Tagebücher von Leira ================================================================================ Das Licht der Welt ------------------ Hallo, ihr Lieben! An dieser Stelle möchte ich mich bei euch allen sehr für eure Kommentare zum letzten Kapitel bedanken! Ich meine, ich weiß, mit wie viel Zeug ich euch eindecke, da weiß ich durchaus zu schätzen, dass man mir nach Monaten des Hochladens immer noch Kommentare schreibt *lacht* Ich weiß nicht, ob ich soviel Durchhaltevermögen hätte ^.~ Aber nun… wird mal eine wichtige Frage geklärt… Erlebt Shinichi Sayuris Geburt? Lest selbst. Ich sage hierzu nichts mehr, außer, dass mir das Kapitel lang im Magen lag… und ich im Nachhinein zu allem steh, was ich hier geschrieben hab… auch wenn manches vielleicht etwas seltsam zu lesen sein wird. Vielleicht. Ich weiß nicht, wie ihr es seht ^-^ Viel Vergnügen kann ich diesmal wünschen, MfG, bis nächste Woche, eure Leira _________________________________________________________ Kapitel 28: Das Licht der Welt Vergangenheit Er wachte auf, als er ein leises Stöhnen neben sich hörte. Ruckartig drehte er sich um, kämpfte die Kissen nieder und sah in zwei schmerzerfüllte, blaue Augen. „Ran?“ Er merkte, wie er plötzlich panisch wurde. Irgendetwas war los, das ahnte er. Irgendetwas stimmte nicht. „Shinichi…“, wisperte sie leise. Sie tastete nach seinem Arm, grub ihre Finger in seine Haut. „Shinichi…!“ Mehr brauchte sie nicht sagen. Er fiel fast aus dem Bett, als er sich eiligst anzog. Dann schnappte er sich die Wagenschlüssel, half Ran aus den Kissen, in einen Mantel und die Treppe hinunter. „Geht’s?“, flüsterte er besorgt. Sie nickte mit zusammengebissenen Zähnen. Er sah die Tränen in ihren Augenwinkeln glitzern und ahnte, was mit ihr los war. Das Baby. Vorsichtig setzte er sie ins Auto, versuchte, sich einigermaßen in den Griff zu kriegen um einen klaren Kopf zu bekommen und fuhr mit ihr unter Missachtung sämtlicher Verkehrsregeln ins Krankenhaus. Es eilte, soviel war ihm klar. Dann waren sie in der Notaufnahme im Haido-Zentralklinikum angekommen. Man hatte Ran bereits auf eine Trage gelegt und aufgenommen; sie warteten nur noch, dass man sich endlich um sie kümmerte. Es waren wohl nur Minuten vergangen, aber ihm kam es vor wie eine halbe Ewigkeit, seit er mit ihr hier eingetroffen war. Shinichi ging das alles viel zu langsam. Er stand neben ihr, streichelte ihr mit einer Hand immer und immer wieder über ihr Haar. Die andere Hand hielt sie, drückte sie mit kalten, nassen Fingern und fühlte sich furchtbar machtlos. Sie hatte Schmerzen, das sah man ihr an. Sie biss sich auf die Lippen, aber mehr als ein leises Stöhnen erlaubte sie sich nicht. Wohl, um ihn nicht zu beunruhigen… in der Hinsicht schenkten sie sich wohl nichts. Shinichi seufzte, warf ihr einen besorgten Blick zu, beugte sich dann zu ihr, gab ihr einen zarten Kuss auf die Stirn. Dann, endlich, eilte ein Arzt heran. „Na, dann werden wir mal sehen, was uns fehlt“, meinte er gutgelaunt, schob Ran in ein Zimmer. Shinichi warf ihm einen genervten Blick zu; ihm stieß die Fröhlichkeit des Arztes angesichts des Zustands seiner Frau einfach nur sauer auf. Er war besorgt; und er hatte Angst. Wirklich Angst. Angst um seine Frau und seine ungeborene Tochter. Sie waren zwar auf den Tag pünktlich, aber Ran ging es nicht gut, das war offensichtlich. Und wenn es Ran nicht gut ging… ging es wohl dem Baby auch nicht gut. Soviel konnte er sich denken und so viel sagte ihm auch sein Gefühl. Und das stellte auch der Arzt fest, als er mit dem Ultraschallgerät Rans Bauch untersuchte. „Oh…“ Er erbleichte. „Oh… nicht gut…“ „Was…?“, wimmerte sie leise. Furcht klang in ihrer Stimme, in diesem Wort, das zitternd in der Luft stehen blieb. Der Arzt wandte sich langsam vom Ultraschallmonitor ab. „Wir müssen die Kleine holen, jetzt gleich. Sie hat sich wohl gedreht, dabei hat sich die Nabelschnur um ihren Hals… Herr Kudô, setzen Sie sich!“ Er sprang auf, zog Shinichi auf die Kante der Liege, auf die Ran gebettet war. Ihm war schlecht, er war leichenblass im Gesicht geworden, als er die Nachricht gehört hatte. Schweiß brach ihm aus allen Poren, sein Herz schlug bis zum Hals. „Aber… aber wie geht es ihr…?“ Seine Stimme war leise. Langsam sah er Ran an. Sie schluckte, ihr Herz schlug schnell. Nie hatte sie ihn so gesehen. Nie hatte sie diesen Ausdruck von Angst in seinen Augen gesehen… Sie griff nach seiner Hand. „Das wird schon…“, flüsterte sie, presste dann die Lippen zusammen. Der Arzt studierte das Ultraschallbild. „Wie geht es ihr?!“, wiederholte er etwas lauter. Es war offensichtlich, seine Nerven lagen blank. „Das kann ich noch nicht sagen. Wir machen jetzt gleich einen Kaiserschnitt und hoffen das Beste.“ Der Arzt sah sie nervös an, stand dann auf, lief auf den Gang und kam mit einer Schwester wieder. „Schwester Sachikawa wird Sie jetzt für die OP fertig machen, Frau Kudô. Und Sie, Herr Kudô, warten am besten auf dem Gang. Und setzen sich. Sie sehen grauenhaft aus…“ Die Schwester nickte, wollte Ran gerade aus dem Zimmer schieben, als sie Widerstand spürte. Shinichi umklammerte die Kante der Liege. „Ran!“, flüsterte er. Sie sah ihm an, wie unwohl er sich fühlte, wie ungern er sie allein ließ. Wie gern er ihr geholfen hätte und wie fertig es ihn machte, dass er genau das nicht konnte. „Mach dir keine Sorgen. Du kannst uns sicher bald besuchen.“ Sie versuchte ein Lächeln. „Aber…“ Sie schüttelte langsam den Kopf. „Geh jetzt. Es geht ihr bestimmt gut. Warte bitte, ja? Versuch, dich nicht aufzuregen, hörst du…? Ich hätte gern, dass du… dass du da bist, wenn ich wieder aufwache...“ Ihre Stimme war schwach. Die Schmerzen setzten ihr zu. „Ist gut. Mach… mach dir um mich keine Sorgen, hörst du?“ Ran nickte. „Ruf… ruf unsere Eltern an, sie sollen sich um dich kümmern. Bis… bis später…“ Sie hob die Hand, ließ sich von ihm noch ein letztes Mal die Finger drücken, dann war sie draußen auf dem Gang. Er rannte hinterher, blieb mitten auf dem Klinikflur stehen. „Ran…“ Shinichi flüsterte den Namen, aber kein Laut kam über seine Lippen. Er sah ihr hinterher, fing an zu zittern, schlang seine Arme um seinen Oberkörper. Er hatte Angst, ja. Er fürchtete, sie zu verlieren. Ran, seine Tochter, Sayuri… oder beide. Und er wollte keine… keine von beiden hergeben. Es reichte, wenn das Schicksal ein Leben forderte – seins. Der Arzt neben ihm schaute ihn besorgt an. „Kommen Sie, setzen Sie sich. Mehr als hier warten können Sie nicht. Ich hol Ihnen eine Tasse Kaffee, rufen Sie solange Ihre Eltern an. Kommen Sie... Mehr können Sie nicht tun.“ Er drückte ihm die Schulter, dann verschwand er in der Menge der Ärzte und Schwestern. Mit klammen Fingern zückte er sein Telefon, wählte die Nummer seiner Eltern. Als Yusaku und Yukiko wenige Minuten später eintrafen, sahen sie ihn vorm OP Kreise laufen, den Kopf gesenkt, die Lippen zusammengenkiffen und die Hände in den Hosentaschen zu Fäusten geballt. „Shinichi…?“ Der Angesprochene schüttelte stumm den Kopf, drehte noch eine Runde; dann ließ er sich neben seine Eltern auf die Bank sinken. „Sie hat sich die Nabelschnur um den Hals gewickelt.“, flüsterte er leise. Er merkte, wie seine Augen zu brennen anfingen. „Sie… sie… man macht jetzt einen Kaiserschnitt… um sie zu holen… damit ihnen nichts passiert…“ Er wischte sich über die Augen. „Verdammt noch mal, könnt ihr mir sagen, warum in meinem Leben nichts so funktioniert, wie es soll? Warum kann nicht einmal unser Baby ohne Komplikationen auf die Welt kommen? Hab ich das Unglück gepachtet, oder was?!“ Shinichi schrie fast. Yusaku fasste ihn im Nacken, zog ihn zu sich. „Schhhht...“ Shinichi schien es nicht einmal zu merken. Sein Blick war starr, seine Haltung angespannt. Als Eri und Kogorô kamen, stand er auf, erklärte ihnen den Sachverhalt. Sehr ruhig diesmal, mit leiser Stimme. Als er fertig war, wandte er sich ab. Er stellte sich an die Wand, vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen, berührte mit seiner Stirn die kalte Mauer, kniff die Augen zusammen. Bitte, bitte, bitte… bitte… Wenn es irgendwo doch einen Gott gibt, dann… bitte…! Kogorô starrte ihn an, wollte sich ihm nähern, aber Eri hielt ihn zurück. „Lass ihn. Du siehst doch, seine Nerven liegen blank.“ Sie griff nach seiner Hand. Er drückte sie sacht. Dann ließ er sie los, begann seinerseits durch den Flur zu tigern. Shinichi stand einfach nur da, an die Wand gelehnt, mit geschlossenen Augen, versuchte ruhig zu bleiben, wo er doch eigentlich selbige hätte hochlaufen können. Yusaku schaute ihn nur an, sagte nichts mehr. Keine Worte der Welt hätten ihm jetzt helfen können. Er stand nur auf, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand neben ihn, drückte ihm so stumm seine Unterstützung aus. Und so warteten sie. Nach einer Ewigkeit, wie es ihnen schien, ging die Tür auf. Eine Ärztin trat heraus, auf ihrem Kopf noch die OP-Haube. „Herr Kudô?“ Shinichi wandte sich von der Mauer ab, hob die Hand leicht. „Das… das wär ich.“ Seine Stimme klang heiser. „Wie geht es…?“ „Kommen Sie mit.“ Sie winkte ihn mit sich. Mit einem letzten Blick auf ihre Eltern trat er durch die Tür. Ein kollektives Seufzen entrang sich den Kehlen der werdenden Großeltern, weiterhin zum Warten verdammt. Shinichi folgte der Ärztin. Er hatte einen Kloß im Hals, sein Magen drohte zu rebellieren, seine Hände waren kalt und feucht. Er ahnte das Schlimmste und wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Dann traten sie in ein kleines Zimmer. Dort stand Schwester mit dem Rücken zu ihnen vor einem kleinen Tischchen. „Schwester Yonnehara, das wär der Papa.“, meinte die Ärztin gutgelaunt, als sie im Raum standen. „Ich glaub, wir können ihn übernehmen lassen.“ Die Krankenschwester drehte sich um, hielt in den Armen ein kleines Bündel, lächelte ihn freundlich an. „Na, dann darf ich gratulieren, Herr Kudô! Wie soll die Kleine heißen?“ „Sa… Sayuri.“, murmelte er tonlos, schaute nur auf das kleine zerknitterte Gesicht, dass aus dem Handtuch hervorlugte. Begriff nur langsam, was gerade passierte. Und was nicht. Erleichterung machte sich zögernd in ihm breit. Und etwas anderes. „Hübscher Name. Also…“ „Hätten Sie nichts sagen können?!“, fuhr er die Ärztin entnervt an. Er merkte, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel; gleichzeitig flackerte Wut in ihm auf. „Haben Sie eine Ahnung, was ich gerade durchgemacht habe, da draußen am Gang, in den letzten anderthalb Stunden?!“ Die Ärztin schaute ihn betreten an. Es war offensichtlich, dass sie sehr jung war; und wohl auch noch ziemlich unerfahren. „En…Entschuldigen Sie bitte. Daran hab ich nicht gedacht… ich hab... hab einfach... vergessen... Es gut mir Leid... Also...Ihrer Tochter geht es gut… und ihrer Frau auch. Zu ihr gehen wir gleich. Aber zuerst…“ Sie nahm der Säuglingsschwester das Baby ab, trat ihm entgegen, macht Anstalten, ihm das Kind zu übergeben. Er nahm es in die Arme, etwas hilflos, spürte das Gewicht und die Wärme die davon ausging und vergaß seinen Ärger. Seine Augen wanderten nach unten, blickten in das kleine Gesicht seiner Tochter. Unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen. Sie öffnete träge die Augen, blinzelte ihn an. „Hallo…“, wisperte er leise. Eine einzelne Träne stahl sich aus seinem Augenwinkel. Er verlagerte sein Töchterlein kurz auf einen Arm, wischte sie sich weg. Ein tiefes Seufzen entfuhr ihm, als er sie ansah. „Du hast mir vielleicht Stress gemacht…“ … weißt du, was ich mir für Sorgen gemacht hab…? Er hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als sich auch endlich ein anderes Gefühl in die grenzenlose Erleichterung mischte, die er bis jetzt noch empfand, nach den letzten Ereignissen, der ausgestandenen Angst… Er war stolz. Und er freute sich unglaublich, sie nun in den Armen zu halten... So sah sie also aus, seine Tochter. Seine und Rans Tochter. Sayuri Kudô. Langsam riss er sich dann aber doch los, von seiner Tochter, als eine andere Sorge wieder in den Vordergrund seines Denkens rückte. „Wo… wo ist denn nun meine Frau? Ran?“ „Dazu kommen wir jetzt.“, antwortete die Ärztin dienstfertig, wohl wild entschlossen, heute keinen Fehler mehr zu machen. „Wenn Sie mir folgen möchten. Sie wird wohl bald aufwachen.“ Sie wandte sich zu ihm um, als sie den Gang entlang marschierte, erhaschte einen Blick auf sein Gesicht. Er war sehr blass. Das war ihr vorhin schon aufgefallen. Er musste sich wohl entsetzliche Sorgen gemacht haben… ihr schlechtes Gewissen meldete sich mit Macht zurück, als sie ihn so sah. Es war wirklich fahrlässig gewesen, ihm nicht gleich zu sagen, was Sache war. Sie ließ sich zurückfallen, ging neben ihm, räusperte sich verlegen. „Herr Kudô, es ist alles gut gegangen. Wirklich. Sie brauchen sich keine Sorgen mehr machen. Sie sollten sich wohl ein wenig ausruhen. Es tut mir Leid, Sie nicht gleich aufzuklären war nachlässig von mir…“ „Schon gut.“, murmelte er, sah sie dabei nicht an; er war gefesselt von einem anderen Augenpaar. Die junge Frau lächelte erleichtert, öffnete die Tür in ein Zimmer. Er verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen, blickte dann wieder auf das kleine Wesen in seinem Arm. Sie hatte ihn jetzt schon in ihren Bann gezogen. Seufzend ließ er sich auf einen Stuhl sinken, den die Ärztin ihm anwies. Dann fiel hinter ihr die Tür zu, und er war allein mit seiner Familie. Sanft streichelte er dem Baby über die Wange, drückte der Kleinen einen Kuss auf die Stirn. Sie gähnte. „Und was machen wir zwei Hübschen jetzt?“, wisperte er schließlich, wiegte sie sacht. Er schaute ihr in die Augen, dann zu Ran. Sie hatte die Augen geschlossen, atmete leise. Ihr Gesicht war blass, aber sie wirkte entspannt. Sie schlief. Er seufzte leise, lehnte sich zurück. „Wach doch auf… Ran. Da will dich jemand kennen lernen… von Außen, heißt das.“ Shinichi grinste, drückte die Kleine an sich, schaute ihr wieder ins Gesicht. „Wenn ichs mir allerdings recht überlege… egentlich könntest du auch noch weiterschlafen, ich glaub, wir kommen auch noch ein wenig allein zurecht.“, murmelte er, schaute dann wieder zu seiner schlafenden Frau. Langsam stand er auf, ließ sich auf die Bettkante sinken. Ran wisperte leise unverständliche Sätze, begann sich ein wenig zu bewegen. Offensichtlich wachte sie aus der Narkose auf. Shinichi griff nach ihrer Hand, drückte sie sacht. Ran seufzte leise, blinzelte. Sie spürte Stoff unter ihren Fingerspitzen, warme Finger in ihrer anderen Hand. Erschöpfung ergriff sie, wollte sie zurück in das Reicht der Träume ziehen. Die Hand zog in die andere Richtung, und sie ließ sich leiten. Dann tauchte ein Gesicht in ihrem Blickfeld auf. „Shinichi…“, murmelte sie leise, merkte, wie die Erleichterung über seine Anwesenheit ihr ein Lächeln auf die Lippen malte. Er blinzelte. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck von Erleichterung. „Bevor du mich fragst, wie’s ihr geht, frag sie selber…“ Sie kämpfte sich ein wenig hoch, er drehte sich noch ein wenig mehr zu ihr hin, damit sie das Baby in seinen Armen sehen konnte. Ran stiegen die Tränen in die Augen; sie schaute von ihrer Tochter zu ihm, wieder zu ihrer Tochter und schniefte leise. Es war ihr anzusehen, wie froh sie war, dass nun alles gut überstanden war. Dass ihr Baby endlich auf der Welt war; greifbar, sichtbar für sie; und für Shinichi. Vor allem für ihn. Eine Welle des Glücks schwappte über sie. „Hey, Kleines…“, wisperte sie, streckte die Hand aus, berührte den Kopf des Babys. Sie schaute auf, sah ihn an. Ihre Blicke trafen sich. Ran schmunzelte. „Sag mal weinst du?“, fragte sie leise. Er schüttelte den Kopf – dann seufzte er, nickte ergeben. „Aber nur ein Bisschen.“, murmelte er. „Nur ein ganz klein wenig…!“ Sie lachte leise. Shinichi atmete tief durch, wandte dann den Blick ab. „Lach nicht, Ran. Ich hatte solche Angst, dass ich euch beide noch verlier… allein der Gedanke mach mich jetzt noch wahnsinnig...“ Shinichi schluckte hart. Ran griff ihn am Arm, zog ihn zu sich. Er beugte sich ein wenig nach vorn, berührte mit seinen Lippen die ihren. „Aber du hast es geschafft…!“, wisperte sie leise, stupste seine Nase mit ihrer. „Du hast es geschafft…“ Eine Träne rann ihr über die Wange. Er beugte sich vor, küsste sie weg. „Nein. Wir haben es geschafft…“ Er lehnte seine Stirn gegen ihre, dann gab er seiner Tochter ein Küsschen auf die Stirn. „Ich kanns selbst kaum fassen…“ Shinichi lächelte sie strahlend an. Selten hatte sie ihn so glücklich gesehen, vor allem in letzter Zeit, und ihr tat es so gut, ihn so zu sehen – es war unglaublich, welche Wirkung sein Lachen auf sie hatte… sie liebte es. Liebte ihn. „Komm schon…“, murmelte sie dann. „Komm. Leg dich auch her.“ „Aber…“ „Bitte…“ Er seufzte, dann ließ er sich auf die Kissen sinken, neben sie. Ran schmiegte sich an ihn, legte ihren Arm um ihn, zog ihn an sich. „Papa?“, murmelte Ran ihm ins Ohr. Er grinste die Decke an, dann drehte er den Kopf. „Was ist, Mama?“ „Komm, gib sie mir auch mal…“ Er schüttelte den Kopf. Sayuri lag auf seinem Bauch, döste. „Nein. Du hattest sie lang genug. Und du…“ ...wirst sie noch lange genug haben... Shinichi biss sich auf die Lippen, sprach seinen letzten Gedanken nicht aus. Dann setzte er sich auf, legte Ran die Kleine in die Arme, drehte sich auf die Seite und nahm Ran seinerseits in den Arm, küsste sie auf die Schläfe. „Shinichi…“ Sie drehte den Kopf, blickte in seine Augen, wusste, was er gedacht hatte. „Ist schon gut, Ran. Ich hätt nicht anfangen sollen…“ Er lächelte schief, streichelte sie mit seinen Fingern sanft über die Wange. Sie schaute ihn lange an; dann kuschelte sie sich an ihn, gab ihrer Kleinen einen Kuss auf die Haare. „Sie ist so winzig.“ „Ja, das ist sie.“ Er seufzte leise. „So kleine Finger…“ Ran streichelte die kleine Hand, die sich aus den Stofflagen befreit hatte. „Und eine so kleine Nase…“, ergänzte Shinichi, strich seiner Tochter über das Näschen. Sie öffnete träge die Augen, gähnte leise. Er seufzte, schwieg lange; dann räusperte er sich. Seine Stimme war kaum lauter als ein Flüstern, als er schließlich sprach. „Ich bin so froh, Ran, ich kann es dir gar nicht sagen… das kann man nicht in Worte fassen, das Gefühl ist einfach unglaublich…“ Sie wandte den Kopf, strahlte ihn an. „So soll es auch sein…“, hauchte sie. „Ich liebe dich.“, murmelte er leise, bevor er ihre Lippen erneut berührte. „Und dich auch. Auch wenn du es nicht mehr wissen wirst…“ Er küsste das Baby zart auf die Stirn, und für Sekundenbruchteile huschte ein Schatten über sein Gesicht – doch dann gewann das Glück über diesen Augenblick wieder die Herrschaft. Im nächsten Moment ging die Tür auf. Shinichi drehte sich um, starrte seinen Eltern unwillig ins Gesicht. „Geht wieder, ihr stört.“, motzte er halbherzig, wohl wissend, dass ihn keiner ernst nahm. Langsam setzte er sich auf, kämpfte sich in eine sitzende Position, half Ran, sich ebenfalls aufzusetzen. Yukiko grinste, rannte eilenden Schrittes näher, betrachtete mit leuchtenden Augen ihre Enkeltochter und brach in Begeisterung aus. Eri folgte ihr auf dem Fuße, nicht weniger entzückt, Kogorô und Yusaku folgten ein wenig langsamer. Shinichi wollte aufstehen, aber Ran hielt ihn fest. „Nein.“ „Hah?“ „Du bleibst.“ Sie zog ihn wieder runter, lehnte sich wieder an ihn. Er seufzte leise, küsste sie auf die Schläfe, streichelte seiner Tochter über die Finger, lächelte sanft. Yusaku starrte ihn an, atmete leise, stockend aus, schaute dann betroffen zu Boden. Er freute sich, freute sich wirklich; aber trotzdem entging ihm die Bitterkeit dieser Szene nicht. Shinichi hatte geschafft, was zu schaffen war; es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er aufgeben musste, ob er nun wollte, oder nicht. Dann hörte er ihn lachen, hob den Blick wieder, sah, wie seine Enkeltochter ihren Papa am Finger festhielt, sah, wie er sich freute; und musste ebenfalls lächeln. Es tat gut, zu wissen, dass sein Sohn wenigstens das noch erleben durfte. Wenigstens dieses Gefühl noch spüren durfte. Langsam trat er nun auch näher, trat neben Yukiko und musterte das jüngste Mitglied der Familie Kudô; Shinichi bemerkte es, schaute auf. Yusaku blinzelte. „Sie wird dir mal sehr ähnlich sehen…“, murmelte er. „Meinst du?“ Shinichi seufzte leise, schaute seine Tochter seinerseits musternd an, während Eri neben ihm mit Ran redete, und Kogorô stumm daneben stand. Auch ihm ging der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass diese Idylle schon bald zerstört sein würde. Dass das niedliche, kleine Wesen in Rans Armen, seine bezaubernde Enkelin, schon sehr bald einen der wichtigsten Menschen in ihrem Leben verlieren würde. Dann hörte er Yusaku wieder sprechen. „Sie kriegt deine Augen. Und wahrscheinlich auch…“, er griff seinem Sohn ins Haar, „deine Stirnfransen.“ Shinichi warf seiner Tochter einen gleichermaßen stolzen wie bedauernden Blick zu, musterte Ran, die vor Freude strahlend mit ihren Müttern plauderte, warf ihr einen betrübten Blick zu. „Ich hoffe, du irrst dich…“ Dann ging die Tür erneut auf. „Entschuldigen Sie, aber ich muss Sie… wohl leider jetzt rauswerfen.“ Eine Schwester hatte das Zimmer betreten. „Die frischgebackene Mama und ihr Baby müssen jetzt schlafen. Und Sie sehen auch so aus, als ob sie eine Mütze voll Schlaf vertragen könnten.“ Sie schaute Shinichi musternd an. „Aber…“, murmelte Ran. Ihre Stimme klang fast weinerlich. Es war klar, woran sie dachte; wovor sie sich fürchtete. Die Stimmung im Zimmer war mit einem Mal umgeschlagen. Shinichi stand auf, langsam, beugte sich dann zu ihr runter, gab ihr einen Kuss. „Mach dir keine Sorgen. Ich komme morgen wieder.“ „Aber…!“ Sie hielt sich an ihm fest. „Shinichi…“ Ihre Stimme zitterte. „Ran.“ Seine Stimme klang leise, ruhig, sanft... er versuchte, sie zu beschwichtigen, zu beruhigen, aber er scheiterte kläglich. „Nein!“ Eine Träne rann ihr aus dem Augenwinkel, ihr Griff wurde noch fester. Sie wollte ihn behalten. Ihre Familie behalten. Sie waren nun endlich komplett, alles war wunderbar und… „Nein... “ Langsam atmete Shinichi aus, schaute ihr betrübt in die Augen, gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ran, versteh doch... ich komm ja wieder... du... du brauchst keine Angst zu haben.“ Rans Schultern zuckten, heftig schüttelte sie den Kopf. „Ich will, dass du bleibst...“, flüsterte sie heiser. Er ertrug die Panik, die Angst und die Verzweiflung in ihrer Stimme kaum, strich ihr übers Haar, versuchte, ihr ein wenig von ihrer Furcht zu nehmen, aber es gelang ihm nicht. Gelang ihm nicht, weil er insgeheim das Gleiche fürchtete. Er seufzte schwer, strich ihr die Tränen aus dem Gesicht. „Kann nicht wenigstens er bleiben?“, bat sie die Krankenschwester, schaute sie flehend an. „Bitte!“ Die etwas rundlichere, gemütlich aussehende Schwester schüttelte bedauernd den Kopf, war ob der Szene, die sich ihr bot, sichtlich überrascht. „Nein, leider nicht. Aber ab acht Uhr beginnt die Besuchszeit, und wenn Sie sich gut machen, dann dürfen Sie bald nach Hause.“ Sie lächelte die frischgebackenen Eltern milde an. Ran krallte ihre freie Hand immer noch in sein Hemd, machte keine Anstalten, ihn loszulassen. „Bitte! “ Sie schrie fast. Die Schwester schaute sie erschüttert an. Mit der Reaktion hatte sie nicht gerechnet. „Lass mich nicht allein...“, wisperte sie flehend, schaute ihn an, fixierte ihn mit ihren klaren blauen Augen. Shinichi seufzte, entkrampfte ihre Finger, hielt sie in beiden Händen, holte tief Luft, lehnte seine Stirn gegen ihre. „Ran, es ist jetzt… vier Uhr morgens. Ich komm in vier Stunden wieder, versuch ein wenig zu schlafen, du musst dich ausruhen. Denk dran, nur vier Stunden… das ist doch gar nichts... verschlaf sie einfach...“ Er beugte sich zu ihr, gab ihr einen Kuss auf die Lippen, zärtlich; und ebenso zart strich er seiner Tochter über den Kopf. „Ich versprechs…“, wisperte er ihr ins Ohr, „ich versprechs dir, ich komm wieder…“ Damit drehte er sich um, ging, konnte ihr nicht mehr ins Gesicht sehen. „Ich liefere ihn persönlich bei dir ab.“ Yusaku nickte ihr zu, dann ging er seinem Sohn hinterher, und ihm folgte der Rest der Truppe. Beklemmung machte sich breit. Ran blieb zurück, ihr Baby in den Armen, weinte lautlos. Sie hatte Angst. Zuhause angekommen konnte er nicht schlafen. Ruhelos strich er durchs Haus, versuchte sich abzulenken... er war müde, aber er konnte, wollte nicht schlafen. Er fürchtete sich. Fürchtete, sein Versprechen nicht halten zu können. Yusaku seufzte, als er ihn durch die Flure gehen hörte, setzte sich auf, verließ das Schlafzimmer, in dem er mit Yukiko übernachtete, folgte seinem Sohn. „Shinichi…“ Der Angesprochene lehnte an einer Wand, drehte langsam den Kopf. Lange schwieg er, sagte nichts. Dann... „Es wird bald soweit sein…“, murmelte er leise. „So bald schon… ich bin froh, dass ich wenigstens das noch… aber machen wir uns nichts vor… du hast gesehen, wovor sie Angst hatte. Und ich hab genauso Angst wie sie, aber sehen darf sie das nicht...“ Yusaku schluckte, stellte sich vor ihm, legte ihm die Hände auf die Schultern. „Du kannst es nicht ändern. Genieße, was du hast, mehr kannst du nicht tun... Aber du solltest wirklich ins Bett, du siehst tatsächlich müde aus. Komm jetzt.“ „Aber...!“ Yusaku schluckte schwer. „Shinichi... wenn ich sagen würde, ich verstünde, wovor du dich fürchtest, wäre das gelogen. Das kann ich nicht. Dazu muss man in deiner Situation sein... Aber glaubst du nicht auch... du schadest dir mehr, wenn du deinem Körper mit Gewalt verwehrst, wonach er verlangt...?“ Shinichi löste sich von der Mauer, schaute ihn an. Was sein Vater sagte, klang logisch. „Schlaf im Wohnzimmer. Ich bleib heute Nacht bei dir.“, bot Yusaku zögernd an. „Wenn… du das willst… heißt das...?“ Er schaute ihn unsicher an, wusste nicht, wie sein immerhin schon erwachsener Sohn auf dieses Angebot reagieren würde, das man normalerweise kleinen Kindern machte, wenn sie sich vorm Monster unter dem Bett fürchteten. Diese Monster waren imaginär; das Monster, vor dem sein Sohn sich fürchtete war jedoch real, und das machte es noch schrecklicher. Es war der Tod selbst. Und er stand schon vor der Tür, lauerte wirklich unter dem Bett, sie alle wussten das. Und genau das... machte die Situation so anders. Shinichi schluckte, nickte kurz, als ihm die Röte ins Gesicht stieg. „Da... danke...“ Er drehte sich um und ging ins Wohnzimmer. Yusaku folgte ihm, seufzte schwer, aber unhörbar. Der Gedanke, warum das hier alles stattfinden musste, quälte ihn unsäglich. Ran wurde nach drei Tagen entlassen. Zwar war die Ärztin von ihrem Wunsch nicht wirklich erbaut, aber ihre Narbe verheilte gut, und das Mädchen machte sich prächtig. Die junge Mutter wollte um keinen Preis einen Tag länger im Krankenhaus bleiben als nötig, hatte von Anfang an klargestellt, sie wolle nach Hause. Und wenn man sich ihren Ehemann genauer ansah… dann ahnte die Medizinerin auch langsam, warum. Eigentlich hätte er erleichtert sein müssen. Er hätte sich erholen sollen, wieder etwas frischer, gesünder aussehen nach der ausgestandenen Angst… aber dem war nicht so. Und langsam dämmerte ihr, dass egal, wie viel Zeit noch vergehen würde... Herr Kudô würde deswegen auch nicht besser aussehen. Er war krank. Dass ihr das nicht vorher aufgefallen war, verwunderte sie; jetzt, wo sie darüber nachdachte, waren die Zeichen eigentlich untrüglich. Er war todkrank. Sie wusste nicht, wie lange er noch haben würde… aber lange war das nicht mehr, soviel war abzusehen. Und deswegen unterschrieb sie Rans Entlassungsbescheid, allerdings nicht, ohne sie vorher noch hundertmal zu warnen, sofort zu kommen, wenn sie Schmerzen hätte oder sich auch nur unwohl fühlte. Ran nickte nur ernst, schaute der Frau in die Augen versprach hoch und heilig, sich zu schonen. Als sie ging, drehte sie sich noch einmal kurz um. „Danke.“, murmelte sie. Dann verließ sie das Besprechungszimmer, trat hinaus auf den Gang, wo Shinichi mit dem Baby im Arm zusammen mit ihrem Vater wartete. Die Kleine schlief und hatte ihre kurzen Fingerchen in die Maschen seines Pullovers gekrallt; Sorgsam hatte er sie unter seinen Mantel geschoben, damit sie auch ja nicht fror. Ran lächelte ihn an, wollte nach ihrer Tasche greifen, aber Kogorô hielt sie davon ab. „Du sollst dich nicht anstrengen.“, bemerkte er tadelnd. Ran seufzte ergeben, nickte nur, griff nach Shinichis freier Hand und ging mit ihm voran. Zuhause angekommen wartete eine Überraschung auf sie. Sie hatte sich schon gewundert, warum keiner sie im Krankenhaus besuchte hatte, von ihren Freunden; jetzt ahnte sie auch, warum. Ihr Wohnzimmer war nicht wieder zu erkennen, alles war geschmückt und dekoriert, und in der Mitte des Raums standen Shiho, der Professor, Heiji, Kazuha und Sonoko und strahlten sie an, überrannten dann fast Shinichi, der Ran sein Töchterlein übergab, damit sie sie allen vorstellen konnte. Er selbst ließ sich in einen Stuhl sinken. Heiji trat leise neben ihn. Lange sprach er nichts. „Also hastdes geschafft.“, murmelte er dann leise. Shinichi nickte, ohne aufzuschauen, ließ seine Augen nicht von Ran, in Sorge, die Aufregung könne zu viel für sie sein. Beruhigt sah er, wie sie sich auf das Sofa setzte, sich alle anderen um sie gruppierten. Kurz fing sie seinen Blick ein; er lächelte, und sie lächelte zurück, schaute dann zu Sonoko, legte ihr behutsam kurz ihre Patentochter in die Arme. Sonoko fing an vor Rührung zu heulen, was wiederum Shinichi ein Grinsen entlockte. Dann seufzte er lange. „Ja, ich habs geschafft. Ich hab fast nicht mehr dran geglaubt, um ehrlich zu sein.“ Heiji ließ sich in den Sessel neben ihm sinken, schaute ihn ernst an. „Und wie geht’s dir?“ Shinichi wandte sich ihm nun doch zu. „Selten so glücklich gewesen...“, murmelte er leise, warf einen Blick auf seine Tochter, die nun wieder sicher in den Armen ihrer Mutter ruhte. „Ganz ehrlich...“, fügte er an. Shiho löste sich aus der Gruppe, schlenderte zu den beiden Detektiven, ließ sich vor sie auf den Teppichboden sinken. „Herzlichen Glückwunsch, Papa.“ Sie lächelte, aber er sah die Trauer in ihren Augen. „Danke.“ „Sie wird... wird dir mal sehr, sehr ähnlich sehen.“, wisperte sie leise. „Das hat mein Vater auch schon gesagt.“ Heiji wandte den Blick, musterte das Baby erneut. „Könnt’ stimmen, ja...“ Shiho seufzte. „Freust... freust du dich?“ Shinichi schluckte, dann beugte er sich vor, schaute ihr in die Augen. „Ja. Und das solltest du auch, Shiho.“ „Das tu ich!“, beteuerte sie. Er zog skeptisch die Augenbrauen hoch. „Oh ja. Ich kann deine Euphorie schon fast nicht mehr ertragen, meine Liebe.“ Shinichi lehnte sich zurück, legte die Fingerspitzen aneinander. „Sei so gut, Shiho... bitte vergiss wenigstens für diesen einen Tag, dass ich bald sterben werde, sondern freu dich einfach mal uneingeschränkt, dass Sayuri auf die Welt gekommen ist. Das bist du ihr schuldig. Und du würdest mir eine Freude machen damit.“ Er schaute sie an. Shiho seufzte leise. „Du hast ja Recht.“ „Das weiß ich. Ich hab meistens Recht.“ „Idiot.“ „Danke. Und wenn du schon dabei bist, lieb zu mir zu sein, könntest du mir ein Stück Kuchen besorgen.“ Sie schaute in sein unverschämt grinsendes Gesicht, verdrehte die Augen und musste dann doch auch lächeln, zog los, und holte ihm seinen Kuchen, um anschließend zu Ran zu gehen und seine Tochter willkommen zu heißen. Er hatte ja wirklich Recht. Sie hatte ein herzliches Willkommen verdient. Irgendwann gegen Abend waren sie dann alle verschwunden, hatten Ran, ihn und ihre Tochter wieder der Ruhe ihres Hauses überlassen. Shinichi seufzte leise, genoss die Stille. Ran stand in der Küche, brühte sich eine Tasse Tee auf und warf einen Blick ins Wohnzimmer. Er lag in seinem Sessel, seine Füße, die in Wollpantoffeln steckten, lagerten auf dem dazugehörigen Hocker. Er hatte sich eine Decke umgeworfen, weil er, wie sie wusste, in letzter Zeit leichter fror, und las. Das Licht der Leselampe warf ein warmes Licht auf ihn; und auf das Baby, das ebenfalls sorgfältig in die Decke gehüllt, auf seinem Oberkörper lag und schlief. Sayuri lag auf ihrem Bäuchlein, beide Händchen zu kleinen Fäusten geballt, ihr Köpfchen ruhte auf seiner Brust und sie atmete leise und ruhig vor sich hin, während ihr Vater langsam Seite für Seite umblätterte. Ran seufzte, ließ den Tee stehen, trat näher und lehnte sich gegen den Türstock. Das Bild war zu schön. Die Atmosphäre so ruhig, so friedlich… wenn es doch nur immer so bleiben könnte… Sie schluckte, nahm jedes Detail der Szene in sich auf. Dann zückte sie den Fotoapparat, machte den Blitz aus und schoss ein Foto. Und obwohl es nicht blitzte, merkte er es trotzdem, legte sein Buch in seinen Schoß, drehte den Kopf und schaute sie an. „Du musst wohl alles für die Nachwelt festhalten, was?“ Ein müdes Lächeln glitt über seine Lippen. Sie trat langsam näher, während er mit einer Hand dem Baby auf seinem Bauch sanft über den Rücken strich. „Das kann nicht wahr sein...“ Sie seufzte, ließ sich eben ihn in den Sessel sinken, bettete ihren Kopf an seine Schulter, griff in die Maschen seines Wollpullovers, atmete langsam aus. „Es kann nicht wahr sein... das ist nicht fair... nicht fair...“ „Ran...“ Er seufzte, schlang seinen anderen Arm um sie, drückte sie an sich, gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Tu mir und dir und... ihr... einen Gefallen und denk nicht dran. Ich wills vergessen, bis es soweit ist.“ Er schluckte. „Ich will das hier genießen. Ich hab nicht mehr damit gerechnet, dass mir dieses Glück noch widerfährt... und jetzt will ich es auskosten. Ganz und gar. Mit dir.“ Shinichi warf einen liebevollen Blick auf seine Tochter. „Oder denkst du nicht auch, wir sind ihr das schuldig? Eine ganze Familie wird sie nicht lang haben... also sollte die Zeit, in der sie sie hat, so schön und perfekt sein, wie es nur eben geht. Und ich will das auch. Ich will wirklich.“ Er wandte den Kopf schaute in ihre blauen Augen. Sie blinzelte, dann schlich sich ein zaghaftes Lächeln auf ihre Lippen. „Da sprichst du ein wahres Wort, Papa.“ „Das weiß ich.“ Er grinste, tippte mit seiner Nase gegen ihre. Sie merkte, wie sie langsam ein wenig ruhiger wurde, merkte, wie die friedliche Atmosphäre auf sie übergriff. Warum nur muss das Leben so ungerecht sein. Warum kann es nicht so bleiben, wie es ist... es ist so schön, so, wie es ist. So perfekt… Es wäre so perfekt… Warum kannst du deine Chance nicht kriegen... warum nur muss das hier passieren. Warum... Dann wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als Shinichi sprach. „Sag, weißt du, wer uns eine Happy Birthday-Karte für Sayuri geschickt hat? Da kommst du nie drauf. Ein Geschenk war auch dabei.“ Er lachte leise. Ran schaute ihn interessiert an, schüttelte den Kopf. „Nein. Wer?“ „KID.“ Ran fuhr hoch, grinste breit. „Nicht dein Ernst!“ Shinichi nickte, grinste ebenfalls. „Doch, war heute in der Post. Eine Karte von Kaito KID. Und ich hab mir auch erlaubt, das Geschenk schon mal auszupacken. Er ist und bleibt ein Idiot, auf seine Weise.“ „Wieso? Was war denn drin?“ Shinichi seufzte theatralisch, räusperte sich, als er das Schreiben zitierte. „Hallo, jüngster Spross des Hauses Kudô! Ich äußere hiermit mein Entzücken über deine Ankunft auf dieser Welt und sende als Geschenk ein Stück Ausgleichsliteratur, die du, bei dem Vater, den du hast, wohl bitter nötig haben wirst. Voilá: Maurice Leblanc: Arsene Lupin, eine Gesamtausgabe. Mit den besten Wünschen von Kaito Kuroba, alias Kaito KID II.“ Ran vergrub ihren Kopf an seinem Hals und brach in Gelächter aus. „Literarisch sehr wertvoll, was er da schreibt. Sein Entzücken…“ Shinichi grinste breit. „Sehr edel von ihm, ein Buch von Leblanc zu senden. Is sogar ein recht altes Exemplar, es steht da drüben. Ihm muss aber klar sein, dass ich das Ding verstecke, oder?“ Sayuri blinzelte müde, schaute ihren Vater an. Er erwiderte ihren Blick, grinste immer noch, als er sprach, streichelte seiner Tochter sanft über den Rücken. „Du liest mal gute Bücher.“ Sie gähnte leise, schloss ihre Augen und schlief wieder ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)