Im Schatten der Samurai von Bambusbesen (Sasori X Deidara X Gaara) ================================================================================ Kapitel 115: Gesteuerter Verrat ------------------------------- Deidara fühlte sich frei. Eine gute Jagd hatte etwas sehr Befreiendes an sich. Durch die Wälder zu streifen, darauf zu achten, keine Geräusche zu verursachen, ein Reh zu entdecken, das sich möglicherweise zu weit von seiner Herde entfernt hatte, die Kraft des gespannten Bogens in den Armen zu fühlen bis zu dem Moment, an dem der Pfeil von der Sehne flog und direkt sein Ziel traf. Das Gefühl war unbeschreiblich, als wäre man eins mit dem Sein. Seine Beute trug er auf dem Rücken. Obwohl das Reh noch nicht ganz ausgewachsen war, hatte es bereits ein beachtliches Gewicht. Der Blonde ging leicht gebeugt, um die Balance zu halten. Auf seinem Weg durch Matsuyama wurde er kaum beachtet. Jäger gab es viele, die ihre Beute verkauften oder für ihren Herrn erlegt hatten. Kurz vor dem Burgtor stellte sich ihm unvermittelt jemand in den Weg. Ein unscheinbarer, grauer Umhang verbarg den Körper. Der Reishut zeichnete tiefe Schatten in das Gesicht. Deidara kam die Gestalt und die Ausstrahlung bekannt vor. Langsam hob sich eine Hand unter dem Umhang hervor und schob den Reishut ein Stück höher. Die Schatten verblassten zum Teil. Graue Augen blickten ihn ernst an. Kurze Strähnen umrahmten das Gesicht. Deidara kannte den grauen Hakama mit den hellen Längsstreifen und den schwarzen Gi. Der orangefarbene Jin Baori passte perfekt zur Haarfarbe. „Deidara“, begrüßte Yahiko den ehemaligen Rônin knapp. Minimal neigte sich sein Kopf zur Begrüßung. Der Blonde tat es ihm gleich. „Yahiko.“ Deidara ahnte, dass der Anführer von Akatsuki einen triftigen Grund hatte, unangekündigt zu erscheinen. „Was gibt’s, hm?“ Statt einer direkten Antwort musterte Yahiko ihn lediglich, ehe er antwortete. „Wir treffen uns in einer Stunde in diesem Imbiss.“ Mit einer kaum sichtbaren Bewegung seiner Hand deutete Yahiko auf einen kleinen Laden rechts von Deidara. Er musste nicht hinsehen, um zu wissen, dass man dort Fleischspieße und Suppe erstehen konnte. Deidara kannte die Straßen von Matsuyama inzwischen sehr gut. Der Krieger grinste. Wenn Yahiko so wortkarg in der Öffentlichkeit war, ging es um einen Auftrag. Allein bei dem Gedanken an etwas Aufregung kribbelte sein gesamter Körper vor Freude. Endlich wieder etwas Abwechslung! „Du zahlst. Ich hab nämlich Hunger, hm.“ Auf eine Antwort wartete er gar nicht. Deidara schritt zügig an Yahiko vorbei. Eigentlich hatte er seine Beute selbst ausnehmen wollen. Doch nun führte sein Weg ihn zur burgeigenen Küche. Den Dienerinnen legte er das Reh vor die Füße. „Kümmert euch drum, hm“, war sein einziger Kommentar. Er gab ihnen keine Zeit für irgendwelche Fragen, sondern rauschte sofort wieder aus der Raum. Bevor er die Burg wieder verließ, wusch er sich noch Blut und Schweiß vom Körper und legte frische Kleidung an. Yahiko ließ sich viel zu viel Zeit, fand der Blonde. Ungeduldig sah er den Älteren an, während er in seinen Yakitori-Spieß biss. Mit scheinbar göttlicher Ruhe nahm Yahiko einen Löffel von seiner Misosuppe, ehe er sich ihm endlich zuwandte. „Wir wurden angeheuert, Oda Nobunaga umzubringen.“ Der Anführer der Rônin-Bande sprach leise, sodass niemand außer Deidara ihn verstand. Einerseits war dieser Fakt höchst interessant, andererseits brauchte Akatsuki ihn nicht unbedingt, um irgendeinen Daimyô zu töten. „Wieso kommst du damit zu mir? Ihr könnt das auch ohne mich, hm“, hakte er nach. Da war noch mehr. „Er soll zusammen mit seinem Zentrum untergehen…“ Yahikos Blick blieb beharrlich auf Deidara gerichtet. Seine Hand führte den Löffel mit Suppe dennoch zielsicher zu seinem Mund. Deidara dachte darüber nach. Oda sollte mit seinem Zentrum zerstört werden. Also meinte Yahiko dessen Burg. Sein sichtbares Auge weitete sich. „Ihr wollt die Burg in die Luft jagen, hm“, schlussfolgerte er. Deidara hatte es schon einmal getan. Er könnte es wieder. Die Erinnerung an die brennende Burg von Nagoya, die umherfliegenden Trümmer, klärte sich. Die Bilder waren mit Sasoris Tod verknüpft und hinterließen einen faden Beigeschmack. Allerdings war es eine Herausforderung gewesen, eine, die er jederzeit wieder annehmen würde. Eine ganze Burg dem Erdboden gleich zu machen, allein, wer war dazu schon in der Lage? „Die Burg und ganz Azuchi“, fügte Yahiko an. Der Blonde blinzelte. Die gesamte Stadt und die Burg konnte er nicht ohne Unterstützung in die Luft jagen. Das bedeutete, Akatsuki war wieder in einer großen Gruppe unterwegs. Deidara dachte weiter. Seit einem Jahr führte Oda Krieg gegen die Môri. Es kam immer wieder zu Scharmützeln. Der letzte Bote von Kankurô hatte eine besorgniserregende Nachricht überbracht. Der Daimyô von Azuchi zog sein gesamtes Heer zusammen, um mit aller Kraft den Widerstand der Môri niederzuschlagen. Mit nur einem halben Heer von Shikoku als Unterstützung würden Odas Männer die Môri überrennen. „Die Môri haben uns angeheuert, hm?“, fragte Deidara zwischen zwei Spießen. Yahiko schüttelte den Kopf. „Akechi Mitsuhide.“ Den Namen hatte der Blonde schon mal gehört, aber er konnte ihn nicht zuordnen. Fragend hob sich seine rechte Augenbraue. „Wer?“ Der skeptische Blick zeigte Deidara, dass er sich besser mit der Politik ihres Landes beschäftigen sollte. Er ignorierte es. Deidara war Krieger. Was interessierte ihn, wer wem die Pest an den Hals wünschte? Solange es den Menschen gut ging, die ihm nahe standen und die er liebte, waren ihm die Auseinandersetzungen recht gleichgültig. Wäre es anders, wäre er bei Akatsuki falsch gewesen. „Akechi ist Odas General, der die Armee gegen die Môri anführen soll.“ Überrascht legte Deidara seinen abgeknabberten Spieß beiseite. Dann lachte er. Ein paar der Gäste sahen kurz zu ihnen rüber, verloren aber schnell das Interesse und wandten sich ihren eigenen Angelegenheiten zu. Nach ein paar Herzschlägen beruhigte Deidara sich wieder. Amüsiert stützte er sein Kinn auf seiner Hand ab. „Na wenn das mal nicht höchst belustigend ist. Der eigene General, hm.“ Man sollte immer aufpassen, wem man vertraute. „Wann geht’s los, hm?“, fragte Deidara nun. Er wollte die Chance auf Abwechslung nutzen. Aber in wenigen Tagen war O-bon. Daher war für ihn klar, dass sie erst danach aufbrachen. „Morgen.“ Dieses eine Wort wischte Deidaras belustigten Gesichtsausdruck fort. Schock breitete sich stattdessen aus. „Das geht nicht. Erst nach O-bon, hm“, widersprach er. Das Grau von Yahikos Augen verfinsterte sich. „Deidara, du stellst immer noch deine Bedürfnisse über alles andere. Sogar Gaara hast du entgegen unserer Regeln in unser Versteck gebracht.“ Ein lauernder Unterton begleitete die ernsten Worte. Deidara spürte, dass eine Weigerung Konsequenzen nach sich ziehen würde. Konsequenzen, von denen er nicht wusste, ob er sie erleben wollte. Jedoch änderte der Anführer von Akatsuki seine Strategie. „Jeder wird dich fürchten, wenn unser Plan gelingt.“ Mit einer Mischung aus Missmut und Widerwillen verschränkte er die Arme vor der Brust. Jedoch verriet das Leuchten in seinen Augen Deidaras Interesse. Er wollte gern Anerkennung für seine besondere Kampfkunst. Außerdem überlegten es sich Feinde dann dreimal, ihn oder Shikoku anzugreifen. Sein Liebster wäre auch sicherer. Aber konnten sie nicht noch ein paar Tage warten? Der entschlossene Blick Yahikos machte ihm jedoch deutlich, dass er nicht warten wollte und dass die verborgene Drohung keine leeren Worte waren. Entschloss sich Akatsuki, ihn zu töten, weil er für sie eine Gefahr darstellte, konnte er auch gleich Seppuku begehen. Gegen alle Rônin hatte er keine Chance. Das Versprechen an Sasori flammte hell in seinem Geist auf. Er sollte auf sich achten. Unwillig schnaufte er. „Ist ja gut, morgen, hm“, brummte er. Yahikos Miene hellte sich auf. Zufrieden leerte er seine Schüssel Misosuppe, während Deidara frustriert auf seinem letzten Yakitorispieß herumkaute. Gaara lag schwer atmend auf dem Bauch. Tiefe Entspannung erfasste ihn, zusammen mit der üblichen Erschöpfung direkt nach dem Beischlaf. Das Gewicht seines Liebsten auf sich und seine allmählich abflauende Erregung in seinem Körper zu spüren, machte den Augenblick perfekt. Der junge Daimyô hatte nicht oft das Bedürfnis, den passiven Part zu übernehmen, aber heute war wieder ein solcher Moment gewesen. Deidara wollte morgen die Burg verlassen. Um Odas Burg samt seiner Stadt zu zerstören. Dieser Gedanke war erschreckend. So viele Unschuldige würden ihr Leben lassen. Gaara hatte ihm gesagt, wie wenig er davon hielt. Mit seiner Meinung stieß er bei Deidara auf taube Ohren. Der Krieger dachte nicht in solchen Dimensionen. Aber eines wusste er. Legte er Deidara Ketten an, verlor er ihn. Im Herzen blieb der Blonde immer ein Rônin. So verwerflich der Auftrag war, den Akatsuki angenommen hatte, er konnte Deidara nicht die alleinige Schuld dafür geben. Auf die Rônin-Bande hatte er keinen Einfluss. Und trotz der zuvor harten Auseinandersetzung mit Deidara sollte dieser Matsuyama nicht im Streit verlassen. Kehrte Deidara nicht lebend zu ihm zurück, könnte Gaara sich das nicht verzeihen. Er liebte seinen Krieger und wollte dessen Heimat sein. Brachte er dieses Gefüge ins Wanken, passierte möglicherweise etwas Schlimmes. Obwohl er um Deidaras Stärke wusste, machte er sich dennoch große Sorgen. Die Aufgabe war sehr riskant. Sein Liebster könnte sterben. Vielleicht wurde Akatsuki entdeckt. Im Herzen des feindlichen Gebietes waren selbst die Rônin in akuter Gefahr. Oder eine seiner Sprengladungen ging zu früh hoch. Gaara klammerte sich an den Gedanken, dass der Krieg gegen Oda vorbei war, wenn Akatsuki Erfolg hatte. Kankurô konnte mit ihrem Heer zurückkehren und sie mussten einem möglichen Angriff von Sasuke nicht mehr mit so viel Besorgnis entgegenblicken. Zuerst musste er an sein Volk denken. Das gab ihm die nötige Kraft, Deidara ziehen zu lassen und seinen Zorn wegen dessen Starrsinn hinunter zu schlucken. Es gab nicht immer die perfekte Lösung für ein Problem. Genug Akzeptanz dafür aufzubringen, war jedoch schwer. Deidara stützte sich auf den linken Unterarm und sah ihn an. An Gaaras Schulter kitzelte das lange, blonde Haar bei der Bewegung. „Ich habe eine Bitte…“, hauchte Deidara. Sanft strich dessen rechte Hand über seine Schulter. Aufmerksam erwiderte er den Blick aus dem blaugrauen Auge und wartete, das Deidara weitersprach. „Kannst du zu O-bon eine Laterne für Sasori anzünden? Ich weiß nicht, ob ich unterwegs die Möglichkeit dazu habe, hm.“ Gaara war ohnehin erstaunt, dass Deidara sich hatte überzeugen lassen, noch vor O-bon mit Akatsuki Matsuyama zu verlassen. Er ehrte Sasori jedes Jahr. Dass er nicht ganz freiwillig ging, war ihm nach der Schimpftirade gegen Yahiko klar gewesen. Vermutlich forderte der Anführer der Rônin nun den Tribut für Deidaras eigensinniges Verhalten ein. Gaara hob seinen Kopf leicht und vereinte ihre Lippen zu einem liebevollen Kuss. „Das werde ich“, flüsterte er. Gern erfüllte er ihm diese Bitte. Zum einen wusste er, wie wichtig Deidara sein toter Meister war, zum anderen sollte er nicht mit den Gedanken abgelenkt sein. Sein Liebster sollte lebend zurückkehren. Dankbar lächelte der Blonde. „Mach dir keine Sorgen.“ Zärtlich strichen Deidaras Finger durch sein zerzaustes Haar. „Ich komm schon wieder, hm.“ Kurz weiteten sich Gaaras Augen. War seine Sorge so offensichtlich? Anscheinend. „Pass auf dich auf“, bat Gaara ernst. Ein schelmisches Grinsen zierte Deidaras Lippen. „Mich kriegt man nicht so leicht tot, hm“, schwor der Blonde. Gaaras Mundwinkel zuckten zu einem Schmunzeln. Diese Antwort war typisch. Deidara zog sich nun langsam aus ihm zurück. Zittrig atmete der Rotschopf ein. Obwohl er mit dem Gefühl der Leere inzwischen vertraut war, löste es immer noch ein mildes Bedauern in ihm aus. Sein Muskel fühlte sich strapaziert an. Er mochte das, weil er sich so der Illusion hingeben konnte, Deidara noch am nächsten Tag zu spüren. Nachdem Gaara sich auf die Seite gerollt hatte, schmiegte er sich an den warmen, verschwitzten Körper des Kriegers. Einen Arm um Gaara legend, wanderten die Finger nur Augenblicke später in das rote Haar und strichen träge hindurch. „Warum bist du damals eigentlich in meiner Burg geblieben und hast meine Einladungen angenommen?“, fragte der Rotschopf in die intime Stille hinein, die sich über sie gelegt hatte. Deidara antwortete nicht sofort. Gaara harrte geduldig aus und lauschte auf den regelmäßigen Herzschlag, der an sein Ohr drang. Er konnte sich denken, dass seine Frage in Deidara Erinnerungen an eine schwere Zeit auslöste. Gaara glaubte schon nicht mehr daran, dass der Blonde reagierte, da erhob er leise seine Stimme. „Erst habe ich gehofft, irgendwer bringt mich um… bis du mir … Hoffnung gemacht hast, zu einer Normalität zurückzukehren, hm.“ Gaara lächelte. Die Antwort gefiel ihm. Er hauchte einen Kuss auf die bloße Haut von Deidaras Brust. Sein Ziel hatte er erreicht. Kankurô hatte den Blonden damals als Wrack bezeichnet. Nun, das Problem war geborgen und Deidaras Leben restauriert. Natürlich waren Narben in und an dem Blonden geblieben. Aber er führte wieder ein richtiges Leben… mit ihm gemeinsam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)