Die Legende von Erfanela von Shana_the_Deathberry ================================================================================ Kapitel 4: Wo? -------------- Kapitel 4. Als Kajas Bewusstsein wieder zu ihr zurückkehrte, befand sie sich in einem einfachen, aber sehr weichem Bett. Erleichtert stellte sie fest, dass es ihr viel besser ging - sie spürte, dass ihre Kaerasinne sich schärften und dass ihr Körper sich problemlos bewegen ließ. Ein Problem weniger. Vorsichtig, um nicht doch noch einen Rückfall zu erleiden, setzte sie sich auf. Das Bett, in dem sie lag, war aus einfachem Holz gemacht und hatte wirklich nur einen praktischen Sinn - Verzierungen wurden nicht hineingeschnitzt. Überhaupt schien das ganze Zimmer samt Möbeln nur aus Holz zu bestehen. Wussten die Bewohner nicht, dass das Holz mit der Zeit verrotten würde? Neben ihrem Bett stand ein schmaler Nachttisch, auf dem ein verrosteter Kerzenhalter stand, gegenüber von ihrem Bett war eine Kommode mit einem Hocker sowie ein kleines Fenster. Mehr gab es in dem Zimmer nicht. Anscheinend legte der Bewohner auch keinen Wert auf Gemütlichkeit…Kaja brauchte zwar keinen Luxus, aber da sie als Kaera selbstverständlich im Schloss der königlichen Familie lebte, war sie an anderes gewöhnt. Seltsamerweise gab es keine Tür. Insofern blieb als einziger Fluchtweg nur das Fenster. Kaja hatte keine Ahnung wo sie eigentlich war, aber bleiben würde sie sicherlich nicht. Vielleicht konnte sie irgendwo eine Karte stehlen, auf der die Hauptstadt von Nerjila, Firagla, sicherlich eingezeichnet war. Eine kleine Stimme in ihrem Kopf behauptete jedoch steif und fest, dass dies hier nicht Nerjila sein konnte - und wenn Kaja sich an die Fremde vom Strand erinnerte, dann musste sie dem fast zustimmen. Sie hatte den Weg vom Bett bis zum Fenster erst zur Hälfte zurückgelegt, vorsichtig, um das Holz nicht knarren zu lassen, als draußen plötzlich Stimmen laut wurden. “Irethella naika is zemnal oikas é!” “É itan laene real zu ioni.” Es war dieselbe melodisch klingende Sprache die sie schon bei der seltsamen Fremden gehört hatte. Schnell legte sie das letzte Stück zurück und blickte hinaus. Tatsächlich befand sie sich in einem doppelstöckigen Haus im ersten Stock. Das machte die Flucht zwar etwas komplizierter, aber nicht unmöglich. Beiläufig fragte Kaja sich, wie die Leute wohl in dieses Zimmer gehen konnten - das Fenster schien als Eingang auch auszuscheiden. Sehr seltsame Kultur. Anscheinend befand Kaja sich in einem kleinen Dorf von etwa zwanzig bis dreißig komplett identisch aussehenden Holzhäusern. Exotisch aussehende Pflanzen, von denen sie zuvor noch nicht einmal ein Bild gesehen hatte, wucherten an den Rändern der holprigen Fußwege. Riesige, grüne Pflanzententakel wanderten an einer Hauswand hoch. Eine rot-gelb gescheckte Blume bewegte sich unablässig in alle Himmelsrichtungen. Eine mausgraue Blüte huschte über den Weg in die Richtung des Hauses, in dem Kaja sich befand - und fand sein Ende unter einer rabenschwarzen Pfote. Es war der Wolf vom Strand. Das Tier schnüffelte kurz interessiert an der zertretenen Blüte, bevor er sie achtlos wegstieß und direkt zu Kaja hochblickte. Sie starrte in die pechschwarzen Augen und fragte sich, ob der Wolf wohl wusste, was sie vorhatte. Beim Anblick seiner Zähne verdrängte sie diesen Gedanken wieder schnell und wandte sich nun dem Platz direkt vor ihrem Haus zu. Dort standen sieben Banken aus Stein, in einem Kreis aufgestellt. Kaja verschwendete lieber keine Zeit damit darüber nachzudenken warum nur die Banken aus Stein war oder warum der Stein (wenn es denn tatsächlich Stein war) türkis war und auf ihm Sterne leuchteten. Viel interessanter war die Menschenansammlung, die auf den Bänken Platz genommen hatte. Es sah so aus, als ob das ganz Dorf versammelt wäre. Rund siebzig Menschen saßen auf den Bänken oder standen um sie herum. Alle waren ausnahmslos in die gleichen schmucklosen weißen Gewänder gehüllt, die Kaja auch schon bei der Fremden vom Strand gesehen hatte. Die Unterseite ihrer Gesichter war ebenfalls von einem Tuch bedeckt. Die meisten von ihnen hatten ihre Kapuze abgenommen, sodass sie nun die Haare der Leute sehen konnte. Im Gegensatz zu Nerjila, wo alle schwarze Haare und einen dunklen Teint hatten, schienen die Menschen hier keine einheitlichen Merkmale zu haben. Kaja sah Haare und Augen in allen Farbvarianten. Ein junger Mann hatte kurzes grünes Haar und orange Augen, ein kleines Mädchen neben ihm eine violette Mähne. Ihre Augen waren gelb. Die Frau, die verhalten mit einer andern tuschelte war braunhaarig. Das Tier, das sich um ihre Füße schlängelte, war himmelblau. Kaja verstand selbstverständlich kein Wort von dem, was unten gesprochen wurde, aber es hörte sich eindeutig nach einem sehr feurigen Streit an. Die Leute, die auf den Bänken saßen, schienen so was wie der Vorstand des Dorfes zu sein. Während sie diskutierten, hörte die Menschenmenge um sie herum nur gebannt zu. Es war ein idealer Zeitpunkt um zu verschwinden. Die Bewohner waren abgelenkt, sie musste es nur noch schaffen den Wolf unter ihrem Fenster zu vertreiben. Suchend blickte sich Kaja in dem Zimmer um. Vielleicht gab es ja etwas, dass sie noch dem Tier werfen konnte - auch wenn das nicht gerade die feine Art war. Schließlich griff sie kurzerhand zu dem Kerzenhalter auf dem Nachttisch, ging zum Fenster zurück und beäugte vorsichtig ihr Opfer. Der Wolf starrte nach wie vor zu ihr hoch. "Wir können es auch anders machen, weißt du. Du könntest einfach weggehen”, flüsterte Kaja zu dem Wolf hinunter. Das war natürlich lächerlich, das wusste sie, aber wer wusste schon, wie die Dinge in diesem Dorf hier funktionierten? Kaja visierte den Wolf an und wollte gerade den Kerzenhalter nach ihm werfen, als plötzlich eine Stimme von hinten ertönte. “Das würde ich an deiner Stelle nicht tun. Da hört sein Spaß auf, wenn du verstehst was ich meine.” Ruckartig drehte sie sich um und nahm eine Kampfhaltung ein. Hinter ihr stand eine junge Frau mit langen goldblonden Haaren, die ihr weit über die Schulter fielen. An den Seiten hatte die Frau kleine Zöpfe, die so gebunden waren, dass ihre Haare in alle Richtungen abstanden. Wie die anderen Bewohner des Dorfes trug sie ein Gesichtstuch und den langen weißen Mantel. Dennoch erkannte Kaja die Frau sofort wieder. Es war die Fremde von Strand mit den blutroten Augen. Und Kaja erkannte noch etwas: die Frau hatte spitze Ohren, an denen ein Paar großer goldener Kreolen hing. Ich rate dir auch davon ab, aus dem Fenster zu springen und dich aus dem Staub zu machen. Wenn du dich hier nicht auskennst kommst du nicht weit.” Kaja starrte die Fremde stumm an. Sie sprach ihre Sprache, die Sprache Nerjilas! Das musste heißen, dass sie sich in einem bisher völlig unerkannten Winkel Nerjials befand, aber sie war immerhin wieder daheim. “Hallo, du verstehst mich doch, oder? Du hast vorhin auch die Alte Sprache gesprochen.” Kaja war nun vollkommen verwirrt. Alte Sprache? Wovon redete sie? Sie beäugte die Fremde skeptisch. Nun gut, wenn sie Kaja anscheinend verstand, dann konnte Kaja jetzt immerhin ein paar Informationen aus ihr herauspressen. “Wie bist du hier hineingekommen?” Die Fremde nickte mit dem Kopf in die gegenüberliegende Richtung. Da, wo Kaja vorhin nur stabile Holzwand ausmachen konnte, befand sie auf einmal eine Tür. Entschlossen trat Kaja einen Schritt näher. “Wie lautet dein Name?”, fragte sie. Die Fremde schaute sie abwertend an. “Normalerweise stellt sich doch der Gast zuerst vor, oder?”, zischte sie, “ Aber gut. Mein Name ist Sheyla-Minh Inethela Onai.” Als sie den Blick bemerkte, den Kaja ihr zuwarf, fügte sie seufzend hinzu: “Sheyla reicht.” “Wo sind wir?” hakte Kaja weiter nach. “Sind wir hier bei einem Verhör? Du befindest dich in meinem Heimatdorf Cup’O-Ni. Du solltest dich wieder hinlegen, Illané. Du scheinst verwirrt zu sein.” “Ich bin nicht verwirrt!”, fuhr Kaja hoch,” Ich bin im Nirgendwo! Wie weit ist es von hier bis nach Firagla?” Sheylas rubinrote Augen zogen sie skeptisch zusammen. “Firagla? Noch nie von gehört. Wo soll das sein?” Kaja rief sich innerlich zur Ruhe auf. Bei was für Barbaren war sie gelandet, wenn die noch nicht einmal von der prunkvollen heiligen Hauptstadt gehört hatten? “Fi-ra-gla”, sagte Kaja betont langsam,” ist die Hauptstadt. Sie liegt exakt mittig in Nerjila und-” “Warte mal”, unterbrach Sheyla sie. “Nerjila? Ist das nicht der Name in der Alten Sprache für den nicht-magischen Kontinent, der, der abgespalten wurde?” Stille. Kaja starrte sie an. Das konnte nicht sein, … oder? “Sheyla”, begann sie, ”auf welchem Kontinent sind wir?” Sheyla starrte zurück. “Ich bin mir nicht ganz sicher welchen Namen er in der Alten Sprache hat”, gab sie zu. “Irgendwas mit Selzonad oder Selzunat…” “Selzonath”, flüsterte Kaja. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)