Die Legende von Erfanela von Shana_the_Deathberry ================================================================================ Kapitel 1: Wie alles begann --------------------------- Kapitel 1. Das Rauschen der Wellen und das Schwanken des Schiffes. Das war alles was Kajas Welt seit endlosen Monaten ausmachte. Und selbst wenn sie nach all der Zeit auf dem Deck des Schiffes stand und in die Ferne blickte, die langen schwarzen Haare trotz des Zopfes im Wind flatternd, konnten ihre tiefgrünen Augen das ersehnte Land nicht ausmachen. Nicht, dass sie daran glaubte, dass die Crew der Arcana den verschollenen Kontinent Selzonath jemals finden würde, schon gar nicht mit diesem Kapitän. Die Geschichten, die sich um dieses Land ragten, waren nichts als Ammenmärchen in ihren Augen, die man kleinen Kindern als Gutenachtgeschichte erzählte. Sie glaubte auch nicht daran, dass die Welt dreieckig sein sollte, so wie die Priester es predigten. Es interessierte Kaja nicht, welche Form die Welt hatte oder wie groß sie war. Wozu auch? Alles Balastwissen. Sie seufzte. Es war egal, woran sie glaubte und woran nicht, momentan war sie Gefangene dieses verfluchten Schiffes. Und das, wo sie sonst eigentlich zu den freiesten Menschen gehörte, die es gab. Sie schreckte aus ihren Gedanken hoch, als sie schwere, von Glöckchengeklimper begleitete Schritte hinter sich hörte. Der Kapitän. Großartig. Er gehörte zu den Menschen, denen Kaja auch in den Momenten bester Laune nur die Todesgötter an den Hals wünschte. Dabei glaubte sie nicht mal an die Götter. Dass der Kapitän des stolzen Schiffes Arcana aussah wie ein betrunkener und in die Jahre gekommener Zirkusclown hätte ihr wahrscheinlich niemand abgekauft. Tatsächlich war dies aber die blanke Wahrheit, und als Kaja ihn in seiner viel zu weiten Lederhose, dem verschmutzen weißen Hemd und den sonderbar bemalten Gesicht vor sich sah, fragte sie sich wohl zum hundersten Male, warum das Schicksal es gerade mit ihr so übel meinte. Nicht, dass sie jemals eine Antwort darauf bekommen hätte. "Wie fühlt Ihr Euch, Kaja ?" fragte Kapitän Freklop in seiner schmierigen Stimme. "Jetzt, wo ich Euch sehe, geht es mir deutlich schlechter", gab sie kalt zurück. Freklops Gesicht fiel, ließ sich von Kajas schlechter Laune, die sie gewohnheitsmäßig hatte, jedoch nicht verjagen. "Leider gibt es noch keine Neuigkeiten über Selzonath", seufzte er gekünstelt. Kaja könnte er damit allerdings nichts vormachen. Was bildete er sich eigentlich ein ? Sie war eine Kaera, noch dazu stand sie im königlichen Dienst. Armer Trottel. Kaja wusste ganz genau, dass es Kapitän Freklop nicht im geringsten etwas ausmachte, dass sie den Kontinent Selzonath noch nicht gefunden hatten (falls man ihn überhaupt finden konnte), schließlich wurde diese Erkundungsreise von der königlichen Familie finanziert und so hatte er keine Kosten. Warum genau die Königin aber den unfähigsten aller Seeleute aus ihrem großzügigen Repertoire an Schiffsflotten herausgesucht hatte, blieb für Kaja ein Rätsel. War wohl höhere Politik. War es auch höhere Politik, dass Kaja an dieser sinnfreien Reise teilnehmen musste ? Sie war eine Kaera, eine der speziell ausgebildeten Beschützerinnen für die königliche Familie ! Wie sollte sie die junge Prinzessin beschützen, wenn Kaja sich mitten auf dem Meer befand ? Und so fragte sie sich wieder, was genau ihre Rolle für die Expedition war, während Freklop weiter vor sich hin redete und sich bemitleidete. Genau genommen war es nicht mal eine Expedition, denn was die Arcana an Bord hatte, waren Werkzeuge und Rohstoffe. Die Crew der Arcana sollte den verschollen Kontinent nicht nur finden, sie sollte ihn besiedeln. Kaja schnaubte. Was dachte sich die königliche Familie dabei ? Nicht, dass sie als treue Kaera die Entscheidungen der Königin jemals in Frage gestellt hätte, aber ihr kritisches Denken ließ sich nicht unterdrücken. Die Königin glaubte also an den verschollen Kontinent, aber nicht an den Rest der Legende ? War das Naivität oder Gutgläubigkeit ? Tja, die Legende..., dachte Kaja sich. Letztendlich war die Legende an ihrer Situation schuld. Eigentlich dachte Kaja, dass die Leute die Legende nur für eine nette Geschichte hielten, aber tatsächlich war sie aber bis lang der einzigste Erklärungsversuch zur Entstehung Kajas Heimatskontinenten Nerjila. Sie bot auch die alleinige Erklärung darfür, dass manche Menschen hellere Haare hatten als die sonst verbreitete schwarze Mähne, dass mache eine andere Hautfarbe hatten als die übliche leichte Bräunung und dass mache einfach...anders waren. Die einizige Erklärung war die Legende über den Kontinent Erfanela, den die Götter in ihrer Wut über die Bewohner des Kontinents in zwei Teile teilten. So entstanden der Kontinent Nerjila, Heimat der Menschen, und der vom Augenblick seiner Erschaffung verschollene Kontinent Serzonath, die Heimat der magischen Lebewesen. X3 hoffe, es hat euch gefallen ~ Kapitel 2: Der Sturm -------------------- 2. Kapitel. Wasser. Wasser. Wasser. Und Himmel. Gelegentlich eine weiße Wolke. Kaja war nach war nach weiteren endlosen Stunden, Tagen, Wochen auf der Arcana zum ersten Mal der Gedanke gekommen, dass all das Blau vielleicht später eine negative Auswirkung auf ihre Augen haben könnte. Falls sie dann jemals wieder in ihrer Heimat sein würde, würde man sie sofort ihres Amtes beheben - eine Kaera mit Augenkrankheit war für keinen von Nutzen. Das Arbeitsangebot für eine Kaera war nicht gerade das größte, insofern würde sie wohl arbeitslos werden. Um nicht zu verhungern, würde sie stehlen müssen, bis man sie eines Tages dabei erwischen und ihr die Hände abschlagen würde, wie das in Nerjila so der Brauch war. Danach könnte sie dann in den Gassen der Haupstadt auf den Tod warten. Vom Königsdiener zum Bettler…eine bemerkenswerte Karriere. Freklop, dessen Laune anscheinend immer besser wurde je länger sie sich auf See befanden (was ihn Kajas Meinung nach nicht sympathischer machte), störte sie in ihren Gedanken. Der Kapitän hatte es sich anscheinend zur Angewohnheit gemacht, Kaja immer in den dunkelsten Stunden stören zu müssen (nicht, dass sie auch mal helle gehabt hätte seit sie auf diesem Schiff war). Lästiger Kerl. "Wie fühlt Ihr Euch, Kaja ?" fragte Kapitän Freklop in seiner schmierigen Stimme. "Jetzt, wo ich Euch sehe, geht es mir deutlich schlechter", gab sie kalt zurück. Kaja stutze. Hatten sie dieses Gespräch nicht schon einmal geführt ? Sie wusste es nicht mehr. Alles egal und alles blau. “Immer noch keine Neuigkeiten über Selzonath”, seufzte er. Kaja verdrehte die Augen. Wenn das jetzt so jeden Tag ging, würde sie freiwillig von Bord in die rauschenden Wellen unter ihnen springen. Noch mehr Blau. “Die Crew wird langsam ungeduldig”, bemerkte er. “Sie wollen irgendwo vor Anker gehen, um wieder ein bisschen unter Leute zu kommen….” Das erste was Kaja dazu einfiel, war die Idee, einfach zu meutern und dann so schnell wie möglich zurück nach Nerjila zu fahren. Mit leeren Händen, ohne den Koordinaten von Selzonath und lauter schlecht gelaunten Männern. Nun gut, vielleicht könnten sie wenigstens Freklop irgendwo auf dem Meer aus Versehen verlieren…damit wäre die Welt besser gemacht. Vermutlich würde das die Königin aber nicht so freuen wie Kaja, weshalb sie versuchte diese attraktiven Gedanken zu verdrängen, was ihr jedoch ziemlich schwer fiel. Als jedoch eine dunkle Wolke die Sonnenstrahlen von ihrem Gesicht stahl, blickte sie erschrocken hoch. Ein bisschen Wasser auf der Haut wäre nach all den heißen Tagen sicherlich erfrischend (obwohl sie von Wasser eigentlich die Nase voll hatte), aber auf dem Meer konnte sich schneller als man dachte ein Sturm daraus entwickeln. Niemand kannte sich auf diesen Gewässern noch aus, Nerjila lag weit hinter ihnen. Das könnte ein paar Probleme geben, stellte Kaja trocken fest. Na ja, dann müsste sie wenigstens nicht betteln gehen, dachte sie sich, während sie den lauter werdenen Gemurmel der Crew lauschte, die sorgenvoll gen Himmel blickte. Freklop versuchte die Mannschaft zu beruhigen, dass sei nur eine vorüberziehende Wolke, aber die Seemänner mit ihrem strikten Götterglaube fürchteten seit Wochen die Strafe für das Suchen von Selzonath. Kaja seufzte. Einfältiges Pack. Sie blickte erneut in den stetig dunkler werdenen Himmel. Die Arcana schwankte bereits besorgniserregend und gelegentlich schwappte eine der immer größer werdenen Wellen auf das Schiff. Nach guten Aussichten sah es im Moment wahrlich nicht aus und Kaja zweifelte keine Sekunde lang daran, dass Freklop mit der Situation jemals fertig werden würde. “Da ist es also, das Ende”, flüsterte Kaja in den Wind, als die ersten Blitze vom Himmel zuckten und sie sich an die Reling klammern musste, um nicht über Bord zu gehen. Nicht, dass sie Angst gehabt hätte. Die Kaera lebten mit dem Tod im Nacken, und wenn es so weit war, dann war sie bereit. Dennoch, ein besseren Ort zum Sterben hätte sie schon gefunden, als nun elend zu ertrinken. Schicksal. Als der erste Mann über Bord ging brach auf dem Schiff die Panik aus. Die Männer versuchten die Segel noch einzuholen, bevor der Wind sie zerfetzte (als ob sie sie nach dem Sturm noch brauchen würden, wenn die Arcana irgendwo auf dem Meeresgrund lag), während Freklop versuchte das Steuerrad festzuknoten und weitere Befehle in den Wind brüllte, die niemand verstand. Kaja konnte nichts anderes machen als sitzen uns zusehen, wie die Männer gegen die Naturgewalten um ihr Leben kämpften. Sie hätte gern mitgekämpft, nur um eine Beschäftigung zu haben, während das Meer sie verschluckte, doch sie hätte ihnen wahrscheinlich nur im Weg gestanden. Kaja hasste nichts mehr als Nichtstun und Warten, aber genau dazu hatte man sie verbannt, als sie auf das Schiff geschickt wurde. Der Sturm hatte inzwischen seinen Höhepunkt erreicht. Blitze zuckten und Donner grollte über die Arcana hinweg, die sich noch tapfer über Wasser hielt. Der Regen hatte das Deck rutschig gemacht und die Männer, die es noch nicht geschafft hatten sich irgendwo festzukrallen, schlitterten hin und her. Der Mast des Schiffes stand in Flammen, die, genährt durch den Wind, eine weitere tödliche Gefahr darstellten (obwohl Kaja die Vorstellung, auf dem Meer zu verbrennen, schon für besonders empfand). Anscheinend hatten sich alle Elemente gegen sie verschworen. Ein plötzlicher Warnruf eines Seemannes ließ Kaja über die Reling blicken, direkt auf die größte Welle, die sie jemals gesehen hatte. Die Welle war viel größer als die Arcana - selbst, wenn sie vor ihnen brach statt auf ihnen, würde das Schiff ohne Zweifel von den Wassermassen einfach weggespült werden. Kaja kniff die Augen zusammen und wartete. Das Wasser war unerwartet kalt. Wahrscheinlich würde sie eher erfrieren als ertrinken, dachte sie sich. Als sie wieder an die Oberfläche kam, klammerte sie sich an ein Trümmerteil der Arcana, die unter den Wassermassen zerschellt war. Um sich herum sah sie vereinzelt weitere Männer auftauchen, die die Welle überlebt hatten. Und als wäre diese Welle das letzte Aufbäumen des Sturmes gewesen, war das Meer auf einmal wieder ruhig. Der Wind war versiegt, der starke Regen auf ein kleines Nieseln abgeschwächt. Dennoch - als Kaja sich nach Süden wandte (oder zumindest in die Richtung, von der sie glaubte, dass es Süden war), fragte sie sich, ob das wirklich ein normaler Sturm gewesen war. Vor den Überresten der Arcana ragte ein riesiges Etwas aus dem Wasser, das gerade einen Mark erschütternden Schrei von sich gab. Es hatte Tentakel, deswegen dachte Kaja erst, es sei ein riesiger Krake. Aber das …Ding hatte viele Augenpaare, die hin- und herzuckten, einen Panzer auf dem Körperteil, das Kaja für den Kopf hielt, sowie einen Mund mit ziemlich gefährlich aussehenden Zähnen. Kaja verschwendete keine Zeit damit zu überlegen, was genau da vor ihr im Wasser war, als sie sah, wie das Monster langsam damit begann, sich die Trümmer der Arcana in dem Mund zu schieben. Es gab momentan zwei Möglichkeiten: die Trümmer loslassen und wegschwimmen, um nach zwei Stunden so erschöpft sein, dass man ertrank (wenn man nicht vorher erfror) oder bleiben und hoffen, dass man nicht gefressen wird. Kaja entschied sich für die Flucht. Das kränkte ihren Stolz als Kaera ungemein, aber sie sah keine andere Methode zu überleben. Aber obwohl die See still war kam Kaja nur langsam voran. Die Erschöpfung kam über sie, die Kälte fuhr in ihre müden Glieder und die Dunkelheit drohte sie trotz des grässlichen Krachen von Holz und Knochen hinter ihr zu übermannen. Sie spürte, wie einer der Tentakel ausholte, um sie aus dem Wasser zu fischen. Mit letzter Kraft zog sie ihr Schwert und hieb auf das dunkle Stück Fleisch ein, woraufhin das Monster den Tentakel jaulend zurückzog. Kaja drehte sich um und starrte das Ungetüm an, welches sie nun ins Visir nahm. Sie hatte keine Kraft mehr und blickte stumm dem zweiten Tentakel entgegen, der auf sie zuraste. Der Schlag des Armes traf sie mit voller Kraft, sodass sie ihr Trümmerteil losließ und erst einige Meter weiter wieder ins Wasser viel. Bevor sie in das schwarze Meer fiel, hatte die Dunkelheit sie aber schon übermannt. Kapitel 3: Die Fremde --------------------- Kapitel 3. Das erste was Kaja wieder wahrnahm war das sanfte Rauschen der Wellen und das so vertraute Pfeifen des Windes. Ihr noch betäubter Verstand erinnerte sich nur langsam an das Geschehene, aber ihre schmerzenden Glieder halfen ihrem Erinnerungsvermögen nach. Dieses Monster hatte sie erwischt…aber müsste sie dann nicht eigentlich ertrunken sein? Kaja hätte zu gern die Augen geöffnet um zu sehen ob sie tot war, aber jede Faser ihres Körpers sträubte sich gegen Bewegungen. Konnte man es überhaupt sehen wenn man tot war? War man weißen Wölkchen umgeben? Von feuerroten Flammen? Oder sah man einfach…nichts? Vielleicht waren am Ende doch die Behauptungen der Priester wahr - dass die Seele nach dem Tod eins wurde mit der Welt. Eine Woge eiskalten Wassers schwappte über ihre Füße, was ihr eine Gänsehaut bescherte. Aber Tote frieren doch nicht…oder? Kaja behauptete also erst einmal, dass sie noch am Leben war. Sie wusste, dass die Chancen, dass sie es tatsächlich war, denkbar schlecht standen. Aber was sollte sie schon tun? Kaja lag, vor lauter Erschöpfung völlig bewegungsunfähig, irgendwo an einem Strand - sie spürte den Sand unter ihren Händen. Also war sie an Land und das konnte nur heißen, dass sie wieder auf Nerjila war! Sie musste nur noch warten bis sie gefunden wurde und dann wäre endlich wieder alles so wie vorher. Man würde sie als Kaera sofort zurück ins Schloss bringen, zurück zu der königlichen Familie, zurück zu der Prinzessin….die nächste Welle der Erschöpfung erreichte sie und zog Kaja wieder mit in einen tiefen Schlaf. Als sie das nächste Mal aufwachte, bekam sie keine Luft. Etwas schweres lag auf Kajas Oberkörper. Etwas nasses berührte ihre Wange. Kaja schlug die Augen auf und blickte direkt in ein Paar pechschwarzer Knopfaugen, die sie misstrauisch betrachteten. Ein tiefes Knurren drang aus der Kehle des Etwas als es sich noch näher über sie beugte. Die junge Kaera erkannte das Wesen erst, als hinter ihr eine Stimme ertönte, die das Tier aufschrecken ließ. Es war ein Wolf. Kaja hatte noch nie so einen Wolf gesehen. Er war viel größer als seine Artgenossen auf Nerjila und vollkommen schwarz, bis auf das merkwürdige Muster, das sich durch sein Fell zug. Es sah aus, als hätte jemand dem Tier mit weißer Farbe eine Bemalung verpassen wollen - und zwar mit größter Sorgfalt. Die in sich windenden Linien und Punkte sahen aus wie ein Kunstwerk. Die Stimme, die den Wolf abgelenkt hatte, ertönte erneut. Kaja hörte wie sich Schritte ihr näherten. Jetzt wäre der ideale Zeitpunkt gewesen aufzuspringen und die Flucht zu ergreifen - oder zumindest eine würdige Kampfhaltung einzunehmen. Aber es ging nicht. Ihr Körper streikte noch immer und widersetzte sich stur weiterhin jedem Befehl. Die Schritte waren angekommen. Kaja konnte nicht in das Gesicht der Besitzer dieser Füße sehen - jetzt, wo der Wolf von ihr heruntergegangen war, schien ihr unbarmherzig die Sonne ins Gesicht. Sie war zu stark geblendet, als das sie etwas hätte erkennen können. Aber sie hörte die Person. Eine helle Stimme redete schnell in einer sehr melodisch klingenden Sprache, die Kaja völlig fremd war. Anscheinend waren die Füße also Frauenfüße. Aber diese Sprache… “Ikile man nijroli kosane itell an!” Mit wem redete die Stimme? War da etwa noch jemand? Oder redete sie mit dem Wolf, der immer noch aufmerksam neben ihr saß? Oder mit sich selbst? “Asella cion e serané oni?” Sie schluckte schwer. Das klang wirklich nicht wie die Sprache, die sie selber sprach. Auf Nerjila gab es nur eine Sprache. Hieß das etwa…? Plötzlich verschwand die Sonne aus Kajas Gesicht. Stattdessen blickte sie nun in ein fremdes Gesicht, das so….anderes war, das Kajas innerer Verstand sofort begriff, dass sie sich nicht auf Nerjila befand. Die Fremde hatte blutrote Augen. Mehr konnte Kaja nicht erkennen, denn die Fremde hatte den Rest ihres Körpers unter einem langen, einfachen weißen Gewand verborgen, das nur an den Säumen mit einem Muster verziert war. Ein Tuch bedeckte die untere Hälfte ihres Gesichts, sodass man nur die Augen sehen konnte. Ihre Haare waren unter der großen Kapuze verborgen. An ihrem Hals hing eine lange Kette. Die Fremde starrte sie aus ihren Rubinaugen an. Kaja starrte zurück. Sie hätte eh nicht gewusst was sie sonst hätte tun sollen. Plötzlich sagte die Fremde wieder etwas: ”Ihtelèm omud sa nered?” Hatte sie etwas gefragt? Kaja versuchte etwas zu sagen, aber ihre Stimme brach. Was war nur mit ihrem Körper los? Als sie keine Antwort erhielt, seufzte die Frau neben ihr. Oder war es ein Mädchen? Kaja konnte das Alter nur anhand der Augen unmöglich schätzen - sie hätte 15, aber genauso gut 100 sein können. Die Fremde hob den Blick von Kaja und sagte etwas. Der Wolf knurrte leise. Moment, sprach sie mit einem Wolf? Dann blickte sie Kaja wieder an und legte ihr die Hand auf die Augen. “Aneleth.” Im nächsten Augenblick war die Kaera wieder eingeschlafen. Kapitel 4: Wo? -------------- Kapitel 4. Als Kajas Bewusstsein wieder zu ihr zurückkehrte, befand sie sich in einem einfachen, aber sehr weichem Bett. Erleichtert stellte sie fest, dass es ihr viel besser ging - sie spürte, dass ihre Kaerasinne sich schärften und dass ihr Körper sich problemlos bewegen ließ. Ein Problem weniger. Vorsichtig, um nicht doch noch einen Rückfall zu erleiden, setzte sie sich auf. Das Bett, in dem sie lag, war aus einfachem Holz gemacht und hatte wirklich nur einen praktischen Sinn - Verzierungen wurden nicht hineingeschnitzt. Überhaupt schien das ganze Zimmer samt Möbeln nur aus Holz zu bestehen. Wussten die Bewohner nicht, dass das Holz mit der Zeit verrotten würde? Neben ihrem Bett stand ein schmaler Nachttisch, auf dem ein verrosteter Kerzenhalter stand, gegenüber von ihrem Bett war eine Kommode mit einem Hocker sowie ein kleines Fenster. Mehr gab es in dem Zimmer nicht. Anscheinend legte der Bewohner auch keinen Wert auf Gemütlichkeit…Kaja brauchte zwar keinen Luxus, aber da sie als Kaera selbstverständlich im Schloss der königlichen Familie lebte, war sie an anderes gewöhnt. Seltsamerweise gab es keine Tür. Insofern blieb als einziger Fluchtweg nur das Fenster. Kaja hatte keine Ahnung wo sie eigentlich war, aber bleiben würde sie sicherlich nicht. Vielleicht konnte sie irgendwo eine Karte stehlen, auf der die Hauptstadt von Nerjila, Firagla, sicherlich eingezeichnet war. Eine kleine Stimme in ihrem Kopf behauptete jedoch steif und fest, dass dies hier nicht Nerjila sein konnte - und wenn Kaja sich an die Fremde vom Strand erinnerte, dann musste sie dem fast zustimmen. Sie hatte den Weg vom Bett bis zum Fenster erst zur Hälfte zurückgelegt, vorsichtig, um das Holz nicht knarren zu lassen, als draußen plötzlich Stimmen laut wurden. “Irethella naika is zemnal oikas é!” “É itan laene real zu ioni.” Es war dieselbe melodisch klingende Sprache die sie schon bei der seltsamen Fremden gehört hatte. Schnell legte sie das letzte Stück zurück und blickte hinaus. Tatsächlich befand sie sich in einem doppelstöckigen Haus im ersten Stock. Das machte die Flucht zwar etwas komplizierter, aber nicht unmöglich. Beiläufig fragte Kaja sich, wie die Leute wohl in dieses Zimmer gehen konnten - das Fenster schien als Eingang auch auszuscheiden. Sehr seltsame Kultur. Anscheinend befand Kaja sich in einem kleinen Dorf von etwa zwanzig bis dreißig komplett identisch aussehenden Holzhäusern. Exotisch aussehende Pflanzen, von denen sie zuvor noch nicht einmal ein Bild gesehen hatte, wucherten an den Rändern der holprigen Fußwege. Riesige, grüne Pflanzententakel wanderten an einer Hauswand hoch. Eine rot-gelb gescheckte Blume bewegte sich unablässig in alle Himmelsrichtungen. Eine mausgraue Blüte huschte über den Weg in die Richtung des Hauses, in dem Kaja sich befand - und fand sein Ende unter einer rabenschwarzen Pfote. Es war der Wolf vom Strand. Das Tier schnüffelte kurz interessiert an der zertretenen Blüte, bevor er sie achtlos wegstieß und direkt zu Kaja hochblickte. Sie starrte in die pechschwarzen Augen und fragte sich, ob der Wolf wohl wusste, was sie vorhatte. Beim Anblick seiner Zähne verdrängte sie diesen Gedanken wieder schnell und wandte sich nun dem Platz direkt vor ihrem Haus zu. Dort standen sieben Banken aus Stein, in einem Kreis aufgestellt. Kaja verschwendete lieber keine Zeit damit darüber nachzudenken warum nur die Banken aus Stein war oder warum der Stein (wenn es denn tatsächlich Stein war) türkis war und auf ihm Sterne leuchteten. Viel interessanter war die Menschenansammlung, die auf den Bänken Platz genommen hatte. Es sah so aus, als ob das ganz Dorf versammelt wäre. Rund siebzig Menschen saßen auf den Bänken oder standen um sie herum. Alle waren ausnahmslos in die gleichen schmucklosen weißen Gewänder gehüllt, die Kaja auch schon bei der Fremden vom Strand gesehen hatte. Die Unterseite ihrer Gesichter war ebenfalls von einem Tuch bedeckt. Die meisten von ihnen hatten ihre Kapuze abgenommen, sodass sie nun die Haare der Leute sehen konnte. Im Gegensatz zu Nerjila, wo alle schwarze Haare und einen dunklen Teint hatten, schienen die Menschen hier keine einheitlichen Merkmale zu haben. Kaja sah Haare und Augen in allen Farbvarianten. Ein junger Mann hatte kurzes grünes Haar und orange Augen, ein kleines Mädchen neben ihm eine violette Mähne. Ihre Augen waren gelb. Die Frau, die verhalten mit einer andern tuschelte war braunhaarig. Das Tier, das sich um ihre Füße schlängelte, war himmelblau. Kaja verstand selbstverständlich kein Wort von dem, was unten gesprochen wurde, aber es hörte sich eindeutig nach einem sehr feurigen Streit an. Die Leute, die auf den Bänken saßen, schienen so was wie der Vorstand des Dorfes zu sein. Während sie diskutierten, hörte die Menschenmenge um sie herum nur gebannt zu. Es war ein idealer Zeitpunkt um zu verschwinden. Die Bewohner waren abgelenkt, sie musste es nur noch schaffen den Wolf unter ihrem Fenster zu vertreiben. Suchend blickte sich Kaja in dem Zimmer um. Vielleicht gab es ja etwas, dass sie noch dem Tier werfen konnte - auch wenn das nicht gerade die feine Art war. Schließlich griff sie kurzerhand zu dem Kerzenhalter auf dem Nachttisch, ging zum Fenster zurück und beäugte vorsichtig ihr Opfer. Der Wolf starrte nach wie vor zu ihr hoch. "Wir können es auch anders machen, weißt du. Du könntest einfach weggehen”, flüsterte Kaja zu dem Wolf hinunter. Das war natürlich lächerlich, das wusste sie, aber wer wusste schon, wie die Dinge in diesem Dorf hier funktionierten? Kaja visierte den Wolf an und wollte gerade den Kerzenhalter nach ihm werfen, als plötzlich eine Stimme von hinten ertönte. “Das würde ich an deiner Stelle nicht tun. Da hört sein Spaß auf, wenn du verstehst was ich meine.” Ruckartig drehte sie sich um und nahm eine Kampfhaltung ein. Hinter ihr stand eine junge Frau mit langen goldblonden Haaren, die ihr weit über die Schulter fielen. An den Seiten hatte die Frau kleine Zöpfe, die so gebunden waren, dass ihre Haare in alle Richtungen abstanden. Wie die anderen Bewohner des Dorfes trug sie ein Gesichtstuch und den langen weißen Mantel. Dennoch erkannte Kaja die Frau sofort wieder. Es war die Fremde von Strand mit den blutroten Augen. Und Kaja erkannte noch etwas: die Frau hatte spitze Ohren, an denen ein Paar großer goldener Kreolen hing. Ich rate dir auch davon ab, aus dem Fenster zu springen und dich aus dem Staub zu machen. Wenn du dich hier nicht auskennst kommst du nicht weit.” Kaja starrte die Fremde stumm an. Sie sprach ihre Sprache, die Sprache Nerjilas! Das musste heißen, dass sie sich in einem bisher völlig unerkannten Winkel Nerjials befand, aber sie war immerhin wieder daheim. “Hallo, du verstehst mich doch, oder? Du hast vorhin auch die Alte Sprache gesprochen.” Kaja war nun vollkommen verwirrt. Alte Sprache? Wovon redete sie? Sie beäugte die Fremde skeptisch. Nun gut, wenn sie Kaja anscheinend verstand, dann konnte Kaja jetzt immerhin ein paar Informationen aus ihr herauspressen. “Wie bist du hier hineingekommen?” Die Fremde nickte mit dem Kopf in die gegenüberliegende Richtung. Da, wo Kaja vorhin nur stabile Holzwand ausmachen konnte, befand sie auf einmal eine Tür. Entschlossen trat Kaja einen Schritt näher. “Wie lautet dein Name?”, fragte sie. Die Fremde schaute sie abwertend an. “Normalerweise stellt sich doch der Gast zuerst vor, oder?”, zischte sie, “ Aber gut. Mein Name ist Sheyla-Minh Inethela Onai.” Als sie den Blick bemerkte, den Kaja ihr zuwarf, fügte sie seufzend hinzu: “Sheyla reicht.” “Wo sind wir?” hakte Kaja weiter nach. “Sind wir hier bei einem Verhör? Du befindest dich in meinem Heimatdorf Cup’O-Ni. Du solltest dich wieder hinlegen, Illané. Du scheinst verwirrt zu sein.” “Ich bin nicht verwirrt!”, fuhr Kaja hoch,” Ich bin im Nirgendwo! Wie weit ist es von hier bis nach Firagla?” Sheylas rubinrote Augen zogen sie skeptisch zusammen. “Firagla? Noch nie von gehört. Wo soll das sein?” Kaja rief sich innerlich zur Ruhe auf. Bei was für Barbaren war sie gelandet, wenn die noch nicht einmal von der prunkvollen heiligen Hauptstadt gehört hatten? “Fi-ra-gla”, sagte Kaja betont langsam,” ist die Hauptstadt. Sie liegt exakt mittig in Nerjila und-” “Warte mal”, unterbrach Sheyla sie. “Nerjila? Ist das nicht der Name in der Alten Sprache für den nicht-magischen Kontinent, der, der abgespalten wurde?” Stille. Kaja starrte sie an. Das konnte nicht sein, … oder? “Sheyla”, begann sie, ”auf welchem Kontinent sind wir?” Sheyla starrte zurück. “Ich bin mir nicht ganz sicher welchen Namen er in der Alten Sprache hat”, gab sie zu. “Irgendwas mit Selzonad oder Selzunat…” “Selzonath”, flüsterte Kaja. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)