Der Herr der Zeit von KimRay (Part IV: Über dem Abgrund) ================================================================================ Kapitel 29: Im Angesicht des Todes ---------------------------------- Titel: Der Herr der Zeit (28/3?+Epilog) Autor: KimRay e-mail: KimRay@gmx.de Kategorie: ?? Unterkategorie: Drama Inhalt: Der schwarze Lord übernimmt in England die Macht und Hogwarts erstarrt in der Zeitfalle, doch wie es der Zufall gibt es zwei Schüler, die wie üblich nicht das tun, was sie eigentlich tun sollten. Was passiert, wenn Harry Potter den Helden spielt, Draco Malfoy mit Hauselfen und Velas streitet und Severus Snape seine Meinung ändert? Lest selbst! Das ist wirklich eine üble Inhaltsangabe! *heul* DISCLAIMER: Alle urheberrechtlich geschützten Figuren in dieser Story gehören natürlich den jeweiligen Eigentümern. Ich habe sie mir nur ausgeliehen. Einzig die Idee und neue Charaktere sind komplett von mir. Anmerkungen: Ich hab’s geschafft! *schweiß von der Stirn wischt* Beta: fiZi, Feary(Likasa)…und Shirokko. Big thanks!! Big thanks für die kommis...äh...oh man! Aber rotzdem, vielen vielen Dank an: michi14, Shinji15, Rowan, Shinichi&Ran, -Anika, Little_wolf, Coco89, SanguisCorvus, Devil_SSJPan, asuka87, lealau, greenbubble, Lyciel, Chibi-sempei, chipo-chan, abranka, AyaScythe, Mimori-chan, littleRanchan, despaired_fighter, elbin-luna-chan, kingmb, az220883, TheTwixer, Kirjava, Ayashi15, Jeanca, CatarinaFelton, Llyr, sekhmet und Medialuna. Ihr seid spitze...und so geduldig! Bis zum nächsten wird es nicht wieder so lange dauern. Versprochen. PS: Hoffe ich hab keinen vergessen. Falls ja:Bitte Beschweren! (Das ist ein ernst!) Kapitel 29 Im Angesicht des Todes „Bei allen verdammten, schwarzen Hexen … das kann doch nicht wahr sein.“ Draco begann zu fluchen, was das Zeug hielt und zog sich hastig wieder in den Schatten des Ganges zurück, den die Spieler normalerweise nahmen, um von den Umkleidekabinen hinaus aufs Spielfeld zu kommen. Eigentlich hatte er die Absicht gehabt, sein Team mit einem Aufwärmtraining gründlich wachzurütteln, doch das hatte sich nun erledigt. Er konnte nicht fassen, was sich draußen abspielte. Ein wildes Heer Kobolde bahnte sich vom Verbotenen Wald aus seinen Weg hinauf zum Schloss und riss alles nieder, was ihm in die Quere kam. Gerade eben brach gegenüber die erste Tribüne des Quidditchstadions in sich zusammen und das Getöse war unbeschreiblich. Er schaffte es nicht, einen Hauch Panik zu verdrängen. Sie waren ihnen verdammt nah und es hatte nicht den Anschein, als seien die Kreaturen in der Stimmung, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. „Wir müssen hier weg. So schnell wie möglich.“, blaffte Draco die Mitglieder seines Teams an und schnappte Maureen Dunn, die ihm am nächsten stand, am Arm, doch sie war wie erstarrt und blickte mit weit aufgerissenen Augen in Richtung des Ausgangs. Ein Blick in die Runde sagte ihm, dass es den anderen ähnlich ging. „Jetzt nehmt euch mal zusammen…“, brüllte er, „…noch sind sie nicht hier!“ Das brachte sie wenigstens ansatzweise wieder zu Sinnen. „Wa… wa… was ist…?“, stotterte Sheila Witherspoom, die wie Maureen als Jägerin in seinem Team spielte. „Nebensächlich…“, gab er zurück und zog Maureen in Richtung der Umkleidekabinen, die einen Ausgang zur anderen Seite des Stadions hatten. „Kommt!“ „Malfoy, du Idiot, was soll das?“ Auch Michael Montague, der einzige Siebtklässler in seinem Team, hatte sich gefangen. Draco drehte sich irritiert zu ihm um. Montague grinste kalt. „Das ist die Gelegenheit, auf die du schon seit zwei Jahren wartest… und du bist nicht der Einzige!“, sprach er selbstsicher weiter. Dracos Blick wurde hart, während er gleichzeitig zur Kenntnis nahm, dass die anderen Spieler sich hinter ihm scharten. Seine Stimme war ausdruckslos, als er fragte: „Was soll das heißen?“ Montague bemerkte die Veränderung in seiner Haltung nicht und redete begeistert weiter. „Diese Kobolde da draußen… glaubst du die greifen Hogwarts von sich aus an? Dein Vater ist da draußen… und meiner auch! Darauf wette ich! Lass uns endlich tun, was wir schon immer wollten!“ Diesmal begriff er wohl, dass Draco davon nicht angetan war, denn er zog bei dem Anblick, den der Blonde nun bot, irritiert die Brauen zusammen. Dracos Haltung war entschlossen und eisig – und er war offensichtlich überhaupt nicht angetan von dieser Idee. Seine Worte bestätigten nur, was Montague zu fürchten begann. „Was? ...In einem verlorenen Krieg kämpfen und die Seele opfern?“, spuckte Draco abfällig. Wut loderte in seinen Augen, so unbeherrscht und verzehrend, dass das Bedürfnis Montague mit bloßen Händen zu würgen, nicht zu bezweifeln war. Montagues Blick wurde verächtlich. „Verräter… warte nur, dich bekommen sie auch noch… und dann kriegst du, was du verdienst!“, blaffte er und wollte sich abwenden, doch er kam nicht dazu. „Imperio!“, fauchte sein Teamcaptain und der Rest seiner Mitspieler hielt angesichts dieser Kaltblütigkeit die Luft an. Draco warf einen Blick in die Runde. „Noch jemand?“ Kollektives Kopfschütteln war die Antwort auf diese Frage, während Montague mit dämlichem Grinsen ins Leere starrte. „Nur zu euer Information…“, fuhr Draco fort. „…jeder, der freiwillig daraus geht, aus welchen Gründen auch immer… ist dem Tod geweiht! Tanzt auch bloß einer von euch aus der Reihe, wird er sich wünschen, mir nie begegnet zu sein! Aufstellen und an den Umhängen fassen. Montague, komm her!“, kommandierte Draco weiter und alle taten eilig, was er sagte. „Draco, wa… wa… was ist mit dir...?“, wagte es Goyle als Einziger, den Mund aufzumachen. „Halt die Klappe, Goyle!“, bekam er an den Kopf geknallt. „Fasst euch an den Umhängen. Los!“, wies Draco erneut an und sprach den Tarnzauber, der noch mehr Unglaube in die Augen seiner Teamkameraden brachte. „Wir müssen zurück ins Schloss, wenn wir das überleben wollen. Macht, was ich sage, oder ich verpasse euch allen einen Imperius! Ist das klar?“ Allgemeines Nicken war die eingeschüchterte Antwort, denn gerade eben gab es erneut ohrenbetäubendes Getöse, diesmal viel näher, als zuvor. Der Gang in dem sie sich befanden, bebte zum ersten Mal leicht. Die Kobolde kamen näher. Draco sah, wie Maureen Dunn zu zittern begann. „Ganz ruhig bleiben… wir schaffen es zurück zum Schloss!“ >> …wir müssen. Gott, ich hoffe, du Idiot bleibst da, wo du hingehörst… in Sicherheit!<<, und damit begann er erneut in Richtung Umkleidekabinen zu hasten. Draco zweifelte nicht eine Sekunde daran, hinter wem die Todesser her waren, die diese Kobolde auf Hogwarts losgelassen hatten und er konnte nur hoffen, dass Harry wirklich in Sicherheit war. ~ Harry befand sich jedoch alles andere als in Sicherheit, auch wenn ihn das nicht wirklich interessierte. Er hatte im Moment andere Sorgen und fluchte schockierend ausgiebig, bevor er seinen beiden besten Freunden einen bitterbösen Blick zuwarf. „Was verdammt noch mal sollte das? Seid ihr noch ganz dicht?“ Nicht, dass er das erste Mal mit jemandem zusammen apparierte, doch das hier war Hogwarts. Auf dem Hogwartsgelände durfte man nicht apparieren und er war sich vollkommen bewusst, wie viel Kraft er aufgewendet hatte, um es trotzdem zu tun. „H… H… Ha… Harry… wa.. wa.. wa…?“ Ron stotterte und Hermione starrte ihn mit offenem Mund an. Harrys Miene wurde finster, als er lautes Getöse aus der Ferne vernahm. Mit einem Blick in Richtung des Verbotenen Waldes schickte er einen Zauber übers Gelände, um festzustellen, wie viel Zeit ihm noch blieb. Sein Blick wurde kalt als ihn das Ergebnis erreichte. Ein Heer rumänischer Bergkobolde war das Letzte, was er zu sehen wünschte, doch er war sich darüber im Klaren, dass er keine Wahl mehr hatte. Sein Blick flackerte erneut zu seinen Freunden, die ihn noch immer anstarrten, als sähen sie ihn das erste Mal. >>…nun… vermutlich tun sie das auch!<<, ging es ihm durch den Kopf. „Ihr müsst zurück ins Schloss. Mione, ich werde den Patrocinium versiegeln, aber nicht verankern… ihr seid vollkommen sicher darunter… geht zurück zum Schloss… Dumbledore ist schon dabei die Schutzwälle umzustrukturieren. Ihr habt nicht mehr viel Zeit!“ Und damit rauschte der mächtige Schutzzauber über sie hinweg und schloss sie sicher ein, bevor Harry sich abwandte und in Richtung des lauten Getöses davonging. „Harry…!“ Hermione hatte ihre Sprache wieder gefunden und stolperte vorwärts, bis sie auf den undurchdringlichen Widerstand des Spheare Patrocinium stieß. „HARRY… was hast du vor?…Komm zurück!“ Harry wandte noch einmal den Kopf und starrte sie an. Sein Gesicht hatte nun jede Farbe verloren, seine Augen waren dunkel umschattet und sein Blick ausdruckslos. Hermione schlug die Hände über die Lippen, als sich in ihrem Kopf Stück für Stück zusammensetzte, was vor sich ging. Sie hatte das schon einmal gesehen. Sie hatte IHN schon einmal so gesehen. „Oh mein Gott…“, wimmerte sie, als Bruchstücke einer veränderten Erinnerung in ihrem Bewusstsein auftauchten. „Was denn, Mione? Was geht hier verdammt noch mal vor?“, kam Ron wieder zu Sinnen und nahm Hermione bei den Schultern, sich offensichtlich bewusst, dass sie am ganzen Leibe zitterte. Es sah einen Moment lang so aus, als würde Harry antworten, doch er kam nicht dazu. „POTTER!“, donnerte es aus nicht allzu weiter Ferne zu ihnen herüber und lenkte sie alle drei ab. Harrys Zauberstab wechselte die Richtung und sie konnten Severus Snape stolpern sehen, als ihn zweifellos der Patrocinium unterm Laufen einschloss. Die Miene des Meisters der Zaubertränke wurde noch ein wenig düsterer. „HÖR verdammt noch mal auf mit dem Blödsinn… du kannst das nicht… du bist nicht mehr…!“ Er unterbrach sich, als Harry ihm den Rücken zuwandte und davon ging. „HARRY POTTER, DU WIRST MIR JETZT ZUHÖREN…“, brüllte Severus, doch es war nicht zu übersehen, dass Harry ihn ignorierte. Etwas Dunkles erschien aus dem Nichts hinter ihm und Severus stöhnte verzweifelt, als ihm klar wurde, was Harry tat. Dracos inzwischen wieder mit seinem rechtmäßigen Slytherinwappen versehener Kapuzenumhang, war aus dem Nichts erschienen und legte sich von selbst um Harrys schmale Schultern. Er wappnete sich. Severus hatte beinahe das Gefühl, als könne er noch spüren, wie der Junge seine emotionalen Panzer anlegte, um wieder einmal in einen Kampf zu ziehen, den er als seine Pflicht betrachtete. „HARRY, DAS IST NICHT MEHR DEIN KRIEG!“, schrie er und gab alle Vorsicht auf. Er musste ihn stoppen. Das war alles, was noch zählte. Harry durfte nicht gegen die Kobolde ziehen. Ron jedoch riss bei diesen Worten die Augen auf und sah ungläubig zu seinem besten Freund hinüber. Ein Blick genügte ihm, um zu begreifen, dass Snape keine Scherze machte. Harry zog in einen Krieg. Seine ganze Haltung sagte es klar und deutlich, ebenso deutlich wie sie sagte, dass er das nicht zum ersten Mal tat. Er wusste, worauf er sich einließ. Wie konnte das sein? Welchen Krieg hatte Harry geführt? Sein Blick blieb an Hermiones starrem Gesicht hängen. Sie wusste es. Das war nicht zu übersehen. Mione wusste, was passierte, doch plötzlich getraute er sich nicht zu fragen, denn er war ganz und gar nicht sicher, ob ihm die Antwort gefallen würde und so starrte er wieder zu seinen Freund, der gerade eben einen wütenden Blick in Snapes Richtung schickte. „Ich tue, was ich tun muss und das weißt du!“, fauchte Harry dabei laut. Es war nicht zu übersehen, dass er glaubte, was er sagte. „…und ich werde mich bestimmt nicht mit dir herumstreiten.“, setzte er nach. „Ich sehe diese hässlichen, kleinen Viecher nicht zum ersten Mal!“ Severus, froh seine Aufmerksamkeit zu haben, versuchte es ruhiger. „Harry… da sind ein paar Fakten, die du nicht ignorieren kannst… du bist nicht…“ „Hör auf zu schwatzen… wärst du mal eher so gesprächig gewesen… dann müsste ich mich jetzt nicht mit diesem Chaos in meinem Kopf rumschlagen und alles neu ordnen!“ Das verschlug Severus die Sprache und Ron, nicht weit entfernt klappte schon wieder der Mund auf. Harry sammelte sich ein wenig. Es hatte keinen Sinn weiter zu diskutieren. Er hatte nicht mehr viel Zeit. Am Rand des Verbotenen Waldes begann sich die graue Masse der Kobolde deutlich abzuheben und er musste sie aufhalten. „Such IHN…!“, befahl er Severus und zog die Kapuze ein wenig tiefer ins Gesicht. Der Schutzbann um Severus flimmerte blau und die Karte des Rumtreibers erschien in dessen Händen. Er war sich vollkommen klar, wen Harry meinte. „Harry… sei vernünftig… Hilfe ist unterwegs… Albus’…“ Die Worte blieben ihm im Halse stecken, als die ersten Kobolde über das Gelände gestürmt kamen. Harry fuhr herum, hob den Zauberstab und bellte einen Zauber, der sich gleich darauf halbkreisförmig in Richtung der Angreifer ausbreitete und sie alle zu Boden warf. So ungern Severus es zu gab, doch Harry schien Recht zu haben. Dumbledores Unterstützung würde zu spät kommen. Das Ministerium war nicht für seine Reaktionsschnelligkeit bekannt. „Tut verdammt noch mal, was er euch gesagt hat!“, blaffte er die beiden Gryffindors an, als der Boden unter ihnen von einem weiteren Zauber Harrys erzitterte und sie beinahe von den Füßen riss. „HARRY!“, brüllte er dann noch einmal und sah, wie sich die so vertraute Gestalt im schwarzen Umhang noch einmal zu ihm umwandte. „Sei vorsichtig!“ Harrys Miene war unbekümmert, als er ihm daraufhin ein kaltes Lächeln schickte. Snape konnte nur hoffen, dass es kein böses Erwachen gab. ~ Als der Boden unter ihren Füßen ein weiteres Mal erzitterte, ließen sich Dracos Teamkameraden automatisch fallen. Beim ersten Mal hatten sie es mit Mühe geschafft auf den Beinen zu bleiben, doch beim zweiten Mal waren sie so sehr durcheinander gewirbelt worden, dass sie den Kontakt verloren hatten und Draco einen weiteren Zauber gebraucht hatte, um alle zu finden. „Herr Gott noch mal, was geht da oben ab!“, ließ sich Patrick McKinley vernehmen und warf einen Blick in Richtung des Hauptschlosses hinauf. Man konnte nichts sehen. Nur Geheul und das Donnern mächtiger Zauber war zu hören und immer wieder bebte die Erde. „Das willst du nicht wissen!“, meinte Draco, der Maureen fest am Arm hatte, während sich Sheila an Greg Goyle festklammerte, weil dessen kräftige Gestalt den meisten Halt versprach. „Weiter!“ Die Zeit wurde knapp. Mit Sicherheit waren die Lehrer schon eifrig dabei, die Banne des Schlosses umzustrukturieren, um die Schüler zu schützen. Er konnte nur hoffen, dass noch irgendwo ein Eingang für sie offen war. Sie waren den einstürzenden Tribünen des Quidditchstadions knapp entkommen und Draco war auf dem Weg zum Ostflügel, in der Zuversicht, dass sie irgendwie noch hinein kamen. Fleur würde sicher nicht zulassen, dass man ihn aussperrte. Er konnte nur hoffen, dass sie es mitbekommen hatte. Immer wieder glitt sein Blick hinauf zum Hauptschloss. Er konnte sich denken, was dort vor sich ging, und fragte sich eigentlich nur, ob es Dumbledore war, der sich dort den Kobolden entgegen stellte. Den Gedanken, dass es auch Harry sein könnte, verdrängte er mit aller Macht. „Glaubst du wirklich, dass die Todesser hinter diesem Angriff stecken, Draco?“ Goyle war neben ihm und folgte immer wieder seinem Blick. Draco nickte nur. Von sich aus würde kein Kobold auf die Idee kommen, Hogwarts anzugreifen. Er fragte sich, was Harry angestellt hatte, dass sie den Todessern so bereitwillig folgten. Einen anderen Grund konnte er sich für diese seltsame Allianz nicht vorstellen. „Aber die Kobolde sind nicht kontrollierbar!“, bohrte Goyle weiter. „Hast du es nur wirklich nicht kapiert? Das interessiert Voldemorts Anhänger nicht.“ Er bekam nicht mit, wie sein Begleiter bei Voldemorts Namen zusammenzuckte und die anderen ihm schockierte Blicke zuwarfen. „Die Kobolde sind die Vorhut… sie sollen das Massaker anrichten, was der Lord schon vor 1 ½ Jahren geplant hatte… und dann kommen die ehrwürdigen Herrschaften mit den Totenköpfen auf den Armen… um Potter zu holen!“, knurrte er hasserfüllt und verschwieg, dass sein Vater mit Sicherheit noch einen weiteren Grund hatte, hier aufzutauchen. „Bewegt euch… mit ein bisschen Glück ist Fleur auf der Suche nach mir und hält uns eine Tür auf, da die Lehrer alle anderen garantiert schon fest verriegelt haben.“ Das trieb sein Team zu weiterer Eile an, die Hände fest in die Kleidung eines anderen gekrallt, um ja nicht den Kontakt zu verlieren. Mit bitterem Amüsement fragte sich Draco, was ihnen wohl durch den Kopf ging angesichts seines Gebarens. Zweifellos war es vorbei mit seinem Versteckspiel und er wollte gar nicht wissen, was an Fragen auf ihn herabregnen würde, sobald sich die Lage beruhigt hatte. Er gönnte sich ein mentales Schnauben und fragte sich, ob seine Tarnung die einzige war, die heute auffliegen würde. Wie diese Attacke sich auf Harry auswirkte, wollte er nicht wirklich wissen. Er hoffte eigentlich nur noch, dass er nicht irgendwo mitten im Kampfgetümmel steckte und damit mehr offenbarte, als ihm lieb sein konnte. ~ Dieser war natürlich genau da, wo Draco ihn überhaupt nicht sehen wollte. Innerhalb weniger Minuten war der Schwarzhaarige zu Hochform aufgelaufen und warf den Kobolden entgegen, was ihm in den Sinn kam. Die Druckwellen hatten sie ja schon gründlich durcheinander gewirbelt und ihren Vormarsch gestoppt, doch er ging nicht davon aus, dass es sie aufhalten würde und so verwandelte er Gras in hoch aufragende, spitze Felsen, bildete Mauern, die mit Magie verstärkt waren und machte damit das Vorankommen fast unmöglich. Das Letzte, was Harry wollte, war diesen Kreaturen in direktem Kampf gegenüberzutreten. Die Vorstellung, dass Langschwert, Lanze und Streitaxt die effektivsten Mittel waren, einen Kobold zu stoppen, jagte Panik durch sein Bewusstsein. Er wollte nicht noch mehr violettes Blut an seinen Händen sehen, als er es eh schon tat. In seinem Kopf rasten die Gedanken und noch immer war er dabei zu verarbeiten, was vor wenigen Minuten wieder in sein Leben gekracht war. Er war ein Schwarzmagier. Einer, der mächtig genug war, ganze Festungen auszuhebeln, Menschenmassen unter seinen Bann zu legen und der gegen jede Kreatur die beste Waffe in seinem Kopf hatte. Einer, der stark genug war, den bis dato mächtigsten Schwarzmagier der Gegenwart ohne allzu große Mühe ins Jenseits zu befördern. Es war kein beruhigender Gedanke, doch im Moment beherrschte er das Chaos in seinem Kopf, denn er musste Hogwarts beschützen. Noch immer war das der Gedanke, der am hellsten in seinem Kopf brannte. Hogwarts und Draco – die zwei Dinge, die in den Monaten seines Kampfes gegen Voldemort zu seiner Lebenslinie geworden waren. Voldemort war tot, doch Frieden bekam Der-Junge-der-lebte trotzdem keinen – nicht so lange auch nur einer dieser Bastarde, die ihm damals entkommen waren, hinter seinem Kopf her war. Harry wartete mit Inbrunst darauf, dass sie endlich erschienen, um sie endlich dingfest machen zu können. „WIR MÜSSEN SIE AUSSCHALTEN!“, kam es in diesem Moment von weiter rechts. Dumbledore war erschienen, doch der Blick, den Harry ihm zuwarf, war mörderisch. „NOCH NICHT!“, brüllte er zurück und blockte einen Zauber des Schulleiters. „HARRY!“, donnerte Dumbledore empört und schockiert zugleich, bevor er erneut den Zauberstab hob. „NEIN!“, kam es zurück und Harry war drauf und dran sein Gegenüber zu entwaffnen. „Was soll das?“, fragte Dumbledore daraufhin ruhiger als er sich fühlte, erneut nicht sicher, was er von dem Jungen halten sollte, von dem er inzwischen wusste, dass er mächtiger war als jemals ein anderer, dem er entgegengetreten war. Harry hatte alle Banne Hogwarts ausgehebelt und nur die für das Schloss bestehen lassen. Er braucht Bewegungsfreiheit, dessen war Dumbledore sich klar, doch er wusste nicht, ob das alles war, was er wollte. „Sie sind noch nicht da.“ „Wer ist noch nicht da?“ „Die entkommenen Todesser! Oder glauben Sie wirklich, dass die Kobolde aus eigenem Antrieb hier sind?“ „Harry die Sicherheit der Schule wiegt schwerer als alles andere!“ „Die Schule ist sicher! Ich will Lucius und den Rest seiner Meute!“ „Harry, es…!“ Der Zauberstab zeigte auf Dumbledore und dieser verstummte. „Ich WILL, dass es vorbei ist, Professor, und ich werde nicht zulassen, dass Sie mich daran hindern, das zu erreichen! Die. Schule. Ist. Sicher.“ Sie starrten einander an, beide wohl wissend, dass es nicht ratsam war, sich ernsthaft mit dem anderen anzulegen und dass die Zeit verrann. „Wer bist du, Harry?“ Dumbledore wusste es nicht. Er musste diese Frage stellen. Die Wildheit im Blick des Jungen, der schon lange kein Junge mehr war, gefiel ihm nicht und doch hörte er die Worte: Die Schule ist sicher. Es irritierte ihn ungemein, dass er Harry glaubte. Harry, als hätte er den Hintergrund dieser Frage ganz genau verstanden, antwortete ohne auch nur einen Augenblick zu zögern. „Ich bin der, der ich sein muss um zu beenden, was ich angefangen habe! Sie haben mich auf diesen Weg geschickt, also vertrauen Sie mir!!“ Aufruhr und Verzweiflung, wilde Wut und tiefer Schmerz. Das war es, was den jungen Magier beherrschte, der es wagte, ihm die Stirn zu bieten. Harrys Entschlossenheit war ungebrochen. Er wollte beenden, was er begonnen hatte. Dumbledore begriff, dass er sich um den Rest später Gedanken machen musste, auch darum, dass Harry noch immer überzeugt war, von ihm selbst diesen Auftrag bekommen zu haben. Er musste abwarten. Ein knappes Nicken und beide wandten den Blick erneut dem augenblicklichen Hauptproblem zu – dem unaufhörlich voranstürmenden Heer rumänischer Bergkobolde. „Sie sind meinetwegen hier… und ich werde sie aufhalten!“, hörte Dumbledore Harry murmeln und einen Moment später war er verschwunden. Mitten im Getümmel der tobenden Kobolde tauchte er wieder auf, diesmal mit Langschwert und Streitaxt bewaffnet. Die Barrieren, die er aufgebaut hatte, waren während ihres Disputes niedergerissen worden und erneut rückten die Kobolde näher. Harry, mitten unter ihnen, zog sie jedoch nun auf sich. „Immobilus in perfectio!“, brüllte er, als sie begannen auf ihn loszugehen. Er wusste, dass er der Hauptgrund dafür war, dass sie den Todessern folgten, egal wie sehr er sich etwas anderes wünschte. Wie viele waren es gewesen, die er in Stanz niedergemetzelt hatte? Harry wusste es nicht, doch es begann unablässig durch seinen Kopf zu rasen und er konnte Panik spüren, die am Rande seines Bewusstseins lauerte, seit ihm klar geworden war, warum niemand gewollt hatte, dass er sich erinnerte. Er musste sie aufhalten. Koste es, was es wolle und so zwang er die Panik nieder und konzentrierte sich auf das, was er am besten konnte – kämpfen. ~ „Draco… wo bist du?...Zeig disch!“ Verzweifelt starrte Fleur auf die winzige Sanduhr, die ihr Professor Flitwick vor wenigen Minuten mit der Anweisung in die Hand gedrückt hatte, das Slytherin-Quidditchteam und Draco ins Schloss zu lassen, sobald sie auftauchten. Sie hatte beinahe einen hysterischen Anfall bekommen, als ihr klar wurde, dass Draco da draußen war und erst eine energische Ohrfeige ihrer Schwester hatte sie wieder zu sich gebracht. Jetzt stand sie hier, an einem Nebeneingang des Schlosses im Ostflügel, und verließ sich darauf, dass Draco auf sie vertraute und sich denken konnte, wo sie auf ihn warten würde, doch die Zeit verrann und nichts war zu sehen. „DRACO… wo auch immer du bist… beeil disch!“ Fleur war der Verzweiflung nahe und wurde unvorsichtig. Noch hatten die Kobolde das Schloss nicht erreicht – vermutlich, weil sie in ihrer Dummheit versuchten, den Haupteingang zu erstürmen. Die Kreaturen waren von blinder Wut getrieben und Fleur konnte nur erahnen, was sie so weit gebracht hatte. Sollten sie die Slytherins erwischt haben, war alle Hoffnung vergebens und Panik machte sich in ihr breit. Ein weiteres Mal brüllte sie nach Draco. Es war kaum noch Sand in ihrer Sanduhr, sicher keine Minute mehr. War sie abgelaufen, fiel die Tür zur und es war vorbei. Fleurs Hände begannen zu zittern. Gerade riss sie erneut den Mund auf um nach Draco zu rufen, als eine unsichtbare Hand über ihren Mund klappte und der Gesuchte aus dem Nichts erschien. „Hör auf mit dem Geschrei, oder willst du uns verraten!“ „DRACO… oh mon dieu, je te remerci! Je te remerci!“ Mit Tränen in den Augen fiel sie ihm um den Hals und klammerte sich an ihn. „Isch ’atte solsche Angst!“ Draco schob sie von sich, während er die Zauber von seinen Teamkameraden nahm. „Fleur, wer hat die Schockwellen verursacht, Dumbledore, oder ER?“, kam er unbeeindruckt zur Sache und ignorierte die Blicke seiner Teamkameraden, die sich zwar in die Sicherheit des Eingangs begeben hatten, ihn aber noch immer anstarrten. „Wir müssen ins Schloss, wir ’aben nur noch ein paar Sekunden.“, versuchte Fleur abzulenken. Sie nahm ihn mit hartem Griff am Arm, um ihn in die Sicherheit des Schlosses zu ziehen. „Nein, Fleur! Ist ER da oben?“ „Isch… weiß…!“, weiter kam sie nicht. Sie brachte die Lüge nicht heraus und die Panik in ihrem Blick steigerte sich ins Unendliche. „Du darfst nischt… bitte isch fle’e disch an…“ Draco riss seinen Arm los und warf ihr einen bedauernden Blick zu. Ihr Verhalten ließ keine Zweifel an der Antwort auf seine Frage. Heftig stieß er sie durch die noch offene Tür ins Schloss. „DRACO… NON!“ „Sorry, Fleur… aber ich kann nicht anders!“, murmelte er und wusste, dass sie ihn nicht mehr hörte, denn in diesem Moment flog die Tür mit einem Donnerhall zu und Schutzbanne traten knisternd in Aktion. Die Sanduhr war abgelaufen. Einen kurzen Moment lang starrte er noch diese Tür an, wohl wissend, dass Harry alles andere als begeistert sein würde, wenn er erfuhr, was er getan hatte, doch das war ihm egal. Er würde sich nicht hinter diesen Mauern verstecken während sein. Vater Jagd auf Harry machte und er war nicht umsonst Lord Voldemorts Protegé gewesen. Entschlossen belegte er sich erneut mit seinem altbewährten Tarnzauber und machte sich auf den Weg zum Hauptportal. ~ „ER MUSS DA RAUS!“ Severus war neben Dumbledore erschienen, der neue Schutzwälle näher am Schloss errichtete, während Harry mitten unter den Kobolden offenbar effektiv dafür sorgte, dass sie nicht weiter vordrangen. „Können Sie ihn aufhalten?“, fragte Dumbledore hart zurück, „Ich kann es nicht!“ Severus war schockiert und ließ widerspruchslos geschehen, dass der Schulleiter ihm die Karte aus der Hand zog und einen Blick darauf warf. Ein leises ‚verdammt’ entfuhr ihm, als er das Ausmaß des Angriffs erfasste. „Ich kann es versuchen!“, schnappte Severus inzwischen. „Dann fangen Sie an. Ich werde versuchen, die Kobolde einzuschließen, doch vorher muss er da raus.“ Ein explodierender Fels gab die Sicht auf das Geschehen frei. Harry war inmitten einer freien Fläche zu sehen, die Streitaxt in der Linken und das Langschwert in der Rechten. Zweifellos war er noch immer von seinem Schutzbann umgeben, den die Kobolde vergeblich zu durchbrechen versuchten und dann begriff der Meister der Zaubertränke, was das Junge tat. Harry war es, den diese Kreaturen wollten. Sie rückten nicht weiter vor, so lange sie glaubten, ihn zu haben. „Verdamm, er wird da durchdrehen!“ Die Haltung des Gryffindors war defensiv. Das war nicht der Krieger, den Severus kannte. >>Er erinnert sich… verdammt… und es bremst ihn aus… das heißt…<< Es hieß, dass er ein Gewissen hatte. Severus verspürte Hoffnung. „Severus… beeilen Sie sich… Sie müssen ihn da raus holen!“, riss Dumbledore ihn in die Gegenwart zurück. „Bevor er sich bewusst wird, dass er nicht mehr derselbe ist, denn dann ist er erledigt. Lassen Sie sich schnellstens etwas einfallen… los!“ Der Schulleiter hantierte mit der Karte und zeichnete neue Linien mit seinen Zauberstab darauf, während er ihn antrieb. Severus begriff, dass Dumbledore ernst meinte was er sagte. Er war es, der Harry da herausbringen musste. „Wo, verdammt noch mal, bleibt Ihre Verstärkung, Albus?“, blaffte er, bevor er begann, sich auf die Signatur zu konzentrieren, die er dem Schwarzhaarigen vor Wochen verpasst hatte, um ihn auf der Karte des Rumtreibers wieder erscheinen zu lassen. Harry war am Rande der Panik. Er wusste, dass sein Bann hielt, doch ihm war auch klar, dass die Kobolde sich so nicht lange bremsen lassen würden. Er nahm den Schutzbann immer weiter zurück, um sie bei der Stange zu halten. Worauf verdammt noch mal warteten die Todesser noch? Sie hatten doch mit Sicherheit, was sie wollten – er war den Kobolden ausgeliefert und schwer beschäftigt. „HARRY, DU MUSST DA RAUS!!“, vernahm er in diesem Moment Severus und war einen Augenblick zu lange abgelenkt. „PASS AUF!!“, konnte er noch Snapes’ sich überschlagende Stimme hören, dann riss ihn etwas beinahe zu Boden. Fassungslos starrte er auf das Blut, das seinen Arm hinunter sickerte. Severus begann zu fluchen, doch Harry wollte einfach weitermachen und versuchte sich aufzurichten, als der Schmerz der Lanzenverletzung seinen Verstand erreichte und er gequält aufschrie. Was sollte das? Was hatte das zu bedeuten! Wimmernd ließ er das Schwert aus der Hand fallen, bevor diese zu seiner Schulter fuhr und er einen Blick auf die klaffende Wunde die sich dort befand warf. Warum beeinträchtigte ihn der Schmerz? Das konnte doch nicht sein! „HAST DU ES JETZT KAPIERT? HAST DU ES ENDLICH KAPIERT? Du bist nicht mehr derselbe!“ Severus erschien tobend neben ihm und hüllte ihn in seinen eigenen Schutzbann ein, froh darüber, dass Harry die Banne des Schlosses ausgehebelt hatte und er auch ohne Perfectio-Magie apparieren konnte. „Was…?“, kam es gequält von Harry, als Severus ihn an der Schulter packte und zu sich riss. Für Harry mochte es eine Katastrophe sein, doch Severus verspürte nur unendliche Erleichterung. Er konnte die Schmerzen spüren; das hieß, er war nicht mehr der Herr der Zeit, denn ansonsten hätte er sein Körperbewusstsein spätestens in dem Moment ausgeschaltet, als die Lanze ihn erwischte. „Du verdammter Idiot!“, ließ er ihn nicht aussprechen. „Das ist es, was ich dir sagen wollte! Du bist nicht mehr der Herr der Zeit. Du bist nur noch Harry!“ In einem Hinterstübchen seines Verstandes dankte er allen guten Geistern für diese Tatsache, denn nun musste er ihn nicht wie versprochen töten. Doch erst einmal musste er sich darauf konzentrieren, Harry hier raus zu bringen. „Wieso konntest du zu mir apparieren?“, kam es gerade angespannt von diesem. „Eine Signatur, die ich dir schon vor Wochen verpasst habe… halte den Schild, Harry!“ „Aber…“ Es gab kein ‚Aber’ mehr. Noch bevor Harry auch nur versucht hatte, den Schild, der sie vor den Kobolden beschützte zu verstärken, waren sie schon verschwunden und ließen die Kreaturen rasend vor Wut zurück. Sie erschienen vor dem Hauptportal wieder, nicht weit von Hermione und Ron entfernt, die in morbider Faszination hinüber zu den Kobolden starrten und sich nicht vom Fleck bewegten. Severus Gebrüll holte sie jedoch zurück: „Sie beide sollten schon längst verschwunden sein.“, tobte er. „Dämliche Gryffindors.“, meckerte er weiter, doch Harry ließ er mit einer Vorsicht zu Boden gleiten, die seine Worte Lügen straften. Dessen Verstand war von Schmerzen vernebelt und das Blut strömte unaufhörlich aus seiner Schulterverletzung. „Ich muss sie aufhalten, Severus, sie sind meinetwegen hier!“, stöhnte er, doch der Meister der Zaubertränke brachte ihn zum Schweigen. „Du bist erst mal ganz still!“ Severus begann gerade seinen Umhang zu öffnen, um die Verletzung zu begutachten, als das Geräusch von Apparationen scheinbar hundertfach um sie herum ertönte. „Bei Merlin, nicht jetzt!“, entfuhr es Severus, der sich genau wie Harry denken konnte, was vor sich ging. Die Todesser glaubten Harry am Ende und hatten entschieden einzugreifen, denn noch immer waren nur fünf Leute auf dem Gelände vor dem Hauptportal. Ron und Hermione, sicher unter dem Spheare patrocinium, hatten es natürlich nicht geschafft, sich auch nur einen Schritt von der Stelle zu bewegen. Sie beobachteten mit entsetzen Augen das Geschehen. Schlagartig waren die Todesser in der Übermacht. Dieser Zustand änderte sich jedoch fast im selben Moment. So, wie Voldemorts Anhänger siegesgewiss erschienen waren, tauchten nur einen Sekundenbruchteil später die Auroren des Ministeriums auf und Severus runzelte die Stirn, denn das wäre dann doch ungewöhnlich schnell gegangen. „HARRY!“, lenkte ihn Dumbledore jedoch schnell von seinen Gedanken ab. „Sperr sie ein… los!“ Harry war schneller auf den Beinen, als Severus es angesichts seiner Verwundung für möglich gehalten hatte und hob die Arme, entschlossen zu tun, was Dumbledore verlangte, doch er taumelte. Severus brauchte nur einen Augenblick, um auf die Beine zu kommen und ihn zu stützen. „Mach schon!“, kommandierte er. „Und dann muss diese Wunde verschlossen werden.“ Der Blick, den Harry ihm zuwarf war beinahe dankbar, während er den Bann murmelte, der Hogwarts komplett unter einen versiegelten Anti-Apparartionsbann legte. „Ich…“ Die Knie knickten ihm wieder ein und Severus ließ ihn vorsichtig auf den Boden gleiten, bevor er den Umhang auseinander schob, um sich um seine Verletzung zu kümmern. „Wo ist Draco?“, kam die leise Frage, die Severus mehr als alles andere fürchtete. Er wusste, dass der Blonde nicht im Schloss war, doch Dumbledore hatte die Karte. Er hatte keine Ahnung, wo er sich im Moment befand. „In Sicherheit!“, blaffte er, ohne seinen Schützling anzusehen und entsprechend schnell hatte Harry ihn am Kragen. „Wo ist er?“ „Harry, ich muss jetzt diese Verletzung behandeln!“ Ein Wutschrei war die Antwort und Harry stieß ihn weg. „Ich hatte dir gesagt, du sollst ihn finden!“ Er torkelte auf die Füße. „Harry, du…“ „NEIN!“ Seine Linke fuhr zu seiner Schulter und in seinem Gesicht zeichnete sich vollste Konzentration in harten Linien ab. Severus wusste, was er tat und schüttelte nur entnervt den Kopf. Er hatte keine Ahnung mehr, was er noch von Harry Potter halten sollte. Er war nicht mehr der Herr der Zeit, soviel stand fest, doch was er war, konnte sich Severus ebenso wenig erklären. Zuviel von dem, was er nicht mehr wissen durfte, war noch immer in seinem Kopf und er war noch immer viel zu mächtig. Einen Moment später stürmte er äußerlich scheinbar vollkommen wieder hergestellt davon und hielt auf Dumbledore zu, doch Severus konnte er nicht täuschen. Er hatte viel Blut verloren und nichts, was ihm seine verlorene Kraft zurückgeben konnte. Seine Haltung war angespannt und er vermied es trotz des Chaos, das um sie herum losgebrochen war, zu apparieren. Überall entwickelten sich Duelle zwischen Auroren und Todessern und Severus warf einen Blick in die Runde, bevor er Ron und Hermione anfunkelte, dass diesen sofort der Ernst der Lage bewusst wurde. „Scheren Sie sich zum Portal, wenn Sie schon nicht dazu fähig sind zu tun, was Ihnen Harry geraten hat!“, und damit wandte er sich ab und hetzte dem Schwarzhaarigen hinter her. Draco warf ebenfalls einen Blick in die Runde. Er hatte das Gelände vor dem Hauptportal gerade erreicht und nicht mitbekommen, was zuvor geschehen war. Hektisch suchte er nach Harry und verspürte eine Welle der Erleichterung, als er ihn in Dumbledores Nähe entdeckte. Die Hoffnung, dass er noch im Schloss war, hatte er aufgegeben, als er aus der Ferne gesehen hatte, dass sich nur ein paar Gestalten vor dem Hauptportal befanden und zwei davon intensiv mit dem Heer von Kobolden beschäftigt waren. Da hatte er sich gefragt, wo die Todesser steckten. Diese Frage wurde ihm nun beantwortet. Es wimmelte nur so von Duellen. Die meisten Todesser sahen sich mindestens einem Auror gegenüber und versuchten zu disapparieren, doch das schien unmöglich. Mehr als einmal konnte er einen an dem Fleck wieder erscheinen sehen, an dem er zuvor verschwunden war. Draco suchte nach seinem Vater. Es mochte sein, dass es das Dümmste war, was er tun konnte, doch Lucius sollte merken, dass er nicht umsonst Voldemorts Protegé gewesen war. Er sah sich vollkommen imstande, seinem Vater gegenüberzutreten und würde um jeden Preis verhindern, dass er noch einmal entkam. „Professor, ich brauche die Karte!“ Harry hatte Dumbledore erreicht und warf einen Blick auf die Karte, auf der Dumbledore noch immer versuchte, alle Kobolde mit schwarzen Linien einzukreisen. Sie waren jedoch so weit auseinander gestürmt, dass es unmöglich war. „Ich bedaure Harry, aber wir müssen diese Kobolde einschließen. Ich hatte gehofft, sie würden sich zurückziehen, wenn die Auroren erscheinen, doch offenbar sind sie viel zu wütend.“ „Ich…“ „Nein, du wirst nicht noch einmal den Lockvogel spielen!“, schnitt ihm der Schulleiter mit ernstem Blick das Wort ab. Harry kniff die Augen zusammen, sah jedoch davon ab, Dumbledore zu widersprechen. Er hatte seine Lehre aus dem letzten Versuch dieser Art gezogen. „Wie?“ „Congrego genus!“ „Sie links, ich rechts!“, entgegnete der Gryffindor ohne zu fragen und brachte damit beinahe ein Schmunzeln in Dumbledores Augen. Was auch immer mit dem Herrn der Zeit geschehen war, Harry besaß sein Wissen noch. Der Zauber würde alle Wesen einer Rasse verbinden und dann konnten sie sie zusammenhorten. „In Perfectio, bitte!“, wies er noch an, bevor er den Zauberstab hob und den mächtigen Bann zeitgleich mit Harry übers Gelände jagte. Die Kobolde hielten irritiert inne. „Spheare custodia in perfectio!“ Der Gefängnisbann folgte nur einen Augenblick später und im nächsten Moment wurde die Karte des Rumtreibers aus Dumbledores Händen gerissen. „Sie sind gefangen… kümmern Sie sich um den Rest!“ „Eine herausragende Leistung, Harry! Wirklich herausragend!“ Dumbledores Blick war wohl gesonnen und voller Anerkennung. Harry hatte die richtige Entscheidung gefällt, was die Todesser anging, auch wenn der Schulleiter das so schnelle Auftauchen der Auroren noch hinterfragen musste. „Er war links vom Hauptportal, als ich das letzte Mal nach ihm Ausschau gehalten hab!“ Harrys Blick schnippte hoch, als er einen Moment brauchte, um zu rekapitulieren, was Dumbledore meinte, bevor sein Blick noch ein wenig düsterer wurde, während der Schulleiter nun richtig schmunzelte. „Du solltest dafür sorgen, dass er nicht doch noch ins Kreuzfeuer gerät. Ich kümmere mich um den Rest.“ Seine Worte gingen in einem schrillen Aufschrei unter. Harry fuhr herum, nur um den Falken aus der Luft herabstoßen und dabei schrill und allarmierend schreien zu sehen. Einen Sekundenbruchteil lang fragte er sich, was das gebaren des Tieres zu bedeuten hatte, bevor der Magier-in-perfectio in ihm die schockierende Antwort auf diese Frage erfasste. Dieser Falke war kein Falke. Er war ein Animagus und wenige Meter über dem Boden bewies er das mit erschreckender Deutlichkeit, indem er sich zurückverwandelte. Narcissa Malfoy stolperte hart angesichts des Tempos, mit dem sie zu Boden gegangen war, doch sie stürzte nicht, rannte im Gegenteil wie von Sinnen weiter. Wie in Trance sah Harry einen großen schwarzen Hund zu ihr aufschließen, bevor er begriff, was sich abspielte. „Draco…. neeeeiiinnnnn!“ Es war ein lang gezogener, Aufschrei voller Verzweifelung, der Harry das Blut in den Adern gefrieren ließ. Draco stand seinem Vater im Duell gegenüber und gerade eben wurde er durch das Erscheinen seiner Mutter so gründlich abgelenkt, dass er den Zauberstab fassungslos fallen ließ. Panik griff mit eisiger Hand nach Harry. Er streckte den Zauberstab aus, als Sirius sich neben Narcissa zurückverwandelte und neben ihr her rannte, doch sie waren viel zu weit entfernt. Sie würden Draco nicht mehr rechtzeitig erreichen. Die Panik umklammerte Harry mit eisiger Hand, als er mit geschlossenen Augen einen Spheare Patrocinium über den beiden fixierte, um sie vor Angriffen und Querschlägern zu schützen. Dracos Mutter durfte nichts geschehen. Um keinen Preis, und wenn er damit auch noch Sirius beschützen konnte, war ihm das nur Recht. Es war alles, was er noch tun konnte und dann hoffte er verzweifelt den Sekundenbruchteil zu haben, den er brauchte, um Draco vor dem sicheren Tod zu bewahren. Noch einmal nahm er alle Kraft zusammen, die ihm geblieben war, denn in der Ferne begann Lucius zum zweiten Mal in seinem Leben den Todesfluch gegen seinen eigenen, im Moment vollkommen wehrlosen Sohn zu sprechen. Fast im selben Augenblick stolperten Sirius und Narcissa in einen undurchdringlichen Widerstand und Dumbledore, der ebenfalls erfasst hatte, was vor sich ging, griff nach Harrys Arm, doch es war zu spät. Er war disappariert. Grünes Leuchten verließ funkelnd den Zauberstab von Lucius Malfoy und Dracos Lippen öffneten sich fassungslos. >>Nein...<<, war das Letzte, was ihm durch den Kopf schoss, während er wie in Zeitlupe sehen konnte, dass sein Vater von mehreren Flüchen gleichzeitig zu Boden gerissen wurde, doch es war zu spät. Er war dem Tode geweiht. Nichts konnte den Avada Kedavra mehr aufhalten, nachdem er einmal ausgesprochen war. Einen Moment später erstarrte jedoch die Luft um sie herum, als eine Gestalt im schwarzen Umhang zwischen ihm und dem sicheren Tod erschien und durch die Wucht des Fluches meterweit durch die Luft geschleudert wurde, nur um hinter ihm hart auf den Boden zu knallen Es war, als habe jemand den Ton abgestellt, so plötzlich wurde es still und nur noch aus der Ferne drang Lärm herüber, wo Auroren damit beschäftigt waren, der verbliebenen Todesser Herr zu werden. Severus schloss die Augen. Er wollte nicht sehen. Er wollte nicht sehen, wie Draco fassungslos die ersten Schritte auf die Gestalt zumachte, die zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen leblos auf diesen Gründen lag. Er konnte Grangers Schluchzen von etwas weiter rechts hören. Offensichtlich waren die beiden Gryffindors noch immer nicht viel weiter gekommen, doch es war egal. Es war vorbei. Der Widerstand der Todesser brach zusammen, kaum dass ihnen klar wurde, dass auch Lucius Malfoy gefallen war. Selbst der Lärm in der Ferne verklang, doch Severus brachte es nicht fertig zu schauen. Er konnte einfach nicht akzeptieren, dass es ihn am Ende doch noch erwischt haben sollte. Für ein weiteres Wunder war er inzwischen viel zu geschwächt. Und dann hörte er Draco. „Nein… neinneinneinneinnein… NEIN!“ Und noch immer weigerte er sich zu sehen. Draco war mitten in einem Alptraum. Er hatte seinen Vater gefunden. Wie auch nicht. Immerhin war dieser ebenso entschlossen auf der Suche nach ihm gewesen, wie er selbst Lucius gesucht hatte. Etwas hatte sie regelrecht zueinander gezogen und Draco zweifelte nicht daran, dass Lucius genau dafür gesorgt hatte. Ihre Konfrontation war unausweichlich gewesen. Einen Moment lang war alles in bester Ordnung, als er Lucius endlich gestellt hatte. Er sah sich seinem Vater im Duell vollkommen gewachsen, doch so weit war er nicht mehr gekommen. Das Erscheinen seiner Mutter auf diesem Schlachtfeld hatte ihn vollkommen aus der Bahn geworfen – und seinem Vater die Chance gegeben, ihn zu töten. Und jetzt… jetzt war… Draco konnte den Gedanken nicht zu Ende denken. Alles in ihm weigerte sich dagegen. Das war einfach unmöglich. Es konnte nicht wahr sein. Es durfte nicht. Wie unter Zwang wandte er sich langsam um. Als die Gestalt im schwarzen Umhang zwischen ihm und Lucius aufgetaucht war, hatte er nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde gebraucht, um zu begreifen, dass Harry es wieder tat. Zum zweiten Mal in seinem Leben stellte er sich zwischen ihn und seinen Vater. Alles andere ging so schnell, dass niemand mehreingreifen können hatte. Dazu war es viel zu spät gewesen. In einem Augenblick hatte er nur das giftgrüne Funkeln des Avada Kedavra gesehen und dann war er da. Zwischen ihm und dem Tod. Draco schaffte es nicht, sich Illusionen zu machen. Harry mochte dem Tod zweimal entkommen sein. Die Chance, dass es ihm ein drittes Mal gelang, war nicht existent. Es war wie ein Alptraum, der Wirklichkeit wurde und die Stille um ihn herum ließ daran leider keine Zweifel. Es war Realität, doch Draco versuchte ihr trotzdem verzweifelt zu entkommen. Mit aller Macht versuchte er etwas anderes zu sehen als Harry einige Yards von ihm entfernt reglos am Boden. Ihn da zu sehen, machte es nur noch realer und nichts konnte das ändern. Draco hatte das furchtbarste Déjà vû seines Lebens und die Konsequenz war unausweichlich. Seine Umgebung verschwand, hörte auf zu existieren, als er den ersten Schritt auf die seltsam verlorene Gestalt in seinem Kapuzenumhang zumachte. Es gab nur noch ihn – und Harry. Erneut vom Todesfluch getroffen, reglos, leblos, für immer. Er konnte das nicht noch einmal ertragen. Er konnte einfach nicht. Schritt für Schritt zwang er sich auf ihn zuzugehen. Seine Lippen begannen zu beben und seine Augen füllten sich mit Tränen. Er wusste, jeder weitere Schritt würde ihn der Wirklichkeit nur näher bringen, doch er konnte ihn nicht noch einmal allein lassen – so wie damals nach seinem Kampf gegen Voldemort. „…nein….“ Es war nur ein leises Wimmern und das ‚nein’ kam nicht gegen die Tatsachen direkt vor seinen Augen an. Es war nur ein letzter, hoffnungsloser Versuch, der Wahrheit zu entkommen, doch das Bild vor seinen Augen blieb dasselbe, „…nein…“ Und als sei damit der Damm gebrochen stürzte er auf Harry zu und riss ihn vom Boden in seine Arme, doch entkommen konnte er der Gewissheit damit nicht. Harry hatte den Todesfluch, der für ihn selbst bestimmt gewesen war, abgefangen und die Realität krachte über ihm zusammen, wie ein Kartenhaus. „Nein… neinneinneinneinnein… NEIN!“ Die Verzweiflung brach aus Draco heraus, denn nichts konnte die Fakten mehr ungeschehen machen. „Warum?“, wimmerte er, während seine Finger verzagt durch Harrys schwarzes Haar glitten und zum zweiten Mal in seinem Leben die Hoffnung auf eine Zukunft von der Wirklichkeit zerschmettert wurde. Schluchzend sank sein Kopf gegen Harrys Schulter und Trauer ergriff von ihm Besitz – bitter und kalt wie die Zukunft, der er entgegenblickte. Es war in diesem Moment, als Finger sich in seinen Quidditchumhang krallten, ein Zittern durch den zuvor scheinbar leblosen Körper lief und eine heisere Stimme seinen Namen flüsterte: „Draco… oh mein Gott… ich dachte es sei vorbei!“ Und im nächsten Moment war Harry mit ihm disappariert. Ein allgemeines Keuchen holte Severus Snape in die Wirklichkeit zurück und sein Blick suchte den Albus Dumbledores, als ihm klar wurde, dass der Fleck, an dem die beiden gerade noch gewesen sein mussten, leer war. Das Funkeln war in dessen Augen zurückgekehrt – um genau zu sein, war es nie erloschen, denn er hatte genau wie Harry gewusst, dass Lucius ihn nicht töten konnte. Es mochte sein, dass er so ziemlich am Ende mit seinen Kräften gewesen war, doch nichtsdestotrotz war er in diesem Augenblick noch immer ein Magier-in-perfectio gewesen. Nur der Avada Kedavra-in-perfectio hätte ihn wirklich töten können. Harry hatte den Weg gewählt, mit dem er alle schützen konnte, die ihm am Herzen lagen. Den Spheare patrocinium für Sirius und Narcissa und sich selbst als Schutzschild für Draco Malfoy. Ein Schmunzeln schlich sich in das Gesicht des Schulleiters von Hogwarts – Harry war und blieb ein außergewöhnlicher Magier und er hatte schon beinahe ein schlechtes Gewissen, dass er tatsächlich an ihm gezweifelt hatte. „Confundus.“, kam es leise über seine Lippen und er hoffte, dass sein Zauber alle Anwesenden genug aus dem Konzept brachte, um sie vergessen zu lassen, was sich gerade abgespielt hatte. Um diejenigen unter den Patrocinium-Zaubern Harry Potters würde er sich wohl persönlich kümmern müssen – und der Blick, den ihm Sirius Black inzwischen entgegen schickte, machte ihm nachdrücklich klar, dass das vielleicht haariger werden könnte, als ihm lieb war. * * * Draco erschien mit Harry in der Heulenden Hütte wieder, in dem Raum, in dem Harry monatelang gelebt hatte, bevor sie wieder nach Hogwarts zurückgekehrt waren, doch sein Verstand war nicht in der Lage, diesen Fakt zu verarbeiten. Er hockte nur genauso da, wie kurz zuvor im feuchten Rasen vor Hogwarts und hielt ihn umschlungen, als sei es alles, was noch zählte und Harry wehrte sich nicht. Im Gegenteil hatten sich seine Arme um Dracos Taille gewunden und er klammerte sich mit aller Kraft, die er noch hatte, an ihn. In seinem Kopf raste es. Jetzt, wo der unerträgliche Adrenalinschub, der ihn im Griff gehabt hatte solange es darum ging, ein Heer Bergkobolde und eine Horde Todesser zu bekämpfen, abgeklungen war, stürzten das Grauen seiner Vergangenheit mit solch geballter Gewalt auf ihn ein, dass sich alles um ihn herum wie von Sinnen drehte. Bilder wirbelten durch seinen Kopf. Bilder von Massakern, die sich vor Monaten in seinen Verstand eingebrannt hatten. Beauxbaton, Stanz, der magische Distrikt von Paris, all das, was er durchgemacht hatte. Seine eigenen Grausamkeiten ebenso wie die Voldemorts. Todesangst und Finsternis. Ein gequältes Stöhnen kam über seine Lippen und sein Gesicht presste sich hart in Dracos Brust. Der schützende Vorhang war gefallen und die Realität war grauenhafter, als er sich jemals hätte vorstellen können. Er war ein Schwarzmagier, grausamer und gnadenloser, als er es für möglich gehalten hätte. Der Tod war sein Begleiter bei allem, was er getan hatte und Erinnerungen mischten sich in seinem Kopf, die er nicht ordnen konnte. Bilder die er gesehen hatte, von Folter, Tod und schierer Brutalität. Taten, von denen er nicht wusste, ob es seine eigenen waren oder die anderer. Und er schaffte es nicht, alldem Herr zu werden. Sein Körper begann zu beben und unerträglicher Schmerz zerriss seine Brust. Das zuvor leise Stöhnen wurde zu einem gequälten Schluchzen. Was hatte er getan? Was war aus ihm geworden? Harry versank in Finsternis und Agonie und nichts konnte seinen Fall aufhalten. Seine Finger krallten sich schmerzhaft in Dracos Rücken und die Verzweiflung brach aus ihm heraus. Das war es, was Draco endlich zu Verstand brachte. Nur nach und nach war die Erkenntnis, dass es nicht vorbei war, in sein Bewusstsein eingesickert. Er hatte sich so vollkommen damit abgefunden, dass dieser dritte Todesfluch Harry getötet hatte, dass die folgenden Ereignisse eine kleine Ewigkeit brauchten, um sich durch die zähe Masse seiner Verzweiflung zu arbeiten, doch jetzt, als Harrys Finger schmerzhaft in seine Schultern krallten, kam er zu sich. Harry war am Leben. Er war nicht tot. „Oh mein Gott…“, stieß er fassungslos hervor. „Oh mein Gott… Harry… was…“ Es war unsinnig. Es gab nichts zu sagen und nichts zu fragen. Harry war am Leben. Von einem Moment zum anderen fiel seine Verzweiflung von ihm am und machte schier unfassbarer Freude Platz. Harry war am Leben. Draco konnte Tränen spüren, die jetzt nach ausgestandener Panik über seine Wangen zu rinnen begannen. Tränen purer Freude. Es war nicht vorbei. Ihre Zukunft war nicht verloren. Harry hatte das Unglaubliche ein weiteres Mal geschafft. Zum dritten Mal war er dem Todesfluch entronnen. Dracos Herz hämmerte in seiner Brust. Sein Körper tingelte mit unterdrückten Emotionen und seine Tränen flossen ungehemmt. Es war vorbei – und alles würde gut werden. Mit beinahe brutaler Kraft zog er Harry an sich, so als wolle er ihn nie mehr los lassen. Was auch immer kam, dieser Moment würde für die Ewigkeit in seinem Bewusstsein eingebrannt bleiben. Nur langsam wurde Draco bewusst, dass Harry seine Begeisterung nicht teilte, dass er im Gegenteil mit einer Verzweiflung in seinen Armen schluchzte, die bedrohlich war. Augenblicklich krachte etwas in sein Leben zurück, das er vergessen geglaubt hatte: der verzweifelte Wunsch Harry zu beschützen, ihn zu behüten, zu trösten und immer für ihn da zu sein. „Harry…?“ Seine Stimme war leise, kaum hörbar. Harry reagierte nicht. Er hing an ihm wie ein Ertrinkender und Stück für Stück wurde ihm bewusst, dass geschehen war, was er von allem am meisten gefürchtet hatte: Harry erinnerte sich. Seine Freude erhielt einen ordentlichen Dämpfer. Harry zu kennen, hieß zu wissen, wie er sich jetzt fühlte. Er hatte nicht wirklich eine Ahnung, was sein Freund durchgemacht hatte in diesen Monaten, in denen er mit Severus Snape auf der Jagd nach Voldemort gewesen war, doch Snape hatte mehr als nur einmal gesagt, dass es besser für Harry sei, sich nicht zu erinnern. Und Harry hatte sich nicht erinnert. Er wollte nicht. Im Gegenteil war er sogar bereit gewesen, diese Erinnerungen vollkommen aufzugeben. Es war Draco nicht entgangen, dass ihm auch sein Wissen und einige seiner Fähigkeiten abhanden gekommen waren, nachdem er sich erst einmal dazu durchgerungen hatte, anzunehmen, was ihm geblieben war, ohne sich um den Rest zu scheren. Harry hatte die Tür in die Vergangenheit zugeschlagen, doch dieser Angriff heute hatte sie gnadenlos gesprengt und es gab nichts mehr zwischen ihm und der Wahrheit. Draco war es nicht entgangen, dass er mit Dumbledore Seite an Seite das Koboldheer gebannt hatte. Er hatte seine Fähigkeiten und sein Wissen zurück. Hatte er daran auch nur noch die geringsten Zweifel gehabt, so verschwanden diese angesichts von Harrys Zustand. „Harry…“, murmelte er ein weiteres Mal, während er mühsam auf die Beine kam und den Schwarzhaarigen mit sich zog. Da war kein Widerstand. Da war nicht einmal ein Zeichen dafür, dass Harry dazu in der Lage war, auf seinen eigenen Füßen zu stehen. Er klammerte sich an ihn, von hoffnungslosem Schluchzen geschüttelt. Draco barg seinen Kopf ein wenig bequemer an seiner Schulter, bevor seine Finger zärtlich durch sein Haar zu streichen begannen Er konnte nichts tun, als einfach nur hier zu stehen und ihn fest zu halten. Es gab nichts, was er sagen konnte und Draco befürchtete, dass es auch nichts gab, was Harry die Wahrheit erträglicher machen konnte. Er konnte nur da sein, ihn festhalten und ihm klar machen, dass er nicht allein war. Um nichts in der Welt würde Draco ihn noch einmal im Stich lassen. Diese Bürde musste er nicht allein tragen. Draco hatte seine Erfahrungen damit und das würde er ihm beweisen. Harrys Bewusstsein war an dem Punkt angelangt, an dem es kein Zurück mehr gab. Wie ein Film hatten sich seine Erinnerungen in seinem Kopf abgespielt. Stück für Stück, von Anfang an. Snapes Verstand und Dippets, sein Kampf in Helsinki und Oslo und das Grauen von Durmstrang, sein widerwärtiges Verhalten Severus Snape gegenüber. Das war schon schlimm genug gewesen, doch was sich dann in Beauxbaton und Stanz abgespielt hatte, ließ ihn an die Grenzen des Erträglichen stoßen. Dabei war es vollkommen nebensächlich, dass er schon da mehr als einmal an der Schwelle des Todes gestanden hatte. Der Tod war zu diesem Zeitpunkt schon lange zu Hoffnung auf Erlösung geworden. Inzwischen gelang es ihm seine eigenen Erinnerungen von denen, die er in den Köpfen anderer gesehen hatte zu unterscheiden, doch das änderte nichts mehr. In seinem Bewusstsein unterschieden sich die Grausamkeiten, die er begangen hatte, nur geringfügig von dem, was andere getan hatten. Er wusste wohin sein Verstand steuerte. Alles in ihm hielt auf den ultimativen Endschlag zu – seine Konfrontation mit Lord Voldemort auf den Gründen von Hogwarts. Die Wahrheit beutelte seinen Verstand und raubte ihm all seine Beherrschung, denn es gab noch etwas anderes an diesem Tag. Etwas, was er sich in seinen schlimmsten Alpträumen nicht hatte vorstellen können. Dementoren waren eine Sache, doch dem, den man liebte in einem Duell auf Leben und Tod gegenüber zu stehen, konnte Hoffnung und Vernunft so gründlich vernichten wie nichts anderes. Es mochte sein, dass Voldemorts Blut an seinen Händen klebte, wenn man das so sagen konnte, doch die Tatsache, dass er auch bereit gewesen war, Draco zu töten, die konnte er nicht verwinden. „Oh mein Gott…“, kam es gequält über seine Lippen, „…oh mein Gott…“ Es war ein lang gezogenes Wimmern, unmenschlich und gequält. Es ließ das Blut in Dracos Adern gefrieren und jagte Trauer durch seinen Körper. Was hatte er sich nur angetan? „Harry, es ist vorbei… hörst du… es ist zu Ende… es ist vorbei…!“, murmelte er immer und immer wieder und hielt ihn fast schmerzhaft an sich gepresst, so als habe er Angst, er könnte ihn von sich stoßen. „Ich hätte dich getötet, Draco… ich hätte dich getötet…“, stieß er hervor und Dracos Tränen, die kurz zuvor Ausdruck wilder Freude gewesen waren, verwandelten sich zum Symbol tiefster Bitterkeit. „Ich weiß… das weiß ich, Harry… aber du hattest keine Wahl. Es war das, was er wollte. Und wir sind quitt… Glaubst du nur wirklich, ich hätte dich in diesem Duell nicht getötet, wenn ich die Chance dazu bekommen hätte? ...Harry… es war das, was Voldemort geplant hatte…“ „…aber…“ „Nein… kein ‚aber’!“ Dracos Hände umfassten Harrys Gesicht und er zwang ihn, ihn anzusehen. Harry weigerte sich. Gequält fielen seine Augen zu, doch Draco hatte gesehen, dass der Abgrund in ihnen endlos war. Er gab sich die Schuld an allem, was geschehen war. „Es gibt kein ‚aber’, Harry! Es war Krieg. Er wusste, dass ich die beste Waffe gegen dich war. Er wusste alles…“ Er zog Harry wieder in seine Arme, schmiegte ihn an sich und hoffte verzweifelt, dass er verstehen würde. „…ich… ich konnte Dobby da nicht lassen… ich wusste, was das bedeutet hätte… es war… mein eigener Fehler, Harry! Ich hätte Lucius ziehen lassen sollen, so wie Dobby wollte… und… und als er mich einmal hatte, war es zu spät… ich… ich hab alles versucht… wirklich alles, aber ich hatte keine Chance…“ „…ich hätte dich getötet…“, wiederholte Harry nur, als hätte er kein Wort von dem gehört, was Draco gesagt hatte. „…ich hätte dich getötet… DICH…“ Draco kniff verzweifelt die Augen zu und versuchte, sich zusammenzunehmen. Offensichtlich war das der Gedanke, der ihn im Moment am meisten quälte. „Es ist vorbei, Harry… vorbei… du lebst… und ich lebe. Es ist vorbei…“ Immer und immer wieder sprudelten ihm diese Worte über die Lippen, doch etwas wurde ihm langsam klar. Wirklich vorbei würde es erst sein, wenn Harry damit Leben konnte und das war im Moment ganz eindeutig nicht der Fall. „Es wird alles gut, Harry… glaub mir!“ Und damit nahm er Harrys Gesicht erneut in seine Hände. Züge, gezeichnet von Qual und Hoffnungslosigkeit, bleich und tränennass. Alle Lebendigkeit, die er in den letzten Tagen zurück gewonnen hatte, war verschwunden, doch das würde Draco nicht zulassen. „Ich liebe dich…“, flüsterte er atemlos, bevor seine Lippen Harrys fanden und er ihn in einen verzweifelten Kuss zog. Er wusste nicht, was er sonst noch tun konnte, um ihn aus diesem Abgrund aus Trostlosigkeit und Selbstverurteilung zu ziehen und immerhin erinnerte er sich genau, dass er ihn damit sogar in der dunkelsten Stunde seines Lebens gefangen hatte, egal aus welchen Gründen.Harry musste vergessen, wenigstens für den Augenblick. Lange genug, um zu Sinnen zu kommen. Lange genug, um Kraft zu schöpfen sich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen. Lange genug, um seiner gequälten Seele Zeit zu geben, sich an das Grauen, das er durchgemacht hatte, zu gewöhnen. Harrys Finger umklammerten mit beinahe brutaler Härte seine Handgelenke und einen Moment lang fürchtete er schon, er würde ihn von sich stoßen, doch dann ließ der Druck nach. Die Kraft wich aus seinem Körper und er fiel gegen ihn, nur noch von Draco aufrecht gehalten, als dessen Arme seinen schmalen Körper umschlangen und ihn noch fester an sich zogen. „Ich liebe dich, Harry… ich liebe dich… ganz gleich, was geschieht…“, murmelte er noch einmal, bevor seine Lippen erneut Harrys in Besitz nahmen und zaghaft Einlass begehrten. Harrys Reaktion war zuerst zögerlich, unsicher und beinahe hilflos. Dracos Brust zog sich schmerzhaft dabei zusammen. Wie konnte er nur glauben, dass sich etwas geändert hatte? Wie konnte er denken, dass diese Vergangenheit irgendetwas an seinen Gefühlen änderte? Doch dann glitten Harrys Arme um seine Taille, kam er ihm entgegen und gewährte ihm bedingungslos Einlass, bevor er regelrecht gegen ihn taumelte und sich vollkommen fallen ließ. Draco nahm es erleichtert zur Kenntnis und ein Teil seiner Anspannung wich. Er würde Harry vergessen lassen, wenn auch vielleicht nur für einen kurzen Augenblick. Harrys Verstand überschlug sich und gab auf. Er war angespannt bis zum Äußersten, verspürte Qual, Verzweiflung und Schuld in jeder Zelle seines Körpers, doch Dracos Tun gab ihm den Rest. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte er kaum ertragen, was geschah, so lange bis er zu reagieren begann. Das war der Moment, als sein Bewusstsein angesichts der emotionalen Überlastung aufgab und er sich fallen ließ, bevor Hunger und Sehnsucht nach dem, was gerade mit ihm passierte, das Kommando übernahmen. Alles in seinem Inneren schrie nach Vergessen. Er wollte nicht sehen, nicht fühlen, nicht denken und sich schon gar nicht erinnern. Es war zuviel. Dracos Kuss löschte all das jedoch aus. Er hatte schon zuvor gewusst, dass die Sehnsucht danach überwältigend war, doch die Wahrheit über diese eineinhalb fehlenden Jahre steigerte sie ins Unendliche. Draco war seine Lebenslinie, die ihn durchhalten lassen hatte. Immer und immer wieder war es der Gedanke an Draco Malfoy gewesen, der seinen Verstand am Leben erhalten hatte. Und jetzt war er hier. Zusammen mit Draco – am Leben. Etwas, womit er niemals mehr gerechnet hatte und verzweifelt begriff Harry, dass das hier genau das war, was er brauchte. Es versprach Vergessen, selbst wenn es nur für einen Augenblick war. >>Wie kann er wissen, was ich brauche?<< , ging es ihm zum zweiten Mal in seinem Leben durch den Kopf und der Effekt war derselbe, wie damals vor so vielen Monaten im Gryffindorturm. Das Gefühl tief in ihm, die Liebe, die damals erwacht war, sie war noch da. Sie war alles, was ihm geblieben war. Er hatte die ganze Zeit gespürt, dass jemand sein Herz fest in der Hand hielt ohne wirklich sicher sein zu können, wer es war, doch jetzt, hier in diesem Moment, begriff er es. Es war dieser blonde Hitzkopf, der seine Sturheit und sein Temperament hinter einer Maske aus eisiger Selbstbeherrschung versteckte und für einen Augenblick schaffte es Harry, an die Zukunft zu glauben, Hoffnung aufkeimen zu lassen und anzunehmen, was ihm geschenkt wurde. Es war überwältigend genug, um sich fallen zu lassen. Und Harry stürzte verzweifelt in den Strudel des Vergessens, den Draco so mühelos erschuf, wohl wissend, dass das Erwachen daraus umso bitterer werden würde. * * * „WAS, VERDAMMT NOCH MAL, HAT DAS ALLES ZU BEDEUTEN? DUMBLEDORE… ICH WILL AUF DER STELLE WISSEN, WAS SIE MIT MEINEM PATENSOHN ANGESTELLT HABEN?“ Sirius Black stand mit den zu zornigen Fäusten geballten Händen auf die Tischplatte gestützt vor Albus Dumbledores Schreibtisch, bereit, den alten Schulleiter von Hogwarts notfalls auch über den Tisch zu ziehen. Seit mehr als einer Stunde versuchte er jetzt, sich zu beherrschen, seitdem Dumbledore alle jene, die unter Schutzbannen SEINES Patensohnes in Sicherheit gewesen waren, mit Severus Snape ins Schloss, auf direktem Weg in sein Büro geschickt hatte, während er sich um die Bergkobolde gekümmert hatte. Er war mit seiner Geduld am Ende und nur Snapes Versicherung, dass Harry das Gelände aus eigener Kraft verlassen hatte, war es zu verdanken, dass er noch nichts zertrümmert hatte in seiner Wut. Und dabei wollte er sich noch nicht einmal Gedanken darum machen, warum ausgerechnet Snape wusste, dass das der Fall war. Man hatte sie hierher bugsiert, durch ein leeres Schloss, eilig und offensichtlich ohne, dass sie jemand sehen sollte und sie hatten hier gesessen und gewartet, dass der Schulleiter erschien. Sirius hatte Snape mit Fragen bombardiert, doch dieser hatte stoisch geschwiegen. Dumbledore würde die Erklärungen geben. Es gab nichts zu reden. Und dann war Dumbledore erschienen, mit Alastor Moody und Remus Lupin. Erst nachdem sich auch für diese noch ein Platz im Büro gefunden hatte, war Dumbledore bereit zu erklären, was hier los war. Das war dann der Moment gewesen, als Sirius der Geduldsfaden riss. „Sirius…beruhige dich!“, Narcissa Malfoys Hand legte sich beruhigend auf seine, doch Sirius wollte sich nicht beruhigen. „ICH WILL WISSEN, WAS HIER LOS IST!“, tobte er weiter. „Was ist mit Harry passiert?“ „SIRIUS!“ Das war Remus und ihm gelang es, zu Sirius durchzudringen. „SETZ DICH!“, befahl er, als er die Aufmerksamkeit seines Freundes endlich hatte. Dumbledore warf ihm einen freundlichen Blick zu, als Sirius schließlich tat, was Remus verlangt hatte, doch die Anspannung wich nicht aus seinen Zügen und Albus Dumbledore wusste, dass Sirius Black allen Grund hatte, wütend zu sein. Er fühlte sich für Harry verantwortlich und es konnte ihm nicht gefallen, was er heute auf dem Schulgelände gesehen hatte. „Sirius, ich kann deinen Unwillen nur allzu gut verstehen…“ „UNWILLEN…Unwille ist nicht der richtige Ausdruck dafür, soviel steht fest!!“ Erneut landete Narcissa Malfoys Hand auf seinem Arm, denn er saß in dem Stuhl neben ihrem und diesmal hatte sie den gewünschten Effekt. Sirius schwieg und warf Snape, der Narcissas Geste bemerkt hatte, einen düsteren Blick zu. Narcissa nahm ihre Hand weg. „Lass mich erklären, Sirius…ihr alle verdient eine Erklärung!“ Es war nicht zu übersehen, das Sirius dazu schon wieder etwas sagen wollte, doch diesmal bremste ihn ein heftiger Tritt Remus Lupins gegen sein Schienbein aus. Snape grinste nun beinahe höhnisch. Dumbledore atmete tief durch und betrachtete die angespannten Gesichter vor sich. Er war nicht begeistert, dass außer Sirius, Narcissa, Remus und Alastor auch noch Ron und Hermione darunter waren, doch sie hatten gesehen, was passiert war. Sie alle mussten verstehen und dass konnte er nur erreichen, wenn er von Anfang an anfing. Stunden später waren es nur noch Sirius und Narcissa Malfoy, die Dumbledore gegenüber saßen. Er hatte den anderen die Lage so weit erklärt, wie er es für richtig hielt. Die Bombe würde platzen. Es würde herauskommen, dass Harry und Draco die letzten beiden Jahre allein hier in Hogwarts überlebt hatten. Das war jedoch alles, was an die Öffentlichkeit dringen sollte, wenn es nach ihm ging. Zum Glück hatte sein Confundus wenigstens auf alle anderen Anwesenden gewirkt, wenn man mal von Alastor, der sich grundsätzlich gegen solche Zauber wappnete und Remus, der wohl etwas geahnt hatte, absah. Alastor hätte als offizieller Führungsauror der Aktion sowieso die ganze Wahrheit erfahren, um Amelia Bones Bericht zu erstatten. Harrys Fähigkeiten würden auf jeden Fall weiterhin ein Geheimnis bleiben und erst Recht der Fakt, dass er der Herr der Zeit gewesen war. Das würde Alastor Moody auch Amelia Bones, der Zaubereiministerin, noch einmal in aller Deutlichkeit sagen. Natürlich würde Harry nicht umhin kommen, seinen Standpunkt in dieser Sache selbst darzulegen, wenn er dazu bereit war, doch Dumbledore erwartete nicht, dass er eine andere Entscheidung treffen würde. Schon seit Jahren war ihm die große Aufmerksamkeit als Junge, der überlebt hatte, zuwider. Er war sich sicher vollkommen bewusst, was passieren würde, wenn herauskam, dass er am Ende auch noch derjenige gewesen war, der Voldemort erledigt hatte und deshalb wohl vehement darauf dringen, dass es niemals jemand erfuhr. Leider war er angesichts der Umstände trotzdem nicht umhin gekommen, zumindest den direkten Zeugen dieser morgendlichen Auseinandersetzung mit den Todessern zu erklären, was wirklich passiert war. Anders war es nicht zu begründen, wie Harry zu dem in der Lage war, was er heute vor dem Schloss gezeigt hatte. Es gefiel Dumbledore nicht, doch er hatte von Anfang an gewusst, dass seine geschickt manipulierten Angaben nach dem Ende des Zeitbannes zu einem Desaster werden konnten, falls Harry seine Erinnerungen zurückbekam. Nicht umsonst hatte er sich immer so unklar ausgedrückt. Es war erst Recht keine leichte Entscheidung gewesen, auch Ron und Hermione einzuweihen, doch Dumbledore rechnete mit Problemen, was Harrys Zustand in nächster Zeit anging und sie waren seine besten Freunde. Er würde sie brauchen und sie mussten ebenso wie alle anderen verstehen, was in ihm vorging. Natürlich wussten sie nur die grundsätzlichen Fakten: Harry war der Herr der Zeit. Was er dabei durchgemacht hatte, würde sie von ihm, Dumbledore, sicher nicht erfahren. Sirius und Narcissa Malfoy mussten das jedoch erfahren. Sie mussten wissen, wie es um die beiden Jungen bestellt war. Das war der Grund dafür, dass sie noch hier waren. Dumbledore hatte keine andere Wahl, als den beiden die ganze, bittere Wahrheit zu offenbaren, ob es ihm gefiel, oder nicht und Sirius schien wohl zu ahnen, dass es noch nicht vorbei war. „Was noch?“, fragte er leise und seine Stimme klang resigniert. Er war sehr schnell sehr ruhig geworden, als aufkam, was wirklich geschehen war. Remus und er waren ihn Hogwarts gewesen, als bekannt wurde, was da geschehen war, obwohl sie nicht gewusste hatten, dass Harry nicht unter dem Zeitbann gewesen war. Sie wollten auf Nummer sicher gehen. Sie hatten jedoch den Zeitraum erwischt, als Harry und Draco sich in der Heulenden Hütte verschanzt hatten und verschiedene Bereiche des Schlosses von Harry schon so verriegelt waren, dass sie nicht mehr alles absuchen konnten. Also waren sie unverrichteter Dinge wieder abgezogen, in dem Glauben, dass Harry unter dem Zeitbann sicher war. Es war nicht zu übersehen, dass Sirius sich inzwischen Vorwürfe machte, nicht gründlicher gewesen zu sein. „Es war nicht einmal die halbe Wahrheit, Sirius!“, gestand Dumbledore nun ein. Narcissas Augen wurden groß, Sirius’ fielen zu und der Schulleiter begann ihnen das ganze Ausmaß dessen, was Harry und Draco in den letzten eineinhalb Jahren wirklich durchgemacht hatten, mit schwerem Herzen, aber sachlich darzulegen. „Wo sind sie?“ Es war später Nachmittag, als ein aschgrauer Sirius diese Frage stellte. Narcissa war irgendwann während Dumbledores Erklärungen schluchzend gegen seine Schulter gesunken und da weinte sie auch jetzt noch leise vor sich hin, nicht in der Lage zu ertragen, was ihr Sohn und Harry hatten erdulden müssen. „Ich weiß es nicht!“, antwortete Dumbledore wahrheitsgemäß und erwartete wohl einen weiteren Ausbruch Sirius’, doch er kam nicht. Es war ganz einfach zu viel, auch für Harrys Paten. „Aber ich kann dir versichern, dass sie sicher sind! Harry, so unergründlich und außergewöhnlich seine Fähigkeiten sein mögen, ist und bleibt Harry. Die Kreatur, die er in sich selbst erschaffen hat, ist mit dem dunklen Lord vernichtet worden. Er wird dafür sorgen, dass sie beide sicher sind, ganz gleich wo sie stecken. Und ich bin mir sicher, dass er…nun, dass sie beide bald wieder auftauchen werden. Harry braucht Abstand und ich denke…es wird von Vorteil sein, dass er dabei nicht allein ist!“ Wieder einmal nur vage Ausreden, doch Dumbledore dachte nicht daran, derjenige zu sein, der Sirius Black und Narcissa Malfoy erklärte, was wirklich zwischen Harry und Draco vor sich ging. Das durften sie schön selbst herausfinden. Sirius starrte ins Leere. Er konnte noch immer nicht wirklich fassen, was Dumbledore ihnen in den letzten zwei Stunden offenbart hatte. Harry – sein Patensohn Harry – war der Herr der Zeit. Das allein war schon Schock genug, doch das, was er in dieser Zeit durchgemacht hatte, das riss ihm den Boden unter den Füßen weg. Natürlich hatten sie während ihres Exils mitbekommen, was vor sich ging. Die Aktionen des Herrn der Zeit hatten überall die Runde gemacht, doch jetzt im nachinein darüber nachzudenken, wie oft der Magier verwundet, für tot erklärt und als besiegt gemeldet wurde, während er nun wusste, dass es Harry gewesen war – das war einfach furchtbar. Und er war nicht der Einzige, der gelitten hatte. Narcissas Sohn war es nicht wirklich besser ergangen, wenn auch nur für kurze Zeit unter der Fuchtel des Unnennbaren. Es war an sich schon schlimm genug. Harrys Verhalten auf dem Schlachtfeld heute Morgen wunderte Sirius nun nicht mehr. Was sie durchgemacht hatten, verband sie und er kannte Harry, wusste, was es für ihn bedeutete, jemanden zu verlieren, der ihm wichtig war. Sirius rieb sich mit der Linken über die Augen, in denen Tränen brannten. Mit kaum siebzehn war Harry durch die Hölle gegangen, eine Hölle, von der er nicht erwartet hatte, sie zu überleben. Es war schwer, diesen Gedanken zu ertragen. „Wie konnten Sie das zulassen?“, fragte er mit brüchiger Stimme und das Leuchten verschwand aus Dumbledores blauen Augen. Von einem Moment zu anderen war ihm sein hohes Alter anzusehen und Sirius bereute beinahe, diese Frage gestellt zu haben – doch nur beinahe. Der Schulleiter antwortete nicht. Es gab keine Antwort auf diese Frage. All das war eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen, doch das konnte Sirius im Moment noch nicht ertragen. Langsam stand er auf und zog Narcissas mit sich, sein Arm nun um ihre Taille geschlungen und ihr Kopf noch immer an seiner Schulter. „Sie entschuldigen uns!“ Dumbledores Nicken sah Sirius nicht mehr. Er sah auch nicht, wie Fawkes auf dessen Schulter landete und tröstend doch Kopf zu seiner Wange senkte. Dumbledores Blick wanderte aus dem Fenster in die Ferne. Das war die Schuld, mit der er leben musste. Er hatte Harry ohne es zu wollen auf diesen Weg geschickt. Es mochte sein, dass er die magischen Konsequenzen aus dieser Sache endlich unter Kontrolle hatte, doch was die menschlichen noch bringen würden, stand auf einem ganz anderen Blatt. Albus Dumbledore wusste, dass sie alle wieder einmal nur eine Wahl hatte. Sie mussten auf Harry vertrauen – und ihm zur Seite stehen, wo sie nur konnten, um ihm zu helfen, den Kampf gegen sich selbst, der ihm ohne jeden Zweifel bevorstand, am Ende dieses langen, steinigen Weges auch noch heil zu überstehen. * * * „Ron…rede mit mir!“ Hermione war Ron in den Jungenschlafsaal der Gryffindorsiebtklässler gefolgt, nachdem er ohne nach rechts und links zu blicken genau dahin gestürmt war, kaum, dass Dumbledore sie gehen lassen hatte. Seitdem hatte er kein Wort gesagt, stand nur an einem der Fenster und starrte hinaus. Es war nichts zu sehen, von dem, was vor wenigen Stunden auf dem Gelände geschehen war. Hermione konnte nur annehmen, dass die Aussicht, so wie alles andere im Moment zur Sicherheit der Schüler verhext war. Es wunderte sie nicht wirklich. Was sie heute beobachtet hatten, war mit Abstand das Grausamste und Beeindruckendste, was sie je gesehen hatte. Eine Schlacht zwischen zwei Zauberern und einem Heer furchtbarer Kreaturen – einen Harry, der all dem gewachsen war. Noch immer konnte sie nicht wirklich begreifen, wie das möglich war. Schon in diesem Spheare Patrocinium war ihr klar geworden, dass nichts, absolut gar nichts so war, wie sie nach Dumbledores Erklärungen angenommen hatten. Ohne jeden Zweifel hatte der Schulleiter sie alle auf eine falsche Fährte geschickt und nachdem der Gedächtniszauber, unter den er mit Sicherheit die gesamte Schülerschaft gelegt hatte, bei ihr dank Harrys bedrohlichem Auftritt Risse bekommen hatte, war es ihr gelungen, ihn auf dem Weg zu Dumbledores Büro komplett zu durchbrechen. Sie hatte den Herrn der Zeit gegen den Unnennbaren kämpfen sehen, während sie in Hagrids Hütte langsam aber sicher in die Zeit zurückgekehrt war. Sie hatte Harry über Voldemort siegen und sterben sehen, bevor ein Schlafbann, sicherlich erneut von Dumbledore, sie in Land der Träume geschickt hatte. Erneut lief ihr bei dieser Erinnerung ein eisiger Schauer über den Rücken. Noch immer hatte sie Mühe zu erfassen, was sich ihnen heute offenbart hatte. Ihr bester Freund war ein Magier mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Nicht, dass sie das nicht schon vorher gewusst hätte, doch dass es so extrem war, hatte auch sie schockiert. Viel mehr Sorgen machte sie sich im Moment jedoch um Ron. Er hatte mit entsetztem Gesicht beobachtet, was sich abspielte, nachdem er erst einmal begriffen hatte, dass er von ihr keine Erklärungen erwarten konnte und er hatte Dumbledores Erklärungen zugehört, ohne eine Reaktion zu zeigen. Hermione fragte sich, ob er nach all dem möglicherweise unter Schock stand, doch dann hätte Dumbledore sie sicher nicht einfach gehen lassen. Er war im Augenblick genauso erstarrt, wie ganz zu Anfang, als keiner wusste, ob Harry überleben würde und Hermione fragte sich, was der Grund dafür war: die schockierende Veränderung, die ihr Freund da draußen innerhalb weniger Minuten durchgemacht hatte, nachdem er mit ihnen hinaus aufs Gelände appariert war, oder der Fakt, dass er Draco Malfoy mit seinem eigenen Leben beschützt hatte. Immerhin war Rons Hass auf Malfoy seit dem Ende des Zeitbannes grenzenlos. „Ron, bitte!“ Sie stand auf, ging zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Rede mit mir!“ Ron senkte den Kopf. „Worüber?“, fragte er kalt und Hermione konnte sich sein Verhalten nicht erklären. „Ron…glaubst du wirklich, dass Harry irgendetwas von all dem wollte? Du weißt, wie sehr er sich seit Wochen quält. Er hatte gewiss allen Grund, sich nicht erinnern zu wollen! Und jetzt musste er es doch.“ Das war Hermiones grundsätzliche Erkenntnis aus all dem, was sie heute erfahren hatte. Sie war überzeugt davon, dass Dumbledore ihnen nicht einmal die halbe Wahrheit gesagt hatte. Es war ein großes Zugeständnis des Schulleiters gewesen, ihnen beiden überhaupt so viel zu offenbaren. Ihre Schlussfolgerung daraus war, dass es für Harry in nächster Zeit schwierig werden würde und er seine Freunde vielleicht mehr brauchen würde als alles andere. Ron schwieg erneut stur und starrte wieder aus dem Fenster. „Was ist es, das dich so aufbringt? Bitte sag es mir doch! Ich weiß, dass…dass das ein furchtbarer Eindruck war, den wir heute von ihm bekommen haben, aber…er ist doch trotzdem Harry!“ Abrupt entzog sich Ron ihrem Griff, wandte sich ab und verließ den Schlafsaal. Hermione sah ihm resigniert nach und die Befürchtung, dass sein Verhalten einen anderen Grund hatte, begann sich in ihrem Kopf festzusetzen. Was, wenn es der Fakt war, dass Harry Draco Malfoys Leben über sein eigenes gestellt hatte, der ihn so sehr aufbrachte? Was, wenn er die Gründe für dieses Verhalten zu erahnen begann? Was würde passieren, wenn Ron begriff, dass Harry Draco Malfoy so sehr liebte, dass er ihn notfalls mit seinem eigenem Leben beschützte? Hermione schlang die Arme um ihre eigenen Schultern, als sie, ohne es verhindern zu können, unkontrolliert zu zittern begann. Sie hatte schon zuvor begriffen, dass Malfoy Harry viel bedeutete, doch zu sehen, wie er bereit war, für ihn zu sterben, erschütterte sie bis in die Grundfesten. Und dabei hatte sie noch nicht einmal angefangen darüber nachzudenken, was es bedeutete, wenn Draco Malfoy von Verzweiflung gezeichnet neben ihm auf die Knie fiel und ihn in seine Arme riss, als sei es das Einzige, was noch zählte in diesem Moment. * * * Es war spät abends, als es an der Tür zu Severus Snapes Quartier leise klopfte. Severus verzog unwillig das Gesicht. Er hatte genug von diesem Tag und war eigentlich nur noch darauf erpicht, sich einen ordentlichen Schluck Feuerwhiskey zu gönnen. Missgelaunt öffnete er die Tür, nur um fast augenblicklich geschockt inne zu halten. Es war Sirius Black, der draußen auf dem Gang stand, mit einem Ausdruck im Gesicht, der einen beinahe amüsanten Mix aus schlecht verborgenem Abscheu und höchster Verlegenheit bildete. Severus sammelte sich. „Was verschafft mir die Ehre?“, brachte er sachlicher und beherrschter heraus, als er sich zugetraut hätte. Das war Sirius Black, Harrys Pate – derjenige, der mit dem, was von dem Jungen übrig war, fertig werden musste. Severus wusste, was damit auf ihn zukam. Es mochte kein Mitleid sein, was er empfand, doch es enthielt einen Touch Dankbarkeit, dass der Mann es geschafft hatte zu überleben und Harry wenigstens noch einen Rest seines alten Lebens hatte, um sich daran festzuhalten. Sirius Blick zeigte noch ein wenig mehr Verdruss, auf seine Frage hin und sein Kinn hob sich einen Tick höher. Severus stellte fest, dass ihn das irritierte. Was wollte Black hier und wo blieben die obligatorischen Beleidigungen? „Dumbledore sagte mir, was…was du für Harry und mich getan hast!“ Es fiel Black sichtlich schwer weiter zu sprechen und Severus konnte nicht umhin, inquisitorisch die Brauen hoch zu ziehen. „Ich…ich bin hier um…um mich bei dir zu bedanken! Es war…ist…es war sehr großzügig von dir, Snape! Und ich bin dir dankbar dafür. Sehr dankbar! Ich stehe in deiner Schuld dafür, dass du meinem Patensohn da durchgebracht hast und…und im Ministerium ausgesagt hast, dass es Pettigrew war, der James und Lily verraten hat, um…um mich zu rehabilitieren…Danke!“ Und damit wandte er sich hastig ab. Hatte das Gestotter Severus schon ungemein verblüfft, so musste Severus zugeben, dass der Rest der Rede ihn regelrecht geschockt hatte. Sirius Blacks zunehmende Sicherheit brachte nämlich eins ganz klar zum Ausdruck: Er meinte, was er sagte! Er hatte etwas Mühe, diesen Gedanken zu verarbeiten. Als er sich fasste, war Sirius schon fast wieder um die nächste Ecke verschwunden. „Black!“, rief Severus ihm nach. Mit düsterem Gesicht wandte sich Sirius zum ihm um. Zweifellos wartete er auf einen spöttischen Nachtrag. „Was?“, fragte er, als er begriff, dass dieser wohl nicht kam. „Ich fordere diese Schuld ein! Und dazu muss ich dir meine Bedingungen klar machen!“ und damit trat er aus seiner Tür, um Sirius klar zu machen, dass er gefälligst eintreten sollte. Zwei Minuten später saß ein finster dreinschauender Sirius Black in Severus kargem Wohnzimmer auf der Kante eines Sessels und fragte sich, was ihm bevorstand. Severus machte sich nicht die Mühe, ihm einen Whiskey anzubieten. Er war so willkommen, wie ein explodierender Kessel und sollte ja nicht erst auf den Gedanken kommen, irgendetwas habe sich geändert, aber er war Harrys Pate und um Harrys Willen würde Severus jetzt dieser Schuld eintreiben. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass Dumbledore dir und Narcissa erklärt hat, was die beiden durchgemacht haben?“ Ein Nicken war die Antwort. „Dann kannst du dir möglicherweise vorstellen, wie es ihm geht. Immerhin ist er ja dein Patensohn.“ Severus konnte es nicht lassen, den Ex-Gryffindor zu provozieren und der Blick, den er ihm zuwarf, sagte klar, dass das hervorragend gelang. „Was hat das mit meiner Ehrenschuld zu tun?“, knurrte Sirius. „Alles, Black! Absolut alles!“ Severus warf ihm einen bösen Blick zu. Er hatte Sirius Black in seiner Gnade. Und er würde das genießen, ganz gleich worum es ging. Es dauerte keine drei Minuten, bis sie einander anbrüllten, dass es nur so von den Wänden wieder hallte. Natürlich war es nicht in Sirius Blacks Sinne, dass ausgerechnet Severus Snape ihm Vorschriften dazu machen wollte, wie er in der nächsten Zeit mit Harry umzugehen hatte. Schon der erste Versuch in diese Richtung hatte die wütende Bemerkung nach sich gezogen, dass er, Severus, ja wohl der letzte war, der etwas davon verstand, wie man Kinder erzog. Die Folge davon war der noch immer andauernde lautstarke Streit, doch langsam verlor Severus die Geduld. „VERGISS NICHT, WARUM DU HIER BIST, SIRIUS BLACK!“, brüllte er nun mit einer Vehemenz, dass das Glas auf dem Tisch klirrte. Sirius Mund klappte auf…und wieder zu. „Du wirst mir jetzt zuhören, ohne mich noch ein einziges Mal zu unterbrechen! Ist das klar?“ Sirius linkes Augen begann zu zucken, doch er schwieg und die Genugtuung darüber beruhigte Severus ein wenig. Was auch immer zwischen ihnen beiden war, für Harry musste er das regeln. „Er…wie soll ich sagen…du glaubst ihn zu kennen, das weiß ich! Und mit Sicherheit hast du ihn auch mal gut gekannt…aber…es ist nicht mehr so. Für Harry…ist nichts mehr so, wie es mal war…und es wird auch nie wieder so sein!“ Und damit begann er Sirius Black nachdrücklich einzubläuen, mit was er es zu tun bekommen würde, nämlich einem siebzehnjährigen Magier mit unabsehbaren Kräften, dem eisernen Willen, alles allein zu schaffen und einer zerbrochenen Seele. Eine halbe Stunde später saß Sirius doch noch mit einem Glas Feuerwhiskey in der Hand wieder auf der Kante seines Sessels und schaffte es nicht, seinen so verhassten Intimfeind aus den Augen zu lassen. Er hatte aus Dumbledores Erklärungen natürlich klare Schlüsse gezogen. Sowohl auf Harrys psychischen Zustand als auch auf die Rolle, die Severus Snape in den letzten Monaten in dessen Leben gespielt hatte. Dumbledore hatte auch nicht vergessen, ihm zu sagen, wem er seine Rehabilitierung zu verdanken hatte – das war ein Schock gewesen, den er jedoch bei all den anderen Hiobsbotschaften schnell verwunden hatte. Am wesentlichsten von allem war, dass Harry sein Überleben Severus Snape verdankte und in dessen Schuld stand – in seinen Augen noch mehr als für die Rehabilitierung. Seine Ehre gebot ihm, Snape dieses Zugeständnis zu machen, ob es ihm passte oder nicht. Was er jetzt jedoch sah, zeichnete ein ganz anderes Bild. Er kannte den hakennasigen Slytherin fast sein Leben lang, wusste, wie er die Signale, die er aussendete, deuten musste. Snape hatte nie einen Hehl aus seinem Abscheu gegenüber allen Gryffindors gemacht. Selbst als er James sein Leben verdankte, war es ihm gelungen, seine Verachtung für diesen Fakt klar zum Ausdruck zu bringen. Und nun hielt ihm dieser Mann einen Vortrag darüber, wie er gefälligst seinen Patensohn anzufassen hatte, den er nicht mehr kannte. Es war nicht zu übersehen, dass Snape einen tiefen Einblick in Harrys Psyche gehabt hatte und Sirius registrierte soviel er konnte, von dem was er sagte. Es war auch nicht zu überhören, dass er nur teilweise froh darüber war, dass Harrys Erinnerungen tatsächlich vollkommen zurückgekommen waren, ein Umstand, den Sirius inzwischen sehr gut nachvollziehen konnte und noch nicht genau wusste, ob er nicht möglicherweise derselben Meinung war. Es war jedoch etwas vollkommen anderes, was ihn am meisten irritierte: Snapes Hochachtung für Harry James Potter, Gryffindor und anerkannter Unruhestifter, Junge-der-lebt, und Herr der Zeit war…schwer in Worte zu fassen, doch erschreckend offensichtlich. Harrys Wohlergehen war Snape wichtig und das schockierte Sirius vollkommen. Bisher hatte er angenommen, Snape sei Harry gefolgt, weil er davon ausging, dass Dumbledore es so wollte, doch das war nicht so. Er war ihm gefolgt, weil der Bengel einen Weg in sein nicht vorhandenes Herz gefunden hatte. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass du begriffen hast, was ich meine?“, beendete Severus seinen Monolog nach einer Weile und fragte sich irritiert, wie er Sirius Blacks verschlossenes Gesicht deuten sollte. Er konnte nicht wissen, dass Sirius es für keine kluge Idee hielt, sich anmerken zu lassen, was er begriffen hatte. „Ich denke schon!“ Sirius stand auf und stellte sein leeres Glas auf dem Tisch ab, bevor er nach kurzem Nachdenken fort fuhr.„Kann ich…mit deiner Unterstützung rechnen, sollte es Probleme geben?“ Severus Gesicht war daraufhin ausdruckslos, doch hinter seiner Stirn wirbelten die Gedanken. Hatte er Black richtig verstanden? War er tatsächlich bereit notfalls auch SEINE Hilfe anzunehmen? „Du hast mich ganz genau verstanden!“, kam es nun wieder ärgerlich. „Seien wir mal ehrlich! Ich kann dich nicht leiden und du kannst mich nicht leiden, aber es geht hier um etwas ganz anderes. Es geht um Harry! Harrys Wohlergehen ist das Einzige, was im Moment zählt.“ Dazu musste Severus unwillig seine Zustimmung geben. Noch immer fragte er sich, wo Harry abgeblieben war, doch es war eine der Situationen, in denen er garantiert nicht versuchen würde ihn zu finden. Vermutlich hatte Harry seine Signatur inzwischen eh unschädlich gemacht. „Kann ich also im Ernstfall auch mit deiner Unterstützung rechnen?“, hakte Sirius ein weiteres Mal knurrend nach. Severus warf ihm einen bösen Blick zu, doch er nickte und Sirius wandte sich zum zweiten Mal an diesem Abend zu gehen, als dem Meister der Zaubertränke noch etwas anderes einfiel. „Noch eine Sache!... Das zwischen dir und Narcissa Malfoy…ist das ernst?“ Diesmal funkelte schon wieder Wut in Sirius Blick. „Ich denke nicht, dass dich das etwas angeht!“ Eines der vertrauten, höhnischen Grinsen spielte um Severus Lippen. Es konnte Narcissa sicher nur recht sein, dass drei der sechs Flüche, die Lucius nach seiner Attacke auf Draco getroffen hatten, Avada Kedavras gewesen waren. „Das mag sein! Darum geht es auch nicht! Doch ich denke, dass dieser Zustand für Harry…möglicherweise recht vorteilhaft ist!“ Daraufhin runzelte Sirius nur irritiert die Stirn und Severus Blick wurde ernst. Er wusste nicht, wie er sich ausdrücken sollte, doch er wusste, dass es besser war, wenn Sirius Bescheid wusste. „Draco ist mehr für Harry, als nur ein Freund! Er war in den letzten eineinhalb Jahren Harrys Lebenslinie…Und ich denke nicht, dass sich daran etwas geändert hat!“ In Sirius Kopf klickten die fehlenden Puzzleteilchen Stück für Stück an ihren rechtmäßigen Platz, als er begriff, was Snape da zum Ausdruck bringen wollte. Darum also war Narcissas Sohn in Voldemorts Augen die beste Waffe gegen Harry gewesen. Das war es, worum Dumbledore die ganze Zeit herum geredet hatte! Plötzlich begriff Sirius, warum Harry diesen Wahnsinns-Stunt hingelegt hatte, um Draco Malfoy zu retten und warum dieser regelrecht zusammengeklappt war, als er glaubte, Harry sei tot. Mit einem flüchtigen Nicken deutete er an, dass er verstanden hatte, was Severus ihm sagen wollte, bevor er sich endgültig abwandte und dessen Quartier verließ. Severus starrte auf die Tür und langte dann nach der Flasche Feuerwhiskey, in der sich nicht mehr allzu viel befand, um diesmal einen Zug daraus zu nehmen. Er hoffte, dass sie alle sich täuschten. Er wünschte sich nichts mehr für Harry, als dass er das Ganze endlich unbeschadet überstanden hätte, doch er kannte Harry. Es gab niemanden, der Harry Potter das Leben so schwer machte, wie Harry Potter selbst. Resigniert nahm er einen weiteren Schluck aus der Flasche und fragte sich, wie es weitergehen würde. Nur ein paar Gänge entfernt ließ sich Sirius inzwischen schwer gegen eine der kalten, steinernen Mauern sinken und strich sich fertig mit den Händen übers Gesicht, bevor er leise murmelte: „Ich hätte dich damals schnappen und mit dir verschwinden sollen, Harry…anstatt blind meinem Hass zu folgen und damit zweifellos nicht nur mein Leben zur Hölle zu machen… Bei Merlin, was ist aus uns geworden?“ Er schloss die Augen und sah den Jungen vor sich, den er liebte wie einen eigenen Sohn – Harry im dritten Jahr, entschlossen ihn zu töten für das, was er seiner Meinung nach James und Lily angetan hatte und Harry, wie er begriffen hatte, dass er doch nicht ganz allein auf der Welt war. Dann als Trimagischer Champion, der keine Ahnung hatte, was auf ihn zukam und am Ende verzweifelt nach Cedrics Tod und der Wiederauferstehung des Unnennbaren. Doch es reichte noch nicht, nein. Ein Bild hatte sich für immer unauslöschlich in Sirius Bewusstsein gebrannt: Harry, das Gesicht angespannt in höchster Konzentration und entschlossen zu beschützen, was ihm offensichtlich mehr bedeutete als alles andere. Eigentlich hätte er schon in diesem Moment wissen müssen, dass Narcissas Sohn nicht nur ein weiteres unschuldiges Leben für ihn war, wie Dumbledore es ausgedrückt hatte. Er war alles für Harry. Harry war verliebt. Ein resigniertes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Das Versteckspiel war vorbei. Schlagartig wurde sich Sirius seiner Verantwortung bewusst. Er würde die Vormundschaft für einen pubertierenden siebzehnjährigen Magier übernehmen, der zum ersten Mal verliebt war und dem im Grunde keiner Herr werden konnte, wenn er es nicht wollte. Sirius wusste nicht, ob er hysterisch lachen, oder schreiend davon laufen sollte. * * * Harry lag in vollkommener Dunkelheit. Es war mitten in der Nacht. Er hatte keine Ahnung, wie lange er schon wach lag und in die Finsternis starrte. Er konnte Dracos Atem spüren. Sein blonder Slytherin schlief fest und lag dicht an ihn geschmiegt neben ihm im Bett, den Kopf vertrauensvoll an seine Schulter gebettet. So nah. Harry konnte seine Wärme spüren, fühlte seinen Atem über seine nackte Haut tingeln und nahm den so vertrauten Duft seines Körpers wahr. Verzweifelt versuchte er all das in sich aufzusaugen, atmete es ein, spürte es unter seinen Fingern. Leben. Das war Leben, doch es drang nicht wirklich zu Harry durch. Es war nicht genug, um die Finsternis in seiner Seele zu durchdringen. Es reichte nicht aus, um die Erinnerung an das, was er getan hatte, zu überkommen. Es war zu wenig, um ihn warm werden zu lassen. Er fühlte sich so eisig kalt. So kalt wie die Finsternis, die er in seiner Seele spüren konnte. Die Finsternis, deren Name Herr der Zeit war. In Harry hatte sich ein Abgrund aufgetan, kaum, dass der emotionale Rausch, in den ihn Draco ohne große Probleme versetzt hatte, abgeklungen war, doch zu diesem Zeitpunkt war er so erschöpft gewesen, dass er innerhalb von Minuten in einen Schlaf gesunken war, der vermutlich eher einer Ohnmacht geähnelt hatte. Er hatte zuviel Kraft verbraucht in diesem Kampf. Das wusste er. Unter anderen Umständen hätte er sonst vermutlich nicht so lange traumlos geschlafen. Inzwischen wagte er es nicht einmal mehr, auch nur für einen Augenblick die Augen zu schließen. Fielen sie ihm dank der nächtlichen Stunde trotzdem zu, kamen die Bilder. Gewalt, Grauen, Blut und Tod. Er wusste, warum er all das getan hatte. Es stand in scharlachroten Buchstaben über allem anderen: ICH MUSS HOGWARTS BESCHÜTZEN! Und er hatte Hogwarts beschützt – mit allen Konsequenzen. Blut an seinen Händen, verlorene Unschuld und ein Schritt über eine Schwelle, den er niemals mehr wieder rückgängig machen können würde. Er hatte getötet – mehr als nur einmal. Harry zitterte vor Kälte, obwohl Dracos Körper ihn wärmte, er mehrere Wärmezauber gesprochen und sogar schon eine weitere Decke heraufbeschworen hatte. Etwas in seinem Verstand sagte ihm klar und deutlich, dass er unter Schock stand und dasselbe Bewusstsein listete ihm auf, was er zu tun hatte. Harry wusste nicht, wo es her kam, doch er verband es mit dem Herrn der Zeit. Da waren so viele Dinge in seinem Kopf. Wissen von Severus Snape, alle verdammten Zeitzauber von Dippet, Grauen von Immanuel und vieles mehr. Er kannte sie alle noch, konnte sie klar auseinander halten. Sie stritten nicht mehr, doch sie waren noch da. Sie saßen in der Dunkelheit und warteten auf seine Befehle. Mit einer hastigen Bewegung hob er die Linke und kleine Lichtpunkte begannen durch die Finsternis zu tanzen, bevor sie einen Moment später zu silbrig leuchtenden Schmetterlingen wurden, die über dem Bett durch die Luft flatterten. Harrys Augen krallten sich daran fest. Er würde nicht schlafen. Er würde nicht die Augen schließen und er würde die Dunkelheit nicht an sich heran lassen. Der Herr der Zeit hatte keine Macht mehr über ihn. Er durfte nicht, denn Harry wusste, wenn das geschah, musste er sterben. Das hatte er Severus Snape schwören lassen. ~ „Alles okay?“ Es war Morgengrauen, die Dunkelheit genauso wie die Schmetterlinge verschwunden. Draco, noch immer in Harrys Arm, war aufgewacht. Seit Minuten starrte er in das ausdruckslose Gesicht seines Freundes. Harry wandte ihm den Blick zu und Draco sah die Schatten aus seinen Augen verschwinden. Zärtliche Finger strichen über seine Wange und ein schwaches Lächeln spielte um Harrys Lippen, doch Draco konnte sehen, dass es seine Augen nicht erreichte. „Hey…“, zog er ihn in seine Arme und barg sein Gesicht an seiner Schulter. Er konnte nur immer wieder wiederholen, was er schon am Tag zuvor wie ein Mantra rezitiert hatte. „Alles wird gut, Harry…glaub mir!“ Harry blieb stumm, doch Draco spürte, wie seine Arme sich um seine Taille schlangen. Er hielt ihn fest. Anders wusste er sich nicht mehr zu helfen. Harrys Zustand war für ihn im Moment absolut nicht greifbar und er wollte nicht einmal wissen, was in seinem Kopf vorging. Gestern, nachdem es Harry regelrecht ausgeknockt hatte, war ihm so vieles durch den Kopf gegangen. So viele Fragen, so viele Vorwürfe und noch mehr Entschuldigungen, doch jetzt, als Harry sich erneut wie ein Ertrinkender an ihn klammerte, löste sich all das in Luft auf. Harrys Verzweiflung war so überdeutlich spürbar, das Draco es beinahe nicht ertragen konnte. Was konnte diese Qual erträglicher machen? Was konnte Harry aus seiner Verzweiflung herausholen? Nichts. Das Eingeständnis war bitter, doch Draco begriff mit schmerzhafter Gewissheit, dass Harry da durch musste. Er musste akzeptieren, was er getan hatte, begreifen, dass es keinen anderen Weg gegeben hatte. Damals, vor so vielen Monaten, als Harry Hogwarts verlassen hatte, hatten Wut und bittere Vorwürfe Dracos Denken beherrscht. Wie konnte er das tun? Was glaubte er, wer er war? Wie viel Arroganz gehörte dazu, solch einen Plan zu fassen und auch noch durchziehen zu wollen? Damals war es ihm unbegreiflich gewesen und irgendwann hatte er sich nur noch gewünscht, dass es misslang, dass Harry Voldemort nicht erwischt hatte und irgendwo hoffnungslos in einer Sackgasse geendet war, ohne den schwarzen Lord zu stellen – nur um sicher zu sein, dass er überlebte und zurückkam. Niemals hätte er in Paris angenommen, dass der Magier, der Menschenansammlungen über Voldemorts Imperius-Netz kontrollierte, wie ein Wahnsinniger mitten ins Gefecht apparierte und sich ein Duell mit dem Lord selbst lieferte, Harry sein könnte. Heute wusste er, dass es die einzige Chance gewesen war. Harry war der Herr der Zeit – geschaffen um Voldemort zu vernichten. Er hatte keine Ahnung, warum ausgerechnet er dazu in der Lage war, doch jetzt, nach allem, was er erlebt hatte, wusste er, dass Harry der einzig Richtige gewesen war. Er hatte die Macht gehabt, diesen Kampf zu gewinnen und es getan, selbst auf die Gefahr hin, sein eigenes Leben dabei zu verlieren. Jetzt, hier, in diesem Augenblick, musste Draco sich fragen, ob es nicht das gewesen war, womit er gerechnet hatte. Was, wenn Harry niemals davon ausgegangen war, diesen Kampf zu überleben? Er spürte, wie sich seine Arme fast automatisch noch ein wenig fester um Harrys Schultern klammerten. Er hatte überlebt und er würde verdammt noch mal weiter leben. „Was habe ich getan, Draco? Sag mir, was hab ich getan?“ Harrys Stimme war rau und zittrig, seine Fassungslosigkeit fühlbar. Die Antwort auf diese Frage war schmerzhaft. Draco brauchte mehrere Anläufe, um sich letztendlich dazu zu bringen. „Was du musstest, Harry…du hast getan, was du tun musstest!“ Hinter seinen Lidern brannten Tränen und er kniff verzweifelt die Augen zu, um sie zurückzuhalten. Tränen von ihm waren das letzte, was Harry jetzt brauchen konnte und das Zittern, welches durch seinen Körper lief, sagte Draco mehr als deutlich, dass er diese Antwort gekannt hatte. Er wusste es, doch er konnte es trotzdem nicht ertragen. „…Harry…“, flüsterte er bis zum Äußersten angespannt weiter. „…du hast getan, was du tun musstest, um uns alle vor Voldemort zu retten! Es gab keinen anderen Weg! Du…du hast uns alle gerettet…du hast ihn…besiegt! Du hast nur getan, was du tun musstest…“ „…aber…“ „Kein ‚aber’, Harry…es gibt kein ‚aber’! Ich…ich weiß nicht…was geschehen ist…natürlich nicht…ich kann nicht sagen, was…was du hinter dir hast…aber ICH WEIß…ich weiß…was geschehen wäre, wenn du ihn nicht gestoppt hättest…ich weiß es, Harry, glaub mir…du hast getan, was getan werden musste…um Voldemort zu stoppen!“ Draco wollte nicht einmal wissen, was ihn das gekostet hatte. Harry hörte die Worte. Es waren dieselben, die er sich selbst schon seit Stunden vorbetete. Er hatte getan, was getan werden musste, um Voldemort zu stoppen. Er konnte spüren, wie überzeugt Draco von dem war, was er sagte. Warum half es ihm nicht? Warum konnte er nicht aufhören, sich zu fragen, ob es nicht doch einen anderen Weg gegeben hätte? Warum so viele Opfer? Warum soviel Grauen und Tod? Erneut begann er zu zittern und erneut wurde Dracos Umarmung noch ein wenig fester, versuchte der Blonde ihm Halt zu geben. Draco, derjenige, den er am Ende fast auch noch geopfert hätte, auf seinem Weg zum Sieg. Mit aller Macht würgte er diesen Gedanken ab. Er hatte Draco nicht getötet. Er hatte gesiegt. Es war vorbei. Er brauchte nur Zeit…Zeit, das zu begreifen. Harry nahm sich zusammen. Draco spürte, wie die Spannung aus seinem Körper wich und schmiegte ihn an sich, als wolle er ihn nie mehr loslassen. „Wir schaffen das, Harry! Ich lass dich nicht hängen! Niemals!“ „Ich weiß!“, kam es leise zurück. „Ich weiß.“ Voller Zärtlichkeit glitten seine Finger über Dracos Rücken, berührten seine Lippen die nackte Haut seiner Schulter. Leben. Sie waren am Leben. Draco erschauerte unter seinen Berührungen und Harry wusste, dass er nicht der Einzige war, der sich in Zärtlichkeit und Verlangen verlieren konnte. Es war wie eine Droge, eine Droge, die Vergessen versprach. Voller Sehnsucht hob er den Kopf und sah in die grauen Augen, die über Monate hinweg alles gewesen waren, wofür er noch gelebt hatte – als menschliches Wesen gelebt hatte. Der Herr der Zeit war für Hogwarts zuständig, Harry für Draco, für seine Sicherheit und sein Überleben. Zärtlich strichen seine Finger durch das seidig blonde Haar seines Freundes. Seine Lippen suchten und fanden Dracos. Warm. Lebendig. Hoffnungsvoll. Draco kam ihm entgegen. Sie brauchten Zeit. Harry brauchte Zeit und er brauchte Ruhe. Er würde alles tun, um ihn Frieden finden zu lassen. „Wir schaffen das…Harry!“, flüsterte er, bevor seine Hände begannen über warme, nackte Haut zu gleiten, zärtlich nach Aufmerksamkeit verlangten und sie vorbehaltlos bekamen. <…für dich…> tbc Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)