Harry Potter und der Halbblutprinz von Orange-Glass ================================================================================ Kapitel 18: Das Erinnermich --------------------------- Harry lag noch lange wach und ließ den Abend Revue passieren. Snape war unglaublich zärtlich und sanft zu ihm gewesen, aber er wusste nicht, ob er die Neutralität oder gar den gespielten Hass zwischen ihnen ertragen könnte. Aber er wusste, dass es nötig war und er hatte es versprochen. Ohne zu einem Ergebnis gekommen zu sein, schlief er endlich ein. Er träumte viel, aber als er am nächsten Morgen von einem sanften Rütteln geweckt wurde, konnte er sich an nichts mehr erinnern. "Hey Harry, aufwachen, wir kommen zu spät zum Frühstück!" Es war Ron, der schon halb angezogen vor seinem Bett stand. Harry fuhr erschreckt hoch. "Welchen Tag haben wir heute, wie spät ist es, wer bist du?!" Ron musste breit grinsen. "Oh Mann, du musst gestern ja ganz schön was erlebt haben", lachte er und zwinkerte Harry zu. Harry rappelte sich hoch um sich ebenfalls anzuziehen. "Sag mal, ich glaube du musst mir mal erzählen, was Hermine mit dir gemacht hat. Du hast ja echt ne hundertprozentige Kehrtwende gemacht." Ron hustete verlegen und konzentrierte sich auf seinen Krawattenknoten. "Ich glaube, ich möchte nicht darüber reden", er vermied es sogar, Harrys Spiegelbild anzusehen. "Na gut. Sag mal, hast du meine Krawatte irgendwo gesehen?" Froh, dass Harry das Thema gewechselt hatte, half er ihm beim Suchen. Sie kamen doch zu spät zum Frühstück und erwischten nur noch eine Scheibe Toast mit Kürbiscreme. Harry bemühte sich krampfhaft, nicht zu Snape zu sehen. Er fürchtete, er würde so knallrot anlaufen, dass es sämtliche Schüler und Lehrer in der großen Halle bemerken würden. Und ausgerechnet heute erwartete ihn wieder ein Block Verteidigung gegen die dunklen Künste. Unterricht bei seinem Geliebten. Fast hätte Harry laut aufgelacht, doch er riss sich zusammen und stopfte den Rest seinen Toasts in den Mund. Als sie sich dann auf dem Weg ins Klassenzimmer machten, sah Harry Draco am Ende des Ganges. Sein Herzschlag beschleunigte, am liebsten wäre hingegangen und hätte ihm eine runtergehauen, aber tat so, als wäre nichts und ging an Draco vorbei. Malfoy sah nur kurz auf, sah dann aber gleich wieder weg und verzog das Gesicht. Harry atmete erleichtert auf und betrat dann das Klassenzimmer, in dem Snape schon an seinem Schreibtisch saß. Er blickte nur kurz auf, doch es lag so viele Wärme in seinem Blick, dass Harry sich sicher war, er würde diese Stunde ohne Schwierigkeiten überstehen können. Er ließ sich in der ersten Reihe zwischen Ron und dem Gang nieder, wo es kaum einer bemerken konnte, wenn er seinen Blick wieder nicht von seinem Lehrer lassen konnte, außer dieser selber. Kaum hatte er Pergamente, Federn und das große Buch aus der Tasche gekramt und auf den Tisch gelegt, läutete es auch schon zum Stundenbeginn. Snape stand von seinem Schreibtisch auf und begann, ohne die Klasse zu begrüßen, einen Vortrag über komplizierte Gegenflüche. Harry versuchte sich auf die Worte zu konzentrieren und sich Notizen zu machen, aber immer wieder tauchte das rote, verschwitzte Gesicht Snapes vor ihm auf. Wieder fühlte er die Hände des Geliebten auf seinem Körper. Mit aller Kraft versuchte er, diese Gedanken von sich zu schieben, doch das Wissen, dass der Geliebte so nah war und er ihn nicht berühren konnte machte ihn ganz kribbelig. Immer wieder griff Hermine an Ron vorbei an seine Schulter und schüttelte ihn sanft, wenn sie merkte, dass er wieder abdriftete. Natürlich blieb auch Snape selber nicht verborgen, dass Harry seinen Geist kaum auf den Unterricht fixieren konnte und es machte ihm großen Spaß, unbemerkt damit zu kokettieren. Er trat dich an die erste Reihe heran und lehnte sich an Harrys Tisch an. Für jeden anderen musste es aussehen, als hätte Snape ihn auf dem Kieker, doch Harry wurde wahnsinnig von dem Geruch des Geliebten, der ihm leicht in die Nase stieg. Benebelt saß er an seinem Platz und bemühte sich um einen aufmerksamen Gesichtsausdruck. Hermines Feder kratzte im Rhythmus von Snapes Vortrag auf dem Pergament und ruinierte jegliche Anstrengung von Harry, sich zu konzentrieren. Er gab auf und stützte das Gesicht in die Hände. Snape warf ihn einen kurzen Blick von oben zu und zischte dann, offenbar sehr amüsiert "Na, Potter, wir hatten wohl nicht viel Schlaf letzte Nacht?" und fuhr dann mit dem Vortrag fort. Harry musste ein Grinsen unterdrücken, zumal Hermine und Ron ziemlich brüskiert aussahen, offenbar fanden sie es ziemlich unangebracht von Snape, so damit zu kokettieren. Harry fand es ganz und gar nicht unangebracht, er war sich nun erst sicher, dass er die letzte Nacht definitiv nicht geträumt hatte. Dümmlich grinste er in seinen Kragen, froh darüber, in der ersten Reihe zu sitzen. Vielleicht sollte er seinem Geliebten noch ein wenig Anlass geben, ihm Nachsitzen aufzubrummen, überlegte er. Er atmete tief ein und musste sich ein Lachen verkneifen als er antwortete. "Es geht Sie einen Scheißdreck an, wie ich meine Nächte verbringe, Professor!", artikulierte er sich klar und deutlich, als Snape seinen Vortrag gerade wieder aufnehmen wollte. Fast konnte er die dreißig Kinnladen hinter ihm auf die Pulte klappen hören. Ron rammte ihm seinen Ellbogen schmerzhaft zwischen die Rippen uns Hermine sah ihn so entsetzt an, als wollte auch sie ihm sofort eine verpassen. Angst sich zu verraten hatte Harry eigentlich nicht, aber es machte Spaß sich ein bisschen an seinem Geliebten zu rächen, nachdem dieser auf infame Weise versucht hatte, ihn wieder geil zu machen. "Potter, ich glaube Sie brauchen eine Nachhilfestunde in Benehmen. Wagen Sie es nicht, noch einmal so mit mir zu reden! Samstag nach dem Mittagessen in meinem Büro!" Für jeden anderen musste es so aussehen, als würde Snape seinen Schüler hassen. Doch Harry, der inzwischen gut in ihm lesen konnte, erkannte ein amüsiertes Funkeln in seinen Augen. So lehnte er sich nur in seiner Bank zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und stupste Snapes Fuß leicht mit dem seinen an. Seine Rippen schmerzten noch, aber dennoch musste er sich auf die Unterlippe beißen, um nicht laut loszuprusten. Snape fuhr mit seinen Ausführungen fort, als wäre nichts passiert, doch Harry wusste, dass er sich auf seine "Nachhilfestunde" freuen konnte. Viel zu schnell war der Unterricht vorbei und sie trotteten weiter zu Professor McGonagalls Klassenzimmer. Ihre Hauslehrerin erwartete sie bereits im Klassenzimmer und begann zügig mit dem Unterricht. Heute sollten sie einen Kiesel in Eule verwandeln, die in der Not Hilfe holen konnte. Das erheiterndste der Stunde war Neville, der es irgendwie schaffte, einen Ara aus seinem Kiesel zu machen, was McGonagall erstaunt als anspruchsvollere Magie bezeichnete und ihm trotz des Fehlers fünf Punkte verlieh. Den Rest der Stunde verbrachten sie mit steinernen Vogelkreationen, die nicht flogen oder eben fliegenden Kieseln. Unerwartet gut gelaunt verließen Harry, Ron und Hermine das Klassenzimmer und machten sich auf den Weg zum Zauberkunstunterricht. Auf dem Weg wurde Harry plötzlich von hinten angerempelt, als er sich allerdings umdrehte um sich zu beschweren, konnte er niemanden entdecken. Verwirrt drehte er sich weder zu seinen Freunden um, die ihn verwundert ansahen. Als er seine Hand wütend in seine Umhangtasche steckte, spürte er dort etwas, das vorher noch nicht da gewesen war. Irgendetwas sagte ihm, dass er es nicht jetzt ansehen sollte und so tat er, als wäre nichts und setzte sich, im Klassenraum angekommen ganz an den Rand neben Ron. Bei Flitwick würde er unbemerkt nachsehen können, was das in seiner Umhangtasche war. Bevor sie anfangen sollten zu zaubern - es ging um einen ungesagten Aufrufezauber - hielt auch Flitwick einen langen Vortrag. Harry, der darauf vertraute, dass er sich hinterher Hermines Notizen würde ansehen können, ließ die Hand in seine Umhangtasche gleiten und zog einen kleinen runden Gegenstand hervor, der irgendwie darin gelandet war. Es war ein Erinnermich und es leuchtete rot. Fast war Harry geneigt, Neville zu fragen, ob es seins war, doch dann erinnerte er sich dunkel, dass dieser es irgendwann im dritten Schuljahr aus Versehen zerschlagen hatte. Irgendwie kam Harry dieses "Geschenk" wie eine Warnung vor und ihm fiel nur einer ein, der momentan eine Riesenwut auf ihn haben könnte. Vergiss mich nicht, Potter. Wir haben noch eine Rechnung offen. Gedankenverloren drehte er die kleine Kugel zwischen den Fingern und bemerkte nicht, dass Flitwick sein Referat beendet hatte und ihn nun pikiert und auf eine Reaktion wartend betrachtete. Ron stieß ihn wieder in die Rippen und traf zufällig die Stelle, die er auch schon in Verteidigung gegen die dunklen Künste malträtiert hatte. Harry fluchte leise in sich hinein, folgte aber nun dem Unterricht. Sie sollten in Zweiergruppen arbeiten. Jeder von ihnen erhielt einen Topflappen, die sie ungesagt von dem anderen zu sich rufen sollten. Natürlich versagten sie alle bis auf Hermine kläglich. Harry glaubte fast, dass er diese dämlichen ungesagten Zauber niemals schaffen würde. Und schon gar nicht, wenn er sich nicht richtig konzentrieren konnte. Er würde Malfoy aus dem Weg gehen, auch wenn er so etwas wie neugierig darauf war, was er von ihm wollen konnte. Hatte Severus doch nicht so gut Überzeugungsarbeit bei seinem Vater leisten können oder setzte Draco sich nur über diesen hinweg? Eines stand fest, er würde Draco sicherlich nicht darauf ansprechen. Wenn der was von ihm wollte, musste er schon selbst kommen. Harry würde sich nicht mehr einschüchtern lassen. Er würde Draco kalt ansehen und einfach weggehen. Der sollte nochmal versuchen, auf dem Gang über ihn herzufallen. Harry würde seinen Zauberstab griffbereit haben. Wieder spürte Harry diese Wut in seinem Magen brennen. Wiederum wäre er am liebsten aus dem Unterricht gerannt um Draco die Fresse einzuhauen. Harry atmete tief durch und schluckte den Zorn runter. Aus versehen hatte er den Topflappen in Rons Gesicht klatschen lassen, was zwar schon mal ein Fortschritt war, Ron allerdings ziemlich wütend machte. Hermine machte ein amüsiertes Gesicht und ließ den Topflappen elegant und wortlos in ihre Hand sausen. Den Rest der Stunde verbrachte Harry schlecht gelaunt mit seinem Zauberstab herumfuchtelnd. Aber den Waschlappen zu bewegen, schaffte er nicht noch einmal. "Ganz ehrlich, wenn du so einen Flunsch ziehst, dann hab ich gar keine Lust, heute Abend noch etwas mit dir zu unternehmen. Was ist denn eigentlich los?" Ron war natürlich die Laune seines besten Freundes nicht entgangen und er machte ein Gesicht, das dem von Harry in nichts nachstand. "Tut mir Leid, Ron", seufzte Harry und versuchte, seinen Zorn ein wenig zu unterdrücken. Es gelang ihm zwar nicht uneingeschränkt, aber zumindest lief er nicht zu Malfoy um ihm das schöne Gesicht zu zertreten, als sie später die große Halle zum Mittagessen betraten. Harry schaffte es sogar, ihn nur kurz voller Ekel anzugucken und ihn für die restliche Zeit mit eiskalter Verachtung zu strafen. Er wusste, dass Draco wusste, dass er das Erinnermich gefunden hatte. Umso mehr genoss er den stechenden Blick auf seinem Rücken. Er war stärker, als dieser kleine Schleimscheißer! Grimmig schlang Harry sein Essen herunter. Am liebsten wäre er sofort zu Pflege magischer Geschöpfe davon gestapft, aber er wartete noch auf Ron und überlegte sich solange, was sie nach dem Quidditchtraining unternehmen konnten. Kurz dachte er daran, Severus um eine Ausgeherlaubnis zu bitten, kam aber ganz schnell wieder davon ab. Wie sähe das wohl aus, wenn der Hauslehrer Slytherins zwei Gryffindors erlaubte, das Schloss zu verlassen? Und McGonagall würde wohl nur eine Augenbraue hochziehen, wenn er sie darum bäte. Andererseits war er immerhin der Kapitän der Quidditchmannschaft, da durfte man ja wohl ein paar Privilegien erwarten! Harry beschloss, es zumindest zu versuchen. Nur allzu gern wollte er sich mit Ron in Hogsmeade ein bisschen betrinken. Er hatte noch zwanzig Minuten Mittagpause, als er endlich vor dem Büro von Professor McGonagall stand und bestimmt anklopfte. Fast augenblicklich ertönte ein "Herein" und er öffnete die Tür und trat vor den großen Schreibtisch seiner Hauslehrerin. Wie Harry es vorausgesagt hatte, schaute sie ihn mit hochgezogener Augenbraue von unten an. "Ja, Potter?" "Professor, ich wollte sie um eine Ausgeherlaubnis für mich und Ron Weasley für heute Abend bitte. Ich weiß, dass sie diese nur sehr selten verteilen, aber ich würde mich für dieses Wochenende zum Pflegedienst im Krankenflügel anbieten." Seine Lehrerin legte seufzend die Feder beiseite, die sie noch in der Hand gehalten hatte. "Nun ja, Potter. Ich war selber mal jung und auf dieser Schule und weiß, dass es ab einem gewissen Alter nicht leicht ist, jeden Abend im Schulgebäude verbringen zu müssen. Andererseits sind Sie beide noch nicht volljährig und ich als Ihre Hauslehrerin habe eine gewisse Verantwortung für Sie. Wenn ihnen etwas passiert oder Sie Unsinn machen, dann wird man mich zur Rechenschaft ziehen." Harry ließ gespielt reuig den Kopf sinken. "Das weiß ich doch, aber... Bitte, machen Sie doch eine Ausnahme" Wieder zog McGonagall die Augenbraue nach oben, es war offensichtlich, dass sie Harry durchschaute. Sie seufzte "Es tut mir leid, Mister Potter, aber solange sie und Mister Weasley nicht volljährig sind, kann ich leider nichts für Sie tun. Sie werden sich wohl mit den Möglichkeiten, die Ihnen das Schulgebäude bietet, begnügen müssen." Harry zuckte mit den Schultern und bedankte sich. Er hatte eh nicht wirklich geglaubt, dass McGonagall zustimmen würde. Er schloss die Bürotür hinter sich und machte sich auf den Weg zu Pflege magischer Geschöpfe. Dann würden er und Ron heute Abend wohl mal wieder die Schlossküche aufsuchen. Wenigstens Dobby würde sich freuen, ihn mal wieder zu sehen. Die Stunde ging schnell und reibungslos vorbei und als sie vorbei war, hatte er sich soweit ablenken lassen, dass er mit Ron schon wieder über schwierige Spielzüge und Taktiken debattieren konnte, die er beim kommenden Spiel gegen Ravenclaw anzuwenden gedachte. Hermine schritt lächelnd hinter den beiden her und freute sich, dass Harry scheinbar wieder gute Laune hatte. Eigentlich würde es sie brennend interessieren, was überhaupt los gewesen war - und Ron dachte sicher genauso - aber sie wollte ihn nicht wieder runterziehen. Es war die Tage wirklich nicht leicht, mit dem berühmtesten Jungen der Zaubererwelt befreundet zu sein. Er stürzte von himmelhoch jauchzender Freude in abgrundtiefe Depression in weniger als einer Sekunde und meist wusste man noch nicht einmal, warum. Sie seufzte leise auf und ihr Lächeln wurde ein wenig schief, als sie Hogwarts wieder betraten. Wenn Harry mit ihr reden wollte, dann würde er es auch machen und irgendwann wird dieser Zeitpunkt ganz sicher wieder kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)