Tagebücher von Leira ================================================================================ Lebenszeichen ------------- Hallo, ihr Lieben! Ich grüße euch, ihr tapferen Leser und Leserinnen, die nach… 174024 Wörtern immer noch nicht das Handtuch geworfen haben ^.~ Euer Durchhaltevermögen ist in der Tat beachtlich! :D Mein ganz besonderer Dank gebührt an dieser Stelle wieder den Kommieschreibern, die sich die Zeit nehmen (und immer noch den Nerv haben) mir zu meinem Geschreibsel hier ihre Meinung zu geigen- ich danke euch! Durch euch, und nur durch euch, erfahre ich, wie das, was ich schreibe, auf andere wirkt und wie andere es sehen. Ihr ahnt nicht, wie unschätzbar diese Informationen und Meinungen sind, ich danke wirklich jedem sehr, der mir ein paar Takte hinterlässt; leider kann ich nicht jedem persönlich danken, dafür fehlt mir leider die Zeit, aber ich les mir jeden Kommentar aufmerksam durch und nehm ihn mir zu Herzen. An dieser Stelle will ich euch aber nicht mehr länger mit meinem Geschwafel aufhalten, sondern entlasse euch in das 20. Kapitel, ein ziemlich ereignisloses Intermezzo, aber, wie ich fand, durchaus nötig. Viel Vergnügen beim Lesen, Bis nächste Woche, eure Leira :D _____________________________________________________ Kapitel 20: Lebenszeichen Vergangenheit Er lag in einem Sessel im Wohnzimmer, atmete flach, aber langsam und gleichmäßig. Er war irgendwie müde… fast schon erschöpft. Heute war wieder einmal einer dieser Tage, an denen er eigentlich nur noch schlafen wollte. Einfach irgendwo liegen, dösen, die Zeit verstreichen lassen, bis in ihm wieder ein Funken Leben aufglomm und ihn zu neuen Taten antrieb. Er wusste, viele dieser Funken waren nicht mehr übrig. Die Frist war fast verstrichen, das Feuer fast aus... Shinichi seufzte leise, zog die Decke höher, wandte den Kopf, als er leise Schritte auf dem Teppichboden hörte. Sein Vater kam herein, setzte sich zu ihm, schaute ihn kurz prüfend an, bevor er sprach. „Stör ich?“, fragte er leise. Shinichi schüttelte den Kopf. Yusaku streckte die Hand aus, fühlte kurz seine Stirn, ehe sein Sohn seine Hand unwillig beiseite wischte. „Lass das bitte.“ Sein Vater runzelte besorgt die Stirn. „Shinichi…?“ Shinichi wandte den Kopf, kämpfte sich auf die Ellenbogen hoch, starrte ihn an. „Du fragst dich, wann es soweit ist.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. „Streit‘s nicht ab, ich seh‘s dir an.“ Shinichi seufzte, starrte an die Zimmerdecke, geradewegs in das Licht des Lampenschirms, bis sich das Nachbild der Glühbirne bildete. Yusaku sagte nichts, rührte sich nicht. Shinichi blinzelte träge, dann fing er wieder zu sprechen an. Seine Stimme klang leise und beinahe ein wenig melancholisch. „Ich weiß, es wäre an der Zeit.“ Er seufzte, holte Luft, setzte sich etwas auf. „Aber ich will noch nicht.“ Sein Vater starrte ihn bekümmert an. „Du…“ „Kannst es dir nicht aussuchen, ist es das, was du sagen willst? Ja, da hast du wahrscheinlich Recht. Ich werde sterben… in absehbarer Zeit. Aber ich will das Baby noch sehen… ich will die Kleine noch sehen… so gern… wenigstens sehen. Und ich habe beschlossen, nicht zu sterben, bevor ich sie nicht gesehen hab. Ich will durchhalten, wirklich. Deshalb gibt’s jetzt auch keine Abschiede, deshalb hab ich meine Angelegenheiten in privater Hinsicht noch nicht geregelt. Das könnte dumm sein, sich als großer, riesengroßer Fehler erweisen… aber ich will nicht. Es kommt mir noch nicht richtig vor... Ich will noch leben. Bis sie da ist. Wenn sie gekommen ist, wenn sie hier ganz angekommen ist… dann ist es wohl für mich an der Zeit, diese Welt zu verlassen. Aber nicht früher, keine Sekunde früher, das seh’ ich nicht ein! Ich will mir nicht alles nehmen lassen! Man nimmt mir ohnehin schon so viel... viel zu viel.“ Er klang bestimmt. Yusaku schaute ihn stirnrunzelnd an, dann lachte er leise. Seine Worte gaben ihm Mut, ließen ihn seine Sorgen etwas vergessen. Und es tat gut, ihn so zu hören. Zu sehen, dass er sich nicht einfach aufgab. „Wenn du das sagst, Sohnemann.“ Shinichi nickte entschlossen. „Ja, das sage ich.“ Er schaute gedankenverloren aus dem Fenster. „Fünf Monate...“, murmelte er leise. „Fast sechs.“ Ein leises Seufzen verließ seine Lippen, müde strich er sich über die Augen, aber an Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Shinichi stemmte sich ganz im Sessel hoch, stand etwas mühselig auf. „Ich geh Kaffee kochen.“, bemerkte er auf den fragenden Blick seines Vaters, ging in die Küche. Yusaku schluckte, schaute ihm mit starrem Blick hinterher. Auf seiner Zunge lag ein bitterer Geschmack. Das Leben war einfach nicht fair. Es trifft immer die Falschen. Yukiko trat durch die Tür, ließ sich neben ihrem Mann auf das Sofa sinken, lehnte sich an ihn. „Du hast absolut Recht.“ Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter. Er wandte sich ihr zu, legte seine Arme um sie, zog sie an sich. „Es trifft wirklich immer die Falschen.“ Er spürte einen Hauch ihres warmen Atems, als sie seufzte, merkte, wie sich in seinem Nacken wohlig die Härchen aufstellen, streichelte ihr über den Rücken. Yukiko sah auf. „Lange... lange wird es nicht mehr dauern, nicht wahr...? Er will es vielleicht nicht wahrhaben, er kämpft dagegen an, aber letztlich wird es nicht in seiner Hand liegen.“ Sie blinzelte. „Und... und wenn... wenn es dann soweit ist…“ Sie biss sich auf die Lippen, schaute ihn bedrückt an. „Ich mach mir Sorgen um Ran. Wirklich. Sie wird... sie wird es so schwer haben. Yusaku. Ran...“ Er räusperte sich, nickte langsam. Sie kuschelte sich enger an ihn. „Sie liebt ihn so sehr.“, wisperte sie. „Ich war grad bei ihr... Sie sagt zwar nichts, sie ist sehr tapfer, aber man merkt es ihr an. Man sieht es an den Blicken, die sie ihm zuwirft, man merkt, wie sie immer öfter seine Nähe sucht, man kann ihre Angst, dass jeder Moment der Letzte sein könnte, fast spüren. Sie wird... sie wird ihn so sehr vermissen... sie wird das vermissen, was sie jetzt hat. Sie teilen soviel, sie gehören zusammen, sie jetzt... so früh... zu trennen ist unglaublich grausam, Yusaku...“ Er gab ihr einen zarten Kuss auf die Stirn, atmete aus. „Ich weiß.“ „Sie wird das vermissen, was ich auch vermissen würde, wenn... wenn...“, murmelte sie leise. Sie schaffte es nicht, den Satz zu vollenden, aber er wusste auch so, was sie meinte. Sie zog Vergleiche, um sich in ihre Schwiegertochter einfühlen zu können, so wie sie es immer für ihre Rollen getan hatte, und so ahnte sie, wusste sie... was Ran durchmachen würde. Sie versetzte sich in ihre Situation, um sie verstehen zu können. Um ihr helfen zu können, wann immer sie dann ihre Hilfe brauchen würde. Und der Tag, an dem das der Fall sein würde, würde kommen. Ganz bestimmt. Yukikos Stimme zitterte, als sie fort fuhr. „Seine Nähe, seinen Rat, seine... seine Liebe. Seine Wärme. Sie wird seine Stimme vermissen, und seine... seine Angewohnheiten. Wie kann... wie kann das hier passieren, das ist so falsch, so falsch. So... falsch...“ Ihre Stimme brach. Yusaku wandte sich ihr zu, küsste sie kurz auf die Wange. „Ich weiß...“ „Und ich werd ihn auch vermissen... Himmel, Yusaku, wie soll ich diesen Tag überstehen, an dem er uns verlässt...? So war das nicht geplant, das sollte so nicht sein... ich will ihn nicht gehen lassen, nicht gehen sehen, er ist doch mein Sohn, unser Sohn, wie kann er... wie kann er...“ Eine Träne rann über ihre Wange. Er hob die Hand, strich sie ihr langsam weg, konnte den Kummer in ihren Augen kaum ertragen, drückte sie fest an sich. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter, kniff die Augen zusammen. „Ich weiß... wie du dich fühlst... mir geht es doch... mir geht es doch genauso, Yukiko. Aber... lass uns jetzt noch nicht dran denken. Der Tag... kommt früh genug. Ganz egal wann er kommt, es wird immer zu früh sein...“ Sie krallte ihre Finger in sein Hemd, schluchzte unterdrückt. Shinichi stand in der Küche, war gerade dabei gewesen, sich eine Tasse Kaffee aufzubrühen, doch das hatte er längst vergessen. Er stand da, zur Salzsäure erstarrt, biss sich die Lippen blutig, ballte seine Fäuste so fest, dass sich seine Fingernägel in seine Handballen bohrten, aber er merkte es nicht. Ein fast unsichtbares Zittern durchfuhr ihn, als er versuchte, seine Fassung zu bewahren. Er hatte jedes Wort gehört. Jedes Wort, das gerade im Wohnzimmer zwischen seinen Eltern gewechselt worden war. Klar und deutlich, und einmal mehr wünschte er sich, sie würden ihn alle einfach hassen, denn dann wäre das alles so viel einfacher für sie. Die Tür war einen Spalt offen geblieben, anscheinend hatten sie das nicht bemerkt, sonst hätten sie nie so offen geredet… Hätten sie gewusst, dass er sie hören konnte... hätten sie bestimmt so nicht geredet. Die Kaffeemaschine gurgelte vor sich hin, doch er hörte es nicht. Seine Finger zitterten jetzt noch, auf seinen Armen lag eine Gänsehaut, seine Augen blickten starr ins Leere. Warum passierte das. Warum geschah das alles...? Er hob eine Hand, hielt sie sich an die Stirn. Sie war heiß, seine Finger eiskalt. Langsam kniff er die Augen zusammen, atmete tief durch. Aus und ein, immer wieder, versuchte, das wühlende, nagende, bohrende Gefühl seines schlechten Gewissens einigermaßen unter Kontrolle zu kriegen. Wenn er ihnen so unter die Augen trat, würde er es bestimmt nicht besser machen. Dann läutete das Telefon und riss ihn in die Realität zurück, enthob ihn gleichzeitig der Entscheidung, wie, wann und ob er wieder ins Wohnzimmer gehen sollte um so zu tun, als hätte er nichts gehört. Er nahm seinen Kaffee, der jetzt fertig durchgelaufen war, trank zögernd einen Schluck und ging hinaus in die Halle, um den Anruf entgegenzunehmen. „Kudô.“, meldete er sich wie gewohnt, nippte noch einmal an seinem Becher. Seine Nerven flatterten immer noch. „Hallo, wie geht’s dir...? Du hörst dich...“ Shinichi verdrehte etwas genervt die Augen. Schon wieder einmal verriet ihn seine Stimme. Das war nicht fair. „Hallo, Hattori. Gut, danke...“ Er räusperte sich. Anscheinend hörte man ihm seine Aufgewühltheit immer noch an. „Jaja... klar.“ Er hörte Heijis Skepsis deutlich, aber ignorierte sie geflissentlich. „Was gibt’s?“ Shinichi schluckte den Kloß im Hals mit einem weiteren Mund voll Kaffee hinunter, atmete tief durch. Er fragte sich, warum ihn das so aufregte... die Gedanken machte er sich doch ständig, genau diese Sorgen beschäftigten ihn doch in seinem Wachen wie auch in seinem Schlaf. Aber er musste zugeben... seine Eltern derart darüber reden gehört zu haben, machte ihn auf ganz andere Art fertig als alle Vermutungen, die er sich ausmalen konnte. „Ich wollte nur... nur mal anrufen und fragen, wie’s dir so geht, und Ran, und... nun...“ „Uns geht’s gut.“ „Aha. Tatsächlich.“ Shinichi klemmte sich den Hörer zwischen Ohr und Schulter, griff mit seiner freien Hand nach dem Telefon und tappte langsam in sein Büro. „Ehrlich. Uns geht’s gut. Wie geht’s euch?“ „Auch gut.“ „Welch erschöpfendes Gespräch.“ Er lehnte sich gegen die Tür, um sie aufzudrücken, ließ sich dann in seinen Bürosessel fallen. Heiji seufzte am anderen Ende, was Shinichi deutlich als Rauschen im Ohr wahrnehmen konnte, da Heiji in die Sprechmuschel schnaufte. „Ja, du hast ja Recht. Also ich ruf nich’ nur deshalb an... obwohl‘s mich natürlich interessiert, wie’s euch geht...! Nich‘ dassde mich falsch verstehst oder so…!“ Er geriet fast ins Stottern und Shinichi musste unwillkürlich lächeln. Heiji unterdessen hatte seinen Faden anscheinend wieder gefunden. „Aber mal was anderes, Kudô...“ Heijis Tonfall hatte sich etwas verändert; er klang fast ein wenig genervt, definitiv etwas angesäuert und beleidigt. Shinichi zog verwirrt die Augenbrauen hoch. „Sag mal, mein geehrter Detektivkollege, was muss ich denn in der Zeitung lesen? Du hattest ein Date mit Kaito KID und ich weiß noch nix davon?! Ich musses aus der Zeitung erfahr’n? Ich dacht’, du bist mein Freund, Herrgottnochmal!“ Shinichi fing nun doch an zu lachen; egal ob er sich dessen bewusst war oder nicht, aber Heiji schaffte es, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Er konnte sich Heijis entrüstetes Gesicht bildlich vorstellen, es schwebte geradezu vor seinen Augen; und wie gefordert, begann er, zu erzählen; ließ dabei kein Detail aus. „Ja... also, das war folgendermaßen...“ Die nächsten Minuten verbrachte er damit, seinem Freund haarklein alles zu berichten, von den Briefen bis hin zum Showdown auf dem Turm. Heiji zeigte sich durchaus beeindruckt, auch wenn ihm anzuhören war, dass er wohl auch gern mit von der Partie gewesen wäre. Nachdem sie dann ein Treffen verabredet hatten, legte Shinichi schließlich auf, seufzte leise. Das Treffen war übermorgen, Heiji hatte darauf gedrängt. Er wusste genauso gut wie alle anderen, dass es langsam akut wurde, wollte nicht zu viel Zeit verstreichen lassen. Und dass sich andere damit so belasteten, belastete wiederum Shinichi. Er hasste es, anderen diese Umstände machen zu müssen. Er atmete aus, ging zur Tür und schloss sie, sperrte jegliche Geräusche aus. Kaum war die Stille um ihn wieder vollkommen, holten ihn seine melancholischen Gedanken wieder ein. Die sechs Monate waren tatsächlich schon so gut wie um. Die Zeit war so verdammt schnell vergangen… so schnell… Er wusste noch, wie er hiergesessen hatte, mit der ersten Diagnose eines Arztes; wie er überlegt hatte, es Ran beizubringen. Und jetzt war das schon ein gutes halbes Jahr her… warum verrann die Zeit so schnell? Das war nicht fair, verdammt! Er schluckte, betrachtete seine Akten... seine Angelegenheiten. Er hatte sich all die Formulare, Belege und dergleichen besorgt, um Rans finanzielle Zukunft so gut wie möglich vorher abzusichern. Um die Versicherungen und all den anderen Kram auf sie zu ändern. Es war schon alles ausgefüllt, allein eine Unterschrift fehlte noch. Seine. Aber er schaffte es nicht, sie auf die dafür vorgesehenen Linien zu setzen. Er wollte noch nicht. Irgendwie dachte er, dass wenn er jetzt all dieses Zeug unterschreiben würde, sein eigenes Todesurteil mit unterschreiben würde. Und das wollte er nicht. Noch nicht. Er wollte noch warten... warten, bis sie da war. Weil er sie noch sehen wollte. Unbedingt. Shinichi wusste, es ging bergab. Er wusste, seine Zeit lief ab, er merkte, wie sein Leben ihn langsam verließ... langsam, aber stetig tröpfelte, rann und rieselte es aus ihm heraus wie Wasser aus einer gesprungenen Glaskaraffe. Traurig blickte er auf seine Finger, auf seine Reflexion in der blankpolierten Tischplatte seines Schreibtisches. Es ging dem Ende zu, unweigerlich. Es war schon fast Ironie, wie sehr dieses Werden und Vergehen in einem einzigen Haus so eklatant und absolut zutraf. Klar kannte jeder den Lauf von Leben und Sterben, aber man abstrahierte es doch immer sehr... betrachtete diese Dinge von weiter Ferne, auf größere Massen. Doch hier... hier stimmte diese Aussage auf den Punkt. Für ein kommendes Leben ging ein anderes für immer. In dem Maße, in dem sein Leben schwand, fing ihres immer mehr zu pulsieren an. Man sah es nur zu deutlich, auf dem Ultraschallmonitor von Rans Arzt. Nie würde er den Augenblick vergessen, als er zum ersten Mal ihr Herz sehen konnte; sah, wie es schlug. Ihre Kleine wollte leben, unbedingt, so schien es fast... mindestens so sehr wie ihr Vater, doch ihm würde sein Wille nicht mehr viel nützen. Mein Leben welkt dahin, während ein anderes aufblüht. Aber so ist wohl der Lauf der Dinge... ein ewiger Kreis. Das zu ändern liegt nicht in unserer Macht... und das ist wohl auch gut so. Auch wenn wir es ab und an doch gerne können möchten… den Fluss der Zeit ändern, Leben und Tod beeinflussen… Kurz schloss er die Augen, atmete durch. Aber noch war er ja nicht tot. Noch lebte er, und das würde er sich nicht nehmen lassen. Und er würde verhandeln, um jeden weiteren Tag. Langsam lehnte er sich zurück, ließ seine Augen durch sein Zimmer schweifen, bis sie an einer Kiste hängen blieben. Ein paar voll geschriebene Notizbücher lagen bereits drin. Und ein paar Geschenke. Er lächelte still vor sich hin. Vor ein paar Wochen hatte er damit angefangen... er war losgezogen, und hatte Geschenke gekauft. Für ihre Geburtstage. Leider hatte er wohl irgendwo ein Limit setzen müssen, also hatte er sie auf zwanzig reduziert, aber er war sehr sorgfältig mit der Auswahl gewesen. Und jetzt waren es schon acht Päckchen. Vergaß man den Aspekt, dass es bald enden würde, war sein Leben momentan eigentlich nicht schlecht; er verbrachte eine durchaus schöne Zeit. Ran war ziemlich anschmiegsam geworden, in den letzten Tagen. Er lachte leise bei dem Gedanken an seine Frau, die ihrer Schwangerschaft nun nicht mehr auskam. Langsam bekam sie das volle Programm ab, von Gefühlsschwankungen bis zu Heißhungerattacken auf die wahnwitzigsten Lebensmittelkombinationen. Sie war dabei, eine Mama zu werden. Und das Baby in ihrem Bauch entwickelte sich prächtig. Keinerlei Komplikationen, keinerlei Schwierigkeiten, nichts. Und das war trotz aller Bitterkeit unglaublich erleichternd. Das neue Leben wuchs heran. Shinichi seufzte leise, fuhr sich über die Augen. Langsam wurde er wieder wacher, nach und nach kehrte das Leben wieder in seinen Körper zurück, ob er es nun wollte oder nicht. Diese Welt war nicht fair. Warum hatte man ihm eigentlich unbedingt eine Prognose stellen müssen...? Es nicht zu wissen wäre viel besser gewesen... für alle. Oder auch nicht? Es nicht zu wissen… würden sie dann nicht auch alle wie auf einem Pulverfass sitzen? Er konnte es nicht sagen. Egal wie es lief, es lief wohl verkehrt. Man wollte immer das, was man nicht haben konnte. Ein ironisches Lächeln glitt über seine Lippen, dann zog er seinen Stuhl heran an den Tisch, griff sich sein aktuelles Buch sowie seinen Füller, mit dem Gedanken, ein wenig weiterzuschreiben, schraubte gerade die Kappe ab, als er draußen auf dem Gang jemanden rennen hörte, die Tür zu seinem Zimmer aufflog und schwungvoll an die Wand krachte. Er fuhr hoch, starrte den Eindringling verwirrt an. Herein stürzte Ran, etwas außer Atem, schaute ihn mit roten Wangen und glänzenden Augen an. „Shinichi?!“ Sie war aufgekratzt, ganz offensichtlich. Shinichi schaute sie erstaunt an, wollte etwas sagen, aber kam nicht dazu, etwas zu äußern. „Schnell!“ Sie eilte um den Tisch herum, packte seinen Kopf mit beiden Händen und drückte ihn gegen ihren Bauch. „Ran?“ Er war zuerst einmal völlig verwirrt. Er merkte, wie ihre Hände zitterten, spürte ihren schnellen Atem sein Haar streifen. Langsam hob er den Kopf, schaute sie fragend an, aber sie legte ihm ihren Zeigefinger auf die Lippen. „Schhhhhhhhhttt...Spürst du’s?“, wisperte sie mit erregter Stimme, drückte seinen Kopf fester gegen ihren Bauch. Und da fühlte er es. Er blinzelte. An seiner Wange bewegte sich etwas. Sie war es. Ganz deutlich konnte er es fühlen, wie sie sich rührte. Er legte das Buch und den Füller zur Seite und berührte mit seinen Handflächen nun ebenfalls den Babybauch seiner schwangeren Frau, hielt die Luft an. Fasziniert hielt er still, lauschte, konzentrierte sich auf das, was seine Finger spürten. Ran lächelte stumm. Sie merkte, dass ihn das, was er wahrnahm, in den Bann schlug und freute sich darüber. Dann sah er auf, seine Augen leuchteten. „Wahnsinn…“, hauchte er. Sie lächelte. „Ja, nicht wahr?“ Sie sank in seine Arme, ließ sich auf seinem Schoß nieder, spürte seinen Atem an ihrem Hals, seine Hände, die immer noch auf ihrem Bauch lagen. „Unser Baby… unser kleines Mädchen…“ Er küsste ihren Hals. „Sie strampelt aber ganz schön.“ Grinsend zog er die Augenbrauen hoch. „Ja, wurde auch Zeit.“, lachte Ran. „Ein faules kleines Fräulein ist das, sie hat ja lang genug damit gewartet. Ich hoffe nur, sie kommt später mal etwas flotter in die Gänge.“ Sie lachte, strahlte ihn an, dann küsste sie ihn auf die Lippen, stürmisch, leidenschaftlich. Er ließ sich von ihr anstecken, hielt sie fest, dicht an sich, genoss ihre Nähe, genoss die Lebensfreude, die sie verbreitete. Sie war die Sonne in seinem Sternensystem, und das wusste er. Sie verbreitete Wärme und Licht, wo immer sie auch war. Und er war ihr unendlich... unendlich dankbar, dass sie diesen Weg mit ihm ging, auch wenn er sich so oft wünschte, sie würde es nicht tun. Es war klar, dass er es nie so weit geschafft hätte, wäre sie nicht an seiner Seite gewesen. Würde sie ihn nicht mit ihrer Lebendigkeit stets anstecken. Und so ließ er sich einmal mehr von ihr mitreißen, versuchte, sich die Freude über das Kind nicht durch seine trüben Gedanken verderben zu lassen. Schließlich… gab es noch andere Dinge im Leben als den Tod. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)