Nothing to lose von ChogaRamirez (Arkham Origins) ================================================================================ Kapitel 74: Nicht, dass ich am Ende mit den Informationen noch die Stadt in die Luft jage oder so. -------------------------------------------------------------------------------------------------- Ein bisschen stört es mich, dass du scheinbar nicht mit mir allein sein willst. Aber ich lasse es unkommentiert. Du hast gerade einen so wahnsinnig großen Schritt auf mich zu gemacht, dass es ungerecht wäre, dir jetzt irgendwelche Vorhaltungen zu machen. "Dad hat seine eigene Marke", erinnere ich dich mit einem Augenzwinkern. "Er hat die Befugnis selbstständig hier reinzukommen und Ermittlungen anzustellen." Bevor Dad auf die Idee kommt, das wirklich zu machen, schließe ich das Garagentor - damit der Mustang in Sicherheit ist - und halte dir die Tür zu Küche auf. "Nach Ihnen, der Herr." Drinnen steht Dad schon mit dem breitesten Grinsen aller Zeiten am Kühlschrank und versucht, das fröhliche Gesicht zwischen den Lebensmitteln zu verbergen. Es macht mich nach unserer Aussprache nicht mal wütend, dass er scheinbar die Ohren gespitzt hat. Irgendwie ist es rührend, dass er sich für uns freut. Na ja. Scheinbar bin ich heute in einer Stimmung, in der mich absolut alles rührt. Als wir die Garage verlassen und zusammen die Küche betreten, weiß ich bei Jims Grinsen nicht, ob ich mich nun zurück nach Arkham wünschen soll oder nicht. Mein Bauchgefühl sagt mir jedenfalls, dass er es anscheinend immer noch nicht aufgegeben hat, dich und mich zu verkuppeln. Und was das Schlimmste ist: Ich bin immer noch unschlüssig, ob ich das überhaupt will. Während du dich zu deinem Vater gesellst und ebenfalls einen Blick in den Kühlschrank wirfst, fühle ich mich gerade ziemlich fehl am Platz in eurer Küche. Dann aber fällt mein Blick auf den Küchentisch, auf dem die heutige Tageszeitung liegt. Die wichtigsten Nachrichten bekomme ich zwar über meinen Anwalt mitgeteilt, aber eine Zeitung hatte ich das letzte Mal bei meinem letzten Besuch bei euch in der Hand. Um nicht weiter wie bestellt und nicht abgeholt herumzustehen, gebe ich mir einen Ruck, gehe zum Tisch und schnappe mir die Zeitung. Ich erwarte nicht, dass großartig spannende Neuigkeiten darin stehen, da der Joker ja in Arkham in Gewahrsam ist, aber auf dem Laufenden möchte ich mich trotzdem halten. Während Dad sich zielgerichtet ein Bier aus dem Kühlschrank nimmt, kümmere ich mich lieber darum, das Gemüse herauszunehmen. "Ich habe mir ein paar Rezepte angeguckt", sage ich über die Schulter. "Vegetarische, meine ich. Damit wir dich nicht immer zum Kochen verdonnern, wenn du da bist." "Abgesehen davon ist ihre Hauptbeschäftigung momentan sowieso essen, weswegen das nahe lag und - au!" Dad fängt die Tomate, die ich nach ihm geworfen habe, gerade so noch auf. Mit einem entschuldigenden Lächeln bringt er sie mir zurück und gibt mir einen Kuss auf die Wange. "Ich meine natürlich: danke, dass du in letzter Zeit immer kochst." Besänftigt verdrehe ich die Augen und widme mich wieder dem Essen. Natürlich habe ich mir das alles angeeignet, um dir zu zeigen, dass ich mich wirklich bemühen will, alles richtig zu machen. Und wenn ich lernen muss, Sahnetorten für dich zu verzieren, ich will dafür sorgen, dass wir miteinander auskommen. Dad ist schon halb zur Tür heraus, als ich ihn zurückrufe. "Wo willst du denn hin?" "Ins Büro ..." Dafür erntet er einen strengen Blick von mir. "Wir haben Besuch, Dad. Und es ist Wochenende." Sein Ausdruck wird etwas flehend. "Hol den Kram doch wenigstens her." Hauptsächlich geht es mir darum, dass ich nicht mit dir allein sein will. Ich habe Angst davor, dass du mir deine Abneigung zeigst, indem du einfach aufstehst und gehst. Solange Dad dabei ist, kann ich mir einreden, dass es nicht an mir liegt, wenn es dir zu viel wird. Mit einem ergebenen Nicken geht Dad in sein Büro und kehrt mit einem Stapel Akten zurück, die er neben seinem Bier auf dem Tisch auffächert. Er schielt kurz zu mir herüber. "Das Leben war leichter, bevor du angefangen hast zu lernen, wie man einen Haushalt führt." In seinen Augen kann ich sehen, dass er sich eigentlich darüber freut, dass ich mir Mühe gebe, Verantwortung zu übernehmen und die Dinge mehr im Griff zu haben. Wenn ich bald Mutter bin, muss ich es immerhin auch schaffen, so etwas wie ein Familienleben auf die Beine zu stellen. Ob nun mit dir oder ohne dich. Eigentlich habe ich mich bereits hinter der Zeitung verschanzt, was normalerweise ein deutliches Zeichen dafür ist, dass ich meine Ruhe haben möchte. Trotzdem klappe ich den oberen Rand bei eurem Gespräch um und sehe euch leicht irritiert mit einer andeutungsweise angehobenen Augenbraue an. "Wegen mir müsst ihr nicht so einen Aufstand machen", sage ich leise hinter der Zeitung, als dein Dad gerade runter in den Keller zu seinem Büro gegangen ist. "Ich habe eh keinen Appetit ...", füge ich noch leiser hinzu. Als Jim dann seine Akten auf dem Tisch ausbreitet, klappe ich erneut die Zeitung um und werfe einen skeptischen Blick darauf. Es sind eindeutig alte Fälle, wie ich - auch kopfüber - am Aktenzeichen sehen kann. "Cold Cases?", frage ich an Jim gerichtet. "Oh, Gott", stoße ich aus, während ich das Gemüse putze. "Fachleute unter sich ..." Mit einem milden Lächeln beginne ich, die Tomaten zu schneiden und spitze die Ohren. Ein paar Informationen über die kalten Fälle können nicht schaden, denn über die erfährt Bruce nichts, wenn er den Polizeifunk abhört. Und überhaupt habe ich mich damit bisher nicht viel beschäftigt - weder Batman noch Batgirl haben ihre Fälle bisher ungeklärt gelassen. "Allerdings", höre ich Dad sagen. "Da ich momentan dabei bin, im GCPD anständig aufzuräumen, nehme ich mir die Fälle nochmal vor, bei denen ich Korruption vermute." "Was so ziemlich alle wären", werfe ich grimmig ein und hacke eine Tomate in zwei Hälften. "Na gut. Stimmt. Ihr nehme mir die Fälle vor, wo die Korruption himmelschreiend war." Das wären dann alle Fälle, die nicht von Dad oder Harv gehandhabt wurden. Aber das behalte ich für mich. Es ehrt Dad, dass er sich die ganzen Fälle noch mal vornimmt, obwohl er nicht müsste. Langsam lasse ich die Zeitung sinken und sehe skeptisch zwischen den Akten und Jim hin und her. Ich weiß gerade wirklich nicht, was ich davon halten soll. "Ähm Jim ...", fange ich vorsichtig an, während er bereits die erste Akte aufgeklappt hat. "Du weißt schon, dass ich ein gemeingefährlicher Verrückter bin, ja? Hältst du es wirklich für so eine gute Idee, den Kram vom GCPD vor meiner Nase durchzuarbeiten? Nicht, dass ich am Ende mit den Informationen noch die Stadt in die Luft jage oder so." Auch wenn mir nicht wirklich danach ist, kann ich gar nicht anders, als meiner Stimme einen sarkastischen Unterton zu verleihen. Das ist allerdings ein interessanter Einwurf. Ich lasse das Gemüse kurz links liegen, um einen Blick auf Dads Gesicht zu werfen. Der winkt jedoch nur ab. "Das hier sind keine großen Dinger, die Cobblepot mal gedreht hat." Er zuckt mit den Schultern und zieht eine Akte aus seinem Sammelsurium. "Überfall auf eine Fastfoodkette. Ein paar gelangweilte Jugendliche, denen man seltsamerweise nichts genaues nachweisen konnte, obwohl es ursprünglich Überwachungsbänder gab." "Einer von denen ist über Ecken mit Branden verwandt", werfe ich ein. "Er geht auf meine Schule, macht sich bis heute über das GCPD lustig." Dad seufzt schwer und zeigt auf eine andere Akte. "Mord an einer Prostituierten. In dem Fall glaube ich, wurde die Akte geschlossen, weil es einfach Niemanden genug interessiert hat." Jims und deine Erklärung habe ich mir mit einer hochgezogenen Augenbraue angehört und mich zwangsläufig gefragt, wer von uns drei mehr nach Arkham gehört. Dann falte ich die Zeitung jedoch zusammen und lege sie neben mich auf den Tisch. "Darf ich?", frage ich und greife im selben Augenblick nach der Akte mit dem Überfall auf die Fastfoodkette. Mit gerunzelter Stirn fange ich an, in der Akte zu lesen und springe dabei immer wieder zwischen dem Polizeibericht, den Zeugenaussagen und den Tatortfotos hin und her. Fast rechne ich damit, dass Jim mit jeden Moment die Akte aus den Händen reißt, aber nichts dergleichen passiert. "Die Jugendlichen waren es nicht", sage ich dann fast schon gelangweilt nach ein paar Minuten und reiche die Akte zurück zu Jim. "Also nicht direkt zumindest", füge ich schulterzuckend hinzu. Wieso wundert es mich eigentlich so gar nicht, dass du dir die Akte unter den Nagel reißt? Nicht mal, dass du Informationen über den Fall zu haben scheinst, überrascht mich sonderlich. Es wäre verstörender gewesen, wenn du nichts dazu gewusst und das Ding wieder weggelegt hättest. "Was meinst du damit?" Dad blickt von der Akte auf, mit der er eben noch beschäftigt war. "Haben sie im Auftrag von einem der großen Jungs gehandelt?" Ich wende mich wieder dem Gemüse zu, damit ihr meinen aufmerksamen Blick nicht bemerkt. Eines habe ich mir von dir abgeschaut: Den Wert von Informationen sollte man auch dann nicht unterschätzen, wenn sie einem beiläufig vom Küchentisch aus übermittelt werden. Bruce dürfte das Alles interessieren. Mit dem besten Pokerface, was ich gerade zu bieten habe, erwidere ich Jims fragenden Blick und unwillkürlich schleicht sich ein kleines, wissendes Lächeln in mein Gesicht. Irgendwie ist diese Situation gerade recht amüsant. "Nein ...", sage ich nach einem kurzen Moment lang gezogen und überlege, ob ich ihm meine Erkenntnisse, die ich aus der Akte gewonnen habe, einfach so mitteilen soll. Letztendlich überwiegt meine Dankbarkeit Jim gegenüber. Ich bin einfach zu nett für diese Welt. "Die Jungs waren es nur indirekt", fange ich mit einem lautlosen Seufzen an zu erklären. "Sie sind vom Inhaber dafür bezahlt worden, den Laden zu überfallen. Das ist nur eine logische Schlussfolgerung, wenn man bedenkt, dass der Laden vorher rote Zahlen geschrieben hat und dass der Inhaber nur wenige Wochen nach dem Überfall plötzlich eine neue Filiale eröffnet hat." Ich zucke nichtssagend mit den Schultern. "Versicherungsbetrug. Kann man alles der Akte entnehmen." Genervt verdrehe ich die Augen. Wenn ich Bruce mit so etwas ankomme, zeigt er mir einen Vogel. Scheinbar hat Dad wirklich die nichtssagendsten Fälle angeschleppt, die er finden konnte. "Hervorragend", brumme ich und wende mich nun den Paprika zu. "Den Typen werde ich beim nächsten Mal was husten. Brüsten sich ständig damit, wie gefährlich es war, das Ding zu drehen. Arrogante Arschlöcher ..." Meine fragwürdigen Schulkameraden scheinen Dad allerdings nicht zu interessieren. Er nimmt dir die Akte ab und liest sich eine Weile schweigend in die Informationen ein, ehe er zustimmend nickt. "Eindeutig." Frustriert wirft er die Akte auf den Tisch. "Was wetten wir, dass Branden seiner entzückenden Verwandtschaft die Hälfte von ihrem Gewinn abgeknöpft hat, damit der Fall einfach beiseite geschoben wird?" "Ich würde Eddies Mustang drauf verwetten, so offensichtlich ist das." Ich schüttle sauer den Kopf. "Wahrscheinlich hat er gleich noch den Inhaber erpresst und sich Schweigegeld auszahlen lassen. Eine Stadt wie Gotham braucht eigentlich gar keine Mafia. Bei den Polizisten." "Ich bin auch Polizist", grummelt Dad. Ich will gerade protestieren, weil du meinen Mustang einfach so als Wetteinsatz einsetzen willst, verkneife mir aber im letzten Moment, das zu sagen, was mir auf der Zunge liegt. Die miese Stimmung, die sich hier gerade breit macht, ist mir nicht ganz geheuer, weswegen ich abwechselnd zwischen dir und deinem Dad hin und her sehe. So war das eigentlich nicht gedacht, als ich meine Schlussfolgerung aus der Akte erzählt habe. Unsicher werfe ich der Zeitung einen kurzen Blick zu. Eigentlich bin ich damit noch nicht ganz durch. Mein nächster Blick flackert kurz zur Hintertür in den Garten. Ich könnte jetzt wirklich gut eine Zigarette gebrauchen. Blöd nur, dass ich keine habe. Nur diese dämlichen Nikotinpflaster. "Wo habt ihr die Kopfschmerztabletten?", frage ich dann schließlich, nur um überhaupt etwas zu sagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)