Schwarz & Weiß von MarySae (Die Legende des goldenen Drachen) ================================================================================ Kapitel 5: Schatten der Vergangenheit und der Zukunft ----------------------------------------------------- So, hatte gestern einen Schreib-Schub. XD Wusste endlich, was ich schreiben sollte. XD Ich persönlich mag dieses Kapitel gar nicht. Irgendwie passiert da nichts. >___< Das nächste Kapi wird wieder besser. Habe schon ein paar gute Ideen, die nur noch aufgeschrieben werden müssten. ^^ Tja, diesmal ist Linas Geschichte im Vordergrund. Sie spielt ja immerhin auch noch mit. XD Drama, Baby, Drama! Sage ich nur. ;) Viel Spaß beim Lesen. ^^ [hr] Kapitel 5 – Schatten der Vergangenheit und der Zukunft Früh erwachte ich an diesem Tag. Und das ohne Wecker. Nach Tagen voller dunkler Wolken und Regen schien wieder die Sonne durch mein Fenster. Endlich keinen Regen mehr. Ich war nervös. Konnte deshalb nicht wirklich gut schlafen. In ein paar Stunden würde ich mich mit Kazune treffen. Meine erste Verabredung seit Jahren. Seit meine Eltern nicht mehr da waren, um genau zu sein. Da war es ganz natürlich, nervös zu sein. Um acht Uhr stand ich dann auf und ging ins Bad duschen. Auch meinen Haaren widmete ich mehr Aufmerksamkeit als sonst, obwohl ich hinterher auch nicht viel anders aussah… Zum Anziehen hatte ich mir am Tag davon einen blauen Rock gekauft, der gestuft bis zu den Knien ging. Dazu hatte ich mir ein blaues Trägertop gekauft, mit einem schwarzen Rand oben und unten und einer angenähten schwarzen Krawatte. Krawatten für Mädchen waren der letzte Schrei, hab ich mir sagen lassen… Fertig angezogen ging ich dann in die Küche. Schon beim Eintreten schien mir die Sonne ins Gesicht. Ich genoss die warmen Strahlen auf meiner Haut. Endlich wieder Sonne. Dieser ständige Regen schlägt einem aufs Gemüt. Ich machte mir was zum Frühstück und beobachtete das Treiben vor meinem Fenster. Hier, im vierten Stock eines Gebäudekomplexes, hatte man einen interessanten Blickwinkel auf die Menschen unten auf der Straße. Vor dem Haus verlief eine Straße, die von Gebäuden umgeben war. In einigen von ihnen hatten sich im Erdgeschoss Geschäfte angesiedelt. So auch gegenüber von meinem Fenster. Dort gab es einen Friseursalon, zu dem auch ich manchmal gehe. Ich fand es interessant, wie sich einige Leute in nur ein paar Minuten in dem Salon so veränderten. Deshalb saß ich gerne am Fenster und beobachtete die Leute, wenn sie in den Laden hineingingen und wieder herauskamen. Kaum zu glauben, was sich manche für Frisuren machen ließen… Nach dem Frühstück nahm ich meine Tasche, die ich gestern Abend schon vorbereitet hatte, und ging nach draußen. Ich wollte noch etwas in den Glyziniengarten, um zu zeichnen. Ich wusste, dass ich Zuhause viel zu aufgeregt sein würde, also wollte ich mich ablenken. Auf dem Weg dorthin kam ich an einer Uhr vorbei. 11.47 Uhr. In zwei Stunden würde es soweit sein… Schnell ging ich in Richtung des Gartens und schlüpfte durch das Tor. Heute waren etwas mehr Menschen da. Eine Mutter, mit ihrer kleinen Tochter, die dem Mädchen die Blumen zeigte, ein älterer Herr mit seiner Frau, die ihren Hund spazieren führten und eine Gruppe von drei Mädchen, die im hinteren Teil saßen und sich kichernd unterhielten. Sofort eilte ich zu meinem Lieblingsplatz unter dem Glyzinienhimmel und setzte mich hin. Gleich kramte ich mein Buch heraus und fing ungeduldig an zu zeichnen… ++++++ Ein dumpfes Pochen in seiner Brust weckte Coud aus einem tiefen Schlaf. Zuerst musste er sich orientieren, bis er wusste, wo er war und was passiert war. Sogleich spürte er einen Stich ins Herz, als er an Melody denken musste und dieser kam nicht von seiner Verletzung. Seine Freundin in den Händen von Menschenhändlern... Er war sich in seinem Leben noch nie so sicher, wie heute. Er musste sie da rausholen, auch wenn es sein Leben kosten würde. Der Blonde wollte nicht nur sein Versprechen einlösen, sondern einfach seine beste Freundin in Sicherheit wissen. Sie war damals für ihn da, als er von den Erwachsenen schief angeguckt und gemieden wurde, weil er einfach besser war als sie. Die Männer konnten es jedoch nicht akzeptieren von einem Kind geschlagen zu werden. Deshalb pöbelten sie oft und beleidigten ihn. Doch immer war Melody zur Stelle. Obwohl sie jünger war als er heizte sie den Männern mächtig ein. Schon damals hatte sie sich für andere eingesetzt und es mit Gegnern aufgenommen, vor denen andere nur weggelaufen wären. Und dieser Mut, diese Nächstenliebe, wurde ihr jetzt zum Verhängnis… Bei diesem Gedanken ballte Coud die Hände zu Fäusten, sodass schon das Weiße an den Knöcheln hervortrat. „Ah, du bist wach?“ Dieser Satz holte ihn aus seinen Gedanken und ließ ihn zur Tür schauen. Dort stand das Mädchen, welches er bei dem Fluchtversuch um Hilfe gebeten hatte. Sie hatte das sehr souverän gelöst. Nachdem er verletzt wurde, hat sie sich um die Mädchen gekümmert und als sie ihn versorgt hatten, war sie auch vorne dabei gewesen. Sie erinnerte Coud sehr an Melody… Er nickte ihr zur Antwort. Sie setzte ein Grinsen auf und fragte weiter: „Das ist schön. Und, wie geht es dir?“ „Ich glaube ganz gut.“, gab er als Antwort. Sie lächelte ihn freundlich an. „Da fällt mir ein, dass ich mich ja noch gar nicht vorgestellt habe. Mein Name ist Haine. Ich bin die Tochter des Bürgermeisters der Stadt. Ich kann euch gar nicht genug danken, dass ihr uns gerettet habt!“ Nun verstand Coud. Jetzt wusste er woher sie diese Führungsqualitäten und den Mut hatte. „Ich heiße Coud. Freut mich dich kennen zu lernen. Und du brauchst dich nicht zu bedanken. Das war selbstverständlich.“ Nun setzte auch er sein gewohnt freundliches Lächeln auf. So was lernte man einfach, wenn man im Auftrag des Königs reiste. Haine lächelte ihn an und wurde sogar etwas rot, was Coud aber nicht bemerkte, da Ray in dem Moment in das Zimmer trat. „Na, geht’s dir wieder besser?“ „Ja, alles wieder im Lot. Wie lange habe ich geschlafen?“, antwortete Coud. „Na ja, so 5 bis 6 Stunden.“, kam es nach kurzem Überlegen von Ray. >Doch so lange?<, fragte sich Coud. „Lass uns für heute Nacht noch hier bleiben, damit du dich ganz erholen kannst. Morgen bei Sonnenaufgang brechen wir dann auf.“, meinte Ray. Sein Ton ließ keine Widerrede zu, das wusste der Blonde. Dafür kannte er ihn zu gut. „Ok, ok. Ich sag ja gar nichts…“, lachte Coud. Auch Ray schlich sich ein kleines Grinsen auf das Gesicht. „Na, dann will ich mal nicht weiter stören.“, grinste Haine und verschwand mit einem Lächeln. „Was machen wir?“, fragte Coud und sein Lächeln verschwand augenblicklich. „Ich weiß es nicht.“, kam es von dem Schwarzhaarigen. „Wir wissen so gut wie nichts über diese Bande. Wir wurden schon einmal getäuscht. Diesmal sollten wir vorsichtiger sein. Schon wegen Lady Melody.“ Coud nickte, kaum merklich. Er überlegte fieberhaft, was sie tun konnten. Ray sah ihn von der Seite an. Er sah, wie sehr sein Freund litt. Und er konnte sich den Grund denken… „Coud, du liebst sie, oder?“ Von diesem Satz aus den Gedanken gerissen, starrte Coud ihn ungläubig an. Er konnte nicht glauben, was sein Freund ihn da fragte. Ray saß still und ohne eine Miene zu verziehen da. Er wollte den Blonden nicht drängen. Er wartete einfach. Coud wandte seinen Blick von ihm ab und starrte auf die rote Decke vor ihm. Ein paar Minuten vergingen, bis der Blonde sich wieder rührte. „Ja, ich glaube du hast Recht.“ Beide saßen wieder schweigend da. „Keine Sorge. Wir werden sie finden!“, versuchte Ray seinen Freund aufzumuntern. Er konnte es nicht ertragen, ihn so zu sehen. Der Blonde war wie ein Bruder für ihn geworden. „Ich werd’ dann mal gehen. Ruh’ dich noch etwas aus.“, mit diesen Worten verschwand Ray aus dem Zimmer. Eine Weile blieb Coud noch in seinem Bett sitzen und starrte auf seine Hände. Sein Kopf war voller Gedanken und Bilder. Und die meisten handelten von Melody und dem morgigen Tag. Er würde sein Versprechen halten. Er würde sie retten. ++++++ Sie hatten Rast gemacht. Nach einigen Stunden des Reitens war dies das erste Mal Pause. Melody befand sich einige Meter außerhalb des Lagers. Gebunden an einen der Bäume und bewacht von einer oder mehreren Wachen. was eine Flucht so gut wie unmöglich machte. Auf dem Weg hierher hatte sie oft versucht, sich von ihren Fesseln zu befreien, doch Kaiba hatte jeden noch so heimlichen Versuch sofort unterbunden. Und jedes Mal hatte er sie geschlagen. Nun saß sie still da. Ihr Körper an manchen Stellen rot und blau von den Schlägen. Ihre Handgelenke waren von dem Seil aufgescheuert und wund. Die Rothaarige hatte sich ihrem Schicksal ergeben. Nun überlegte sie, wie sie das Beste aus der Situation machen konnte… Melody hörte die Männer lachen. Sie saßen am Lagerfeuer, aßen und feierten ihren „Fang“. Wie auf ein Zeichen knurrte ihr in diesem Moment der Magen. „Hier.“ Erschrocken sah Melody zur Seite. Dort stand ein schüchtern aussehender junger Mann. Er hielt ihr etwas Brot, ein Stück Fleisch und ein Glas Wasser hin. „Danke.“, sagte Melody leise. „Losbinden kann ich dich leider nicht. Aber wenigstens konnte ich dir was zu Essen besorgen.“ Ein kleines Lächeln stahl sich in sein Gesicht. „Ja, danke.“ Auch Melody zeigte ein kleines Lächeln. Er setzte sich neben sie und half ihr beim Essen. Es war ein angenehmes Gefühl, wieder etwas im Magen zu haben. Gleich kehrte ein bisschen Kraft in ihren Körper zurück. Und auch etwas Hoffnung. Schweigend saßen sie nebeneinander und sahen dem Treiben im Lager zu. „Was machst du hier in dieser Bande? Du bist so anders, als die anderen.“, unterbrach Melody die Stille. „Eine gute Frage…“, sagte der Junge mit einem traurigen Lächeln. „Vor ein paar Monaten fielen diese Männer in unser Dorf ein. Sie nahmen alle Mädchen mit; darunter auch meine Schwester Meg. Ich ließ mich in die Bande aufnehmen, um den Mädchen, die gefangen wurden, zu helfen. Ich wusste, dass sie die Mädchen nicht gut behandeln werden. Ich wollte irgendwie helfen.“ Es herrschte wieder Stille zwischen den beiden. Nur die letzten Vögel zwitscherten, bevor sie schlafen gingen. Er tat ihr Leid. Genau aus diesem Grund war Melody auf Reisen. Um diesen Menschen zu helfen. „Das tut mir Leid.“, meinte sie zu ihm. „Da kann man nichts machen. Wir waren ja nicht die einzigen, die sie bedrohten. Vielleicht kann ich dir wenigstens etwas helfen.“ „Vielen dank.“, lächelte sie ihn an. „Das vorhin war sehr mutig von dir. Wenn ich damals so mutig gewesen wäre, wäre meine Schwester vielleicht noch Zuhause.“ Seine Stimme klang traurig und war nichts mehr als ein Flüstern. Melody wusste, dass er immer noch litt. „Ach was. Das war nicht mutig. Ich hatte Angst. Furchtbare Angst. Aber ich wollte helfen. Und das war eben meine Art. Das Einzige was ich tun konnte…“ Er nickte. „Aber meine Freunde werden kommen.“ Verwundert sah er sie an. Ihre roten Augen strahlten nur so vor Hoffnung. „Freunde?“, fragte der Junge. Melodys Lächeln wurde breiter. „Meine Teamkollegen und Freunde, Ray und Coud. Sie werden sicherlich schon auf dem Weg sein.“ Er sah ihr an, dass sie das wirklich aus tiefstem Herzen glaubte. Dieser Mut verwunderte ihn. Er hatte schon vielen gefangenen Mädchen geholfen, aber Keine war wie dieses Mädchen. Dies machte auch ihm Hoffnung. Hoffnung auf eine Welt ohne solche Kerle. „Na, was machen wir mit dir?“ Die beiden schreckten hoch. Kaiba stand direkt vor ihnen. Melody starrte ihn an. Sie legte all’ ihren Hass in diesen Blick. “Du bist ja ganz schön was Wert. Hmmmm… Wo kann man das meiste Geld für dich bekommen?“ Er stand ganz cool dort und lächelte gehässig. Melody wusste, dass sie etwas unternehmen musste, bevor er sie sonst wo hinsteckte. “Beim König…“, murmelte sie leise vor sich hin. „Wie war das? König?“ Erschrocken und auf einmal kreidebleich sah das Mädchen den Anführer an. Sie hätte nicht gedacht. dass er sie hörte. „Eine sehr gute Idee. Vielen Dank für deine Mithilfe!“ Er lachte laut auf und verschwand wieder ins Lager. „Melody…“, sagte der Junge neben ihr mit vor Schreck geweiteten Augen. Doch sie antwortete nicht. Sie sah auf den Boden, sodass ihre Haare ihr Gesicht verdeckten. ++++++ Ich hob meinen Blick. Etwas hatte mich aus meinen Gedanken gerissen. Vor mir saß nun ein Hund und sah mich aus seinen großen braunen Augen an. Es war ein kleiner schwarzer Hund. Welche Rasse, konnte ich nicht sagen. Ich sah mich nach seinem Herrchen um, doch niemand war zu sehen. „Was machst du denn hier?“, begann ich mit dem kleinen Tier zu reden. Dieser legte nur den Kopf schief und wedelte mit dem Schwanz. Er sah echt süß aus. Ich konnte nicht anders und musste ihn streicheln. Am liebsten hätte ich ihn mitgenommen. „Jo! Jo!“ Ein kleines Mädchen, den Tränen nah, lief aufgeregt in dem Garten herum. Soweit ich erkennen konnte, hatte sie eine Leine in der Hand. Ich wendete mich wieder dem Hund zu. „Dein Frauchen sucht dich.“, sagte ich lächelnd. „Hier!“, rief ich dem Mädchen zu und winkte ihr um sie her zu holen. Sofort kam das blonde Mädchen auf mich zu und als sie den Hund sah, stürzte sie sich gleich auf ihn. „Da bist du ja! Lauf ja nicht wieder weg!“ Dann rann ihr eine Träne das Gesicht entlang. „Danke!“, meinte sie zu mir, nahm den Hund an die Leine und ging davon. Ich sah auf die Uhr 13.30. Langsam packte ich meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg zu unserem Treffpunkt. Gemütlich schlenderte ich die Straßen entlang, sah in die verschiedenen Geschäfte und beobachtete die Menschen auf den Straßen. Die Sonne beleuchtete die ganze Szenerie von oben und erwärmte die Luft. Ab und zu verdeckte eine dicke weiße Wolke die Sonne, verdunkelte einige Teile der Stadt und spendete den schwitzenden Lebewesen Schatten. Ich setzte mich auf den Rand des Brunnens. Der Brunnen war inmitten eines kleinen Platzes. Auf dem Boden waren rote und schwarze Steine, die sich in mehreren Kreisen auf die Mitte des Platzes zu bewegten. Der Brunnen war von einer kleinen grünen Hecke umgeben, an der auch kleine rote Blüten wuchsen. Diese Hecke ging jedoch nicht über den Rand hinaus, sodass man sich noch auf die Steine setzten konnte. Der Brunnen an sich war eher schlicht. Ein großer Wasserbehälter, mit ungefähr 10 Metern Durchmesser und in der Mitte schoss eine Fontäne Richtung Himmel. Die Wassertropfen glitzerten in der Sonne, wie unzählige kleine Diamanten. Ein kleiner Regenbogen glitzerte ebenfalls über dem Brunnen. Gegenüber dem Platz stand eine große Uhr. 13.50 Uhr. Bald würde er kommen. Ich wurde immer nervöser und sah jeden an, der an mir vorbei ging. Jedes Mal dachte ich, es wäre er. Doch Kazune war nirgends zu sehen. Es vergingen die Minuten. 13.55. 13.59. 14.03. 14.10. 14.20. Nirgends eine Spur von ihm. Meine Stimmung sank in den Keller. Langsam wurde mir klar, dass er nicht kommen würde. Der Junge hatte mich sitzen lassen. Wie konnte ich auch nur glauben, dass sich jemand mit mir treffen würde? Und das, nachdem ich ihn so mies behandelt hatte… Doch irgendwie hatte ich es gehofft. Sah dies als meine Chance meinem alten Leben zu entfliehen. Aber es hatte nicht sollen sein. 14.35 Uhr. Ich wollte nicht mehr warten. Wie dumm ich mir doch vorkam. Ich spürte, wie sich langsam Tränen in meinen Augen bildeten. Wut, Enttäuschung, Einsamkeit… All’ diese Emotionen durchfluteten meine Gedanken. Ich stand auf und ging langsam wieder dahin, wo ich hergekommen war. „Linaaaaaa!“ Wie angewurzelt blieb ich stehen. Ich drehte meinen Kopf in die Richtung, aus der ich meinen Namen hörte. Kazune stand dort hinter mir. Mit seinen Händen stütze er sich keuchend auf seinen Knien ab. Erstaunt sah ich ihn an. Ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass er wirklich kommen würde. „Es… Es tut… mir Leid…“, keuchte er völlig außer Atem. „Mein… Bus hatte eine Panne und…ich musste… den halben Weg zu Fuß… gehen.“ Langsam konnte er sich wieder aufrichten. Sofort erschien sein gewohntes Lächeln auf seinem Gesicht. Ich sah ihn nur an. Immer noch unsicher, was ich nun denken sollte. Sein Bus war nicht gefahren? Und er war den ganzen Weg zu Fuß gegangen? Nur um mich zu treffen? Und ich dachte, er wollte nicht. Ich schämte mich für meine negativen Gedanken. Ich suchte scheinbar in den Leuten das Negative um daran zu glauben. Wie dumm ich doch war. „Lina?“ Er riss mich aus meinen Gedanken. Er stand lächelnd vor mir. „Wollen wir dann los?“, fragte er mich und ich gab ihm mit einem Nicken ein Zeichen. „Gut.“, lachte er und ging voraus. „Ich hab mir schon was überlegt.“, fügte er noch hinzu. Baff wegen der Tatsache, dass er sich so viele Gedanken gemacht hatte, folgte ich ihm. Er musste sich viel Mühe gemacht haben. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Da ich noch kein Wort mit ihm gewechselt hatte, sprach ich ihn nach einer Weile an. „Wo wohnst du denn eigentlich? Muss ja ein weiter Weg gewesen sein.“ Er grinste. „Das kannst du laut sagen. Ich wohne in Shibuya City und habe, glaube ich, etwas über eine Stunde gebraucht um herzukommen.“ „Eine Stunde?“, fragte ich verblüfft. „Das hättest du doch nicht machen müssen.“ Wieder sein Lächeln. „Doch klar. Ich habe doch versprochen, dass ich komme. Tut mir Leid, dass es so spät geworden ist.“, meinte er. „Ach nicht doch. Du musst dich ganz schön beeilt haben um diese weite Strecke so schnell zu bewältigen.“ „Ja.“, lachte er fröhlich. Wie konnte man nur so fröhlich sein? Diese Frage stellte ich mir immer, wenn ich ihn traf. Zusammen gingen wir die Straße entlang, bis zu einem kleinen Teich. Schon von weitem sah man das neue Café. Direkt am Ufer stranden rot/weiße Sonnenschirme und darunter weiße Plastikstühle an runden roten Tischen. Diese Terrasse war durch das Café zu erreichen. Über der Eingangstür prangte ein Schild mit dem Namen des Cafés „Sakura“ und einem dazugehörigen Kirschblütensymbol. Wir betraten das Lokal. Überall waren Menschen. Ob Kinder mit ihren Eltern, Mädchen mit ihren Freundinnen oder eine Gruppe älterer Frauen, die sich einmal die Woche trafen. Kazune und ich suchten uns einen Platz und nach langem suchen sahen wir ein Ehepaar, welches gerade ihren Tisch verließ und setzten uns. Der Tisch lag direkt am Ufer des Teiches. Nur ein kleiner Eisenzaun, der oben herum mit Blumenkörben dekoriert wurde, trennte die Besucher vom Wasser. Ich sah mich um. Um die Terrasse standen mehrere Kirschbäume in voller Blütenpracht, sowie andere Laubbäume. Auf der anderen Seite des Teiches standen mehrstöckige Apartmenthäuser und eine kleine Kirche. Die Sonne schien von oben herab, doch einer der Sonnenschirme schützte uns vor ihren Strahlen. Ich beobachtete die Kirschblüten, dich schaukelnd von den Bäumen fielen. „Lina?“ Vor Schreck zuckte ich kurz zusammen und sah nach vorne. Kazune sah mich fragend an. Ich hatte ihn total vergessen. „Tut mir Leid.“, meinte ich wahrheitsgemäß. Ich hätte mich Ohrfeigen können… „Ach was.“, lachte er. „Der Ausblick ist echt schön. Ich mag Kirschbäume.“ „Ja, ich auch.“, lächelte ich. Als er mich sah, stütze er sein Gesicht auf seine rechte Hand und grinste mich an. Ich wurde sofort rot und wendete meinen Blick ab. Der Kellner kam in diesem Moment und nahm unsere Bestellung auf. Ich nahm einen Milchshake und Kazune bestellte sich einen Früchteeisbecher. Während wir warteten sagte niemand ein Wort. Meine Gedanken schweiften beim Anblick der Wellen ab. Erst der Kellner holte mich wieder in die Realität zurück. Zuerst fingen wir schweigend an zu essen bzw. zu trinken. Ich wunderte mich, dass der Junge nichts sagte, da er sonst gerne und viel redete. Irgendwann kam mir der Gedanke, dass er mich vielleicht nicht unter Druck setzten wollte und deshalb nichts sagte. Doch weil wir nicht hier schweigend sitzen bleiben konnten, ergriff ich das Wort: „Ich habe dich hier vorher noch nie gesehen. Wohnst du schon lange hier?“ Etwas überrascht über meine plötzliche Offenheit, brauchte er einige Sekunden, bis er antwortete: „Ich bin erst vor kurzem aus einem der umliegenden Dörfer hierher gezogen. Meine Eltern wohnen noch dort. Ab Montag gehe ich hier in der Nähe zur Schule.“ Deshalb hatte ich ihn noch nie gesehen. „Und wo wohnst du? Bei deinen Eltern?“, kam seine Gegenfrage. Damit hatte er bei mir einen wunden Punkt getroffen, versuchte aber, mir nichts anmerken zu lassen. „Ich wohne hier in der Nähe. Allein.“, gab ich etwas leiser zurück. Kazune schien zu merken, dass mich das Thema sehr mitnahm, denn er wechselte schnell das Thema. „Verstehe. Was sind denn so deine Hobbies?“ „Hobbies? Also eigentlich habe ich keine richtigen Hobbies.“, antwortete ich ihm. „Ich zeichne nur gerne.“, fügte ich noch leise hinzu. „Zeichnen?“, fragte er sofort interessiert. Ich hatte geahnt, dass so etwas passieren würde. „Was zeichnest du denn?“ „Ach, alles Mögliche.“, versuchte ich der Frage auszuweichen und hing noch schnell ein „Und du?“ dran. Er überlegte kurz. „Ich spiele gerne Gitarre und treibe Sport. Fahrrad fahren und so was.“, kam es als Antwort. „Aha.“, sagte ich nur und schon herrschte wieder Stille zwischen uns. Unser Bestelltes war längst leer und Kazune rief den Kellner, um zu bezahlen. „1450 Yen.“, meinte dieser und als ich mein Geld aus der Tasche geholt hatte, hatte Kazune schon bezahlt. „Stimmt so.“, grinste er und mit einem „Danke.“ verschwand der junge Kellner. „Du… Du musst nicht für mich bezahlen!“, protestierte ich emotionaler als geplant, was Kazune ein noch breiteres Lächeln aufsetzten ließ. „Ach was. Ich habe dich doch eingeladen.“, meinte er fröhlich. Wie erschlagen saß ich dort und sah in mit geweiteten Augen an. „Komm, lass uns noch mal in die Stadt gehen.“, meinte er schließlich und ich folgte ihm nach einem kurzen Nicken. Wir gingen eine größere Straße entlang und lachten über manch kurioses Ausstellungsstück in den Schaufenstern der Läden. Soviel hatte ich schon lange nicht mehr gelacht. Ich fühlte mich seit langem wieder glücklich. Bis alles mit einem Mal zerstört wurde… An einer Straßenkreuzung sahen wir eine Menschenmenge. Je näher wir kamen, desto lauter wurde das Geschrei. Wir sahen Rauch aufsteigen und hörten, wie Feuerwehrautos an uns vorbeifuhren. Mir wurde schlecht. Ich konnte regelrecht spüren, wie langsam das Blut aus meinem Kopf wich und ich kreidebleich wurde. Geschockt blieb ich einige Meter vor dem brennenden Haus stehen. Mein Körper fing an zu zittern und ich hörte die Schreie einer Frau und eines Mannes. Tief in mir drin. Ich spürte die Flammen, als ob ich in ihnen stehen würde. Als ob ich direkt in dem Haus wäre. Der Geruch von brennendem Fleisch stieg mir in die Nase. Ich musste würgen und schlug mir die Hände vor den Mund. Meine Knie wollten nachgeben. Ich musste mich richtig anstrengen, nicht auf der Stelle umzukippen. Tränen stiegen mir in die Augen und nahmen mir die Sicht. „Lina?!“ Ich hörte leise irgendjemanden meinen Namen sagen. So leise, als würde sie von ganz weit weg kommen. Ich spürte die Sorge in der Stimme. Bis es mir einfiel… Kazune! Er musste neben mir stehen. Sehen wie ich blass wurde und anfing zu zittern. Doch ich traute mich nicht ihn anzusehen. Gebannt sah ich auf das Feuer, welches in dem dritten Stock eines Wohnhauses brannte und die Materialien und Möbel im Nichts verschwinden ließ… Ich konnte nicht mehr. Die Schreie in meinem Kopf wurden immer lauter und mein Körper wurde taub. Mit letzter Kraft presste ich ein „Entschuldige!“ zwischen meinen Zähnen hervor, drehte mich um und lief. Lief einfach nur weg. Egal wohin. Ich lief vor meinen eigenen Erinnerungen weg… ++++++ Ein dumpfes Grollen drang an mein Ohr. Es war dieses Geräusch, das mich aus der Finsternis meiner Erinnerungen holte. Erst jetzt bemerkte ich, wo ich war. Ich stand in dem kleinen Garten unter den Glyzinien. Irgendwie war ich hierher gelaufen, ohne es bemerkt zu haben. Mir war kalt und erst wusste ich nicht, warum. Doch dann bemerkte ich, dass es regnete. Ein Gewitter war aufgezogen und Blitze zuckten über den Himmel; nur unterbrochen von einem tiefen Donnergrollen. Es musste vor kurzem angefangen haben, doch ich hatte es nicht bemerkt. Wie lange war ich nur durch die Stadt gelaufen, sodass sogar ein Gewitter aufziehen konnte? Vorhin war noch nicht eine Wolke am Himmel. Vor Wasser triefend stand ich nun unter der Glyziniendecke. Sah, wie Wasserperlen an den Blüten heruntertropften und auf dem Boden kleine Pfützen bildeten. Ich blieb dort stehen und ignorierte die Kälte, die meinen Körper umfing. Ich kannte das ja schon. Etliche Minuten vergingen, bis meine Beine halbwegs aufhörten zu zittern und ich den Weg nach Hause gehen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)