Schwarz & Weiß von MarySae (Die Legende des goldenen Drachen) ================================================================================ Kapitel 3: Bekanntschaft im Regen --------------------------------- Ich stell einfach weiter on. Vllt verirrt sich ja mal wer hierher... Wer weiß, wer weiß. XD Kapitel 3 – Bekanntschaft im Regen Bald brach wieder der Morgen an. Diesmal war ich vor dem Klingeln meines Weckers wach, was eigentlich eher selten vorkam. Doch diesmal war ich schon um 6.30 hellwach. Ich beschloss eher aufzustehen und mich fertig zu machen. Die Sonne schien in das Zimmer, als ich mir meine Sachen aus dem Schrank holte und in das Badezimmer verschwand. Eine viertel Stunde später stand ich fertig angezogen in der Küche und machte mir eine Kleinigkeit zu essen. Wie auch am Tag davor streifte mein Blick durch die Küche, bis er auf dem alten Foto hängen blieb. Dieses Foto machte mich traurig. Wieder wurden meine Augen feucht, doch bevor mich die Tränen zu überwältigen drohten, wandte ich mich wieder meinem Frühstück zu. Um 7.10 war ich komplett fertig, also machte ich mich auf den Weg zur Schule. Ich wusste, dass ich viel zu früh daran war, aber das war mir egal. Besser als zu spät zu kommen und wieder Ärger zu bekommen. +++++ Ich ließ mir Zeit und schlenderte durch die Stadt. Wie jeden Morgen waren auch heute wieder viele Menschen auf den Straßen. Doch so viele wie sonst waren es nicht. Das lag wohl daran, dass das helle Blau des Himmels langsam einem dunklen, fast schwarzen Ton einiger Wolken Platz machen musste. Die Sonne ließ sich nur noch wenige Male blicken, bis sie gänzlich hinter dem Wolkenmeer verschwand. Kurz vor halb acht kam ich an dem Buchladen vorbei. Hier ging ich gerne rein um mir die neuesten Mangas anzuschauen. Um sie zu kaufen fehlte mir das Geld… Auch diesmal stand ich vor dem Schaufenster und schielte hinein. Die meisten Kunden waren Jungendliche im Alter von 13 bis 20 Jahren. Das lag wohl an der Nähe zu den Schulen. Aber auch einige ältere Damen stöberten in den Abteilungen mit der Aufschrift „Haushalt“ und „Garten und Pflanzen“. Gedankenverloren glitten meine Augen über die Bücher als mich plötzlich etwas Kaltes im Nacken streifte. Ich riss meinen Blick von den Büchern los und sah mich um. Sofort erkannte ich den Ursprung dieser Kälte. Inzwischen war kein Blau mehr am Himmel zu sehen. Große, schwarze Gewitterwolken verdeckten den Himmel und verdrängten die Sonne von ihrem Platz. Es hatte angefangen zu regnen. Kleine Tropfen fielen im Sekundentakt vom Himmel und hinterließen dunkle Flecken auf dem Boden. Die Leute um mich herum suchten einen trockenen Unterschlupf oder kramten in ihren Taschen nach ihren Regenschirmen. Mich störte die Situation nicht. Langsam setzte ich mich in Bewegung, begleitet von einem sachten Donnergrollen und flammenden Blitzen. Ich spürte, wie der Regen zunahm und meine Kleidung sich langsam mit Wasser voll sog. Doch ich ignorierte das Gefühl der Kälte, welches sich von oben nach unten ausbreitete und auch die Wassertropfen, die von meinen Haaren in mein Gesicht tropften und setzte meinen Weg fort. Um mich herum liefen andere Schüler schnell in die Richtung ihrer Schulen um bloß nicht nass zu werden. Aber ich wusste, dass sie sowieso nass ankamen, weshalb rennen sich nicht lohnte. An einer Ampel musste ich warten. Autos kamen vorbei und spritzen die Fußgänger voll, welche sich lautstark beschwerten. Innerlich lachte ich über diese Menschen, die bei jeder Kleinigkeit ausrasteten. Als ich darauf wartete, dass das rote Männchen dem Grünen wich, tropfte mir ein Regentropfen genau in den Nacken, was mich erschaudern ließ. Ich fasste nach hinten um das kalte Wasser nicht noch tiefer unter meine Kleidung zu lassen, als der Regen plötzlich aufhörte. Verwundert sah ich nach oben und blickte genau auf einen Regenschirm. Ich drehte meinen Kopf um den Besitzer dieses Schirms zu suchen. Und genau hinter mir stand er. Ein junger Mann, ca. 19 Jahre alt. Er hatte kurze blonde Haare, die er mit viel Haargel etwas hoch toupiert hatte. Er trug eine längere schwarze Jacke, weshalb man nur eine schwarze Hose von seiner Kleidung sah. Er grinste mich fröhlich an. „Na, deinen Schirm zuhause vergessen?“, lachte er. Unter meinem nassen Pony sah ich ihn finster an. „Ich habe mit Absicht keinen mitgenommen. So ein bisschen Regen hat noch niemanden umgebracht.“ Verdutzt sah mich der Junge an. Demonstrativ warf ich ihm noch einen bösen Blick zu und drehte mich wieder zu der Straße um. Ich erwartete, dass der Junge seinen Schirm wegnahm und schimpfend davonging, aber nichts dergleichen geschah. Er blieb einfach hinter mir stehen. Ein paar Sekunden vergingen, bis er sagte: „Umbringen vielleicht nicht, aber krank kann man allemal werden.“ Ich zuckte zusammen. Mit so einer Antwort hatte ich nicht gerechnet. Jedoch blieb ich stur und sah weiterhin in die entgegengesetzte Richtung. Als ob mich jemand aus dieser Situation erlösen wollte, sprang genau in dem Moment die Ampel auf grün. Schnell huschte ich nach vorne und Verschwand in der Menschenmenge. ++++++ Ich war eine Viertelstunde zu früh in der Schule gewesen. Der Klassenraum war noch recht leer. Nur einige Mädchen, die sich durch den Regen Sorgen um ihr Aussehen machten, liefen schon durch die Klasse. Leise setzte ich mich auf meinen Platz, würdigte niemanden eines Blickes und sah nach draußen in den Regen. Seufzend stellte ich fest, dass ich bei dem Wetter nicht zu meinem Kirschbaum gehen konnte, sondern in der Schule bleiben musste. Na toll. Dann musste ich mich die Pause auch noch blöd von der Seite anmachen lassen… Ich ordnete meine Haare, nicht um gut auszusehen, sondern einfach deshalb, weil sie mir die Sicht versperrten, und erwartete die erste Stunde. Pünktlich wie immer erschien der Lehrer auf der Bildfläche. Es war Herr Senri vom Tag davor. Nachdem er die Klasse begrüßt hatte, warf er einen Blick auf meinen Platz und schien freudig erregt darüber, mich dort sitzen zu sehen. Ich sah ihn nur mit dem gleichen, emotionslosen Gesichtsausdruck an, den ich gegenüber anderen immer verwendete. Manchmal fragte ich mich selber, warum ich das tat. Aber nie fiel mit eine Antwort darauf ein. Ich kannte es einfach nicht anders. ++++++ Der Unterricht verlief schleppend. Das einzige spannende war der Regen. Ich sah die meiste Zeit verträumt aus dem Fenster und war erst wieder in der Realität, als ein Lehrer einen Test schreiben wollte. Natürlich konnte ich nichts, und dementsprechend sah das Testresultat auch aus. Endlich war Pause. Sofort nach dem Klingeln nahm ich meine Tasche und machte mich auf die Suche nach einem ruhigen Platz. An solchen Tagen ging ich gerne in die Eingangshalle. Dort war, neben zwei kleinen Bäumen in Kübeln, ein Platz in einer Ecke der Halle, wo man ungestört sein konnte. Und wie immer war dieser Platz noch frei. Schnell setzte ich mich dahin, nahm mein Frühstück, kramte nach meinem Buch und fing an zu zeichnen. +++++++ Am Morgen wachte Melody spät auf. Da die Fenster bis auf einen kleinen Spalt von den Fensterläden verdeckt wurden, wurde sie nicht, wie üblich, von der Sonne geweckt. Gähnend stand sie auf und öffnete die Tür. Draußen konnte sie genau in das Zimmer der Jungs sehen, bei dem die Tür schon offen stand. Erschocken sah sie, dass die Betten bereits gemacht waren. Neben ihrer Tür lag ihre Kleidung; frisch gewaschen. Schnell sprang sie in ihre Kleidung, richtete ihre Haare und rannte die Treppe herunter. Sie lief geradewegs zur Küche, da sie ihre Freunde dort vermutete. Doch als sie dort ankam, blieb sie wie angewurzelt stehen. Niemand war da. Weder ihre beiden Kameraden noch Elisa, ihr Mann oder die Kinder. Nur auf dem Tisch lag ein Zettel. Neugierig näherte sie sich dem Zettel und las ihn: Lady Melody, Tut uns Leid, dass wir einfach so gegangen sind. Coud und ich hatten gestern Abend besprochen diesen Fall alleine zu erledigen. Es wäre einfach viel zu gefährlich gewesen, Euch mitzunehmen. Und da wir wussten, dass Ihr uns nie alleine hättet gehen lassen, mussten wir losziehen, bevor Ihr aufwacht. Ich weiß, dass Ihr, wenn Ihr das hier lest, ziemlich sauer sein werdet und mit dem Gedanken spielt, uns hinterher zu kommen, doch ich bitte Euch, es sein zu lassen. Ihr habt uns schon gegen diese Bären beschützt und diesmal wollen wir Euch beschützen. Bitte passt auf die Dorfbewohner auf. Wir haben alle gebeten sich solange in der Scheune am Marktplatz zu verstecken. Sobald Ihr wach seid, geht bitte auch dorthin und wartet auf uns. Beschützt diese Menschen, so wie Ihr es immer getan habt. Wie beeilen uns und kommen bald zurück. Bis später, Ray Geschockt und wütend zugleich stand sie nun in der Küche. Ray kannte sie gut. Genau das, was er geschrieben hatte, war eingetreten. Wieder und wieder las sie diesen Brief, bis sie es endlich akzeptieren konnte. Ray und Coud hatten sie einfach zurückgelassen. Auch wenn es war, um sie zu beschützen. Melody empfand es trotzdem als einen kleinen Verrat. Natürlich hätte sie darauf bestanden mitzukommen, aber dass die beiden eine Entscheidung treffen, ohne sie wenigstens zu fragen, machte sie traurig. War sie so egoistisch? Was sie so draufgängerisch, dass man jedes Mal um sie Angst haben musste? Melody verstand es nicht, doch sie beschloss, dass es keinen Zweck hatte, weiter zu grübeln. Sie würde die Jungs später selbst fragen. Erstmal würde sie ihren Teil des Planes einhalten… ++++++ Sie stürzte aus dem Haus und rannte in Richtung Dorfmitte. Dort angekommen sah sie auch schon die Scheune, in der sich die Menschen versteckten. Langsam ging sie an das Tor und versuchte es zu öffnen, doch nichts geschah. Plötzlich hörte sie eine Stimme von innen die fragte „Wer ist da?“. Das musste einer der Dorfbewohner sein. „Hier ist Melody. Meine beiden Freunde meinten ich solle zu euch kommen, nachdem ich wach bin.“, sagte sie. Von innen war ein dumpfes Geräusch zu hören und wie zwei Menschen sich bewegten. Danach glitt die Tür nach innen auf und die Rothaarige sah genau in das Gesicht eines Mannes. „Komm schnell rein…“ Gesagt, getan. Nachdem Melody hereingekommen war, schlossen sie das Tor gleich wieder und verriegelten es mit einem großen Holzbalken. Melody sah sich um. In dem ganzen Raum waren so etwas wie Notunterkünfte aufgebaut. Dinge, wie Heuballen wurden als Schlafstätte genutzt und die Arbeitsgeräte standen als Waffen bereit. Viele Familien drängten sich in dem doch recht kleinen Raum. Allen stand die Angst ins Gesicht geschrieben. Die Mütter umklammerten ihre Töchter als ob sie Angst hätten, dass jeden Moment sie jemand mitnimmt. Der rothaarigen taten die Menschen leid. Sie mussten entsetzliche Angst haben. Jeder von ihnen. Das Mädchen machte sich auf die Suche nach Elisa und ihrer Familie. Recht nah am Eingang fand sie sie auch. Die beiden Kinder guckten sich verängstigt in dem Raum um, als ob sie gar nicht so genau wussten, warum sie dort waren. „Melody!“, sagte Elisa, als sie sie bemerkt hatte. „Geht es dir wieder besser?“ Melody setzte ein freundliches Lächeln auf und antwortete: „Ja, vielen Dank.“ Sie ging näher auf die Familie zu und setzte sich daneben. „Hast du die Nachricht gefunden?“, fragte Ken sie, sobald sie sich hingesetzt hatte. „Ja, habe ich.“, meinte Melody knapp und versuchte ihre Enttäuschung zu verbergen. „Sie haben es nur für dich getan!“, fügte Elisa noch hinzu. Melody zuckte zusammen. Man merkte ihr ihre Enttäuschung also doch an. „Ja, ich weiß.“, sagte sie mit einem Lächeln. Sie wusste wirklich, dass ihre Freunde das für sie getan hatten. Das war ja nicht das erste Mal. „Mama, ich will wieder nach Hause!“, quengelte der kleine Junge aus dem Hintergrund. „Ja, mein Schatz, ich auch. Aber wir können hier nicht weg. Noch nicht. “, sagte Elisa liebevoll und streichelte ihren Sohn am Kopf. Schmollend drehte er sich um und widmete sich wieder seinem Spielzeug. ++++++ Einige Zeit saßen sie schweigend da. Melody beobachtete das Treiben in der Scheune. Männer liefen kreuz und quer durch den Raum. Hin und her gerissen zwischen ihren Familien und dem Wachdienst. Ab und zu öffneten sie das Tor um nachzusehen, ob draußen noch alles friedlich war. Die Kinder fingen immer lauter an zu quengeln. Überall im Raum hörte man, wie die Eltern versuchten, ihre Kinder zu beruhigen. >Ray, Coud. Bitte beeilt euch<, war das Einzige, woran das Mädchen zurzeit denken konnte. ++++++ Der Wald war dicht, sodass nur wenig Tageslicht durch die Bäume drang. Zu allem Überfluss zogen auch noch dichte schwarze Wolken den Himmel entlang und nahmen Zeitweise das einzige Licht. Ray und Coud eilten durch den Wald. Immer darauf bedacht nicht entdeckt zu werden und die Spur der Bande nicht zu verlieren. Ja, sie hatten vor einiger Zeit frische Fußspuren entdeckt, die zweifelsohne von den Entführern kommen mussten. Seitdem waren sie nun auf der Suche nach deren Versteck. Sie wollten nichts sehnlicher, als wieder in das Dorf zurückzukehren und zu sehen, wie es Melody geht. Für beide war sie wie eine Schwester und sie hassten es, sie krank alleine zu lassen. Doch diesmal konnten sie sie nicht mitnehmen. Es war einfach zu gefährlich. Immerhin waren die Jungs auf der Jagt nach Menschenhändeln, die junge Mädchen verkauften! Nein, sie hatten das Risiko für zu groß empfunden. So liefen sie nun zu zweit, was der Stimmung einen kleinen Abbruch tat, da die fröhliche Stimmungskanone fehlte, in westlicher Richtung an einem Fluss entlang. Es musste Mittag sein, da man, wenn sie denn mal schien, die Sonne direkt über ihnen sah. Von einem Moment auf den anderen blieb Ray plötzlich stehen. „Was ist los?“, fragte Coud verwundert, nachdem er ebenfalls stehen geblieben war. „Shhhh…“, kam es nur als Antwort zurück Langsam ging Ray an dem verwundert blickendem Jungen vorbei und kroch auf allen Vieren durch einen Busch links von ihnen. Coud konnte sich das Ganze nicht erklären, tat es seinem Freund aber gleich, da er wusste, dass er das nicht nur zum Spaß machte. Und tatsächlich. Sie befanden sich oberhalb einer Klippe, versteckt hinter einem Busch. Unten am Fuß der Klippe befand sich ein kleines provisorisches Dorf aus Zelten. Zwischen ihnen liefen um die 10 Männer entlang. Coud wusste nicht so ganz warum, aber schon beim ersten Blick auf diese Gestalten hatte er ein ungutes Gefühl. Und das sollte sich bewahrheiten. Als sein Blick durch diesen Lagerplatz streifte, sah er direkt unter der Klippe eine kleine Gruppe von Frauen. Soweit er es aus dieser Höhe von ca. 20 Metern erkennen konnte, waren sie an den Händen gefesselt und hintereinander an ein Seil gebunden. Sofort stieg eine blinde Wut in dem Blonden hoch. Am liebsten hätte er jedem einzelnen von den Kerlen gehörig wohin getreten. „Ich denke, wir haben sie gefunden“, kam es nach einigen Minuten von seinem Nebenmann. Coud schreckte aus seinen Gedanken hoch und nickte zustimmend. „Und was machen wir jetzt?“, fragte er noch. „Es sind zu viele um sie einfach mal so zu besiegen. Außerdem würden wir die Mädchen in Gefahr bringen. Es bleibt uns nur die Möglichkeit uns von hinten anzuschleichen und die Mädchen aus der Schussbahn zu kriegen. Danach können wir uns die Typen vorknöpfen.“ Der Blonde nickte. Er hatte gelernt, dass Rays Ideen die Besten waren und man sie getrost hinnehmen konnte. Und etwas Besseres fiel ihm auch nicht ein. ++++++ Die Jungs suchten nach einer Abstiegsmöglichkeit, bei der sie nicht entdeckt werden konnten und dennoch nah an dem Camp waren. Es war ein beschwerlicher Abstieg, da sie zeitweise klettern mussten. Doch irgendwie schafften die beiden es unentdeckt das Camp zu erreichen. Sie versteckten sich im angrenzenden Wald und schlichen, versteckt hinter Bäumen und Büschen, die das Camp umrandeten, näher an die Männer heran. Sie achteten darauf, dass sie nicht entdeckt wurden und hatten dabei auch Glück. Die Männer schienen nicht mit Feinden zu rechnen, denn sie waren unaufmerksam oder schliefen sogar an ihren Wachposten. Diese Gelegenheit nutzten sie und huschten schnell hinter einen Felsen, vor dem die Mädchen saßen. Coud quetschte sich zwischen dem Felsen und der Wand entlang und gelang so zu den Mädchen. Er stieß das eine Mädchen, welches ihm am nächsten war, am Arm an, sodass sie zusammenzuckte und sich blitzschnell umdrehte. Sofort versuchte er sie zu beruhigen, indem er sie anlächelte und einen Finger an die Lippen legte um sie zu bitten, leise zu sein. Das Mädchen schien erkannt zu haben, dass er nicht zu den „Bösen“ gehörte und lächelte erleichtert zurück. Sie rutschte näher zu ihm heran und sagte ihr, dass die anderen Mädchen leise und unauffällig näher an den Stein herankommen sollen. Gesagt getan. Sie ließ die Nachricht nach dem „Stille-Post-Verfahren“ weitergeben, woraufhin die Mädchen so unauffällig wie möglich, an den Stein heranrutschten. Coud zückte ein Messer und gab es den Gefangenen, damit sie sich von ihren Fesseln los schneiden konnten. Er bat jedoch alle, erstmal ruhig sitzen zu bleiben, bis sich alle befreit hatten. Ray war inzwischen ein Stück in die Richtung zurückgegangen, aus der sie kamen. Er wollte ein Ablenkungsmanöver starten, damit alle sicher entkommen konnten. Er stelle sich hinter einen Baum in der Nähe eines Zeltes und wartete auf Couds Zeichen. Da kam es auch schon. Coud hob die Hand und bedeutete ihm, loszulegen. Da sein Element die Elektrizität war war, beschwor er ein Gewitter herauf, mit Blitzen und Sturm, wobei Coud ihm half. Couds Sturm ließ einige Zelte abheben, aber mehr nicht. Er wollte die Mädchen ja nicht verletzten. Die Windhose tauchte am anderen Ende des Lagers auf. Gegenüber der Stelle, an der die Mädchen warteten. Wie erhofft, drehten sich alle Männer in die Richtung um, weshalb niemand mehr auf die Mädchen achtete. Schnell schleuste Coud sie um den Felsen herum und an den Waldrand. „Eindringlinge! Die Mädchen versuchen zu fliehen!“, schrie jemand hinter Coud. Schnell drehte er sich um und zückte sein Schwert. Da kamen auch schon 4 oder 5 Männer angerannt. „Los, lauft! Seht nicht zurück! Lauft, bis ihr das nächste Dorf erreicht!“, rief er den Mädchen zu. Doch alle standen, wie festgewachsen, dort. Coud sah die Angst in ihren Augen. „Los macht schon!“, versuchte er es noch einmal. Doch es war schon zu spät. Der Blonde sah aus den Augenwinkeln, dass einer der Männer sein Schwert gezückt hatte und nun direkt auf eines der Mädchen zulief und es gab nur eine Möglichkeit ihn aufzuhalten… Das letzte was er hörte, war wie jemand seinen Namen rief und dann wurde alles schwarz vor seinen Augen... ++++++ Melody zuckte zusammen. Sie hatte einen Stich im Herzen gespürt. Erschrocken stand sie auf und sah zur Tür. Natürlich wusste sie, dass dort niemand kommen würde, aber irgendwas zwang sie in diese Richtung zu sehen. „Melody?“, hörte sie Elisa sagen, doch sie reagierte nicht. Es war so, als ob die Frau aus weiter Entfernung zu ihr sprechen würde. Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Die Rothaarige wusste, dass etwas Schlimmes passiert war. „Coud… Ray…“, murmelte sie mit von Tränen erstickter Stimme. ++++++ Die Schulglocke läutete das Ende der Pause ein. Seufzend packte sie ihre Sachen zusammen und sah noch einmal aus dem Fenster. Immer noch tobte ein Gewitter draußen am Himmel, dessen Blitze gelegentlich die Zimmer erhellten. Langsam ging ich ins Klassenzimmer. Wie immer ungeachtet der anderen. Diese zwei Schulstunden sollten nun auch noch irgendwie vorbeigehen… So kam es dann auch. Zwei Stunden Geschichte, in denen wir das Märchen des Bambusschneiders durchgenommen hatten, vergingen und ich konnte nach Hause. Zu meinem Leidwesen hatte sich das Wetter kaum verändert. Das Gewitter war abgeklungen, aber der Regen blieb. Seufzend verließ ich die Schule und spürte gleich den kalten Regen auf meinem Körper. Hätte ich doch nur meinen Schirm mitgenommen… Ich ging durch die leere Stadt. Nur ab und zu kamen mir Menschen, die ihre Gesichter unter ihren Regenschirmen vergraben hatten, entgegen. Diese eilten an mir vorbei, um schnell ins Trockene zu kommen. Ich hingegen ging ruhig und gelassen durch die Straßen. An meinem Buchladen hielt ich an und sah, wie heute Morgen, durch das Schaufenster. Reingehen wollte ich nicht. Und so stand ich zum zweiten Mal an diesem Tag durchnässt vor diesem Fenster. „Ah, du bist es wieder!“, hörte ich jemanden hinter mir sagen und gleich darauf spürte ich, wie der Regen aufhörte, auf mich herunter zu tropfen. Ich drehte mich um und da stand er. Der Junge von heute Morgen mit seinem Regenschirm. Er lächelte mich an. Aber wieso? Ich hatte ihn so unfreundlich behandelt, obwohl er mir nur helfen wollte… Einen Moment stand ich dort, ihm gegenüber, und sah ihn geschockt und verwundert an. „Was willst du?“, fragte ich ihn nach einer Weile. Ich hatte versucht meinen gleichgültigen Ton anzuschlagen, doch irgendwie funktionierte es nicht so, wie ich es gehofft hatte. „Was ich will? Ich will, dass du ohne eine Grippe nach Hause kommst.“, lächelte er fröhlich. Mich verwirrte diese Art. Noch nie hatte sich jemand so um mich gesorgt und mir geholfen. Ich kannte dieses Gefühl nicht. Ich wollte es auch nicht kennen lernen, denn ich wusste genau, dass man sich zu schnell an so etwas gewöhnte. Aber niemand wird mehr da sein, der mir dieses wohlige Gefühl geben kann. Genau deshalb wollte ich nicht, dass Fremde Menschen mich so behandeln. Ich wollte es einfach nicht. „Das kann dir doch egal sein! Lass mich doch endlich in Ruhe! Wir kennen uns doch überhaupt nicht!“, schrie ich ihn an. Meine ganze Wut, die sich über die Jahre angestaut hatte, schien raus zu wollen, doch ich wusste auch, dass dieser Junge nichts dafür konnte. Ich sah zu Boden und wie heute Morgen dachte ich, er würde gleich verschwinden. Doch wieder tat er es nicht. „Aber nicht doch“, lächelte er immer noch. „Ich kann doch nicht einfach zusehen, wie du hier nass im Regen stehst. Das gehört sich nicht.“ Kurz herrschte Stille, bis er weiter sprach. „Ok, wir kennen uns nicht, aber das lässt sich schnell ändern. Mein Name ist Kazune Misaki und wie heißt du?“ Verdutzt sah ich ihn an. „Warum…?“, murmelte ich. „Warum?“ Er sah mich nur schief an. Er schien nicht zu wissen, was ich von ihm wollte. „Warum gibst du nicht auf? Ich war so unfreundlich zu dir! Und trotzdem bist du immer noch so freundlich!“, sagte ich leise, zum Boden blickend. Verwundert sah er mich an. Er verstand mich einfach nicht. Und das konnte ihm keiner verübeln. Ich selber verstand mich nicht! Der Junge war so freundlich zu mir! Versuchte sich mit mir anzufreunden! Wollte einfach nur nett sein! Und ich ließ ihn nicht an mich heran. „Tut mir leid…“, murmelte ich und lief die Straße entlang davon. Wieder ließ ich ihn im Regen stehen. Wieder lief ich weg. Konnte ich eigentlich noch etwas anderes außer weglaufen? Ich Ohrfeigte mich gedanklich selber dafür. Aber ich hatte einfach Angst. Angst mich an jemanden zu binden, der mich eh wieder verlässt. So wie meine Eltern… +++++++ Zuhause sprang ich sofort unter die Dusche. Dieses warme Gefühl des Wassers lockerte meine angespannten Muskeln. Es war so viel angenehmer, als durch den Regen zu laufen. Und außerdem vertrieb es meine Gedanken. Es fühlte sich an, als ob sie mit dem Wasser einfach fortgespült wurden. Ich sah nach oben, sodass mir das Wasser direkt über das Gesicht lief. Ein tolles Gefühl… Einige Zeit später saß ich in meinem kleinen Wohnzimmer und sah Fernsehen. Ich wollte heute nichts mehr machen. Einfach nur da sitzen und meine Gedanken schweifen lassen. Ich zappte durch das Programm. Ein kitschiger Liebesfilm, eine Dokumentation über Pottwale, eine Krimiserie, eine Karaokeshow mit Leuten, die nicht singen konnten, Nachrichten und eine Musiksendung. Nichts was mich interessierte. Seufzend schaltete ich den Fernseher aus und legte mich mitten in den Raum. Meine Gedanken schweiften ungeordnet durch mein Leben. Und immer wieder bleiben sie an dem Jungen hängen… Wie hieß er noch mal? Kazune? Ja… Sofort schreckte ich hoch, sodass ich kerzengerade auf dem Boden saß. Wieso dachte ich an ihn? Ich kannte doch nicht mehr als seinen Namen! Genau deshalb wollte ich keine Beziehung zu anderen Menschen aufbauen… Es tat nur weh, diese wieder gehen zu lassen… Ich stand auf und ging ins Bett. Es war erst neun Uhr und dennoch beschloss ich, mich schlafen zu legen. Ich starrte aus dem Fenster. Der Mond schien herein und legte sein sanftes Licht auf meine Möbel. In dem Licht des Mondes tanzten kleine Staubkörner. Es sah fast so aus, als ob es schneite. Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Schnee… Im Sommer… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)