Tagebücher von Leira ================================================================================ Die freudige Nachricht ---------------------- Guten Tag, verehrte Leserinnen und Leser! Oder besser guten Abend. ^-^ Vielen, vielen Dank für die Kommentare im letzten Kapitel! Es freut mich, dass euch auch die Stelle mit Ai und Conan in der Herrentoilette gefallen hat! Ich hab mir da mal Gedanken darüber gemacht; und dann kam das dabei raus. Ich dachte mir einfach... so kalt kann sie das nicht lassen, das mitanzusehen. Ansonsten... hab ich hierzu wohl nichts weiter zu sagen; das Kap, das folgt, ist wie im letzten Kapitel angekündigt, ein Vergangenheitskapitel; und es ereignet sich noch nicht so viel... aber es ist wohl ein kleiner Auftakt auf das, was demnächst kommt. Ich wünsche gute Unterhaltung, Viele Grüße, eure Leira :) _______________________________________________________________________________ Kapitel 2: Die freudige Nachricht Vergangenheit Die Sonne schien durchs Fenster, brachte die Füllfeder zum Glimmen, als er die letzten Worte schrieb und einen Punkt setzte. Es war Samstag, ein schöner Sommertag. Das Fiasko von vor ein paar Tagen war kaum mehr als ein Schatten; Shinichi merkte, dass Ran, seit sie ihr Geheimnis nun endlich mehr oder minder freiwillig geteilt hatte, wieder viel befreiter war. Er hegte immer noch Bedenken; aber ihm blieb nichts weiter übrig, als sie zu äußern, und sich ansonsten zu arrangieren. Sie bekamen ein Baby; oder zumindest bekam Ran eins. Er in diesem Sinne ja nicht; aber auch das… konnte er nicht ändern. Die Machtlosigkeit machte ihn schier wahnsinnig, manchmal. Er wusste es nur wenige Tage, und doch kamen sie ihm wie Wochen vor… die Zeit lief dahin, und er konnte nichts tun. Er konnte nichts tun. Seine Sorgen, seine Bedenken deswegen waren zu einem wahren Berg angewachsen, und das in nur zwei Tagen. Er hatte lange nachgedacht, ihm waren alle möglichen Schwierigkeiten in den Sinn gekommen, und all diese Gedanken ließen ihm keine Ruhe. Und ließen in sich auch nicht wirklich freuen, auch wenn er wollte. Er wollte. Irgendwann hatte er für sich beschlossen, es sich nicht schwerer zu machen als nötig, und eine gewisse Distanz nicht zu unterschreiten. Er wollte sich gern freuen, ja... aber vielleicht war es besser so. Besser, wenn er nicht zu sehr aufging in seiner Rolle des werdenden Vaters; denn je mehr er sich hineinziehen ließ, umso schwerer würde später der Abschied werden. Er seufzte, schraubte seinen heißgeliebten Füllfederhalter zu, ließ seine Augen noch mal konzentriert über das gerade Geschriebene gleiten. Dann quietschte die Tür leise und Ran erschien im Türstock, schaute ihn interessiert an. Dann fiel ihr Blick auf das Buch am Tisch und den Füller in seiner Hand. „Sag mal, was machst du da eigentlich?“ Er trank seinen Kaffee aus, überflog die letzten Zeilen, klappte das Buch zu. „Nun...“ Er schluckte, schaute sie ein wenig betrübt an, versuchte nichtsdestotrotz ein Lächeln. „Ich schreibe so etwas Ähnliches wie meine Memoiren…“ „Deine… Memoiren?“ Ein erschrockener Ausdruck machte sich auf ihrem Gesicht breit. Er verschränkte seine Hände auf dem Notizbuch. „Etwas Ähnliches, sagte ich. Ich… beantworte Fragen, die…“, er blickte auf Rans Bauch, deutete mit dem Füller in ihre Magengegend, und zog die Augenbrauen zusammen, „er oder sie vielleicht einmal stellen wird… bezüglich meiner Person.“ Sie kam näher, zog die Tür hinter sich zu. „Shinichi.“ Ihre Stimme klang sanft, aber auch ein wenig bedrückt. Er blickte aus dem Fenster, beobachtete, wie der Professor den Müll ausleerte. Dann wandte er sich wieder ihr zu. Er seufzte leise, strich ihr über die Wange. „Ich denke, das… das… Kind… hat ein Recht darauf, zu wissen, wie das alles kam… und ich will dir die Last nicht aufbürden, es ihr oder ihm zu erzählen. Du sollst das nicht tun müssen. Ich denke, ich mache das am Besten selber. Außerdem… hätte ich gern… auch ein Wort dabei mitzureden, was mein Sohn oder meine Tochter mal von seinem oder ihrem alten Herrn denkt…“ Shinichi griff sie an der Hand, zog sie an sich und gab ihr einen Kuss auf die Lippen. „Weißt du eigentlich, was du dir da angetan hast…?“ „Das Beste, was mir je passieren konnte …“, murmelte sie, lächelte. „Sei dir da mal nicht so sicher…“ „Shinichi!“ Sie schaute in entsetzt an, nahm seinen Kopf in beide Hände. Er schluckte, seufzte leise. „Du kennst meine Bedenken.“ Sein Blick schweifte wieder ab. „Ja, das tu ich…“, murmelte sie leise. „Aber denkst du nicht, dass du wenigstens ein paar… deiner Sorgen… vergessen kannst?“ „Nein.“ Sie schaute ihn ein wenig bekümmert an, strich ihm mit den Fingerspitzen unablässig seine Ponyfransen aus der Stirn; dann verfinsterte sich ihr Gesicht schlagartig, als sie neben dem zugeschlagenen Buch ausgebreitet die Fotos der Perlen entdeckte. Darauf hatte sie ihn noch gar nicht angesprochen... insgeheim hatte sie ja gehofft, ihn würde die Nachricht über ihre Schwangerschaft dazu bringen, vorzeitig auszusteigen. Offensichtlich war diese Hoffnung umsonst gewesen. Trotzdem musste sie ihn fragen… vielleicht änderte sie ja seine Meinung doch noch. „Was… was ist mit dem Fall…?“ Ihre Stimme zitterte. „Gibst du ihn ab…?“ Er schüttelte den Kopf, schaute kurz zur Seite, holte Luft. „Nein.“ Ran schloss in stummer Verzweiflung die Augen, starrte an die Decke. „Shinichi…“ „Nein. Und sag nicht, du hättest was anderes erwartet.“ Shinichi stand auf, griff sie an den Schultern, hob dann mit einer Hand ihr Kinn an. „Nein, Ran. Aber ich pass auf mich auf, ich versprechs… wirklich. Ich werd… versuchen, nicht noch mal in so ein Tief zu kommen, wie das letzte Mal. Aber du siehst doch ein, dass… dass ich nicht aufhören kann, jetzt erst Recht nicht. Er weiß, wer ich bin, weiß…“, er schluckte hart, „dass wir geheiratet haben; und… wer weiß… wie lange ihm die Tatsache verborgen bleibt, dass wir Eltern werden. Ich kann ihn nicht rumlaufen lassen, Ran, nicht nur, weil er ein Psychopath ist, der unschuldige Frauen umbringt, nein… für meinen Geschmack ist er meiner Familie schon viel zu nahe gekommen.“ Sie schaute ihn starr an. Er wandte hilflos den Kopf ab, ließ seine Arme wieder sinken. „Ich habe Angst um dich… um… euch… du musst mir erlauben, solange ich noch kann, auf euch aufzupassen, Ran. Und das beinhaltet diesen Fall nun mal…“ Er drehte ihr den Kopf wieder zu, schaute sie entschlossen an. „Ich werd ihn kriegen. Es dauert nicht mehr lange.“ Sie verdrehte ihre Augen, stöhnte. „Wo hab dich das bloß schon mal gehört...?“ Er lachte leise. „Diesmal stimmt es aber. Ich weiß es.“ Ran seufzte, beugte sich vor, lehnte ihre Stirn an seine, schaute ihm in die Augen. „Aber pass auch auf dich auf... sags nicht nur. Ich mag keine leeren Versprechungen.“ „Jaja…“ „Shinichi…!“ Sie starrte ihn vorwurfsvoll an. „Ich will dich nicht… nicht mehr so kaputt erleben… so am Boden zerstört, so fertig… hörst du…?“ Sie flüsterte es nur, schaute ihn durchdringend an. „Du weißt, ich kann dir das nicht versprechen…“ Sie seufzte. „Aber du… versuchst es wenigstens.“ „Das kann ich dir sogar schwören.“ Er hob die Hand, lächelte sie an. „Und nun mach dir nicht so viele Sorgen. Diese Falten auf der Stirn bleiben dir sonst.“ Irritiert hob sie die Hand, strich sich über die Stirn, als er ihre Finger griff und ihr einen Kuss auf die Fingerspitzen drückte. Dann klingelte es an der Tür. Er stand auf, ging, um zu öffnen. Ran folgte ihm. Es waren Eri und Kogorô. Ran verschluckte sich fast. Sie hatte ganz vergessen, den beiden zu sagen, dass Shinichi… es nun wusste. Sie wollte gerade ihr Versäumnis nachholen, als ihr Vater, der ihre Reaktion wohl falsch deutete, ihr einen warnenden Blick zu warf und die Hand hob, zum Zeichen, dass sie still sein sollte. „Wir müssen mit dir reden.“ Kogorôs Stimme klang ernst. Shinichi seufzte. Ein Blick in das erschrockene Gesicht von Ran, und der Fall war klar für ihn. „Nein, müsst ihr nicht.“ Er hatte eine Ahnung, was jetzt kommen würde. „Doch, das müssen wir…“ Eri warf einen Blick zu ihrer Tochter. „Hör zu, Ran ist…“ „… schwanger. Ich weiß.“ Nun war es an Eri und Kogorô, zu staunen. „Seht mich bitte nicht so an. Ich weiß es seit vorgestern.“ Ran ließ ihre Stirn auf seine Schulter sitzen, griff nach seiner Hand. „Es war nicht zu übersehen.“, fügte er trocken an. Kogorô warf ihm einen verständnislosen Blick zu, während Eri wissend lächelte. „Und…?“, brach es schließlich aus ihm hervor, während sie Shinichi und Ran in die Küche folgten. „Was und…?“ Shinichi seufzte leise. „Ich mache… mache keinen Hehl daraus dass ich… dagegen war. Und ich bin auch jetzt noch nicht restlos begeistert, und werde es auch… nie ganz sein, weil ich mir einfach… weil ich mir einfach Sorgen mache. Aber es ist passiert… es ist nicht zu ändern. Ich kann nur versuchen, das Beste daraus zu machen…“ Er lächelte etwas hilflos. Eri und Kogorô starrten ihn bekümmert an. „Hör zu, wir werden selbstverständlich uns um sie kümmern…“, murmelte Kogorô. Shinichi schluckte, schaute kurz zu Boden. „Ja, das… das haben meine Eltern auch gesagt. Also brauch ich mir ja keinen Kopf mehr zu machen, oder?“ Er lachte humorlos, traurig, dann räusperte er sich. „Ich… wir kommen schon klar. Macht euch keine Gedanken.“ Eri und Kogorô schauten von einem zum anderen. Dann fiel Eris Blick auf die Uhr. „Tja… das war es eigentlich, weswegen wir gekommen sind. Nachdem du es ja weißt... und noch nicht die Scheidung willst...“, sie lächelte gezwungen über ihren eingenen Witz, „fürchte ich fast, ich muss euch schon wieder verlassen. Ich habe heute ein außerordentliches Treffen mit einem Mandanten…“ Sie schluckte. Kogorô nickte langsam. „Ich will euch dann auch nicht länger stören. Ihr habt sicher noch genug zu tun. Deine Eltern sind ja noch im Hotel oder?“ Er wandte sich Shinichi zu. „Die werden nicht mehr aus der Stadt zu kriegen sein, fürchte ich.“, antwortete dieser seufzend. „Dann werde ich sie vielleicht mal… besuchen…“ „Ja, mach das…“ Betretenes Schweigen breitete sich aus. Irgendwie wollte keinem so Recht etwas einfallen, um die Stille zu überbrücken. Schweigend ging das Ehepaar Mori nebeneinander her, nachdem es sich von dem jungen Paar verabschiedet hatte, bis es vor der Detektei angekommen war, die schon lange keinen Klienten mehr gesehen hatte. Sie blieben stehen. Lange schaute Eri ihren Mann von der Seite her an. „Kogorô… aber wirklich glücklich sieht er nicht aus…“, murmelte sie dann. „Wie kannst du das auch erwarten, Eri. Aber dafür schlägt er sich ohnehin noch gut. Gib ihm ein wenig Zeit… um halbwegs klar zu kommen.“ Er räusperte sich, dann wandte er sich um, stieg die Treppen in die Wohnung hoch. Sie seufzte schwer, stieg in ihr Auto. Shinichi schaute Ran entschuldigend an. „Ich… es tut mir Leid… sonderlich gut ist das ja nicht gelaufen.“ Sie schüttelte den Kopf, strich ihm sanft über die Wange. „Nicht so schlimm. Ich hätte ihnen ja auch mal früher was sagen können. Und wo wir grad dabei sind… wem wollen wir’s denn eigentlich sagen? Ein paar… nunja… wir müssen uns mal Gedanken machen. Patentante und so…“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Tante?“ „Nun ich dachte…“, begann sie, druckste herum. „Sonoko.“, seufzte er. „Wenn’s ein Mädchen ist, ja…“ „Und wenn’s ein Junge wird?“ „Dann darfst du dir jemanden aussuchen, dem wir die Ehre zuteil werden lassen.“ Sie stupste ihn an der Nase, versuchte ein Lächeln. Er lächelte zurück. „Da musst du eigentlich gar nicht mehr fragen…“ „Heiji.“ „Wer sonst.“ Shinichi grinste nun doch. „Ich hab nur den einen wirklichen Freund, den ich fragen könnte.“ Sie ließ sich von seinem Grinsen anstecken, fühlte, wie ihr wieder ein wenig leichter wurde. „Dann ruf ihn doch gleich an. Oder fahr ihn besuchen. Und ich geh zu Sonoko.“ „Ja, das könnten wir machen.“ Er nickte. „Und wir müssen es Agasa und Shiho noch sagen…“ Ran nickte. Dann gab sie ihm einen zarten Kuss auf die Wange. „Es tut mir Leid, dass ich dir das antue… aber…“ Er schluckte, legte seine Arme um sie, drückte sie an sich und atmete den Duft ihrer Haare ein. „Ist schon gut, Ran. Schon gut…“ „Was? Nich’ dein Ernst! Aber ich dachte, du wolltest nich…?“ Shinichi seufzte tief. Die Reaktion Heijis auf die Neuigkeit, dass er Vater… werden würde, war absolut vorhersehbar gewesen. Ja, genau so hatte er sich das vorgestellt. „Ja, das stimmt schon. Ich wollte auch nicht. Aber sie halt… nun… wie soll ich sagen… ich hätte es ihr nicht zugetraut, aber sie hat…“ „Dich `reingelegt?“ Heijis Kinnlade fiel herunter. Shinichi lächelte bitter ob der Wortwahl seines Freundes. „Sozusagen, ja. Sie war schon schwanger, als sie mich gefragt hat, ob ich überhaupt ein Kind will.“ Er ließ sich mal wieder auf Heijis Hotelbett sinken. „Nun isses halt passiert.“ „Und wie fühlste dich?“ Heiji schaute seinen Freund besorgt an. „Willst du Patenonkel sein, wenn’s ein Junge ist?“ Heijis Mund öffnete und schloss sich wieder, ohne dass ein Laut aus ihm hervorgedrungen wäre. „Du verstehst es, das Thema zu wechseln, Shinichi.“, murmelte er dann. Shinichi fuhr sich über die Augen. „Heiji… du kennst meine Bedenken. Sie haben… sie haben sich nicht geändert. Und… ich… es macht mich ziemlich fertig, dass… nun… er oder sie ohne Vater aufwachsen wird.“ Er starrte blicklos zu Boden. „Nie wissen wird, wer ich bin, genauso wie ich nie wissen werde, was aus ihm oder ihr wird… was für ein Mensch… mein Kind werden wird…“ Er lächelte hilflos, als er sich seinem Freund zuwandte. „Aber es hilft doch nichts, oder? Es hilft nichts. Ran ist schwanger, sie wird das Kind kriegen, ich sollte mich mal ein wenig ausklammern in dieser Beziehung…“ Heiji schaute ihn erschüttert an. „Ich sollte aufhören, mal immer nur an mich zu denken…“ Shinichis Stimme verlor sich. Heiji schaute ihn ernst an. Aber das tustde doch nicht… „Ich mach' gern den Patenonkel wenn’s ´n Junge wird.“, brach es aus Heiji hervor. Shinichi lächelte bitter, wenn auch ein ganz klein wenig amüsiert. „Du kannst das Thema längst nicht so gut wechseln wie ich.“ Heiji ließ den Kopf sinken. „Ich weiß. Aber ich… weiß nich’, was ich dir sagen kann, ob ich dir etwas raten kann. Ich kann dir nich’ helfen, und das treibt mich in den Wahnsinn… ich kann dich verstehen, du… tust mir Leid… ich… es ist nich’ fair. Nein, das isses nich’... Alles, was ich dir sagen kann, ist, dass ich immer ein offenes Ohr haben werde, wenn du mal was loswerden willst; und dass ich, egal ob Junge oder Mädchen, für dein Kind genauso ein Freund sein werde, wie ich für dich einer war; ein wenig väterlicher vielleicht. Wenn du das willst, heißt das.“ Shinichi schaute ihn lange an. „Ich danke dir.“ „Das musstde nich’.“ Heiji schüttelte den Kopf. „Nein, das musstde echt nich’. Es ist mir ein Vergnügen… und eine Ehre.“ „Na, jetzt wirst du pathetisch.“ „Na, bist du’s etwa nich’?“ Shinichi verengte die Augen zu Schlitzen, schaute ihn aus dem Augenwinkel an. Dann seufzte er resignierend. „Doch. Touché.“ Heiji grinste ihn an. „Wie geht’s Ran?“ Shinichi wiegte den Kopf. „Gut… denke ich. Sie ist bei Sonoko, fragt sie, ob sie Patentante werden will, wenn’s ein Mädchen wird.“ Heiji nickte verständnisvoll. „Und was machen wir beide jetzt?“ „Weiß nicht… oder doch; wir könnten im Fall weiter machen.“ „Shinichi… das is’ nich’ dein Ernst.“ Heiji schaute ihn nüchtern an. Im Moment fehlten ihm die Worte. Er hätte eher gedacht, vielleicht ein wenig zu feiern… allerdings keimte ihn ihm langsam die Erkenntnis, dass für Shinichi die Tatsache, dass er Vater werden würde… nicht unbedingt ein Grund zum Feiern war. Er seufzte. „Es is’ dein Ernst.“, murmelte er dann. Shinichi nickte langsam mit dem Kopf. „Ja, ist es.“ Er schaute ihn an. „Und davon abgesehen, Heiji, ist das unser Job. Er wird nicht aufhören, Leute umzubringen, bis wir ihn haben, das wissen wir beide. Also komm schon. Fahren wir aufs Revier. Ich muss dich wohl nicht dran erinnern, was für ein Tag heut ist, oder?“ Heiji schaute ihn ratlos an. Shinichi seufzte genervt. „Gut, da du’s anscheinend doch vergessen hast, wie’s scheint: es ist Samstag… das heißt, morgen ist Sonntag. Er hat zwar noch keine Warnung geschrieben, aber…“ Heijis Kinnlade klappte nach unten, dann nickte er, dem Argument seines Kollegen war wohl nichts entgegenzusetzen. „Wie konnt’ ich das vergessen?“, murmelte er fragend. „Schiebs auf die äußeren Umstände.“, antwortete Shinichi jovial, klopfte ihm auf die Schulter. Dann stand er auf, ging zur Tür, hielt inne. „Hör zu, ich weiß, dass du mein Verhalten für irrational hältst, aber ich bitte dich…“ Der Detektiv aus Osaka schüttelte den Kopf, schnitt ihm damit das Wort ab. „Is’ schon gut, Kudô. Du brauchst dich nich’ zu erklären…“ Er schaute ihn etwas bedrückt an. Es schmerzte ihn, zu sehen, dass sich Shinichi nicht vorbehaltlos freuen konnte; dass er nicht einmal zu viel darüber nachdenken konnte. Und er ahnte, dass es jetzt einfach nötig war, dass er sich mit etwas anderem befasste, als mit dem Gedanken an ein Kind, dass seins war, aber gleichzeitig nie seins sein würde. Shinichi… schien wohl für sich beschlossen zu haben… eher auf Distanz zu bleiben… um sich selbst nicht unnötig zu verletzen. Eine Einstellung, die er zwar nicht billigte, aber vorbehaltlos nachvollziehen konnte. Geschlagen seufzte er. Beschäftigen wir dich also ein wenig… „Hallo Ran!“ Sonoko lachte ihre Freundin an, als sie ihr die Haustür öffnete. „Schön dich zu sehen!“ Sie zog sie an sich und drückte sie kurz. „Komm mit, wir gehen ins Wohnzimmer. Was wolltest du mir denn so dringendes mitteilen? Ich muss sagen, du hast mich echt neugierig gemacht…!“ Sonoko lachte erneut, öffnete ihrer Freundin die Tür ins Wohnzimmer, wo bereits Tee und Kuchen auf dem Tisch stand. „Dafür setzt du dich besser“, murmelte Ran geistesabwesend, schaute auf den liebevoll gedeckten Tisch. Sie dachte an Shinichi, und wie er es hatte erfahren müssen. Tee und Kuchen wären eindeutig die bessere Option gewesen, um ihm zu sagen, dass sie sein Kind erwartete. Oder irgendeine der vielen anderen hübschen Arten, wie man einem werdenden Vater von seinem Glück berichten konnte. Er stattdessen… Ran schreckte aus ihren Gedanken, als sie ein leise gluckerndes Geräusch vernahm. Eine gepflegt aussehende Haushälterin in weißer Uniform schenkte Tee in die zwei Tassen und verschwand dann, als die beiden jungen Frauen sich setzten. „Also, Ran, jetzt machs mal nicht so spannend…“ Sonoko griff nach einem Schokoladeneclair. „Sonoko…“ Ran schaute sie an, merkte, wie ihr plötzlich das Herz bis zum Hals schlug. „Ich hab was Furchtbares gemacht…“ Eine Träne rann ihr aus dem Augenwinkel. Die blonde Frau ließ ihren Kuchen, von dem sie gerade ein Stück abbeißen hatte wollen, auf den Teller zurück sinken, schaute ihre Freundin erschrocken an. „Aber Ran… Ran, was ist denn?“ Ran schaute sie etwas schüchtern an. „Ich hab ihm was Schlimmes angetan, Sonoko…“ „Wem, ihm? Shinichi?“ Sonoko zog die Augenbrauen zusammen. Ran nickte. „Ran, jetzt… bitte… sag doch, was los ist…“ Sonoko schluckte. Sie wusste, wie sehr Ran litt unter dem Gedanken, dass ihr Mann sie bald verlassen würde, sterben würde… aber sie hatte keine Ahnung, was jetzt los war. Ran holte Luft. „Weißt du… ich denke, du kannst dir vorstellen, dass ich immer gern eine Familie wollte… eine eigene…“ Sie schniefte. Sonoko nickte. „Nun, da… als… als Shinichi mir erzählt hat, an diesem Tag… dass er… dass er…“ „Schon gut. Ich weiß es ja. Was war dann? Erzähl da weiter…“ „Ich habe beschlossen, dass ich diese Familie trotzdem haben will. Und da hab ich…“ Sonokos Augen wurden groß. „Ran…“ Die Angesprochene schüttelte den Kopf. „Ich hab nur noch an mich gedacht, gar nicht mehr an ihn. Ich dachte mir, dass er wahrscheinlich keine Kinder haben will, wo er sich doch nicht mehr darum kümmern kann… da hab ich… nun. Ich wollts unbedingt, verstehst du? Unbedingt… und bevor er was dagegen tun kann, dachte ich… Ich hab mit ihm erst… über Kinder geredet, als ich es schon längst wusste, dass es zu spät war. Natürlich… war er dagegen. Und ich kann ihn ja verstehen. Es quält ihn. Er kann so viel nicht mehr erleben, und das weiß er, und er will mich auch nicht mit einem Kind allein lassen, und deswegen dachte ich… ich hab immer wieder mit ihm geredet, aber er hat seine Meinung nie geändert, dabei…“ „Warst du schon...“ „Ja.“ „Hast du’s ihm gesagt…?“ „Nein. Ich hab… mich nicht getraut. Ich hab erst viel zu spät bemerkt, wie kaputt ihn der Gedanke machen könnte. Nun… er hat’s trotzdem herausgefunden. Vorgestern… du hast doch sicher gehört… Morgenübelkeit…“ Sonoko schluckte. „Oh nein…“ Ran holte tief Luft. „Er ist… er war… ich werds nie vergessen… dieses Entsetzen. Er stand in der Tür, und allein wie blass er geworden ist, als er erkannte… Ich hab ihn betrogen, belogen, hintergangen. Ich hab seine Meinung nicht respektiert, alles in den Wind geschlagen, was ich ihm versprochen hab bei unserer Hochzeit… wie war das mit dem lieben und ehren...? Er war… wütend. Ja. Dann ist er gegangen. Er hat… nachdenken müssen. Und er hat mir noch mal erklärt… warum er eigentlich lieber keins gehabt hätte… Sonoko…“ Tränen rannen ihr von Neuem über die Wangen. „Verziehen hat er mir trotz allem. Ich hab so was nicht verdient. Er hat es ohnehin schon so schwer, auch ohne dass ich im das Leben noch mehr zur Hölle mache, als es ohnehin schon ist.“ Sie nahm das Taschentuch, das ihr ihre Freundin reichte. „Sonoko, dieser Schmerz in seinen Augen… der Gedanke, nicht einmal die Geburt seines Kindes zu erleben… er wird es nie sehen… das Kind wird ihn nie kennen lernen… ich hab… es ihm leichter machen wollen, stattdessen mach ich es ihm schwerer…“ Sonoko seufzte, zog ihre Freundin an sich, umarmte sie sacht. „Wie geht’s ihm jetzt?“ „Du kennst ihn… er versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Aber man sieht es ihm doch… manchmal an. Diese Welt ist nicht fair… einfach nicht fair…“ Sie schluchzte. Der Gedanke, dass sie ein Kind von einem Mann erwartete, den sie mehr liebte als alles andere auf der Welt… Der sie mehr liebte, als sie es ihres Erachtens verdiente… … und der in wenigen Monaten sterben würde… trieb sie an den Rand des Wahnsinns. Nie war ihr das alles so klar gewesen wie in diesem Moment, als sie es Sonoko erzählt hatte. Sich selbst noch einmal darüber reden zu hören, die Geschehnisse alle noch einmal Revue passieren zu lassen… brachte sie nahe an einen Nervenzusammenbruch. Sie wollte gar nicht dran denken, dass er bald nicht mehr da sein würde. Dass sie sein Kind allein kriegen würde, allein im Krankenhaus… Immer mehr Tränen strömten über ihr Gesicht, Sonokos Worte drangen gar nicht mehr bis zu ihr vor. Sie weinte. Und hörte nicht auf. Hörte einfach nicht mehr auf. Shinichi war gerade aus dem Auto gestiegen, als sein Handy klingelte. Heiji schaute ihn fragend an. Er zuckte mit den Achseln, hob ab. „Kudô?“ Er lauschte, begann, sich auf die Lippen zu beißen. „Ja, sofort. Bis gleich.“ Er wandte sich Heiji zu. „Steig ein, Hattori. Wir müssen zu Sonoko fahren.“ Er seufzte schwer. Der Osakaer Detektiv schaute ihn an. „Ran…?“ „Wer sonst…“, murmelte Shinichi, ließ den Motor an, legte den Rückwärtsgang ein, kurbelte am Lenkrad und gab Gas. Wenige Minuten später schlängelten sie sich durch den Stadtverkehr zu Sonokos Luxuswohnung. Der Kies knirschte, als er das Auto in der Einfahrt parkte. Er und Heiji stiegen aus, eilten die Treppen hoch; die Haustür ging auf, noch ehe sie ganz hinaufgekommen waren. Sonoko stand in der Tür, starrte ihn an. „Sie ist im Wohnzimmer. Erste Tür links.“ Er nickte nur, dann schlüpfte er aus seinen Schuhen, verschwand in besagtem Zimmer. Heiji und Sonoko blieben an der Tür stehen. Ran kauerte auf dem Sofa, schaute ihn aus rotgeweinten Augen an. Dasselbe Bild… zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tagen… Er seufzte, setzte sich wortlos neben sie, zog sie an sich. Sie umklammerte ihn, in ihrem Gesicht lag pure Verzweiflung. „Schhh…“ Er gab ihr einen Kuss auf die Schläfe, strich ihr über die Haare. „Ran, was ist denn… ich dachte, das wäre alles geklärt soweit…“, murmelte er sanft. „Ich hätte dir das nicht antun dürfen. Du hast es…“ Er hielt ihr den Mund zu. „Ran, lass gut sein, jetzt. Erstens ist es schon zu spät jetzt, und zweitens, geht es nicht nur um mich. Es geht auch um dich. Und wenn du das unbedingt haben willst…“ „Aber du…“ Shinichi schüttelte den Kopf. „Es ist schon gut jetzt… es ist schon gut. Wir… ich werd schon fertig damit, Ran. Mach dir um mich nicht so viele Sorgen.“ „Aber…“ „Ah! Kein Aber. Ich dachte du freust dich drauf…?“ „Tu ich auch.“ Sie schniefte leise, ein fast trotziger Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. „Und warum brichst du dann hier zusammen? Ich dachte, du wolltest Sonoko fragen…“ „Wollt ich auch…“ „Aber warum dann…?“ Sie seufzte schwer. „Ich musste daran denken, wie du es erfahren musstest… und wie du reagiert hast. Und an dein Tagebuch… Und ich hätte auch gewollt, dass du dich freuen kannst…“ Eine einzelne Träne verließ ihren Augenwinkel. Er strich sie ihr mit dem Daumen weg. „Ersteres war wirklich etwas unglücklich, da stimme ich dir zu. Aber alles andere, Ran… das ist hauptsächlich meine Sache und muss dich doch gar nicht so sehr tangieren. Du musst… damit klarkommen, dass du mich nicht mehr lange hast. Dass du das Kind allein großziehen musst. Dagegen sind mein Probleme wohl lächerlich.“ Sie schaute ihn ernst an. „Sind sie nicht.“ Shinichi legte den Kopf in den Nacken, seufzte schwer. „Gut, sind sie nicht. Aber das sind trotzdem meine Probleme, also lass sie meine Sache sein. Du hast ganz andere, Ran. Kümmere dich lieber darum. Sieh’s als Aufgabenteilung an. Und außerdem…“ Er versuchte ein Lächeln. „Wer sagt dir denn, dass ich mich nicht freue? Ich kann’s nur nicht so zeigen, weil’s für mich auch gleichzeitig so bitter ist… aber ich freu mich doch. Glaub mir bitte…“ Ran schüttelte den Kopf, verstand nicht, wie er es schaffte… wie er noch so stark sein konnte, für sie… soviel Verständnis aufbringen konnte. Dann nährte sie sich ihm, gab ihm einen zarten Kuss. „Ich will dich nicht gehen lassen…“, hauchte sie leise. Er drückte sie an sich, sagte nichts. Dann schaute er auf die Platte mit den Eclairs. „Hast du Sonoko überhaupt gefragt?“ Sie schüttelte den Kopf. „Willst du jetzt Sonoko noch fragen?“, flüsterte er in ihr Ohr. Sie nickte. „Mhhh…“ „Soll ich mit Heiji wieder verschwinden?“ „Nein… ich hätte gern, dass du bleibst.“ Sie ließ ihn los. „Bitte…“ „Schon gut.“ Er räusperte sich, dann stand er auf, trat auf den Gang. „Bitteschön.“ Er winkte die zwei, die am anderen Ende gewartet hatte, näher. „Geht’s wieder…?“, murmelte Sonoko besorgt. Shinichi seufzte. „Für den Moment.“ Schweigend saß sie neben ihm im Auto. Es hatte zu regnen begonnen, ganz leicht. Sie hatten gerade Heiji im Hotel abgeliefert und waren nun auf dem Weg nach Hause. Lange sagte sie nichts, schaute dem Scheibenwischer zu, wie er von Zeit zu Zeit die Tropfen von der Scheibe zog. Im Radio lief leise Musik. Er hatte sich angewohnt, in der Stadt das Radio nicht zu laut zu machen, um den Verkehr nicht zu überhören. Ran seufzte. „Es tut mir Leid.“ Shinichi, der gerade um die Ecke bog und das Lenkrad fast bis an den Anschlag kurbelte, warf ihr einen überraschten Blick zu. „Ran…“ Er gab Gas, das Lenkrad glitt unter seinen Fingern wieder in die ursprüngliche Position zurück. „Nein. Hör zu, bitte… es tut mir Leid. Nicht dass du nicht ohnehin schon genug zu verdauen hättest… nein… du hast auch noch mich, die in schöner Regelmäßigkeit zusammenbricht, dir noch mehr Kummer macht, dich betrügt und belügt und…“ „Ran!“ Shinichi starrte sie an. „Halt die Klappe.“ Er richtete seinen Blick wieder auf die Straße. „Huh?“ Sie schaute ihn einigermaßen überrascht an. „Na hör mal…“ Er schüttelte den Kopf, lächelte. „Ich liebe dich. Deswegen… wird es mir egal sein, wie oft du noch zusammenbrichst oder sonst wie Kummer hast, solange ich dich wieder aufrichten kann. Ich werde da sein für dich, solange ich noch kann. Nur würde ich dich bitten, mich nicht mehr anzulügen, nicht bei so wichtigen Sachen…“ Shinichi setzte den Blinker, bremste ab. Sie griff nach seiner Hand. „Ich versprechs.“ Er nickte, dann fuhr er auf dem Parkplatz ihres Hauses. „Aber wir müssen uns schon noch über ein paar Dinge klar werden…“, meinte er dann, als er ausstieg. „Wie es weitergehen soll… wenn… ich nicht mehr da bin. Wie… nun… mir wären da ein paar Punkte in der Erziehung wichtig, weißt du… und wir müssen die Finanzen irgendwie klären… wir müssen ein Zimmer einrichten und wir müssen Sachen einkaufen und…“ Ran schaute ihn an. „Alles was du willst.“ Shinichi blickte sie ernst an. „Am wichtigsten wär mir… dass es doch irgendwie glücklich aufwächst, aber ich bin mir sicher, das kriegst du hin... Und versprich mir, bitte, dass du alles tun wirst, um zu verhindern, dass er oder sie Detektiv wird.“ Seine Stimme klang ernst, seine Augen blickten kurzzeitig ins Leere. Dann fing er sich wieder, schloss die Haustür auf. „Und wir müssen uns Namen überlegen. Und wenn unser Kind einen Hund will, dann kriegt es einen, weil ich nie einen gekriegt hab.“ Shinichi lachte sie an. „Ich wollt immer einen. Meine Eltern waren immer dagegen. Du siehst, was aus mir geworden ist, es hat mich fürs Leben geprägt…“ Sie schüttelte den Kopf, lächelte. „Du bist unglaublich, weißt du das…?“ Shinichi grinste, dann umarmte er sie, zog sie mit sich, stieß mit dem Fuß die Tür zu. „Ob du’s glaubst oder nicht, ja, das ist mir bewusst.“ Ran stellte sich auf die Zehenspitzen, lehnte ihren Kopf gegen seine Stirn. „Und darum liebe ich dich…“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Er grinste, wandte seinen Blick kurz nach unten, als er unter seinen Füßen nicht den glatten Stein der Eingangshalle spürte. Dann erkannte er auch, warum. Er stand auf einem weißen Umschlag. Kein Absender. Nur ein Empfänger. An den lieben Herrn Detektiv Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)