Im Schatten der Samurai von Bambusbesen (Sasori X Deidara X Gaara) ================================================================================ Kapitel 2: Neue Pfade --------------------- Die Sonne neigte sich bereits dem Horizont entgegen und in Himeji herrschte noch immer reges Treiben. In einer Burgstadt konnte man dies wohl auch erwarten. Deidara würde am liebsten losziehen und die Straßen erkunden, sich vielleicht sogar in die Burg schleichen, die hoch über der Stadt thronte, und ein Blick hinein werfen. Doch Sasori bestand darauf, eine Herberge zu finden, in der sie übernachten konnten. Manchmal benahm er sich wie ein alter Mann. Er war auch doppelt so alt wie er selbst. Sein Alter sah man dem Rothaarigen allerdings nicht an, würde man niemals an seinem Äußeren erkennen, dass er bereits über 30 Winter erlebt hatte. Seine neue Frisur ließ ihn zusätzlich jünger wirken, fand Deidara. Sasori hatte sich das lange Haar abgeschnitten nach ihrer Flucht. Da sie keine Samurai mehr waren, durften sie auch nicht mehr den Knoten im Haar tragen wie es typisch war für einen Krieger dieses Standes. Deidara war glücklich darüber. Er hatte diesen albernen Haarknoten der Samurai gehasst. „Deidara, trödel nicht“, hörte er die genervte Stimme seines Danna. „Jaaa, Danna“, war seine gedehnte Antwort und er holte zu ihm auf. Neugierig betrachtete er die Herberge, vor der sie nun standen. „Ging doch schnell, hm“, kommentierte er Sasoris Fund und grinste. „Abwarten.“ Sasori trat ein und der Blonde folgte ihm. Im Eingangsbereich erwartete sie eine junge Frau, die sie freundlich begrüßte. „Ein Zimmer für zwei Personen.“ Sasori kam ohne Umschweife zum Punkt, wollte er keine Zeit verschwenden. Während die Frau sich bemühte, weiterhin professionell höflich zu bleiben, grinste Deidara in sich hinein. Sein Meister hatte noch nie eine besonders nette Art an sich gehabt. Sie hatten Glück und mussten nicht weitersuchen, denn die junge Frau erklärte ihnen, dass ein Zimmer frei war und nannte ihnen den Preis, welchen Sasori sogleich beglich. Deidara störte sich nicht daran, das Zimmer mit seinem Meister zu teilen. Sie sparten auf diese Weise etwas Geld. Das Zimmer, welches die Bedienstete ihnen zeigte, war klein, wie üblich in solchen Herbergen. Ein flacher Tisch stand auf der einen Seite im Zimmer und auf den freien Tatami[8] legte die junge Frau nun zwei Futons [9] aus. Anschließend zauberte sie zwei Sitzkissen aus dem Wandschrank, um diese um den Tisch zu drapieren. Für die Nacht ließ sie ihnen eine Öl-Lampe auf dem Tisch stehen, ehe sie sich höflich zurückzog mit dem Hinweis, sie jederzeit aufsuchen zu können, sollten sie einen Wunsch haben. Deidara ließ seinen Hirazutsumi neben einem der Futons fallen, streifte den Bogen samt Köcher von der Schulter und legte seine Schwerter ab. Mit einem Seufzen ließ er sich auf den Futon fallen und starrte zur Decke. Die Nächte unter freiem Himmel waren anstrengend. Sasori duldete aber kein Gejammer und meinte, er würde sich schon noch daran gewöhnen. Deidara war fest davon überzeugt, dass es Sasori ähnlich ging, er seine Gefühle nur wie üblich nicht zeigte. „Deidara, runter vom Futon mit den dreckigen Lumpen“, brummte sein Meister ihn an. Grinsend rollte er sich auf die Seite und sah ihn an. „Was störts dich? Ist doch mein Futon, hm“, kommentierte er lediglich und machte keine Anstalten, den Worten seines Meisters zu folgen. Dieser schnaufte zwar, ließ sich dann jedoch auf eines der Sitzkissen am Tisch sinken und öffnete seinen Hirazutsumi. Deidaras Blick bohrte sich derweil in Sasoris Nacken. Manchmal fragte er sich, wieso sein Meister ihm alles beibrachte, ausgenommen die körperlichen Freuden. Es war nicht unüblich unter den Samurai, den Schüler mit dem Beischlaf vertraut zu machen. Sasori jedoch hatte ihn noch nie angerührt und Deidara war bereits vor einem Jahr offiziell als Samurai anerkannt worden. Vielleicht bedeutete dies für Sasori, dass er Gefühle zeigen musste. Wie gern sprach der Rothaarige abfällig über die seiner Meinung nach größte aller menschlichen Schwächen. Deidara wusste nicht, aus welchem Grund Sasori eine solche Abneigung gegenüber Gefühlen hegte, aber zumindest war dessen Abscheu die einzige Erklärung, wieso sein Meister ihn nicht in die körperliche Liebe einweihte. Dabei war er neugierig, wie es wohl war. Warum Sasori ihren Daimyô getötet hatte, war ihm ähnlich schleierhaft. Eine Erklärung hatte er ihm nicht geliefert. Er hatte ihn lediglich spät abends aus dem Bett geworfen und gedrängt, ein paar wichtige Habseligkeiten einzupacken, damit sie verschwinden konnten. Sicherlich war dies nicht das einzige, worüber der Rothaarige beharrlich schwieg. „Deidara, beweg deinen Arsch.“ Der Blonde blinzelte und wurde sich nun bewusst, dass Sasori gar nicht mehr am Tisch saß, sondern an der Tür stand und nur noch auf ihn wartete. Und er hasste warten. „Jaaa, Danna.“ Der Blonde stemmte sich hoch und schob sein Katana und das Wakizashi wieder unter den Obi. Seinen Bogen ließ er hier, war selbiger in der Stadt eher unhandlich. „Sasori no Danna, wir werden verfolgt, hm“, murmelte der Blonde leise, ohne sich umzuwenden. Er wollte ihren Verfolgern nicht zeigen, dass sie bemerkt worden waren. Kaum hatten sie ihre Herberge verlassen, hatten sich drei Männer an ihre Fersen geheftet. Augenscheinlich unauffällig, aber für einen achtsamen Krieger doch offensichlich. „Ich weiß.“ Sasoris Blick lag auf der Straße vor ihnen. Äußerlich wirkte er ruhig wie immer, aber Deidara erkannte die minimale Veränderung in den braunen Augen. Der härtere Glanz zeigte Kampfbereitschaft. Ihr Abendmahl mussten sie verschieben. Zuerst sollten sie diese Verfolger loswerden. Ob das wohl wieder rachsüchtige Krieger waren? „Hier lang“, brummte Sasori plötzlich leise und bog auch schon in eine schmale Seitengasse ab. Deidara reagierte umgehend und folgte ihm. Er kannte solche Manöver von Sasori, sodass er ihm nicht mehr irritiert hinterher stolperte wie früher. Die Gasse hüllte sich in Dunkelheit, reichte das schwache Licht des aufsteigenden Mondes nicht bis in die kleinen Gässchen der Stadt. Der perfekte Ort, um sich unauffällig lästiger Verfolger zu entledigen. In einer eleganten Bewegung legte Sasori die Hand an sein Katana, zog es fließend aus der Saya und wandte sich um in Erwartung ihrer Verfolger. Deidara konnte sich das freudige Grinsen nicht verkneifen. Ein guter Kampf war ihm immer willkommen, wollte er sich verbessern. Und das gelang nur mit neuen Herausforderungen. Die drei Männer betraten gerade die kleine Gasse, während Deidara angriffsbereit in Kampfposition ging. Die Männer verharrten wenige Meter entfernt von ihnen, war die Botschaft eindeutig. „Was wollt ihr?“, fragte Sasori ernst. In der Dunkelheit der Gasse konnte man kaum mehr als Umrisse und Schemen erkennen. Die Männer waren allesamt größer und kräftiger als Sasori oder Deidara selbst, aber keiner von ihnen kam ihm bekannt vor. „Bitte legt eure Waffen nieder. Wir wollen euch nicht angreifen“, erklärte einer der Männer ruhig. Neugierig musterte Deidara den Mann und anschließend die anderen beiden. Keiner von ihnen wirkte angriffslustig, sie waren aber ebenso kampfbereit. Ein Krieger war immer bereit, sich in den Kampf zu stürzen oder einen Angriff abzuwehren. „Was wollt ihr dann?“ Sasoris samtige Stimme schnitt wie eine Klinge durch die Dunkelheit. Er ließ sein Katana auch nicht sinken. Es wäre töricht, völlig Fremden blind zu vertrauen. „Wir waren einst Samurai, so wie ihr“, begann ihr Anführer zu erklären. „Als wir vom Tod eures Daimyô hörten, machten wir uns auf die Suche nach euch, Akasuna no Sasori, Deidara.“ Deidara war überrascht. Wieso suchten diese Rônin nach ihnen? In seiner Stimme konnte er keine Feindschaft erkennen. Sie klang sachlich, ließ aber auch keine andere Emotion durchdringen. Außerdem kannte der Mann Sasoris Beinamen, den er nach einer Schlacht von seinen Feinden erhalten hatte, weil der Sand unter seinen Füßen mit dem Blut seiner Gegner vollgesogen war. Vermutlich suchten sie eher nach Sasori. Ihn schienen sie aber ebenfalls zu kennen. Wieso? Vielleicht hatte sich seine teilweise ungewöhnliche Kampftechnik herumgesprochen. Für einen Samurai war es eher sonderbar, mit Schwarzpulver zu arbeiten und diesen auch im Kampf einzusetzen. „Wieso, hm?“ Der Mann gab ihnen bereitwillig Auskunft zu Deidaras Frage: „Weil wir starke Krieger bei Akatsuki gut gebrauchen können.“ „Akatsuki…“, murmelte Sasori und ließ langsam sein Katana sinken, sodass die Spitze der Klinge zum Boden zeigte. Deidara sah zu seinem Meister. Er kannte Akatsuki? Noch nie hatte der Blonde davon gehört, aber es musste sich wohl um eine Gruppe Rônin handeln. Das schloss er aus den dürftigen Informationen des Gespräches. Manche der Banden gaben sich Namen, aber Akatsuki musste recht bekannt sein, wenn sein Meister zumindest ihren Namen zu kennen schien. „Wollen wir nicht lieber woanders reden?“, fragte der zweite kurzhaarige Mann freundlich. „Bei einer Tasse Tee zum Beispiel“, erscholl eine dunkle Stimme unerwartet, die sehr ähnlich klang, jedoch deutlich tiefer und gefährlicher. Während man Deidara seine Irritation gut ansehen konnte, wirkte Sasori nach außen unbeeindruckt. Die zweite Stimme war aus derselben Richtung gekommen, augenscheinlich von demselben Mann. Abwartend beobachtete der Blonde seinen Meister und schob sein Katana erst in die Saya zurück, als Sasori seine Waffe sicher verstaute. „Worauf wartet ihr dann noch?“ Ungeduld schwang in Sasoris Stimme mit. Er wollte das schnell hinter sich bringen, da war Deidara sich sicher. In dem kleinen Teehaus konnte Deidara die drei Männer endlich im Licht mustern. Ihr Anführer stellte sich als Yahiko vor. Seine fast unscheinbar wirkenden hellgrauen Augen mit dem durchdringenden, wissenden Blick standen im Kontrast zu dem kurzen Haar, welches in dem gleichen Orange strahlte wie sein Jin Baori[10]. Der Mann mit den zwei Stimmen hörte auf den Namen Zetsu. Deidara fand sein grünes Haar merkwürdig, erinnerte es ihn eher an Moos. Außerdem schienen die gelben Iriden seine Pupillen gänzlich verschluckt zu haben. Seltsamerweise leuchtete das satte Gelb selbst im hellen Licht des Teehauses wie Katzenaugen in der Nacht. Zuletzt beäugte Deidara den bisher schweigenden Mann, der den Namen Kakuzu trug. Viele Narben fraßen sich durch die vom Wetter gegerbte Haut und dunkelbraunes Haar hing wirr auf seine Schultern herab. Mürrisch erwiderten dessen grüne Augen Deidaras Blick. Narbengesicht war auf jeden Fall älter als die anderen beiden. Der Blonde beendete seine Begutachtung und trank von seinem Tee. Vorerst lauschte er dem Gespräch lediglich. „Warum sollten wir uns euch anschließen?“, fragte Sasori desinteressiert. „Und warum gerade wir? Es gibt genug andere umher streunende Samurai.“ Yahikos Hände lagen locker um der Teeschale wie um sich daran zu wärmen. Ein wenig blass wirkte der Krieger. „Wir begegneten uns vor Jahren auf dem Schlachtfeld. Sicher erinnerst du dich nicht mehr. Wir kämpften damals für die Asai[11].“ Sasori ließ sich einen Moment Zeit für die Antwort und schien sich an den Krieg zu erinnern. Deidara war neugierig. In diesem Krieg hatte er noch nicht mitgekämpft, weil er zu jung gewesen war. „Ihr habt gewonnen“, war Sasoris einsilbige Reaktion. Yahiko nickte. „Dein Kampfstil ist beeindruckend. Es wäre auch ein Vorteil für euch, wenn ihr euch uns anschließt. Momentan sind wir fünf Krieger. Mit euch wären wir sieben. Eine größere Gruppe verspricht mehr Sicherheit und größere Aufträge.“ Für einen Augenblick zuckten Sasoris Augenbrauen unwirsch zusammen. Yahikos Worte gefielen seinem Meister nicht. Ob seine Krieger wohl stark waren? Bestimmt, wenn sie den Asai einen Sieg eingebracht hatten. Zudem war es ungewöhnlich, dass jemand Sasoris Kampfstil beeindruckend fand. Bisher hatte Deidara immer nur verächtliche Kommentare von anderen Samurai darüber gehört, weil seine hinterhältige Art ehrlos war. Aber der Blonde wusste, wie Sasori darüber dachte. Kampf war Kampf. Der Bessere gewann und mit welchen Mitteln war egal. Der Schwächere starb und hatte das Leben somit nicht länger verdient. „Sicherheit kann durch Verrat zerstört werden.“ Sasori war das beste Beispiel. Ein kurzes Lächeln huschte über Yahikos Lippen. „Wir wissen von der Art, wie Gôza dahingeschieden ist.“ Bedächtig führte er die Teeschale an die Lippen und trank, ließ Sasori jedoch nicht aus den Augen. „Du wirst sicher deine Gründe gehabt haben.“ Deidaras Ansicht nach war es nun doch an der Zeit, sich einzumischen, bevor Sasori das Angebot ablehnte. „Sasori no Danna, lass uns doch mit ihnen gehen. Das wird sicher aufregend. Und außerdem hätte ich auch mal eine neue Herausforderung, hm.“ Der abschätzende Blick aus den braunen Augen wurde beharrlich erwidert. Er wollte gern wissen, wie stark diese Krieger waren. Dem Rothaarigen missfiel sein Eingreifen. Deidara erkannte es deutlich in seinen Augen. Er war sauer über die Einmischung. Vor den Fremden würde sein Meister aber keine Diskussion mit ihm beginnen. Und es war eine Tatsache, dass der Blonde nur noch mit ihm trainieren konnte. Um ein wirklich guter Krieger zu werden, musste man jedoch auch mit anderen kämpfen, fremde Kampfstile kennen lernen, um neue Erfahrungen zu sammeln. „Größere Aufträge bedeuten größeren Lohn für alle.“ Kakuzu erhob zum ersten Mal seine raue Stimme. Dessen Kommentar wirkte hoffentlich unterstützend. Denn letztendlich würde Deidara dem Urteil seines Meisters folgen und darüber schienen sich auf die drei Krieger bewusst zu sein. Sasori ging zuerst nicht auf die im Raum stehende Frage ein. „Wie habt ihr uns gefunden?“ Ruhig erwiderte Yahiko den bohrenden Blick seines Meisters. „Eure Spur aus Leichen war schwer zu übersehen.“ Ein leichtes Schmunzeln huschte über die Lippen des Orangehaarigen. Dieser musste auf die Verfolger anspielen, welche sie vor ein paar Tagen bei dem Ramenimbiss umgebracht hatten. Genervt seufzte Sasori. „Meinetwegen. Aber wenn sich für uns mehr Nachteile als Vorteile entwickeln, sind wir wieder weg.“ ____________________________________ [8]Tatami: der klassische Fußbodenbelag in japanischen Häusern; traditionell bestehen sie aus einer Decklage aus Binsen und einer Füllung aus Reisstroh; das Format ist regional unterschiedlich, jedoch ist das Seitenverhältnis immer 2:1 meist 180 cm x 90 cm [9]Futon: Unterteilt wird der Futon in die Schlafunterlage shiki-buton und die Bettdecke kake-buton. [10]Jin Baori: Ähnlich wie ein Haori (Art Jacke), aber ohne Ärmel. [11]Asai: alter, bekannter Clan in Japan. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)