Last Desire 3 von Sky- (L x BB) ================================================================================ Kapitel 1: Nicht ohne meinen Vibrator! -------------------------------------- „Verdammt Beyond, du hast doch versprochen, dass du das nicht mehr machst. Nimm ihn endlich raus!“ „Nee mein Lieber, du wirst ihn schön drin behalten. Ich sehe doch, dass dich das total anmacht. Du kannst ihn aber auch selber rausnehmen, wenn du kannst.“ Wie denn, wenn meine Hände ans Kopfende des Bettes gefesselt sind, du verdammter Dreckskerl? L zerrte an seinen Fesseln, doch schon die kleinsten Bewegungen machten alles nur noch schlimmer und dass ihm mal wieder die Augen verbunden worden waren, half natürlich auch nicht wirklich weiter. Eher im Gegenteil, denn es verstärkte nur noch das Gefühl der totalen Machtlosigkeit und da er nichts sehen konnte, spürte er alles viel intensiver als sonst. Er war Beyond vollkommen ausgeliefert und war nicht in der Lage, sich zur Wehr zu setzen. Dieser hinterhältige Betrüger hatte ihn schon wieder an der Nase herumgeführt und seinen hilflosen Zustand schamlos ausgenutzt, um mal wieder allein seinen Willen durchzusetzen. Zwar hatte L ihm ein gewisses Maß an Durchtriebenheit zugetraut, aber dass er jetzt zu solch unfairen Mitteln griff, toppte mal wieder alles. Er versuchte schon so gut es ging, sich nicht allzu viel zu bewegen, aber es brachte alles nichts. Eine unbändige Welle der Lust ergriff von ihm Besitz und das monotone Surren des Vibrators wirkte beinahe hypnotisch auf ihn. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, begann dieser ausgekochte Serienmörder sein bestes Teil zu massieren und mit seiner Zunge zu bearbeiten. „Du… du elender Mistkerl…“, brachte L unter lautem Lustgestöhne hervor und schaffte es nicht mehr, seine Atmung zu kontrollieren. „Das zahl ich dir… aah!!“ Er konnte nicht mehr zu Ende sprechen und stöhnte laut auf, als Beyond den Vibrator noch tiefer hineinschob und ihn dabei spielerisch angrinste. Langsam und vorsichtig begann er ihn zu bewegen und den gefesselten L damit nur noch mehr in Ekstase zu versetzen, sodass dieser beim besten Willen nicht verbergen konnte, wie gut sich das eigentlich für ihn anfühlte. Er hatte ihn genau da, wo er ihn haben wollte und das wusste der Detektiv genauso. Beyond liebte es, mit ihm zu spielen und ihn in diesem Zustand zu sehen. Es erfüllte ihn selbst mit diesem heißen und unwiderstehlichen Verlangen, L auf diese Art und Weise zu ärgern und zu sehen, wie machtlos er war und dass er ihm völlig ausgeliefert war. Er war in der Hinsicht eben sadistisch, das gab er auch gerne zu. Aber dennoch war es ihm wichtig, dass L sich dabei auch gut fühlte. Ihn zu irgendetwas zu drängen, was er nicht mochte, das stand nicht in seiner Absicht, denn er wollte L nicht auf diese Art und Weise quälen und ihm schlimmstenfalls noch wehtun. „Dein Mund sagt jedes Mal „nein, nein“, aber dein Körper sagt komischerweise immer wieder „ja, ja!“ Wenn ich es so recht bedenke, schreit er förmlich nach mehr. Und du müsstest mich langsam schon gut genug kennen, um zu wissen, dass ich nicht immer ganz ehrlich bin.“ „Da-das hab ich ah… auch schon ge-gemerkt…“ L hatte wirklich alles versucht, um Beyond diese Scheißidee wieder aus dem Kopf zu schlagen. Er hatte protestiert, ihm gedroht und sogar versucht, ihn mit den Füßen wegzudrücken, als dieser ihm dieses verdammte Ding hinten reinschieben wollte, aber leider hatte es nichts gebracht. Wenn seine Augen nicht verbunden und seine Hände nicht am Kopfende des Bettes festgeschnürt wären, dann hätte Beyond nicht so ein leichtes Spiel mit ihm gehabt. Aber dieser verdammte Perversling wusste natürlich, wie er sein Opfer wehrlos machen konnte und in dieser Position hatte L nicht die geringste Möglichkeit, sich aus dieser Lage zu befreien. Also hatte er es aufgegeben, körperlichen Widerstand zu leisten und schaffte es nur noch, halbwegs verbalen Protest zustande zu bringen. Aber auch das wurde immer schwieriger, da er spürte, dass seine Erregung sich ins Maximale gesteigert hatte und er nicht mehr dagegen ankämpfen konnte. Und das Schlimme war, dass Beyonds Handbewegungen schneller und stärker wurden und alles immer intensiver wurde. L begann nach Luft zu schnappen, weil es für ihn kaum noch auszuhalten war. Es wurde zu viel und er hatte das Gefühl, gleich den Verstand zu verlieren. Er konnte nicht einmal mehr verhindern, dass er laut und lustvoll stöhnte und keuchte. „Du hast eine wirklich süße Stimme“, kommentierte Beyond und kicherte amüsiert. „Mal sehen, wie oft du noch kannst.“ „Wi-willst du mich umbringen?“ rief L, als er das hörte und richtete sich so gut es ging auf, was er aber sofort bereute, da er nun eine Berührung an seiner empfindlichsten Stelle in seinem Innersten spürte und ein elektrisierendes Kribbeln durch seinen gesamten Körper fuhr. „Nun stell dich mal nicht so an, L“, gab Beyond zurück und fuhr wieder langsam mit seiner Zunge über L’s Glied, wobei er nun deutlich gieriger vorging als gerade eben noch. „Dir mangelt es einfach an Kondition, das ist alles. Also müssen wir zwei Hübschen eben öfter „trainieren“. Dann schaffst du auch deutlich mehr als bloß zwei bis drei Runden.“ Langsam habe ich wirklich das Gefühl, der will mich umbringen, dachte L und wollte wieder protestieren, doch er schaffte es nicht. Er konnte gleich nicht mehr und wenn Beyond nicht diesen verdammten Vibrator nicht endlich rausnahm, würde er noch sein blaues Wunder erleben. Doch der Serienmörder dachte nicht mal im Traum daran und machte einfach weiter wie bisher. Auf L’s Haut glänzten Schweißperlen, er fühlte sich vollkommen benebelt und schaffte es nicht mehr, klar zu denken. Ihm war schwindelerregend heiß und obwohl er immer noch protestierte, so spürte er doch tief in seinem Inneren, dass er mehr wollte. Es fühlte sich so unbeschreiblich gut an und ihm war, als würde er gleich zerfließen. Und genau das war es, was er so sehr spüren wollte und er konnte einfach nicht verbergen, dass er mehr davon wollte. Genau das war ja das Schlimme! Beyond schaffte es wirklich jedes Mal, seinen Willen zu brechen, weil er seine sensibelsten Stellen kannte und genau wusste, wo es sich am besten anfühlte. So konnte er sich jedes Mal wieder aus der Affäre ziehen, sonst hätte er schon längst eine Lektion erhalten, die sich gewaschen hatte. Es entstand eine plötzliche Bewegung auf dem Bett und sogleich spürte L ein zartes Paar Lippen auf den seinen und wie Beyond mit seiner Zunge zu spielen begann. Völlig willenlos erwiderte L seinen Kuss und erkannte, wie sehr er ihm inzwischen verfallen war und dass er nicht nur die Kontrolle über seinen Körper, sondern auch über seinen eigenen Willen verloren hatte. Er war einfach nicht mehr imstande, den Serienmörder in irgendeiner Art und Weise zurückzuweisen, oder sich ihm zu verweigern. In ihm existierte nur noch dieses unbeschreibliche Verlangen danach, ihn zu spüren und ihm nahe zu sein. Er liebte und begehrte Beyond mit jeder Faser seines Körpers. Ja er wollte ihn so sehr, dass es schon wieder unerträglich war und ihm deshalb sogar die Tränen kamen. Das alles war so unerträglich intensiv, dass er gar nicht damit umgehen konnte und er fürchtete, gleich endgültig den Verstand zu verlieren und wahnsinnig zu werden. All das nur, weil er nicht mehr die Macht über sich selbst hatte. Weder über seinen Körper, noch über sein eigenes Verlangen. All dies lag allein in Beyonds Händen und L wusste, dass ihm keine andere Wahl blieb, als sich seinem Willen zu fügen, wenn er aus diesem Zustand erlöst werden wollte. Nun zog der BB-Mörder den Vibrator heraus und gab L einen zärtlichen, liebevollen und dennoch leidenschaftlichen Kuss. „Na was ist, L? Ich hab dir deinen Wunsch erfüllt und er ist jetzt draußen. Sollen wir an der Stelle für heute aufhören? Oder möchtest du, dass wir weitermachen? Du entscheidest.“ Das ist nicht fair… Du machst das doch nur, weil du mich ärgern willst. Dabei weißt du doch ganz genau, dass ich es nicht mehr lange aushalten kann. Du spielst schon wieder deine Spielchen mit mir, weil du genau weißt, was ich tief in meinem Herzen will, auch wenn ich immer etwas anderes sage. Du willst mich nur dazu bringen, meinen Stolz abzulegen und mich deinem Willen zu unterwerfen. Und du weißt genau, dass ich keine andere Wahl habe… Und ebenso weißt du, dass mir das nichts ausmacht, weil ich dich so sehr liebe. „Ich… ich…“ L schaffte es kaum, Worte zu formulieren, denn dieses unbändige Verlangen und diese intensive Lust und Erregung lähmten seinen Verstand und raubten ihm fast vollständig die Fähigkeit, überhaupt noch zu sprechen. Es kostete ihn eine unglaubliche Kraftanstrengung, einen einzigen halbwegs vernünftigen Satz zu bilden. „Ich wi… di… ich will dich…“ Das war alles, was er zustande brachte, aber Beyond brauchte auch nicht mehr zu hören. Er wusste, was L ihm sagen wollte und dass er es zumindest halbwegs laut ausgesprochen hatte, genügte ihm völlig. Zärtlich küsste er seinen Hals und seine Brust, dann flüsterte ihm ins Ohr „Ich will dich auch.“ Und mit diesen Worten drang Beyond in ihn ein. Er ging deutlich schneller dabei vor als sonst und das war ein deutliches Zeichen dafür, dass er sich selbst nicht mehr bremsen konnte. Und da er L schon vorbereitet hatte, tat es auch überhaupt nicht weh. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum Beyond nicht so behutsam und vorsichtig vorging wie sonst. Denn obwohl er gerne solche Spielchen spielte, war es ihm wichtig, dass er L nicht wehtat und dafür sorgte, dass er sich gut fühlte bei der ganzen Sache. L spürte diese Hitze in seinem Inneren, die ihn vollständig vereinnahmte und ihn alles um sich herum vergessen ließ. Selbst den Ärger auf Beyond. Es war ein deutlich anderes Gefühl, ihn in sich zu spüren… es fühlte sich so unbeschreiblich gut an. Irgendwie konnte er es selbst nicht glauben, dass er sich bereits so sehr daran gewöhnt hatte, auch an die Fesseln. Manchmal kam es ihm sogar vor, als brauche er es sogar, damit er vollständig die Kontrolle abgeben und sich einfach fallen lassen konnte. Und daran war allein nur Beyond Schuld. Dass diese ganze Fesselungsgeschichte so erregend für L war und ihm erst den Kick an der ganzen Sache gab, war Beyonds Schuld. Das alles hatte zuerst als eine Art Bestrafungsspiel angefangen. Da L ihn zu Anfang 75 Tage lang eingesperrt hatte und Beyond in der Zeit vollkommen bewegungsunfähig war, hatten sie eine Vereinbarung getroffen: L musste diese 75 Tage wieder gut machen, indem Beyond mit ihm im Bett machen durfte, was er wollte. Dummerweise war diese Strafe noch nicht ganz abgearbeitet und selbst wenn, dann könnte es L irgendwie nicht so wirklich vorstellen, es ganz normal zu tun wie andere in einer solchen Beziehung. Und das nur, weil dieser Perversling ihn schon so in diese Richtung beeinflusst hatte. Die alleinige Schuld dafür bei ihm zu suchen, war für den Detektiv nicht sonderlich schwer. Aber manchmal fragte er sich schon, ob es nicht vielleicht an ihm selbst lag, dass es ihn so sehr erregte, wenn er gefesselt wurde. Großer Gott, dachte er, während er spürte, wie Beyonds Stöße immer stärker und schneller wurden. Irgendwie komme ich mir in einer total verdrehten Version von Shades of Grey vor. Das darf doch nicht wahr sein! Hatte Beyond etwa wirklich Recht, als er mal sagte, dass es ganz normal war, dass Leute in einer hohen Position sich gerne dominieren ließen, weil sie es auch mal brauchten, die Kontrolle abzugeben? Der Gedanke daran trieb ihm die Schamesröte ins Gesicht und er wollte lieber nicht daran denken. Wenn das irgendjemand erfuhr, dass er so gestrickt war, dann wäre das der absolute Super-GAU. Dann wäre der große L nur noch eine Lachnummer vor den Augen der gesamten Welt. Doch als er diese ihm so vertrauten Hände an seinen Oberschenkeln spürte, die sanft über seine Haut streichelten, da konnte er diesen Gedanken nicht mehr festhalten, sondern verwarf ihn einfach. Es war ihm mit einem Male wieder vollkommen gleich, was andere über seine Beziehung und sein Sexleben dachten. Er liebte Beyond und er vertraute ihm. Und solange er mit ihm zusammen war, hatte er das Gefühl, wirklich zu leben und glücklich zu sein. Allein das zählte und war wirklich wichtig für ihn. Und das wollte er sich von niemandem nehmen lassen. „L, ich liebe dich.“ Warum nur musst du immer diese Worte sagen, wo ich doch allen Grund hätte, sauer auf dich zu sein, weil du schon wieder deine Spielchen mit mir spielst? Das ist so fies von dir, dabei weißt du doch genau, dass ich dann einfach nicht mehr die Energie aufbringe, sauer auf dich zu sein. Wieso nur musst du immer solche Spiele mit mir spielen? Wieso nur, du Mistkerl? Du bist so ein hinterhältiger, manipulierender und sadistischer Falschspieler… und genau das ist es letzten Endes, was ich so sehr an dir liebe, weil du gleichzeitig so liebevoll und zärtlich zu mir bist. „Ich liebe dich auch…“ Er spürte, wie sich Beyonds Körper auf seine Brust legte und sich zwei Arme sich sanft, aber dennoch fest um ihn schlangen und sich in seine Haut vergruben. L konnte den heißen und verschwitzten Körper des Serienmörders und seine wie wild hämmernde Brust so intensiv fühlen, ebenso seine Haare auf der Haut und seinen Atem. Und wie gerne hätte er ihn in diesem Moment ebenfalls festgehalten. Auch er wollte ihn umarmen und ihn fest an sich drücken, um ihn nie wieder loszulassen. Doch diese verdammten Fesseln machten es ihm unmöglich. Sein Atem ging nun schneller und L versank immer tiefer in diesem intensiven Gefühl und ihm wurde fast schwindelig vor Hitze. Es war heiß… so heiß… Die Luft kam ihn so stickig und heiß vor und seine Stimme klang so fremd. Sie hörte sich so schwach an und sein lautes Stöhnen klang so hoch und kraftlos zugleich, dass er sich fast selbst erschreckt hatte. Doch es kümmerte ihn nicht. Nichts kümmerte ihn in diesem Moment, denn es existierte nur noch der ungebrochene und brennende Wunsch, Beyond nahe zu sein und ihn zu spüren. Diese Liebe und dieses Verlangen waren so stark, dass es ihn vollständig ausfüllte. Auch Beyond erging es nicht anders. Ein Schrei entglitt dem Detektiv, als er spürte, wie Beyond sanft um seine Brustwarzen strich. Sofort schoss ein elektrisierendes Kribbeln durch seine Brust und L’s Körper bebte vor Lust und Erregung. Das alles fühlte sich so unbeschreiblich gut an, dass es kaum zu ertragen war und manchmal war es so überwältigend, dass es ihm kurzzeitig wieder Angst machte. Doch das hielt nicht sehr lange an, höchstens für den Bruchteil einer Sekunde. Beyond besaß diese unglaubliche Gabe, sofort zu spüren, wenn etwas nicht stimmte, oder wenn L sich wegen irgendetwas Sorgen machte. Und dann wusste er genau, welche Knöpfe er bei ihm drücken musste, um seine Sorgen und Ängste zu zerstreuen. Das war auch der Grund, warum L sich ihm vollständig hingeben und sich einfach fallen lassen konnte. Eine irrsinnige Welle der Lust durchfuhr ihn und raubte ihm fast den Atem. Seine Hände verkrallten sich in seine Fesseln und er rang keuchend nach Luft. Und auch Beyond schien gleich soweit zu sein. Denn immer, wenn er sich seinem Limit näherte, hielt er L besonders fest im Arm, als wollte er diese Gewissheit haben, dass sie beide gemeinsam diesen Moment teilten und für immer zusammen sein würden. „L…“ Doch dieser brachte kein einziges Wort mehr hervor, sondern nickte nur um zu signalisieren, dass auch er gleich soweit war. Alles in seinem Kopf begann zu dröhnen und zu hämmern, er hatte das Gefühl, gleich das Bewusstsein zu verlieren, als dann endlich die befreiende Erlösung kam und sie beide gemeinsam kamen. Alle Kraft war aus L’s Körper gewichen und er ließ seinen Kopf schwer atmend ins Kissen sinken. Endlich wurden seine Fesseln gelöst und sogleich, als Beyond sich zu ihm legte, schloss er ihn in den Arm. Als er die Augenbinde abstreifte, sah er aus dem Fenster und bemerkte, dass es schneite. Schnee… es erfüllte ihn jedes Mal mit einem seltsam Gefühl, wenn er Schnee sah. Er konnte sich zwar kaum noch an seine Zeit vor Watari erinnern, aber er wusste, dass es geschneit hatte, als seine Mutter ihn in seine Obhut gab, bevor sie verschwand. Wenn L die Augen schloss und sich zurückerinnerte, konnte er das Läuten der Glocken hören. Seine Mutter hatte ihm einen Kuss gegeben und ihm gesagt, dass sie ihn lieb habe und sie ihn bald holen komme. Aber sie kam nie wieder zurück. Stattdessen hatte man sie grausam umgebracht. Und sie hatte ihn weggegeben, weil sie ihn beschützen wollte. Sie hatte gewusst, dass sie sterben würde. Wenn er so zurückdachte, als Beyond ihn einfach zurückgelassen hatte, um Sam und Clear zu stellen… es war wie ein schreckliches Deja-vu gewesen und L hatte entsetzliche Angst gehabt, dass Beyond nie wieder zurückkommen würde… genauso wie seine Mutter. Aber Beyond war da und lag in seinen Armen. Er hatte ihn retten können und konnte in seiner Nähe der Mensch sein, der er wirklich war und der er für Beyond sein wollte. Doch als L ihn so betrachtete, da erinnerte er sich wieder an etwas und setzte sich vorsichtig auf. Seine Hand wanderte zu einem Magazin, dann rollte er es zusammen und gab Beyond damit einen kräftigen Klaps auf dem Hinterkopf. Durch den Schlag aus seiner Benommenheit gerissen, rief der Serienmörder „Aua!“ und setzte sich ebenfalls auf, wobei er L aber etwas beleidigt anfunkelte. „Wofür war das denn bitteschön?“ „Wofür fragst du mich? Ich dachte, wir hätten das geklärt, dass das mit dem Ding da abgehakt ist und du so etwas nicht noch mal machst.“ „Jetzt sei mal kein Mädchen, L. Das sieht doch selbst ein Blinder, dass dich das richtig wild gemacht hat. Also erzähl mir nichts und stell dich nicht immer so an. Es war bloß ein Vibrator und nicht irgendetwas Abartiges.“ „Als ob ein Vibrator das nicht wäre!“ L’s Hand umklammerte das Magazin noch fester, doch anstatt damit noch mal zuzuhauen, legte er es weg und drückte stattdessen Beyond aufs Bett, der sich sein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen konnte. Und das provozierte L nur noch mehr. „Ach komm schon, Pandabärchen. Jetzt tu doch nicht so, als hättest du keinen Spaß gehabt. Okay, ich gebe zu, dass das mit dem Vibrator nicht gerade okay von mir war. Aber hätte ich dich so gefragt, hättest du sofort nein gesagt.“ „Natürlich hätte ich das! Frag dich mal, warum. Und ich hab dir schon oft genug gesagt, du sollst mir keine Spitznamen geben.“ „Okay, Zuckerschnütchen.“ Nun platzte L bei dieser Provokation endgültig der Kragen. Er schnappte sich das Kissen, holte aus und klatschte es dem BB-Mörder direkt ins Gesicht. Dieser verlor den Halt, versuchte sich noch irgendwie festzuhalten und fiel dann trotzdem aus dem Bett. Geschieht dir ganz recht, dachte L und stand nun ebenfalls auf. Er brauchte jetzt dringend eine Dusche und wollte sich danach ein wenig hinlegen. Sein Energielevel war auf dem absoluten Nullpunkt und er ahnte, dass das noch für den Rest des Tages so bleiben würde. Wie immer musste Beyond alles komplett übertreiben. „Ich geh jetzt duschen.“ „Soll ich dir Gesellschaft leisten?“ Der Detektiv warf ihm einen giftigen Blick zu und in dem Moment hätte man wirklich Angst vor ihm bekommen können. Doch Beyond ließ sich nicht wirklich davon abschrecken. „Jetzt sei mal nicht so eingeschnappt und tu nicht so, als hättest du keinen Spaß gehabt.“ Das ist es ja auch nicht, du Knalltüte, dachte L und suchte seine Klamotten zusammen, die überall auf dem Boden verstreut lag. Natürlich hat es mir gefallen, aber das heißt noch lange nicht, dass ich mir deine Späße einfach so gefallen lasse. Da hast du dich aber gewaltig geschnitten, mein Lieber. Doch eigentlich hatte es keinen Sinn, sich weiter mit Beyond zu zanken und nachtragend zu sein. Der würde doch sowieso wieder nur sein eigenes Ding machen und sich nichts sagen lassen. Beyond war in der Hinsicht wie eine Katze: oft verschmust, aber gleichzeitig vollkommen eigensinnig und es kümmerte ihn überhaupt nicht, was andere ihm sagten. Irgendwo hatte L mal gelesen, dass Menschen, die eine besondere Vorliebe für Katzen hatten, einen Hang zu Masochismus hatten. … bin ich etwa… ein Masochist? Darüber wollte L lieber nicht nachdenken. Das war völlig ausgeschlossen. Nie und nimmer im Leben war er so gestrickt. Dass er über solchen Blödsinn nachdachte, war doch allein nur Beyonds Schuld. Dieser hinterhältige Perversling… Kapitel 2: Ein alter Bekannter? ------------------------------- Obwohl die Heizung an war und L es sich unter dem Kotatsu bequem gemacht hatte, war ihm irgendwie kalt und egal was er machte, er konnte sich nicht richtig aufwärmen. Draußen hatte es längst aufgehört zu schneien, trotzdem hatte er das Gefühl, als würde da draußen Eiszeit herrschen. Diese Kälte konnte er einfach beim besten Willen nicht ab. Außerdem fühlte er sich immer noch wie gerädert von der letzten Nacht und obwohl ihm nichts wehtat, hatte er das Gefühl, mal wieder Hochleistungssport betrieben zu haben. Auch sonst fühlte er sich irgendwie ein wenig seltsam, allerdings konnte er nicht genau sagen, was mit ihm nicht stimmte. Er fühlte sich irgendwie manchmal etwas benommen, konnte sich schlecht konzentrieren und ihm fehlte jegliche Energie. Ob das vielleicht vom Sex kam? Beyond übertrieb es ja auch jedes Mal wieder aufs Neue und da war es auch kein Wunder, dass er sich so fühlte. Oder bekam er vielleicht eine Erkältung? L konnte sich schon gar nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal krank war. Nun gut, er hatte die üblichen Krankheiten wie Windpocken und Masern in der Kindheit gehabt, aber ansonsten war er bis jetzt immer verschont geblieben. Mit Sicherheit war es nichts und er bildete sich das nur ein. Da der Kotatsu nicht wirklich weiterhalf, stand L auf und verließ das Zimmer. Gleich schon als er die Tür öffnete, hörte er wieder diese eine vertraute Melodie auf dem Klavier spielen. Dieses Lied, welches ihn immer an damals erinnerte, als es geschneit hatte. In der letzten Zeit hörte er Beyond oft am Klavier spielen, seit sie nach Japan gekommen waren. Es half ihm, diese schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten, die er durch Clear erleben musste. Dieser hatte ihn immer wieder gefoltert, erniedrigt, gequält und vergewaltigt und ihm Dinge angetan, wovon einigen schlecht werden konnte. Zwar waren die meisten seiner körperlichen Verletzungen vollständig verheilt, aber seelisch hatte er manchmal noch damit zu kämpfen. Zwar hatten sie darüber gesprochen und L hatte ihm klar gemacht, dass er trotz allem für Beyond da sein würde, aber es würde trotzdem noch seine Zeit brauchen, bis er das alles verarbeitet hatte. L ging in den Wintergarten, wo Beyond „Walking in the Air“ von George Winston spielte. Stumm setzte sich der Detektiv mit den Pandaaugen auf eines der Sofas und hörte ihm zu. Beyond selbst war so vertieft in sein Spiel, dass er ihn gar nicht bemerkte, bis er zu Ende gespielt hatte und ihn auf dem Sofa sitzen sah. Erstaunt hob er die Augenbrauen und fragte „Was machst du denn hier?“ „Zuhören“, antwortete L und sah ihn wie immer mit diesen großen Augen an, die von dunklen Schatten umrandet waren. In der letzten Zeit sahen seine Augenringe nicht mehr wie schwarze Schluchten aus, was daher rührte, weil er inzwischen deutlich länger schlief als gewöhnlich. Meist hatte er das allein Beyond zu verdanken. Doch offenbar schien da trotzdem etwas nicht zu stimmen, da der Serienmörder ihn ein wenig besorgt ansah. „Irgendwie siehst du ein klein wenig blass aus, L. Geht es dir gut?“ Ihm entgeht aber auch wirklich gar nichts, dachte der Detektiv und begann an seiner Daumenkuppe zu knabbern. Als könnte er mich wie ein Buch lesen. „Nun ja, ich bin wahrscheinlich noch ein klein wenig erschöpft.“ Doch Beyond wollte sich ein eigenes Bild machen und ging zu ihm hin. Vorsichtig schob er die Haare aus L’s Gesicht und legte seine Stirn auf die des Detektivs. Dass diesem das Herz zu rasen begann, war dabei nur zu erwarten gewesen. „Hm“, sagte Beyond und ging wieder auf Abstand. „Wahrscheinlich brütest du gerade eine Erkältung aus. Bei dem Wetter ist das ja auch kein Wunder.“ Na super, ich krieg also eine Erkältung, dachte L und legte eine Hand auf seine Stirn, um sich selber noch mal zu überzeugen. Nun, seine Stirn fühlte sich schon deutlich wärmer als sonst an. Aber vermutlich war seine Hand einfach zu kalt. Es war wohl besser, er beobachtete das erst mal eine Weile. „Wenn du willst, kann ich ja Krankenschwester spielen. Ich glaub, ich kann sogar ein passendes Kostüm auftreiben.“ „Kannst du auch ein Mal nicht an irgendwelche perversen Spiele denken?“ „Kannst du auch ein Mal Spaß verstehen?“ Damit kniff Beyond ihm scherzhaft in die Wange und setzte sich zu ihm. Ihr gemeinsamer Alltag bestand aus diversen Momenten, in denen sie sich gegenseitig auf die Palme brachten und dann wiederum gab es auch Augenblicke, wo sie wie ein unzertrennliches Paar waren. Was sich liebt, das neckt sich. Und auf L und Beyond traf das besonders zu. Schließlich erklärte Beyond nach seinem etwas dämlichen Kommentar mit dem Schwesternoutfit „Ich hab ein Medizinstudium gemacht. Und da Hester sowieso in Amerika ist und nicht gleich für jeden Kleinkram nach Japan düsen kann, da kann ich mich doch genauso gut um deine kleinen Wehwehchen kümmern. Oder vertraust du mir nicht?“ „Nach der gestrigen Aktion traue ich die keinen Millimeter mehr über den Weg.“ „Mann, bist du nachtragend, mein Lieber. Na komm, der Onkel Doktor wird erst mal nachschauen, was du hast.“ Damit stand der BB-Mörder auf und L folgte ihm wortlos. Es gab im Haus ein Zimmer, welches extra für den Fall eines Notfalls eingerichtet worden war und Hester herkommen und einen Eingriff vornehmen musste. Hier gab es alle möglichen medizinischen Geräte für den Fall, wenn eine Untersuchung, oder ein Eingriff von Nöten war. Da sie wusste, dass Beyond schon einige Kenntnisse im medizinischen Bereich besaß, hatte sie die Ausrüstung da gelassen. Wortlos setzte sich L und beobachtete, wie Beyond einige Geräte aus dem Schrank holte. Doch obwohl er wusste, dass es sich um eine ganz harmlose und normale Untersuchung handelte, so ließ ihn das Gefühl einfach nicht los, als würde dieser Schwerenöter etwas im Schilde führen. Und als Beyond auch noch sagte „L, zieh mal den Pullover aus“, da fühlte er sich in seinem Verdacht bestätigt und misstrauisch beäugte er ihn. Doch dem Serienmörder fehlte dafür das Verständnis. „Wieso guckst du mich so an? Glaubst du etwa, ich hätte irgendwelche Hintergedanken?“ „Bei dir weiß man ja nie…“ Und da konnte Beyond wenig entgegensetzen. Doch L zog trotzdem den Pullover aus und ließ sich untersuchen. Und tatsächlich machte der BB-Mörder eine ganz normale Untersuchung und schien wirklich nicht den geringsten Hintergedanken gehabt zu haben. „Offenbar wirklich nur eine Erkältung. Du solltest vielleicht mal etwas kürzer treten.“ „Das gilt dann ja wohl besonders für dich. Du bist ja immerhin derjenige, wegen dem ich jedes Mal kaum aufstehen kann, weil ich so gerädert bin.“ Damit zog L seinen Pullover wieder an, blieb aber noch sitzen und wartete, bis Beyond alles wieder weggeräumt hatte. „Hab’s ja verstanden. Ich geh aber gleich zur Apotheke und besorg dir etwas gegen Erkältung. Du hast eine leicht erhöhte Temperatur. Zwar noch kein Fieber, aber ich fürchte, da kommt vielleicht noch was.“ Beyond schien sich offenbar ziemlich sicher in seiner Diagnose zu sein. Naja, zumindest war es beruhigend zu wissen, dass er sich schon mal mit so etwas auskannte. L verabscheute alle Arten von Ärzten auf dieser Welt und traute diesen Medizinern nicht über den Weg. Hester war die einzige Ausnahme, aber auch nur, weil sie genau wusste, wie sie mit ihm umzugehen hatte. Doch sie war auch nicht immer zur Stelle. Besonders nicht, seit er zusammen mit Beyond und Watari nach Japan gezogen war. Irgendwie war es schon ein seltsames Gefühl, dass sich jetzt jemand anderes um ihn kümmerte als Hester. Und dann ausgerechnet Beyond. So schlecht fand er den Gedanken ja nicht, wenn er nur nicht immer befürchten müsste, dass der Kerl irgendetwas im Schilde führte. Sie gingen ins Wohnzimmer, wo Watari einen Tee vorbereitet hatte. Auch dem Engländer entging nicht, dass L ein klein wenig angeschlagen wirkte und fragte besorgt nach. „Nichts Ernstes, nur eine Erkältung“, entgegnete Beyond kühl und gab genauso wie L einen Zuckerwürfel nach dem anderen hinein. Es war immer wieder seltsam zu sehen, wie sehr sich Beyonds Charakterzüge unterschieden. Gegenüber L war er liebevoll, frech, offen, aber auch schadenfroh und provokant. Anderen Menschen gegenüber verhielt er sich vollkommen verschlossen, kühl, abweisend und hatte nur selten für sie irgendwelche Freundlichkeiten übrig. Hester war inzwischen eine Ausnahme, weil sie ihm nach der Vergewaltigung durch Sam und Clear beigestanden und ihm geholfen hatte. Aber Watari und alle anderen Menschen auf dieser Welt konnte er nicht ab. Er war ein Menschenhasser durch und durch und hatte mal zu L gesagt „Gegen die Menschheit an sich hab ich ja nichts, es ist nur der Mensch, den ich so widerlich finde.“ Und in der Hinsicht würde er sich niemals ändern. Er wollte es auch nicht und solange L bei ihm war, brauchte er niemanden auf der Welt. Nun ja… bevor er und L zusammengekommen waren, war da noch jemand gewesen, an den er sich wenden konnte, als er ganz alleine war und nach A’s Selbstmord jemanden brauchte, der ihn wieder aufbauen konnte. Aber… von dieser Person hatte er schon seit einiger Zeit nichts mehr gehört. Nicht, seitdem sie ihm geholfen hatte, aus dem Gefängnis zu fliehen, indem er vorgetäuscht hatte, von Kira getötet worden zu sein. Schon merkwürdig dass er gar nicht mehr an sie gedacht hatte. L bemerkte, dass er mit den Gedanken irgendwie woanders war und fragte „Woran denkst du gerade?“ Doch Beyond entschloss sich, erst mal nichts zu sagen und grinste nur. „Na woran denn wohl?“ Daraufhin verzog L die Miene und blitzte ihn unheilvoll an. Aber das hatte nichts zu bedeuten. Das machte er immer so, wenn er von Beyond irgendwie in Verlegenheit gebracht wurde und dann dementsprechend eingeschnappt war. Eben weil Beyond wusste, dass es nichts zu bedeuten hatte, kümmerte ihn dieser Blick wenig. Er behielt seine gute Laune. Nachdem er seinen Zuckertee ausgetrunken hatte, machte er sich auf dem Weg. Zwar hätte er genauso gut Watari schicken können, aber er hatte keine Lust, den ganzen Tag nur im Haus zu hocken und noch den Budenkoller zu kriegen. Immer, wenn er diese Stille um sich herum hatte und er alleine war, kamen jene Erinnerungen wieder, die er so sehr verdrängen wollte. Die Erinnerungen an die Hölle, in welche dieser kranke Psychopath Clear ihn hinabgezerrt hatte, um ihm dort seine Welt der Folter, Schmerzen und des Wahnsinns zu zeigen und ihn zu einem Teil davon zu machen. Beyond hatte zwar schon mit L darüber gesprochen und wusste, dass dieser ihn niemals im Stich lassen würde, aber manchmal hatte er schon wieder diesen Wunsch danach, sie wiederzusehen und mit ihr darüber zu sprechen: jene Person, die für ihn da war, nachdem das grausame Schicksal ihn A weggenommen hatte. Aber er war jetzt in Japan und der Abstand war mit Sicherheit viel zu groß. Völlig ausgeschlossen, dass sie einander so schnell wieder sehen würden. Er zog sich seine Jacke an und wollte gerade gehen, da ging eine Vibration durch seine Hosentasche. Überrascht holte er sein Handy heraus und bemerkte, dass er eine SMS erhalten hatte. Und diese war ausgerechnet von ihr! L, der ihn noch begleitet hatte, um ihn zu verabschieden, war ebenfalls überrascht und bemerkte „Ich wusste gar nicht, dass du ein Handy hast.“ Beyond sah ihn nicht an, sondern öffnete sofort die Mitteilung die ihm geschickt worden war. Es wurde um ein Treffen gebeten. „Ich habe es schon seit Jahren. Da ist aber sowieso nur eine Nummer eingespeichert.“ „Und welche?“ fragte der Detektiv mit den Pandaaugen misstrauisch, denn irgendwie hatte er ein Problem damit, dass Beyond ein Handy hatte und er nichts davon gesagt hatte. Und da war nur eine Nummer drauf? Wieso das denn bitteschön? Wer war denn so wichtig für ihn, dass er nur deswegen dieses Handy hatte? L konnte sich nicht helfen, aber er hatte einfach ein Problem damit. „Von einem alten Bekannten, der mir geholfen hat, aus dem Gefängnis abzuhauen. Er bittet kurzfristig um ein Treffen. Du hör mal L, ich komm etwas später wieder zurück, okay? Ich denk aber an die Medikamente. Bis später!“ Damit stürmte der BB-Mörder regelrecht aus dem Haus und L sah ihm noch schweigend nach. Ein alter Bekannter? So wirklich wollte er das nicht glauben, denn welcher alte Bekannte war Beyond so wichtig, dass er sich sofort mit ihm treffen musste? Und dann ausgerechnet der Serienmörder und Misanthrop Beyond Birthday, dem die Menschen ein Ekel waren. L spürte, wie der Ärger in ihm hochkam und selbst eine Stunde später sollte es ihm keine Ruhe lassen. Er wollte es wissen. Welcher Mensch war Beyond bitteschön so dermaßen wichtig, dass er ihn unbedingt sofort treffen wollte? Oder war es ein Notfall? Steckte er vielleicht in Schwierigkeiten? Wenn dem so war, hätte er doch etwas sagen können. L’s Gedanken kreisten immer und immer wieder nur um dieses eine verdammte Thema und es machte ihn einfach neugierig. Er wollte unbedingt wissen, wer der ominöse Bekannte war und ob Beyond vielleicht… nein, völlig ausgeschlossen! Zwar war Beyond hinterhältig, aber er würde niemals untreu werden. Mit wem denn auch, wenn er jeden auf der Welt hasste? Ach, es war doch zum Verrücktwerden. L ging wieder ins Wohnzimmer und wollte nachsehen, ob es wieder einen interessanten Fall gab, aber schon als er die erste Akte in die Hand nahm, musste er feststellen, dass das nicht ganz möglich war. Egal was er auch tat, er konnte diese eine Szene nicht vergessen, als Beyond total überrascht war, eine SMS bekommen zu haben. Eine SMS auf einem Handy, auf welchem nur eine einzige Nummer eingespeichert war. Warum hat er mir nichts davon gesagt und wer ist diese Person? L begann zu ahnen, dass dieser Zustand der inneren Unruhe noch länger anhalten würde und seine einzige Chance darin bestand, sich Klarheit zu verschaffen. Aber sollte er Beyond wirklich hinterherspionieren und damit riskieren, den nächsten Streit vom Zaun zu brechen? Beyond war nicht blöd, er merkte sofort, wenn er beobachtet wurde, dafür hatte er nämlich ein besonderes Gespür. Und wenn er merkte, dass es L war, dann war erst mal Zoff angesagt. Das wollte er lieber nicht riskieren. Also blieb in diesem Falle wohl nichts anderes übrig, als zu warten, bis Beyond wieder zurück war und ihm näheres erzählte. Aber andererseits… wenn Beyond ihm schon gerade nichts gesagt hatte, konnte er doch sicherlich davon ausgehen, dass er nach seiner Rückkehr auch nicht sonderlich viel erzählen würde. Wieso diese Heimlichtuerei? Es ließ L einfach keine Ruhe. Er musste verdammt noch mal wissen, wer dieser ominöse Bekannte war, mit dem sich Beyond unbedingt treffen wollte. Was tun? Was tun? „L, ist alles in Ordnung mit Ihnen?“ Erst jetzt bemerkte der Detektiv, dass Watari ja da war. L seufzte und kratzte sich am Kopf. „Irgendwie kann ich mich nicht konzentrieren. Beyond verschweigt mir, dass er ein Handy hat und dann ist da auch nur eine einzige Nummer drauf. Und urplötzlich kriegt er eine Nachricht von einem alten Bekannten, den er jetzt unbedingt treffen muss. Das lässt mir einfach keine Ruhe.“ Der alte Mann betrachtete ihn nachdenklich und nickte schließlich. „Und wenn Sie einfach nachher mit Beyond darüber sprechen?“ „Er hat vorhin schon so geheimnisvoll getan, da wird er sicherlich nicht so schnell mit der Sprache rausrücken. Das Beste wäre vermutlich, selbst nachzusehen. Es genügt mir allein schon, wenn ich das Gesicht dieser Person sehe. Dann wird Beyond sicherlich auch nichts bemerken.“ „Dann fahre ich schon mal den Wagen vor.“ Damit stand L’s Entschluss fest. Er wollte sehen, mit wem sich Beyond traf und ob er irgendetwas zu befürchten hatte. … Befürchten? Was denn bitteschön? Dass ausgerechnet Beyond eine Affäre hätte? Das war doch vollkommen bescheuert. Beyond war zwar in einigen Sachen nicht gerade vertrauenswürdig, aber er war definitiv nicht jemand, der sofort fremdgehen würde. Immerhin hatte er für die Menschen nichts übrig. L merkte gerade selber, dass er ziemlich unfair Beyond gegenüber war. Dieser hatte ihm schon oft genug bewiesen, dass er ihn liebte und L unterstellte ihm doch tatsächlich, dass er ihm untreu werden könnte. Das Beste war wirklich, er folgte Beyond, sah nach, mit wem er sich traf und kehrte dann einfach nach Hause zurück. Dann hatte er seinen Seelenfrieden und konnte sich endlich wieder auf seine Arbeit konzentrieren. Ja, das war die beste Lösung. Also schnappte sich L seine Jacke, da es draußen eisig kalt war und ging zum Wagen. Watari hatte den Wagen bereits vorgefahren und L stieg ein. Immer noch haderte er noch ein wenig, ob es wirklich eine gute Idee war, Beyond nachzustellen und seine Bekanntschaft auszuspionieren. Wenn das ans Tageslicht kam, konnte er sich auf gehörigen Ärger gefasst machen, denn das würde Beyond ihm sicher nicht so schnell verzeihen. Aber L hatte leider ein Problem damit, dass er ein neugieriger und furchtbar misstrauischer Mensch war. Naja, wenn sich herausstellte, dass alles ganz harmlos war und dieser Bekannte keine Gefahr darstellte, brauchte er sich ja keine Sorgen zu machen. Doch was sollte er tun, wenn er Pech hatte und dieser Bekannte eine Gefahr darstellen könnte, weil er… tja, was? Etwa, weil er gut aussehen könnte? Nein, das spielte für Beyond keine Rolle. Auch wenn L es nicht gerade gerne zugab, er war keine Schönheit. Sein schwarzes Haar war stets unfrisiert, er hatte dicke Augenringe und attraktiv sah er nicht gerade aus. Aber was genau zählte denn für Beyond, dass er sich auch verliebte? L dachte nach und versuchte sich daran zu erinnern, wie A immer beschrieben worden war. Immerhin war dieser ja Beyonds erste große Liebe. A war einfühlsam, hilfsbereit und talentiert gewesen. Außerdem hatte er Beyond immer helfend zur Seite gestanden und Rue Ryuzaki erschaffen, damit Beyond das Monster unter Kontrolle halten konnte. L konnte nicht wirklich behaupten, dass er sonderlich viel mit A gemeinsam hatte. In Gefühlssachen war er nicht gerade die hellste Leuchte, er ging viele Probleme auch etwas unbeholfen an und fast jedes Mal gab es kleine Zankereien zwischen ihnen, weil sie oft genug verschiedene Ansichten hatten. Also war es nur verständlich, dass L schon mal hinterfragte, wieso sich Beyond ausgerechnet in ihn verliebt hatte. Vielleicht lag es ja daran, weil er nach A der einzige Mensch war, der Beyond so lieben konnte, wie er wirklich war. Ja, er sah in ihn nicht einfach nur einen gruseligen Freak, oder ein Monster. Er sah in ihn einen Menschen, der sich nach Liebe und Verständnis sehnte. Durch sein Shinigami-Augenlicht war seine Welt anders. Der Tod gehörte für ihn zum Leben dazu und war sein ständiger Begleiter und das spürten die Leute um ihn herum, weshalb sie ihn mieden. L mied ihn nicht. Er sah hinter die Fassade des kalten Menschenhassers, der alle auf Abstand hielt, um nicht schon wieder verletzt zu werden. Nach dem Tod seiner Eltern war Beyond einfach nicht mehr in der Lage, Menschen an sich heranzulassen, weil er genau wusste, wann sie sterben würden. Und da diese spürten, dass er nicht normal war, schubsten sie ihn herum und behandelten ihn wie einen Freak oder einen Außenseiter. Und das führte dazu, dass Beyond nur noch Abscheu für die menschliche Rasse übrig hatte. Doch trotzdem hatte er sich verliebt. A hatte ihm gezeigt, dass es auch Menschen gab, die ihm helfen wollten und das hatte dazu geführt, dass Beyond sich ihm öffnen konnte. Aber was war der Grund gewesen, wieso er sich ausgerechnet in L verliebte, der kaum etwas von dem hatte, was A besessen hatte? Genau das begann ihn zu beschäftigen. Ja, es verunsicherte ihn sogar ein Stück weit und so blieb ihm nichts anderes übrig, als mehr über den mysteriösen Bekannten herauszufinden und zu sehen, ob Beyond ihn genauso behandelte wie all die anderen Menschen. Doch was würde L tun, wenn er erkannte, dass Beyond diesen Bekannten gerne hatte und für ihn Sympathien übrig hatte? Daran wollte er lieber nicht denken. Natürlich würde er es ihm gönnen, wenn er irgendwie seinen Hass auf die Menschen begraben und soziale Kontakte knüpfen konnte, trotz seines Augenlichts. Aber trotzdem war ihm nicht ganz wohl bei dem Gedanken. Vielleicht weil er Angst hatte, dass Beyond jemanden finden könnte, den er dann mehr liebte? Hatte er denn wirklich so wenig Vertrauen in ihn, dass er ihm deshalb hinterher schnüffeln musste? Ich bin wirklich das Letzte, dachte L und seufzte niedergeschlagen. Ich sollte besser nach Hause fahren und mit Beyond in Ruhe sprechen. Doch aus dem Vorhaben wurde nichts, als Watari sagte „Wir sind da.“ Der Detektiv mit den Pandaaugen sah auf und entdeckte Beyond, der vor einem Cafe stand. Er sah sich suchend um und schien bereits eine Weile zu warten. Sein Bekannter verspätete sich offenbar. Nein, doch nicht. Er sah, wie Beyond aufsah und sich zur Seite wandte. Seine Augen wurden groß und er… er lächelte. Verdammt, er strahlte übers ganze Gesicht und seine Augen leuchteten regelrecht. L, der von der anderen Straßenseite aus zuschaute, sah, wie der Serienmörder auf jemanden zuging und im selben Moment warf sich ihm eine Frau um den Hals. Eine Frau… eine blondhaarige groß gewachsene Frau in seinem Alter… mit einer atemberaubenden Figur und einem bildhübschen Aussehen. Der Traum eines jeden Mannes… …und somit L’s wahr gewordener Alptraum. Seine schlimmsten Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten. Kapitel 3: Treffen mit Rumiko ----------------------------- Ein eisiger Wind wehte und Beyond fror bis auf die Knochen. Schon seit einer gefühlten Ewigkeit wartete er hier, doch er dachte nicht daran, zu gehen und sie dann noch zu verpassen. Sicherlich war sie schon auf dem Weg und würde gleich hier sein, also machte es auch keinen Sinn, jetzt einfach zu gehen. Wahrscheinlich hatte sie sich nur verlaufen und war deshalb etwas spät dran. Ungeduldig sah er sich um und rieb sich die Hände. Dummerweise hatte er seine Handschuhe vergessen und seine Finger fühlten sich an, als würden sie ihm gleich abfallen. Oh Mann, es mussten mindestens vier Grad unter Null sein, etwas anderes war doch gelogen. Und er war so hastig aus dem Haus gegangen, dass er weder Handschuhe noch Schal dabei hatte. „Beyond!“ Eine vertraute Stimme ließ ihn aufhorchen und er sah sich um. Und tatsächlich eilte sie auf ihn zu. Sie war es wirklich. Freudestrahlend rannte sie auf ihn zu und umarmte ihn stürmisch. „Beyond, Mensch bin ich froh, dich endlich wiederzusehen. Und ich hab mir schon Sorgen gemacht, als du einfach so verschwunden bist.“ Diese so warme und liebevolle Stimme zu hören und in ihren Armen zu liegen, ließ alte Gefühle wieder hochkommen. Er war so überglücklich in diesem Moment, dass ihm sogar die Tränen kamen. Sie war wirklich hier. „Rumiko…“ Er erwiderte ihre Umarmung und konnte es immer noch nicht fassen, dass sie tatsächlich nach Japan gekommen war, um ihn zu suchen. Dabei war er ohne ein Wort verschwunden, kurz nachdem sie ihn aus dem Gefängnis geholt hatte. Und so wie sie ihn umarmte, hatte sie sich offenbar ziemlich große Sorgen um ihn gemacht. „Mach mir so etwas nie wieder, ja? Ich hatte echt Angst gehabt, du wärst tot oder so. Ich hab die ganze Zeit versucht, dich zu finden und dann hab ich als letzte Möglichkeit die Handynummer rausgekramt und war so heilfroh, als du dich gemeldet hast. Aber komm, lass uns besser reingehen, okay? Es ist ziemlich kalt und ich könnte jetzt gut was Heißes vertragen. Und dann kannst du mir alles in Ruhe erzählen.“ Damit lösten sie sich wieder voneinander und betraten das Cafe und suchten sich einen Platz am Fenster, da es ihnen weiter hinten viel zu dunkel war. Obwohl seit ihrem letzten Treff gerade mal eineinhalb Jahre vergangen waren, wirkte Rumiko noch schöner als sonst. Dabei war sie schon als Kind so hübsch gewesen. Ihr Haar, auf welches sie besonders stolz war, wirkte schon fast goldfarben und ihre Augen hatten dasselbe rot wie Beyond, doch es wirkte trotzdem anders. Nämlich nicht wie ein loderndes Feuer, sondern wie eine verträumte tiefrote Abenddämmerung. Ihre Haut hatte nicht die geringsten Unebenheiten und hatte einen leicht blassen Teint, ihre Figur war das, was man als perfekt bezeichnen konnte und markant war, dass sie leichte asiatische Gesichtszüge hatte. Zwar nicht stark ausgeprägt, aber trotzdem erkennbar. Der Grund war, weil sie Halbjapanerin war. Das erklärte auch, wieso sie blond und knapp 1,80m groß war. Rumiko war ein herzensguter Mensch und ihre Fürsorglichkeit grenzte manchmal schon fast an Selbstaufgabe, trotzdem besaß sie eine unglaubliche Willensstärke. Auf sie hatte er sich immer verlassen können und sie hatte ihm beigestanden, als er Wammys House nach A’s Selbstmord verlassen hatte. Sie jetzt wiederzusehen, war für ihn wirklich ein großes Glück und er freute sich auch sehr. Aber gleichzeitig wunderte er sich, warum Rumiko extra nach Japan gekommen war. „Erzähl mal Beyond, was du so getrieben hast. Wo warst du die ganze Zeit und was suchst du denn überhaupt in Japan?“ Auch Beyond bekam seinen Kaffee und begann erst mal, einen Zuckerwürfel nach dem anderen hineinzugeben. Rumiko kannte seine Geschichte aus Wammys House und auch, was mit A gewesen war. Auch von seinem Hass auf L wusste sie, deshalb würde sie sicherlich erst mal nicht wirklich glauben, wenn er ihr die Geschichte erzählte. Aber andererseits war er schon neugierig darauf, wie sie wohl reagieren würde. Er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen und begann den Löffel in der Tasse herumzurühren, bis eine sirupartige Masse entstand, die er im Anschluss trank. „Ich bin erst mal eine ganze Weile in Los Angeles gewesen und habe einen Serienmörder im Visier gehabt. Du erinnerst dich ja noch an Sam Leens, oder?“ Als sie den Namen hörte, verschwand ihr Lächeln und sie nickte. „Wie könnte ich den denn vergessen? Schon als Kind war er unheimlich.“ „Jep. Ich war ihm auf der Spur gewesen, da bin ich leider unvorsichtig geworden und es kam zu einer Auseinandersetzung, bei der ich mehrmals angeschossen wurde. Ich wurde aber gerettet und inzwischen bin ich in einer festen Beziehung.“ Nun hatte sich Rumiko an ihrem Kaffee verschluckt und musste husten. Sie kannte ihn schon von klein auf, da wusste sie auch, dass er ein Misanthrop war und deshalb zwischenmenschliche Beziehungen mied. Deshalb war sie umso überraschter, als sie hörte, dass er nach dem tragischen Verlust seiner großen Liebe jetzt in einer neuen Beziehung war. Überrascht sah sie ihn an und konnte es erst nicht glauben, aber dann strahlte sie übers ganze Gesicht und nahm seine Hand. „Mensch, das ist ja großartig. Ich freu mich ja so für dich! Erzähl schon, wer ist es denn und wie ist deine große Liebe denn so?“ Als er ihr gestand, dass es sich wieder um einen Mann handelte, reagierte sie nicht sonderlich überrascht. Das lag aber auch daran, weil sie schon wusste, dass A auch ein Junge gewesen war und er offenbar wohl eher in Richtung gleichgeschlechtliche Beziehung tendierte. Aber das machte ihr nichts aus. Hauptsache, man liebte sich und das war das Wichtigste. In der Sache war sie ziemlich locker, weshalb er mit ihr auch über so etwas problemlos reden konnte. „Er ist ein Sturkopf, manchmal etwas kindisch, er kann manchmal etwas schwierig sein, aber im Großen und Ganzen ist er ein wirklich wunderbarer Mensch. Er liebt mich so wie ich bin, auch mit meinem… Problem… Und er kann meine Launen ganz gut ertragen.“ Rumiko kicherte, als sie das hörte und schien sichtlich Spaß daran zu haben, dass er eine Beziehung hatte. „Und sonst?“ „Er spielt sich gerne als Opfer auf, wenn wir es krachen lassen und wird bei dem Thema Sex immer so verlegen, dass er mir meist einen Klaps auf den Kopf gibt, oder mir am Ohr zieht.“ „So wie ich, wenn du mit deinen unmöglichen Kommentaren ankommst. Oder wie damals, als wir noch klein waren.“ Beyond erinnerte sich wieder daran und musste lachen. Ja, das stimmte. Damals hatte sie ihn wirklich gerne am Ohr gezogen und immer ähnlich wie L reagiert. Es tat wirklich gut, endlich mal wieder so ausgelassen mit ihr zu reden. Irgendwie hatte er das wirklich gebraucht nach all den Dingen, die ihm passiert waren. Zwar hatte er mit L und Hester gesprochen, aber das war nicht dasselbe. Hester war Ärztin und L’s Vertraute und mit L war er zusammen. Aber er brauchte auch mal jemand Außenstehendes, bei dem er sein Herz ausschütten konnte. Und da Rumiko die einzige Außenstehende war, zu der er einen richtigen Bezug hatte, wollte er gerne mit ihr über all das sprechen. Einfach nur, damit er sich besser fühlte und von ihr wieder aufgebaut werden konnte und nicht immer diese Alpträume haben musste. Schon damals war sie für ihn da gewesen und hatte ihn aufgebaut und ihn beschützt. Und nun, da er trotz der glücklichen Beziehung mit L noch mit dieser Sache zu kämpfen hatte, brauchte er sie als Ansprechpartner. Einfach nur, um einen Weg zu finden, damit endlich abschließen und nachts ruhig schlafen zu können, ohne von dieser grausamen Folter und der Vergewaltigung zu träumen. „Und wie geht es dir denn so?“ Doch Rumiko antwortete nicht auf die Frage, denn sie sah, dass Beyond von seinen Gefühlen endgültig überwältigt wurde und besorgt strich sie ihm über die Wange und wischte eine Träne aus seinen Augenwinkeln. Sie sah den tief sitzenden Schmerz und dass irgendetwas Schreckliches passiert sein musste. „Beyond… was ist los mit dir? Sag schon, ist irgendetwas passiert?“ Immer noch hielt sie seine Hand und drückte diese nun fester. Er wich ihrem Blick aus und brachte kein Wort hervor. Rumiko ahnte, dass es etwas war, worüber er nicht hier sprechen wollte. Also musste etwas wirklich Furchtbares passiert sein. „Hattest du einen Rückfall?“ „Nein…“, murmelte er und schüttelte den Kopf. „Es ist etwas schwierig, darüber zu sprechen.“ „Sollen wir im Hotel darüber sprechen? Jamie wartet dort sowieso schon und er wird sich sicherlich freuen, dich nach all der Zeit wiederzusehen.“ Doch Beyond lehnte ab. Er fühlte sich noch nicht wirklich bereit dazu, jetzt schon mit ihr darüber zu reden und außerdem trafen sie sich nach knapp eineinhalb Jahren das erste Mal wieder. Da wollte er sie nicht gleich schon mit solchen Dingen belasten. „Vielleicht können wir ja ein anderes Mal darüber sprechen. Sag mal, wieso bist du überhaupt hier in Japan?“ „Na warum wohl? Ich wollte doch sehen, wie es dir geht und was du so machst. War ja auch nicht sonderlich schwer, dich zu finden. Ich hab den Zentralcomputer der Los Angeles Fluggesellschaft geknackt und gesehen, dass ein gewisser Rue Ryuzaki nach Japan fliegt. Du vergisst, dass wir beide auf denselben Level sind und ich deine Decknamen in und auswendig kenne. Auf den Kopf gefallen bin ich jedenfalls nicht! Außerdem hat Jamie oft nach dir gefragt. Von selbst meldest du dich ja nie.“ Schuldbewusst wich Beyond ihrem Blick aus und sagte nichts. Zugegeben, es war nicht ganz richtig gewesen, einfach so abzuhauen, ohne etwas zu sagen und dann auch noch monatelang kein Lebenszeichen von sich zu geben. Da war es nur verständlich gewesen, dass Rumiko sich Sorgen um ihn machte. Aber sie war ihm nicht böse drum, denn nun wusste sie ja, dass er noch am leben war und es ihm gut ging. „Und bist du glücklich mit deiner Beziehung?“ fragte sie überraschend und sah ihn fragend an. Diese Frage verwunderte ihn, aber da er gerade so reagiert hatte, musste sie wohl denken, dass seine Probleme in der Beziehung lagen. „Natürlich bin ich glücklich. Er liebt mich wie ich bin und er würde mich genauso beschützen wie ich ihn. Es sind einige andere Sachen passiert, aber darüber können wir ein anderes Mal sprechen. Wie lange bleibst du denn mit Jamie in Japan?“ „Das weiß ich noch nicht genau. Vielleicht ein oder zwei Wochen. Und ich hoffe natürlich, dass du mir irgendwann mal deine große Liebe vorstellst.“ „Na, das ist ja wohl selbstverständlich. Aber ich muss jetzt auch gleich langsam zur Apotheke und ein paar Sachen besorgen gehen.“ Rumiko nickte und trank ihren Kaffee aus, dann holte sie aus ihrer Handtasche einen Zettel und einen Stift hervor und schrieb den Namen des Hotels auf, in welchem sie zurzeit wohnte und auch die Zimmernummer. „Du kannst mich jederzeit auf dem Handy erreichen, wenn du irgendetwas hast. Und vielleicht können wir beide mal wieder nach langer Zeit ein Duett spielen.“ Ja, das wäre wirklich eine tolle Idee. Nachdem sie bezahlt hatten, erhoben sie sich von ihren Plätzen und Rumiko begleitete Beyond noch ein wenig. Da es draußen ziemlich kalt war und der Wind nun stärker wehte, legte sie ihm ihren Schal um. „Du musst dich schon wärmer anziehen, sonst wirst du noch krank.“ „Ich bin kein kleines Kind mehr…“ Aber trotzdem ließ er sich den Schal umlegen und gemeinsam gingen sie zur Apotheke. Rumiko erzählte von ihrer Arbeit in der Schule und dass ihr Musikkurs an einem nationalen Gesangswettbewerb teilgenommen und sogar gewonnen hätte. Außerdem erzählte sie, was Jamie seitdem gemacht hatte und Beyond hörte ihr aufmerksam zu. Es tat wirklich gut, mit ihr zu reden. Mit L konnte er zwar auch über alles reden wenn er wollte, aber sie hockten auch den ganzen Tag aufeinander und da tat es auch mal gut, einen anderen Gesprächspartner zu haben. Und da Beyond sonst zu niemandem Vertrauen hatte und eine allgemeine Antipathie gegen Menschen hegte, blieb eigentlich nur Rumiko. Sie, die ihn schon damals immer vor seinem Vater beschützt und ihn aufgemuntert hatte, als seine Mutter gestorben war. Manchmal merkte er schon, dass er ihr eigentlich mehr danken sollte für das, was sie für ihn tat. Als er aus dem Waisenhaus abgehauen war, nachdem A Selbstmord begangen hatte, da hatte sie ihn ohne zu zögern sofort bei sich aufgenommen und sich um ihn gekümmert. Ohne sie hätte er vielleicht schon längst aufgegeben, oder wäre A vielleicht sogar in den Tod gefolgt. „Rumiko, ich bin dir echt dankbar für alles, was du für mich getan hast. Ohne dich wäre ich vielleicht jetzt nicht hier. Egal was war, du warst immer da, wenn ich jemanden gebraucht hatte.“ Sie lächelte und legte einen Arm um ihn. „Das ist doch selbstverständlich, dass ich für dich da bin. Aber irgendwie bist du ganz anders als vor eineinhalb Jahren, kann das sein?“ „Echt? Wie anders?“ „Du bist viel offener geworden und bist nicht mehr ganz so introvertiert und mürrisch wie sonst. Ich weiß nicht woran das liegt. Vielleicht an deinem Freund, den du mir hoffentlich bald vorstellen wirst. Wenn dem so ist, dann hat er wirklich Talent darin, dich ein wenig aufzutauen und die Beziehung scheint dir ja offenbar richtig gut zu tun. Vor allem nach diesem tragischen Selbstmord, von dem du mir erzählt hast. Wer weiß, vielleicht entwickelst du dich ja zu einem richtig lieben Kerl.“ Er runzelte die Stirn, als er das hörte und schüttelte den Kopf. So ein Unsinn. Nie und nimmer würde er sich in die Richtung verändern. Schon immer hatte er wenig für diese verlogene Rasse übrig, die sich Homo Sapiens schimpfte. Die Menschen hatten ihn immer wie einen Freak oder wie ein Monster behandelt, obwohl sie ihn nicht einmal kannten. Sie hatten ihn immer schon ausgeschlossen, weil er anders war. Und außerdem konnte er diese eine Sache mit seinen Eltern nicht vergessen. Das hatte ihn gezeichnet und er würde es niemals vergessen können. Als könnte Rumiko seine Gedanken lesen, hakte sie sich bei ihm ein und hielt ihn fest. „Du solltest langsam mit der Vergangenheit abschließen. Wir alle haben es nicht leicht gehabt und jeder von uns hat es irgendwie geschafft, nicht den Mut zu verlieren. Was dein Vater getan hat, war wirklich schlimm und das mit deiner Mutter war sowieso unverzeihlich. Aber sie sind tot und du bist frei von ihnen, genauso wie ich frei von meiner Familie bin. Und solange wir jemanden haben, der uns so liebt wie wir sind, können wir nach vorne blicken. Findest du nicht auch?“ Ja, da hatte sie recht. Seit er mit L zusammen war, hatte er endlich mit A’s Tod abschließen und diese Liebe zu L endlich zulassen können, anstatt immer nur vor seinen Gefühlen davonzulaufen. Und seit er zu seinen Gefühlen stand und glücklich war, hatte er auch seine Persönlichkeitsstörung im Griff. Nicht ein einziges Mal war seine monströse Seite zum Vorschein gekommen. Nun ja, bis auf das eine Mal, als er sich in der Gewalt von Sam und Clear befand. Da hatte er kurzzeitig die Kontrolle verloren und war durchgedreht. Aber selbst da hatte er es geschafft, wieder zu Verstand zu kommen, weil der Gedanke an L ihm Kraft gegeben hatte. Und das hatte er noch nie geschafft. Ansonsten war es entweder A oder L gewesen, die ihn wieder zur Vernunft gebracht hatten. „Du hast ja Recht, aber… du weißt doch selbst, wie schwer es für uns beide ist, normal unter Menschen zu leben, wenn wir so oft mit dem Tod konfrontiert werden. Und du weißt selbst, wie die meisten auf mich reagieren.“ Da konnte sie leider nicht viel entgegensetzen und sie wusste auch, dass er all diese schweren Traumata, Zurückweisungen und Ausgrenzungen nicht so leicht verarbeiten konnte. Alles hatte bei ihm Spuren hinterlassen und ihn zu dem Menschen gemacht, der er heute war: ein verschlossener Menschenfeind, der sich nur jenen öffnen konnte, die er liebte. Sie wusste auch, dass sie ihn nicht ändern konnte, aber das war nicht schlimm. Solange es ihm gut ging und er nicht so alleine war, brauchte sie sich wenigstens keine Sorgen um ihn machen. „Wie lange seid ihr denn schon zusammen?“ Da musste Beyond erst mal überlegen. „Knapp eineinhalb Monate, also noch nicht sehr lange. Davor haben wir aber schon zweieinhalb Monate zusammengewohnt. Nun ja, mehr oder weniger… Am Anfang haben wir uns nur gestritten und jedes Mal, wenn wir uns gesehen haben, flogen die Fetzen, wobei aber besonders ich verantwortlich war. Aber er hat sich trotzdem nicht abschrecken lassen. Nicht einmal, als ich wieder einen Rückfall gehabt habe. Zwar hab ich ihn ziemlich übel zugerichtet, aber er hat mich trotzdem nicht aufgegeben. Egal was auch war, er ist bei mir geblieben.“ Rumiko lächelte, als sie das hörte und man sah ihr auch an, dass sie sich sehr für ihn freute. „Weißt du, ich hatte schon echt Angst gehabt, dass du endgültig deinen Lebenswillen verlierst und vielleicht tot sein könntest. Aber wenn ich dich so sehe und wie du strahlst, wenn du von deinem Freund redest, da bin ich wirklich erleichtert und… und…“ Sie schaffte es nicht, weiter zu sprechen. Sie blieb stehen und musste sich die Tränen aus den Augenwinkeln wegwischen, bevor noch ihr Make-up verlaufen konnte. Beyond legte tröstend einen Arm um sie, doch da umarmte sie ihn auch schon und konnte nicht aufhören zu schluchzen. Sie drückte ihn fest an sich und ihr Körper zitterte regelrecht. „Bitte mach so etwas nie wieder, ja? Ich hatte solche Angst, dass ich dich nie wieder sehe.“ Irgendwie plagte ihn schon das schlechte Gewissen, dass sie sich seinetwegen so große Sorgen gemacht hatte. Das hatte er doch gar nicht gewollt. Aber was sollte er denn auch anderes erwarten, wenn er einfach so klammheimlich verschwand, ohne eine Nachricht zu hinterlassen? Aber irgendwie hatte er das Gefühl gehabt, als wäre da einfach kein Platz für ihn, weil Rumiko ihr eigenes Leben hatte und er nicht in dieses hineingehörte. „Entschuldige, ich wollte nicht, dass du dir solche Sorgen um mich machst. Ich dachte einfach, es wäre besser, wenn ich nicht mehr da bin. Du hast doch dein eigenes Leben. Und da ist eben kein Platz für mich.“ „So ein Unsinn. Bei mir wirst du immer einen Platz haben, ganz egal was auch passiert. Ich werde immer für dich da sein, okay? Wenn du Probleme hast oder einfach nur reden möchtest, dann sprich mit mir darüber.“ Beyond versprach es und konnte die 26-jährige Halbjapanerin damit wieder beruhigen. Schließlich betraten sie die Apotheke und Beyond kaufte dort ein paar einfache Medikamente gegen Erkältung und leichtes Fieber. Als sie wieder nach draußen in die Kälte gingen, verabschiedeten sie sich voneinander. Rumiko strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht und sah ihm in die Augen. Ihr Blick hatte etwas so Tiefgründiges, dass man sich darin verlieren konnte und das Rot der Abenddämmerung in ihren Augen wirkte so beruhigend. „Versprich mir, dass du dich bei mir meldest, okay? Egal was dir da auf dem Herzen liegt, du kannst mit mir darüber sprechen. Du weißt, ich bin für dich da und ich hab immer ein offenes Ohr für dich.“ Er versprach es und damit nahmen sie Abschied voneinander. Beyond sah ihr noch nach, wie sie die Straße entlang ging und wie ihr langes goldblondes Haar im Wind wehte. Irgendwie schien sie mit jedem weiteren Jahr nur noch schöner zu werden. So eine wie sie hätte locker zwanzig Männer an jedem Finger haben können, wenn sie denn gewollt hätte. Aber auch sie hatte es nicht leicht im Leben gehabt. Auch sie trug ihre unzähligen Wunden in ihrem Inneren und versuchte trotzdem stark zu bleiben für die Menschen, die sie liebte. Sie hatte auch an ihrem Körper Narben, die sie vor anderen versteckte und die sie an schreckliche Dinge erinnerten, die ihr widerfahren waren. Genauso wie Beyond unmöglich Vertrauen zu anderen Menschen fassen und sich ihnen öffnen konnte, so erging es ihr mit der Männerwelt. Und ohne Jamie hätte sie wahrscheinlich auch irgendwann den gleichen Weg wie Beyond eingeschlagen und angefangen, die Menschen zu hassen und zu verachten. Er hatte sie schon damals für ihre unglaubliche Willensstärke bewundert und für ihren enormen Kampfgeist. Immerzu hatte sie ihn beschützt und ihm beigestanden und das bis zu einem Punkt, an dem sie selbst zusammenzubrechen drohte. Deshalb musste er sich von ihr distanzieren: weil er nicht wollte, dass sie seinetwegen zusammenbrach und dann noch genauso wie er wurde. Das wollte er einfach nicht. Sie sollte immer die Rumiko bleiben, die er kannte und sich niemals verändern. Aber es gab noch einen Grund, warum er nicht mehr bei ihr bleiben konnte und deshalb auch abgehauen war, ohne auch nur ein Wort zu sagen: er hatte Angst gehabt, sie zu verletzen. Denn sie war nicht in der Lage, ihn wieder unter Kontrolle zu bringen, wenn das Monster in ihm die Oberhand übernahm, aus welchem Grund auch immer. Und die Verletzung, die er ihr zugefügt hatte, war bis heute noch zu sehen und würde für immer eine Narbe hinterlassen. Eine Narbe, die ihn immer daran erinnern würde, zu was er fähig war, wenn er es nicht schaffte, die Kontrolle zu behalten. Sie würde ihm immer vor Augen halten, dass er in diesem Zustand sogar jene töten würde, die er eigentlich schützen wollte. Hätte sie ihn damals nicht niedergeschlagen und eingesperrt, er hätte sie eigenhändig getötet. Aber sie hatte ihm trotzdem nie Vorwürfe gemacht deswegen, weil sie wusste, dass er nichts dafür konnte und selbst damit zu kämpfen hatte. Er musste damit leben, dass er eine Gefahr für andere Menschen war, deshalb hatte er sich entschieden, ein Leben als Einzelgänger zu fristen, um sich selbst und auch alle um sich herum zu schützen. Und weil er nicht wollte, dass Rumiko seinetwegen in Gefahr geriet, hatte er sich von ihr distanzieren müssen. Aber jetzt, da er dank L sein Problem wieder im Griff hatte und mit der Ausnahme von seinem einen Rückfall bei Clear auch keine starken Gefühlsschwankungen mehr hatte, konnte er es vielleicht wieder wagen. Wenn er ehrlich war, hatte er Rumiko schon vermisst und ein schlechtes Gewissen gehabt, weil er einfach so gegangen war, ohne etwas zu sagen. Zwar war er ein erwachsener Mann und ihr streng genommen keine Rechenschaft schuldig, aber sie hatte schon so viel für ihn getan und sie sorgte sich eben sehr um ihn. Auf jeden Fall musste er sie noch mal besuchen und mit ihr reden. Und er wollte natürlich auch Jamie ein Mal wenigstens wieder sehen, wenn Rumiko ihn schon nach Japan mitgenommen hatte. Und natürlich musste sie L kennen lernen. Doch wie sollte er das mit L anstellen? Er wollte ihn schon ganz gerne überraschen und er wollte auch schon, dass sich beide zu einem guten Zeitpunkt kennen lernten. Bei Rumiko machte er sich ja keine Sorgen, denn obwohl sie gegen Männer eine Antipathie hegte, würde sie L allein schon deshalb offenherzig und freundlich begegnen, weil er für Beyond der wichtigste Mensch im Leben war. Aber was L betraf, da war sich der Serienmörder noch nicht so ganz sicher. L war nicht gerade das, was man als absoluten Charmebolzen bezeichnen würde. Und mit seiner Art würde er Rumiko schon recht schnell vor den Kopf stoßen und dann waren die Probleme nur vorprogrammiert. Und Beyond war es schon sehr wichtig, dass Rumiko L gerne hatte. Das Beste war wohl, wenn er es ganz langsam und vorsichtig mit den beiden anging. Dann könnte ja doch eigentlich nichts schief gehen. Zumindest dachte er das, denn er wusste zum einen noch nicht, dass L ihm hinterherspionierte und er kannte noch nicht den wahren Grund, wieso Rumiko extra nach Japan gekommen war, um ihn zu treffen. Und noch ahnte er nicht, dass es noch allerhand Komplikationen geben würde. Kapitel 4: L's Eifersucht ------------------------- Als Beyond wieder zurück war, brauchte er dringend einen heißen Tee, um sich aufzuwärmen. Obwohl Rumiko ihm ihren Schal geliehen hatte, war er komplett durchgefroren und fand nach einiger Zeit L im japanischen Zimmer unter dem Heiztisch liegend. Dieser war inzwischen zu ihrem gemeinsamen Lieblingsobjekt im Haus geworden, da es schön kuschelig warm war und man es dort auch gemütlich hatte. „Bin wieder da!“ rief Beyond und legte seine Jacke ab. L sagte nichts, aber ihm war schon anzusehen, dass ihn etwas beschäftigte. Doch der Serienmörder dachte sich nichts dabei. Mit Sicherheit hatte L wieder irgendeinen Fall, über den er nachgrübelte. In dem Falle brauchte man sich sowieso keine Gedanken zu machen. Beyond setzte sich zu ihm und holte die Medikamente aus der Tüte. „Sorry, dass es etwas gedauert hat. Ich hab dir etwas gegen deine Erkältung mitgebracht. Die nimmst du zwei Mal am Tag und wenn sich deine Temperatur erhöhen sollte, hab ich auch was gegen Fieber.“ Doch der Detektiv mit den Pandaaugen reagierte gar nicht darauf, was er sagte und so langsam merkte auch Beyond, dass da eine ganz seltsame Atmosphäre herrschte. Er sah ihn wieder mit diesem bohrenden Blick an, als versuche er seine Gedanken zu lesen. Und diesen Blick mochte der Serienmörder nicht, denn so starrte L immer seine Verdächtigen an. Etwas genervt seufzte der BB-Mörder und fragte „Welche Laus ist dir denn schon wieder über die Leber gelaufen?“ Doch immer noch sagte L nichts und schien irgendwie gereizt zu sein. So langsam wurde Beyond unruhig und hatte auch keine Lust darauf, jetzt auch noch Stress mit ihm zu haben. „Jetzt sag schon, was mit dir los ist. Ich hab echt keinen Nerv darauf, deine schlechte Laune auszubaden.“ „Wie war denn das Treffen mit deinem Bekannten?“ Ach daher wehte also der Wind. War L etwa eifersüchtig? Dazu hatte er doch keinen Grund. Nun gut, er kannte Rumiko nicht und wusste auch nichts über sie, aber er hätte auch so keinen Anlass zur Eifersucht. Beyond war schon insgeheim erleichtert, dass es L bloß darum ging. „Ganz wunderbar. Wir haben uns gut unterhalten, aber es war ein recht kurzes Treffen.“ Doch immer noch schien L etwas zu beschäftigen. Was war nur mit ihm los und wieso sah er so aus, als würde er gleich laut losschreien? „Was für ein Verhältnis habt ihr zueinander?“ Nun war Beyond verwirrt und verstand die Frage nicht so ganz. Er sah L fragend an und legte den Kopf ein wenig zur Seite. „Wieso fragst du denn das?“ „Ist der Bekannte ein Mann oder eine Frau?“ „Warum zum Teufel interessiert dich das, ob mein alter Bekannter ein Mann oder eine Frau ist? Und was soll diese Befragung überhaupt? Soll das vielleicht ein Verhör werden oder so?“ „Du hast mir meine Frage nicht beantwortet.“ Nun reichte es Beyond endgültig. Schon schlimm genug, dass ihm vorhin wieder diese ganzen Erinnerungen mit Sam und Clear wieder hochkommen mussten, jetzt wollte L ihn auch noch ausfragen und das auch noch auf solch eine Art und Weise. Der hatte sie ja wohl nicht alle! „Das wird mir jetzt echt zu blöd, L. Was zum Henker ist denn dein Problem? Ich habe nur jemanden getroffen und mich unterhalten. Mehr war da nicht und ich verstehe nicht, wieso du gleich so ein Fass aufmachen musst. Glaubst du etwa, ich würde dich hintergehen? Du könntest mir echt mal ein wenig mehr Vertrauen entgegenbringen, findest du nicht auch? Krieg dich erst mal wieder ein, ich geh auf mein Zimmer. Du kannst gerne zu mir kommen, wenn du wieder zur Vernunft gekommen bist.“ Damit stand Beyond auf und verließ mit lauten Schritten das Zimmer, woraufhin er die Tür zuknallte. L blieb zurück und spürte, wie sein Frust und seine innere Unruhe immer stärker wurden. Warum hatte Beyond ihm denn nicht einfach seine Fragen beantwortet? Was verheimlichte er ihm denn nur und sagte nicht, wer diese Frau bei ihm war? Dieser Schal… L hob den Schal auf, den Beyond samt der Jacke hier gelassen hatte. An der Jacke klebte das eine oder andere blonde Haar und der Schal roch leicht nach Frauenparfum. Das war doch eindeutig ihr Schal! Wieso trug Beyond den Schal dieser Frau und warum sagte er nicht einfach, dass der Bekannte eine Frau war? Wo lag denn das Problem darin? Dass Beyond so gereizt reagierte, konnte vielleicht ein Anzeichen dafür sein, dass er sich mit diesen Fragen in die Ecke gedrängt fühlte und somit wohl tatsächlich etwas mit dieser Frau hatte. Am liebsten hätte L diesen verdammten Schal entsorgt oder gleich verbrannt, allein nur um jegliche Andenken an diese Person zu vernichten. Diese Frau war doch nicht bloß eine Bekannte, das hatte er ganz deutlich gesehen. Sie und Beyond hatten ein enges Verhältnis zueinander, sonst hätten sie nicht im Cafe Händchen gehalten und sich auch nicht so innig umarmt. Da war deutlich mehr zwischen ihnen und L musste unbedingt mehr über diese Frau herausfinden. Dummerweise hatte er nicht mal ihren Namen, aber… vielleicht gelang es ihm, an Beyonds Handy zu kommen und über die Handynummer herauszufinden, wer diese Frau war. Ihr Aussehen alleine genügte leider nicht, denn im Gegensatz zu Beyond hatte er kein Shinigami-Augenlicht. Zuerst aber beschloss er, das nähere Umfeld zu durchleuchten. Vielleicht war diese Frau ja eine Bekannte aus Kindertagen. Also verließ L das japanische Zimmer und verschwand in sein Arbeitszimmer, wo einzig und allein die diversen Monitore eine Lichtquelle ausstrahlten. Er begann als Erstes Beyonds Akte zu durchleuchten, die Watari ihm vor einiger Zeit gegeben hatte. Dort standen alle Informationen über die Familie Birthday drin. Viel gab es allerdings nicht darin. Beyonds Vater William war arbeitsloser Alkoholiker gewesen und es gab damals Gerüchte, dass er seine Familie schlug, wenn er betrunken war. Er war schließlich bei einem Überfall erschossen worden und Cassandra Birthday war Kassiererin in einem Supermarkt gewesen, die unter schweren Depressionen gelitten und schließlich auch einen schweren Nervenzusammenbruch gehabt hatte. Sie beging Selbstmord, indem sie vor einen Zug sprang. Aber ansonsten hatten die Birthdays keine anderen Kinder gehabt und andere Verwandte gab es nicht. Höchstens einen Großvater namens Crimson, der aber schon längst verstorben war und zudem keinen Kontakt zur Familie gehabt hatte. Also war es ausgeschlossen, dass diese Frau eine Verwandte war. Wenn sie seine Schwester oder seine Cousine gewesen wäre, dann hätte Beyond es doch auch gesagt. Aber… sie sah auch nicht danach aus, als wären die beiden verwandt. Sie sah aus, als wäre sie teils asiatischer Abstammung, vermutlich chinesisch oder japanisch. Sollte er wirklich noch weiter gehen und Beyonds Handy ausspionieren? Wenn er dahinter kam, würde es noch ordentlich Krach geben. Aber was sollte er denn sonst machen, wenn Beyond schon nicht darüber sprechen wollte? Er steckte in einer mentalen Sackgasse und brauchte dringend einen Rat. L holte ein Handy hervor und rief Hester an. Diese war noch im Urlaub, war aber trotzdem jederzeit für L erreichbar und klang gut gelaunt. Im Hintergrund konnte er rauschendes Wasser hören. „Hester, wo bist du gerade?“ „Drei Mal darfst du raten: Ich mach gerade einen Ausflug zu den Niagarafällen. Absolut traumhaft. Aber sag schon, du klingst irgendwie ein wenig seltsam. Hast du Probleme?“ Der Detektiv erzählte ihr von Beyonds Treffen mit der ominösen Bekannten und wie vertraut sie miteinander umgegangen waren. Auch dass Beyond einfach abgehauen und total gereizt reagiert hatte. Eine Zeit lang schwieg Hester am anderen Ende der Leitung und schien nachzudenken. Dann aber hatte sie offenbar die richtigen Worte gefunden. „Also ich finde auch, dass du total überreagiert hast. Du verhörst ihn regelrecht und da ist es doch kein Wunder, dass er sauer wird. Du kennst ihn doch. Aber was die Frau betrifft…“ „Weißt du etwas über sie?“ Doch Hester musste wieder überlegen, da sie sich anscheinend nicht so ganz richtig erinnern konnte, was vor zehn Jahren genau war. „Nun ja, ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, ob es die gleiche Frau ist, aber ich hab sie nur ein Mal kurz gesehen. Damals war Beyond 15 Jahre alt, als er das Waisenhaus verlassen hat. Er ist in einer Nacht- und Nebelaktion abgehauen, aber ich habe ein Mädchen mit blonden langen Haaren und einer roten Schleife im Haar gesehen. Sie hat ihn in den Arm genommen und ist mit ihm weggegangen. Ich dachte zuerst, es wäre eine nahe Verwandte von ihm, aber da ich durch seine Akte weiß, dass er Einzelkind war und keine entfernten Verwandten hat, scheint sie wohl eine Freundin zu sein. Oder zumindest etwas in der Art.“ Diese Frau kannte Beyond also schon seit Jahren und hatte ihn auch begleitet, als er Wammys House verlassen hatte. „Du weißt aber nichts Näheres über sie?“ „Ich bin mir nicht sicher. Hast du vielleicht ein Foto von ihr, welches du mir schicken könntest? Wenn sie mal als Patientin bei mir im Krankenhaus war, müsste ich sie eigentlich wieder erkennen.“ Zum Glück hatte L daran gedacht und schickte Hester ein Foto von der Frau als Anhang einer E-Mail. Kurz darauf rief die Ärztin, als sie die Mail geöffnet hatte „Ach ja, die ist es also!“ Ihre Reaktion konnte nur bedeuten, dass sie wusste, wer die Frau war. L war gespannt und wollte sofort mehr wissen und fragte schon ungeduldig „Wer ist sie?“ „Ihr Name war Yumiko Karasuma, sie war bei uns im Krankenhaus und litt an Leukämie. Sie war die Tochter einer sehr einflussreichen und wohlhabenden japanischen Geschäftsfamilie, von denen aber inzwischen keiner mehr lebt. Yumiko studierte an der Harvard Universität und kam dann ins Krankenhaus. Sie ist allerdings verstorben, weil die Krankheit trotz mehrfacher Knochenmarkspende wieder ausgebrochen ist und ihr nicht mehr geholfen werden konnte.“ „Wann ist sie gestorben?“ „Puh, das ist schon recht lange her. Ich glaube, sie war da 16 oder 17 Jahre alt.“ „Hatte sie eine Schwester oder eine Cousine, die ihr ähnlich sehen könnte?“ Hester musste wieder überlegen, denn sie hatte unzählige Patienten mit Krebs- oder Tumorerkrankungen. Da war es nicht immer so einfach, sich an alle genauen Einzelheiten zu erinnern. „Soweit ich weiß, hatte sie eine Zwillingsschwester namens Rumiko. Nein warte… Rumiko hatte immer die rote Schleife im Haar getragen. Dann ist die Frau auf dem Bild also Yumikos Zwillingsschwester und damit die letzte Angehörige der Karasuma-Familie. Und dann war sie es auch gewesen, die ich vor zehn Jahren mit Beyond zusammen gesehen habe. Wenn es wirklich Rumiko Karasuma ist, dann hat Beyond eine steinreiche Bekannte.“ Also eine reiche Erbin, die die letzte einer millionenschweren Geschäftsfamilie war. Irgendwie passte das immer weniger mit Beyond zusammen. Wie sollten die sich denn kennen gelernt haben, wenn Rumiko und ihre Schwester in Japan gelebt hatten? Und überhaupt: was hatte Beyond denn mit solch einer Frau zu schaffen? Das alles wurde immer rätselhafter und er blickte da nicht so wirklich durch. Er bedankte sich bei Hester für die hilfreichen Informationen und wünschte ihr noch einen schönen Urlaub, dann setzte er seine Recherchen weiter fort. Irgendwo musste er etwas übersehen haben. Es musste irgendwo einen Hinweis darauf geben, wo sich Beyond und Rumiko kennen gelernt hatten und was sie miteinander zu schaffen hatten. Fakt war jedenfalls, dass diese Frau ihn seit mindestens zehn Jahren kannte und nach Beyonds Aussage hatte sie ihm geholfen, aus dem Gefängnis zu fliehen und Kiras Säuberungsaktionen zu entkommen, indem sie seinen Tod vortäuschte. Und das würde sie wohl kaum machen, wenn sie ihn nicht gut genug kennen würde. L ließ sich von Watari ein Stück Torte und einen Kaffee dazu bringen, dann setzte er seine Nachforschungen weiter fort. Jetzt, da er den Namen dieser Frau hatte, war es ein leichtes für ihn, mehr über sie herauszufinden. Er konnte in weniger als zwei Stunden alles über einen Menschen herausfinden und sein ganzes Leben offen darlegen. Es gehörte zu den einfachsten Routinen für ihn. Doch er musste bald feststellen, dass Rumikos Geschichte diverse Lücken hatte. Über die ersten 9 Jahre ihres Lebens war nichts dergleichen vermerkt und auf den Klassenfotos war nur eine der Schwestern abgebildet und er konnte unmöglich feststellen, ob es nun Rumiko oder Yumiko war. Mit 13 Jahren hatte Rumiko bereits die Yale Universität besucht und dort Musik und Pädagogik studiert, um Musiklehrerin zu werden. Sie hatte auch einige Talentwettbewerbe gewonnen und mit 16 Jahren ein Medizinstudium begonnen. Kurz vor dem Tod ihrer Schwester hatte sie es aber abgebrochen und war komplett von der Bildfläche verschwunden. Nach dem Tod ihrer Familie verkaufte sie die Firma und machte alles zu Geld, was man zu Geld machen konnte. Zu dem Zeitpunkt war sie knapp 19 Jahre alt und verschwand dann aber auch wieder spurlos. Knapp sieben bis zehn Jahre hörte man rein gar nichts von ihr und es gab keine Informationen über sie während dieser Zeit. Aber dann hieß es, dass sie in Los Angeles an einer Middle School Musik unterrichte. Insgesamt also gab es zwei große Lücken in ihrem Lebenslauf. Die erste beinhaltete ihre ersten neun Lebensjahre und die zweite Lücke belief sich von ihrem 16. bis zu ihrem 23. Jahr. Über ihr Privatleben selbst konnte er nicht sonderlich viel herausfinden. Sie verstand es allem Anschein nach, Informationen über ihr Privatleben geheim zu halten und somit zu verhindern, dass irgendjemand zu viel erfahren konnte. Das war umso verdächtiger. Insgesamt fehlten Informationen von gut 16 Jahren in ihrem Lebenslauf und egal wie viel L auch nachforschte und wie viele Systeme er hackte, er konnte rein gar nichts über sie während dieser Zeit herausfinden. Als hätte sie in diesen Jahren rein gar nicht existiert. Da war doch etwas faul. Und außerdem beschäftigte ihn diese zweite Lücke. Beyond war mit 15 Jahren aus dem Waisenhaus verschwunden, Rumiko war zu dem Zeitpunkt 16 Jahre alt. Also war sie verschwunden, kurz nachdem sie ihn heimlich am Waisenhaus getroffen hatte. Ob sie zusammen mit ihm untergetaucht war? Aber warum denn? Wieso nur hatte sie Beyond geholfen und warum waren sie so vertraut miteinander? L erkannte, dass er an einem Punkt angekommen war, an dem ihm seine Recherchen per Computer so schnell nicht weiterbringen würden. Wenn er Informationen haben wollte, gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie selbst oder aber Beyond. „L…“ Als der Detektiv Beyonds Stimme hörte, schrak er innerlich zusammen und schloss sofort sämtliche Informationen zu Rumiko Karasuma. Wenn Beyond das hier noch sah, wäre endgültig die Hölle los. Und das wollte er lieber nicht riskieren. Der Serienmörder hatte sich offenbar wieder beruhigt und setzte sich neben L hin, wobei er genau die gleiche Pose einnahm. Er sah nachdenklich, aber auch unglücklich und gekränkt aus. „Sei mal ehrlich, L: was ist dein Problem, dass ich jemanden von früher kenne, für den ich nicht genauso Hass empfinde wie für alle anderen Menschen? Wenn ich ein ganz normaler Mensch wäre, dann hätte ich vielleicht viele in meinem Umfeld, mit denen ich mich gut verstehen würde. Würdest du etwa bei jedem so eifersüchtig reagieren?“ Das ist es doch gar nicht, dachte L und wich seinem Blick aus. Ich hab sie doch gesehen. Sie ist allein schon optisch der Traum eines jeden Mannes und ich mag es einfach nicht, dass sie dich umarmt, dir durchs Haar streicht und dir auch noch ihren Schal umlegt, als wärt ihr beide ein Paar. Das ist es, was mich so stört. Sie macht sich doch an dich ran, merkst du das denn nicht? Beyond, der offenbar auf eine Antwort gehofft hatte, wurde enttäuscht und sein Ton nahm wieder etwas Enttäuschtes und leicht Verärgertes an. „Wenn du nicht mit mir vernünftig darüber reden willst, dann kann ich dir auch nicht weiterhelfen. Ich finde es nur echt zum Kotzen, dass du mir anscheinend alles zutraust! Du kannst mir einfach nicht vertrauen, obwohl du weißt, dass ich dich über alles liebe und dir niemals wehtun würde. Weißt du, das ist genau das, was mich manchmal so an dir nervt: du behandelst mich wie einen deiner üblichen Verdächtigen und dabei sind wir beide zusammen. Dass du null Erfahrung mit so etwas hast und fast genauso sozialinkompetent bist wie ich, das weiß ich und verstehe ich ja auch. Aber dass du mir allen Ernstes zutraust, dass ich mit dem Nächstbesten fremdgehe, das finde ich absolut ungerecht und darauf habe ich echt keine Lust. Weißt du, eine funktionierende Beziehung beruht auf Vertrauen. Ich für meinen Teil vertraue dir, obwohl es vielleicht nicht immer den Anschein danach hat. Aber ich liebe dich und ich weiß, dass du mich niemals betrügen würdest.“ L sagte immer noch nichts und sah Beyond nicht einmal an. Es war nicht so, dass er nichts sagen wollte, aber er fand einfach nicht die richtigen Worte und er wusste, dass er etwas getan hatte, was nicht richtig war. Er misstraute Beyond und mit seinen Aktionen hatte er einen großen Vertrauensbruch begangen. Im Grunde stimmte es ja. Beyond war kein üblicher Verdächtiger oder irgendeine Schachfigur in seinen Fällen und deshalb durfte er ihn auch nicht so behandeln. Sonst würde er ihn vielleicht eines Tages verlieren. Aber L wusste doch selbst nicht, warum es ihm so schwer fiel, Beyond zu vertrauen, dass dieser ihn nicht betrügen würde und warum er unbedingt alles über diese Rumiko herausfinden musste. Er konnte einfach nicht mit diesem Gefühl umgehen. „Ich wollte dir nicht vor den Kopf stoßen“, sagte er schließlich und senkte den Blick. „Aber das alles hier war so merkwürdig. Ich erfahre erst heute, dass du ein Handy hast und darauf ist nur der Name einer einzigen Person eingespeichert. Und du zögerst keine Sekunde, um sie zu treffen, obwohl du für gewöhnlich den Kontakt zu Menschen meidest. Und dann kommst du nach Hause und hast einen Schal an, der nicht dir gehört. Was soll ich denn bitteschön denken? Ich meine, ich weiß doch selbst nicht genau, was mit mir los ist und wieso es mir so schwer fällt, dir in der Hinsicht zu vertrauen.“ Der BB-Mörder legte einen Arm um seine Schultern und betrachtete ihn nachdenklich. „Bist du etwa eifersüchtig?“ Unsicher zuckte L mit den Schultern. „Ich weiß es selbst nicht. Mich lässt diese Handygeschichte eben nicht los.“ Ebenso wenig auch die Tatsache, dass es eine so schöne Frau ist, mit der du dich so gut verstehst. Aber diesen Satz schluckte er wieder runter. Denn dann hätte Beyond ja erfahren, dass L ihm nachspioniert hatte und das wollte der Detektiv lieber vermeiden. Beyond seufzte und erwiderte „Es gibt einen ganz banalen Grund dafür, dass ich dir nie von dem Handy erzählt habe: ich habe einfach keinen Grund gesehen, weil wir sowieso immer zusammen sind. Wir sehen uns jeden Tag und da brauche ich eben kein Handy. Das alte Ding habe ich nur für Notfälle und ehrlich gesagt hatte ich es schon fast vergessen gehabt. Aber wenn es dir ein wenig inneren Frieden bringt, gebe ich dir meine Nummer.“ Ach Mensch, das ist es doch nicht, was mir solche Probleme bereitet, du Idiot. Ich will doch nur endlich wissen, was diese Frau von dir will. L fühlte sich irgendwie vollkommen hilflos und wusste nicht, was er tun sollte. Und das schien auch Beyond zu merken. Seine Gesichtszüge verhärteten sich und seine Augen nahmen einen kühlen Glanz an. Er stand auf, packte L am Arm und zog ihn hoch. Dieser war von der plötzlichen Entwicklung vollkommen überrascht und konnte dementsprechend nicht richtig reagieren. Was hatte Beyond jetzt vor und wieso sah er auf einmal wieder so kühl und abweisend aus? „Hey, was ist los mit dir? Was hast du vor?“ „Mitkommen.“ Das war das Einzige, was der Serienmörder sagte und da zerrte er ihn auch schon in Richtung Tür. Der Weg führte sie direkt in Beyonds Zimmer und L begann irgendwie schon zu ahnen, worauf das Ganze hinauslaufen sollte. „Moment mal, Beyond. Das ist doch…“ „Wer nicht hören will, der muss eben fühlen. Und da du dich nicht von Worten überzeugen lassen willst, muss ich eben Taten sprechen lassen, damit du endlich lernst, mir zu vertrauen.“ L schaffte es nicht, sich großartig zur Wehr zu setzen und wurde schon aufs Bett geschubst. Beyond selbst schloss die Tür hinter sich und begann in seinem Schrank zu kramen. Zuerst hatte L nur so eine Vermutung, was sein Lover da zu suchen hatte, aber als er dann die Fesseln und Lederriemen sah, kam ihm die Gewissheit, was gleich folgen würde. Kapitel 5: Eine Frage des Vertrauens ------------------------------------ Mit den Lederriemen und Fesseln in der Hand kam der Serienmörder auf ihn zu und L, der für gewöhnlich nichts dagegen hatte, sträubte sich dieses Mal davor. Es war nicht deshalb, weil er gleich gefesselt wurde und dann somit vollkommen wehrlos sein würde. Nein es war einfach nur wegen Beyond. Sein Verhalten machte ihm irgendwie Angst, denn es war nicht der Beyond, der er sonst war, wenn sie solche Momente teilten. In dieser Situation konnte L einfach nicht einschätzen, was gleich kommen würde und wie hart Beyond gegen ihn vorgehen würde. Genau aus diesem Grund sagte er sofort „Nein warte! Ich…“ Doch der Serienmörder ging konsequent vor und ließ keine Gnade walten. Er schaffte es mit Leichtigkeit, L zu überwältigen und ihm den Pullover auszuziehen und fesselte ihm sogleich die Hände auf dem Rücken, woraufhin er noch leichteres Spiel hatte, als er ihm die Hose auszog. Als er die Angst bei L sah, entspannten sich seine Gesichtszüge und diese harte und kaltherzige Seite schwand und die sanftere und einfühlsamere Seite kehrte langsam wieder zurück. Beyond gab ihm einen Kuss, dann verband er ihm die Augen und begann damit, ihm seine Beine anzuwinkeln und sie auf diese Weise mit Lederriemen zusammenzubinden. Auf diese Weise war der Detektiv kaum noch in der Lage, sich vernünftig zu bewegen, geschweige denn, sich zu wehren. Doch er versuchte immer noch verbalen Widerstand zu leisten. „Moment mal Beyond, warte! Das wollte ich ganz sicher nicht. Hey!“ Doch Beyond hörte nicht auf ihn und machte einfach weiter. Er brachte nur noch mehr Fesseln an, bis L sich nicht mal mehr einen Zentimeter bewegen konnte. So etwas hatte Beyond bis jetzt noch nie mit ihm gemacht. Nun gut, diese Fesselgeschichte war nichts Neues, aber er hatte immer noch genug Bewegungsfreiheit besessen, doch jetzt konnte er rein gar nichts mehr tun. Und das war ein beunruhigendes Gefühl. „Beyond, ich glaube, ich…“ Doch weiter kam der gefesselte Detektiv nicht, als Beyond ihn küsste und ihm somit die Möglichkeit nahm, weiterzusprechen. Es war ein zärtlicher, aber dennoch sehr leidenschaftlicher Kuss und L spürte langsam die Hitze aufsteigen. Ohne zu zögern erwiderte er Beyonds Kuss und allmählich wich seine Angst wieder, auch wenn es ihm immer noch unangenehm war, sich nicht bewegen zu können. Das war ein ganz neues Level als sonst und er fragte sich, warum Beyond das hier machte. Vielleicht, um die letzten Zweifel zu beseitigen und um zu beweisen, dass man ihm vertrauen konnte. „L, du weißt, dass ich nur dich liebe und niemand anderen auf der Welt sonst. Und wenn ich dich erst fesseln muss, damit du es verstehst.“ „Das ist es doch nicht!“ rief L und wünschte sich, er hätte wenigstens diese Augenbinde nicht auf, damit er Beyond zumindest in die Augen sehen konnte. Doch es hätte sowieso keinen Sinn, denn er wusste, dass er aus dieser Nummer nicht mehr raus kam. „Natürlich ist es das. Du kannst mir einfach nicht vertrauen. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als dir das Gegenteil zu beweisen, indem ich das hier mache.“ „Und mich zu fesseln soll helfen, dass ich dir vertraue?“ „Natürlich.“ Irgendwie sah L da nicht so wirklich die Logik, aber er wusste so oder so, dass Beyond nicht von seinem Vorhaben abzubringen war und so schwieg er einfach. Doch so wirklich konnte er sich nicht darauf einlassen. Er konnte nicht aufhören, an diese Rumiko Karasuma zu denken und sich zu fragen, was sie mit Beyond zu schaffen hatte. Und gleichzeitig plagte ihn auch das schlechte Gewissen. Im Grunde hatte er einen schweren Vertrauensbruch begangen und Beyond wirklich ungerecht behandelt. Was würde dieser wohl denken oder tun, wenn er das mit der Nachforschung erfuhr? Vielleicht würde es dann einen erheblichen Schatten über ihre Beziehung werfen. Und dabei hatten sie bereits so viele Probleme gemeistert. Aber L hatte einfach Angst davor, Beyond zu verlieren und dann wieder so alleine zu sein. Vorher hatte es ihm nie etwas ausgemacht, alleine zu sein, aber jetzt, da er jemanden hatte, der ihn aufrichtig liebte und den er ebenfalls von ganzem Herzen liebte, könnte er es nicht ertragen. Er wollte nie wieder so alleine sein wie all die Jahre zuvor und sein Leben nur damit verbringen, die Welt aus solch einer Distanz zu beobachten und Kriminalfälle zu lösen. Das hatte er so lange gemacht und natürlich hatte es ihm Spaß gemacht. Immerhin forderten solche Dinge seinen Intellekt und ein normales Leben als normaler Mensch wäre nichts für ihn gewesen. Er führte ja selbst jetzt noch diese Arbeit fort, aber er hatte in der Hinsicht kein Privatleben gehabt. Es gab nur den Detektiv L, aber der Mensch L Lawliet war immer zu kurz gekommen und erst dank Beyond hatte er gelernt, solche Gefühle wie Liebe zuzulassen. Und nun war er dabei, das alles zu zerstören, nur weil diese Frau da war. Was war er doch für ein unverbesserlicher Vollidiot. Beyond, der wohl zu spüren schien, was in L vor sich ging, strich sanft über seine Wange und begann seinen Hals zu küssen. „Weißt du L, als ich dich das erste Mal im Waisenhaus sah, da war ich von dir fasziniert. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber irgendwie hatte ich mich zu dir hingezogen gefühlt, weil ich glaubte, du könntest verstehen, wie ich mich fühle. Einfach weil du in der gleichen Lage warst. Wir beide hatten Angst davor, schwach zu sein und haben uns deshalb von der ganzen Welt distanziert. Du wolltest niemandem ein Angriffsziel bieten und ich wollte niemandem wehtun und niemanden sterben sehen, der mir wichtig ist. Ich habe mich wahrscheinlich deshalb mit dir so verbunden gefühlt und konnte nicht aufhören, an dich zu denken.“ Zärtlich küsste Beyond L’s Hals und strich ihm sanft über die Schulter hinunter zu seiner Brust. Der gefesselte Detektiv spürte, wie sein Herz schneller zu schlagen begann und ihm wurde warm zumute. Ein Kribbeln ging über seine Haut, als Beyonds Zunge über sein Ohr glitt und erfüllte ihn mit einem allzu vertrauten Gefühl. Und als er auch noch spürte, wie Beyond seine Brustwarzen knetete, da verlor L den letzten Rest seiner Widerstandskraft und wollte in diesem Moment auch nicht mehr darüber nachdenken, was ihn bis gerade eben noch so beschäftigt hatte. Er konnte keine Worte des Protests finden und so gab er sich einfach dem Moment hin und ließ Beyond bereitwillig in seiner Sache gewähren. Wieder küsste der Serienmörder seinen Hals an einer besonders sensiblen Stelle und wanderte dann langsam weiter L’s Körper hinunter und umspielte mit seiner Zunge die Brustwarzen. Dem Detektiv wurde heiß vor Erregung und sein Atem wurde lauter und schwerer. Irgendwie wurde ihm ganz seltsam zumute, ihm wurde schon fast schwindelig dabei und ihm war mit einem Male so heiß… Was war nur mit ihm los? Er kam gar nicht dazu, sich darüber Gedanken zu machen, als er einen leichten Stich verspürte, als Beyond seine Zähne sanft in seine Brust vergrub. L stöhnte auf und sein Körper wurde von einer heißen Welle der Lust ergriffen und das ließ Beyond nur noch direkter und leidenschaftlicher werden. Seine Hände wanderten langsam seine Taille hinab zu seinen Hüften und zärtlich küsste er L’s Bauchnabel. „Inzwischen müsstest du wissen, dass ich niemals genug von dir kriegen kann. In der Hinsicht bin ich einfach unersättlich.“ „Das merke ich… ah!“ Als Beyond mit seinen Fingernägeln über L’s Oberschenkel fuhr, bekam dieser eine Gänsehaut und ein elektrisierendes Kribbeln erfasste seinen Körper. Selbst wenn er gewollt hätte, wäre er nicht in der Lage gewesen, sich gegen sein immer stärker werdendes Verlangen zu wehren. Beyond kannte seinen Körper gut genug und wusste, wo L besonders empfindlich war. So konnte er mit Leichtigkeit seinen Dickschädel knacken und den eigensinnigen und sturen L dazu bringen, seinen Stolz abzulegen und sich gänzlich seinem Willen unterzuordnen. Beyond war in der Hinsicht besitzergreifend und genoss es auch, die Kontrolle über L’s Körper und seinem Willen zu haben. In solchen Momenten aber musste er dann wieder an Clear denken und wie dieser mit ihm gespielt und ihn gequält und erniedrigt hatte, um ihn seinen Willen aufzuzwingen. Beyond wurde dann manchmal von der quälenden Frage verfolgt, ob er nicht vielleicht genauso wie Clear war. Doch L hatte ihm klar gemacht, dass dem nicht so war, weil es bei ihnen einvernehmlich war und weil er Beyond vertraute. Und es gab noch einen gewaltigen Unterschied, den sich der Serienmörder immer vor Augen hielt: er würde L niemals so sehr wehtun, wie Clear ihm wehgetan hatte. Niemals sollte L genauso leiden und solch schreckliche Alpträume durchleben. Egal was dafür nötig war, er würde ihn mit seinem Leben beschützen und dafür sorgen, dass L der Mensch blieb, den er so sehr liebte und begehrte. Für ihn würde er alles tun und daran würde sich niemals etwas ändern. Er wollte nach A nicht auch noch L verlieren. Das könnte er einfach nicht ertragen. Seine Stimme begann zu zittern, als Beyond sich seiner unteren Hälfte widmete und mit seiner Zunge L’s bestes Stück umspielte, bevor er es vollständig in seinen Mund gleiten ließ. Für den gefesselten Detektiv war das zu viel. Es war so intensiv und überwältigend, dass er nicht damit umgehen konnte. Ein wohlig süßer Schauer überkam ihn und er begann zu keuchen. „Beyond… nicht… d-das…“ Er brachte kaum noch einen Satz zustande, er rang nach Luft und die Hitze in seinem Körper steigerte sich fast ins Unerträgliche. Sein Blut pulsierte mit ungeheurer Kraft in seinen Adern und kochte regelrecht. Ihm wurde wieder schwindelig und er war völlig benommen. Beyond selbst ging immer leidenschaftlicher vor und konnte sich gar nicht mehr bremsen, während L von dieser berauschenden Flutwelle der Lust erfasst wurde, die den letzten Gedanken an diese Frau auslöschte, wie auch jeden anderen Gedanken. Sein Körper war völlig außer Kontrolle geraten und verlangte nach mehr, während sein Geist wie gelähmt war. Auf diese Weise hatte Beyond leichtes Spiel mit ihm. Schließlich aber löste sich der Serienmörder wieder von ihm und er hob sich kurz vom Bett. L legte seinen Kopf ins Kissen und spürte, dass das Dröhnen in seinem Kopf stärker wurde. Irgendwie war ihm etwas seltsam zumute. Ob das von der Erregung kam, oder vielleicht doch von seiner Erkältung? Beyond kam schließlich wieder zurück und legte eine Hand auf L’s Oberschenkel und dann spürte der Detektiv ein zaghaftes Eindringen. Wieder überkam ihn ein Schauer und er stöhnte lustvoll, als Beyonds Finger ihn an einer besonders sensiblen Stelle berührte. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du immer empfindlicher wirst. Nicht, dass du noch kommst, bevor wir richtig loslegen.“ „Hö-hör… ah! Hör auf, immer so peinliche Sachen zu sagen, während du deine verdammten Finger in mich reinsteckst, du Pe- ah… ah… Perversling…“ Doch Beyond ließ nur ein leises Kichern vernehmen und machte einfach weiter. Er besaß wirklich wenig Feingefühl, was das betraf und seine Kommentare waren mehr als unmöglich! Und L wusste genau, dass dieser kleine schadenfrohe Sadist wieder so blöd vor sich hin grinste. „Du grinst doch schon wieder so abartig, oder?“ „Kann sein. Aber ich hab einfach Spaß daran, dich so zu sehen und dieses verlegene Gesicht steht dir ganz gut, mein Schnuckelhase.“ „Du sollst das doch mit den Spitznamen sein lassen!“ Aber es hatte sowieso keinen Zweck. Beyond würde ihn nur noch weiter ärgern und genau das machen, was er nicht machen sollte. Er ließ sich eben von niemandem Vorschriften machen und setzte stattdessen einfach seinen eigenen Kopf durch. So war er eben. „Ach weißt du L, ich finde, dass Kosenamen doch erst den Reiz einer Beziehung ausmachen, gleich nach dem Sex. Wie wäre es denn, wenn ich dich wieder mal Pandabärchen nenne? Oder noch besser: Sweetheart!“ „Untersteh dich bloß“, entgegnete L unter japsendem Keuchen, während er versuchte, sich irgendwie zusammenzureißen, um diesem Schwerenöter diese bescheuerte Idee wieder auszureden. Doch Beyond setzte noch einen drauf. „Oder wir können uns die ganze Zeit gegenseitig mit „Schatzi“ ansprechen. Bin gespannt, was für eine dämliche Miene der alte Knacker machen wird.“ L sagte nichts, sondern biss sich auf die Unterlippe. Es ärgerte ihn zutiefst, wenn Beyond meinte, er könnte ihn in diesem Zustand so provozieren. Das zeigte doch nur, was für einen miesen Charakter er hatte. Aber dann hörte Beyond mit dem Gekicher auf und L ahnte, was gleich kommen würde. Er atmete tief durch und entspannte sich so gut es ging. Seltsamerweise bereitete es ihm überhaupt keine Angst und er war auch nicht nervös. Nun ja, inzwischen war das alles ja schon fast eine tägliche Sache und inzwischen hatte sich L daran gewöhnt. Lediglich die Fesseln waren für ihn jedes Mal ein wenig schwierig, aber das lag hauptsächlich daran, weil er sich so schwer damit tat, freiwillig die Kontrolle abzugeben und sich Beyond somit vollständig auszuliefern. Deshalb musste er auch ein Stück weit dazu gebracht werden und darin hatte der BB-Mörder ein besonderes Talent entwickelt. Einen Moment lang spürte L wieder eine zaghafte Berührung zwischen seinen Beinen, dann drang Beyond in ihn ein. Zuerst verspürte er einen leichten Schmerz, als sich der Druck in seinem Inneren immer weiter verstärkte. Deshalb ging der Serienmörder auch behutsam vor und ließ sich Zeit. Zwar wollte er L eine Lektion erteilen, aber dennoch achtete er wie immer sehr darauf, dass er L nicht allzu sehr wehtat, dass es für ihn unerträglich wurde. Der gefesselte Detektiv atmete nun schneller und konnte seine Stimme nicht unterdrücken. Er stöhnte laut auf, als er diese fremde Hitze in seinem Innersten fühlte und davon vollkommen berauscht wurde. Schweißperlen glänzten auf seiner Haut und sein Verstand wurde von dem brennenden und überwältigenden Verlangen erfüllt, Beyond noch näher zu sein und ihn noch intensiver zu spüren. Er konnte sich nicht mehr unter Kontrolle halten und sein Körper bebte regelrecht. „Na so was“, bemerkte der BB-Mörder und grinste wieder. „Du bist ja ganz wild darauf, nicht wahr? So wie du stöhnst, könnte man echt meinen, du willst es unbedingt.“ „Bi-bilde dir bloß nichts darauf ein, du Knallkopf“, gab L zurück und schaffte es nur mit Mühe, seine Stimme unter Kontrolle zu halten, um wenigstens vernünftig reden zu können. „Das ist doch nur deine Schuld, kapiert? Du hast mich doch erst so verdorben!“ „Nein mein Lieber. Verdorben warst du schon immer, du wusstest es nur noch nicht. Ansonsten würde dich diese Fesselungsnummer nicht so geil machen.“ „Irgendwann drehe ich dir dafür den Hals um, das schwöre ich dir!“ „Hey, das ist immer noch mein Text.“ L wollte schon etwas erwidern, aber diesen heißen Druck gegen seine inneren Wände zu spüren, ließ sein Sprechvermögen versagen und er schaffte es nicht, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Er wollte ihn spüren… er wollte es so sehr… Als sich Beyond zu ihn hinunterbeugte, um ihn zu küssen, da kam L ihm zuvor und küsste ihn zuerst. Es war ein leidenschaftlicher und fast flehender Kuss und natürlich erwiderte der Serienmörder diesen sofort. Dann schließlich begann Beyond sich in Bewegung zu setzen und ehe L sich versah, hatte er sich Beyonds Rhythmus angepasst und sein Körper war ihm endgültig seiner Kontrolle entglitten. Er bewegte sich ganz von alleine und L hatte den letzten Rest seines Willens verloren. Alles in ihm war vollkommen leer und es existierte nur noch dieses brennende Verlangen in ihm, Beyond zu spüren und ihm nahe zu sein. Der Schmerz war vollständig von dieser immer stärker werdenden Lust ertränkt worden und L gab sich diesem unbeschreiblichen wunderbaren Gefühl hin. Er ließ sich einfach fallen und von Beyond führen und hatte damit bereitwillig gänzlich die Kontrolle abgegeben. „Beyond…“, brachte er unter schwer keuchendem Atmen hervor und spürte wieder dieses elektrisierende Kribbeln auf seiner Haut und diese schwindelerregende Hitze in seinem Inneren. „Ich… ich liebe dich…“ Er sagte es immer wieder und er hätte es am liebsten zehn Male, hundert Male ja sogar tausend Male gesagt und es in diesem Moment am liebsten laut hinausgeschrieen. Sollte die ganze Welt wissen, dass er ihn liebte. Die Luft kam ihm mit einem Male so heiß und stickig vor und alles um ihn herum schien in weite Ferne gerückt zu sein. In seinem Kopf drehte sich alles und ihm wurde schwindelig. Kochendes Blut strömte durch seine Adern und pulsierte in seinem Kopf und an seinen empfindlichsten Stellen. Seine Ohren dröhnten und die Lust steigerte sich schon fast ins Unerträgliche. Auch Beyonds Atem ging nun lauter und schneller und seine Hände vergruben sich in das Laken. Er wurde schneller und schlang seine Arme um L, um ihn festzuhalten. Sie beide erreichten langsam aber sicher ihr Limit und L war wie berauscht, als er Beyonds heißen und verschwitzten Körper und sein wie wild schlagendes Herz fühlen konnte. „L… ich… ich…“ Beyond bekam kaum noch Worte zusammen und der gefesselte Detektiv nickte hastig um zu signalisieren, dass es ihm nicht anders erging. Der Serienmörder setzte zum Endspurt an und für L wurde das alles zu viel. Sein Bewusstsein versank in einer heißen Flut und als er endlich aus diesem fast unerträglich gewordenen Zustand befreit wurde, als er kam, da versank alles um ihn herum kurzzeitig in eine tiefschwarze Dunkelheit und er wurde ohnmächtig. Als er wieder zu sich kam, hatte Beyond ihm bereits die Fesseln abgenommen und ihm einen nassen kalten Lappen in den Nacken gelegt und presste ihm ein Taschentuch gegen die Nase. „L, geht es dir wieder besser?“ Der Detektiv antwortete nicht und wunderte sich zuerst, was denn passiert war. Aber dann dämmerte es ihm langsam: er hatte Nasenbluten. Oh Mann, das wurde ja immer besser. „Ich glaub schon. Wie lange war ich denn weggetreten?“ „Bloß ein paar Minuten. Mensch, ich hab erst einen ganz schönen Schreck gekriegt, als du auf einmal so blass geworden bist. Und dann ging auch schon das Nasenbluten los. Aber ich hätte echt nicht gedacht, dass der Sex so heiß war, dass du davon Nasenbluten kriegst.“ L warf ihm einen giftigen Blick zu und presste das Taschentuch gegen seine Nase. So etwas war ihm bis dato noch nie passiert und er fragte sich, ob das der Grund war, wieso er sich so komisch gefühlt hatte. Beyond fuhr ihm zärtlich durchs Haar und betrachtete ihn besorgt. „Du sieht blass aus. Wie geht es dir denn?“ „Mir ist irgendwie schwindelig…“ „Dann leg dich erst mal noch ein bisschen hin, bis sich dein Kreislauf wieder erholt hat. Ich geh kurz duschen und sag Watari Bescheid, er soll einen Tee vorbereiten.“ Damit stand Beyond auf, sammelte seine Kleidung zusammen und ging ins Bad. Erschöpft sank L ins Bett und nahm das Taschentuch wieder runter. Das Nasenbluten hatte inzwischen wieder aufgehört, trotzdem fühlte er sich irgendwie seltsam und immer noch war ihm unangenehm warm zumute. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und schloss die Augen. Irgendwie war ihm ein klein wenig schlecht und so wie es sich anfühlte, hatte sich seine Temperatur erhöht. Ob er tatsächlich Fieber bekam? Dieser Idiot hat es mal wieder so was von übertreiben müssen und seinetwegen werde ich hier noch krank. Oh Mann… aber ist er wirklich hier der Idiot und nicht vielleicht ich? Im Grunde bin ich hier doch der Dummkopf, weil ich ihm nicht vertraue, obwohl er mich so sehr liebt. Stattdessen spioniere ich ihn aus und traue ihm tatsächlich zu, dass er mit dieser Rumiko etwas haben könnte. Ich bin so ein verdammter Idiot… Kapitel 6: Ein später Besuch ---------------------------- Beyond fuhr schweißgebadet und mit rasendem Herzen hoch und war zuerst völlig orientierungslos und das erste Gefühl, was ihn beschlich, war Panik. Hastig schaltete er die kleine Lampe auf dem Nachttisch an und fand sich in seinem Zimmer wieder. Er war in seinem Zimmer… Gott sei Dank. Doch die Angst hatte ihn immer noch fest im Griff und seine Hände zitterten heftig. Schon wieder dieser Alptraum. Schon wieder hatte er von Sam und Clear geträumt, wie sie ihn gequält und vergewaltigt hatten. Dabei hatte er gehofft, dass er durch L irgendwie Abstand gewinnen und das alles verarbeiten konnte. Aber es war jetzt schon die weiß der Teufel wievielte Nacht, in der er genauso aus dem Schlaf gerissen wurde und Angst hatte, dass er aufwachte und in das Gesicht seiner Peiniger blicken würde. Und er merkte auch selbst, dass es ihm dabei alles andere als gut ging und es ihn selbst nach dem Schlaf noch verfolgte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es vier Uhr morgens war. Ob L schon wach war? Nachdem dieser am Abend beim Sex kurz ohnmächtig geworden war und mit dem Kreislauf zu kämpfen hatte, würde er sicherlich noch schlafen und sich erholen. Außerdem hatte sich seine Temperatur erhöht, da brauchte er sowieso erst mal Erholung. Was sollte er jetzt tun? Einschlafen konnte er nach diesem Traum ganz sicher nicht und irgendwie hatte er das Bedürfnis, jetzt mit jemandem zu reden. Doch wen konnte er denn fragen? L schied erst mal aus, der musste sich schonen und er wollte auch nicht, dass der sich schon wieder Sorgen oder sogar noch Vorwürfe machte. Und mit Watari zu reden kam auch nicht in die Tüte. Der alte Knacker war L’s Kindermädchen und Beyond konnte ihn sowieso nicht sonderlich leiden, genauso wie den Rest der Menschheit. Hester anzurufen war ebenso ausgeschlossen, denn die hatte Urlaub und trieb sich irgendwo an der kanadischen Grenze herum. Und am Telefon über so etwas zu sprechen, war auch irgendwie dämlich. Also wer blieb dann noch übrig? Beyond dachte darüber nach, Rumiko anzurufen. Aber um die Uhrzeit? Nun, sie konnte selbst nie wirklich lange schlafen und sie wäre ihm auch nicht böse drum, wenn er sie anrief. Er musste sie einfach anrufen, er brauchte jetzt jemanden, mit dem er reden konnte. Also schnappte er sich sein Handy und wählte ihre Nummer. Es dauerte nicht lange, da ging sie ran und sie klang ein klein wenig verschlafen. „Beyond, was gibt es? Ist irgendetwas passiert?“ „Habe ich dich geweckt?“ „Nicht so tragisch, ich konnte sowieso nicht lange schlafen, weil Jamie vorhin schlafgewandelt ist. Ich hab ihn zurück ins Bett gebracht, bevor er noch irgendetwas anstellen konnte. Aber sag schon, was hast du? Du klingst irgendwie so komisch.“ „Kann ich gleich vorbeikommen? Ich brauche jemanden zum reden.“ „Klar doch. Ich hab doch gesagt, dass du jederzeit vorbeikommen kannst, wenn du mich brauchst.“ Damit verabschiedete sich Beyond und beendete den Anruf. Er blieb noch einen Moment sitzen, atmete tief durch und zog sich dann um. Mit Rumiko zu reden, war eigentlich das Beste, was er in solch einer Situation machen konnte. Sie besaß schon seit damals die Gabe, ihm seine Ängste und Sorgen zu nehmen und seine Seele zu beruhigen. Sie hatte ihn immer beschützt und getröstet und war so viele Jahre für ihn da gewesen. Er hatte das all die Zeit immer als irgendwie selbstverständlich betrachtet und im Nachhinein nie wirklich zu würdigen gewusst, was sie für ihn getan hatte. Aber jetzt, da er L hatte und auch endlich wusste, was wahres Glück war, da erkannte er, was er Rumiko zu verdanken hatte und wie sehr er sie in solchen Situationen brauchte. Er hatte sie nicht immer so behandelt, wie sie es vielleicht verdient hatte und vielleicht hätte er ihr öfter mal sagen sollen, wie dankbar er ihr eigentlich war. Aber sie hatte sich nie beschwert oder beklagt. Stattdessen lächelte sie immer so liebevoll, strich ihm durchs Haar und sagte dann, es wäre selbstverständlich, dass sie für ihn da war, wenn er jemanden brauchte, an den er sich wenden konnte. Sie war einfach zu selbstlos in der Beziehung und dabei hatte sie selbst so viel erdulden müssen. Was wäre aus ihm geworden, wenn sie nicht für ihn da gewesen wäre, als er aus Wammys House abgehauen war oder als er im Gefängnis saß? Sie hatte ihm ohne zu zögern zur Flucht verholfen und war für seine Operationen aufgekommen, damit er nicht mehr so entstellt aussah. Und irgendwie hatte er ihr nie wirklich gedankt. Beyond zog seine Jacke an und nahm zu guter letzt noch Rumikos Schal mit, den er ihr zurückgeben wollte. Es war dunkel und still im Haus und als er vorsichtig in L’s Zimmer hineinschaute, sah er, dass der Detektiv noch schlief. Nun, der konnte auch noch ruhig länger schlafen. Als Beyond das Haus verließ, herrschte draußen Nebel und es schneite schon wieder. Der Wind war schneidend kalt und er war froh, dass er wenigstens an Handschuhe und einen eigenen Schal gedacht hatte. Bis zum Hotel, wo Rumiko mit Jamie abgestiegen war, brauchte er zu Fuß knapp eine Viertelstunde. Ein Taxi lohnte sich also schon mal nicht und der kleine Spaziergang würde ihm auch ganz gut tun, um seine Gedanken wieder geordnet zu bekommen. Auf den Straßen war es relativ ruhig im Vergleich zum sonstigen Durcheinander am Tag. Trotzdem trieben sich noch genug Menschen herum und überall leuchteten die Reklameschilder und Bildschirme. Egal zu welcher Tageszeit man sich in Tokio aufhielt, es war irgendwie immer „Tag“. In Los Angeles war es teilweise ja auch nicht anders, aber Tokio kam ihn deutlich belebter vor. Das Beikan-Hotel war ein hübsches, wenn auch nicht allzu luxuriöses Gebäude im Zentrum der Stadt und war auch recht leicht zu finden. Es war nicht so prunkvoll wie das Eibon-Hotel, aber es passte zu Rumiko. In Luxushotels fühlte sie sich eh nicht wohl, sie hatte sowieso nie sonderlich viel Wert auf so etwas gelegt. Sie wartete schon in der Eingangshalle auf ihn und trug einen Rollkragenpullover, einen knielangen Rock und Stiefel. Wie immer sah sie bildschön aus, auch wenn sie kein Make-up trug. Sie wirkte noch ein bisschen müde, doch als sie Beyond sah, war sie hellwach und ging direkt zu ihm hin. Sie umarmte ihn stürmisch und schloss ihn fest in die Arme. „Beyond, du siehst furchtbar aus. Na komm, gehen wir erst mal nach oben.“ Sie nahm seinen Arm und führte ihn zu ihrem Zimmer. „Was ist denn mit Jamie?“ „Er schläft tief und fest. In ein paar Stunden wollten wir zum Kanrei-Schrein und du weißt ja, dass ihn so schnell nichts aufweckt.“ Sie führte ihn in den Wohnbereich, der vom Schlafzimmer getrennt war, sodass sie den schlafenden Jamie nicht zu stören brauchten. Beyond setzte sich auf das Ledersofa, während Rumiko einen Tee vorbereitete. „Ich hab dir übrigens deinen Schal wieder mitgebracht.“ „Dankeschön, das ist lieb von dir!“ Schließlich kam sie mit einem Tablett zurück, goss Beyond den Tee ein und stellte noch etwas Süßgebäck hin. Sie selbst trank lieber eine heiße Milch mit Honig. Ihre rot leuchtenden Shinigami-Augen betrachteten ihn aufmerksam und sie schien schon irgendwie zu ahnen, was mit ihm los war. „Es geht um diese eine Sache, die du im Cafe angedeutet hast, oder? Irgendetwas beschäftigt dich ganz schön.“ „Ich kann wohl nichts vor dir verbergen, oder?“ „Erstens kenne ich dich schon zu lange dafür und zweitens bin ich Musiklehrerin. Da habe ich tagtäglich mit Kindern zu tun, die Probleme haben. Angefangen vom Mobbing bis hin zur Scheidung der Eltern, die sie nicht so ganz verkraften. Ich hab außerdem schon immer ein gutes Gespür dafür gehabt, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist. Und dich scheint etwas sehr Schlimmes zu beschäftigen und zwar so sehr, dass du mir nicht mal in die Augen sehen kannst, wenn du daran denkst.“ Tatsächlich schaffte er es nicht, den Augenkontakt zu halten, als die Erinnerung wieder zurückkam. Manchmal konnte Rumiko mit ihrer Beobachtungsgabe schon gruselig werden. Aber was konnte er denn auch anderes von ihr erwarten? Sie hatte nicht nur Musik und Pädagogik, sondern auch Psychologie studiert und gehörte zu den intelligentesten Frauen, die er jemals kennen gelernt hatte. Hester natürlich ausgenommen. Nach einigem Zögern nahm sie seine Hand und hielt sie fest. „Nimm dir noch die Zeit, die du brauchst. Du musst dich auch nicht dazu zwingen, wenn du nicht willst.“ Doch Beyond schüttelte den Kopf. Er war doch nicht extra hergekommen, um jetzt die ganze Zeit schweigend neben Rumiko zu sitzen. Aber es fiel ihm schwer, darüber zu reden. Immerhin ging es um ein sehr schwieriges Thema und auch wenn er wusste, dass er ihr vertrauen konnte, war es schon ein seltsames Gefühl, ausgerechnet mit ihr darüber zu reden. Und es war ihm auch wirklich peinlich, darüber zu sprechen, was Clear und Sam ihm angetan hatten. Aber er brauchte jetzt jemanden, mit dem er darüber reden konnte, wenn er wollte, dass diese Alpträume ein Ende hatten. Also erzählte er ihr, was passiert war. Angefangen von den versuchten Angriffen des Stalkers, wie er alleine losgegangen war um L zu schützen und wie er daraufhin in die Gefangenschaft von Clear und Sam geraten war und was diese ihm angetan hatten. Natürlich erzählte er das nicht einfach so locker, sondern brauchte zwischendurch eine Weile, um die richtigen Worte zu finden, oder weil er sich einfach zu sehr schämte, es laut auszusprechen. Rumiko fragte nicht nach, sie sagte nichts und wartete geduldig. Sie drängte ihn auch nicht, sondern hörte einfach nur zu und nickte schweigend, während sie ihn mit ihren rubinroten Augen anschaute. Und als diese aufgestauten Gefühle Beyond endgültig übermannten und er sich nicht mehr zusammenreißen konnte, nahm sie ihn tröstend in den Arm. Sie blieb ruhig wie ein Fels in der Brandung und blieb stark für ihn. Genauso wie sie damals immer stark für ihn gewesen war und ihn aufgefangen hatte, wenn er vor dem Zusammenbruch stand. Sanft legte sie seinen Kopf auf ihre Brust, was sie schon damals oft getan hatte, wenn er aufgewühlt war und sich nicht beruhigen konnte. Ihren Herzschlag zu hören, hatte irgendwie eine beruhigende Wirkung und dann schließlich, als sie ihn so im Arm hielt, begann sie leise zu singen, während sie ihm sanft durchs Haar strich wie einem Kind, das aus einem schlimmen Alptraum erwacht war und nun Trost suchte. Sie hatte eine wunderschöne Stimme und hatte sich sehr intensiv mit der Psychologie der Musik beschäftigt. Man wusste ja bereits, dass Musik Einfluss auf das Unterbewusstsein ausüben konnte und daraufhin hatte Rumiko damit begonnen, die Wirkung von einzelnen Tönen und Frequenzen zu untersuchen. Es gelang ihr dadurch, Melodien zu entwickeln, um einen gewissen Einfluss auf das menschliche Unterbewusstsein auszuüben. So war es ihr möglich, Melodien und Lieder zu komponieren, mit denen sie Menschen beruhigen, sie wütend oder glücklich machen konnte. Und sie wusste genau, welches Lied es brauchte, um Beyonds verletztes Herz zu besänftigen und ihm seinen inneren Frieden zurückzugeben. Schließlich begann sie das Lied zu singen, welches sie ihm schon damals als Kind immer vorgesungen hatte. Es war eine Sprache, welche er vorher nie gehört hatte und er verstand auch nicht, was die Worte bedeuteten, aber trotzdem erfüllte es ihn mit einem seltsamen Gefühl der Geborgenheit und Ruhe, wenn er es hörte. „ Sonoyo lomi lo Kaya shaka lu Kiya ba mali malo Ehdra maki e Sulu haiteh Graiya mi eshi eshi e Ka thaliaka sa Ak'goloha Ehvi liu ma dra u Prehshti ka u Toteh saju Kimi va lei lei lu Olo dragu olo dragu Eva No luneh vali usa Nevu usa mali Noleh sulu baleh sulu baleh Eva No lu nehvali usa Nevu usa mali malo... Hanannai hanannai ya… Hanannai hanannai ya… Hanannai hanannai ya…” Auch wenn diese Sprache etwas seltsam klang, hörte es sich irgendwie wunderschön an, wenn Rumiko es sang. Er hatte sie vor langer Zeit gefragt gehabt, was es denn für ein Lied sei und wo sie es denn gelernt habe. Sie hatte ihm geantwortet, dass es ein Gebet sei und dass sie sich nicht mehr daran erinnern könne, woher sie dieses Lied kannte. Es war einfach in ihrem Kopf und sie sang es immer, wenn sie entweder ihn oder Jamie getröstet hatte. Es schien so, als hätte dieses Lied irgendwie eine besondere Wirkung. Aber womöglich lag es auch daran, weil sie es sang und weil er mit diesem Lied immer beruhigende Erinnerungen verband. Und als er ihrem Gesang lauschte, hatte er das Gefühl, in diesem Moment seinen inneren Frieden zu finden und als würden diese schlimmen Erinnerungen für immer ausgelöscht werden. Als Rumiko das Lied nach einer zweiten Wiederholung beendet hatte, löste sie sich wieder von Beyond und betrachtete ihn mit einem Blick, in dessen Tiefe man sich verlieren konnte. „Geht es dir besser?“ Er nickte und trank seinen Tee aus. „Ja, ich glaube schon.“ „Ich kann gut verstehen, wie du dich fühlen musst. Manchmal hilft es einfach, wenn man noch mal mit jemandem darüber spricht und auf diese Weise akzeptiert, dass es passiert ist und man es nicht ungeschehen machen kann. Es hilft dann, es besser zu verarbeiten. Es tut mir wirklich sehr leid für dich, was passiert ist und ich wünschte, ich hätte dich schon viel früher wiedergefunden und hätte dir helfen können. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie schlimm das für dich gewesen sein muss.“ „So ein Unsinn“, erwiderte Beyond und schüttelte den Kopf. „Du bist hier die allerletzte, die sich Vorwürfe machen sollte. Du hast doch mit der ganzen Sache nichts zu tun gehabt und außerdem hast du doch Jamie, um den du dich kümmern musst. Ich bin kein kleiner Junge mehr und kann gut auf mich selbst aufpassen.“ Als er das sagte, konnte Rumiko einfach nicht anders als zu kichern und kniff ihn in die Nase. „Ach was, für mich wirst du immer der kleine Rotzlöffel bleiben, der damals allen Ernstes geglaubt hat, dass man Samen eindosen muss, um Dosenpfirsiche zu bekommen.“ „Wärmst du schon wieder diese ollen Kamellen auf? Ich war damals erst sechs Jahre alt!“ Doch sie konnte sich dieses Grinsen nicht verkneifen und kicherte. Das war ja mal wieder typisch, dass sie ihm unter die Nase reiben musste, wie naiv er damals als Kind gewesen war. Auf diese Weise konnte sie ihn immer ärgern. Genauso wie er L damit auf die Palme brachte, wenn er ihn mit intimen Geschichten in Verlegenheit brachte, oder ihm peinliche Kosenamen gab. „Damals als Knirps warst du eben total niedlich, da kann man nichts machen.“ „Du bist gerade mal ein Jahr älter als ich. Also tu nicht so, als wäre der Altersunterschied so groß!“ Doch Rumiko kam aus dem Spaß nicht mehr raus und summte fröhlich vor sich hin. Oh Mann, die bringt aber auch gar nichts aus der guten Laune, dachte Beyond und war zuerst ein wenig genervt, konnte aber schlecht böse auf sie sein. Ihre gute Laune war einfach ansteckend und so lachten sie beide schließlich, während sie ihn mit peinlichen Geschichten von früher ärgerte. Schließlich aber fragte er „Wie spät wolltest du mit Jamie denn zum Kanrei-Schrein?“ „Um knapp zehn oder elf Uhr, danach wollten wir shoppen gehen. Morgen haben wir eine allgemeine Besichtigungstour geplant und danach, wenn es für dich in Ordnung ist, wollte ich dann deinen Freund kennen lernen und sehen, was das so für einer ist. Du weißt ja, ich bin total neugierig und möchte ihn unbedingt persönlich kennen lernen!“ „Erst mal schauen. Zurzeit ist er noch ein wenig gesundheitlich angeschlagen. Als wir im Bett waren, hat er einen kurzzeitigen Kreislaufzusammenbruch gekriegt.“ „Was hast du denn mit ihm angestellt?“ fragte Rumiko, als sie das hörte und ein leichter Vorwurf war in ihrem Unterton nicht zu überhören. Beyond kratzte sich verlegen am Hinterkopf und murmelte „Ich hab ihn gefesselt und ihm die Augen verbunden.“ Die Halbasiatin schüttelte den Kopf und konnte nicht fassen, was Beyond da so im Bett trieb. Nun ja, sie kannte ihn schon lange genug und wusste, dass er etwas eigen war, aber dass er es so dermaßen auf die Spitze trieb, dass sein Freund da noch umkippte, ging doch etwas zu weit. „Zu meiner Verteidigung möchte ich aber sagen, dass ich nicht alleine Schuld bin. Er hatte schon vorher eine leichte Erkältung gehabt.“ „Super, Beyond“, gab sie sarkastisch zurück. „Anstatt, dass er sich schont, kommst du mit deinem SM-Fetisch. Du solltest etwas mehr Rücksicht auf deinen Freund nehmen, sonst wird der arme Kerl noch krank und du steckst dich dann auch gleich mit an.“ „Ich konnte mich eben schlecht zurückhalten.“ „Mal wieder typisch Männer. Ihr könnt euch nie zurückhalten.“ Und damit gab sie ihm einen leichten Stoß in die Seite. Sie trank ihre heiße Milch mit Honig aus und genehmigte sich dann einen mit Vanillecreme gefüllten Keks, wobei sie ihre Beine überkreuzte. „An der Uni hatte ich auch so einen gehabt, der mich partout nicht in Ruhe lassen wollte und mir sogar an den Hintern gefasst hat. Und ständig kam er mit diesen total schlechten Anmachsprüchen. Der Perversling ist mir überall hingefolgt und hat mich ständig begrapscht.“ „Und wie bist du ihn losgeworden?“ Hierbei lächelte Rumiko hinterhältig und erklärte „Ich hab seine Hand auf den Tisch gedrückt und ihn mein Taschenmesser zwischen die Finger gerammt. Dann habe ich ihm gesagt, dass ich ihm, wenn er nicht endlich damit aufhört, den Arm abschneiden und dann so tief in den Allerwertesten rammen werde, dass er sich von innen den Hals kratzen kann.“ Hier hätte sich Beyond fast an seinen Tee verschluckt und musste lachen, als er sich bildhaft das verstörte Gesicht des Studenten vorstellen musste, als Rumiko ihm genau das gesagt hatte. Er konnte sich kaum noch einkriegen und klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. „Oh Mann Rumi, du bist echt cool drauf. Der hatte sicher genug, oder?“ „Seitdem hat er zehn Meter Abstand gehalten. Schlimmer war aber noch mein Psychologieprofessor. Der hat mir sogar mal nachgestellt und mich nicht nur belästigt, sondern wollte mich ins Bett kriegen. Ich glaube, der hat sich bis heute noch nicht von dem Hodenbruch erholt. Aber manchmal hasse ich wirklich mein Aussehen. Ständig meinen irgendwelche Idioten, sie müssten sich an mich ranmachen und mir auf die Nerven gehen. Dabei geht es denen nur ums Aussehen und das ist echt frustrierend. Die Mädels sind dann sauer auf mich, weil sie denken, ich würde ihnen die Kerle ausspannen und die Jungs rennen mir scharenweise hinterher, obwohl ich nur meine Ruhe haben will. Die männliche Spezies ist echt für’n Arsch… Deshalb treffe ich mich vorzugsweise nur mit schwulen Männern. Die sind erstens nicht an Frauen wie mich interessiert und zweitens sind sie die besten Freunde einer Frau!“ „Willst du damit auf was Bestimmtes andeuten?“ „Nö. Wenn du dich gleich angesprochen fühlst, ist das ja wohl nicht meine Schuld. Aber weißt du, wenn ich Jamie nicht hätte, wäre ich wahrscheinlich lesbisch geworden. Oder noch besser: ich hätte mir statt einem Mann einfach einen Dildo zugelegt. Die sind sowieso besser als Männer. Sie sind immer zur Stelle, wenn man sie braucht, man kriegt sie in jeder Form und Größe, sie nerven einen nicht mit Bier und Fußball, sie machen keine Unordnung und sie machen keine Arbeit.“ Beyond sagte nichts dazu, musste aber trotzdem darüber lachen. Besonders, weil Rumiko es so unverblümt und locker dahersagte. Normalerweise sprach sie nie mit anderen so offen, aber da sie eine ganz andere Beziehung zu ihm hatte als zu anderen Männern und auch wusste, dass dieser sowieso mehr an Männern interessiert war, sah sie kein Problem darin, mit ihm so offen über solche Dinge zu sprechen. Sie redeten die ganze Zeit über irgendwelche banalen Sachen, einfach nur um die gemeinsame Zeit miteinander zu genießen und Spaß zu haben wie in guten alten Zeiten. Beyond fühlte sich deutlich erleichtert und war froh, dass er sie angerufen hatte. Schließlich aber wurde es draußen hell und als er auf die Uhr sah, bemerkte er, dass es bereits acht Uhr war. Ach herrje, er hatte die Zeit total vergessen und mit Sicherheit wunderte sich L schon, wo er sich schon wieder herumtrieb. Also stand er auf und zog sich seine Jacke an. „Sorry Rumi, aber ich muss langsam wieder zurück.“ „Soll ich dich begleiten? Ich wollte sowieso zur Apotheke gehen.“ „Wieso? Hat Jamie wieder irgendetwas?“ „Nein, ich hab nur in der letzten Zeit mit Übelkeit zu kämpfen. Um die Jahreszeit sind sowieso wieder unzählige Krankheiten im Umlauf und wahrscheinlich hab ich mir was eingefangen.“ Also wartete Beyond noch, bis Rumiko ihren Mantel und ihren Schal umgelegt hatte und verließ zusammen mit ihr das Hotel, nachdem sie Jamie eine Nachricht hinterlassen hatte für den Fall, dass er vor ihrer Rückkehr aufwachen würde. Inzwischen war der Nebel verschwunden und es hatte auch zu schneien aufgehört. Die Sonne schien angenehm und es war auch etwas wärmer geworden. Leider nicht warm genug, um den Schnee zu schmelzen. Rumiko, die keine rutschfesten Stiefel angezogen hatte, hielt sich an Beyond fest, um nicht noch zu stürzen. Sie ging allein in die Apotheke, während Beyond draußen wartete, brauchte aber nicht lange und kam schon nach kurzer Zeit wieder. Also setzten sie ihren Weg fort und Rumiko fragte direkt „Und was machst du sonst so zurzeit?“ „Nicht viel“, gab er zu und zuckte mit den Schultern. „Ich unterstütze meinen Freund bei seiner Arbeit, wenn er mein Augenlicht braucht und ich untersuche ab und zu mal bizarre Mordfälle, wenn sie mein Interesse geweckt haben.“ „Dein Freund ist Detektiv?“ fragte sie und sah ihn überrascht an. Beyond nickte und erklärte „Er ist sogar der Beste der Besten. Er ist nämlich derselbe, der meine BB-Morde aufklären konnte, bevor ich mit der Arbeit fertig war. Mit anderen Worten: mein Lover ist L.“ Nun blieb Rumiko stehen und sah ihn beinahe entgeistert an, wobei ihre Kinnlade nach unten klappte. Sie hätte ja mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass Beyond mit seinem erklärten Todfeind zusammen kam. „Etwa der gleiche L, den du umbringen wolltest?“ „Ja, aber das ist vorbei. Wir haben uns ausgesprochen und erkannt, dass wir beide Fehler gemacht haben und im Grunde trotz unserer Unterschiede zusammengehören. Wir lieben uns als Personen, aber nicht in unserer Rolle. Da ich L’s richtigen Namen kenne, stehe ich als Serienmörder unter seiner Beobachtung und muss ihm überall hinfolgen und mit dem Detektiv L hab ich selbst heute noch meine Differenzen. Unsere Beziehung ist zwar nicht einfach, aber wir lieben uns.“ „Na, wenn du damit klar kommst und glücklich bist, soll’s mir recht sein. Aber du überraschst mich trotzdem immer wieder… Zwei Erzfeinde, die zusammenkommen. Das klingt für mich nach einem Yaoi-Manga.“ „Ach du und deine Yaois…“ „Was denn? Ich stehe eben auf solche Romanzen. Ich…“ Rumiko blieb stehen und wurde mit einem Male blass im Gesicht. Sie sah gar nicht gut aus und stützte sich bei Beyond ab. Dieser blieb nun ebenfalls stehen und sah sie besorgt an. „Hey, alles okay bei dir?“ „Ich glaub, mir wird schon wieder schlecht…“ Da sie eh fast da waren, nahm Beyond sie noch mit und stützte sie. Bis jetzt hatte Rumiko noch einen ganz gesunden Eindruck gemacht aber jetzt sah sie aus, als müsste sie sich gleich übergeben. Offenbar doch ein kleiner Infekt… Kapitel 7: Ein heftiger Streit ------------------------------ Kaum, dass sie im Haus waren, verschwand Rumiko sofort im Badezimmer und schloss sich ein. Beyond legte in der Zwischenzeit seine Jacke ab und sah nach, ob L schon wach war. Dieser war nicht in seinem Zimmer und da er weder im Wintergarten, noch im Wohnzimmer oder im Arbeitszimmer aufzufinden war, musste er sich im japanischen Zimmer aufhalten. Wahrscheinlich hatte er es sich unterm Kotatsu bequem gemacht. Naja, Beyond konnte ihn noch später grüßen, er wollte zuerst nach Rumiko schauen. Irgendwie brauchte sie ziemlich lange im Bad und das machte ihm schon Sorgen. Zögernd klopfte er an die Tür und rief „Rumi, alles okay bei dir?“ Keine Antwort. Schließlich aber öffnete sie die Tür und sah sogar noch blasser aus als vorher. Sie wirkte irgendwie völlig neben der Spur und schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein. Sanft legte Beyond eine Hand auf ihre Schulter und fragte „Hey, was ist los? Soll ich einen Arzt rufen?“ Nachdem sie einen Moment lang überhaupt keine Reaktion von sich gegeben hatte, schüttelte sie den Kopf und murmelte „Nein, nein! Schon in Ordnung. Ich geh erst mal zurück ins Hotel.“ „Soll ich dir ein Taxi rufen?“ Wieder ein Kopfschütteln, dann schob sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Sie hatte den Kopf gesenkt und irgendetwas schien sie zu beschäftigen. Doch sie wollte wohl nicht so wirklich mit der Sprache rausrücken. „Rumiko, was ist los mit dir?“ „Mir ist gerade nicht gut, das ist alles. Ich brauch erst mal frische Luft. Wir telefonieren aber noch mal, okay? Mach’s gut und lass den Kopf nicht hängen, ja? Du weißt, du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du mich brauchst.“ Damit gab sie ihm zum Abschied einen Kuss auf die Wange und ging. Beyond begleitete sie noch zur Tür und sah ihr besorgt nach. Na hoffentlich wurde Rumiko nicht krank und das ausgerechnet in ihrem Urlaub. Irgendwie schien wohl tatsächlich gerade eine Grippewelle zu grassieren. Beyond schloss die Tür und ging in sein Zimmer. Er war todmüde und wollte sich noch ein wenig hinlegen. Kaum, dass er durch die Tür verschwunden war, kam aus einer kleinen Ecke L hervor. Dieser hatte schon vom Fenster aus gesehen, wie Beyond mit dieser Frau reingekommen war und spürte wieder die Eifersucht aufkommen. Wieso verschwand der denn mitten in der Nacht und kam am Morgen in Begleitung dieser Rumiko Karasuma wieder? Warum verschwand sie minutenlang im Badezimmer und wieso bat sie ihn, dass er sich bei ihr melden sollte? Die beiden haben doch was miteinander am Laufen, dachte er und ballte seine Hände zu Fäusten. Am liebsten hätte er laut geschrieen, irgendetwas umgeschmissen und Beyond wütend zur Rede gestellt, aber das konnte er nicht. Er als L der Meisterdetektiv verlor niemals die Beherrschung, egal was auch kam. Doch trotzdem fühlte er sich elend und konnte nicht fassen, dass Beyond ihn so dermaßen hinterging. Und dann hatte diese Frau ihn auch noch geküsst. Das war für ihn der absolute Genickschuss gewesen und hätte er nicht so eine unglaubliche Selbstbeherrschung besessen, er hätte diese Frau eigenhändig aus dem Haus geworfen und ihr klar gemacht, dass sie sich von Beyond gefälligst fernzuhalten habe. Stattdessen hatte er das alles stillschweigend beobachtet und ging nun ins Bad. Dass diese Frau so lange gebraucht hatte, war selbst für ihn verdächtig und wer weiß: vielleicht hatte sie irgendwelche verdächtigen Spuren hinterlassen, die ein schlechtes Licht auf sie werfen könnten. Und wenn es irgendwelche Drogen oder Medikamente waren. Solange er etwas gegen sie in der Hand hatte, gab er sich mit allem zufrieden. Selbst wenn es bloß ein Haar war. Das konnte er ja analysieren lassen, um herauszufinden, ob die gute Rumiko nicht vielleicht in irgendwelche Drogengeschichten verwickelt war. Die Superreichen hatten sowieso immer irgendwelche Leichen im Keller und das galt dann auch für diese Rumiko. L begann alles zu durchsuchen und durchwühlte letztendlich sogar den Müll. Dort fand er etwas, allerdings waren das keine Joints, Spritzen oder Kokstütchen, wie er vielleicht erhofft hatte. Es war etwas, das alles nur noch schlimmer machte und ihn endgültig an den Rand der Verzweiflung und Hilflosigkeit brachte. Ihm war, als würde er in einen bodenlosen Abgrund hinabstürzen, als er einen Schwangerschaftstest in den Händen hielt, der zu allem Übel auch noch positiv war. L verlor den Halt unter den Füßen und fiel auf die Knie. Er starrte wie betäubt ins Leere und in seinem Gesicht waren keinerlei Gefühlsregungen zu sehen, sein Blick war starr und abwesend. In diesem Moment dachte oder fühlte er nichts. Er stand komplett unter Schock und konnte nicht fassen, was er da gefunden hatte. Diese Rumiko war schwanger… deshalb hatte sie Beyond aufgesucht? War sie nach Japan gekommen, weil sie diesen kleinen Verdacht hatte, oder war sie etwa schwanger geworden, nachdem Beyond die Nacht bei ihr verbracht hatte? Das konnte doch alles nicht wahr sein. Warum nur passierte ihm das alles nur? Beyond und er lebten jetzt schon knapp vier Monate zusammen (wobei der Serienmörder die ersten zweieinhalb Monate bei L in Sicherheitsverwahrung verbracht hatte) und in all der Zeit hatte dieser nie ein Wort über Rumiko verloren und jetzt war sie schwanger von ihm. Das war die wohl schlimmste Katastrophe von allen, die L widerfahren konnte. Gleich nachdem Beyond wahrscheinlich noch mit ihm Schluss machen und ihn für Rumiko verlassen würde. Was sollte er denn jetzt tun? Es blieb ihm wohl keine andere Wahl, als mit Beyond darüber zu sprechen und ihn endgültig zur Rede zu stellen. Er wollte endlich Klarheit haben und nicht mehr länger mit diesen Zweifeln leben. Beyond sollte es ihm schon direkt ins Gesicht sagen, wenn diese Frau wirklich von ihm schwanger war. Auch wenn die Wahrheit schmerzhaft war und es ihm das Herz brechen würde, er musste es einfach hören, sonst würde es ihn nur noch länger quälen. Er ging direkt in Beyonds Zimmer, ohne vorher anzuklopfen. Der Serienmörder hatte sich aufs Bett gelegt und wollte gerade schlafen, deshalb war er dementsprechend auch ein wenig genervt, als der aufgewühlte Meisterdetektiv hereinstürmte. „L, was willst du denn? Ich wollte mich gerade hinlegen, ich hatte eine recht kurze Nacht.“ Das glaube ich dir aufs Wort, dachte L und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Als Beyond merkte, dass irgendetwas nicht stimmte, setzte er sich auf und rieb sich müde die Augen. „Was ist denn los? Geht es dir irgendwie nicht gut? Du siehst aus, als würdest du gleich heulen.“ Stumm schloss L die Tür hinter sich und ging zu ihm hin. Er starrte ihn mit dem gleichen Gesichtsausdruck an, wie er seine Verdächtigen anstarrte, aber seine Stimme zitterte. „Was hast du mit dieser Frau?“ „Frau?“ fragte Beyond und runzelte verwirrt die Stirn, was L fälschlicherweise interpretierte, als wolle der Serienmörder ihn für dumm verkaufen. Und das machte ihn erst recht sauer. „Hör auf, mich zu veralbern. Ich hab sie doch gesehen. Du hast sie hergebracht und dann habt ihr euch geküsst!“ Nun endlich schnallte Beyond, was L von ihm wollte und wirkte schon fast erleichtert. Diese Reaktion konnte der Detektiv noch nicht so ganz verstehen, aber mit Sicherheit versuchte der nur, sich mit irgendeinem Schmierentheater aus der Affäre zu ziehen. „Ach du meinst Rumiko. Das kann ich dir in aller Ruhe erklären.“ „Da bin ich mal gespannt. Zuerst triffst du dich Hals über Kopf mit ihr, dann verschwindest du die Nacht klammheimlich und tauchst erst jetzt wieder auf und bringst sie auch noch mit. Wie lange läuft das denn schon zwischen euch beiden?“ „Da lief nie etwas“, erwiderte Beyond und stand auf, wobei seine Stimme überraschenderweise gar nicht lauter wurde als sonst. Nein, er blieb ruhig und das passte sonst nicht zu seinem typischen Verhalten. „Ich hab mich mit ihr getroffen, weil ich jemanden zum Reden brauchte. Fängst du schon wieder mit dieser Eifersuchtsgeschichte an, L? Ich sag doch immer wieder, dass ich nur dich liebe und niemanden sonst! Wann kapierst du das denn endlich? Und überhaupt: woher weißt du, dass ich mich mit Rumiko getroffen habe, als sie mich angerufen hat? Hast du mir etwa hinterher spioniert?“ Nun wurde er sauer, als ihm klar wurde, was L da getan hatte. Doch der sah ihn nur finster an und entgegnete kalt „Was blieb mir denn sonst übrig? Du verheimlichst mir, dass du dich mit einer Frau triffst, die zum einen umwerfend aussieht und dann noch Millionenerbin ist. Du bist doch selbst Schuld, weil du mir nicht gleich die Karten offen auf den Tisch gelegt hast.“ Nun wurde Beyond richtig sauer. Man hätte in diesem Augenblick wirklich Angst vor ihn bekommen können, denn er sah stark danach aus, als würde er gleich wieder in seine geisteskranke Seite verfallen, doch er konnte sich noch halbwegs beherrschen. Trotzdem änderte es nichts daran, dass er sauer wurde. Nein, er wurde nicht sauer, er war schon fast rasend vor Wut. „Du spionierst mir allen Ernstes hinterher? Hast du sie noch alle? Ich dachte, du vertraust mir. Du hättest vernünftig mit mir reden können, dann hätte ich dir doch alles erklärt!“ „Was denn bitteschön? Dass du schon seit Jahren etwas mit dieser Frau hast?“ Als Beyond das hörte, entgleisten ihm die Gesichtszüge. Er sah fassungslos und ein Stück weit auch angewidert aus. Und das irritierte L nun völlig. Wieso sah Beyond ihn so entgeistert an? „Spinnst du jetzt total?“ rief er und zeigte ihm den Vogel. „Warum sollte ich etwas mit meiner eigenen Schwester anfangen? Das ist doch krank!“ Jetzt kommt er mit dieser Nummer, dachte L und spürte, wie sich seine Brust schmerzhaft zusammenschnürte. Ohne es zu wollen, kamen ihm sogar Tränen. Warum nur war Beyond nicht endlich mal ehrlich zu ihm und kam stattdessen gleich mit der nächsten Lügengeschichte? „Hör doch endlich auf, mir etwas vorzumachen! Du hast doch keine Geschwister, Beyond! Diese Frau hat doch gar keine Ähnlichkeiten mit dir, also komm mir nicht damit.“ Fassungslos schüttelte der Serienmörder den Kopf, als er das hörte. Er konnte es einfach nicht glauben. Nicht nur, dass L ihm hinterher geschlichen war, er schnüffelte auch noch in seiner Familienakte rum. „Ich kann echt nicht glauben, dass du das getan hast, L. Zu deiner Information: Rumiko und ich sind nicht miteinander verwandt, das stimmt. Sie ist von meinen Eltern adoptiert worden, weil ihre Eltern sie wegen ihrer Shinigami-Augen verstoßen haben, als sie noch ein Baby war. Rumiko und ich sind gemeinsam aufgewachsen und nach dem Tod meiner Eltern voneinander getrennt worden. Während ich ins Waisenhaus kam, kehrte sie zu ihrer leiblichen Familie zurück. Hast du es jetzt kapiert, L? Ich habe allein deshalb nichts mit ihr, weil sie für mich wie eine große Schwester ist und sie hat sich um mich gekümmert, als meine Mutter aufgrund ihrer Depressionen nicht mehr in der Lage war, sich um uns zu kümmern. Sie ist wie eine Art Ersatzmutter für mich gewesen in all den Jahren und sie hat mich nach A’s Selbstmord aufgefangen, als ich niemanden mehr hatte. Ich bin kurz vor dem Zwischenfall mit Sam Leens einfach abgehauen und sie hat nach mir gesucht, weil sie sich Sorgen um mich gemacht hat.“ Mit dieser Wende hätte L nicht gerechnet. Rumiko war also damals von ihrer Familie verstoßen und von den Birthdays adoptiert worden und kehrte zu den Karasumas zurück, weil diese einen Spender für die an Leukämie erkrankte Yumiko brauchten? Hatte er wirklich so falsch gelegen und sich in seiner Eifersucht in irgendwelche Hirngespinste verrannt und damit die Beziehung zu Beyond endgültig aufs Spiel gesetzt? „Und der Grund, warum ich die Nacht bei ihr war, war einfach der, weil ich seit Nächten unter Alpträumen leide und einfach nur jemanden zum Reden brauchte. Und Rumiko war damals für mich da gewesen und hat mich vor meinem versoffenen Alten beschützt, wenn der mich verprügeln wollte. Sie hat mir Kraft gegeben, als A sich umgebracht hat, deshalb brauchte ich sie einfach zum Reden. Und überhaupt müsste es doch langsam mal in deinen Dickschädel reingehen, dass ich an Frauen nicht interessiert bin. Aber weißt du was? Das ist jetzt auch egal. Du kannst mir nicht vertrauen und spionierst hinter meinem Rücken meine Vergangenheit aus. Das habe ich nicht nötig und darauf habe ich auch keine Lust. Anscheinend wirst du mir wohl niemals vertrauen können und ich hab mich echt bemüht, dir zu beweisen, dass ich dich liebe und dich niemals hintergehen würde. Offenbar willst du mir einfach nicht glauben und in dem Falle sehe ich keine Zukunft mehr in unserer Beziehung.“ Sämtliche Farbe wich aus L’s Gesicht, als er das hörte. Was sollte das denn bedeuten? Wollte Beyond etwa wirklich mit ihm Schluss machen? Habe ich es dieses Mal wirklich zu weit getrieben und alles zerstört? L machte einen Schritt zurück und sah den Serienmörder fassungslos an. „Was… was willst du damit sagen?“ „Dass es vorbei ist, wenn sich nichts ändert. Ich bin ja wirklich geduldig mit dir, aber das hier geht eindeutig über die üblichen Zankereien hinaus. Wenn du mir nicht vertrauen kannst, dann hat das mit uns beiden keinen Sinn und ich habe echt keine Lust darauf, dass du mir bei jeder Gelegenheit hinterher spionierst.“ Damit stieß Beyond ihn zur Seite und verließ das Zimmer. Zuerst brauchte L einen Moment, aber dann realisierte er, dass der Serienmörder im Begriff war, abzuhauen und er musste ihn unbedingt aufhalten und die Dinge klarstellen. „Warte“, rief er und versuchte ihn am Arm festzuhalten, doch der BB-Mörder riss sich los und stieß L zurück, dann verschwand er durch die Haustür nach draußen. Der Detektiv brauchte erst mal eine Weile, um sich von dem Stoß zu erholen, denn ihm wurde schwarz vor Augen und alles um ihn herum begann sich zu drehen. Ihm war heiß und sein Kreislauf machte schon wieder Probleme. Verdammt, warum nur musste er jetzt krank werden? Er musste Beyond aufhalten, bevor er wahrscheinlich noch für immer verschwand. Nur mit Mühe kam er wieder auf die Beine und schnappte sich seine Jacke, dann eilte er nach draußen. Doch leider kam genau das, was er befürchtet hatte: Beyond war bereits verschwunden und er wusste auch nicht, wo er ihn suchen sollte. „Beyond!“ Keine Antwort, er konnte ihn in dem Durcheinander auch nicht ausfindig machen. Ihm blieb also nichts anderes übrig, als einfach zu suchen und darauf zu hoffen, ihn irgendwie zu finden. Also eilte er nach rechts und lief die Straße entlang. Überall hielt er Ausschau und rief nach ihm. So sauer hatte er Beyond das letzte Mal gesehen, als sie noch verfeindet waren und er ihm noch die Schuld an A’s Tod gab. Sie hatten sich niemals ernsthaft gestritten, es waren immer nur harmlose Zankereien gewesen, die zu ihrer Beziehung irgendwie dazugehörten. Aber nie war Beyond so sauer und vor allem verletzt gewesen wie vorhin. Ich hab es wirklich verbockt, dachte L und kämpfte wieder mit den Tränen. Verdammt noch mal. Nur wegen meinem Misstrauen und meiner Eifersucht habe ich alles aufs Spiel gesetzt und es endgültig zu weit getrieben. Dabei hatte Beyond es doch schon im Guten zu klären versucht, als ich ihn das erste Mal mit meiner Eifersucht sauer gemacht hatte. Spätestens da hätte ich doch endlich kapieren müssen, dass ich ihm vertrauen sollte. Und genauso hätte ich doch wissen müssen, dass er an Frauen kein Interesse hat, weil A doch auch ein Junge war und er mich liebt. Ich bin so ein verdammter Vollidiot und habe alles kaputt gemacht. Er lief weiter und sah sich hastig um, konnte aber nirgendwo ein Zeichen von Beyond entdecken. Wo könnte er denn nur hingegangen sein? L versuchte zu überlegen, wo er am besten nachsuchen könnte, kam aber leider auf keine Antwort. Beyond war nicht der Typ Mensch, der irgendwo bevorzugt hinging und wenn, dann war er lieber alleine und das war in einer Großstadt wie Tokio auch nicht gerade einfach. Es gab einfach zu viele Möglichkeiten, sich für ein paar Stunden oder sogar tagelang zu verstecken. L erreichte schließlich einen Park und wurde von einem erneuten Schwindelanfall gepackt. Ihm wurde schlecht, alles Blut schien aus seinem Körper gewichen zu sein und kurzzeitig wurde ihm schwarz vor Augen, dann brach er zusammen. Beyond wollte eigentlich in ein Cafe, um sich dort erst einmal einen Drink zu gönnen, doch da erhielt er auf halbem Wege einen Anruf von Rumiko und nahm diesen erst einmal an. Eigentlich war er nicht wirklich in der Stimmung für ein Gespräch, aber er wollte den Anruf auch nicht ignorieren. Wenn irgendetwas war und sie Probleme hatte, wollte er es zumindest wissen. Sollte ihr oder Jamie etwas passiert sein und er ging nicht ans Handy, würde er sich das nicht so schnell verzeihen können. „Hey Rumiko, was ist?“ Sie klang total aufgelöst und brachte kaum ein Wort zustande. Er hatte alle Mühe, sie zu beruhigen und zu erfahren, was denn nun passiert war. „Rumi, jetzt atme tief durch und erzähl mir, was passiert ist.“ Sie brauchte einen kurzen Moment und erklärte dann mit immer noch zitternder Stimme „Jamie ist verschwunden und ich kann ihn nicht finden. Wir waren beide am Kanrei-Schrein und ich bin nur kurz ausgetreten, da war er nicht mehr da. Ich hab den Schrein und das Gelände nach ihm abgesucht, aber er ist wie vom Erdboden verschluckt. Was ist, wenn ihm etwas zugestoßen ist?“ „Hast du schon versucht, ihn auf dem Handy zu erreichen?“ „Ja, aber er geht nicht ran. Ich fürchte, er muss es mal wieder vergessen oder vielleicht auch verloren haben.“ Rumiko war völlig durch den Wind und das konnte er ihr kaum verübeln nach all den Dingen in der Vergangenheit, die geschehen waren. Normalerweise war Rumiko eine starke Frau, aber wenn es um Jamie ging, da war sie das reinste Nervenbündel und musste mit viel Mühe beruhigt werden. Zugegeben: dass Jamie verschwunden war, das war beunruhigend, vor allem weil er kein einziges Wort Japanisch sprach und sich somit nicht vernünftig verständigen konnte. Er kannte sich nicht in Tokio aus und war darum auch völlig orientierungslos. Und der arme Kerl brachte sich sowieso ständig irgendwie in Schwierigkeiten, wenn man nicht auf ihn aufpasste. Außerdem war er ein besonderer Fall und deshalb war es auch ein entsprechender Notfall, auch wenn bis jetzt nichts darauf hindeutete, dass er in ernsthaften Schwierigkeiten stecken könnte. „Ist seine Lebenszeit abgelaufen?“ „Nein“, antwortete Rumiko und versuchte sich zu beruhigen, aber sie schaffte es einfach nicht. „Er wird nicht sterben, aber trotzdem habe ich Angst, dass er an irgendwelche Leute geraten könnte. Du weißt doch, wie er ist. Was, wenn er an die Yakuza oder an irgendwelche dubiosen Menschenhändler gerät?“ „Jetzt hör auf, dich verrückt zu machen. Sag mal, wo bist du gerade?“ „Am Tokio Tower.“ „Okay. Du gehst zum Hotel zurück und wartest dort, falls Jamie dorthin zurückkehren sollte. Ich werde mich selber auf die Suche nach ihm machen und mich an die Polizei wenden. Wenn ich denen die Sache erkläre, werden die schon irgendwie helfen können. Wenn ich ihn gefunden habe, rufe ich dich an.“ „Nein, Beyond! Es wäre besser, wenn wir beide nach ihm suchen, dann finden wir ihn schneller.“ Wenn Rumiko so aufgewühlt war wie jetzt, war sie kaum in der Lage, klar und logisch zu denken. Sie wollte nicht untätig im Hotel warten und mit dem Gedanken leben, dass Jamie irgendwo da draußen sein und orientierungslos durch die Gegend irren könnte, bis ihm schlimmstenfalls noch etwas passierte. Aber Beyond musste ihr klar machen, dass einer im Hotel warten musste und er konnte in der Situation weitaus besser einen klaren Kopf bewahren als sie. Zwar war er immer noch stinksauer wegen L, aber Jamie hatte jetzt erst einmal Vorrang. Er musste Rumiko helfen, wegen dem Streit konnte er sich noch später Gedanken machen. „Tu was ich sage, Rumiko. Es bringt jetzt nichts, wenn du durchdrehst, okay? Jamie wird jetzt als Erstes versuchen, zum Hotel zurückzukommen und dann macht es auch keinen Sinn, wenn niemand da ist. Ich kenne mich hier etwas besser aus als du, vertrau mir einfach.“ Immer noch schluchzte sie leise, dann aber atmete sie tief durch und murmelte „Okay, ich geh ins Hotel zurück.“ Damit beendete Beyond das Gespräch und machte sich schließlich auf den Weg. Irgendwie wurde der Tag immer beschissener… Kapitel 8: L und Jamie ---------------------- „Hey hallo!“ Jemand rüttelte ihn sanft und langsam kam L wieder zu sich. Immer noch war ihm schwindelig und sein Kopf dröhnte. Außerdem war ihm entsetzlich heiß. Wahrscheinlich wieder sein Fieber… „Auf dem Boden darf man doch nicht schlafen. Das ist doch viel zu kalt und unbequem!“ Zwei Hände packten ihn und halfen ihm hoch. L schaute auf und erkannte einen Mann von ungefähr 24 Jahren mit brünettem Haar, der eine ungewöhnliche Augenfarbe besaß. Sein rechtes Auge war blau, das andere braun. Er hatte ein gutmütiges und unschuldiges Lächeln und sprach etwas langsam. „Geht es Ihnen besser?“ fragte er und sah L mit aufgeweckten und schon fast kindlichen Augen an. Irgendetwas war seltsam an ihn, das bemerkte der Detektiv sofort. Sofort streckte der Mann ihm die Hand entgegen und sagte in einem Tonfall, der auch von einem kleinen Jungen stammen konnte „Hallo, ich heiße Jamie, Jamie Miller. Ich komme aus Amerika!“ Ein Tourist also. Irgendwie scheint er ja ganz nett zu sein, aber er redet wie ein erwachsenes Kind, dachte L und betrachtete ihn schweigend. Ob er vielleicht geistig zurückgeblieben ist? „Danke für die Hilfe“, sagte L und wollte sich zum Gehen wenden, doch der 24-jährige folgte ihm einfach. „Ich habe mich verlaufen“, sagte Jamie und hielt ihn am Arm fest. „Ich war am Kanrei-Schrein und wollte ein Andenken kaufen. Da habe ich mich wohl verlaufen und wollte zum Hotel zurück. Aber ich weiß nicht, wo ich bin und ich weiß nicht, was da auf den Schildern steht! Das ist eine ganz andere Sprache als bei uns. So komische Linien und Zeichen.“ Jamie folgte ihm einfach und schien wohl irgendwie zu hoffen, dass man ihm weiterhelfen würde. So wie er sprach, wirkte er wie ein Kind, das sich verlaufen hatte und nun nach seinen Eltern suchte. L blieb stehen und überlegte sich, was er tun sollte. Weiter nach Beyond suchen, oder diesem Jamie zu helfen, der anscheinend nicht selbst zurechtkam? Offenbar hatte der keine Ahnung, wo er war und wohin er gehen sollte und er verstand nicht ein einziges Wort Japanisch. Folglich also war er wohl ziemlich aufgeschmissen, wenn er alleine war und wenn er wirklich geistig behindert war, dann war es unverantwortlich, ihn hier ganz alleine zu lassen. Wer weiß, was dann passieren würde. Womöglich geriet er noch an die Yakuza oder an irgendwelche Kriminelle, die ihn noch entführen, oder gleich umbringen würden. Und so naiv und kindlich wie er wirkte, würde er nicht mal die Gefahr erkennen, wenn sie direkt vor ihm stünde. Also blieb L wohl erst mal nichts anderes übrig, als ihm zu helfen. Wenn diesem Jamie Miller etwas zustieß, nur weil er ihn zurückgelassen hatte, würde er sich noch lange Zeit Vorwürfe machen. Und so wie der ihm hinterher lief, würde er ihn sowieso nicht so schnell loswerden. „Also gut, ich helfe dir.“ „Dankeschön!“ rief Jamie und umarmte ihn. „Das ist wirklich sehr nett! Jetzt kann ich endlich wieder zurück.“ Und dann auch noch einer von der anhänglichen Sorte, dachte der etwas angeschlagene Detektiv und versuchte sich wieder zu befreien. Noch nie in seinem Leben hatte er mit solchen Menschen direkt zu tun gehabt und er war sich auch nicht wirklich sicher, wie er mit diesem Jamie am besten umgehen sollte. Was sollte er tun? Wie viel würde der denn überhaupt von dem verstehen, was man ihm sagte? Jamie selbst schien sich riesig zu freuen, dass er jemanden gefunden hatte, der ihm helfen konnte und folgte L brav hinterher wie ein Kind. „Tut mir Leid, wenn ich Probleme mache. Ich bin nicht gerade klug, verstehen Sie? Mein Papa meinte, ich bin nicht klug genug, um auf eine richtige Schule zu gehen wie andere. Er sagte, mein IQ wäre 75 und damit bin ich zu dumm dafür. Aber Ruby sagte, dass ich nicht dumm bin. Denn dumm sind nur Menschen, die dumme Sachen machen. Ich bin bloß etwas langsamer.“ Nun, mit einem IQ von 75 war er wirklich nicht gerade eine große Leuchte. Zwar war er nicht geistig behindert in dem Sinne, aber er galt trotzdem als lernbehindert und konnte damit nicht auf eine normale Schule. Irgendwie erinnerte er L unfreiwillig an eine reale Version von Forrest Gump. Streng genommen hatten sie beide den gleichen Intelligenzquotienten und damit auch wahrscheinlich dieselbe geistige Entwicklung. Nun, in dem Falle wäre der Umgang mit ihm wohl nicht allzu schwierig. „Also Jamie, in welchem Hotel wohnst du denn?“ „Das Be-Be-Be…“ Hier geriet der 24-jährige ins Stottern und kniff angestrengt die Augen zusammen, während er versuchte, den Namen auszusprechen. Offenbar hatte er nicht nur einen etwas niedrigen IQ, sondern neigte auch noch zum Stottern. Der arme Kerl hatte es sicher nicht gerade leicht im Leben. L ahnte, dass er mit ihm noch viel Geduld brauchte. Doch dann hatte sich Jamie wieder gefangen und sagte ganz langsam, damit er nicht wieder ins Stottern geriet „Das Be-i-kan-Ho-tel.“ Das Beikan-Hotel also. Nun, das war nicht sonderlich schwer zu finden und vielleicht hatte L ja Glück und lief womöglich sogar Beyond über den Weg. „Okay Jamie, ich weiß wo das Hotel ist. Ich bring dich eben dorthin.“ „Dankeschön. Sie sind echt nett. Wissen Sie, Sie erinnern mich an einen Freund, den ich schon ganz lange kenne. Sein Name ist Beyond, Beyond Birthday.“ L blieb abrupt stehen, als er den Namen hörte. Dieser Jamie kannte Beyond? Konnte es etwa sein… „Jamie, bist du mit einer Frau hergekommen?“ Der 24-jährige nickte und erklärte „Ruby ist mit mir zusammen hergeflogen. In einem Flugzeug! Wir wollen nämlich heiraten und Ruby wollte Beyond fragen, ob er Trauzeuge sein will.“ „Ruby?“ „Ja, sie ist meine beste Freundin. Meine einzige Freundin und ich liebe sie sehr. Sie heißt eigentlich Rumiko, aber als ich klein war, konnte ich ihren Namen nicht aussprechen, ohne zu stottern. Also habe ich sie immer Ruby genannt.“ L konnte nicht fassen, was er da hörte. Rumiko war verlobt und wollte bald heiraten? Dann hatte Beyond etwa die Wahrheit gesagt, dass er nichts mit Rumiko hatte? „Verstehen sich Beyond und Rumiko gut?“ „Ja, sie sind Bruder und Schwester. Aber… sie haben nicht die gleichen Eltern, weil sie nicht verwandt sind.“ Ich bin so ein verdammter Vollidiot. Warum nur habe ich Beyond nicht vertraut? Er hat mir wirklich die Wahrheit gesagt und mich nicht betrogen. Er hat sich nur mit seiner Adoptivschwester getroffen und mit ihr geredet. Am liebsten hätte sich L hundert Male dafür eine reingehauen, dass er Beyond einfach so zugetraut hatte, er würde ihn mit dieser Rumiko betrügen. Er hatte wirklich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte und wahrscheinlich würde Beyond ihm das niemals verzeihen. Jamie sah ihn mit seinen kindlichen Augen an und neigte mit einem fragenden Blick den Kopf ein wenig zur Seite. „Sind Sie ein Freund von Beyond?“ „Ja, ein sehr guter sogar. Aber ich habe einen großen Fehler gemacht. Ich habe ihm sehr wehgetan und ihm Dinge gesagt, die gar nicht stimmen. Und jetzt ist er sauer auf mich und ist abgehauen.“ Warum erzähle ich ihm das denn alles? Er wird doch wahrscheinlich sowieso nicht verstehen, was ich ihm sagen will. Doch irgendwie beschlich ihn das Gefühl, als wüsste Jamie doch, worum es geht und er ergriff L’s Arm. Und als er hörte, dass sein Begleiter ein sehr enger Freund von Beyond war, begann er ihn einfach zu duzen. „Hast du ihn lieb?“ „Ja…“, antwortete der Detektiv zögernd und fragte sich, was der 24-jährige denn nun vorhatte und was er überhaupt von ihm wollte. „Wenn du ihn sehr magst und ihm wehgetan hast, dann musst du dich bei ihm entschuldigen und ihm sagen, dass du ihn lieb hast. Weißt du, Beyond ist oft ganz schnell sauer, wenn man ihm wehgetan hat. Aber er beruhigt sich auch wieder und dann musst du ihm sagen, dass es dir Leid tut. Dann wird er dir ganz sicher wieder verzeihen!“ Jamie schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein, aber L wusste nicht so genau, ob er auf seine Worte wirklich vertrauen konnte. Er wirkte viel zu naiv und mit dem geistigen Entwicklungsstand eines Kindes hatte er sicherlich auch nicht wirklich viel Ahnung. „Ich glaube nicht, dass du das verstehst.“ „Nur weil ich nicht klug bin so wie andere, heißt das nicht, dass ich nichts von Liebe verstehe. Ruby liebt mich, auch wenn ich nicht so klug bin wie sie und Beyond. Sie sagt, ich wäre der Einzige, der sie glücklich machen kann und dass es ihr egal ist, ob ich etwas langsamer bin als andere und vieles nicht verstehe. Ich liebe sie, ich will sie heiraten und dafür sorgen, dass sie immer glücklich ist. Und ich will unserem Kind ein guter Vater sein, auch wenn ich ihm vielleicht nicht viel beibringen kann. Denn Rumiko weiß viel mehr als ich und sie hat nicht so viele Probleme mit dem Lesen wie ich. Aber meine Mama hat gesagt, dass man alles schaffen kann, wenn man es wirklich will. Also werde ich Ruby ein guter Ehemann und meinem Kind ein guter Vater sein. Auch wenn ich niemals so klug sein werde wie andere Menschen.“ Dann war das Kind, welches Rumiko erwartete, also von Jamie und nicht von Beyond? Großer Gott, wie kann ein Mensch mit einem so hohen IQ nur so dumm sein? Da war selbst Jamie deutlich vernünftiger. „Und ich dachte, Beyond würde mit Rumiko fremdgehen.“ „Aber sie sind doch Geschwister. Das wäre doch falsch!“ „Das weiß ich ja jetzt. Aber ich habe es vorher nicht gewusst.“ „Dann musst du dich entschuldigen.“ Vielleicht sollte ich aufhören, immer so kompliziert zu denken und manche Sachen einfach mal so sehen wie Jamie. Obwohl sein IQ nicht mal für die normale Regelschule reicht, scheint er in solchen Dingen viel vernünftiger zu sein. Ganz einfach deshalb, weil er nicht so kompliziert ist und vieles so einfach sieht. Aber wie schaffte er das denn nur? Hatte er denn etwa nie Zweifel, dass eine so wunderschöne Frau wie Rumiko, der wahrscheinlich die Männer scharenweise hinterher rannten, vielleicht das Interesse an ihn verlieren würde? „Hast du denn nie daran gedacht, dass Rumiko einen anderen Mann lieben würde, der vielleicht klüger ist?“ „Nein, warum denn?“ fragte der 24-jährige und schüttelte den Kopf. „Ruby liebt mich, obwohl ich nicht sehr klug bin und vieles nicht verstehe. Und das würde sie doch nicht, wenn sie einen Mann mögen würde, der viel schlauer ist als ich.“ Auch wieder wahr. Irgendwie scheint Jamie hier der Klügere von uns beiden zu sein, so paradox das auch klingt. Vielleicht sollte ich mir von ihm mal eine Scheibe abschneiden… oh Mann, das klingt ja noch verrückter! Ein Mann, der fast so alt ist wie ich und die geistige Reife eines Kindes hat, kennt sich mit Beziehungen deutlich besser aus als ich und weiß auch offensichtlich viel besser, wie man eine vernünftige Beziehung führt. Und ich lasse mir von ihm Beziehungsratschläge geben. Aber das zeigt doch nur, wie dumm ich eigentlich bin, was das Zwischenmenschliche betrifft. Sie verließen den Park und Jamie folgte L, wobei er sich neugierig nach allen Seiten umsah. Der Detektiv musste deshalb immer wieder aufpassen, dass Jamie nicht in dem Gedränge verloren ging. Als die Menschenmassen dichter wurden, hielt sich der 24-jährige an L’s Arm fest, da er sich nicht besser zu helfen wusste. „Du hast mir gar nicht gesagt, wie du heißt.“ „Ich heiße L.“ „L? Wie der Buchstabe?“ „Ja.“ „Aha. Das kann ich mir leicht merken! Weißt du L, ich habe vorher in einer Schreinerei gearbeitet. Aber der Meister hatte wohl schlechte Laune. Er hat immer so laut rumgeschrieen und war oft unzufrieden. Ich glaube, er hatte einfach einen schlechten Tag, oder vielleicht auch mehr. Er hat mir gesagt, dass einer wie ich zu dumm ist, um zu arbeiten und dass ich es nie schaffen werde. Und dann hat er irgendetwas gesagt, das ich nicht ganz verstanden habe. Jedenfalls haben Ruby und Beyond mir dann einen Job in einer Behindertenwerkstatt besorgt. Der Meister dort ist sehr nett, ich mag ihn viel lieber als den anderen. Er sagte mir, dass auch jemand wie ich arbeiten kann, wenn er es will. Selbst wenn er nicht so klug ist wie andere.“ Seine Augen leuchteten regelrecht, als er von seiner Arbeit sprach und man sah ihm wirklich an, dass es ihm Spaß machte. Überhaupt strahlte er eine unglaubliche Lebensfreude aus und irgendwie war das ziemlich ansteckend. Schließlich zeigte ihm der 24-jährige stolz ein rotes Band, welches er sich um das linke Handgelenk gebunden hatte. „Als ich noch klein war, da habe ich Ruby versprochen, dass wir heiraten werden, wenn wir groß sind. Aber da ich keine Ringe hatte, habe ich ihr ein rotes Schleifenband geschenkt und ich trage meines an der Hand. Zwar haben wir jetzt richtige Ringe, aber das Band hier erinnert mich immer daran, dass ich sie sehr liebe und immer für sie da sein werde, um für sie zu sorgen.“ Jamie schien nicht nur jemand zu sein, der sehr vertrauensselig und gutgläubig war, er redete offenbar auch sehr gerne. Gut gelaunt schlenderte er neben L her und beobachtete alles aufmerksam um sich herum. „Ruby hat sich ganz große Sorgen gemacht, als Beyond einfach gegangen ist, ohne sich zu verabschieden. Sie war traurig und hat auch geweint, weil sie Angst hatte, ihm könnte etwas passieren. Ich glaube, er ist gegangen, weil er einsam war. Wir waren zwar für ihn da, aber er hat wohl gedacht, er würde nicht zu uns gehören und wollte Ruby nicht zur Last fallen. Als sie erfahren hat, dass er nicht mehr alleine ist und jemanden gefunden hat, der ihn glücklich macht, da hat sie vor Freude fast geweint.“ Jamie musste kichern, als er daran dachte und blieb schließlich vor einem Brautmodengeschäft stehen. Mit großen Augen sah er sich die Kleider an und stellte sich wohl in dem Moment Rumiko in einem Brautkleid vor. Er hatte die Hände in die Jackentaschen gesteckt und hatte ein Strahlen im Gesicht. „Warst du schon mal mit einem Mädchen zusammen?“ „In der Schule… da hat ein Mädchen im Unterricht neben mir gesessen. Meinst du das?“ „Nein. Ich meine, ob du auch ein anderes Mädchen geliebt hast?“ Jamie schüttelte den Kopf und ging weiter. „Nein, Ruby war die Einzige. Die anderen Kinder haben mir immer Steine an den Kopf geworfen und mich durch die Straßen gejagt. Sie hat sich dann immer in den Weg gestellt und die anderen Kinder verprügelt. Ich hab noch nie gesehen, wie jemand so schnell vor einem Mädchen davongerannt ist. Und Beyond war auch dabei. Er hat dafür gesorgt, dass mich die anderen Kinder nie wieder ärgern.“ Selbst als er das erzählte, konnte er nicht anders als fröhlich zu lächeln und es schien so, als würde es keinen einzigen negativen Gedanken in seinem Kopf geben. Als hätte er sich diese kindliche Unschuld bewahrt, die ihn die Welt mit ganz anderen Augen betrachten ließ. L sah sich um und stellte fest, dass sie gerade falsch abgebogen waren. Also gingen sie zurück, um wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Jamie redete derweil munter weiter. Er erzählte, dass er als Kind sehr oft gestürzt war, weil er motorische Schwierigkeiten hatte und dass er lange Zeit sehr schlimm gestottert hat. Erst durch einige Therapien hatte er es geschafft, sein Stottern und seine motorischen Probleme in den Griff zu bekommen. Erschwerend kam auch noch hinzu, dass er Legastheniker war und somit einen ganzen Haufen von Schwierigkeiten hatte, die er bewältigen musste. Seine Mutter war gestorben, als er noch klein war und sein Vater war mit ihm völlig überfordert gewesen und hatte ihn wegen seiner Einschränkungen niedergemacht und auch geschlagen. Doch trotzdem hatte sich Jamie seine positive Art bewahrt. Ganz einfach aus dem Grund, weil er glücklich mit seinem jetzigen Leben war und auch nicht in der Lage war, die negativen Dinge im Leben so wahrzunehmen wie ein Erwachsener. „Als ich 14 Jahre alt war, da hatte sich mein Papa laut mit Ruby gestritten und es gab ein ganz schönes Durcheinander. Sie sagte, ich würde glücklicher werden, wenn ich bei ihr wohne. Also bin ich zu ihr gezogen. Sie wohnte in einer großen Universität in einem eigenen Haus. Beyond hat auch dort gewohnt und ich war richtig glücklich, dass wir drei wieder zusammen waren so wie damals, als wir noch Kinder waren.“ Als sie bei einem Floristen vorbei kamen, blieb Jamie wieder stehen und ging schließlich ins Geschäft. Er kaufte einen Blumenstrauß und erklärte „Wenn man jemanden lieb hat, muss man ihm das auch zeigen. Es reicht nicht immer nur, es bloß zu sagen und ich weiß, dass Ruby sich immer sehr über Blumen freut.“ Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, als wird das hier eine Art Unterrichtsstunde in Sachen Liebe. Oder bilde ich mir das etwa nur ein? Womöglich wollte Jamie einfach nur mit jemandem reden. Aber auch wenn er etwas unbeholfen war, langsam und in einer kindlichen Art und Weise sprach und auch ziemlich naiv war, so schien er genau zu wissen, was er sagte. Und wenn L bedachte, dass einer wie Jamie mit einer so wunderschönen und wohlhabenden Frau wie Rumiko verlobt war, hatte er wohl alles richtig gemacht. Nun, so wie er den 24-jährigen einschätzte, interessierte er sich nicht für diese Dinge, sondern liebte Rumiko einfach für ihren Charakter. Und wahrscheinlich war dies auch das Erfolgsrezept für ihre Beziehung, weil sie allein den Charakter des anderen liebten und sich gegenseitig blind vertrauten. Schließlich erreichten sie das Beikan-Hotel und L begleitete Jamie hinauf aufs Zimmer. Als er an die Tür klopfte und diese schließlich geöffnet wurde, erschien tatsächlich Rumiko Karasuma. Ihre Augen waren gerötet, als hätte sie geweint und als sie Jamie sah, konnte sie es zuerst nicht fassen. Er lächelte fröhlich und sagte „Ich habe dir Blumen mitgebracht, Ruby. Ich hoffe, sie gefallen dir.“ „Jamie!“ Mit Tränen in den Augen umarmte sie ihn stürmisch und drückte ihn fest an sich. „Ich hab mir solche Sorgen gemacht, dass etwas passiert sein könnte. Wo warst du denn nur und warum bist du einfach gegangen?“ „Ich wollte ein Andenken kaufen und habe nicht mehr zurückgefunden. Und dann war ich in einem Park. Wie ich da hingekommen bin, weiß ich aber nicht mehr. Aber L hat mir geholfen. Er hat mich wieder hergebracht.“ Nun löste sich Rumiko wieder von ihm und ihre Augen wanderten zu L. Sie hatten ein ähnliches Rot wie Beyond, doch es wirkte viel wärmer und verträumter. Selbst mit verweinten Augen sah sie wunderschön aus. Überrascht sah sie L an und brachte erst mal kein Wort hervor. Dann, als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte, fragte sie „Du bist also L, der Freund meines Bruders?“ Er nickte nach einigem Zögern und schon führte Rumiko ihn in die Suite. „Schön dich kennen zu lernen, mein Name ist Rumiko Karasuma, ich bin Beyonds Adoptivschwester. Komm erst mal rein und setz dich.“ Während er sich auf das Sofa setzte, machte Jamie einen Tee und Rumiko suchte erst einmal nach einer Vase für die Blumen. „Ich bin wirklich überrascht“, sagte sie schließlich und kam nach einer Weile zusammen mit Jamie wieder und setzte sich hin. „Dass ihr euch beide so ähnlich seht wie Zwillinge, hab ich nicht gedacht. Zuerst hat Beyond ja noch ein richtiges Geheimnis draus gemacht, wer denn nun sein Freund sei. Aber als er mir gesagt hat, dass es ausgerechnet sein Erzfeind ist, war ich ziemlich sprachlos. Mit so etwas hatte ich nicht gerechnet. Ach Mensch, wo hab ich bloß meine Manieren! Ich möchte mich noch mal von ganzem Herzen bei dir bedanken, dass du Jamie geholfen hast. Das war wirklich nett von dir.“ „Kein Problem. Ich war sowieso auf der Suche nach Beyond gewesen und dachte, er könnte vielleicht hier sein.“ Rumiko goss sich einen Tee ein und gab etwas Kandiszucker dazu. „Nein, er ist wahrscheinlich noch unterwegs. Ich hab ihn vorhin angerufen, weil ich Jamie nicht mehr gefunden habe. Am besten rufe ich ihn direkt mal an, dann braucht er wenigstens nicht mehr in der Kälte zu suchen und er macht sich wahrscheinlich auch schon Sorgen.“ Damit holte blonde Halbjapanerin ein Handy hervor, wählte eine Nummer und rief Beyond an. Sie gab ihm Bescheid, dass Jamie wieder aufgetaucht war und bat ihn, noch mal zum Hotel zu kommen. Dass L bei ihr war, sagte sie nicht, aus welchen Gründen auch immer. Aber anscheinend ahnte sie wohl, dass da irgendetwas war. L lehnte sich zurück und spürte wieder diese Hitze. Es war so verdammt heiß hier drin. Draußen war es deutlich angenehmer gewesen. „Beyond klang vorhin etwas angespannt am Telefon. Ist irgendetwas passiert? Hatte er sich vielleicht mit dir gestritten?“ Also doch. Sie hatte etwas gemerkt. Nun ja, von einer Frau, die schon mit 13 Jahren studiert hatte, war wohl nichts anderes zu erwarten. Er seufzte geschlagen und gab einen Zuckerwürfel nach dem anderen in den Tee. „Wir beide hatten einen ziemlich heftigen Streit und ich glaube, ich habe es endgültig zu weit getrieben. Schlimmstenfalls macht er endgültig Schluss mit mir.“ Rumiko ließ ihre Tasse sinken und sie sah besorgt aus. „Willst du mir darüber erzählen? Vielleicht kann ich ja helfen.“ Kapitel 9: Versöhnung --------------------- Nachdem L einen Schluck von seinem „Zucker mit Tee“-Gebräu genommen hatte, erzählte er Rumiko die ganze Geschichte. Angefangen davon, als Beyond die SMS auf dem Handy bekam und wie er ihm nachspioniert und sich dann in die Wahnidee verstrickt hatte, Beyond hätte eine Affäre. Auch den Streit ließ er nicht aus und während er sprach, nickte die 26-jährige Millionenerbin und Musiklehrerin bedächtig, sagte aber nichts. Als er aber fertig war, fragte sie nach einer kurzen Pause „Er ist jetzt aber nicht in seine andere Seite verfallen, oder?“ L schüttelte den Kopf. „Nein, er war einfach nur ziemlich wütend und verletzt, dann ist er gegangen.“ „Wow“, sagte Rumiko und hob erstaunt die Augenbrauen. „Das ist ein wirklich großer Fortschritt für ihn. Als ich ihm mal zu nahe getreten bin, ist er komplett ausgerastet und hat mich mit einem Messer angegriffen.“ Damit zog sie ihren Pullover ein wenig hoch und zeigte damit eine verblasste Narbe, die sich knapp über ihren Bauchnabel befand. „Weder Jamie noch ich konnten ihn beruhigen und während Jamie sich versteckt hat, habe ich Beyond eingeschlossen, bis er sich beruhigt hat. Dass er bei eurem Streit nicht die Kontrolle verloren hat, ist wirklich beachtlich. Aber was eure Diskrepanzen angehen, kann ich beide Seiten verstehen. Wenn Beyond dir von vornherein gesagt hätte was Sache ist, dann hätte es diese ganzen Missverständnisse gar nicht erst gegeben. Doch das entschuldigt noch lange nicht, dass du einmal in seiner Vergangenheit und dann auch noch in meiner herumgeschnüffelt hast. Zu einer Beziehung gehört es dazu, sich gegenseitig zu vertrauen. Ansonsten wird es immer Streitereien geben und dadurch wird keiner von euch glücklich.“ „Ich weiß. Aber… was ist, wenn Beyond mir das nicht verzeihen kann? Zwar zanken wir uns ständig, aber bis jetzt war es noch nie so heftig, dass er ernsthaft darüber nachgedacht hat, mit mir Schluss zu machen.“ L musste blinzeln, da zwischendurch kurz seine Sicht verschwamm und er kaum etwas sehen konnte. Irgendwie wurde ihm schlecht und es war so unerträglich heiß. Verdammt, wer hatte die Heizung denn so stark aufgedreht? Das war ja kaum zum Aushalten. Rumiko goss sich eine heiße Milch ein und gab etwas Honig dazu. Sie dachte nach und überlegte sich, wie sie wohl helfen konnte. Zwar kannte sie L nicht so gut, aber sie hatte erlebt gehabt, wie glücklich Beyond war und sie wollte schon das Beste für ihn. Also musste sie sich etwas überlegen, damit sich die beiden wieder miteinander vertrugen. Sie wusste, was für ein Sturkopf Beyond sein konnte, also musste sie wohl zwischen beiden Fronten vermitteln, damit sich die beiden wieder vertrugen. „Ich glaube, dass Beyond das mit dem Schlussmachen nicht zu hundert Prozent so gemeint hat. Er war sicherlich sehr emotional in dem Moment und wollte dich auch ein Stück weit wachrütteln, damit du zur Vernunft kommst. Aber er kommt ja gleich her, dann kann ich auch noch mal vernünftig mit ihm reden. Zwar weiß ich nicht, wie es in eurer Beziehung allgemein aussieht und wie ihr miteinander umgeht, aber als ich ihn sah, wirkte er sehr glücklich auf mich und ich hatte den Eindruck, als würdet ihr euch wirklich lieben.“ Dafür, dass Rumiko wusste, dass Beyond einen Mann liebte, ging sie ja ziemlich locker damit um. Und das überraschte L ein wenig. „Hast du denn nichts dagegen, dass Beyond mit einem Mann zusammen ist?“ Sie zuckte nur mit den Schultern und sagte „Solange man sich liebt, ist das doch okay. Und außerdem finde ich solche Beziehungen soooo romantisch.“ Ihr Grinsen erinnerte irgendwie an Hester und sie begann zu kichern. Jamie sah sie mit seinen großen Augen an, dann erklärte er dem Detektiv „Ruby liest gerne Mangas, wo sich zwei Jungs lieb haben.“ „Jamie!“ rief sie und wurde rot vor Verlegenheit. L ahnte schon, was das Ganze zu bedeuten hatte und wurde auf der einen Seite ebenfalls verlegen, aber auf der anderen Seite war er auch froh, dass Rumiko ihm helfen wollte und seine Liebe zu Beyond unterstützte. Sie kannte Beyond schon von klein auf und als seine Adoptivschwester hatte sie auch ein ganz anderes Verhältnis zu ihm. Vielleicht konnte sie tatsächlich etwas erreichen und ihren Bruder überzeugen, der Beziehung noch eine Chance zu geben. „Aber ich helfe dir nur unter einer Bedingung“, sagte Rumiko eindringlich und erhob mahnend den Zeigefinger. Sie sah L fest an und erinnerte in diesem Moment tatsächlich an eine Lehrerin. „Wenn das mit euch beiden in Zukunft besser funktionieren soll, musst du lernen, ihm mehr zu vertrauen. Zwar gebe ich dir Recht, dass er schon gleich am Anfang hätte sagen sollen, dass ich seine Adoptivschwester bin, aber das rechtfertigt noch lange nicht deine Spionageaktionen.“ L war mit dieser Bedingung einverstanden und sah auch selbst ein, dass er sich ändern musste, um die Beziehung zu retten. Jamie selbst war zuversichtlich und sagte „Wenn Ruby dir hilft, mach ich das auch. Wir wollen ja beide, dass Beyond glücklich ist.“ Damit hatten die beiden Verlobten ihre Entscheidung getroffen und warteten nun, dass Beyond zurückkam. Nach knapp zehn Minuten hörten sie es an der Tür klopfen und Jamie ging hin, um zu öffnen. Als er seinen alten Freund im Türrahmen stehen sah, strahlte er übers ganze Gesicht und umarmte ihn. „Hallo Beyond! Schön, dich nach langer Zeit wiederzusehen.“ Der Serienmörder lächelte und streichelte ihm den Kopf. „Ich freu mich auch, dich zu sehen. Und? Alles in Ordnung bei dir?“ Der 24-jährige nickte und führte ihn rein. Das Gesicht des BB-Mörders erstarrte aber sofort, als er L neben Rumiko auf dem Sofa sitzen sah und daran ließ sich mehr als deutlich erkennen, dass er noch richtig sauer war. Und sogleich fragte er auch in einem recht unterkühlten Ton „Was machst du hier, L?“ „L war so lieb und hat mir geholfen, zum Hotel zurückzufinden“, rief Jamie sofort, bevor der Detektiv mit den Pandaaugen die Möglichkeit bekam, selbst zu antworten. „Ich hab ihn im Park gefunden und als ich ihm sagte, dass ich mich verlaufen habe, brachte er mich zurück und wir haben uns unterhalten. Allerdings habe ich ganz viel geredet und er hat mir zugehört…“ Jamie dachte nach und bemerkte gar nicht, dass Beyond ihm kaum Beachtung schenkte, denn er hatte immer noch nicht die Tatsache vergessen können, dass L ihm hinterherspioniert und ihm eine Affäre zugetraut hatte. Er verschränkte die Arme und machte nicht die Anstalten, sich hinzusetzen. „Und wieso hast du mir nicht Bescheid gesagt, dass er hier ist, Rumi?“ „Weil ich geahnt habe, dass da irgendetwas vorgefallen ist und ich hab auch schon mit L gesprochen. Setz dich erst einmal vernünftig hin, dann klären wir das alles wie Erwachsene.“ „Ich hab aber im Moment überhaupt keine Lust zum Reden. Ich bin stinksauer und habe auch ehrlich gesagt Zweifel, dass du dich jemals ändern wirst.“ Damit wollte Beyond wieder gehen, doch L stand auf und eilte ihm hinterher. Oder zumindest wollte er es. Als er aufstand, überkam ihn diese unerträgliche Hitze, ihm wurde schlecht und alles um ihn herum begann sich wieder zu drehen. Er geriet ins Wanken und verlor das Bewusstsein. Das Letzte, was er wahrnahm, waren Stimmen, die ihn riefen und dass er stürzte zu Boden. Dann wurde alles schwarz um ihn herum. Als er wieder zu sich kam, lag er in einem Bett und jemand hatte ihm einen kühlen Lappen auf die Stirn gelegt. Immer noch war ihm heiß und er fühlte sich so erschöpft. Offenbar habe ich es doch übertrieben und jetzt bin ich richtig krank geworden. Na super… Jetzt habe ich den Salat. Er hörte irgendwo eine Stimme… eine Frau sang leise ein Lied, dessen Sprache er nicht verstand und von der er auch nicht sagen konnte, woher sie stammte. Es war eine wunderschöne Stimme, die ihn beruhigte und ihn fast wieder einschlafen ließ. Er schloss die Augen und während er dem Gesang lauschte, musste er sich an etwas erinnern. Vor seinem geistigen Auge tauchte eine Szene auf, als er noch fünf Jahre alt gewesen war und an einer schweren Grippe erkrankt war. Seine Mutter hatte an seinem Bett gesessen und ihm etwas vorgesungen. Dieses Lied hatte die gleiche Melodie und wahrscheinlich auch dieselbe Sprache. Damals, als er gefragt hatte, was dieses Lied bedeutete, hatte sie ihm einen Kuss gegeben und gesagt, es sei ein Gebet, das sie auf ihren Reisen gelernt hatte. Und nun hörte er es wieder. Als wäre seine Mutter immer noch hier. Langsam öffnete er wieder die Augen und sah, dass Beyond neben ihm saß und ihn besorgt betrachtete. Die Tür zum Schlafzimmer stand offen und Rumiko saß wahrscheinlich im Wohnzimmer und sang dort. „L, wie geht es dir?“ Beyond nahm seine Hand und hielt sie fest. Sie fühlte sich so kalt an. Wahrscheinlich, weil sein ganzer Körper so heiß war. „Nicht gut“, gab der Detektiv zu und spürte, wie seine Augen brannten. „Ich glaube, ich habe mich ein wenig übernommen.“ Der Serienmörder nickte und er sah aus, als würde er sich die Schuld an dem Zusammenbruch geben. „Als du vorhin zusammengebrochen bist, hab ich echt einen Schreck gekriegt. Warum bist du denn mit 39°C Fieber in die Kälte gerannt, anstatt im Haus zu bleiben und dich auszuruhen? Was hast du dir dabei gedacht? Dabei bist du doch sonst nicht so unvorsichtig.“ „Ich hatte Angst, dass du für immer verschwindest, weil du so wütend warst. Ich weiß, dass ich Fehler gemacht und mich nicht korrekt dir gegenüber verhalten habe. Anstatt dir zu vertrauen, hab ich dir hinterherspioniert und dir zugetraut, dass du mich betrügen würdest. Ich wollte dir sagen, wie leid es mir tut und dass ich ein absoluter Dummkopf war. Als ich Jamie traf, da ist mir klar geworden, dass ich von all diesen Dingen überhaupt keine Ahnung habe und mit meinem Verhalten nur alles kaputt mache. Beyond, ich will mich ändern und dir genauso vertrauen, wie du mir. Bitte gib mir noch eine Chance.“ Beyond hielt seine Hand nun fester in der seinen und senkte den Blick. „Es ist nicht so, dass ich dich nicht mehr lieben würde oder einfach so komplett abhauen würde. Ich wollte nur wieder zur Ruhe kommen und ein wenig Abstand gewinnen, das war alles. Okay, ich gebe zu, dass ich besser von Anfang an hätte sagen sollen, dass ich mich mit meiner Adoptivschwester getroffen habe. Aber ich hatte befürchtet, dass es zwischen euch vielleicht schwierig werden könnte, weil Rumiko eine Abneigung gegen Männer hat. Ich wollte es langsam angehen, aber irgendwie bin ich das alles etwas falsch angegangen. Nach dem Gespräch mit Rumiko weiß ich auch, dass ich ebenfalls Fehler gemacht habe. Wenn wir beide von Anfang an offen und ehrlich miteinander gesprochen hätten, dann hätte es diese Missverständnisse nicht gegeben. Also ist es nicht gerecht, allein nur dir die Schuld zu geben.“ „Dann… dann heißt das…?“ „Wir beide sind absolute Sturköpfe und können weder miteinander noch ohne einander. Und wir sind eben unverbesserlich. Ja, ich komme wieder zurück und ich gebe uns noch eine Chance, wenn du lernst, mir in Zukunft mehr zu vertrauen.“ L war überglücklich, das zu hören und wischte sich eine Träne aus den Augenwinkeln. Er hatte solche Angst gehabt, dass Beyond die Beziehung endgültig beenden würde, aber nun hatte sich doch alles zum Guten gewendet. Sie hatten ihren Streit beendet und sich miteinander vertragen. Und L schwor sich, dass er sich in Zukunft mehr Mühe geben würde, Beyond zu vertrauen. Denn er hatte jetzt endlich verstanden, wie wichtig Vertrauen in einer Beziehung war. Schließlich setzte L sich auf und betastete seine Stirn. Sein ganzes Gesicht glühte wie Feuer und er fühlte sich immer noch benommen. „Leg dich wieder hin. Wenn du was brauchst, dann sa…“ Beyond sprach nicht weiter, sondern runzelte verwundert die Stirn und sein Blick fiel auf L’s Hosentasche. „Was hast du da?“ fragte er und deutete darauf. L folgte seinem Fingerzeig und holte etwas hervor, das er in der ganzen Aufregung völlig vergessen hatte: das war Rumikos Schwangerschaftstest, den er im Bad gefunden hatte. Beyond sah direkt, was es war und war nun noch irritierter. „Ein positiver Schwangerschaftstest? Ist der von dir?“ „Sehr witzig“, entgegnete L und schüttelte den Kopf angesichts von Beyonds miesem Humor, was das betraf. Doch der sagte nur „Das hättest du mir auch schonender beibringen können, mein Lieber. Und ich dachte, ich hätte in Sexualkunde gut aufgepasst.“ „Jetzt lass endlich die dämlichen Witze, du Knalltüte. Der ist doch nicht von mir und ich bin nicht schwanger. Ich hab den hier bei uns im Bad gefunden.“ Einen Moment lang raffte Beyond noch nicht so wirklich, doch dann, als er es endlich realisiert hatte, entgleisten ihm fast die Gesichtszüge. Großer Gott… es war so offensichtlich gewesen. Der plötzliche Besuch, die Übelkeit, das erschrockene Gesicht und der plötzliche Abgang. Das konnte doch nicht wahr sein. „Rumi!“ rief Beyond und verließ das Zimmer. L, der einfach zu neugierig war, ignorierte seine Grippe und folgte ihm ins Wohnzimmer, wo Rumiko gerade mit Jamie geredet hatte. Als sie den überraschten und teilweise schon fast erschrockenen Gesichtsausdruck ihres Bruders sah, ahnte sie, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. „Beyond, was ist denn los? Was hast du?“ „Du… du bist schwanger?“ Sie biss sich auf die Unterlippe und sah ertappt aus. Offenbar hatte sie in der ganzen Aufregung völlig vergessen, ihm das zu sagen. Und nun musste sie ihm das Ganze irgendwie erklären. „Ja, ich bin schwanger von Jamie. Ich hatte zwar den Verdacht gehabt, aber ich wollte Gewissheit haben. Deswegen habe ich im Bad den Schwangerschaftstest gemacht.“ „Bist du deswegen nach Japan gekommen?“ „Nein, der Grund war ein anderer. Weißt du, Jamie und ich sind schon seit zehn Jahren ein festes Paar und wir sind auch schon vier Jahre offiziell miteinander verlobt. Und nun wollten wir eben heiraten und dich fragen, ob du unser Trauzeuge sein willst.“ Das wurde ja immer besser. Nicht nur, dass Beyond jetzt gerade eben erfahren hatte, dass er bald Onkel wurde (auch wenn Rumiko streng genommen ja nicht mal mit ihm verwandt war), seine Adoptivschwester würde auch bald ihren gemeinsamen Sandkastenfreund heiraten. Das war erst einmal zu viel für ihn und er musste sich setzen. Zuerst der Streit mit L, dann Jamies Verschwinden, dann der Zusammenbruch vorhin und jetzt auch noch das. „Wieso hast du mir das nicht schon von Anfang an erzählt und so ein Geheimnis daraus gemacht?“ „Na weil ich nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen wollte. Ich sehe dich nach Monaten wieder, nachdem du spurlos verschwunden bist, erfahre dann von deiner Beziehung und dann von dem, was dir passiert ist. Da wollte ich es erst einmal langsam angehen und dich nicht gleich damit überfallen, dass ich bald heiraten werde.“ Um das erst mal alles zu verdauen, brauchte Beyond einen Drink. Da Rumiko nichts trinken durfte, begnügte sie sich mit heißer Milch mit Honig und Jamie, der nichts vertrug, nahm einen Tee. L wurde wieder ins Bett geschickt mit der Drohung, ihn noch dort festzubinden, wenn er sich nicht endlich schonte. „Und wann wollt ihr heiraten?“ „Gleich nach unserer Abreise, also in knapp zwei Wochen. Es ist auch alles organisiert und wir werden auch in einem kleinen Rahmen feiern. Wir wollen bei uns in Boston heiraten.“ „Und… wie lange bist du schon schwanger?“ Da konnte Rumiko leider nicht weiterhelfen. Sie vermutete aber, dass sie wahrscheinlich im ersten oder zweiten Monat war. Um wirklich Gewissheit zu haben, musste sie einen Termin beim Frauenarzt ausmachen. „Gut, dass der Hochzeitstermin schon so bald ist. Wäre eine Katastrophe, wenn ich auf dem letzten Drücker nicht mehr ins Brautkleid passen würde. Ich hoffe natürlich, dass es dir nichts ausmacht, dass wir dich fragen, ob du unser Trauzeuge sein willst. Das alles ist ziemlich kurzfristig, aber wir haben dich vorher einfach nicht finden können.“ Natürlich wollte Beyond gerne Rumikos und Jamies Trauzeuge sein. Immerhin ging es hier um die Hochzeit seiner Adoptivschwester und seines Freundes aus Kindertagen. Das war das Mindeste, was er für sie tun konnte. Aber die Tatsache, dass Rumiko, die ihm lange Zeit wie eine Ersatzmutter war, tatsächlich ein Kind erwarten würde, musste er natürlich erst einmal verdauen. „Habt ihr schon einen Namen?“ Rumiko und Jamie sahen sich an und lächelten. „Klar. Wenn es ein Mädchen wird, nennen wir sie Lucy. Und sollte es ein Junge sein, wollen wir ihn Rebirth nennen.“ Lucy… Rebirth… Beyond musste bei diesen Namen schmunzeln. „Wirklich schöne Namen. Und ihr meint wirklich, ihr kriegt das auch alles hin?“ „Klar doch. Ich mach danach erst einmal drei Jahre Mutterschaftsurlaub und zusammen werden wir das schon schaffen. Ich weiß, dass Jamie ein wirklich guter Vater wird und wir haben immer noch genug Freunde, die uns helfen können, wenn es Probleme geben sollte.“ „Ich werde mich bemühen, unserem Kind ein guter Vater zu sein, auch wenn ich nicht so klug bin und vieles nicht weiß oder kann“, sagte Jamie und lächelte zuversichtlich. Na, dass er und Rumiko so optimistisch blieben und der Meinung waren, sie könnten das alles schaffen, dann brauchte sich Beyond ja keine Sorgen zu machen. Er wusste ja, dass Rumiko Kinder über alles liebte und Jamie war so eine ehrliche und herzensgute Seele, der sicherlich alles tun würde für seine Familie. Dass er ein guter Vater sein würde, bezweifelte Beyond nicht eine Sekunde lang. Solange er Rumiko hatte, würde es schon gut gehen mit den beiden. Schließlich aber kam die Halbasiatin auf ein anderes Thema zu sprechen. „Wie wird es eigentlich mit dir und L weitergehen?“ „Du kennst mich doch, ich bin einfach unverbesserlich… Ich liebe ihn und ich glaube, er hat endlich kapiert, dass er mir mehr Vertrauen entgegenbringen sollte. Ich ruf nachher mal Watari an, damit wir L wieder zurückbringen können. In dem Zustand schafft er es ja eh nicht weit. Aber ich krieg ihn schon wieder auf die Beine, der ist nicht so schnell kleinzukriegen.“ Nachdem Beyond Watari die ganze Sache erklärt hatte, versprach dieser, sofort mit dem Wagen zu kommen. Der Serienmörder ging ins Schlafzimmer, wo er und seine Adoptivschwester den Kranken hingebracht hatten und er maß noch mal die Temperatur. Knapp 40°C, den Ärmsten hatte es wirklich schlimm erwischt. Er setzte sich zu ihm hin und sah, dass L noch wach war. „Watari kommt gleich mit dem Wagen, dann bringen wir dich nach Hause.“ „Schon verrückt das Ganze“, murmelte L und musste schmunzeln. „Das erinnert mich daran, als du schwer erkrankt bist. Da habe ich mich um dich gekümmert und jetzt ist es genau andersrum.“ Auch Beyond musste darüber lachen und strich ihm sanft über die glühend heiße Stirn. „Das Leben ist eben eine einzige Ironie. Aber nun kann ich mich für die Krankenpflege revanchieren. Wie wäre es, wenn ich ein Schwesternkostüm anziehe und dich dann versorge? Was hältst du davon?“ Sofort riss der Kranke die Augen weit auf, als er das hörte und starrte den Serienmörder entgeistert an. „Wag dich das bloß nicht!“ Doch Beyond grinste nur wieder vor sich hin. „Ach komm schon. Ich sehe doch, dass du ganz heiß drauf bist, mich in so einem Fummel zu Gesicht zu bekommen.“ Jep, dachte L und seufzte genervt. Es ist wirklich wieder alles beim Alten, als wäre es niemals anders gewesen. Der Streit war vergessen und Beyond machte wie immer seine Späße mit ihm, um ihn zu provozieren. „Was soll denn Watari bitteschön denken, wenn er dich in so einem Outfit zu Gesicht bekommt?“ „Scheiß drauf, was der alte Knacker sagt. Wie ich schon mal sagte: dann hat er wenigstens eine gute Wichsvorlage.“ „Du bist so ein perverses Aas. Und überhaupt: die Tür ist auf und deine Schwester oder Jamie könnten uns hören.“ „Na und? Jamie würde das sowieso nicht verstehen und Rumiko kann rein gar nichts mehr schocken. Sämtliche ihrer männlichen Freunde sind schwul und die treiben teilweise sogar noch härtere Sachen. Und außerdem liebt sie solche Beziehungen.“ Wo bin ich denn nur gelandet, fragte sich der Detektiv und seufzte. Na zumindest war er in besten Händen und er wusste auch, dass Beyond sich zurückhalten würde. Es waren nur die üblichen Neckereien, die ein Zeichen dafür waren, dass wieder alles in Ordnung zwischen ihnen war. L setzte sich schließlich auf und gab Beyond einen Kuss. „In Zukunft werde ich dir vertrauen. Aber dafür möchte ich auch, dass du ehrlich zu mir bist, wenn irgendetwas sein sollte.“ „Das ließe sich arrangieren“, gab der BB-Mörder zurück und küsste ihn ebenfalls. Kapitel 10: Auf nach Boston! ---------------------------- L lag fast vier Tage lang krank im Bett und sein Fieber ging nur langsam wieder zurück. Beyond kümmerte sich wirklich rührend um ihn, auch wenn er seine Späße natürlich nicht sein lassen konnte und ihn immer wieder gerne ärgerte. Und als er dann tatsächlich im Schwesternkostüm auftauchte, hätte L ihn am liebsten dafür erwürgt. Als er sich ab dem fünften Tag wieder einigermaßen erholt hatte, kamen Rumiko und Jamie zu Besuch und brachten neben gute Laune noch allerhand Sachen mit, die sie eingekauft hatten. Und Rumiko ließ es sich nicht nehmen, für den Kranken etwas Anständiges zu kochen und sie ließ sich von niemandem abhalten. „Wenn man krank ist, braucht man etwas Vernünftiges und keinen Süßkram!“ Damit hatte sie ihr Machtwort gesprochen und L blieb kaum eine andere Wahl, als sie gewähren zu lassen. Jamie half ihr in der Küche mit den Vorbereitungen, während Beyond bei L blieb. „Versuch gar nicht erst, ihr den Quatsch wieder auszureden. Rumiko ist genauso ein Dickschädel und in solchen Momenten nennen wir sie immer Mama Ruby.“ L sagte nichts, er musste sich erst einmal mit dieser völlig neuen Situation anfreunden. Noch nie war es bei ihm so belebt gewesen wie heute. Ansonsten war er immer mit Watari alleine und danach hatte er Beyond an seiner Seite gehabt. Aber jetzt waren auch noch Rumiko und Jamie da und die beiden brachten so viel Leben ins Haus, wie L es noch nie erlebt hatte. Sie versprühten eine Lebensfreude und Energie, die schon fast wieder unheimlich war, aber es fühlte sich gar nicht mal so schlecht an. Obwohl er schon immer mehr der Einzelgänger gewesen war, hatte er das Gefühl, zum ersten Mal eine richtige Familie zu haben. Rumiko und Jamie hatten ihn sofort aufgenommen, als sie gehört hatten, dass er mit Beyond zusammen war und redeten mit ihm, als würden sie ihn schon von klein auf kennen. Sie waren schon eine recht interessante Gruppe, wie L schnell feststellte. Auf der einen Seite die hochintelligente, sehr herzliche, selbstbewusste und fürsorgliche Rumiko, dann der misanthropische, eigenwillige und zur Verschlossenheit neigende Beyond Birthday und dann der gutmütige, kindliche und naive Jamie, der aufgrund seiner Einschränkungen und seiner geringen Intelligenz völlig aus dem Rahmen fiel. Er konnte mit keinem von ihnen mithalten und würde niemals in der Lage sein, die Welt so zu sehen wie normale Erwachsene seines Alters. Im Herzen war er wie ein Kind und trotzdem gehörte er zu dieser Gruppe dazu. Natürlich wollte L schon gerne wissen, wie eine wunderschöne hochintelligente Millionenerbin dazu kam, sich mit jemandem wie Jamie zu verloben. Als Beyond kurz die Küche verließ und L ihr daraufhin die Frage stellte, lachte sie und antwortete „Alle Männer, die ich kennen gelernt hatte, waren entweder hinter dem Geld her, oder sie waren nur scharf auf mein Aussehen. Aber Jamie hat mich schon immer geliebt und gesagt „Ich mag dich so wie du bist und ich werde dich immer lieben, Ruby. Egal was kommt. Du hast mich nie geärgert, oder dich über mich lustig gemacht und warst immer geduldig mit mir, weil ich langsamer bin und vieles nicht verstehe. Ich möchte dich glücklich machen und für dich der Mann sein, den du liebst.“ Das war so romantisch von ihm und den Entschluss habe ich niemals bereut. Es stimmt zwar, dass es mit Jamie nicht immer einfach ist und ich ein Stück weit auf ihn aufpassen muss, weil er dazu neigt, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Aber das ist okay so. Ich kann mich auf ihn verlassen, er ist ehrlich und er zeigt mir immer wieder aufs Neue, wie sehr er mich liebt. Allerdings hatte er es nicht leicht gehabt. Seine Mutter starb, als er noch klein war und sein Vater hat ihn ständig geschlagen, niedergemacht und ihn ausgeschimpft, weil er oft gestürzt ist und gestottert hat. Ich konnte das irgendwann nicht mehr ertragen. Als ich auf der Harvard Universität studierte, habe ich Jamie zu mir geholt, weil ich nicht zulassen wollte, dass er eines Tages nicht mehr derselbe ist.“ Rumiko erzählte erstaunlich offen aus ihrem Leben und machte auch kein Geheimnis daraus, dass ihre Adoptiveltern furchtbare Menschen waren, genauso wie ihre leibliche Familie. Diese hatte sie nur zu dem Zweck zurückgeholt, um einen Knochenmarkspender für ihre kranke Zwillingsschwester zu haben. An ihr selbst waren sie nie interessiert. Mit Yumiko hatte sich Rumiko sehr gut verstanden und ihr auch geholfen. Als Yumikos Zustand immer kritischer wurde und feststand, dass sie nicht mehr lange leben würde, kehrte Rumiko der Karasuma-Familie den Rücken zu und begann stattdessen damit, sich um Jamie und Beyond zu kümmern. Kurz nachdem sie ihn vom Waisenhaus abgeholt hatte, ließ sie sich in England nieder und studierte Psychologie in Oxford. Als L das hörte, war er verwundert. „Du hast in Oxford studiert? Aber ich habe keine Unterlagen finden können.“ „Ich habe auch unter dem Namen Ruby Birthday studiert. In Oxford hatten sie deutlich bessere Unterkünfte und ich konnte mich gut um Jamie kümmern, während Beyond anfing, Medizin zu studieren. Schließlich sind wir nach Boston gezogen, als ich dort eine Stelle als Musiklehrerin annehmen konnte und dort auch die Möglichkeit für Jamie bestand, in einer Behindertenwerkstatt zu arbeiten. Alles lief gut, aber dann ist Beyond verschwunden und wir haben lange Zeit nichts mehr von ihm gehört. Nun ja, das ist das ganze Geheimnis um die Zeit, die dir in meiner Akte fehlt. Ich habe einfach unter einem anderen Namen in England studiert, damit meine leibliche Familie mich nicht findet und damit ich nicht mehr von ihnen als lebendes Ersatzteillager für Yumiko missbraucht werden konnte. Es war ihre Idee gewesen, weil sie eingesehen hatte, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte und ich nur ihr Ersatzlager war. Sie sagte „Rumi, geh und kümmere dich um deinen Bruder und deinen Freund und mach dir keine Sorgen um mich.“ Ich hätte ihr gerne geholfen, aber ihre Zeit war leider abgelaufen und da kann man nichts machen. Ich konnte das schon immer besser verarbeiten als Beyond. Selbst als William uns verprügelt hat, konnte ich das irgendwie wegstecken und als Cassandra anfing, durchzudrehen und mit Suizidversuchen zu kommen, habe ich mich um meinen Bruder gekümmert und ihn beschützt. Am schlimmsten aber wurde es, als seine Mutter einen Nervenzusammenbruch erlitt und versuchte, ihn vor den Zug zu werfen, um ihn zu töten.“ Als L das hörte, erstarrte er und konnte es nicht fassen. Beyonds eigene Mutter hatte versucht, ihn zu töten? Fassungslos sah er die Halbasiatin an, die schließlich damit begann, das Essen zu kochen. „Sie wollte ihn töten?“ „Ja, sie gab uns die Schuld an ihrem persönlichen Unglück. Ich habe versucht ihn zu retten und bei dem Durcheinander ist sie abgerutscht und auf die Gleise gestürzt. Dabei wurde sie von einem Zug erfasst und starb. Da alle in der Stadt wussten, dass sie depressiv war und öfter versucht hat, sich umzubringen, glaubte man, dass sie sich das Leben genommen hatte. Das und auch die Übergriffe seines Vaters führten dazu, dass er damit begann, die Menschen zu hassen er und immer verschlossener wurde. Wahrscheinlich war das auch der Grund dafür, dass er eine Persönlichkeitsstörung entwickelte.“ „Er hat wohl einiges erlebt“, murmelte L schon fast niedergeschlagen. Als Jamie das sah, klopfte er ihm aufmunternd auf die Schulter und lächelte fröhlich. „Aber jetzt ist ja alles gut. Beyond ist glücklich und er hat jemanden, den er sehr lieb hat.“ Schließlich kam der Serienmörder zurück in die Küche, um nach dem Rechten zu sehen. Da Rumiko kein Durcheinander haben wollte, schmiss sie die Gruppe erst mal raus und schloss die Tür. Knapp eine Viertelstunde später war sie fertig und rief alle in die Küche. Sie hatte eine Hühnersuppe gekocht, was ihrer Meinung nach besonders gut bei Krankheiten half. „So, dann haut mal ordentlich rein. Und wehe es beschwert sich einer. Schmeckt nicht, gibt’s bei mir nicht.“ Es war zu erwähnen, dass sie noch das Messer in der Hand hielt, mit der sie zuvor das Huhn zerlegt hatte und so ließ sich zuerst nicht erkennen, wie ernst sie das gemeint hatte. Doch wie sich schnell herausstellte, war sie nicht nur eine talentierte Sängerin, sondern auch eine gute Köchin. Dank der Pflege von Beyond und seiner Adoptivschwester kam L schnell wieder auf die Beine und nach knapp einer Woche war er wieder so fit wie sonst. Trotzdem legte Beyond ihm nahe, sich noch ein wenig zu schonen, wobei der Detektiv ihn misstrauisch anfunkelte und ihm sagte „Das gilt insbesondere für dich, mein Lieber.“ Sie verbrachten einige Tage zusammen mit Jamie und Rumiko, bis diese sich wieder auf ihren Rückflug vorbereiten mussten. Ihr Japanurlaub neigte sich langsam dem Ende zu und sie mussten in Boston ihre anstehende Hochzeit vorbereiten. Außerdem musste Rumiko noch zum Frauenarzt. Beyond hielt kurz Rücksprache mit L, um mit ihm zu klären, wie es denn weitergehen sollte. Die Frage war ja, ob sie kurzfristig nach Boston fliegen wollten, oder ob sie gänzlich wieder in die USA zurückkehren sollten. Beyond wusste, dass er diese Entscheidung nicht alleine treffen konnte, denn er kannte die Bedingungen ihrer Beziehung ganz genau: wenn er seine Freiheiten behalten wollte, durfte er nicht so einfach abhauen. Und das galt auch für die Ausreise nach Boston. Sie hatten Amerika verlassen, um ganz sicherzugehen, dass Clear und Sam sie nicht mehr finden würden, sollten sie eines Tages ausbrechen. Und nun sollten sie wieder zurückkehren? L dachte eine Zeit lang nach und meinte dann „Meinetwegen könnten wir uns auch in Boston niederlassen.“ Das war das Einzige, was er dazu sagte und mit dieser Entscheidung war Beyond mehr als zufrieden. Er teilte seiner Adoptivschwester den Entschluss mit, dass sie dauerhaft nach Boston ziehen würden und diese freute sich natürlich am meisten darüber. Sie fiel ihm vor Freude um den Hals und kam dann direkt mit der Idee, was sie alle gemeinsam in Boston machen könnten. „Du musst auf jeden Fall wieder im Lovely Evening vorbeischauen, wenn wir dort sind. Die anderen freuen sich sicher schon, dich nach all der Zeit mal wiederzusehen.“ Die Halbasiatin war völlig aus dem Häuschen und freute sich schon wahnsinnig. Ihren Bruder wieder in der Nähe zu wissen, war für sie besonders wichtig und dass dieser auch noch mit seinem Freund dauerhaft nach Boston ziehen würde, war für sie wohl die schönste Freude im Moment. Am Tag ihrer Abreise hatte Rumiko eine Überraschung für alle parat. Normalerweise verzichtete sie auf überflüssigen Luxus, aber sie hatte einen ehemaligen Geschäftspartner ihrer leiblichen Familie kontaktiert, der ihnen seinen Privatjet zur Verfügung stellen wollte. Wie sich herausstellte, hatte Rumiko den Konzern der Karasumas an eben jenem Mann verkauft und besaß seitdem einige Anteile am Unternehmen. Zwar hatte sie kein Interesse daran, in der Chefetage zu sitzen, aber so war sie für den Fall der Fälle abgesichert. Auch die Bar, in welche sie und Jamie regelmäßig gingen, um dort zu feiern oder sich einfach mit Freunden zu treffen, gehörte zum Teil ihr. Die Bar Lovely Evening stand eine Zeit lang kurz vor der Insolvenz, dann hatte Rumiko den Laden wieder auf Vordermann gebracht und sorgte dafür, dass ihre Lieblingsbar nicht so schnell schließen würde. L hatte irgendwie das Gefühl, als würde er nach und nach in eine völlig andere Welt hineingezogen werden. Es war eine Welt, die ihm bislang fremd war und mit der er noch nicht so wirklich umgehen konnte. Mit einem Male waren Menschen in sein Leben getreten und ließen ihn an ihrem teilhaben. Zum ersten Mal erlebte er ein Miteinander und obwohl es zwischendurch ein wenig chaotisch wurde und manchmal fragwürdige Sachen vom Stapel gelassen wurden, fand er es gar nicht mal so schlecht, wie er immer gedacht hatte. Eine Zeit lang hatte er ja noch befürchtet, Rumiko könnte Ähnlichkeiten mit einer gewissen Person haben, die im Kira-Mordfall verwickelt war, aber dem war zum Glück nicht so. Zwar neigte sie manchmal schon fast zur Überfürsorglichkeit, aber sie drängte sich nicht allzu sehr auf und sie respektierte es auch, wenn L Ruhe haben wollte. Als sie im Flieger saßen und sich auf eine lange Reise einstellen mussten, erzählte Rumiko einige Anekdoten aus ihrer Kindheit und hatte einige Geschichten über Beyond parat, die sogar L erstaunten. So erfuhr er, dass sein Freund bis zu seinem achten Geburtstag fest an den Weihnachtsmann geglaubt und lange Zeit schreckliche Angst vor Clowns hatte. Dass seine Adoptivschwester solch peinliche Geschichten erzählte, passte dem BB-Mörder überhaupt nicht. Und als L dann noch so grinste und fragte „Du hattest wirklich Angst vor Clowns?“ da sah er die beiden giftig an. „Nur um es mal klarzustellen: Wenn man als Kind Stephen Kings „Es“ als Film sieht, dann ist es ja nur natürlich, dass man Angst vor Clowns kriegt.“ „Mag ja sein, aber weißt du noch, was bei Debbys Geburtstagsparty gewesen war?“ „Wag das bloß nicht!“ Doch Rumiko grinste nur amüsiert und erzählte einfach weiter. Auch auf die Gefahr hin, dass ihr Bruder ihr gleich den Hals umdrehen würde. „Als der Partyclown kam, ist Beyond in Tränen ausgebrochen und hat nicht aufgehört zu heulen. Ich hatte alle Mühe, ihn zu trösten und musste ihn nach Hause bringen.“ Beyonds Blick nahm etwas Unheimliches und Drohendes an, aber das interessierte die 26-jährige nicht die Bohne. Sie hatte Spaß an diesen alten Geschichten und erzählte einfach munter eine Geschichte nach der anderen. L selbst musste sich in diesem Moment Beyond als kleines Kind vorstellen, welches beim bloßen Anblick von Clowns anfing zu weinen. Irgendwie niedlich… „Ich weiß was du denkst, L. Hör sofort auf damit!“ „Ach komm Bruderherz, die ganze Zeit bringst du L mit deinen Kommentaren in Verlegenheit, also bist du jetzt auch mal dran.“ Es hatte keinen Sinn. Rumiko und L hatten sich gegen ihn verschworen und Beyond merkte schon, dass er jetzt die Retourkutsche für sein freches Verhalten bekam. Also musste er das jetzt wohl oder übel ausbaden. Er kochte innerlich und als Rumiko dann auch noch ein altes Foto herauskramte, da wurde ihm das zu viel und er versuchte, sie abzuhalten. Doch da war es auch schon zu spät und so hielt L ein altes Foto in der Hand, welches Beyond, Rumiko und Jamie als Kinder zeigte. Rumiko trug ein zweiteiliges schwarzes Kleid und darunter einen weißen Pullover. Ihr blondes Haar, in welchem ihre rote Schleife deutlich erkennbar war, war gerade und schulterlang geschnitten und sie stand in der Mitte, während sie Jamie und Beyond an der Hand hielt. Jamie hatte an seinen Beinen und an den Armen überall Pflaster, trug an seinem linken Handgelenk das rote Band und hatte denselben fröhlichen, aufgeweckten und kindlichen Glanz in den Augen wie heute noch und dasselbe Lächeln. Beyond als Kind wirkte ein wenig distanziert und man sah ihm an, dass er sich regelrecht an Rumiko klammerte. Aber irgendwie sah er als Kind ziemlich süß aus, selbst mit den zerzausten schwarzen Haaren. „Jetzt gib endlich das Foto her, ich sehe darauf total doof aus! Hey!“ Doch L konnte den Blick einfach nicht von dem 8-jährigen Beyond auf dem Foto abwenden. Er sah das etwas schüchterne Lächeln und die Zahnlücke, die darauf schließen ließ, dass er zu dem Zeitpunkt ein paar Milchzähne verloren hatte. Und das machte ihn auf diesem Bild nur noch niedlicher. Beyond schnappte ihm schließlich das Foto weg, doch da kam auch schon Rumiko und versuchte es selbst wieder an sich zu nehmen. „Jetzt stell dich mal nicht so an, Beyond. Ich finde, du siehst da richtig süß aus.“ „Kleine Kätzchen sind süß oder Hundewelpen. Aber ich bin definitiv nicht süß als Kind. Und das Bild wurde gemacht, als ich diese total hässliche Zahnlücke hatte. Also warum hast du ausgerechnet dieses Foto aufgehoben?“ „Weil es das Einzige ist, wo wir alle drei noch drauf waren und jetzt gib schon her!“ Es entstand ein Gekabbel, als wären die beiden noch Kinder, die sich um ein Spielzeug zankten. Schließlich aber ging Jamie dazwischen und nahm das Foto selbst an sich. „Ich finde, es ist ein schönes Foto. Warum machen wir nicht eines zusammen, wenn wir in Boston sind?“ „Ja, am besten direkt nach unserer Hochzeit. Und wir müssen unbedingt eines machen, wenn unser Kind zur Welt gekommen ist.“ „Hey, nun mal langsam“, rief Beyond und versuchte dieses Thema irgendwie wieder zu beenden. „Wir sind noch nicht mal gelandet und haben ein paar Stunden Flug noch vor uns. L, sag doch auch mal was dazu!“ „So schlecht finde ich die Idee gar nicht.“ „Du mieser Verräter… Ihr alle habt euch gegen mich verschworen.“ „Auch schon gecheckt?“ Rumiko grinste frech und kniff Beyond in die Wange und lachte. Und als dieser eine Schmollmiene zog, mussten auch die anderen lachen. So hatte es sich der Serienmörder nicht vorgestellt. Anstatt, dass er auf den Genuss kam, L wieder mal ein wenig zu ärgern, verbündete der sich hinter seinem Rücken offenbar noch mit Rumiko und haute stattdessen ihn in die Pfanne. Schöne Scheiße. Schließlich, als es langsam Abend wurde und der Flug noch weiterging, war Jamie in seinem Sitz eingeschlafen, während Rumiko es sich bequem gemacht hatte und einen Manga las. L war die meiste Zeit damit beschäftigt gewesen, sich auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen, was Kriminalfälle betraf. Irgendwann aber, als Rumiko ebenfalls eingeschlafen war, stand er auf und begann nach Beyond zu suchen. Er war irgendwohin verschwunden und seitdem nicht mehr aufgetaucht. Ob er immer noch schmollte wegen dem Foto? Als er an Rumiko vorbeiging, die leise schnarchte, fiel ihr der Manga runter, den sie vorhin noch gelesen hatte. L hob ihn auf und warf einen neugierigen Blick auf die Seiten. Schon als er sah, was dort in Schwarzweiß auf den 180 Seiten getrieben wurde, wurde ihm ganz anders und er legte es schnell wieder weg. Großer Gott, dachte er und sah die schlafende Rumiko beinahe entsetzt an. Zwar hatte Beyond erwähnt gehabt, dass sie einen Faible für solche Beziehungen hatte, aber dass sie auch noch Hardcore Yaois las, das war schon wieder zu viel für ihn. Ob sie irgendwie einen schlechten Einfluss auf Beyond ausgeübt hatte, dass er es beim Sex immer etwas härter haben wollte? Musste wohl so sein… Oh Mann, dabei sah Rumiko doch gar nicht danach aus, als würde sie auf solche Sachen stehen. L öffnete eine große Schiebetür und sah Beyond auf einer Couch sitzen und ein Buch lesen. Zuerst befürchtete der Detektiv ja, es könnte eine ähnliche Lektüre sein so wie Rumikos, aber zu seiner Erleichterung war es bloß ein ganz normaler Roman. Die Augen des Serienmörders ruhten auf ihn und erstaunt fragte er „Du schläfst noch nicht?“ „Ich hab mich gewundert, wo du geblieben bist.“ „Ich wollte nur ein bisschen Ruhe, das ist alles. Jamie schläft ja immer recht früh ein und da war die Couch eben besetzt und Rumiko liest bis spät in die Nacht immer ihre Mangas.“ An dem Gesichtsausdruck ließ sich deutlich erkennen, dass L irgendwie schon Bescheid wusste. „Ich sehe schon, du bist im Bilde.“ „Deine Schwester hat einen sehr außergewöhnlichen Geschmack. Genauso wie du.“ „Tja, aber zumindest hat es den Vorteil, dass man problemlos mit ihr über solche Sachen reden kann. Aber zugegeben: ihre Lektüren bieten doch wirklich wunderbare Vorlagen.“ Irgendwie hatte L ein ganz mieses Gefühl bei der Sache, als Beyond ihm das sagte. Er hatte doch nicht wirklich das vor, was er befürchtete. Oder etwa doch? Dieses unheilvolle und anzügliche Grinsen sprach jedenfalls eine ganz eindeutige Sprache. „Mo-moment mal, Beyond. Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein. Ich meine, Rumiko und Jamie sind hier im Flieger. Wenn sie uns hören, dann…“ „Dann müssen wir eben leise sein. Und selbst wenn, ich häng einfach ein Schild an die Tür.“ Doch das kam für L trotzdem nicht in die Tüte. Sie konnten doch wenigstens warten, bis sie in Boston gelandet waren. Warum musste das ausgerechnet jetzt im Flieger sein, wenn sie jederzeit erwischt werden konnten? Allein der Gedanke daran war schon schrecklich genug. Doch das schien Beyond überhaupt nicht zu stören. „Und überhaupt liegt da doch der Reiz an der Sache, findest du etwa nicht?“ „Überhaupt nicht“, entgegnete L entschieden und machte einen Schritt zurück in Richtung der Schiebetür. Das hier wurde ihm eindeutig zu viel. Er musste schnellstmöglich hier raus, bevor dieser Verrückte noch irgendetwas anstellen konnte. Doch da war Beyond schneller und bekam ihn an der Hand zu fassen. Er zog ihn zu sich heran, nahm ihn in den Arm und küsste ihn. Zuerst versuchte L noch, sich irgendwie herauszuwinden, doch es hatte keinen Sinn. Tief in seinem Herzen spürte er, dass er nicht in der Lage dazu war. Wie lange war es her gewesen, dass er Beyond das letzte Mal im Arm gehalten und ihn so geküsst hatte? Das war schon knapp eine Woche her und er spürte auch, dass er mehr wollte und vor allem Beyond wieder so nah sein wollte. Aber doch nicht hier! Nicht hier, wo sie jederzeit ertappt werden konnten. Allein der Gedanke, dass jemand sie dabei sehen könnte, das wäre für ihn viel zu peinlich. Doch Beyond schien das vollkommen egal zu sein. „Jetzt mach dir mal keinen Kopf deswegen. Ich sagte doch, dass Rumiko absolut locker ist und um Jamie brauchst du dir da auch keine Sorgen machen.“ „Trotzdem muss ich das nicht haben, verdammt.“ „Tja, dein Pech. Denn ich werde dich nicht so schnell wieder gehen lassen. Da musst du wohl jetzt durch.“ Kapitel 11: Liebe über den Wolken --------------------------------- Beyond hatte die Schiebetür geschlossen und tatsächlich ein Schild hingehängt, wo Bitte nicht stören! draufstand. Zwar hielt L das Ganze immer noch für eine absolut schlechte Idee, aber er wusste leider, dass dieser Mistkerl trotzdem seinen Willen durchsetzen würde. Gegen diesen Dickkopf kam er ohnehin nicht an und es blieb nur zu hoffen, dass er wenigstens dieses Mal seine Stimme unter Kontrolle halten konnte, bevor es noch schlimmer wurde. Widerstandslos ließ er sich von Beyond auf die Couch niederdrücken und als auch noch das Licht ausging, war es fast komplett dunkel. Lediglich das Licht des Vollmondes ließ einen blassen Schein durch die Fenster werfen. Trotzdem erschien es dem Detektiv, als würden Beyonds Augen leuchten wie die einer Katze. In diesem Licht erinnerte er auch tatsächlich mehr an ein Raubtier, das sich nun seine Beute holen wollte. Er wirkte bedrohlich, schattenhaft und dennoch ging in diesem Licht eine fremdartige Faszination von ihm aus. Sanft streifte der Serienmörder ihm seinen Pullover ab, drückte ihn nun gänzlich auf die Couch nieder und küsste seinen Hals. „Keine Fesseln dieses Mal?“ fragte L verwundert, denn irgendwie hatte er das Gefühl gehabt, es würde etwas fehlen. Und tatsächlich machte Beyond keine Anstalten, ihn wieder zu fesseln so wie die letzten Male. „Ausnahmsweise mal nicht. Ich will dich noch nicht zu sehr fordern und außerdem wäre es doch zu langweilig, wenn unsere Fesselspielchen zum Alltag werden. Oder willst du es unbedingt?“ „Das hab ich nicht damit gemeint“, gab L sofort zurück und machte schon wieder Anstalten, Beyond wegzudrücken, doch da wurde seine Hand aufs Sofa gedrückt und ehe er sich versah, lag er auch schon da und konnte sich aus der Lage nicht mehr so schnell befreien. „Weißt du, ich habe dich sehr vermisst, L“, flüsterte der Serienmörder und küsste ihn an einer besonders empfindlichen Stelle am Hals, woraufhin der Detektiv zusammenzuckte. Immer noch plagte ihn die Sorge, dass gleich jemand zur Tür reinkommen und sie so sehen würde. Nun gut, es war hier drin recht dunkel, aber man konnte ja das Licht anschalten. Aber offenbar hatte Beyond daran besonders Spaß und strich sanft über L’s Brust. „Ehrlich gesagt habe ich dich ganz oft vermisst, während ich unter der Dusche stand.“ Da der Detektiv diese Botschaft mehr als deutlich verstand, gab er ihm einen kräftigen Klaps auf den Kopf. „Das ist ja mal wieder so was von typisch für dich, du Perversling.“ Beyond rieb sich die Stelle, wo L ihn gehauen hatte und entgegnete „Was denn? Du warst krank und…“ „Halt endlich die Klappe und mach einfach, wenn du dich schon nicht beherrschen kannst, okay?“ „Hey, ich hab mich doch beherrscht, oder? Ich hab mich ganz liebevoll um dich gekümmert und nichts Unanständiges oder Falsches gemacht. Oder willst du mir etwa damit sagen, dass du dir noch nie selbst einen…“ L hielt ihm den Mund zu und sah ihn warnend an. „Nie und nimmer mach ich so etwas, klar? Ich bin nicht so triebgesteuert wie du.“ Oh Mann, dachte Beyond und sah L ungläubig an. Der braucht noch echt Nachhilfe in so manchen Sachen. Das ist ja traurig! Na, dem werde ich noch so einiges beibringen müssen, so viel steht fest. Ob der Gute nun will oder nicht. Der wird sich noch ganz schön wundern. Beyonds Zunge begann L’s Brustwarze zu umspielen und zwischendurch vergrub er auch sanft seine Zähne in diese blasse und zarte Haut, während er ebenso vorsichtig mit seinen Fingernägeln über L’s Körper fuhr. Dieser konnte vor Beyond seine Erregung kaum verheimlichen und verbarg sein Gesicht hinter seiner Hand. Oh Mann, der versteckt sich jetzt schon vor mir und dabei habe ich noch nicht mal richtig angefangen. Oder macht er sich immer noch Gedanken wegen Rumiko und Jamie? Na was soll’s, so kann ich ihn auch ein bisschen ärgern. Strafe muss sein und die Schonfrist ist auch abgelaufen. Jetzt hol ich mir, was ich will und da kann er tun und lassen was er will. Der kann sich da nicht so schnell herauswinden. Als Beyonds Hand zu L’s Schritt wanderte, zuckte der Detektiv kurz zusammen und musste sich den Mund zuhalten. „Na holla, mein Lieber. Du scheinst mich ja auch ziemlich vermisst zu haben.“ „Red keinen Unsinn“, entgegnete L mit zitternder Stimme und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Aber leider hatte das auch keinen sonderlichen Erfolg und das amüsierte den BB-Mörder nur noch mehr. Er liebte es, wenn L so aussah und noch mehr liebte er es, wenn er seinen Dickschädel knackte und ihn dazu brachte, sich seinem Willen unterzuordnen. Doch anscheinend schien der Blitzmerker langsam erkannt zu haben, dass Widerstand vollkommen zwecklos war. Beyond würde immer seinen Willen kriegen und ihn spüren lassen, wie sehr er ihn liebte und begehrte. Langsam streifte er ihm die Hose ab und küsste seinen Bauchnabel, strich sanft über seine Taille und ließ dann L’s bestes Stück in seinen Mund gleiten. L, der von einer schwindelerregenden heißen Welle der Lust überflutet wurde, rang nach Atem und fühlte sich wie im Fieber. Er hatte alle Mühe, nicht zu laut zu stöhnen und hätte Beyond am liebsten gesagt, er solle damit aufhören, doch er schaffte es nicht. Er befürchtete sonst, er könnte zu laut werden und dann noch Rumiko oder Jamie aufwecken. Und sein Körper sprach eine ganz andere Sprache. Ja, sein Körper wollte es und er spürte auch deutlich, wie sehr ihm diese Intimität mit Beyond gefehlt hatte. Doch sein Verstand wehrte sich dagegen, er versuchte ihn instinktiv wegzudrücken und ihn davon abzuhalten und das alles sofort zu beenden. Es war immer einfacher gewesen, wenn er gefesselt war, denn da hatte er nicht die Möglichkeit besessen, sich zur Wehr zu setzen. Er hatte damit nie eine andere Alternative gehabt als die, es einfach zuzulassen. Und hier ließ Beyond ihm diese Freiheit in der Erwartung, dass er sich ihm freiwillig unterordnete. Was für ein verdammter hinterhältiger Mistkerl. Aber so einfach wollte L sich nicht unterbuttern lassen. Doch der BB-Mörder ging immer energischer vor und ein elektrisierendes Kribbeln durchfuhr seinen Körper. Obwohl er immer noch versuchte, Widerstand zu leisten und irgendwie aus dieser Situation zu flüchten, fühlte es sich so gut an. Und als er auch noch spürte, wie Beyonds Finger in ihn eindrang, da konnte für einen kurzen Augenblick seine Stimme nicht zurückhalten. „Ne-nein… das… ah!!“ Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, seit er sich das letzte Mal so gefühlt und Beyond so gespürt hatte. Sein Herz begann schneller zu schlagen und das Blut rauschte in seinem Kopf und pulsierte an seinen empfindlichsten Stellen. Ihm war mit einem Male, als würde er alles nun viel intensiver wahrnehmen und ihm wurde schwindelig. „Be… Beyond…“, brachte er hervor und hatte alle Mühe, seine Stimme ruhig zu halten, denn dieser verdammte Mistkerl schien es richtig darauf anzulegen, dass er laut stöhnte. „St-stop. Warte… ah… das ist…“ Seine freie Hand verkrallte sich in das Sofapolster und sein Körper begann zu zittern. „Nein, nicht… mh…“ Doch der Serienmörder hörte nicht auf ihn und machte einfach weiter. L war wie benommen und verlor allmählich die Kraft, um Widerstand zu leisten. Ohne es zu wollen, zerbrach dieser innere Widerstand, als er diese Berührung in seinem Innersten spürte und er ließ Beyond einfach gewähren. Tief in seinem Herzen wollte er ihn wieder so deutlich spüren und ihm zeigen, dass er ihn liebte. Aber als er allmählich spürte, dass er langsam an sein Limit kam, da versuchte er erneut, Beyond wegzudrücken und ihn abzuhalten, weiterzumachen. „Nein, hör auf. Ernsthaft, ich…“ L musste sich wieder den Mund zuhalten, als ihm beinahe wieder die Stimme durchgegangen wäre. Immer noch versuchte er mit dem kläglichen Rest seiner verbliebenen Kraft, den Serienmörder abzuhalten, aber er kam nicht gegen ihn an. „Schon gut“, sagte dieser bloß. „Lass es einfach zu.“ Du verdammter Vollidiot, dachte L und biss sich auf die Unterlippe. Sein Gesicht glühte, seine Brust hämmerte und seine Erregung hatte einen Punkt erreicht, wo sie nicht mehr auszuhalten war. Und dieser Kerl machte einfach weiter, anstatt endlich aufzuhören, bevor es noch zu spät war. „Du hast gut reden“, brachte er mit Mühe hervor und konnte seinen Körper nicht mehr unter Kontrolle halten. „Ich… mh… ich will das ei-einfach nicht.“ „Lügner.“ L versuchte mit aller Macht, sich irgendwie zurückzuhalten, doch je mehr er es versuchte, desto gieriger ging Beyond vor und schließlich schaffte L es nicht mehr. Eine intensive Flutwelle der Lust ertränkte ihn und dann flaute sie langsam wieder ab, als er seinen Orgasmus nicht verhindern konnte. Oh Gott, es war schon wieder passiert. Scham und Schuldgefühle erfüllten ihn und am liebsten wäre er im Boden versunken. Er verbarg sein Gesicht und sagte mit zitternder Stimme „Tut mir leid…“ Doch Beyond streichelte ihm zärtlich den Kopf und sagte „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.“ „Das ist alles deine Schuld, du Idiot.“ Der Serienmörder lachte nur und obwohl man in der Dunkelheit nicht viel erkennen konnte, wusste der Detektiv, dass sein ehemaliger Erzfeind schon wieder so grinste. Der hatte allen Ernstes noch Spaß daran. „Du bist echt unmöglich, weißt du das?“ „So langsam müsstest du dich doch daran gewöhnt haben. Und du liebst mich doch gerade wegen meines unmöglichen Charakters.“ L legte den Kopf auf die Lehne, atmete schwer und schloss die Augen. Ihm fiel es immer schwerer, seine Gedanken zusammenzuhalten und sich darauf zu konzentrieren, bloß nicht zu laut zu werden. Sein Verstand war wie gelähmt und als er auch noch spürte, wie Beyond seine Beine ein wenig spreizte, wusste er, was gleich kommen würde. Das Herz schlug ihm immer noch bis zum Hals und er war aufgeregt. Langsam drang Beyond ein und L versagte fast wieder die Kontrolle über seine Stimme. Ihm war, als wäre es eine unsagbare Ewigkeit her gewesen, dass er Beyond das letzte Mal so gespürt hatte und dementsprechend reagierte er viel empfindlicher als ohnehin schon. Er nahm noch nicht einmal den Schmerz wahr. Als er die Augen öffnete, sah er den Schatten des Serienmörders im schwachen Licht des Vollmondes und hatte das Gefühl, als wäre er in einem Traum. Beyond erschien ihm immer mehr wie ein Raubtier oder wie ein Dämon, der seine Beute unwiderstehlich und immer tiefer in seine Welt hineinzog. Und L wusste, dass er schon längst nicht mehr den Willen aufbrachte, um sich dagegen zu sträuben. Er war seinem Jäger mit jeder Faser seines Körpers verfallen und konnte sein Verlangen nicht verleugnen. Und er wusste, dass Beyond ihm genauso unrettbar verfallen war. Das Nächste, was L wahrnahm, waren zwei Hände, die ihn sanft packten und seinen Oberkörper hochzogen. Beyond hielt ihn fest und ehe sich der Detektiv versah, befand er sich in einer aufrechten Position, was für ihn nun völlig neu war. Er sah in diese leuchtenden roten Augen und wusste nun überhaupt nicht mehr, was das zu bedeuten hatte. Aber dann grinste Beyond und begann wieder seinen Hals zu liebkosen. „Wird Zeit für eine kleine Unterrichtsstunde, mein Lieber. Dieses Mal wirst du schön mitmachen müssen.“ L wurde hochrot im Gesicht, als er das hörte und entgeistert sah er den Serienmörder an, während er sich an ihm festhielt. „Was soll das denn jetzt bitteschön werden? Was hast du denn jetzt schon wieder mit mir vor?“ „Na warum soll ich denn die ganze Arbeit machen?“ „Aber… in dieser Position???“ „Das geht schon. Und so geht es wenigstens viel tiefer rein als sonst.“ Für diesen Kommentar fing sich Beyond eine Kopfnuss ein und L schüttelte den Kopf. Oh Mann, dieser Schwerenöter hatte sie ja wohl nicht mehr alle. In dieser Position kam er sich irgendwie… na irgendwie… wie eine Frau vor. Wobei, wenn er es recht bedachte, stimmte das ja eigentlich. Er war quasi die Frau in der Beziehung, wenn man bedachte, dass er immer der Untere war. Großer Gott, das konnte doch wohl nicht wahr sein! Und er hatte es erst jetzt gemerkt… Das ist doch wohl ein schlechter Scherz, dachte er und legte seinen Kopf auf Beyonds Schulter ab und gab einen leisen gequälten Seufzer von sich. Ich will sterben… „L, was ist? Tut’s weh?“ „Bring mich um…“ „Na komm, so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Und jetzt sei mal keine Drama-Queen und setz mal deine Hüften in Bewegung, sonst sitzen wir hier noch die ganze Nacht so auf der Couch.“ Irgendwann zahl ich dir das heim, du Mistkerl. Das schwöre ich dir. Dann wird dir dein abartiges Grinsen noch vergehen. Doch L sagte nichts, stattdessen hielt er sich an Beyonds Schultern fest und begann sich nun selbst in Bewegung zu setzen. Nicht zu fassen, dass dieser Perversling ihm wirklich so etwas abverlangte. Aber im Grunde hatte er ja Recht, so ungern der Detektiv es auch zugeben wollte. Ehe er sich versah, begann sich sein Körper wie von alleine zu bewegen und er konnte auch nichts dagegen tun. Doch so ganz konnte er sich noch nicht daran gewöhnen und ein wenig seltsam erschien es ihm immer noch. Aber es war nicht so, dass es ihm unangenehm war. Es war einfach nur sein falscher Stolz, der sich mal wieder meldete und der ihm so etwas verbot. Dies hier zu tun bedeutete, dass er sich gänzlich nach Beyonds Willen richtete und ihm freiwillig die Kontrolle überließ, ohne dass er gefesselt und somit „überzeugt“ werden musste. Aber es war auch seine Chance, ihm zu beweisen, dass er es wirklich wollte und dass er ihn liebte. Beyond ließ ihm ein Stück weit Freiheit, um ihm die Wahl zu lassen, sich darauf einzulassen, oder sich dagegen zu wehren. Aber da L ihm zeigen wollte, wie sehr er ihn liebte, kam es trotz allem nicht infrage, jetzt abzubrechen. Während sich seine Hüften rhythmisch hoben und senkten, fuhr Beyond mit seiner Zunge über L’s Brust und küsste seinen Hals. Im weißblauen Mondlicht glänzten Schweißperlen auf ihrer Haut und L klammerte sich an Beyond und hielt ihn fest im Arm, wobei sich seine Finger ins seinen Rücken verkrallten. Er spürte den rasenden Herzschlag, seinen heißen verschwitzten Körper und roch den Duft seines Haares. Es war wie eine Droge für ihn und diese fremde Hitze in seinen Inneren löschte den letzten Rest seiner Gedanken, sodass rein gar nichts mehr in seinem Kopf existierte, als der brennende Wunsch, Beyond nahe zu sein und ihn noch intensiver zu spüren. „Beyond…“, brachte er mit zitternder Stimme hervor und konnte kaum noch seine Atmung unter Kontrolle halten. „Ich liebe dich.“ Beyond, der ihn an den Hüften festhielt, küsste ihn und legte seinen Kopf auf L’s Brust ab. „Ich liebe dich auch, L. Egal was auch kommt, daran wird sich nie etwas ändern. Ich werde niemals einen anderen Menschen so sehr lieben wie dich. Du gehörst mir, genauso wie ich dir gehöre. Das darfst du niemals vergessen.“ „Das werde ich nicht.“ Als Beyond seine Zähne in eine besonders empfindliche Stelle an L’s Hals vergrub und mit seiner Hand sein Glied zu massieren begann, da wich sämtliche Kraft aus seinem Körper und er sank zusammen. „Hey, jetzt bloß nicht schlapp machen.“ Doch L schaffte es kaum noch, einen Muskel zu bewegen. Es war so unbeschreiblich intensiv, dass es schon fast zu viel für seinen Körper wurde und er spürte, dass er bald an seine Grenzen stoßen würde. „Beyond, ich…“ Er versuchte, seine letzten Kraftreserven zu mobilisieren und setzte sich wieder in Bewegung. Ein elektrisierendes Kribbeln ging durch seinen Körper und sein Blut pulsierte mit solcher Kraft, dass es in seinen Ohren regelrecht zu dröhnen begann. Seine Hände verkrallten sich so fest in Beyonds Körper, dass er Kratzer hinterließ und sein Kuss war so leidenschaftlich und flehend, dass er sich schon fast vor sich selbst erschreckte. War das wirklich er selbst? Vor ein paar Monaten hätte er noch in einem kühlen und sachlichen Ton gesagt „nie und nimmer, definitiv nicht!“ Doch jetzt, da er diese überwältigen Gefühle verspürte und sich nicht mehr unter Kontrolle hatte, wusste er mit Gewissheit: ja, das bin ich. Hier und jetzt bin ich und nichts und niemand anderes sonst. Und ich will auch nichts und niemand anderes sein in diesem Moment. Denn in diesem Moment fühle ich mich lebendig und kann der Mensch sein, der ich für Beyond sein will. Und mit dieser Gewissheit wichen sämtliche Zweifel und Ängste und dies gab ihm neue Energie. Er wollte Beyond mit jeder Faser seines Körpers genau diese Gefühle spüren lassen. Beyond, du bist das Beste, was mir je passieren konnte. Das weiß ich mit fester Gewissheit und ich will nie wieder an deinen Gefühlen zweifeln… L war vor Lust wie berauscht und hatte alles andere um sich herum vollständig vergessen. Begierig begann er mit Beyonds Zunge zu spielen und wurde von einem atemberaubenden Gefühl des Glücks hinfortgetragen. Ja, er war glücklich und das von ganzem Herzen, denn er war hier und jetzt mit dem Mann zusammen, den er von ganzem Herzen liebte und er konnte ihn so lieben, wie er es wollte. In einem letzten Endspurt bewegte er sich noch schneller und spürte auch, dass Beyond gleich soweit war, da dieser seinen Griff um seine Hüften noch verstärkte. L rang nach Luft und alles um ihn herum begann sich zu drehen und in einen dichten Nebelschleier gehüllt zu werden. Ihm war so heiß zumute und er bekam eine Gänsehaut. „Beyond…“ Der Serienmörder nickte nur und begann zu keuchen. Auch er bewegte seine Hüften im Rhythmus zu L’s und hielt ihn noch fester. Und dann, in einem letzten Kraftakt bäumte sich der Detektiv auf und beide hielten einander fest umklammert, als sie gemeinsam kamen. Erschöpft sank L zusammen und ließ aufs Sofa niedersinken. Beyond begann seine Sachen zusammen zu suchen und schaltete das Licht wieder ein. Dabei sah der Detektiv die Kratzspuren auf seinem Rücken. „Tut mir Leid, ich hab dich wohl etwas zu sehr gekratzt.“ „Schon gut“, sagte der Serienmörder lässig und begann sich wieder anzuziehen. „Irgendwie finde ich das auch recht scharf, mal von dir etwas gekratzt zu werden. Auf dem letzten Drücker bist du ja richtig wild geworden. Hast dich wohl nicht mehr bremsen können, oder?“ L lächelte müde und hatte das Gefühl, als wäre ihm jegliche Energie geraubt worden. Nicht mal zu diesem Kommentar fielen ihm irgendwelche Widerworte ein. „Wenn wir uns so nahe sind, habe ich das Gefühl, wirklich zu leben und glücklich zu sein und ich wollte, dass du das auch fühlst.“ „Das weiß ich doch. Mir ergeht es doch nicht anders und das ist es doch, was uns beide miteinander verbindet. Und wenn du mir deine Liebe auf diese Weise zeigen willst, dann kannst du mir ruhig ein paar Kratzspuren verpassen. So hab ich wenigstens ein Andenken an unsere heißen Schäferstündchen.“ „Und schon ruinierst du wieder die ganze Stimmung.“ Beyond schmunzelte darüber und gab L einen Kuss auf sie Stirn. „Aber du warst wirklich süß. Und weißt du, ich freue mich schon richtig auf unsere Landung in Boston. Nicht nur, dass meine Schwester bald heiratet, wir zwei können nach dem Streit noch mal einen Neuanfang machen. Aber sag mal, wo hast du eigentlich den alten Knacker gelassen?“ „Watari kommt etwas später nach. Er hat noch ein paar Dinge für mich in Japan zu regeln, bevor er nach Boston kommt.“ Mit der Antwort gab sich Beyond zufrieden und sammelte schließlich noch L’s Klamotten auf, die er ihm schließlich zuwarf. Eine Weile schwieg er nachdenklich und es ließ sich nur schwer erraten, was er wohl dachte, aber dann grinste er amüsiert und lachte. Der Detektiv runzelte die Stirn und fragte „Was ist denn mit dir los?“ „Ach nichts Besonderes. Ich dachte mir nur gerade, dass es das erste Mal ist, dass ich knapp 10 Kilometer über dem Erdboden in einem Flugzeug Sex hatte.“ „War ja klar, dass du wieder an so was denken musst, du Perversling.“ „Was denn? Darin liegt doch der Reiz. Wir können es auch gerne mal in der Küche versuchen.“ „Schlag dir das mal lieber aus den Kopf. Nie im Leben lass ich mich auf so etwas ein.“ „Das hat sich aber anders angehört, als wir das Bad, das japanische Zimmer, das Wohnzimmer, den Wintergarten und unsere Zimmer „eingeweiht“ haben.“ Sofort warf L ihm seine Jeanshose ins Gesicht und starrte ihn mit einem bösen und warnenden Blick an. Irgendwann würde diesem Mistkerl noch das Grinsen vergehen, so viel stand fest. Dann konnte der sich noch schön umgucken. „Sei bloß still und mach, dass du hier rauskommst.“ „Ach ja! Sex im Auto hatten wir auch noch nicht.“ „Vergiss es. Ich mach’s doch nicht im Auto. Verschon mich bloß mit deinen Fantasien.“ „Okay, dann verschieben wir’s fürs Erste.“ „Nein, es wird nicht verschoben. Ich werde DEFINITIV niemals so etwas machen.“ Abwarten, dachte Beyond bloß und ging mit einem zufriedenen Lächeln wieder zurück zu Jamie und Rumiko. Ich weiß schon, wie ich dich überzeugen kann. Kapitel 12: Ab in die (Schwulen)bar ----------------------------------- Als sie nach einem langen Flug endlich in Boston gelandet waren, lud Rumiko Beyond und Jamie in ihr Haus ein, wo sie sich erst mal von der Reise erholen konnten. Auf das Angebot kamen sie gerne zurück und im Gegenzug mussten sie nur versprechen, gemeinsam mit ihr und Jamie in ihrer gemeinsamen Lieblingsbar Lovely Evening vorbeizuschauen. Dort wollten sie zusammen feiern und Rumiko versicherte, dass es noch ein lustiger Abend werden könnte. Zwar war L nicht gerade der Typ Mensch, der gerne irgendwo hinging, aber Jamie und Rumiko zuliebe willigte er schließlich ein. Gleich am nächsten Tag, nachdem sie sich von den Strapazen erholt hatten, trafen sie sich am Abend, um Rumikos und Jamies Junggesellenabschied in ihrer gemeinsamen Lieblingsbar Lovely Evening zu feiern. Sie fuhren mit dem Taxi dorthin und schon vom Fenster aus sahen sie den Namen in leuchtender Neonschrift über dem Eingang. Die Bar selbst war modern eingerichtet und wirkte sehr einladend. Eigentlich war L ja nicht der Typ Mensch, der an solch belebte Orte ging, aber so konnte er auch mal neue Erfahrungen sammeln. Gleich schon, als sie die Bar betraten, wurden sie lautstark und begeistert begrüßt, als sie Rumiko und Jamie sahen. Die Stimmung in der Bar war ausgelassen. Es war nicht zu laut und obwohl ziemlich viel los war, wirkte es seltsamerweise gar nicht mal so chaotisch, wie L zunächst befürchtet hatte. Der Barbesitzer, ein gewisser Terry begrüßte Rumiko herzlich. „Mensch Rumi-schätzchen, es ist schön, dich wiederzusehen. Und dich natürlich auch, Jamie. Wie war denn euer Urlaub?“ „Wunderbar. Und ich hab auch gleich mal meinen Bruder und dessen Freund mitgebracht.“ Er führte sie zu einem Tisch, der sich als Rumikos und Jamies Stammplatz entpuppte. Tatsächlich verbrachten sie fast jeden Abend hier, um sich mit Freunden zu treffen, oder einfach so mal Spaß zu haben und zu reden. Nachdem sie alle Platz genommen hatten, nahm der Kellner Joey ihre Bestellung auf. Schließlich, als er Rumiko fragte „Das Übliche?“, da schüttelte sie den Kopf und antwortete „Einen alkoholfreien bitte. Alkohol ist für mich ab heute gestrichen.“ Und als sowohl Joey als auch Terry das hörten, wurden ihre Augen groß und sie fragten überrascht „Dann… dann bist du…“ „Jep, ich bin schwanger.“ Begeistert tauschten sie Blicke aus und wandten sich an die anderen Gäste der Bar. „Hey hört mal her, Leute! Unsere Rumi ist schwanger!“ Partystimmung brach aus und alle, die gerade etwas zu trinken parat hatten, hoben ihre Gläser. Rumiko gab erst mal allen Leuten zur Feier des Tages einen Drink aus und man sah ihr an, dass sie sich sichtlich wohl fühlte. „Ich liebe diese Bar hier. Die Jungs hier sind alle so herzlich und man kann immer Spaß mit ihnen haben.“ L, der sich in so einer Umgebung noch nicht so wirklich wohl fühlte, sah sich schweigend um und bemerkte, dass die Männer hier alle Rumiko ganz gut kannten. „Sind das alles Freunde von euch?“ „Die meisten schon. Das sind alles Stammgäste und die kennen uns schon eine ganze Zeit lang, auch Beyond. Sie sind wirklich herzlich und absolute Gentlemen.“ „Sag mal Rumiko“, warf Beyond kurz ein und deutete auf den Barbesitzer, der gerade mit dem Barkeeper redete. „Haben Joey und Terry etwa schon…“ „Nein, das ist vorbei. Joey ist jetzt mit Sammy verheiratet und Terry ist mit Alex zusammen.“ „Alex?“ fragte er überrascht und hob die Augenbrauen. „Dabei dachte ich eher, Alex würde mit Troy zusammenkommen. Mensch, ich muss echt einiges verpasst haben.“ L hörte den Gesprächen nur mit einem halben Ohr zu und ließ immer wieder den Blick durch die Bar schweifen und beobachtete die Gäste neugierig. Schließlich aber spürte er eine Hand auf seiner Schulter und ein groß gewachsener, muskulöser und sonnengebräunter Mann mit kurz geschnittenem schwarzem Haar und einer goldenen Halskette stand neben ihm. Er machte einen etwas seltsamen Eindruck und grinste ihn an. „Hey, wie wäre es, wenn ich dich auf einen Drink einlade?“ „Danke Norman, aber L ist mit mir hier!“ entgegnete Rumiko mit einem höflichen Lächeln, bevor L noch die Chance bekam, selbst zu antworten. „Oh, wenn das so ist…“ Damit ging der sonnengebräunte Mann wieder und L sah ihm noch nach. Was war das denn gerade? Was wollte der Kerl denn von ihm? Rumikos rot leuchtende Augen sahen L mit einem etwas verträumt wirkenden Blick an und sie hatte immer noch ihr Lächeln auf den Lippen. „Die Jungs hier sind alle anständig und absolute Gentlemen. Wenn du sie höflich abweist, dann gehen sie auch schon wieder und lassen dich in Ruhe.“ „Wieso abweisen? Was…“ L verstand nicht so wirklich, was das zu bedeuten hatte und worauf Rumiko denn eigentlich andeuten wollte. Doch dann dämmerte es ihm langsam und er sah sich noch mal um. Bis vorhin war es ihm noch nicht seltsam vorgekommen, dass es hier in der Bar nur Männer gab, aber als er dann plötzlich in einer Ecke ein Paar knutschen sah, da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und ein kleiner Schreck durchfuhr ihn. Großer Gott, wieso hatte er es denn nicht gleich erkannt? Das Lovely Evening war nicht bloß irgendeine Bar, das war eine Schwulenbar. Rumiko hatte sie allen Ernstes in eine Schwulenbar gebracht. Dabei hatte er es doch die ganze Zeit vor Augen gehabt. Rumiko hatte doch selbst gesagt, dass alle ihre männlichen Freunde schwul seien und dass sie hier in der Bar oft Freunde traf. Es war so offensichtlich gewesen und er hatte natürlich mal wieder die längste Leitung von allen gehabt, bis er es endlich geschnallt hatte. „Jedenfalls solltest du bei Norman aufpassen, L. Er ist ein wenig komisch. Pass also besser… ähm, L? Alles okay mit dir?“ Beyond sah ihn fragend an und merkte dann, was los war. Und natürlich konnte er nicht anders, als zu lachen. „Ich glaube, ich lach mich kaputt! L hat erst jetzt gecheckt, dass das hier eine Schwulenbar ist. Oh Mann, was Kriminalfälle betrifft, bist du ja ein absolutes Genie, aber bei solchen Sachen bist du ja der absolute Spätzünder.“ „Sehr witzig“, entgegnete der Detektiv beleidigt und zog eine missmutige Miene. „Hättet ihr mich nicht vorher warnen können, bevor wir hierher gehen?“ „Wieso denn?“ fragte der Serienmörder und zuckte gleichgültig mit den Schultern, so wie sonst auch immer, als wäre nichts dabei. „Ist doch nicht so wild. Wir beide sind doch auch vom anderen Ufer. Und außerdem kann man hier auch Spaß haben. Als ich eine Zeit lang hier in Boston gewohnt habe, da habe ich in der Bar glatt drei Verehrer gehabt. Und überhaupt: Ich hatte nicht erwartet, dass ich dir das extra sagen muss, weil du ja sonst immer den absoluten Durchblick hast. Also bleib mal locker. Die Jungs hier sind alle in Ordnung und die machen schon nichts Unanständiges.“ Das ist es doch gar nicht, du Blödmann. Ich hätte nur gerne vorher gewusst, auf was ich mich hier einstellen muss, dachte L und grummelte leise vor sich hin. Jamie lächelte wie immer und sah L mit seinen großen Augen an. „Die sind alle hier wirklich sehr nett. Wenn du ihnen sagst, dass du schon mit jemandem hier bist, dann lassen sie dich auch in Ruhe. Terry und Joey sind unsere engsten Freunde und haben uns oft geholfen. Die beiden waren auch schon verlobt gewesen, aber dann haben sie sich getrennt und Joey ist jetzt mit Sammy zusammen und Terry mit Alex.“ Trotzdem musste L das jetzt erst einmal sacken lassen, denn er hätte ja mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass Rumikos und Jamies Lieblingsbar ein Schwulentreff war. Oh Mann, mit denen passieren mir auch die unmöglichsten Dingen, dachte er und seufzte. Aber das Lovely Evening schien gar nicht mal so schlecht zu sein. Die Stimmung war hier ausgelassen und man sah schon, dass Rumiko und Jamie hier wirklich gerne gesehen waren. Sie standen zwischendurch auf und unterhielten sich auch mit den anderen Gästen, während Beyond sich eher etwas zurückhielt. „Hast du etwa ein Problem damit, dass wir hierher gekommen sind?“ fragte der Serienmörder schließlich und sah L mit seinen rubinroten Augen an. Dieser schüttelte den Kopf und murmelte „Nein, das ist es nicht. Ich bin das hier alles nur nicht so wirklich gewohnt, das ist alles. Die ganzen Jahre hab ich ja recht zurückgezogen gelebt und jetzt so was…“ „Na komm, so schlimm ist es ja nicht. Aber weißt du was? Hauptsache ist doch, dass Rumi und Jamie ihren Spaß haben. Sie werden immerhin morgen heiraten und an den Gedanken habe ich mich selber noch nicht gewöhnt. Jamie kenne ich schon seit ich klein war und er war immer ein guter Freund gewesen. Und jetzt zu wissen, dass er meine Adoptivschwester heiraten und bald mit ihr ein Kind haben wird, das ist für mich noch ein bisschen viel. Aber ich denke mir einfach, dass sich alles zum Guten gewendet hat. Die beiden sind glücklich und wir zwei sind es doch auch. Wir sind zusammen und auch wenn wir unsere Probleme hatten, haben wir doch alle Schwierigkeiten bis jetzt meistern können. Und wenn wir hier in Boston bleiben, müssen wir beide lernen, uns ein wenig mehr anderen Menschen zu öffnen. Denn eines steht fest: Rumiko wird uns nicht das letzte Mal in die Bar gebracht haben. Das ist ihr zweites Zuhause.“ L schwieg und sah zu Rumiko und Jamie, die sich mit einem Pärchen unterhielten und dabei viel lachten. Die schienen wirklich glücklich zu sein. Wie er von Beyond erfuhr, war das Pärchen, bestehend aus Greg und Jeffrey, hauptberufliche Hochzeitsplaner und schienen auch Rumikos und Jamies Hochzeit organisiert zu haben. Und auch einige andere Stammgäste der Bar schienen da mitzumachen. „Wie kommt es, dass Rumiko hier so bekannt ist?“ „Sie kommt hier schon seit Jahren her und außerdem hat sie die Bar vor der Schließung gerettet und sie komplett auf Vordermann gebracht. Für die meisten ist das Lovely Evening mehr als nur eine Bar. Es ist der Ort, wo sie Gleichgesinnte treffen und offen über ihre Beziehungen sprechen können, ohne dass sie dumm angemacht werden. Und außerdem finden hier neue Paare zusammen. Man könnte das also auch als eine Art Datetreff bezeichnen. Wie schon gesagt: als ich eine Zeit lang hier in Boston gelebt hatte, da habe ich drei Verehrer gehabt. Und wie es scheint, hast du auch schon den ersten.“ Damit deutete Beyond zu dem gebräunten Mann am Tresen, der ihn vorhin angesprochen hatte. Rumiko hatte ihn Norman genannt. Der Kerl schaute immer wieder kurz zu ihm rüber und irgendwie hatte L kein sonderlich gutes Gefühl bei ihm. Hatte Rumiko ihm auch nicht ans Herz gelegt, bei diesem Kerl besser aufzupassen? „Kennst du den?“ „Ich hab ihn nur ein Mal gesehen. Besser du fragst Rumiko oder Jamie.“ Es wurde immer später und die Stimmung in der Bar war auf dem Höhepunkt. Rumiko war richtig in Partylaune und gab einen Drink nach dem anderen aus. Die Musik wurde weiter aufgedreht und es wurde auch getanzt. L, dem das langsam ein wenig zu viel wurde, ging nach draußen an die frische Luft. Zwar war die Feier ganz nett und er konnte nicht leugnen, dass er es gar nicht mal so schlecht fand, aber trotzdem würde er sich so schnell nicht daran gewöhnen können. Und außerdem war es ihm darin ein wenig zu laut geworden. Draußen an der frischen Luft konnte er erst einmal tief durchatmen. Der Wind war eisig, es war dunkel, aber zumindest war es nicht so laut und stickig. L ging noch ein paar Schritte und lehnte sich dann gegen die Hauswand. Und während er sich abkühlte, dachte er noch mal über die letzten Tage nach. Es war wirklich viel passiert für seine Verhältnisse. Er hatte Beyonds Adoptivschwester und ihren Verlobten kennen gelernt, sich mit Beyond gestritten und zum ersten Mal mit so etwas wie Eifersucht zu kämpfen gehabt. Und jetzt war er nach einem recht kurzen Aufenthalt in Japan nach Boston gezogen und hatte jetzt Freunde. Seit er mit Beyond zusammen war, begann sich sein Leben immer weiter zu verändern und er konnte sich selbst kaum wiedererkennen. Es war ein so seltsames Gefühl und er fragte sich, ob das wirklich alles nur an Beyond lag, oder auch ein Stück weit an ihm selbst. Zugegeben, er war nicht gerade gesellig und würde es auch nie werden, denn seine Sozialkompetenz war wirklich miserabel. Aber diese Freundschaft zu Rumiko und Jamie war ganz anders als die zu Light Yagami, die er damals geführt hatte. Die beiden halfen ihm und Beyond, weil sie es als selbstverständlich ansahen und weil sie Wert auf Zusammenhalt legten. Sie taten es, ohne auch nur die geringsten Hintergedanken zu haben. Irgendwie fühlte sich diese Freundschaft richtig an und er mochte Rumiko und Jamie auch. Immerhin hatten sie ihm geholfen, sich wieder mit Beyond zu versöhnen, als sie sich zerstritten hatten. Und als er krank war, hatten sie sich um ihn gekümmert. So als wären sie alle eine Familie. Familie… zwanzig Jahre war es jetzt her, seit er eine richtige Familie hatte. Und zum ersten Mal nach all der Zeit verspürte er wieder die Sehnsucht zu seinen Eltern, die damals sterben mussten. Obwohl er sich kaum noch an sie erinnern konnte, vermisste er seine Mutter, die ihn damals gepflegt hatte, als er schwer krank wurde und nicht von seiner Seite gewichen war. Ob Rumiko damit zu tun hatte, weil sie genauso liebevoll und fürsorglich war wie seine Mutter? Oder war es, weil sie das gleiche Lied gesungen hatte? Irgendwie war ihm tatsächlich so, als hätte er jetzt nach all der Zeit wirklich eine Familie. Es war schon irgendwie seltsam… L war so abgelenkt, dass er gar nicht registrierte, dass jemand ihn kurz ansprach, dann grob am Arm packte und ihn in die dunkle Seitengasse zerrte. Ehe er sich versah, wurde er mit dem Rücken zur Wand gedrückt und jemand presste eine Hand auf seinen Mund. In der Dunkelheit konnte der Detektiv nur mit Mühe erkennen, dass es der Kerl aus der Bar war, der ihn vorhin angesprochen hatte. Dieser Norman, vor dem Rumiko ihn gewarnt hatte. Was wollte der denn von ihm? Gutes schien der jedenfalls nicht wirklich im Sinn zu haben, so wie der drauf war. Und sein Atem roch nach Alkohol. „Na, ganz alleine hier draußen? Wie wäre es, wenn wir zwei Hübschen ein kleines bisschen Spaß miteinander haben?“ Hat er etwa das vor, was ich wirklich befürchte? Hoffentlich nicht… L sah das hinterlistige und sadistische Grinsen in Normans Gesicht und innerlich durchfuhr ihn ein eiskalter Schauer. Großer Gott, der will es wirklich! Scheiße, ich muss mich irgendwie befreien. L versuchte sich zu wehren und sich irgendwie zu befreien, doch der Kerl war verdammt gut durchtrainiert und gegen ihn hatte er kaum eine Chance. Und als der ihm auch noch ein Springmesser an den Hals hielt, da bekam der Detektiv wirklich Angst. „Ich an deiner Stelle würde das nicht tun, kapiert? Wenn ich vernünftig wäre, würde ich mich nicht allzu sehr wehren, sonst wird das noch verdammt wehtun für dich.“ Da L keine Anstalten mehr machte, sich zu befreien, klemmte Norman das Messer zwischen die Zähne und wollte mit seiner freien Hand gerade an L’s Hose gehen, da hörten sie Schritte von Absätzen in der Gasse und im schwachen Licht einer Neonröhre leuchteten zwei rote Augenpaare dämonisch auf. „Ich dachte ich hätte mich klar genug ausgedrückt als ich sagte, er ist mit mir hier“, hörte er Rumikos Stimme und ihr Ton klang alles andere als freundlich. Ihre Stimme klang kalt wie Eis und bedrohlich. Aus dem Schatten traten Rumiko, Beyond und Jamie hervor und die beiden Geschwister mit den Shinigami-Augen hatten einen unheimlichen Glanz in ihren Augen. Er wirkte mörderisch, bedrohlich und angriffslustig. Norman sah sie ungläubig an und nahm sein Messer wieder zur Hand. „Was willst du denn hier?“ Rumiko warf Beyond einen kurzen Blick zu und er nickte bloß. Dieser sprach sich kurz mit Jamie ab und dann kam die Halbasiatin langsam auf Norman zu. „Ich hab es dir schon mal gesagt, Norman und ich sag es dir hier und jetzt noch mal in aller Deutlichkeit: solange ich hier bin, hast du dich gefälligst an die Spielregeln zu halten und niemand fasst meine Freunde an.“ „Dann komm doch her, wenn du Ärger haben willst.“ Und Rumiko kam auf ihn zu. Sie zeigte nicht die geringste Spur von Angst und ihr Blick war so düster geworden, dass man wirklich Angst vor ihr bekommen konnte. Und dann geschah alles blitzschnell. Ehe sich Norman versah, hatte sie ihm einen Tritt auf den Fuß, einen Ellbogenhieb in die Magengrube und einen Schlag ins Nasenbein verpasst und trat ihm dann zwischen die Beine. Stöhnend sank er zu Boden und ließ das Messer fallen. L blieb wie angewurzelt stehen und sah, wie Rumiko das Messer aufhob. „L, du gehst zu Jamie und Beyond.“ Der 24-jährige eilte zu ihm und zog ihn mit sich und damit weg von Norman, der sich immer noch nicht von den Angriffen erholt hatte. Rumiko drehte ihn auf den Rücken und bohrte den Absatz ihres Schuhs in seinen Brustkorb. Sie war wie verändert und kaum wiederzuerkennen. Die fröhliche und liebevolle Frau war verschwunden und in dem Moment erinnerte sie L an das Monster in Beyond. Er sah dies und er ahnte nichts Gutes. „Was… was hat sie vor?“ „Sie wird ihm die Hölle heiß machen“, erklärte Beyond und machte keinerlei Anstalten, seine Adoptivschwester aufzuhalten. „Denn niemand vergreift sich ungestraft an jemandem, der unter ihrem Schutz steht.“ „Der wird sich noch wundern“, stimmte Jamie zu und nickte, während er zusammen mit Beyond und L aus sicherer Distanz zuschaute. Rumiko richtete die Spitze des Messers auf Norman und funkelte ihn mordlustig an. „Solchen Abschaum wie dich will ich in meiner Stadt nicht sehen, kapiert? Wag es auch nur ein einziges Mal, meinen Freunden zu nahe zu kommen und ich werde dir eigenhändig die Eier abschneiden und sie dir in den Hals stopfen, dass du daran erstickst.“ Das monströse Funkeln in diesen blutroten Augen machte Norman wirklich Angst und er ahnte, dass er sich mit der falschen Frau angelegt hatte. „J-ja… okay, ich hab’s kapiert!“ „Offenbar nicht, sonst müsste ich dich nicht schon wieder verwarnen. Dieses Mal werde ich nicht so gnädig mit dir sein. Und ich glaube, L’s Freund hat auch noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen. Glaub mir, ihn willst du lieber nicht zum Feind haben.“ Damit wandte sie sich an Jamie. „Du gehst mit L zurück nach Hause. Beyond und ich haben hier noch ein paar Dinge mit Norman zu klären.“ Und damit ergriff der 24-jährige L’s Arm und verließ mit ihm die Gasse. Der Detektiv, der sich langsam wieder von seinem Schrecken erholt hatte, sah zurück in die Dunkelheit und war sich nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, die beiden mit diesem Norman allein zu lassen. „Jamie, sollten wir nicht lieber zurückgehen und sie aufhalten?“ „Nein, wir gehen zurück nach Hause. Beyond und Ruby werden schon zurechtkommen.“ „Das weiß ich ja. Ich hab nur kein gutes Gefühl dabei…“ „Musst du nicht. Ruby ist kein böser Mensch. Sie wird ihm nur ordentlich Angst machen, damit er nichts Schlimmes mehr macht.“ Trotzdem war L nicht ganz wohl bei der Sache, aber er ging dennoch mit Jamie mit nach Hause. Mensch, das war aber wirklich mehr als knapp. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Rumiko und die anderen nicht rechtzeitig aufgetaucht wären. Allein schon bei der Vorstellung wurde ihm schlecht. „Wie kommt es, dass ihr gewusst habt, was los war?“ Auf diese Frage hatte Jamie eine einfache Antwort parat. „Ruby und Beyond hatten ein Auge auf dich und als sie sahen, dass du rausgegangen bist und Norman kurz danach auch, da hatten sie so ein Gefühl gehabt. Also sind wir nachschauen gegangen.“ Dann hatten sie die ganze Zeit ein wachsames Auge auf ihn gehabt? Irgendwie war das schon eine verrückte Ironie. Normalerweise war es immer L gewesen, der andere im Auge behielt, wenn er das Gefühl hatte, es könnte ein Verbrechen geschehen und jetzt war er derjenige gewesen, der unter Beobachtung gestanden und im letzten Moment gerettet worden war. „Und du machst dir keine Sorgen um Rumiko und Beyond?“ „Nein, die kommen zurecht. Sie waren schon damals echt stark, als sie mich vor den anderen Kindern beschützt haben.“ So langsam fragte sich L, ob diese unheimliche Seite wirklich nur durch ihre schwere Kindheit bedingt war, oder ob es nicht vielleicht eine Art Begleiterscheinung ihrer Shinigami-Augen war. Aber ihn ließ einfach nicht die Frage los, was Beyond und Rumiko wohl mit diesem Norman vorhatten. Hoffentlich massakrierten sie den nicht noch. So wie sie ausgesehen hatten, musste man wohl mit ähnlichem rechnen. Es dauerte knapp drei Stunden, bis Rumiko und Beyond wieder zurückkamen. Sie waren gut gelaunt, unterhielten sich und lachten zusammen. Jamie war inzwischen schon schlafen gegangen, aber L blieb noch wach und wartete im Wohnzimmer. Beyond und seine Adoptivschwester kamen direkt zu ihm und fragten sofort nach, ob bei ihm alles in Ordnung war. „Bei mir ist noch alles dran. Aber sagt mal, was habt ihr denn mit dem Kerl gemacht?“ Die beiden Geschwister grinsten sich an und kicherten. „Nichts Besonderes.“ Und als sie den beunruhigten Blick sahen, klopfte Beyond ihm auf die Schulter. „Keine Sorge, L. Der Kerl lebt noch. Mehr oder weniger…“ „Sagen wir mal so: ich hab ihm wortwörtlich die Flötentöne beigebracht und ich glaube, der wird sich nie wieder in Boston blicken lassen.“ Zufrieden setzten sie sich auf die Couch und schienen sichtlich Spaß zu haben, was dem Meisterdetektiv mit den Pandaaugen nicht wirklich behagte. Diese Andeutungen klangen nicht gerade beruhigend und schließlich erklärte Beyond „Rumiko hat während ihres Psychologiestudiums die Wirkung der Musik auf das menschliche Gehirn erforscht und konnte nicht nur Melodien entwickeln, um Menschen zu therapieren, sondern konnte auch eine neuartige akustische Foltermethode entwickeln.“ „Es gibt diverse Töne, die Emotionen wie Trauer, Freude, Angst oder Ruhe hervorrufen können und somit die Psyche eines Menschen beeinflussen. Tatsächlich ist es in den 30ern Reszo Seress gelungen, mit seinem Lied „Gloomy Sunday“ Menschen so tief in Depressionen zu stürzen, dass sie daraufhin Selbstmord begingen. Und durch meine Studien konnte ich herausfinden, dass es insgesamt 12 Töne gibt, die bei einem Menschen Panik, Angstzustände, Aggression und auch Wahnsinn hervorrufen können. Wenn er diese Töne lange genug hört, dreht er durch. Natürlich kommt es auch ganz darauf an, wie diese Töne gespielt werden. Auch das muss man wissen. Und Beyond und ich haben den guten Norman für gute zweieinhalb Stunden dieser akustischen Folter ausgesetzt. Und das Praktischste an der ganzen Sache ist, dass diese Art der Folter legal ist, weil es nirgendwo geschrieben steht, dass man Menschen nicht mit Musik quälen darf.“ Da Rumiko sich noch für ihre morgige Hochzeit ausruhen musste, wünschte sie den beiden noch eine gute Nacht und ging ins Schlafzimmer. Beyond blieb noch bei L, setzte sich zu ihm und nahm seine Hand. Sein Grinsen war verschwunden und er sah ihn besorgt an. „Und er hat dir wirklich nichts angetan?“ „Nein, wirklich nicht. Er hat mich gegen die Wand gedrückt und mir ein Messer an den Hals gehalten, als ich mich gewehrt habe. Aber bevor es schlimmer werden konnte, seid ihr auch schon gekommen.“ „Ein Glück…“ Damit nahm der Serienmörder ihn in den Arm und drückte ihn fest an sich. „Ich hätte diesem Mistkerl am liebsten den Kopf abgerissen und ihn eigenhändig kastriert dafür, dass er dich angefasst hat. Wäre Rumiko nicht dabei gewesen, ich wäre noch komplett durchgedreht.“ „Jetzt beruhige dich doch mal. Es ist ja zum Glück nichts Schlimmeres passiert.“ „Das ist es nicht. Mich regt es einfach nur auf, dass da irgendjemand denkt, er könne sich einfach an dir vergreifen, obwohl dein Arsch eindeutig mir gehört!“ Das war ja mal wieder so was von typisch für Beyond. L griff sich eines der Sofakissen und klatschte es dem Serienmörder ins Gesicht. „Du verstehst es auch immer wieder, die Stimmung mit solch perversen Kommentaren zu ruinieren.“ „Aber wenn es doch stimmt? Du gehörst zu mir und ich werde dich ganz sicher nicht mit irgendjemandem auf dieser Welt teilen. In der Hinsicht bin ich eben ziemlich besitzergreifend, das gebe ich ja zu. Es ist nicht so, dass ich irgendwie eifersüchtig bin oder so, aber ich dulde es einfach nicht, dass irgendein anderer dich anfasst oder dich auch nur anbaggert. Und wenn ich es dir auf den Allerwertesten tätowierten muss, dass dein Arsch mir gehört.“ „Den Teufel wirst du tun und meinen Allerwertesten schön in Ruhe lassen. Ich sehe doch, dass du mal wieder nur an das eine denkst.“ Als Beyond das hörte, zog er eine Schmolllippe. „Warum nur denkst du immer nur so schlecht über mich?“ „Wer hat denn im Flugzeug bitteschön von Sex im Auto gesprochen? Und diesen Blick kenne ich nur zu gut. Ich sage klipp und klar nein! Rumiko und Jamie heiraten morgen und ich möchte morgen nicht wieder vollkommen gerädert aufstehen.“ Immer noch sah Beyond ihn schmollend an und wirkte in diesem Moment wie ein kleines Kind, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte. „Ach komm schon, L. Jetzt stell dich mal nicht so an. Ist doch nichts dabei und ich verspreche auch, dass ich dieses Mal rücksichtsvoller sein werde.“ Doch L ließ nicht mit sich reden und zog ihn am Ohr. „Das sagst du jedes Mal! Ich glaub dir kein Wort und überhaupt hatten wir es doch schon gestern gemacht.“ „Na und? Dafür hab ich knapp eineinhalb Wochen warten müssen, weil du krank warst. Und jetzt bist du wieder fit genug, als spricht doch nichts dagegen, wenn wir die verlorene Zeit nachholen.“ „Und ob was dagegen spricht, du verdammter Nymphomane. Ich hab im Moment keine Lust darauf und gehe jetzt ins Bett. Immerhin heiratet deine Schwester morgen.“ Beyond war immer noch unzufrieden und grummelte leise vor sich hin. Schließlich folgte er L ins Schlafzimmer und fragte schließlich „Können wir dann wenigstens kuscheln?“ „Vergiss es. Ich weiß doch, dass es bei dir nicht bloß bei kuscheln bleiben wird. Wenn man dir den Finger reicht, reißt du gleich den ganzen Arm ab.“ „Könntest du mir dann wenigstens einen bl…“ Und schon fing sich der Serienmörder eine Kopfnuss ein und ein „Geh schlafen!“ war die einzige Antwort darauf. In dieser Nacht zog Beyond leider den Kürzeren und wurde schließlich auf die Couch verbannt, als er trotz Warnung seine Finger nicht von L lassen konnte. Kapitel 13: Das Chaos kommt zum Schluss --------------------------------------- Am nächsten Tag war endlich der große Tag. Es ging schon recht früh am Morgen los, als Rumiko sich mit ihren Freunden aus der Bar traf, um das Brautkleid anzuziehen und ihre Frisur vorzubereiten. Natürlich wollten sie die Trauung nach alter Tradition durchführen und das hieß, dass die Braut erst einmal nicht gesehen werden durfte. Auch an dem alten Brauch hielt sie fest und hatte etwas Altes (das rote Seidenband), etwas Blaues (das traditionelle Strumpfband), etwas Neues (eine silberne Halskette, die sie von Beyond geschenkt bekam), etwas Geliehenes (ein Glücksbringer von Alex, dem Lebensgefährten des Kellners der Bar) und sie dachte sogar an den Glückspfennig im Schuh. Und natürlich durfte auch der Brautschleier nicht fehlen bei der ganzen Geschichte. Für ihre erste (und mit großer Sicherheit auch einzige) Hochzeit sollte wirklich alles perfekt sein. Jamie selbst war fürchterlich nervös und in seiner Aufregung verlor er komplett die Nerven und wusste gar nicht mehr, was er alles tun musste und er geriet immer wieder ins Stottern. Alleine hätte er wirklich gar nichts auf die Reihe bekommen und war völlig überfordert. Glücklicherweise waren Beyond, L und Barbesitzer Terry da, um den Bräutigam in spe vorzubereiten und ihm zu helfen. Da er vor lauter Aufregung kaum ein Wort hervorbrachte und man befürchtete, dass er später nicht einmal das Eheversprechen vernünftig hinbekam, ohne ins Stottern zu geraten, mussten sie sich etwas einfallen lassen. Kurzerhand gab Beyond ihm eine von seinen Beruhigungstabletten in der Hoffnung, dass Jamie somit wieder ruhig wurde. Leider hatte er nicht ganz bedacht gehabt, dass die Wirkung der Medikamente extrem stark war, weil sie ausschließlich dazu da waren, ihn wieder runterzubringen, wenn er dabei war, in seine wahnsinnige Seite zu verfallen. Das Ergebnis war also, dass Jamie komplett aus den Latschen kippte und sie sich nun stattdessen erst einmal überlegen mussten, wie sie ihn wieder auf die Beine bringen konnten und das in weniger als zwei Stunden. Denn dummerweise hielt die Wirkung der Medikamente mindestens drei Stunden an. In dem Zustand hätte er am Altar nicht mal vernünftig stehen können. Glücklicherweise hatte Terry eine Idee und organisierte Aufputschmittel, um den völlig benommenen Jamie wieder auf die Beine zu bringen. Dies half tatsächlich, allerdings gab es da ein kleines Problemchen: Durch die ganzen Mittelchen waren Jamies Pupillen etwas erweitert und er wirkte auch ein klein wenig benebelt. Beyond betrachtete ihn eine Weile und sagte dann schließlich „Na… Rumi wird den Unterschied schon nicht merken.“ Sie merkte es, als sie ihn über ihr Handy anrief, um sicherzugehen, dass auch alles in Ordnung war. Und sie war alles andere als begeistert, dass Beyond und die anderen ihren Verlobten einfach so unter Drogen gesetzt hatten. Sie hielt ihnen eine Standpauke, die sich gewaschen hatte und schrie sie regelrecht am Telefon nieder. „Sagt mal, habt ihr Flitzpiepen den Schuss nicht gehört? Ich heirate gleich und du, Terry und L, ihr habt nichts Besseres zu tun, als meinen Verlobten vollzudröhnen? Ich schwöre bei Gott: wenn die Hochzeit wegen euch Spaßvögeln ins Wasser fällt, dann werde ich euch die Sonntagszeitung genau da reinrammen, wo keine Sonne scheint und das so tief, dass ihr zwei Wochen lang nur Buchstaben scheißen könnt!!!“ Sie war wirklich auf 180, wobei sie aber auch selbst total aufgeregt war und mit den Nerven am Ende war. Da konnte man ihr diesen heftigen Ausbruch auch verzeihen. Und streng genommen hatten sie ja auch wirklich Mist gebaut. Glücklicherweise schafften sie es noch, Jamie wieder fit genug zu kriegen, dass er wieder geradeaus laufen konnte. Beyond schaffte es noch rechtzeitig selbst in den Anzug, den er als eine „schickere Zwangsjacke“ bezeichnete und kämpfte erst einmal zehn Minuten lang mit der Krawatte, bis Terry ihm schließlich half. Und auch L musste diese Prozedur über sich ergehen lassen. Schließlich ging es mit dem Auto zur Kirche, wo auch schon die Gäste warteten. Diese setzten sich aus befreundeten Kollegen und den Freunden aus der Bar zusammen und schließlich, als alle ihre Plätze eingenommen hatten, kam endlich Rumiko. Sie sah in ihrem Kleid atemberaubend schön aus, dass Beyond gar nicht aufhören konnte zu staunen. Und auch L musste zugeben, dass sie wie ein Engel aussah. Ein Engel mit blutroten Augen. Während der Zeremonie gab es natürlich ziemlich viele Emotionen. Rumiko konnte die Tränen kaum zurückhalten, Jamie strahlte wie ein Kind am Weihnachtstag und die warmen Brüder aus der Bar waren genauso emotional wie die Braut und besonders die femininen unter ihnen verbrauchten ein Taschentuch nach dem anderen. Beyond selbst vergoss keine Tränen, war aber dennoch sehr ergriffen, als er sah, wie sich seine Adoptivschwester und sein Freund aus Kindertagen sich gegenseitig ihr Eheversprechen gaben. Nachdem die Trauung vollzogen war, begannen die Festivitäten. Rumiko und Jamie hatten einen Festsaal angemietet und es folgten verschiedene Festaktivitäten und Spiele und natürlich wurde auch getanzt. Schließlich aber war es für Beyond an der Zeit, sein Versprechen bei Rumiko einzulösen und mit ihr ein Duett zu spielen. Während sie die Geige spielte, setzte er sich ans Klavier und wie sich herausstellte, harmonierten die beiden hervorragend miteinander und spielten wirklich wunderbar. Sie spielten gemeinsam „Time“ von Hans Zimmermann und das mit einer solchen Perfektion und Leidenschaft, dass man allein vom Zuhören eine regelrechte Gänsehaut bekam. Es herrschte absolute Stille, während die beiden spielten und man konnte es schon fast als andächtige Stille bezeichnen. Nachdem sie fertig waren, legte Rumiko noch einen drauf und wurde natürlich auch zum Singen aufgefordert. Und was sang sie? Natürlich „I will always love you“ von Whitney Houston, wobei sich zeigte, dass sie wirklich eine begabte Sängerin war und während sie sang, sah Jamie ihr zu und hatte Tränen in den Augen. Er schien erst jetzt wirklich realisiert zu haben, dass er jetzt endlich verheiratet war. Mit einem glücklichen Lächeln wischte er sich die Tränen weg und sagte in seiner kindlich unschuldigen Art „Das ist meine Frau…“ „Klar ist sie das“, sagte Beyond zufrieden grinsend und legte einen Arm um seine Schultern. „Und du passt mir gut auf meine Schwester auf, klar?“ „Das werde ich!“ Und daran hatte wirklich niemand auch nur den geringsten Zweifel. Knapp zwei Tage nach der Hochzeit wollte sich L natürlich erkundigen, was aus diesem Norman geworden war, der ihn in der Gasse bedrängt hatte. Wie sich herausstellte, lebte der Kerl tatsächlich noch. Er hatte völlig verstört fluchtartig die Stadt verlassen und wurde erst einige Tage später in San Diego wieder gesichtet. Und so wie es aussah, würde er auch nie wieder nach Boston zurückkehren. Rumiko selbst war zufrieden damit und ließ beiläufig die Bemerkung fallen, dass sie auch als „Karasuma-Dämon“ bekannt war und auf ihre Weise die Stadt sauber hielt. Und sie ging absolut gnadenlos mit jenen um, die es wagten, ihre Freunde zu belästigen, oder sie zu bedrohen. Sie hatte eine liebevolle, aber auch eine absolut kaltblütige und grausame Seite, genauso wie Beyond. Das brachte ihre schwere Kindheit und ihr Shinigami-Augenlicht mit sich. Und sie besaß genauso wie ihr Bruder einen frechen Charakter. Obwohl sie nicht miteinander verwandt waren, hatten die beiden schon ziemlich viele Ähnlichkeiten. Im Großen und Ganzen hatten sie jedenfalls eine fantastische und unvergessliche Hochzeit miteinander verbracht und alle waren glücklich und zufrieden. Und allein das zählte. Beyond und L zogen in ihr eigenes Haus und wenig später kam auch Watari nach Boston. Sie blieben aber in unmittelbarer Nähe zu den Millers, was auch schnell dazu führte, dass Rumiko und Jamie zu Dauergästen bei Beyond und L wurden. Sie waren auch gerne gesehen und hatten immer gute Ratschläge parat, wenn einer mal irgendwelche Unsicherheiten in Sachen Beziehung hatte. Aber Rumiko konnte auch anders und das sollten Beyond und L bald zu spüren bekommen, als sie nämlich ihren Bruder beiseite nahm und ihm ein kleines Fläschchen in die Hand drückte. Ungläubig sah er das Mittel an und fragte „Bist du jetzt unter die Dealer gegangen?“ „Nein, das habe ich von Alex und Terry. Ich dachte, du könnest es vielleicht gebrauchen.“ Immer noch hatte er nicht wirklich geschnallt, was er damit sollte und fragte deshalb nach. „Und wozu ist das gut?“ Ihr verschlagenes und mehr als eindeutiges Grinsen erklärte mehr als tausend Worte, sodass sich alles von selbst erklärte. Sie legte einen Arm um ihn und legte einen Zeigefinger an die Lippen. „Du kannst es ja mal benutzen, wenn du es ordentlich krachen lassen willst. Alex sagte mir, dass das Mittel echt der Hammer ist.“ „Rumi, du bist echt ein Teufel.“ „Ich weiß, bin ja auch deine Schwester.“ Doch Beyond kam nicht dazu, es so schnell zum Einsatz zu bringen, denn ein Mordfall erforderte L’s ganze Aufmerksamkeit und erweckte auch sein Interesse, sodass sie sich gemeinsam auf den Fall konzentrierten. Dabei vergaß er das Mittel völlig und ließ es dummerweise irgendwo liegen. Es wanderte schließlich durch irgendeine Hand versehentlich im Medizinschrank, da es nicht etikettiert war. Ob L oder Watari verantwortlich dafür waren, ließ sich nur sehr schlecht sagen, aber als Beyond an einem Tag Kopfschmerzen bekam, da ging L im Medizinschrank nachschauen und gab etwas von dem Mittel in ein Glas und reichte es Beyond mit den Worten „Hier, das wird gegen die Kopfschmerzen helfen.“ Dem war nicht so. Denn als L später nachsehen ging, lag Beyond auf dem Boden und konnte sich kaum regen, sein Gesicht war hochrot und es ließ sich nur sehr schlecht verbergen, dass das kein Mittel gegen Kopfschmerzen war, das ihm verabreicht worden war! „Verdammt noch mal L, willst du mich verarschen? Was hast du mir da gegeben???“ „Na da war doch ein kleines Fläschchen und ich ging davon aus, dass es etwas gegen Kopfschmerzen ist.“ „Wie bitte? Wie kommt das Fläschchen in den Medizinschrank und wieso verabreichst du mir das einfach so?“ „Woher soll ich das wissen? Und woher weißt du von dem Mittel? Gehört das etwa zu deinen neuen perversen Fantasien?“ „Gib mir nicht die Schuld, ja? Das war allein Rumikos Schnapsidee. Sie hat mir den Scheiß in die Hand gedrückt, damit ich es dir verabreiche.“ L schüttelte den Kopf, als er das hörte und konnte es nicht fassen. „Du und deine Adoptivschwester seid echt unmöglich. Einer schlimmer als der andere.“ „Hey, ich bin hier das Opfer, okay?“ „Wieso denn Opfer? Du wolltest mir das Mittel doch bei der nächstbesten Gelegenheit heimlich unterschieben. Leugnen ist zwecklos, ich kenn dich inzwischen gut genug!“ Das konnte Beyond leider nicht abstreiten, aber er sagte nichts dazu. Alles andere wäre ja sowieso gelogen. Schließlich aber grummelte er missmutig „Mach mir keine Vorwürfe, ja? Das Ganze ist allein Rumikos Schuld. Ohne sie hätten wir jetzt diese Situation nicht.“ „Und was sollen wir deiner Meinung nach jetzt machen? Jetzt haben wir den Salat und von alleine wird sich dein Problem wohl kaum in Luft auflösen. Und aufstehen kannst du in der Verfassung ja auch nicht.“ Beyond sagte nichts dazu und versuchte, irgendwie wieder auf die Beine zu kommen, aber daraus wurde nichts. Dieses verdammte Mittel sollte L lahm legen und nicht ihn! Wenn er Rumiko in die Finger bekam, würde sie noch ihr blaues Wunder erleben. Das alles war nur auf ihren Mist gewachsen und dafür sollte sie gefälligst geradestehen. Und derjenige, der die bescheuerte Idee hatte, das Fläschchen in den Medikamentenschrank zu räumen, der durfte sich dann auch warm anziehen! Mensch, war das eine peinliche Situation. L seufzte, schüttelte den Kopf und schloss schließlich die Tür ab. Beyond sah ihn verwundert an und fragte „Was hast du denn vor?“ „Na was wohl?“ gab der Detektiv zurück und wurde ebenfalls rot im Gesicht, als er beschämt Beyonds Blick auswich. „Wenn wir jetzt schon mal in dieser Situation sind, dann ist es eben so. Aber wehe, du lässt auch nur einen schweinischen Kommentar vom Stapel, dann breche ich das sofort ab!“ Es war das erste Mal, dass L von selbst die Initiative ergriff und das überraschte den Serienmörder umso mehr. So etwas sah ihm doch überhaupt nicht ähnlich. „L, geht es dir gut?“ „Frag nicht und zieh deine Klamotten aus, bevor ich es mir anders überlege.“ Es blieb zu erwähnen, dass sie die ganze Nacht damit beschäftigt waren, Beyonds „Problemchen“ abzuarbeiten. Und L war danach so kaputt, dass er den halben Tag lang nicht aufstehen konnte. Auch wenn es nicht ganz so abgelaufen war wie zuerst geplant, war Beyond seiner Adoptivschwester schon dankbar für ihren kleinen Plan und hatte trotz allem seinen Spaß gehabt. Nur L war noch eine ganze Weile nachtragend und verlor über diesen einen Abend kein einziges Wort und tat so, als wäre es nie passiert. Er strafte Beyond mit einer Woche Sexverbot und ließ auch nicht mit sich reden. Und jeglicher Versuch, gegen das Verbot zu verstoßen, wurde mit Couchverbannung bestraft. Das Endergebnis war aber, dass Beyond sich nach Ablauf der Frist so oder so holte, was er wollte und dementsprechend auch viel nachzuholen hatte. Sehr zum Leidwesen von L. Was Rumiko betraf, so konnte sie sich recht schnell wieder aus der Affäre ziehen, als sie wenig später mit den ersten Ultraschallbildern vorbei kam und eröffnete, dass sie bereits fast im vierten Monat sei und Zwillinge erwarte. Nun ja, sie konnte sich nur so lange aus der Affäre ziehen, bis sie ganz beiläufig und nichts ahnend die Frage stellte „Und? Wie hat das Mittel denn gewirkt?“ Das Ergebnis war, dass sie sich eine Standpauke von L und Beyond einfing und erst mal Ärger bekam. Sie war natürlich verwirrt und verstand nicht, was das Problem war, bis die beiden ihr erklärten, was passiert war. Rumiko brach daraufhin in ein schallendes Gelächter aus und amüsierte sich natürlich über diese mehr als lustige Geschichte. Und wie nicht anders zu erwarten war, erzählte sie es dann brühwarm ihren Jungs in der Bar, weshalb sich weder L noch Beyond die nächsten Tage dort blicken lassen konnten, ohne dass man hinter ihren Rücken kicherte und diese Geschichte zum gefühlten hundertsten Mal erzählte. Das war das wohl bislang peinlichste Kapitel in Beyonds und L’s Beziehungsgeschichte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)