Mondgeflüster von Lilithen ================================================================================ Kapitel 8: Mi­li­eu­wech­sel ---------------------------- Das ohnehin leise Einrasten der Hintertür, ging in dem lauten Gewirr des Abendgeschäfts vollkommen unter. Kakashi war wieder in der kleinen Nebenstraße und obwohl dieses Viertel in den späten Stunden von unzähligen Lichtern erleuchtet war, drang die Helligkeit nur spärlich zu diesem Winkel vor. Schnell setzte der Hatake einen Fuß vor den anderen, bis zur Hauptstraße in Richtung Ausgang. Das Blinken der Reklametafeln und die aufreizenden Äußerungen der Damen zogen an ihm vorbei, ohne auch nur annähernd seine Aufmerksamkeit zu erregen. Sein Kopf war voller Fragen. Kakashi suchte nach dem Warum. Akribisch spielte er jede Unterhaltung, die er mit Katsumi in den vergangenen Monaten geführt hatte, noch einmal durch. Rief sich jede Mimik und Gestik vor sein inneres Auge, in der stillen Hoffnung eine Erklärung zu finden. Kurz streifte der Schatten des, als Eingang dienenden, Türbogens über sein Gesicht, als er die Grenze zurück in den Alltag überschritt. Was gab Katsumi das Recht ihn, einen Polizisten, zu decken? Hatte er ihn überhaupt in Schutz genommen oder wollte der Junge nur den Stand der Dinge verdeutlichen? Aber die wohl wichtigste Frage war: Warum konnte er diesen Kuss nicht vergessen? Er hatte sich wie ein Parasit in seinem Kopf eingenistet. Nicht der bloße Wortgedanke, das wäre vielleicht sogar noch erträglich gewesen, sondern das Bild flackerte immer wieder auf. Es war wie ein Fluch, eine Unannehmlichkeit, die der Polizist nicht loswurde. Obwohl seine Fingerspitzen den Bauplan in seiner Jackentasche berührten, freute er sich nicht. Er war wütend. Darauf, dass sie erwischt wurden. Sicherlich hatte Anko nie die Absicht gehabt, ihn in diese brenzlige Situation zu bringen, aber das änderte nichts daran, dass sie sich hatten heraus manövrieren müssen. Das Wie störte ihn. Offenkundig war der Plan der jungen Frau nicht schlecht gewesen, er hatte sogar authentisch gewirkt. Ebenso wie er Konsequenzen mit sich gezogen hatte. Ein unangenehmes Ziehen machte sich in seiner Brust breit, als der Grauhaarige sich an den Blick des Jungen erinnerte. Kakashi wollte das nicht, diese beißende Erfahrung, wenn man jemanden enttäuschte. Und das hatte er, zweifelsfrei. Umso verwirrender war es, dass der Schwarzhaarige ihnen geholfen hatte. Auch wenn der Hatake nur die Silhouetten erkennen konnte, war der Bordellbetreiber im Begriff gewesen in sein Büro zu gehen. War der Kuss also aus dem Affekt heraus oder würden die Beiden nach der Vorstellung gemeinsam den Abend ausklingen lassen? Unaufhaltsam begab sich seine Phantasie auf Reisen, rief ihn ihm die absurdesten Bilder wach und trieb in den Wahnsinn. Geschickt wich er einer Gruppe von jungen Männern aus, die leicht zusammenzuckten, als der Grauhaarige ein schneidendes Zischen von sich gab. Kakashi wusste vielleicht nicht warum Katsumi so gehandelt hatte, aber er wusste, dass er Madara den Arm brechen würde, falls irgendeine Szenerie aus seinen Gedanken wirklich eintreten sollte. Langsam und auf eine erniedrigende Art und Weise würde er ihm fürchterliche Schmerzen bereiten. ~ Monotonie, die Abwesenheit jedweder Veränderung. Das waren seine letzten sechs Wochen gewesen. Immer das gleiche Muster, die gleichen Menschen und die gleichen Gedanken. Nicht zu vergessen die Wut, welche trotz der vergangenen Zeit kein Stück abgeebbt war. Damals hatte es ihm nie etwas ausgemacht jeden Tag dieselben Abläufe auszuführen, aber momentan war es einfach nur ermüdend. Aufstehen, zur Arbeit gehen, Papierkram, Überstunden. Itachi hatte Wort gehalten. Der Langhaarige hatte Pain erzählt, dass Kakashi nicht Zuhause war, somit war er mit seiner damaligen Aktion milde davon gekommen. Der Bauplan befand sich gut verschlossen, im Büro des Rothaarigen. Offiziell pausierte ihr Dezernat, übernahm kollegial verschiedene Aufgaben der anderen Abteilungen und half diesen. Überaus gewissenhaft sogar. Jeder von ihnen machte Überstunden, blieb so lange in dem Präsidium, bis auf der Etage nur noch ihre Sektion anwesend war. Sie arbeiteten weiter, unbezahlt und als Dezernat 0. Sechs Wochen lang, bis in die frühen Morgenstunden und mit weniger als fünf Stunden Schlaf. Jedem einzelnen Kollegen war anzusehen, dass er erschöpft war. Der Schlafmangel hatte schon in der ersten Woche angefangen seinen Tribut zu fordern. Aber so unkonzentriert die Anderen auch waren, an Kakashi veränderte es nichts. Der Grauhaarige war es gewohnt mit wenig Schlaf auszukommen. Es war schon fast seine Lebenseinstellung. Belustigt beobachtete er, wie Deidara langsam zu der Kaffeemaschine schlenderte und die Glaskanne in die Hand nahm. Mit jedem Millimeter, den der Blondschopf das Gefäß weiterkippte, lehnte der Hatake sich genüsslicher in seinem Stuhl zurück. Kurz stieß er mit dem Ellenbogen gegen die Hüfte des neben sich stehenden Uchiha und deutete mit einem kurzen Nicken auf das baldige Ereignis. Auch der Langhaarige hielt in seiner Tätigkeit inne, um sich dem Jüngeren zuzuwenden. Gerade noch rechtzeitig, denn keine drei Sekunden später hallte ein lauter Fluch durch die Gänge. „Na, wieder wach?“, fragte der Grauhaarige verschmitzt. „Was stimmt nur mit der Jugend heutzutage nicht? Damals hat man den Kaffee noch in eine Tasse geschüttet und nicht auf seine Hand“, stieg auch Itachi ein. Das Einzige, was sie erhielten war ein sarkastisches Lächeln des Blonden, der sich kurz darauf in Richtung der Toiletten verzog. „Das wäre mir heute Morgen auch beinahe passiert“, warf der Brünette seufzend ein, als er sich wieder seiner Akte zuwandte und diese aufschlug. „Bei dir hätte ich gelacht.“ „Charmant wie immer, Kakashi.“ „So bin ich. Wo bist du denn heute unterwegs?“, wechselte der Hatake das Thema und drehte sich wieder zu seinem Schreibtisch. „Verkehrsamt.“ „Ach komm schon, Danzou ist heute nicht da. Hast du herausgefunden aus welchem Archiv der Bauplan gestohlen wurde?“ Der Angesprochene holte tief Luft, schlug das Dokument zu und drapierte dieses fein säuberlich auf einem kleinen Stapel. „Erst beantwortest du mir eine Frage“, forderte der Jüngere, während er sich umdrehte und leicht an den Tisch lehnte, „Deine Freundin-“ Mit einem genervten Stöhnen unterbrach Kakashi ihn. „Sie ist nicht meine Freundin, sondern einfach nur verrückt.“ „Du hast sie hierher gebracht.“ „Falsch, sie ist mir gefolgt.“ Es war die Wahrheit, direkt nachdem er das Himitsu vor sechs Wochen verlassen hatte, war er nicht wieder nach Hause gefahren, sondern zur Arbeit. Er war zwar wütend, aber dennoch pflichtbewusst genug gewesen, um Pain den Bauplan auszuhändigen und ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Das sein Pflichtbewusstsein ihn nicht davor schützte verfolgt zu werden, wurde ihm kurz darauf klar. Kaum hatte Pain verkündet, dass sie ihre Untersuchungen einstellen würden, hatte sich Anko zu Wort gemeldet. Es hatte den Grauhaarigen jeden Fetzen an Selbstbeherrschung gekostet, bei ihrer Stimme nicht zusammenzuzucken. Sie war ihm damals tatsächlich gefolgt, den ganzen Weg von Shinjuku bis hierher aufs Polizeipräsidium, ohne, dass er auch nur ansatzweise etwas davon mitbekommen hatte. Binnen Sekunden hatte die Frau die gesamte Aufmerksamkeit seiner Kollegen erregt. Aber bevor irgendwelche Fragen in den Raum geworfen werden konnten, hatte der Rothaarige sie in sein Büro gebeten. Zwanzig Minuten hatten sie dort verbracht und niemand wusste, was in dieser Zeit passiert war. Aber die Prostituierte hatte es irgendwie geschafft, dass die Ermittlungen des Dezernats nicht auf Eis gelegt wurden. Sie ermittelten weiter. Verstießen direkt gegen das Wort des Polizeidirektors Danzou, ohne zu zögern. Auch wenn sie es nach Dienstschluss taten, sie alle ignorierten die Vorschriften. Und das gefiel Kakashi. Viel mehr als die Tatsache, dass Anko nun des Öfteren hier herum schlich. Sie war eine potenzielle Schwachstelle der Ermittlungen. Er wusste es, Pain schien dieser Punkt allerdings keinerlei Sorgen zu bereiten. „Also so eine Art Stalkerin oder läuft da was?“, fuhr Itachi fort. „Sie ist eine Verrückte, die plötzlich auftaucht. Ich denke, dass das für ersteres spricht.“ „Ich mag dich auch.“ „Siehst du? Einfach da.“ Mit einer Hand deutete er auf die Lilahaarige, die sich zu ihnen gesellt hatte. „Ist er immer so?“, fragte die Mitarashi den Uchiha. „Nein, heute hat er gute Laune.“ „Kein Wunder, dass er sozial etwas-“ „Schön, dass ihr euch so gut versteht. Was willst du?“ Barsch wurde die Frau von dem Grauhaarigen unterbrochen. „Dich fragen, warum du heute hier bist.“ Irritiert sah der Hatake sie an. „Das frage ich mich auch.“ Ruckartig löste Itachi seine Verbindung zum Tisch und stellte sich aufrecht hin, den Blick fest auf Pain gerichtet. „Ich arbeite“, erwiderte Kakashi schlicht. „Das ist nicht der Bezirk Chuo.“ „Wie bitte?“ „Du hast damals einen Tipp bekommen. Auch wenn wir sehr vorsichtig sein müssen, ist es wie du gesagt hast, Danzou ist heute nicht da.“ Perplex zog der Hatake seine Augenbrauen zusammen. „Meine Augen und Ohren sind überall. Wir fahren in fünf Minuten.“ Damit entfernte sich der Rothaarige vom Trio. „Warum weiß ich nichts von einem Hinweis?“, fragte der Grauhaarige in die eingetretene Stille. „Warum hast du nicht mitbekommen, dass du verfolgt wurdest?“, kam die synchrone Gegenfrage, die seine Laune erheblich sinken ließ. Nicht nur, dass die Beiden wahrscheinlich noch Monate auf seinem Fauxpas herumreiten würden, sie würden zu zweit sein. Und das Einzige was noch schlimmer war als ein Itachi, war der Brünette in Verbindung mit Anko. Mit einem letzten resignierten Seufzen stand er auf, griff nach seiner Jacke und verkniff sich beim Anblick der beiden grinsenden Gesichter einen Abschiedsgruß. Der Verkehr war grausam, selbst zu dieser noch recht frühen Tageszeit. Ihr Vorankommen war schleichend und auch wenn die Frühsingluft lau war, wurde diese durch die vielen Motoren um sie herum deutlich aufgeheizt. Erleichtert beobachtete der Grauhaarige, wie sein Chef die Klimaanlage bis zum Anschlag auf kalt stellte. „Geht es dir gut?“ Die Frage traf den Hatake unvorbereitet, es war zwar keine Neuheit, dass Pain sich um seine Mitarbeiter sorgte, dennoch kam es ziemlich selten vor. Ebenso, dass er gerade ihn fragte. „Natürlich.“ Ein undefinierbares Brummen verließ die Lippen des hochgewachsenen Mannes zu seiner Rechten. Die Stille, die folgte, als der Ton verklungen war, schien den Grauhaarigen zu erdrücken. Verflogen war die Ungezwungenheit zwischen den beiden Männern. Er hatte sich schon immer gut mit dem Rothaarigen verstanden, jeder tat das. Obwohl sich Pain mit seinem gepiercten Gesicht deutlich von der konventionellen Gesellschaft abhob, hatte er Karriere gemacht und dafür bewunderte Kakashi ihn. Es war nicht nur das Aussehen, welches die meisten Menschen einschüchterte, sondern auch die herrisch selbstsichere Art, die sein Vorgesetzter oftmals an den Tag legte. Aber wenn man ihn erst einmal besser kannte, sah man, dass dieses Verhalten beruflicher Natur war. Pain liebte seine Arbeit und er erwartete, dass jeder in seiner Abteilung seine Leidenschaft bis zu einem gewissen Maß teilte. Nur wenn man hinter einer Sache stand, machte man sie gut. Das war seine Devise, sein Regelwerk, nach dem er jeden seiner Leute anlernte und agieren ließ. Der Rothaarige spornte sie alle an, stichelte auf subtile Weise so lange, bis man selbst Feuer und Flamme war. Und das machte er hervorragend, ohne dabei unmenschlich zu wirken. Je länger man für den vermeintlichen Schrecken der Polizei arbeitete, desto deutlicher wurde einem, dass für den Gepiercten seine Abteilung eine Form der Familie darstellte. Auch wenn der Grauhaarige das Konzept der Familie nicht mochte, gefiel es ihm irgendwie ein Teil davon zu sein. Zu wissen, dass er mit dem Älteren reden konnte. „Warum Anko?“ „Sie ist ein guter Informant.“ Für einen kurzen Moment erfüllte nur das dezente Rauschen der Klimaanlage das Innere des Autos. „Aber auch eine Schwachstelle“, sprach der Rothaarige das aus, was der Hatake schon lange dachte. „Ich verstehe deine Bedenken. Um ehrlich zu sein teile ich sie auch, aber manchmal muss man auch bereit sein etwas zu investieren.“ Langsam rollte der schwarze Audi ein Stück weiter nach vorn. „Auch wenn das bedeutet, dass man alles verlieren könnte?“ Sein Tonfall war zu rau, ließ die Frage viel mehr wie einen Vorwurf klingen. Kurz verzog Kakashi seine Mundwinkel. Ja, er konnte mit Pain reden, aber der Andere war noch immer eine Respektperson. „Entschuldige.“ Mit einer fließenden Handbewegung gab sein Chef ihm zu verstehen, dass es schon in Ordnung war. „Ja, auch dann. Vielleicht auch gerade deswegen.“ Schnell setzte der Rothaarige den Blinker, schnitt beim Abbiegen beinahe den Wagen vor sich und fuhr nun auf einer deutlich ruhigeren Straße weiter. „Du reißt noch den Griff ab, Kakashi.“ Augenblicklich löste er seine Finger von dem hellen Leder des genannten Gegenstandes und ließ diese zurück auf seinen Oberschenkel sinken. Das Manöver des Älteren hatte ihn eiskalt erwischt. „Ich hätte mit der Bahn fahren sollen“, stellte der Hatake nüchtern fest und erhielt als einzige Reaktion ein kurzes Lachen. Den Rest des Weges war es angenehm ruhig zwischen den beiden Männern. Eine Zeitspanne, die es dem Grauhaarigen erlaubte sich zu erinnern, um welchen Hinweis es sich handeln könnte, aber es war zwecklos. Er hatte in den letzten Wochen mit niemandem, ausgenommen seiner Kollegen, über seine Arbeit gesprochen. Ein ungutes Gefühl breitete sich in dem Polizisten aus, als Pain das Tempo drosselte und augenscheinlich anfing nach einem Parkplatz zu suchen. Die Gegend, in der sie sich befanden, war dicht bebaut, nichts Ungewöhnliches für Tokio. Was jedoch direkt auffiel, war die Anonymität. Die Fassaden der Hochhäuser waren einheitlich in Weiß- und Grautönen gehalten, wenn sie nicht gerade voll verglast waren. Ein unverkennbares Zeichen dafür, dass sie im Bankenviertel der Stadt angekommen waren. Er mochte diesen Teil von Tokio nicht. Die geballte Zurschaustellung von Macht und Geld. Jeder Mensch sehnte sich in irgendeiner Weise nach Luxus, aber diese Form war ihm bei weitem zu klinisch. Einzig und allein die Überreste der Stadtbrücke aus der Edozeit, lockerten die Erscheinung des Stadtteiles etwas auf. Sie waren die einzigen Punkte, welche diesem materiellen Distrikt annähernd so etwas wie Tiefe verliehen. Ruckartig prallte der Hatake mit seiner Schulter gegen den Rahmen der Autotür und spürte schmerzhaft wie der Gurt in sein Schlüsselbein schnitt. „Beeil dich, ich stehe ihm Halteverbot.“ Sichtlich genervt drückte der Grauhaarige auf die rote Fläche und augenblicklich sprang die Verschlussvorkehrung aus der Verankerung. Ein kurzer Blick auf die Uhr im Armaturenbrett verriet ihm, dass die Autofahrt nicht ganz dreißig Minuten gedauert hatte. Egal aus welchem Winkel der Hatake diese Fahrt begutachtete, er wäre eindeutig schneller gewesen, wenn er die U-Bahn gewählt hätte. Ganz zu schweigen davon, dass seine Nerven nach dieser Fahrt um einiges entspannter gewesen wären. „Und so jemand hat eine leitende Position bei der Polizei“, nuschelte er, während er sich aus dem bequemen Sitz schälte und den ersten Fuß auf die Straße setzte. Ihm war durchaus bewusst, dass sein Vorgesetzter die spitze Bemerkung verstanden hatte und konnte dessen hochgezogene Augenbrauen sehr gut interpretieren. Gerade als er sich zu voller Größe aufgerichtet hatte und im Begriff war die Beifahrertür zu schließen, sah er die fein säuberlich angebrachte Schrift an der Glasfront. Bridgestone Museum of Art. Unaufhaltsam zogen die einzelnen Sequenzen an ihm vorbei. Wie er Anko getroffen hatte, wie diese ihm davon abriet weiter auf Katsumi einzugehen und wie sie ihm schlussendlich die Servierte in die Hand gedrückt hatte. Die Lilahaarige hatte ihm den Hinweis geliefert und gerade deswegen machte sich in ihm das Gefühl breit, dass nichts, was er heute hier herausfand, etwas mit dem Bauplan zu tun haben würde. Dezernat 0 hatte gearbeitet, keine Frage. Aber alles, was sie getan hatten, glich Theorie. Jeder hatte sich auf das Baudokument gestürzt, keiner war tatsächlich im Außendienst gewesen. Das war Pains Bedingung, ein Gebot das schwerer wog, als jede Vorschrift und an das sich jeder gehalten hatte. „Investitionen sind schon ein zweischneidiges Schwert“, irritiert riss der Grauhaarige sich von dem Glas los und sah zurück in den Wagen, „aber manche erzählen dir Dinge über jemanden, die du sonst nie gesehen hättest.“ Er konnte sich nicht bewegen, die grünen Augen fixierten ihn und hielten ihn fest. „Du hast eine Woche. Ich will, dass du darüber nachdenkst und deinen Hintern erst wieder zu Arbeit bewegst, wenn du eine Antwort hast.“ „Worauf?“ „Ob du bereit bist zu investieren“, eine unangenehme Gänsehaut breitete sich auf seinem Körper aus, als die Strenge in der Stimme des Anderen, ihm die Bedeutsamkeit dieser Worte klarmachte, „und jetzt lass los.“ Geräuschvoll schlug er die Autotür zu, beobachtete noch kurz wie sich der schwarze Audi wieder in den Verkehr einordnete und verschwand. Egal was Anko und Pain besprochenen hatten, ein Teil davon musste etwas mit ihm zu tun gehabt haben, anders konnte er es sich nicht erklären. Denn der letzte Satz des Rothaarigen hatte zweifelsfrei nichts mit dem Auto zu tun gehabt. Misstrauisch drehte sich der Grauhaarige um und ging zum Eingang. Gerade als er seine Finger um die schmale Metallstange legen wollte, hörte er lautes Stimmengewirr im Inneren. Sicherheitshalber trat er einen Schritt zurück, gerade noch rechtzeitig, um den massiven Rahmen nicht vor die Stirn geschlagen zu bekommen, als das Gebilde unsanft aufgetreten wurde. Die Szenerie, die sich kurz darauf bot, ließ ihn paradoxerweise schmunzeln. Ein Mann protestierte lautstark dagegen das Museum zu verlassen, während er sich heftig gegen den Griff der Sicherheitsleute wehrte. Kakashi war sich nicht sicher, ob der Schreihals die Belehrung der Uniformierten verstand, jedoch tat er es auf jeden Fall. Es war augenscheinlich eine verdeckte Ermittlung der Steuerfahndung, die gerade in einem Erfolg ausartete. Der Dunkelhaarige in dem feinen Anzug musste eine Menge Kohle hinterzogen haben, wenn die Fahndungseinheit schon nach ihm gesucht hatte. Ein letztes Mal schweifte sein Blick von dem Mann über die glatten Fassaden der Hochhäuser, nun mit einem deutlich wohleren Gefühl in der Magengegend. Es stimmte, das Bankenviertel Chuo war opulent, aber auch hier war alles nur materieller Herkunft. Dieser Stadtteil war keineswegs besser als die anderen in Tokio, er versteckte die Hässlichkeit einfach nur besser. Damit öffnete er die breite Glastür und trat in das Innere des Gebäudes. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)