Im Schatten der Samurai von Bambusbesen (Sasori X Deidara X Gaara) ================================================================================ Kapitel 103: Der Einfluss der Vergangenheit ------------------------------------------- Gaara versank während des verbliebenen Weges ihrer Rückreise nach Matsuyama oft in seinen Gedanken. Der Überfall von Sasukes Untergebener hatte ihn weit weniger getroffen als die Enthüllung des Todes von Naruto. Der Rotschopf erinnerte sich sehr gut an den aufgeweckten Jungen. Wenn er die Augen schloss und an die Tage zurückdachte, in denen Naruto in seiner Burg gewesen war, hatte er das Gefühl, er könne nach ihm greifen, so klar erschien das Bild des Blonden vor seinen Augen. Naruto hatte ihm deutlich gemacht, dass man sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen konnte. Nur weil man anders war, musste man nicht allein bleiben. Obwohl Naruto damals auch erst Angst vor ihm gehabt hatte, hatte er ihn zum Kampf herausgefordert und sogar gewonnen. Am allerwenigsten hatte er selbst damit gerechnet. Auf Gaaras Frage hin, warum er so stark war, hatte Naruto ihm erzählt, dass er durch die Liebe zu seiner Familie und zu seinen Freunden stark geworden war. Er wollte sie beschützen können. Diese Ansicht hatte Gaara in seinen Grundfesten erschüttert, hatte er jahrelang angenommen, nur allein konnte man wirklich stark sein, ohne Klotz am Bein. Dank Naruto hatte sich für Gaara vieles zum Positiven gewendet. Sein Verhältnis zu seiner Familie war Stück für Stück zu einem gesunden Zusammenleben gewachsen. In der Burg war er ganz allmählich respektiert und nicht mehr gefürchtet worden. Der Rotschopf hatte viel dafür getan. Es war nicht leicht gewesen, sich wieder zu öffnen und den Menschen gegenüber freundlich zu sein, sich nicht zurückzuziehen, weil sie Angst zeigten. Er hatte begriffen, dass es Zeit brauchte, bis die Menschen verstanden, dass er ihnen keinen Schaden zufügen wollte. Wie ein Besessener hatte er trainiert, um seinen Sand unter Kontrolle zu halten, damit er nie wieder einen Menschen unabsichtlich damit verletzte. Er war inzwischen sogar zu Liebe fähig und führte eine Beziehung, zugegeben heimlich, aber sie funktionierte gut. Doch nun hatte er erfahren, dass der Junge, der den Grundstein für diese Entwicklung gelegt hatte, tot war und der Mörder niemand geringeres als Deidara, sein Liebster. Gaara fühlte sich betäubt. Wie sollte er mit der Situation umgehen? Naruto war für ihn sehr wichtig gewesen. In ruhigen Augenblicken hatte er sich gefragt, wie er jetzt wohl aussah, wie es ihm ging, ob er schon ein Samurai war. Er hatte ihm ein glückliches Leben gewünscht. Aber Naruto war tot. Wie sollte er sich Deidara gegenüber verhalten? Er liebte ihn und wollte ihn in seinem Leben nicht missen. Das Bild, als Deidara über Karin gekniet und ihr die Kehle durchschnitten hatte, war unnachgiebig scharf in sein Gedächtnis eingebrannt. Karins Worte hallten in seinem Geist wider. Deidara hatte Naruto die Kehle durchtrennt. In seinen Träumen gestalteten die Worte und die frischen Erinnerungen schmerzhafte Bilder von Deidara, der irre grinsend Naruto das Knie in den Rücken rammte und mit dem kalten Stahl dessen Leben beendete. In den letzten Tagen war er dem Blonden aus dem Weg gegangen. Aufgrund der Reise gestaltete sich diese Taktik als leicht. Er ließ vor seinem Zimmer nachts eine Wache aufstellen, um zu verhindern, dass Deidara sich in sein Zimmer schlich. Gaara war noch nicht bereit, ihm in die Augen zu sehen. Shikamaru gegenüber hatte er diese Anweisung als Vorsichtsmaßnahme definiert nach dem misslungenen Überfall. Sein General war jedoch alles andere als einfältig. Sicherlich stellte er bereits seine eigenen Überlegungen an über Gaaras Verhalten. Tief seufzte der Rotschopf und tauchte aus seinen verworrenen Gedanken auf. Der herbstlich kühle Wind strich um seine Beine und ließ den Schlafyukata ab und an aufklaffen. Schwer stützte er sich auf dem Geländer seines Balkons ab, in der Hand ein Schälchen Sake. Er nahm einen Schluck aus der Schale. Natürlich war der Sake inzwischen kalt geworden hier draußen. Sein Blick weilte auf der aufgewühlten See. Der Meeresgott Ryûjin war heute wieder besonders aktiv und durchpflügte das Wasser wie der Mord an Naruto seinen Verstand. „Was ist los, hm?“ Die tiefe Stimme hinter ihm erschreckte ihn zutiefst. Das Sakeschälchen glitt dem Rotschopf aus den Händen und er fuhr herum. Mit einem leisen Klirren zerbrach die zarte Schale auf dem Holzboden. Deidara stand im Rahmen der Schiebetüren. Sein Blick zeigte eine Mischung aus dem Wunsch nach einer Antwort und Entschlossenheit, eben jene zu erhalten. Gaara fiel auf, dass er unbewusst seinen Sand gerufen hatte. Der Stopfen des Flaschenkürbisses lag neben selbigem auf dem Boden und es rieselten kleine Körner, die sich hinter Deidara aufrichteten, bereit zuzuschlagen. Deidara hörte das Rieseln zweifellos ebenfalls, aber sein Auge blieb unbeirrt auf ihn gerichtet. Eilig befahl er den Sand mental zurück in seine Flasche. „Du hast mich erschreckt“, erklärte er bemüht ruhig. Sein schneller Herzschlag fand nur langsam den Weg zu einem ruhigeren Takt. Gaara hätte bedenken müssen, dass Deidara den geheimen Weg in seine Privatgemächer kannte. Natürlich war ihm sein Rückzug aufgefallen. Sein Krieger war aufmerksamer als er manchmal den Anschein machte, und nicht der Mensch, der lange wartete, sondern Probleme lieber frontal anging. „Gehen wir rein und du erklärst mir, was dein Problem ist, hm.“ Deidara streckte ihm die Hand entgegen. Einen Augenblick zögerte der junge Daimyô, ehe er die dargebotene Hand annahm. Warum war es plötzlich so kompliziert? Der Mensch vor ihm hatte sich nicht schlagartig verändert. Der Blonde zog ihn ins Innere und schloss die Balkontür. Das warme Licht einer Öllampe auf dem Tisch erhellte den Raum. Gaara ließ sich zum Tisch führen und setzte sich auf eines der Kissen, nachdem Deidara seine Hand losgelassen hatte. Um das Gespräch kam er nicht herum. Er war Deidara eine Erklärung schuldig. Und er konnte ihn fragen, warum er Naruto umgebracht hatte. Gaara suchte Blickkontakt. Dann atmete er tief durch und ordnete seine Gedanken. „Uzumaki Naruto ist der Grund dafür, dass ich so bin, wie du mich kennst.“ In dem blaugrauen Auge erkannte er die noch unausgesprochene Frage. Deidara verstand noch nicht. Natürlich nicht. Die Hintergründe musste er ihm erst erläutern. „Ich war zwölf Jahre alt, als ich Naruto kennen lernte. Er war der Sohn eines Samurai, der unter Befehl des Daimyô von Ôsaka stand. Während eines Besuches haben sie in der Burg genächtigt. Damals war ich… anders.“ Gaara senkte den Blick. Es war ihm unangenehm, sich an diese Zeit zu erinnern. Er wollte nicht sonderlich ausführlich werden, hatte er Deidara bereits davon erzählt. „Naruto hat mich trotz der Angst, die er vor mir hatte, zum Kampf herausgefordert und gewonnen. Ich verstand nicht, warum ihm das gelungen war, was kein Erwachsener zuvor geschafft hatte. Er erklärte mir, dass er stark sein will für seine Familie und seine Freunde, um sie zu schützen. …für mich hat diese Begegnung vieles verändert. Ich habe begonnen, zu trainieren, damit ich meine Fähigkeit immer unter Kontrolle habe, um niemanden mehr ohne meinen ausdrücklichen Wunsch anzugreifen. Es hat Jahre gedauert, das Vertrauen meiner Familie und der Burgbewohner zu erhalten, aber ich wollte nicht länger der Auslöser für ihre Angst sein und ich wollte stärker werden, um das schützen zu können, was mir etwas bedeutet. Ich wollte auch gebraucht werden.“ Gaara hatte lange nicht mehr darüber gesprochen. Nur seine Geschwister kannten diese Gedanken. Und jetzt auch Deidara in vollem Umfang. „Der hat dich besiegt? Wie er das geschafft hat, ist mir schleierhaft, hm.“ Der Rotschopf sah auf. Seine Augen weiteten sich leicht. Das war Deidaras einziges Problem? Bevor er jedoch darauf eingehen konnte, sprach er weiter. „Und ich habe ihn umgebracht… jetzt verstehe ich zumindest deine Reaktion bei dem Überfall. Du hast mir zuvor schon beim Töten zugesehen. Der Grund für dein Verhalten musste woanders liegen, hm.“ Deidara hatte nun Klarheit, er jedoch nicht. Gaara wollte wissen, warum Naruto hatte sterben müssen. „Wieso hast du ihn getötet?“ Sein Blick bohrte sich in das sichtbare Auge hinein. Diese Antwort wollte er um jeden Preis erhalten. „Der Daimyô von Ôsaka hat Akatsuki den Auftrag gegeben, ihn umzubringen. Naruto war der Kopf eines Putschversuches, um den Daimyô zu stürzen, hm.“ Gaara hatte bereits geahnt, dass Akatsuki einen Auftrag erhalten hatte und nun bestätigte sich dieser Verdacht. „Aber… warum hat Naruto das getan?“ Er hoffte zu verstehen, warum Naruto hatte sterben müssen. Deidara zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Für Akatsuki war das nicht relevant, hm.“ Es tat dem Rotschopf innerlich weh, dass Naruto auf diesem hinterhältigen Weg aus dem Leben geschieden war. Hätte dessen Daimyô sich ehrenhaft zum Kampf gestellt, wäre vieles anders gekommen. Viel zu oft griffen hohe Würdenträger zu derlei Methoden, um unbequeme Menschen aus dem Weg zu räumen. Selbst er hatte schon unter einem Auftrag Akatsukis gelitten, als sein Verwalter Baki umgebracht worden war. Ebenso hatte er Akatsuki benutzt, um sein Land zu verteidigen. Warum könnte Naruto sich gegen seinen Daimyô gestellt haben? Hatte er ein Recht, den Daimyô für sein Handeln zu verurteilen? Oder Akatsuki? Yahiko hätte jeden der Rônin-Bande für diesen Auftrag entsenden können. Es hatte Deidara nur zufällig getroffen. Dem Blonden bedeutete dieser Auftrag nicht mehr als einer der anderen Aufträge, die er erledigt hatte. Auch dieser Gedanke schmerzte. Naruto war für ihn ein Licht gewesen, das ihn auf einen besseren Weg geführt hatte. Zu hören, dass er nur ein Auftrag gewesen war und seine Beweggründe niemanden interessierten, als wäre er unwürdig, tat weh. „Wird sich etwas zwischen uns ändern deswegen, hm?“ Die Frage war leise und Gaara hörte die Unsicherheit heraus. Seine Finger strichen ein paar der roten Strähnen aus der Stirn. Sie fanden jedoch gleich wieder ihren alten Platz. „Ich… weiß es nicht“, gestand er nach einigen Herzschlägen. „Ich brauche Zeit.“ Deidara sank in sich zusammen. Seine Beklommenheit war greifbar. Gaara konnte sich denken, dass der Blonde fürchtete, ihre Beziehung zueinander könnte daran zerbrechen. Er wollte seinen Liebsten nicht so geknickt sehen, doch er konnte ihm momentan einfach nichts anderes sagen. Wie er mit dem neuen Wissen umgehen sollte, wusste er noch nicht. Konnte er so weitermachen wie zuvor? Er musste in Ruhe darüber nachdenken. Schwerfällig erhob Deidara sich. „Sag mir Bescheid, wenn du mir eine Antwort geben kannst, hm.“ Seine Stimme kam ihm kraftlos vor. Der Krieger warf ihm noch einen letzten Blick zu, dann wandte er sich ab und öffnete die Geheimtür, verschwand im Dunkel des geheimen Tunnelsystems. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)