Im Schatten der Samurai von Bambusbesen (Sasori X Deidara X Gaara) ================================================================================ Kapitel 41: Sasoris Vermächtnis ------------------------------- Irgendein Diener wollte unbedingt, dass er zu dem Daimyô kam. Dabei hatte Deidara ihn doch kurz zuvor erst gesehen. „Später“, brummte der Blonde. Er hatte jetzt keine Lust. Aber der Diener ließ sich nicht abwimmeln, sondern folgte ihm hartnäckig, beschwor ihn, dass er in das Arbeitszimmer kommen solle. Schließlich wandte er sich ruckartig zu dem Mann um, der sogleich erschrocken zurück zuckte. „Ist ja gut! Geh mir nicht auf die Nerven“, knurrte er den Boten an. Minimal ruhiger fügte er hinzu: „Los, führ mich hin, hm.“ Mit der linken Hand vollführte er eine wedelnde Handbewegung, die ihm bedeutete, vorne weg zu laufen. Erleichtert wandte der Diener sich um und schritt vor ihm her, führte ihn in das Hauptgebäude, durch die Flure und eine Treppe hinauf. Vor einer Tür blieb er stehen und klopfte vorsichtig gegen das Holz. „Gaara-sama, der Rônin ist hier“, rief er halblaut. Eine blonde Augenbraue zog sich hoch. Ach, einen Namen hatte er also nicht? Noch während Gaaras Stimme dumpf durch das Holz drang, er könne ihn reinlassen, schubste er den Diener einfach beiseite. „Verpiss dich, hm.“ Ohne den Mann eines weiteren Blickes zu würdigen, schob er die Tür auf. Offenbar hatte der Diener es sehr eilig, sich zu entfernen, konnte er seine hastigen Schritte hören, die um der nächsten Ecke verklangen. In der Tür verharrte Deidara, sah sich kurz um und grinste dann, als sein Blick an Gaara hängen blieb. „Welch eine Ehre, Gaara-sama“, sprach er mit einem spöttischen Unterton. „Ihr wollt mich sprechen, hm?“ Die nachlässige Verbeugung war ebenso respektlos wie der Tonfall. Der Daimyô blieb langweilig ruhig und deutete ihm an, sich ihm gegenüber an den Tisch zu setzen. „Schließt bitte die Tür und setzt Euch.“ Deidara schnaufte. „Ganz wie Ihr wünscht“, erwiderte er, der höhnische Beigeschmack krallte sich beharrlich an seinen Worten fest. Ein wenig zu grob schob er die Tür wieder zu. Doch auch jetzt blieb Gaara völlig ruhig. Das ärgerte ihn. Seinen Kopf wiederrum erboste das Krachen, als Holz auf Holz traf. Aber das wurde völlig ignoriert. An Schmerzen war er gewöhnt, vor allem an Kopfschmerzen. Provokant langsam trat Deidara zum Tisch und ließ sich im Schneidersitz auf dem Kissen nieder. Gemütlich lehnte er sich zurück. Mit den Händen stützte er sich auf den Tatami ab. Unangenehm zog es in seinem Nacken. Auch darauf nahm der Blonde keine Rücksicht. Herausfordernd betrachtete er den Rotschopf. „Nun, ich bin da, hm.“ Gaara ließ sich etwas Zeit, betrachtete ihn eingehen, bevor er ansetzte. „Deidara, Ihr seid mein Gast. Doch Ihr tretet meine Gastfreundschaft mit Füßen. Ihr bedient Euch in der Küche und an den Sakevorräten, wie es Euch beliebt. Und Ihr provoziert meine Samurai.“ Leises Lachen entrang sich seiner Kehle. „Und? Wo ist das Problem, hm?“, fragte der Blonde amüsiert. Einen Augenblick runzelte Gaara die Stirn. „Wenn Ihr Essen oder Trinken wollt, könnt Ihr einen Diener beauftragen, Euch etwas zu holen…“ Deidara fiel ihm ins Wort. „Ich bin alt genug und kann mir selbst besorgen, was ich brauche, hm.“ Desinteressiert drehte der Blonde seinen Kopf zur Seite und schaute aus dem Fenster. Dieses Gespräch war sinnlos in seinen Augen. „Das will ich Euch auch gar nicht absprechen. Doch in einer Burg müssen alle Abläufe einem gewissen Plan folgen, um Chaos zu vermeiden. Ihr wisst das, Ihr wart selbst Samurai.“ Appellierte Gaara jetzt ernsthaft an frühere Zeiten? Mit einem vergnügten Schnaufen schüttelte er den Kopf. „Das ist vorbei… lange vorbei, hm.“ Das kaum hörbare Seufzen lenkte seine komplette Aufmerksamkeit nun doch wieder auf den Rothaarigen und er schaute ihn direkt an. „Darüber könnte man hinwegsehen, würdet Ihr meine Samurai nicht derart provozieren. Nur dank meiner Anwesenheit vorhin ist noch nichts Ernstes passiert. Ich hätte Euch vermutlich töten lassen müssen, hätte der Pfeil sein Ziel getroffen.“ Das unterschwellige Grinsen, welches bis eben auf seinen Lippen gesessen hatte, verschwand völlig. „Ihr hättet mich nicht aufhalten müssen, hm.“ Die Bemerkung war ihm völlig ernst und das zeigte Deidara nun auch. Gaara wirkte leicht überrascht. Ihm wurde nun vermutlich klar, dass der Blonde absichtlich auf eine tödliche Stelle gezielt hatte. Wenn er die Burg nicht lebend verlassen hätte, wäre es auch nicht schlimm gewesen. Sein Versprechen zwang ihn zwar dazu, sich zu verteidigen, doch gegen eine Übermacht war auch er machtlos. Aber dann hätte Deidara sich vor seinem Tod noch einmal seinem Meister näher gefühlt. Der Blonde konnte ihn fühlen, in jeder riskanten Situation. Ein Hauch von Ausgeglichenheit erfasste ihn dann, aber nur für diesen Augenblick. Als würde man einem Pferd Hafer vorsetzen, aber den Strick zu kurz binden, sodass es nicht fressen konnte. Wenn sein Geist von der fleischlichen Hülle befreit wäre, konnte er wieder bei Sasori sein. Dann hätte er endlich wieder eine Heimat. Einen Ort, an dem er Ruhe finden konnte. Warum nur hatte Gaara ihn aufhalten müssen. Er provozierte diese Situationen absichtlich. Irgendwann würde er unterliegen und nichts gegen seinen Tod machen können. Doch bisher war niemand stark genug gewesen, ihn ins Jenseits zu befördern. Wie armselig. Die ach so berühmten Samurai-Clans, die sich auf ihre Stärke derart viel einbildeten, versagten an einem einzelnen Rônin. „Ihr musstest Eurem Meister etwas versprechen, oder?“, fragte Gaara schließlich. Deidaras Augenbrauen zogen sich zusammen. Woher wusste der Rothaarige das? Nie hatte er jemandem davon erzählt. „Was geht Euch das an, hm?“, brummte der Blonde abweisend. „Eine Menge. Denn dieses Versprechen sorgt offensichtlich dafür, dass Ihr in meiner Burg Unruhe stiftet.“ Gaara lag goldrichtig. Allerdings war er wenig bereit, ihm das auf die Nase zu binden. Was ging es den Daimyô an? Niemand konnte daran etwas ändern. Abfällig schnaubend sah er wieder aus dem Fenster. Dieses Gespräch ging in eine Richtung, die ihm nicht gefiel. Vielleicht sollte er einfach gehen. „Ihr musstest ihm versprechen, Euch nicht umzubringen, liege ich richtig?“ Das war keine Frage mehr, sondern eher eine Feststellung. Genervt wandte Deidara sich seinem Gegenüber wieder gänzlich zu. „Schön, Ihr habt es herausgefunden. Bravo. Wirklich scharfsinnig von Euch.“ Ein ätzender Unterton begleitete seine Antwort. Zwar war es nicht ganz korrekt, denn er hatte Sasori versprechen müssen, auf sich aufzupassen, doch das Ergebnis war dasselbe. Auf sich aufzupassen, hieß automatisch dafür zu sorgen, dass er nicht starb. „Wenn Euch das klar ist, könnt Ihr mich beim nächsten Mal einfach machen lassen. Dann ist endlich Ruhe, hm.“ Durchdringend bohrte sich sein azurblaues Auge in Jade. Allerdings wirkte Gaara wenig bereit, dieser Forderung nach zu kommen. „Ich werde wieder eingreifen“, prophezeite der Rothaarige ihm. Grimmig beugte Deidara sich mehr nach vorn, verkrampfte sein Nacken allmählich. Wenig später und seine Arme würden anfangen zu zittern. Er wollte vor Gaara nicht zeigen, dass er Schmerzen hatte. Mit der linken Hand schob er ein paar Haarsträhnen über die Schulter zurück. „Kümmert Euch doch, verdammt noch mal, um Euren eigenen Kram, hm“, knurrte der Blonde schließlich ungehalten. Wie weit musste er Gaara noch reizen, damit dieser einfach seinen Tod befehlen würde? Er hatte Sasoris Grab besucht. Und noch ein weiteres Jahr wollte er nicht aushalten… und dann noch eins… und noch eins. „Was würde Euer Meister sagen, wenn er Euch jetzt sehen könnte? Wenn er wüsste, was Ihr tut?“ Der Schock saß. „Ihr wagt es, Sasori hinein zu ziehen, hm?“, fuhr Deidara den Daimyô an. Doch dieser blieb ruhig, wie zuvor. „Was würde er sagen?“, wiederholte er stattdessen die Frage mit mehr Nachdruck. Es wurde deutlich, dass er gewohnt war, mittels Wortspielereien Druck auf andere auszuüben. Gaara hatte seinen Schwachpunkt erwischt. Denn genau das hatte er beharrlich verdrängt. Er wusste sehr genau, wie Sasori reagieren, was er sagen würde, wäre er noch am Leben. Sein Meister hätte mit ihm geschimpft, weil er so unachtsam mit sich selbst umging, weil er sich unnötig in Gefahr brachte, obwohl es nicht notwendig war. Vielleicht hätte er ihm sogar Strafarbeiten oder Strafübungen aufgebrummt. „Was spielt es für eine Rolle? Er ist tot. Er kann nichts mehr sagen, hm“, murmelte Deidara resigniert. Der abschätzende Blick aus den jadefarbenen Augen, der an ihm hinab glitt und schließlich wieder in sein Gesicht sah, war ihm unangenehm. „Und sein Vermächtnis verkommt“, kommentierte Gaara ruhig. Zornig sprang Deidara auf, legte seine Hand um den Griff des Katana. „Ich sagte, lasst Sasori…“ „Nein, lasse ich nicht!“ Zum ersten Mal erhob Gaara seine Stimme. Gebieterisch erhob er sich und schlug den Jin Baori weit genug zurück, um ihm einen guten Blick auf den Flaschenkürbis zu ermöglichen. Dort musste der Sand drin sein. Eine seltsame Fähigkeit, aber momentan nicht wichtig. „Wagt es nicht, Sasoris Waffen auf mich zu richten“, warnte Gaara den Blonden. Er sprach wieder ruhiger, aber bestimmt. „Seht Euch an…“ Ein weicherer Unterton schwang nun in dessen Stimme mit. „Sasori hat Euch ausgebildet, Euch alles gelehrt. Aber was macht Ihr? Ihr besauft Euch und provoziert Kämpfe in der Hoffnung, irgendjemand möge Euch von Eurem Versprechen befreien, damit Ihr es nicht brechen müsst. Ihr tragt die Ideale eines Samurai noch immer in Euch. Dann solltet Ihr auch Euren Meister ehren wie es sich gehört. Tragt sein Wissen weiter, gedenkt ihm an O-bon[43] und bereitet ihm durch Euer Gebaren nicht länger Schande.“ Fassungslos starrte Deidara den Daimyô an. Er öffnete den Mund, wollte etwas sagen, zornig auf die Worte reagieren, doch ihm fiel einfach nichts ein. Schweigend schloss er seinen Mund also wieder. Das konnte doch nicht wahr sein! Wieso mischte Gaara sich in Dinge ein, die ihn nichts angingen? Er bereitete Sasori Schande? …Leider hatte Gaara recht. Solange niemand darüber sprach, konnte Deidara diesen Umstand ignorieren, sich einreden, er suche nur jemanden, der stärker war als er, damit er endlich sterben konnte. Aber diese Tatsache ins Gesicht geschmettert zu bekommen, tat schrecklich weh. Sein Griff um das Katana festigte sich. Wut wallte in ihm auf. Wie konnte Gaara es nur wagen? Mit einem harten Ruck wandte er sich um, ließ Sasoris Katana los und rauschte aus dem Arbeitszimmer. Die Tür schloss er nicht hinter sich. Deidara musste raus hier. Er brauchte Abstand und er wollte allein sein. ___________________________________ [43]O-bon: buddhistische Feiertage, um den Ahnen zu gedenken - Ahnenverehrung Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)