Amnesia von Leira (Wer ist man noch, wenn man sich selbst vergisst?) ================================================================================ Kapitel 24: Kapitel 6: Black Visitors ------------------------------------- Hallo! Ja, ein paar von euch werden nun erstaunt die Augen aufgerissen haben, als sie den Titel dieser Geschichte auf einmal wieder in der Vorschauliste gesehen haben... Traut euren Augen, es gibt mich noch! ;) Wie ich versprochen hatte, breche ich nicht ab. Allerdings bin ich immer noch sehr im Stress, also seid mir so gnädig und erwartet nicht jede Woche ein Kapitel... das denk ich, ist noch nicht in meinen Möglichkeiten, momentan. Versprecht euch auch von diesem Kapitel nicht zuviel... im Prinzip wird hier viel Organisatorisches abgewickelt; was sein muss, muss sein, ohne das geht's nicht. Das Kap, in dems richtig spannend wird, bzw. die zwei Kapitel, die's sein werden, oder drei, kommen erst noch; das eine oder andere vielleicht versteckt in einem Osterei :) Nun denn, ich bitte gnädigst um Vergebung für derart inakzeptabel lange Wartezeiten (ich kanns euch nachfühlen, ich hasse es eigentlich auch, zu warten -.-) und hoffe, die Warterei hat sich wenigstens einigermaßen gelohnt und die nächsten Kapitel entschädigen einigermaßen. In diesem Sinne wünsche ich euch einen recht schönen Sonntag und widme mich wieder meinen Prüfungsvorbereitungen - und dem einen oder anderen Absatz fürs nächste Kapitel. Mit sehr freundlichen Grüßen, Eure prüfungsgeplagte Leira PS: Es mögen noch ein paar Fehler drin sein; das weiß ich; ich werde in den nächsten Tagen mal die ganze Fic Korrektur 'überfliegen'. Sollte ein gravierender Logikfehler drin sein, möchte man mich aber gern darauf aufmerksam machen. ________________________________________________________________________ Kapitel 6: Black Visitors „Yusaku? Yukiko?“ Sie drehten sich um, als sie die Stimme hörten, sahen einen rundlichen, kräftig gebauten Mann mit grauweißen Locken, der sich ihnen eilenden Schrittes näherte. Professor Agasa. Er winkte hektisch; die beiden Kudôs blieben stehen, warteten, bis er bei ihnen angekommen war. Offenbar war er gerade um die Ecke gewesen um zu telefonieren, denn sie sahen, wie er sein Handy ausschaltete und wieder in seiner Jackentasche verschwinden ließ. „Hallo, Hiroshi.“, murmelte Yukiko leise, drückte kurz die Hand des alten Mannes, und ließ sich von ihrem alten Freund kurz in die Arme nehmen, seufzte, schloss kurz die Lider. „Danke, dass du da warst.“, murmelte sie leise, wischte sich mit zitternden Fingern über die Augen. Yusaku schluckte, nickte ihm nur zu. Agasa schaute kurz von einem zum anderen. „Keine Ursache.“ Seine Stimme klang erstaunlich sachlich; ungewöhnlich sachlich für Agasa. Allerdings wussten die Eheleute genau, woher die Nüchternheit in seiner Stimme rührte. „Aber mich würde interessieren, was euch denn abhielt.“ Er zwirbelte sich kurz seinen Bart, sein Blick verlor sich auf dem bleigrauen Linoleumboden des Klinikums, in dem sich kalt die Neonröhren der Decke reflektierten – und auch die gespensterhaft anmutenden Gesichter von Yukiko und Yusaku Kudô. Er holte Luft, schüttelte dann langsam den Kopf, lächelte entschuldigend. „Oder nein, sagt es mir nicht… es geht mich eigentlich ja nichts an. Das ist eine Sache zwischen euch und eurem Sohn.“ Der alte Mann räusperte sich. „Aber es wurde Zeit, das wisst ihr. Shinichi hat schon nach euch gefragt, und euch muss klar sein, dass ihm etwas seltsam vorkommt, dass ihr...“ „Schon verstanden, Hiroshi.“ Yusaku war seinem alten Freund ins Wort gefallen, lächelte den alten Wissenschaftler müde an. „Das wissen wir. Es ist meine Schuld, und ich bin mir meines Verhaltens bewusst.“ Er seufzte, Unbehagen spiegelte sich auf seinem Gesicht. „Nun gut, dann… gehen wir.“ Mehr sagte Agasa nicht- und mehr musste auch nicht gesagt werden. Er trat einen Schritt nach vorn und öffnete die Tür. „Sie werden ihn bald gefunden haben, wenn sie nicht schon wissen, wo er ist.“ Meguré schaute von Jodie zu James, dann zu Takagi und Sato. Sie saßen zusammen an einem kleinen Konferenztisch, vor ihnen Tassen dampfenden Kaffees und haufenweise Notizblätter. Anspannung lag in der Luft, fast knisternd, greifbar; eine Atmosphäre vergleichbar mit der Luft vor einem Gewitter, drückend, elektrisiert, unheilschwanger. Heiji, der zum Telefonieren kurz auf den Gang getreten war, betrat den Raum wieder, in der einen Hand eine Schachtel Gebäck, die er noch kurz in der Kantine geholt hatte, in der anderen Hand eine Tasse Kaffee. Umständlich setzte er sich wieder, spürte die Blicke der anderen auf ihm haften. Und tatsächlich war es auch Meguré, der ihn ansprach, noch ehe er richtig Platz genommen hatte. „Was sagt der Professor? Er war es doch, mit dem du telefoniert hast? Wie geht’s Kudô?“ Der Kommissar schaute ihn erwartungsvoll an. Heiji schüttelte bedauernd den Kopf. „Gibt noch nich‘ viel zu sagen. Sein Gedächtnis hat er noch nich‘ wieder.“ Der Oberschüler seufzte. „Ansonsten scheint‘s ihm verhältnismäßig gut zu gehen, ich mein… so gut’s jemandem gehen kann, der nich‘ mal mehr weiß, wie er heißt.“ Er verzog das Gesicht. „Bis auf die Amnesie erholt er sich aber wohl… ganz gut. Er redet auch mit ihnen und stellt Fragen, aber erinnern kanner sich halt noch an nix.“ Langsam nippte er an seinem Kaffee. „Die Theorie, dass er nur deshalb den Befehl verweigert hat, weil er ahnte, oder wusste, wer der Boss is und dass der Ran nix tun würd‘, stützt unsere Theorie, dass ihn wer mächtiges aus der Organisation kennt.“, bemerkte er dann sachlich, wechselte damit abrupt das Thema. „Jemand hat versucht, ihn zu beschützen… bis dahin, bis… zu diesem Moment, kannte er die Person wohl selber nich‘. Aber in der Gasse, da bin ich mir sicher, da isses ihm aufgegangen. Deshalb hat er sich geweigert. Er hätt‘ nie im Leben Rans Leben riskiert, ohne nich‘ ne Sicherheit zu haben. Er wusste… wer der Boss is‘. Er weiß‘ wer’s is‘, und es is‘ jemand aus seinem Bekanntenkreis. Wir hätten den Fall in diesem Augenblick gelöst, wenner sich nur erinnern könnt‘.“ Seine Stimme klang genervt, allerdings spiegelte sich noch im selben Moment ein Hauch von Schuldbewusstsein auf seinem Gesicht, der dann einem Ausdruck von offensichtlicher Frustration Platz machte, als er sich mit einem lautem Aufseufzen nach hinten fallen ließ, sich an die Stirn griff, mit der Hand übers Gesicht fuhr. „Ich mein, er kann nix dafür, aber es echt zum Mäusemelken, was hier passiert, Ironie pur. Es könnt‘ in diesem Augenblick schon alles vorbei sein…“ Er seufzte erneut. Takagi tat es ihm gleich, während sich alle anderen betretene Blicke zuwarfen. Tatsache war, das was Heiji ansprach, hatte ihnen allen ebenfalls schon im Kopf herumgespukt, schließlich war das eine nicht zu übersehende Tatsache. Sie waren so nah dran- und gleichzeitig unendlich weit entfernt von der Lösung dieses Falls. Und unter ihnen weilte ein Großkrimineller, dem man es nicht ansah, was er veranstaltete, wenn er gerade nicht für das Gute kämpfte. Die Situation schien wirklich absurd. Das Schicksal hatte einen wahrlich seltsamen Sinn für Humor. „Tja, das Leben ist kein Ponyhof.“, murmelte Sato langsam, nicht ohne sarkastischem Unterton und verzog ihre Augen zu Schlitzen – in ihren Zügen zeichnete sich aber immer noch der für sie so typische Kampfgeist ab. „Unser Problem ist aber zusätzlich noch das, dass, wer immer es ist, er nicht die Jagd auf ihn verhindern konnte, soweit wir es wissen, nicht wahr, Mr Black?“ Der Angesprochene nickte nachdenklich. „Ja. Ich bekam einen Anruf von unserer Informantin, dass er flüchtig wäre und man ihn bereits hetze. Wer immer es ist, dieser Boss… he’s not almighty, obviously.“ „And therefore he cannot prevent him of being hunted down. Er wird die Jagd nach ihm nicht verhindern können. Und was passiert, wenn sie ihn gefunden haben, darüber müssen wir nicht reden, denke ich.” Jodie fischte sich einen Keks aus der Schachtel. „That’s, what it looks like, and that’s what it is. Die Organisation besteht nicht nur aus dem Boss… und sie wird sich nicht so einfach zerstören lassen. Sie können sich denken, dass er in einem Krankenhaus ist, und ich bin mir sicher, sie werden ihn wesentlich schneller gefunden haben als damals Hidemi. By the way… wo bleibt Kir eigentlich? Wollte sie nicht auch noch kommen?“ Sie biss in ihren Keks, seufzte leise, wischte sich die Krümel vom Mund. „Sie sollte wirklich bald auftauchen, schließlich ist das hier auch kein Kaffeekränzchen, auch wenn es danach aussieht.” Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie ihren Keks fertig aß. Black warf ihr einen ernsten Blick zu. „Das weiß Kir bestimmt auch.“ Die blonde Agentin beugte sich vor. „Yeah, sure. But… Ai… oder Shiho ist immer noch in Gefahr, und dass Kudô es ist, liegt auf der Hand, genauso auch Ran. Wir haben Wachen postiert, unsere Leute unters Personal gemischt. Wir haben Späher in der Nähe des Klinikums und im Wald, probably this hospital is better secured than Fort Knox. We cannot do much more, without more information, but...“ Kogorô räusperte sich. „Reicht das aus…?“ Er schaute ernst in die Runde; an Jodies Gesicht blieb sein Blick haften. Sie seufzte, fuhr sich durch die Haare. „That’s what I wanted to say.“ Kogorô seufzte leise, strich sich mit Daumen und Zeigefinger über seinen Bart. „Was ist mit Ran? Und diesem Akai?“, murmelte er dann fragend. Diesmal war es James, der ihm antwortete. „Die beiden kommen bald, in ein paar Stunden, wohl. Ich hoffe, die Organisation wartet noch so lange bis Shuichi wieder da ist, ehe sie ihren Coup landen wollen. I’d rather like to have him here, when it begins…“ James Black wischte sich über sein altes, faltiges Gesicht, während Môri in seine Kaffeetasse stierte; längst schon stieg kein Dampf mehr daraus auf, auch wenn der Becher noch fast voll war. Meguré schaute von seinen Notizen, mit denen er sich die letzten zwei Minuten beschäftigt hatte, auf. Black fing seinen Blick auf, legte die Fingerspitzen seiner Hände aneinander. „Sie haben auch Beamte zu den Kudôs und zum Professor entsandt, ja?“ „Ja. Allerdings ist der Professor ja momentan mit Ai unterwegs.“ Dann ging die Tür zum Konferenzraum erneut auf, und eine junge Beamtin betrat das Zimmer. „Kommissar Meguré, diese Frau sagt, sie wäre eine Hidemi Hôndô und würde von Ihnen erwartet… und sie hat noch jemanden mitgebracht.“ „Das ist richtig. Bringen Sie sie rein.“ Der Kommissar unterdrückte ein erleichtertes Seufzen und nickte nur, woraufhin die junge Frau das Zimmer verließ, und dabei den beiden Besucherinnen den Weg frei machte. Hidemi trat als erstes ein, nickte zur Begrüßung und setzte sich auf eine einladende Geste Megurés. Dann fiel der Blick er Runde auf die Frau, die der CIA- Agentin gefolgt war - eine hochgewachsene, schlanke, bildschöne Frau mit blonden Locken betrat das Zimmer wie die Bühne eines Theaterstücks. Für einen kurzen Moment schien die Szene wie eingefroren; dann riss ein lautes Krachen sie alle wieder in die Wirklichkeit zurück. Jodie war so heftig aufgesprungen, dass ihr Stuhl umgefallen war. Jetzt stand sie da, starrte die blonde Frau an, ihre Haare wirkten fast wie elektrisiert. Im Gegensatz zu ihrem letzten Aufeinandertreffen im Garten der Kudôs war hier und jetzt nichts da, das ihre Aufmerksamkeit anderweitig beanspruchte. Sie sah nur Vermouth. „What is this woman doing here?!“ Jodie ließ ihren Blick nicht von der blonden Frau, als sie langsam wieder Herrin ihrer Sinne wurde, ärgerte sich im Stillen, dass diese Person es jedes Mal schaffte, sie so aufzuregen. Allerdings, das musste sie sich eingestehen, hatte sie wohl jeden Grund dazu, Vermouth so sehr zu hassen, dass ihr ihre Anwesenheit stets den Wunsch nach Vergeltung aufkeimen ließ. „Ah, happy to see me, darling, aren’t you?“ Vermouths Stimme klang kühl und nüchtern, aber in ihren Augen glitzerte ein vergnügtes, angriffslustiges Funkeln. Dass es nicht unbedingt Freundschaft war, das diese beiden Frauen verband, war für jedermann offensichtlich; fast alle anderen saßen stocksteif auf ihren Stühlen, hochgeschreckt von Jodies Ausruf, beobachteten die beiden Frauen wie Zuschauer eines Theaters, bis auf Heiji und James Black, die dem Ganzen mit mehr Abgeklärtheit begegneten. „Jodie!” James hatte sich als erster gefasst, sofern er jemals fassungslos gewesen war; der Brite erhob sich, stellte den Stuhl wieder zurecht, drückte seine junge Agentin wieder auf die Sitzfläche, hielt sie fest, und bedeutete ihr so unmissverständlich, dass dies weder der Ort noch die Zeit waren, um ihre Differenzen mit der Mörderin ihres Vaters zu klären. Die junge Agentin funkelte die Blondine finster an, ihre Haltung war verspannt, mühevoll wandte sie sich ab, stierte auf die Tischplatte und stürzte dann ihren Kaffee in einem Zug hinunter. Vermouth lächelte ein dünnes, aber doch überlegen anmutendes Lächeln, in ihren blauen Augen glänzte immer noch Amüsement, ihre gelassene Haltung ein Zeichen purer Überlegenheit. Sie war die grande dame und die femme fatale in Personalunion, sie war der Star ihrer Runde - von dem Moment, in dem sie den Raum betreten hatte, strahlte eine Souveränität aus, die einer Königin würdig gewesen wäre. Und sie wusste das. „Vermouth. What an extraordinary honour.“ Blacks sonore Stimme durchbrach die Stille; mit seiner ihm eigenen Distanziertheit und britischer Contenance schaute er die blonde Frau reserviert an, ließ Jodie dann los, trat zu Vermouth und rückte ihr einen Stuhl zurecht. Sharon Vineyard alias Vermouth setzte sich elegant, schlug die Beine übereinander und warf ihr goldenes Haar über ihre Schulter. „Still the old gentleman, James?“ Sie warf ihm ihr strahlendstes Lächeln zu, ihre karmesinroten Lippen perfekt geschwungen, ihre Zähne weiß und makellos wie Perlen. Er lächelte ein dünnes Lächeln, das sich unter seinem Schnauzbart regelrecht zu verstecken schien, und das längst nicht bis in seine Augen kroch. „Some things never change. Mutig von dir, hier aufzutauchen, meine Teuerste.“, bemerkte er dann nur, ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken, ohne jedoch den Blick von ihr zu wenden. Die drei Polizisten schauten die Schauspielerin perplex an; Heijis Hand schwebte irgendwo zwischen der Keksschachtel auf dem Tisch und seinem geöffneten Mund in der Luft; er war gerade dabei gewesen, sich ebenfalls einen Keks einzuverleiben, als der unerwartete Besuch gekommen war, und seine Aufmerksamkeit beansprucht hatte. Nun ließ er die Hand sinken, lächelte verhalten. „Schön, Sie mal kennenzulernen, Mrs. Vineyard. Shinichi hat mir schon viel von Ihnen erzählt.“ „Mr. Hattori, I suppose.“ Sie lächelte mysteriös, neigte elegant ihr Haupt, nickte kurz. „Quite right.“ Heiji grinste, stopfte sich nun endlich das Gebäckstück in den Mund. Allerdings waren bei Weitem nicht alle Personen im Raum so gelassen; Jodie war immer noch leichenblass um die Nase und es war ihr anzusehen, dass sie enorm an sich halten musste, um sich unter Kontrolle zu halten. „Was willst du hier, Vermouth?“, fauchte sie gepresst. „Na, wer wird denn so unhöflich sein?!“ Die Blondine wandte sich ihr zu, das Lächeln auf ihren Lippen war verschwunden. „I don’t understand your behavior, sweetheart. Wo ich doch diesmal auf eurer Seite bin. On cool guys side, that is.“ „Must be his side. Auf meiner wirst du nämlich nie sein.“ „Quite possible, darling.“ Sharons Blick verfinsterte sich, langsam verschränkte sie ihre Arme vor der Brust, ließ die blonde FBI-Agentin nicht aus den Augen. Meguré wurde es nun zu bunt, was deutlich daran ersichtlich war, dass die Spitzen seines Schnauzbarts zu zucken anfingen, und zwar im Rhythmus der pochenden Ader in seiner Schläfe. Während Sato den Neuzugang misstrauisch einer genauen Musterung unterzog und Takagi und Môri ob so viel Glamour wie geblendet schienen, stand er nun auf. „Darf ich fragen wer Sie genau sind, nach all den Namen, die gerade schon fielen? Und was Sie hier wollen, wäre, nebenbei bemerkt, auch nicht uninteressant. Wir hatten eigentlich nur unsere Informantin erwartet.“ Er warf Hidemi einen kurzen Blick zu, wandte sich dann wieder zu Sharon, schaute sie ernst an, mit all der Autorität, die er zusammenkratzen konnte angesichts einer so blendend schönen Frau. „Ich bin hier, weil ich Shinichi helfen will. Und weil ich mich erkundigen wollte, wie es ihm geht, nachdem man mich kaum ins Krankenhaus lassen wird…“ And as he’s not talking to me since the day before yesterday… I’ve got no other way to get some information… „Und woher sollen wir wissen, dass Sie vertrauenswürdig sind, Miss…”, begann Takagi. „Mrs, darling. It’s Mrs. Mrs Vineyard.“ „Vineyard?“ Takagis Augen wurden groß. Er hatte doch gewusst, die Frau kam ihm bekannt vor. „Die Vineyard? Chris Vineyard, die Schauspielerin?“ „No, dear.“ Sharon schüttelte lächelnd ihr goldgelocktes Haupt, beugte sich vor, stand auf und stützte sich lächelnd mit beiden Händen auf den Tisch, fixierte Takagi mit ihren eisblauen Augen. „Not Miss Vineyard, I told you. Not Miss Chris Vineyard… It’s Mrs Vineyard. Mrs Sharon Vineyard… oh, dear, would you try not to look so surprised, please…? Gather yourself, man. After all, you know cool kid - cool guy, I mean.” Sie verzog ihre rotgeschminkten Lippen zu einem spöttischen Lächeln, lachte leise, ließ sich wieder zurück in ihren Stuhl gleiten. „Sehen Sie mich nicht so ungläubig an, sie kennen doch das Mysterium von Shinichi Kudô… und von Shiho Miyano. Da sollte Sie mein Erscheinungsbild nicht so überraschen.“ Sie schlug aufreizend langsam ihre Beine wieder übereinander, wippte kurz mit ihren in schwarzen Lederstiefeln steckenden Füßen. „Also… darf ich jetzt erfahren, wie es ihm geht? Pretty please? Ich denke, es wird nicht gefährlicher für ihn, wenn Sie mir ein paar Infos geben, sonst hätte mich unsere liebe Kir kaum mitgebracht. Ganz davon abgesehen, dass Ihnen ohnehin das Wasser bis zum Hals steht, nehme ich an, sonst würden Sie ja nicht in dieser lauschigen Runde mit so ernsten Gesichtern beieinander sitzen.“ Sharon schaute den Kommissar erwartungsvoll an. „Wir wollten eigentlich eher erfahren, wie weit Ihre Organisation mit der Suche ist, Mrs Vineyard.“, murmelte Sato schnippisch. „Keinesfalls sind wir hier die Auskunft.“ Die junge Polizistin hielt dem musternden Blick Sharons stand. „Tough girl.“ Sie lächelte. Heiji hingegen schaute sie an, räusperte sich, fuhr sich kurz über die Stirn, als sich in seinem Kopf eine Erkenntnis manifestierte. Dass sie diese Frage stellte, konnte eigentlich nur eines bedeuten... „Sie haben in der Organisation noch keine Ahnung? Was mit Shinichi is‘?“ Seine Frage zog die Aufmerksamkeit aller auf ihn. Sharon und Hidemi schüttelten den Kopf synchron. „Nein, so ist es leider auch nicht… seit... circa einer Stunde wissen wir, in welchem Klinikum er liegt. Aber wir wissen nicht, wie es ihm geht.“, murmelte Hidemi. „Sie wissen was?!“ In Megurés Gesicht spiegelte sich das Entsetzen. James schaute sie ebenfalls alarmiert an, auch wenn er sich deutlich besser beherrschte, man ihm den Schock nicht so sehr ansah. „Fahr fort.“, murmelte er dann langsam. „Gin hat herausgefunden, dass er im Haido Central Klinikum liegt. Zimmer 365. Das Triumvirat weiß bereits Bescheid… und ich brauche wohl nicht erzählen, was gerade geplant wird.“ Kirs Gesichtszüge verrieten ihre Unruhe. Jodie ließ sich zurücksinken, fuhr sich mit ihren Händen übers Gesicht, ehe sie sprach. „Wir müssen ihn sofort da rausholen und woanders unterbringen.“ „No.“ Seltsamerweise war dieses eine, schlichte Wort von zwei Personen synchron ausgesprochen worden; von James und Sharon. Die beiden starrten sich nur kurz an; dann gestikulierte Sharon in die Richtung des FBI-Agenten, der ihr kurz gentlemanlike zunickte, bevor er zu sprechen begann. „Nein, er bleibt, wo er ist. Wir sind im Nachteil gegenüber der Organisation… der einzige Trumpf, den wir haben, ist er. Es gefällt mir zwar nicht, aber solange wir nichts in der Hand haben, sind wir angreifbar. Wir können ihn da nicht rausholen, ohne ihn zu gefährden. Sie sind uns voraus, offensichtlich, ich schätze, die ersten eurer Leute sind schon eingetroffen um das Gebäude zu beschatten. Gelänge es uns, sie zu hindern, ihm etwas anzutun, ein paar… Festnahmen zu machen, könnten wir in ihr Hauptquartier gelangen. Ich weiß, das könnten wir auch so.“ Er würgte Heiji ab, der gerade einen entrüsteten Einwurf hatte machen wollen. „Wenn wir Hidemi bäten, uns zu sagen, wo es ist. Ich weiß. Aber wenn es uns nicht gelingt, sie dann zu ergreifen, sie mit einem Schlag zu vernichten, was leider nicht sehr wahrscheinlich ist, im Augenblick… dann könnte unter Umständen Hidemis Leben in Gefahr sein. Sie sitzt ohnehin… auf einem wackeligen Stuhl, wenn ich mich nicht irre. Außerdem ist das Sache der CIA, uns steht nicht zu, dass wir uns...“ „Lieber gefährden Sie seins?! Sie wissen, wie’s ihm geht! Sie können ihn nich‘ als Lockvogel benutzen, er weiß doch nich mal, vor wem er weglaufen soll!“ Heiji war aufgestanden, sein Gesicht weiß vor Wut und Fassungslosigkeit, seine Augen starr auf den FBI-Agenten gerichtet. Er bemühte sich, nicht die Beherrschung zu verlieren, aber das hektische Auf und Ab seines Brustkorbs verriet nur zu deutlich, wie gern er dem Mann vom FBI seine Meinung so richtig gegeigt hätte. Meguré, Sato und Takagi starrten ihn an. Langsam ging auch ihnen auf, wie gut die beiden Detektive wirklich befreundet waren. Das war allerdings nichts gegen die verdutzten Gesichter, die Vermouth und Kir machten. „What do you mean, he doesn’t know…? He knows most of us perfectly well after his week as Armagnac… und er weiß auch, wo das Hauptquartier ist, logischerweise ist er ja von dort geflohen. Und nein, bevor ihr auf die Idee kommt, I won’t tell you either; I've got my reasons not to tell you, and you can't make me, I'm not working for you. Außerdem wage ich aber zu behaupten, ihr könntet mich da drin noch brauchen, falls euer Plan schiefgeht, so ihr denn mal einen habt. Aber warum fragt ihr ihn nicht? Ist er noch bewusstlos?” Sie zog eine Augenbraue hoch. „Und was meintest du nun? Warum weiß er nicht…?“ Sharon schaute ihn fragend an, merkte, wie sich in ihren Gedanken eine Ahnung zusammensetzte, wurde langsam blass, merkte, wie ihr Herz bis zum Hals schlug. No! Heiji ließ sich auf den Stuhl zurücksinken, starrte seine Hände an. „Shinichi hat sein Gedächtnis verloren. Er leidet unter retrograder Amnesie…“ Es war Takagi, der sich nun zu Wort gemeldet hatte. „Er besitzt kein Wissen mehr über die Zeit vor vorgestern Abend. Er wusste nicht mal seinen Namen. Folglich… weiß er auch nicht mehr, wer ihr seid. Wo das Hauptquartier ist.“ Er ließ seinen Blick zwischen Sharon und Hidemi hin und her wandern. Die beiden Frauen starrten sich an; dann wandte sich Sharon an James Black. „That’s not true.“ „It is.“ Black schaute ihr fest in die Augen. „Egal was ihr gemacht habt, egal was auf seiner Flucht passiert ist, es hat dafür gesorgt, dass er alles vergessen hat, was er je gewesen ist oder erlebt hat. Literally everything.“ Sharon wandte langsam den Kopf ab, fixierte mit ihren Augen einen Punkt jenseits der Tischplatte, als in ihrem Kopf die Gedanken rasten. Ihr Teint war auf einmal sehr bleich geworden. „Forgotten… everything forgotten…? Not one… single memory left…?“ Sie blickte auf, sah in die Runde. Schaute in lauter erstaunte Gesichter, und konnte sich denken, dass sie deshalb so überrascht waren, weil sie so… emotional reagierte. Tatsächlich zitterte ihre Stimme, ihre Hände krampften sich um die Tischplatte. Cool guy is no more… Dear god… How must you feel… a stranger in this world, more innocent than a mere child… A stranger in your own body again… An empty head… only filled with… so much nothingness… Sie schluckte, riss sich zusammen. „Under these cirucumstances… sollten wir ihn nicht als Köder gebrauchen. Er ist in der Tat in viel zu großer Gefahr.“, wisperte sie. „Doch.“ James schluckte. „Das ist die einzige Möglichkeit. Ich gehe davon aus, dass selbst wenn wir ihn verlegen, wir ihn ohnehin nicht heil an einen anderen Ort brächten.“ Kir nickte. „Das ist anzunehmen, ja.“ Sie sah auf, schaute in die Runde. „Im Prinzip rechnet man bei uns eher damit, dass ihr ihn sofort da rausholt. Dementsprechend ist alles postiert... ihr kriegt ihn nicht mal aus dem Krankenhaus raus, nicht persönlich und zu Fuß, nicht verkleidet… und auch nicht mit einem Krankenwagen. Ich denke… nicht als Lockvogel, aber… ganz allgemein ist es sicherer, wenn er bleibt wo er ist, nur durch geprüftes Personal versorgt wird, noch strenger bewacht wird und… am besten kein Krankenhausessen mehr bekommt.“ Sie lächelte müde. „Die wollen ihn tot sehen. Egal wie, nur tot. Und sie werden jedes Mittel versuchen- weil ihnen einfach jedes Mittel Recht ist.“ „Verdammte Scheiße.“, fluchte Heiji lautlos. Meguré starrte auf den Tisch vor ihm; sein Kaffee wurde langsam kalt. „Wir brauchen einen Plan.“, murmelte er dann leise. „Und zwar schnell.“ „Ich denke…“, wagte Miwako Sato sich zu Wort zu melden, „dass alle Einheiten zu verstärken und in Alarmbereitschaft zu versetzen… ein guter erster Schritt wäre.“ Jodie, James, Takagi und Meguré nickten. Heiji schrak auf, als sein Handy, das er vor sich auf dem Tisch abgelegt hatte, zu brummen anfing und vom Vibrationsalarm getrieben über den Tisch wanderte. Er griff danach, hob ab, lauschte der Stimme am anderen Ende, wobei ein erstaunter Gesichtsausdruck auf seine Züge schlich; als er sprach, geriet er ins Stottern. „Oh, ah… hi, Ran? Ihr… ihr seid hier? Jetz‘ schon? Ich mein wir… hatten später mit euch - Du kannst den Prof nich‘ erreich‘n… der… der wird wohl noch im Krankenhaus sein… da hat er bestimmt das Handy aus.“ Er seufzte, schaute dann fragend in die Runde, seine Lippen formten ein lautloses „Was jetz‘?“; es war ihnen allen klar, dass Ran überall hindurfte, jetzt – nur nicht ins Krankenhaus. Und das war aber bestimmt der Ort, an dem sie lieber jetzt als gleich sein wollen dürfte. Jodie stand auf, warf ihrem Vorgesetzten einen kurzen Blick zu, der offensichtlich den gleichen Gedanken gefasst hatte. „Ich hol die beiden ab. She cannot visit him just now, she would be in far too much danger. I’ll take her home, I think, Mr Mori, es wäre gut, wenn sie daheim auf ihre Tochter aufpassen würden.” Kogorô nickte, erhob sich. „Schon unterwegs.“ Jodie griff nach ihrer Handtasche, nicht, ohne noch einen kurzen Blick zu Sharon zu werfen. „Sag ihr, ich hol sie und Akai. Ich bin in einer halben Stunde da.“, wandte sie sich zu Heiji, der es sofort weitergab. Als er das Telefonat beendet hatte, war Jodie schon längst gegangen. Sie durften keine Zeit verlieren. Absinth hatte die Hände vor seiner Brust verschränkt, saß lässig zurückgelehnt in seinem Stuhl; mit ihm am ovalen Tisch saßen Rum und Cachaça, über ihnen hing eine blaugraue Dunstwolke, der Duft von schwerem Zigarrentabak lag in der Luft. „Heute Abend ist er fällig. Diesmal entkommt er uns nicht. Das alles… ist viel zu gut geplant.“ Er lächelte selbstzufrieden. Rum nickte. „Ja. Unsere Leute sind bereits als Personal eingeschleust… es wird schnell gehen. Sie verschaffen Gin und Wodka Zutritt zu seinem Zimmer, lenken die Wachen und das FBI ab… und dann…“ Er grinste dünn, formte mit einer Hand eine Pistole, zielte in die Luft und tat so, als würde er abdrücken. „Alle sind auf Position… sie haben keine Chance, ihn raus zu schleusen. Innerhalb einer Viertelstunde wird der Coup gelaufen sein… Kudô wird tot sein… und Cognac kann dagegen nichts tun oder sagen.“ Cachaça nickte, nahm einen Schluck aus seinem Glas, einem großen, bauchigen Weinglas, das er vor sich stehen hatte, legte dann seine Fingerspitzen aneinander, neigte sich nach vorn. „Mon dieu… wir sind brillant. Der Boss wird nur erfahren, dass seine Anordnung, seinen Sohn zu eliminieren, ausgeführt worden ist…“ Er ließ sich zurück sinken, schaute an die Decke. „C’est si simple. Wie einem Kind seinen Lolli wegzunehmen…“ Die anderen beiden nickten nur, sehr zufrieden mit sich und ihrem Plan. Im Zimmer war es still. Als die Tür sich geöffnet hatte, hatten sie sich alle umgewandt, in Erwartung, den Professor zu sehen und Neuigkeiten von Heiji zu hören; allerdings war er nicht allein gekommen. Hinter ihm stand das Ehepaar Kudô, nun schon seit ein paar Sekunden. Und die Stille dehnte sich aus. Der Professor schaute unbehaglich von Shinichi, der fast ohne zu blinzeln seine Eltern anstarrte, zu Yusaku, der nach ein paar Augenblicken den Blick gesenkt hatte, und Yukiko, die mittlerweile so blutleer im Gesicht geworden war wie ihr Sohn, trat dann ein paar Schritte vor, mit dem festen Vorsatz, die Situation zu lockern. Er versuchte, ein freundliches Lächeln aufzusetzen, strich sich über seinen Bart, dann über seinen Bauch – eine offensichtliche Geste der Unsicherheit. „Heiji kommt erst morgen, weil er sich noch mit der Rekonstruktion deiner letzten Woche beschäftigen muss… aber du hast trotzdem Besuch.“ Shinichi hatte seinen Blick von seinen Eltern losgerissen, als der Professor zu reden angefangen hatte, nickte nun kurz. Der alte Mann kniff die Lippen zusammen, trat noch ein wenig mehr zur Seite, um dem Ehepaar Kudô mehr Platz zu machen, stellte sich dann leicht schräg hinter sie. Ais Augenbrauen wanderten langsam nach oben, ihr war die Anspannung im Zimmer nicht entgangen; dann stutzte sie kurz, als sie merkte, wie sich ihre Nackenhärchen sträubten. Unwillig griff sie sich an den Hals, schluckte, strich sich kurz unter die Haare. Sie war übersensibel, das war es bestimmt. Hier war bestimmt keiner von ihnen… in der Nähe. Dann merkte sie, wie der Professor und die Kudôs unsichere Blicke austauschten. Sie schaute zu Shinichi, der alles andere als gelassen und freudig erregt zu sein schien; seine Haltung verriet Anspannung, auch wenn er dagegen ankämpfte, sich das anmerken zu lassen. Der Professor sah ihn an, eindringlich, bevor er sprach. „Das… sind deine Eltern, Shinichi. Und wir wollen nicht stören, deshalb gehen wir jetzt wohl besser - bis morgen… gute Besserung.“ Er drückte kurz seine Schulter, winkte die Kinder aus dem Zimmer, zog hinter Ai, die die Letzte war, die Tür wieder ins Schloss, überließ die Familie damit sich selbst. Shinichi schaute ihnen hinterher, war fürs erste sprachlos, musste seine Lage erst einmal sondieren. Seine Eltern waren da. Und langsam wurde ihm klar - er wusste nicht, was er erwartet hatte. Nicht das, wohl. Draußen vor der Tür blieb Ai stehen, sah Agasa lange an. „Sie haben ihn vorhin angelogen, Professor.“, bemerkte sie dann leise. Ihre Stimme klang ernst, ihre Augen ruhten scheinbar gelassen auf seinem Gesicht, doch er konnte sehen, wie es in ihr brodelte. Ein Sturm unterhalb der Wasseroberfläche. „Denken Sie, in seiner Situation ist das eine gute Idee?“ Die Anklage und die damit verbundene Kritik waren unüberhörbar. Genta, Mitsuhiko und Ayumi, die in Gedanken versunken vorangegangen waren, und sich nur leise unterhalten hatten, fuhren herum, gaben erstaunte Laute von sich. „Professor?!“ Mitsuhiko trat näher. „Was meint Ai denn damit?“ Er schaute ihn durchdringend an; genauso durchdringend, wie auch Ayumi und Genta hinter ihm den alten Mann fixierten. Der Professor war sichtlich rot im Gesicht geworden, wischte sich über die Stirn, auf die urplötzlich Schweißperlen getreten waren. „Ich…“ Er wandte sich ab, knetete seine Hände, schaute zu Boden. „Professor?“ Ayumi schaute ihn fragend an, dann glitten ihre Blicke zu Ai. Irgendetwas lief hier doch… etwas, von dem sie noch nichts wussten. Das rotblonde Mädchen stand da, die Arme vor der Brust verschränkt und sah ihn nur weiterhin starr an, in ihren Augen ein unergründlicher Ausdruck, ihr Gesicht regungslos. „Sie wissen, ich würd’s tun für ihn. Wir können es ihm beweisen, wir können es ihm so viel leichter machen… und ich würds tun…!“ Der Professor schüttelte den Kopf, biss sich auf die Lippen. „Denkst du, daran hab ich nicht gedacht?!“ Er klang aufgebracht. Mitsuhiko, Genta und Ayumi betrachteten die Szene, beobachteten und versuchten herauszufinden, worum es eigentlich ging. Der alte Mann rang sichtlich mit sich. „Ich weiß, dass wir den besten Beweis hätten, den man ihm liefern kann. Aber ich will nicht, dass du das tust.“ „Einen Beweis?“ Nun war es Genta, der näher trat. „Für Conan? Man kann das beweisen?“ Er drehte sich langsam um, fixierte das kleine Mädchen mit den Augen eines alten Mannes, ein Blick voller Schwermut und Sorge. „Glaub nicht, mir liegt nicht genug an ihm. Aber mir liegt auch was an dir… Ai.“ Agasa schluckte. „Ich meine, dass du das Risiko nicht eingehen solltest, vielleicht glaubt er uns auch so; wenn wir es ihm nur lange genug erzählen… ich hatte heute das Gefühl, wir haben ihn fast soweit…“ „Die Zeit haben wir aber vielleicht nicht, er muss es jetzt wissen, was ist wenn…“, unterbrach sie ihn und wurde ihrerseits wieder vom alten Erfinder unterbrochen. „…und ich glaube einfach nicht, dass dieser Anblick ihm irgendetwas Gutes tut… er traumatisiert ihn noch viel mehr, denke ich...“ Ai bedachte ihn mit einem trotzigen Blick. „Ich denke, er ist doch auf dem Weg, es uns zu glauben…“ Seine Stimme verlor sich. Er steckte seine Hände in seine Hosentaschen, schaute zu Boden. Das kleine Mädchen trat näher. „Wird er nicht. Er wird uns nicht glauben. Er will. Aber er kann nicht... und sie wissen, warum er nicht kann. Weil er ist, wie er ist. Er kann nicht…“ Ihre Stimme klang leicht melancholisch, ein winziges, bitteres Lächeln lag auf ihren Lippen. „Wie könnte er auch… Professor, wie könnte er denn…? Dieser Wahrheitsfanatiker, der ohne einen Beweis doch fast nichts glaubt. Und Sie müssen zugeben, Sie waren auch nicht leicht zu überzeugen. Wie sollte dann er es sein- ich meine, gerade er!“ „Ich will nicht, dass du das Risiko eingehst.“, wiederholte er stur. „Nicht nur, dass es eine körperliche Belastung ist, was, wenn sie dich sehen?“ „Was, wenn sie ihn sehen und er nicht weiß, wer sie sind! Er muss es wissen! Es glauben, in allen Einzelheiten, weil er sonst nicht versteht, was alles passiert ist, welche Tragweite das alles hat! Er wird die Reaktionen der anderen nicht verstehen, nicht deuten können, wenn er nicht weiß, wer er war. Und vielleicht- vielleicht erinnert er sich auch wieder… wenn er… wenn er es sieht. Haben Sie daran schon einmal gedacht? Es könnte gut sein, dass er sich dann wieder an alles erinnert!“ „Und vielleicht stirbst du auch bei der Einnahme! Das war es dann wert! Verdammt, er sollte es uns auch ohne Beweis glauben! Und was meinst du, was ich mir anhören darf von ihm, wie ich zulassen konnte, dass du das Zeug nimmst, wegen ihm, und es dich umgebracht hat! Nein!“ Agasa war laut geworden und die Kinder starrten ihn an, mit offenen Mündern. So kannten sie ihn gar nicht- nie hatten sie ihn schimpfen hören, oder gar ausrasten. Nun stand er da, atmete heftig, gestikulierte wild. „Im Übrigen erstaunt es mich, dass gerade du mit dieser Argumentation kommst, Ai! Du bist doch sonst immer so vernünftig, du hast doch das Gegengift auch nie gern rausgerückt, du weißt doch, wie gefährlich es ist…“ „Das ist etwas anderes… Professor, solange er nicht an Conan glaubt, wird ihm im Puzzle seiner Erinnerung dauerhaft ein Teil fehlen. Ein Teil, ohne das er die andere Information nicht entschlüsseln kann… vielleicht bekommt er seine Erinnerung ohne dieses Teil nie wieder! Und überhaupt, warum regen Sie sich so auf… ihm haben Sie’s auch nie verboten!“ „Weil er noch nie auf mich gehört hat, Ai, verstehst du nicht?!“ Er gestikulierte hilflos, schaute sie betroffen an. „Ich versteh dich ja, ich versteh, was du meinst, aber denkst du nicht…?“ Sie wandte ihren Blick ab, schaute gegen die Wand, schüttelte dann langsam den Kopf. „Es ist mein Leben.“ Diese vier Worte kamen unglaublich langsam über ihre Lippen. „Es ist mein Leben, und dass ich es überhaupt noch habe, verdanke ich Shinichi- ich bin es ihm schuldig, alles zu tun, was in meiner Macht steht, damit er seins auch wiederbekommt.“ Damit drehte sie sich um, schritt von dannen. Agasa hetzte ihr hinterher, hatte sie bald eingeholt; die Kinder folgten ihm auf dem Tritt. „Das kannst du nicht tun!“ „Wovon reden die überhaupt?“, murmelte Genta fragend. Ai seufzte, blieb stehen. Es hatte keinen Zweck, es ihnen nicht zu sagen; herausfinden würden sie es sowieso, sie waren ohnehin schon so tief drin in der Sache… Kurz schloss sie die Augen, schaute dann jeden von ihnen eingehend an. „Wie ihr wisst, hab ich das Gift entscheidend entwickelt, deswegen kenne ich mich auch aus damit, und hab in den letzten Jahren ständig nach einem Gegenmittel geforscht. Nun… es gibt ein temporäres Gegengift, soweit bin ich gekommen. Nähme ich es, würde ich wieder erwachsen, für ein paar Stunden. Dann kann er… sehen, was passiert. Sehen, wie aus Shiho wieder… Ai wird. Vielleicht erinnert er sich dann. Und wenn nicht, weiß er wenigstens, was aus ihm geworden ist und dass alles stimmt…“ Ihr Blick verlor sich. Agasa schüttelte immer noch den Kopf. „Es ist zu gefährlich.“, murmelte er. Ayumi schluckte. „Sie kann dabei sterben…?“, wisperte sie ängstlich. Der alte Erfinder nickte. „Verdammt, Kudô hätte auch sterben können, er hat‘s auch genommen, öfter als einmal…“, fauchte Ai ungehalten. „Ja, weil er es für Ran getan hat…“ „Und ich tu’s für ihn! Was ist da anders?!“ Agasa stockte, genauso wie die Kinder; kurz schien die Szene eingefroren zu sein, dann ergriff der alte Professor wieder das Wort. Ai schluckte, ballte ihre kleinen Fäuste, merkte, wie es in ihr wühlte, und hasste das Gefühl. Der Professor schaute sie starr an. „Du weißt, worum es geht, Ai. Er hat es zu ihrem Schutz getan, auch wenn... er es vielleicht mit ein paar anderen Gründen verknüpfen konnte." Er seufzte leise. "Aber der Hauptgrund dafür war, dass er nicht auffliegt. Dieser Grund ist hier nicht gegeben. Ihr seid schon aufgeflogen. Aber du fällst als Shiho viel mehr auf als als Ai. Allein, weil Ai wesentlich kleiner ist und deshalb leichter übersehen wird, und mit etwas Glück haben sie dein Kindergesicht nicht so gut in Erinnerung…“ „Aber ich würde es doch trotzdem zu seinem Schutz tun. Damit er weiß, was los ist, wie ernst die Lage ist! Damit er sich erinnert! Oder wenigstens… neu lernt.“, warf Ai ein, bemühte sich um sachliche Argumente, bereute es, gerade so emotional geworden zu sein. Ihr war viel zu spät aufgegangen, wie ihre Aussage noch deutbar gewesen war, und das schlimmste war... ganz von der Hand zu weisen war die zweite Interpretation ihrer Hilfsbereitschaft in dieser Hinsicht leider auch nicht. Aber das ging keinen was an. Die aufgebrachte Stimme des Professors riss sie allerdings wieder aus ihren Gedanken, ehe sie weiter grübeln konnte. „Nein!“ Agasa atmete heftig. „Und das ist mein letztes Wort!“ „Sie haben das nicht zu entscheiden.“ Traurig lächelnd blickte sie auf. „Ihre Sorge ehrt Sie, aber Sie haben… über diese Entscheidung keine Macht.“ Ihre Stimme klang bedauernd, fast. Damit ging sie. Die anderen folgten ihr schweigend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)