach nicht so aus den Augen lassen. Marianne konnte und wollte nicht. Und was Axel dachte oder womöglich dazu sagen würde, war ihr egal. Sie hatte sich, als sie ihn dort auf der Bank gefunden hatte, fest vorgenommen dafür zu sorgen das es Axel wieder besser ging und erst, wenn er wirklich in guten Händen war würde sie ihn alleine lassen. Es mochte kindisch und vielleicht auch nervig sein, aber Marianne konnte einfach nicht anders. Dafür war ihr Verantwortungsbewusstsein und das mögliche schlechte Gewissen zu groß. Es könnte ihm doch etwas passieren! Und dann? Sie würde bei Axel bleiben, bis dieser abgeholt wurde. Irgendwie wollte sie helfen. Mit Worten konnte sie nichts erreichen, aber vielleicht mit kleinen Gesten oder Taten. Und wenn es nur ein kleiner Marsch durch diese graue Stadt war. Axel selbst starrte sie entgeistert an. Was sollte das denn nun? Einen Babysitter brauchte er wirklich nicht. Auch, wenn es lieb gemeint war, aber die paar Straßenecken würde er noch schaffen! Dennoch dankend blickend, schüttelte Axel den Kopf und faßte Marianne auf die zierliche Schulter - das Roxas die beiden schon eine ganze Weile anstarrte, merkte keiner von ihnen. "Ich kipp' schon nicht nach hundert Metern um. Trotzdem danke. Ich werde mich dann bei euch melden, wenn ich wiederkomme." Dies sollten die letzten Worte neben einem "Bis bald" sein. Für heute hatte er sich genug mit den beiden unterhalten. Axel wandte sich, mit dem besten Lächeln, das er momentan zu Stande brachte, auf den Lippen um und ging. Die Tür stand noch immer offen, ein paar Wolken zogen vorbei und der Biker hoffte diesmal wirklich, das die beiden Köter ihn auf dem Weg zum Tor nicht anfielen. Marianne blickte noch immer etwas perplex der Gestalt hinterher, die in diesem Moment unbeschadet das Tor passierte. Wenig später war niemand mehr zu sehen, nur die beiden Hunde, welche nun kläffend zum Gatter gerannt waren. Sie faßte sich geistesabwesend auf ihre linke Schulter, dort, wo eben noch die kühle Hand Axels verweilte. Selbst durch den Stoff ihres Regenmantels hatte sie es wahrnehmen können. Genauso, wie sie das stetig schneller werdende Schlagen ihres Herzen spüren konnte. Von diesem Moment an, wußte Marianne, das sie Recht mit all ihren Vermutungen behalten hatte. Sie hatte sich verliebt. Verguckt in jemanden, den sie nicht einmal im Ansatz kannte, geschweige denn verstand... Gedankenverloren schlurfte Axel den Gehweg entlang, immer wieder wechselnd zwischen dem, was kommen würde und dem war geschehen war. Ein paar graue Wolken zogen vorbei; sie erinnerten nicht wirklich an den Frühling. Diese Jahreszeit war immer wieder ein Grund zur Freude gewesen, da mit den ersten warmen Sonnenstrahlen die Motorradsaison eingeleutet wurde. Bis jetzt war das Wetter aber nicht allzu freundlich zu den Fahrern gewesen. Murrend erinnerte sich Axel nun wieder daran, das es für ihn wohl noch eine ganze Weile dauern würde, bis er endlich wieder fahren könnte. Seine Maschine war schließlich so gut wie hinüber. Das Einzige, was zu hoffen blieb war, das dieses Schmuddelwetter sich verabschiedet hatte, wenn er wieder zum fahren kommen würde. Wenn... ständig dieses wenn und aber... Seufzend blieb Axel stehen, schaute sich um. Vor ihm lag der Blumenladen; ein kleines Geschäft, welches unter Liebhabern als Geheimtipp verschrieen wurde. Doch von Xemnas war keine Spur zu sehen. Irgendwie brachte diese Tatsache Axel dazu, ironisch zu lächeln; entweder war das die Absicht des Superiors oder aber dieser war noch nicht eingetroffen. Widerwillig entschied Axel sich zu warten. Er lehnte sich an das weiße Gemäuer, das sich hinter ihm erstreckte, schloss die Augen und ließ sich auch wenige Momente später in die Knie sinken. Hin und wieder schaute er nach, ob Xemnas schon da war, dann schloss er seine Augen wieder. Ruhe. Einfach nur ein bißchen Ruhe... "Ey! Axel! Da sitzt er doch, verdammt!" Schritte verstummten und etwas verdeckte das bisschen Sonne, das Axel getankt hatte. Murrend blinzelte der Bodyguard; nach ein paar Sekunden konnte er das mürrische Gesicht seines Kameraden Marluxia ausmachen. Dieser stand mit verschänkten Armen vor ihm, musternd. Eine Art knurrender Laut entwich Marluxias Kehle, als er sich einfach herunterbeugte, Axels Arm ergriff und ihn mit Mühe hochzog; der Kerl hing da wie ein Sack Kartoffeln. "Kannst du nicht mehr alleine stehen, oder wie...?" Marluxia zog Axel an sich heran und stützte ihn; gleichzeitig versuchte er das Gleichgewicht zu halten und herauszufinden, warum Axels Knie so weich waren. Alkoholgeruch stieg ihm aber bei weitem nicht in die Nase. Stattdessen bemerkte der Sensing Nobdy das bleiche Gesicht seines Kumpels. Das war ihm Anzeichen genug. Jetzt war es wichtig, ihn zur anderen Straßenseite zu bringen, dort wo Xemnas bereits wie auf heißen Kohlen wartete... - Zweieinhalb Monate später - So lange hatten sie auf dieses Wetter warten müssen. Seit ein paar Tagen lachte die Sonne und schenkte mit einer durchschnittlichen Temperatur von 22 Grad jedem die wohl verdiente und lang ersehnte Wärme. Es war Juni geworden. Und Roxas konnte sich nicht entsinnen, jemals so viel Glück empfunden zu haben. Es fühlte sich einfach nur gut an, mehr unternehmen zu können als vorher, freier zu sein. Und wenn es auch nur ein zehn- Minuten- Ausflug zur Eisdiele war. Dieses Gefühl war schön. Einfach nur schön, denn die Türen seines Käfigs waren ein Stück geöffnet worden. Vor ein paar Wochen sah alles noch nicht so heiter aus. Nur zu gut erinnerte er sich daran, wie Tai explodiert war als Axel sich, verständlicher Weise, krank gemeldet hatte. Marianne und Roxas hatten dies schon kommen sehen. Es war nicht schwer zu erahnen - jeder wäre krank geworden, hätte er dasselbe durchgemacht wie der Sensing Nobody. Aber das gerade Tai so außer sich sein würde, erwartete keiner. Nein, das wirklich nicht. Sie wußten inzwischen das sich Axel und Tai nicht riechen konnten, daher wäre es nur logisch gewesen, wenn sich Tai gefreut hätte. Jedoch traf das Gegenteil ein. Er wollte Axel ja offensichtlich von Anfang an nicht in diesen vier Wänden haben und doch regte er sich darüber auf, keifte herum; "das kann doch nicht wahr sein! Was erlaubt sich dieses... dieses Gossenkind?! Er hat hier zu erscheinen verdammt nochmal...!" Inzwischen ging es Axel wieder blendend und er war sichtlich froh gewesen, nicht mehr das Bett hüten zu müssen. Auch die Anspannung zwischen ihm und Xemnas hatte sich gelegt; wobei sich Axel dennoch etwas von ihm und den anderen Sensing Nobodies hatte anhören müssen. Auch Roxas konnte entspannter sein, als sich dessen Befürchtung, Axel würde nicht mehr kommen, in Luft auflöste. Schließlich kam er sofort nach seiner Genesung wieder und kam seiner Aufgabe locker flockig nach. Das Tai die beiden genau beobachtete, störte Axel zwar etwas, aber er gab sich Mühe, es sich nicht anmerkten zu lassen. Roxas schüttelte geistesabwesend den Kopf, während Marianne neben ihm gehend nach einer Hausnummer suchte. Langsam wurde Tais Verhalten immer rätselhafter, immer merkwürdiger. Ihr Sicherheitsmann wußte wohl nicht was er wollte... oder? Steckte da vielleicht mehr hinter...? Marianne erinnerte sich an diese Sache mit dem Fenster in Cassandras Büro oder an das Zusammentreffen am Kopierer, früh am Morgen... letztens erst hatte die Aupair Roxas doch davon erzählt, davon, das sie Tai zur Rede stellen wollte und nichts dabei herauskam. Sollten sie sich Sorgen machen? Langsam hob Roxas nun wieder den Kopf. Sein Kindermädchen kam zum stehen, murmelte etwas vor sich hin. Marianne und Axel, oder besser gesagt nur Axel, hatte sich etwas für Roxas ausgedacht. Er hatte sie zu einem "besonderen Ort" bestellt. Normal hätte Roxas nicht ohne Axel hinaus gedurft - so lautete schließlich die Bedingung Cassandras - jedoch hatte Axel diesmal nur schnaubend abgewunken. "Tai ist doch dieses Wochenende nicht da, oder? Also können wir ruhig ein wenig schummeln", meinte er zu den beiden. Der Biker würde auch die komplette Verantwortung übernehmen, sollte etwas geschehen - was er nicht vermutete. Also gab er Marianne eine Wegbeschreibung und eine Hausnummer mit und schickte die beiden am Samstagmorgen los. Marianne hatte Roxas unter dem Vorwand, mit den Hunden spatzieren zu gehen und später auf Axel zu treffen, mitgenommen. Die Huskys waren tatsächlich dabei, jedoch hatte Marianne sie eben an einen Fahrradständer gebunden. Ein bißchen mulmig war Roxas schon dabei, schließlich war Tai nicht der Einzige, der darauf achten sollte, das Axel seine Arbeit ordentlich machte... Sie waren nun in einem ruhigerem Teil der Stadt angelangt. Der Junge hatte es sich angewöhnt, immer wieder neugierig umher zu sehen, sich alles einzuprägen was hier draußen sah. Die Form der Häuser, deren Standorte, einfach alles. Manchmal sogar, wer in welchem Haus wohnte oder wie die Verkäufer, die einem das ein oder andere Eis ausgaben, aussahen. "Doch... ich denke, hier ist es." Ein breites Lächeln zierte Mariannes Lippen, als sie sich halb zu ihrem Schützling umwandte. Sie war sich sicher, am Ziel angelangt zu sein. Die junge Engländerin freute sich schon darauf, Axel zu sehen. Er und sie waren letztlich gute Freunde geworden; beide wußten auch, das dort vielleicht noch mehr war und noch mehr darauf werden konnte. Marianne war sich nun schon sicher, das sie Axel sehr mochte, gar liebte. Gesagt hatte sie es ihm noch nicht. Es war ihr zu unsicher, nicht zu wissen, was der Sensing Nobody wirklich von ihr hielt... Roxas' Blick wirkte in diesem Augenblick so, als wenn er Meilenweit fort gewesen wäre; als der Junge das große, cremefarben gestrichene Gebäude vor sich entdeckte, wechselte seine Mimik ins skeptische. "Sieht aber nicht nach Turnhalle aus. Finde ich jedenfalls...." Es sah eher wie ein altes Restaurant aus. Eine mitgenommene Halterung für eine Markiese prankte über den Türen und der Putz sah auch aus, als bräuchte er dringend Mal eine Überholung. Gedämpftes Poltern drang an die Ohren der Beiden. "Naja... Axel sagte ja, es sei ein älteres Gebäude. Und vorallem; vielleicht trügt der Schein ja? Lass und einfach rein gehen." Marianne schob Roxas vor sich, legte dabei eine Hand an dessen Schulterblatt. Das hieß soviel wie "keine Widerrede!". Sie wurden freundlich begrüßt, als die Dame an der Rezeption Roxas und sein Kindermädchen bemerkte. Ein kurzer Austausch an Informationen fand statt, ehe sich Roxas, nun aufgeregter, nach dem Raum umsah an dem eine "23" stand. In diesem Raum sollte Axel nun seinem Sport nachgehen. Sport. Allein bei dem Gedanken, Axel nun zu sehen, lief es Roxas kalt den Rücken herunter. Er erschauderte. Schon öfters hatte er bemerkt, das sein Körper nun fast immer so reagierte, dachte er auch nur an seinen Bodyguard. Und waren sie nun alle zwei bis drei Tage zusammen, verkrampfte Roxas öfters, um sich nichts anmerken zu lassen. Doch gerade das lenkte Aufmerksamkeit auf ihn. Die Einrichtung und das Ambiente stellten einen krassen Kontrast zu dem dar, was Marianne und Roxas draußen, vor den Türen vorgefunden hatten. Die Wände wahren weites gehend mit dunklem Eichenholz vertäfelt worden. Ab und an waren schlicht weiß gestrichene Stellen der Wand zu sehen, welche dann mit einem japanischem Schriftzeichen versehen worden waren. Zumindest war sich Roxas sicher, das es japanisch war. Oder doch chinesisch...? Ein lauter Knall ließ beide zusammenfahren. Es hörte sich an, als wenn jemand ausgepeitscht worden wäre...! Marianne sah sich besonders erschrocken um, doch nun war es wieder still. Kein Schmerzensschrei oder der gleichen war zu vernehmen. Nur noch gedämpfte Laute aus den vielen Räumen um sie herum. Roxas schluckte hart. Ihm gefiel das ganze Unterfangen nicht, aber dennoch wollte er wissen, was das eben war. Für ihn hörte es so an, als wenn etwas mit viel Wucht aufgeschlagen wäre. Ein wenig nervös an seiner Unterlippe knabbernd, wandte er den Kopf suchend nach links und nach rechts - und wieder nach links. "Marianne, du stehst direkt vor der Tür, die wir suchen... die 23...!", meinte Roxas zögernd, deutete mit dem Zeigefinger auf das kleine Schild neben dem Türrahmen. Die Glasscheibe, die das Schild schützte, wies Kratzer und einen tiefen Riß vor. "Oh...!" Sie drehte sich um, besah kurz das Schild. Doch bevor sie antworten, geschweige denn nach der Türklinke greifen konnte, ließ sie ein weiterer Knall - der nun eindeutig aus diesem Raum kam - innehalten. Marianne faßte sich ans Herz, atmete tief aus und rang sich dazu durch, die Tür leise aufzumachen. Roxas hielt sich im Hintergrund, schielte lieber an ihr vorbei. Besser, man entdeckte ihn nicht gleich.... Schnell und doch sehr kontrolliert stürzte ein junger Mann - mit einem imaginärem Messer in der rechten Hand - auf ihn zu. Dennoch bleib er ruhig, ebenso wie die, die ihnen zusahen. Es war absolut still in diesem Raum, sah man einmal von den Geräuschen ab die entstanden, wenn einer der beiden Kontrahenten agierte. Sein Angreifer stellte sich auf die Zehenspitzen als der direkt vor ihm stand, ließ den rechten Arm hernieder fahren, in dem er das erdachte Messer hielt; Axel reagierte sofort. Er übernahm die Bewegung seines Gegners, griff mit seinem linken Arm um den Gegner, auf dessen Schulterblatt und gleichzeitig zog er an dessen linken Arm. Axel hob ihn aus in dem er leicht in die Knie ging und die Hüfte gegen stemmte, sich drehte und mit seinem linken Bein die seines Widersachers buchstäblich wegfegte... Und wieder gab es einen Mark erschütternden Knall, als Axels Opfer auf den Boden aufkam. Axel stand nun vollkommen regungslos da, mit beiden Händen starr den einen Ärmel seines Gegners festhaltend, leicht in der Hocke. Seine Augen schienen an die gegenüberliegende Wand zu starren. Vor ihm lag mit einem angewinkelten Bein der braunhaarige Mann, welchen er gerade geworfen hatte. Erst nach ein paar Sekunden rührten sie sich beide wieder. Fast schon mechanisch stand Axels Kontrahent auf, wandte sich um, ohne den Biker direkt anzusehen. Mit schlurfenden Schritten, die ein Geräusch wie zerreißenden Stoff von sich gaben, ging er wieder in die Mitte der Matte, auf der sie sich befanden. Axel folgte ihm synchron. Es war ein bizarres Bild. Gerade für Roxas. Er verstand nicht, was das werden sollte, welchen Zweck diese Bewegungsabläufe hatten. In der Mitte des Raumes war eine sehr große Matte aus mehren kleinen aufgebaut, in deren Mitte nur grau-grüne Matten zu finden waren. Diese wurden dann von knallig roten umrandet - sie bildeten wohl eine Grenzlinie. Alle Anwesenden auf dieser Matte trugen die gleiche Kleidung. Es war eine lange weiße, bei zweien auch blaue - Jacke, die mit einem Gürtel festgebunden war, dazu eine ebenso weiße Hose. Die Meisten, und darunter auch Roxas' Bodyguard, trugen einen schwarzen Gürtel. Vier der insgesamt sechzehn Personen hatten einen braunen, zwei einen grünen und einer einen gelben. Das Spektakel ging schließlich weiter. Immer wieder abwechselnd wurden seltsame, aber auch beeindruckende Bewegungen und Würfe vollführt. Die Scheu in den Augen von Roxas hatte sich binnen weniger Minuten in Faszination und Neugierde gewandelt. Zwar fragte er sich immer noch, was das Ganze sollte - es wirkte so gestellt und mechanisch - aber bestimmt konnte er Axel danach fragen. Auf diesen achtete er so oder so am meisten. Sein Herz machte ununterbrochen Saltos und er fing an, seine Kleidung zu zerknautschen. Allein zu sehen, wie sich Axel bewegte, wie konzentriert und beherrscht er dabei war, machte Roxas zu einem Opfer seiner Gefühle. Hinzukam, das sich beide Kämpfenden bei ihren Aktionen halb auszogen - soweit Roxas erkennen konnte, trugen sie nichts weiter unter der Jacke. Marianne war ruhiger. Auch ihr stand die Begeisterung in das Gesicht geschrieben, aber sie konnte sich noch einigermaßen im Zaum halten. Lieber sah sie genau zu, lächelte leicht. Sie konnte sich bereits denken, was Axel vor hatte. Schließlich waren Axel und sein Gegner an einen Punkt angelangt, der für Außenstehende nach dem Ende aussah. Sie gingen zum jeweils gegenüberliegenden Rand der Matte, ihre Bewegungen waren noch immer vollkommen synchron, drehten sich zueinander und gingen in die Knie. Es sah recht schmerzhaft aus, als sich die Sportler auf ihre Hacken setzten und den Spann des Fußes überstreckten. Beide verneigten sich nun vor einander, warteten, standen auf und verneigten sich kurz vor den anderen ihrer Gruppe. "Gut...das reicht für heute. Geht euch umziehen... Montagabend sehen wir uns wieder!" Eine etwas ältere Frau kam nun auf die Matte. Weder Marianne noch Roxas hatten sie bemerkt, dabei saß sie die ganze Zeit am Rand der Matte auf einer Bank. Aufmerksam und zufrieden hatte sie die Vorstellung beobachtet. Ihr Haar lichtete sich bereits ein wenig, die Augen waren klein und ihr Lächeln verriet, das sie eine Frau mit Herz war. Sie trug ebenfalls einen schwarzen Gürtel. Ihrem Auftreten nach vermutete Marianne, das es sich um die Trainerin der Gruppe handelte. Die junge Aupair staunte nicht schlecht. Das diese Frau noch auf der Matte stand und solch einen Sport betrieb! Sie schien schließlich nicht mehr die Jüngste zu sein...! Die Schüler wandten sich um, tuschelten ein wenig. Sie neckten Axel und seinen Partner, schienen sie zu loben, ehe sich alle in einer Reihe aufstellten. Ein Grinsen wurde den beiden Besuchern geschenkt, als Axel sie erblickte. Er wußte doch, das sie kommen würden. Ihre Trainerin nahm einen Platz auf der gegenüberliegenden Seite ein, stellte sich wie ein Anführer vor seine Truppe um Anweisungen zu geben. Roxas blinzelte. War das eben ein hämisches Grinsen gewesen...? Er hatte doch bestimmt irgend etwas vor...! In der kurzen Zeit hatte Roxas gelernt, sich auf vieles einzustellen, weil sein ungewöhnlicher Begleitschutz sehr spontan sein konnte. Vor allem, wenn es um die Beschäftigung Roxas' ging. Mit einem Mal wurde ihm noch unwohler, als er jetzt schon war. Das Kribbeln in seinem Bauch verstärkte sich und kam einem Zwicken gleich. Gebannt starrte er Axel an. Erst als alles still war und einige noch ihre Kleidung geordnet hatten, gingen allesamt in die Knie, wie zuvor Axel bei der Beendung seiner "Vorstellung". Sah immer noch sehr schmerzhaft aus... Sie verneigten sich voreinander, nachdem ein seltsamer Gruß vorhergegangen war. "Rei" hatte die Trainerin verlauten lassen, ehe sie sich mit geschlossenen Augen tief vor ihren Schülern verbeugte, fast den Boden mit der Stirn berührte. Nach einigen Sekunden kam sie wieder hoch, zeitgleich mit ihren Schützlingen. Kurz schweifte ihr Blick ab, dann erhob sie sich, verneigte sich abermals im Stand. Nun taten es ihr die anderen gleich. "Scheint ja ganz schön streng zuzugehen...", murmelte Marianne. Sie konnte die Disziplin deutlich sehen. Außer der Trainerin hatte niemand etwas gesagt. Sie zog den etwas abwesenden Roxas zur Seite, als die Sportler an ihnen vorbei zu den Umkleideräumen trabten. Der beißende Geruch von Anstrengung und Schweiß stieg ihr in die Nase. Sie verzog leicht das Gesicht. "Hey ihr zwei!" Ein Zucken durchfuhr den Jungen. Jetzt schien er wieder vollkommen da zu sein. Blinzelnd schaute er auf Axel, welcher lässig auf sie zuging - er sah einfach wunderbar in diesem Anzug aus. Seine Haare waren wirrer als sonst, die Augen jedoch umso strahlender. Lächelnd schüttelte er Marianne die Hand, nahe kommen wollte er ihr jetzt gerade nicht. Seine eigene zitterte noch ein wenig. Man sah ihm die Erschöpfung vom Training jedoch kaum an. Axel wandte sich schließlich Roxas zu - nachdem er Marianne noch ein strahlendes, freudiges Lächeln schenkte, welches sie verschüchtert erwiderte. "Und? Was ist mit dir Kurzer? Hast du aufmerksam zugeschaut...?", fragte er grinsend. "Hm...? Wie...?" "Ob du zugeschaut hast, Roxas. Hast du doch, oder?" Marianne schaute auf Roxas hinab. Irgendwas war hier doch seltsam... er wirkte die ganze Zeit schon so abwesend. Ob er womöglich auf etwas anders geachtet hatte...? Axel zog eine Braue hoch, klatschte Roxas dann ein wenig gegen die Stirn. Der Kleine schaute ihn verträumt an, keuchte aber überrascht auf, als Axel ihm ein paar Klapse gab. "Wohl noch nicht ganz wach wie..? Na, das ändern wir gleich." Mit einem Mal wurde Roxas bleich. Wie bitte...? Dieses sichere Grinsen... Den Blick, den er auf seine Trainerin richtete, welche gerade ihre Sachen packte... Deren Lächeln... Der musternde Blick, den sie Roxas schenkte... Und das darauf folgende Nicken... Er schluckte hart. Etwas sagte ihm, das Axel vor hatte, ihn auf diese Matte zu schleifen...! "Ich...ich habe zugeschaut, ehrlich!", warf Roxas nun ein. Seine Stimme war ein bißchen zu hoch, vielleicht schon etwas panisch. Er konnte doch nicht mitmachen...! Klar, er hatte zugeschaut. Aber kaum auf die Handlung geachtet. Er hatte nur Augen für Axel gehabt und sein Verstand setzte aus, als dieser halb ausgezogen dort stand. Wie hätte er sich noch auf den eigentlichen Sport konzentrieren können, wenn die Person, die ihm seit einiger Zeit den Schlaf raubte, solche unmöglichen Bewegungen vor ihm abzog? Bei denen er auch noch so zum anbeißen aussah...? So kraftvoll...? Abermals schluckte Roxas. Wieder erwischte er sich bei solchen Gedanken... aber viel Zeit blieb ihm nicht, um sich darüber aufzuregen und zu leugnen. Denn Axel hatte sich schon seine Hand geschnappt und zog den vollkommen überrumpelten Roxas wirklich zu der Matte. Marianne lachte leicht - sie hatte es doch gewußt. Roxas sollte es mit Kampfsport versuchen. Das steckte hinter Axels Einladung. Neugierig folgte sie den beiden und ließ sich auf der Bank nieder. Ein zufriedenes Lächeln zierte ihr Gesicht. Es würde Roxas sicher helfen, mehr aus sich heraus zu kommen. Axel betrat die Matte; Roxas bleib automatisch vor dieser stehen. Unsicher sah er seinen Bodyguard an, sogar fast flehend. Er wollte nicht. Das war doch peinlich...! Doch Axel schüttelte nur den Kopf. "Versuch es. Du bist ja nicht alleine. Ich helfe dir, keine Sorge, aber ich möchte schon das du es mal selbst probiert hast. Judo ist das Beste, was es gibt, glaub mir." Und das sagte er aus Überzeugung. Judo war der Sport schlechthin für ihn. Budo-Sportarten, also japanischer Sport, waren schon immer sehr interessant gewesen. Axel fand es faszinierend, sich ohne Waffen verteidigen zu können, weshalb er sich auch für einen solchen Sport entschied. Obwohl Judo mehr Sport als eine Art der Selbstverteidigung war. Noch immer schaute Roxas ihn unschlüssig an. Judo nannte sich das also... und er sollte es nun selbst versuchen? Wie stellte Axel sich das vor...? Er hatte doch gar nicht die Kraft dazu. "Ich krieg' das doch eh nicht hin..." argumentierte Roxas leise. So etwas traute er sich erst recht nicht zu. Er doch nicht... Ein tiefes Seufzen durchdrang die Stille in der Halle. Außer Marianne, Roxas und Axel war niemand mehr in diesem Teil des Gebäudes. Die nächste Gruppe würde erst in einer Stunde eintreffen. Axel strich sich durch das Haar, stemmte dann die Hände in die Hüften. "Was mach' ich nur mit dir...", er schaute kurz zu Marianne, welche nur mit den Schultern zuckte, dann wanderte sein Blick zu Roxas, der beschämt den zerkratzten Boden betrachtete, "... was mach' ich...", murmelte Axel. Er wollte dem Jungen helfen - das hatte er sich fest vorgenommen. "Tut mir ...Leid..." Roxas traute sich dieses Unterfangen wie so vieles einfach nicht zu. Er versuchte es nicht einmal und das war sein Problem; dessen er sich leider auch bewußt war. Der Sensing Nobody lauschte den Worten. Sein Blick wechselte ins Verständliche, plötzlich konnte er sich die Situation besser vorstellen und wollte Roxas anders zu einem Versuch animieren. Sachte beugte er sich auf Augenhöhe zu Roxas herunter und hob dessen Kinn. "Wer sagt denn, das du das nicht hin bekommst? Zeig mir denjenigen, der das gesagt haben soll und ich werd' ihm ein paar Takte beibringen! Jeder kann das. Und das sage ich nicht nur, um dich aufzuheitern, Kurzer. Mit jeder, meine ich auch jeder. Unsere jüngsten Judoka sind gerade sechs Jahre alt. Wenn die das lernen können, dann kannst du das auch, Rox. Du mußt dir nur einen Schubs geben und dir sagen "ich kann das". Verstanden?" Röte zierte Roxas' Gesicht. Die warme Hand von Axel brannte auf seiner Haut, als er sein Kinn anhob. Es zitterte leicht. Und nun durfte er in diese leuchtenden, grünen Augen sehen... der Junge bekam noch einen Herzinfarkt! "Mhm..." war alles, was er zu dieser Erklärung sagen konnte, obwohl im mehr im Kopf herumschwirrte, was er hätte sagen können. 'In Ordnung', oder 'Gut, dann versuche ich es'; aber es kam nichts weiter als ein "mhm" über seine Lippen. Axel lächelte schlicht, blickte das Nesthäkchen eindringlicher an. "Weißt du... ganz am Anfang dachte ich genauso. Ich war neun, als ich mit dem Sport anfing. Also noch jünger als du. Und mein Lehrer meinte dann nur: "Judo ist nicht nur hier...", dabei tippte sich Axel auf den Bizeps, denn er kurz anspannte", Judo findet vor allem hier statt." Der Bodyguard tippte leicht auf Roxas' linke Brust. Auf sein Herz. Roxas starrte Axel regelrecht an, faßte sich auf die Brust. Er hatte die Luft angehalten, atmete nun rasselnd aus. Axel hatte sicher gespürt, wie sehr es dahinter pochte... wie sehr er Roxas aus der Ruhe brachte. Aber was genau meinte er mit diesen Worten, der Geste...? "Es ist alles eine Frage des Willens. Selbstvertrauen und Achtung vor dem eigenem Dasein sind sehr wichtig. Das wollte er mir damit sagen. Wenn du mit dem Herzen dabei bist, dann ist es vollkommen egal wie alt oder groß du bist." Lächelnd stand der Sensing Nobody wieder auf. Langsam ging er in die Mitte der Matte, wandte sich zu Roxas um. Marianne lächelte, blickte Axel dankend an. Roxas' Bodyguard war schon etwas besonders. Er war manchmal so, als wenn er sich genau in Roxas hinein versetzen konnte, als wenn er selbst all das erlebt hätte. Man hörte jedes Mal, das der Rotschopf aus reinster Erfahrung sprach, so jung er selbst auch noch war... Er hatte ihr förmlich aus der Seele gesprochen. Unter anderem sollte Roxas genau das lernen: sich selbst zu achten und mögen lernen... Eine Ausrede kam nun nicht mehr in Frage. Flucht war keine Option. Noch immer verschüchtert, aber sichtlich getroffen von diesen Worten, schaute er Axel weiterhin nur an. Wieso brachte ihn dieser Mensch nur so durcheinander? Geistig sowie körperlich...? Er nickte ihm zu, deutete dann auf Roxas' Socken. "Ausziehen. Na los. Wir haben noch eine Dreivirtelstunde vor uns, Roxy", befahl Axel und nichts würde einen Rückzieher rechtfertigen. Insgeheim mußte er zugeben, das er sich freute, dem Kleinem diesen Sport näher zu bringen. Genauso mußte er zugeben, das ihm seine Arbeit als Personenschutz noch nie so viel Spaß gemacht hat wie bei Roxas - trotz der widrigen Umstände und einer Ratte namens Tai. Er konnte sich vorstellen, das es an Roxas selbst lag, den er mit seiner zurückhaltenden Art auf eine gewisse Weise lieb gewonnen hatte. Vielleicht lag es aber auch an der hübschen Engländerin, die er näher kennen lernen durfte... Was es auch war, es schien alle schlechten Gedanken und die Erlebnisse fort zu waschen, welche ihm noch Sorgen bereiteten. Innerlich sehr aufgeregt, machte sich Roxas schließlich daran, endlich seine Socken loszuwerden. Er zog noch etwas an seiner Kleidung herum, ehe er die Kälte der Matten unter seinen Füßen wahrnahm. Ein seltsames Gefühl. Ja, es war wirklich seltsam... diese Aufregung machte ihn fast unfähig sich zu bewegen. Sie rührte nicht nur von der Tatsache her, das er nun wirklich hier stand unter den wachsamen Augen seiner Aupair... Nein, es war auch die Tatsache, das er dem Menschen gegenüberstand, für den er allem Anschein nach etwas wie Liebe empfand... AN: Ja... ich lebe noch! Die letzten Monate waren wirklich... sehr schlimm für mich, weshalb es auch so lange dauerte. Es wird sich leider auch nicht sonderlich ändern fürchte ich, da ich nun auch endlich eine Ausbildung habe und die geht ja vor. Aber weiterschreiben werde ich allemal. Keine Sorge. Nunja. Komme ich dann mal zum Kapitel. Es ist das längste, das ich jemals geschrieben habe (in meinem Dokument sind es 16 Seiten). Wiedermal habe ich das Gefühl, viel zu sehr zu umschreiben und mich vor allem zu wiederholen... wohl eine Macke, die ich nicht so leicht wieder los werde... Dann war da dieser riesige Zeitsprung, der einfach sein mußte. Es war schon lange so geplant, um die Story etwas mehr voran zu bringen^-^ Nun... ihr werdet ja sehen, was noch so alles auf Roxas zukommt und ob er des Judos mächtig ist *grinst* Ich hatte von Anfang an vor, Axel einen Kampfsport aufzudrücken, wußte aber lange nicht, welchen - bis ich dann auf Judo kam. Ich betreibe es ja selbst, als war es für mich einfacher zu beschreiben (und ich hoffe auch, das ich es gut und verständlich beschrieben habe). Ach ja... Ich habe in der Zwischenzeit auch einen kurzen OS zu Clouds darken the sky geschrieben. Wenn er euch interessiert, könnt ihr ja vorbeischauen: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/323628/215933/ Dann sage ich tschüß und bis zum nächsten Kapitel! MFG, Sinister Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)