So finster wie die Nacht von BinaLuna ================================================================================ Kapitel 8: Goldene Augen ------------------------ Kapitel 8 ~ Goldene Augen Jason konnte sich einfach nicht entscheiden, ob er Ryan glauben sollte oder nicht. Eigentlich gehörte sein Bruder nicht zu den Leuten, die sich gern mal etwas ausdachten und das ließ den Jüngeren eher in die Richtung tendieren, dass er ihm glaubte. Es hörte sich nur alles so furchtbar unrealistisch an. Andererseits passte es auch ein wenig zu dem Einbruch und der unheimlichen Begegnung bei June. Wenn der Einbrecher ein unnatürliches Wesen war, dann wäre es durchaus möglich, auf einer so schmalen Fensterbank zu hocken. „Ich frage mich, was die beiden mit Orden der Ewigen Nacht gemeint haben könnten. Ich habe von einem solchen Orden noch nie gehört“, murmelte Ryan und Jason nickte zustimmend. Auch er hatte davon noch nie gehört. Aber wieso verursachte dieser Name dann so ein komisches Gefühl in seiner Magengegend? „Jason?“ Der Jüngere sah zu seinem Bruder auf und sah in fragend an. „Wir dürfen June davon nichts erzählen. Sie hat sicherlich schon genug Angst, ich will sie nicht noch mehr beunruhigen.“ „Geht klar, ich sage ihr nichts“, bestätigte Jason. Das schien Ryan ein wenig zu beruhigen. Offenbar machte er sich große Sorgen um June. „Willst du noch zu ihr fahren?“, fragte Jason. „Nein. Sie hat mich nicht drum gebeten und ich will auch nicht aufdringlich sein. Außerdem laufe ich dann Gefahr, mich zu verplappern.“ „Und, wie ist es gelaufen?“, fragte Eve interessiert, als Mona zurück in ihr Zimmer kam. Sie klimperte ein wenig auf Monas Klavier herum, was in den Ohren der Pianistin schrecklich klang. Sie ignorierte das jedoch gekonnt und antwortete auf Eves Frage. „Mein Arrest wurde aufgehoben.“ „Das ist doch gut“, fand Eve. „Warum bist du dann noch so sauer?“ „Es ist mir verboten, zu diesem Haus zurückzukehren. Und ich darf diesen Personen nicht näher kommen“, knurrte Mona. „Oh. Diese Leute scheinen wichtig zu sein, dass ein solches Verbot verhängt wird.“ „Offensichtlich. Und ich denke, das hat mit der Verletzung zu tun, die mir dieser Mann zugefügt hat. Irgendwas ist an ihm und ich soll nicht wissen, was es ist“, grummelte Mona. „Was hast du vor?“ Eve schien zu ahnen, was in ihrer Freundin vor sich ging. „Mich nicht an die Regeln zu halten, wie du sicher schon weißt.“ Es interessierte Mona herzlich wenig, dass sie beobachtet werden würde und Katherine garantiert als ihr Wachhund ausgesucht wurde. Sie musste einfach wissen, was es mit diesem Mann auf sich hatte. „Damit könntest du dir ein paar Tage und Nächte im Kerker einhandeln“, erwiderte Eve. „Das ist mir egal.“ Eve seufzte. Ihre Freundin war stur wie eh und je. Sturer als jeder Esel, dachte sie. „Sag mal, Eve“, begann Mona schließlich und die andere Vampirin horchte wieder auf. „Wieso hat Lionel dich nicht auch bestraft? Immerhin hatte diese Frau dich doch auch gesehen!“ „Oh, ich weiß es nicht genau. Das liegt vielleicht daran, dass ich sonst vorsichtiger bin.“ „Hmpf“, machte Mona. Sie hatte gewusst, das Eve ihr genau diese Antwort geben würde. Natürlich war sie damit aber nicht zufrieden. Lilian war wie immer überpünktlich aus dem Haus gegangen, um auch ja das Training von „ihrem“ Jason nicht zu verpassen. Sie verpasste nie ein Training des Fußballclubs, das immer vor Schulbeginn stattfand. Es war ihr egal, dass sie dafür früher aufstehen musste, sie tat das gerne, um ihren Schwarm beobachten zu können. Aber als sie an diesem Morgen das Trainingsspiel beobachtete, war sie enttäuscht. „Was macht er da bloß?“, schimpfte sie still vor sich hin und konnte gar nicht fassen, dass das „ihr“ Jason sein sollte, der da spielte. Gerade hatte er einen Pass völlig verfehlt und Lilian schlug die Hand an ihren Kopf. „Nicht zu fassen! Sowas passiert ihm doch sonst nicht!“ Jason spielte schlecht. Sehr schlecht. Er wirkte völlig unkonzentriert und beinahe so, als hätte er gar keine Lust. Das verwirrte seine Kameraden anscheinend genauso wie Lilian, denn offenbar musste er sich von den anderen ein paar dumme Sprüche gefallen lassen. Die junge Hexe war so enttäuscht, dass sie nach Trainingsende sogar vor den Umkleiden auf Jason wartete. Als er schließlich als Letzter der Mannschaft aus der Tür trat, wollte sie ihn fast schon anspringen, als ihre Wahrnehmung sie daran hinderte. Schon wieder Vampirgeruch!, dachte sie erschrocken. War er etwa gebissen worden? Nein, dafür war der Geruch eindeutig zu schwach. Was war passiert? Sofort wechselte ihre Stimmung von enttäuscht zu besorgt. „Lilian? Was machst du denn hier?“, fragte Jason überrascht, als er das Mädchen sah und riss dieses dabei sofort aus ihren Gedanken. „Was ist passiert?“, fragte sie jedoch ohne Umschweife. „Huh?“ „Du... du wirkst verändert. Dein Spiel heute morgen war grauenhaft“, sagte sie erklärend. Der Fußballer wirkte bei diesen Worten tief getroffen, denn natürlich wusste er selbst, dass er schlecht gespielt hatte. Gleichzeitig aber fragte er sich, wieso sie ihn eigentlich darauf ansprach. „Siehst du mir öfter zu?“, fragte er deshalb, ohne auf ihre Frage einzugehen. Lilian wurde rot bei dieser Frage, denn sie konnte sie unmöglich verneinen. „Ja. Jeden Morgen“, gab sie zu. „Jeden Morgen? Wieso denn das?“ Jason schien verblüfft zu sein. Das Gesicht des Mädchens errötete noch mehr, aber es war nicht die Zeit, schüchtern zu sein. Es ging gerade um Wichtigeres als eine Schwärmerei für einen Jungen! Vielleicht ging es hier um sein Leben. „Was ist geschehen?“, fragte sie also noch einmal, nachdrücklicher als zuvor. Jason konnte nicht verstehen, warum das für Lilian so wichtig zu sein schien und eigentlich fand er auch, dass es sie nichts anging. Andererseits war da irgendwas in ihrem Blick, das ihm sagte, dass sie sich nur sorgte. „Mein Bruder ist gestern Abend von zwei komischen Leuten angegriffen worden“, gab er diesem Blick schließlich nach. Lilian wurde sofort noch hellhöriger als zuvor. „Komische Leute?“ „Ja. Die wollten irgendwas von ihm, aber wir haben keine Ahnung, was das war.“ „Wie sahen die aus?“ „Oh, so genau weiß ich das gar nicht. Da war wohl eine Frau, die sehr gut gekleidet war und ein kleiner Punk. Und sie haben etwas von einem Orden gefaselt. Wieso interessiert dich das so?“ Diese Frage brachte Lilian in eine Zwickmühle. Einerseits konnte und wollte sie ihr Geheimnis, eine Hexe zu sein, nicht einfach so preisgeben. Andererseits war sie zu hundert Prozent sicher, dass Jasons Bruder von Vampiren angegriffen worden war und damit schwebten die Parkers in großer Gefahr. Lilian zögerte zu lange mit einer Antwort, denn Jason wurde ungeduldig. „Hör mal, Lilian, eigentlich geht dich das gar nichts an. Ich fühle mich ja geschmeichelt, dass du mir jeden Tag zusiehst, aber ich will dich nicht in irgendwas mit reinziehen.“ Mit diesen Worten schob er sich an dem Mädchen vorbei und ging auf das Schulgebäude zu. Er war nur wenige Schritte weit gekommen, als sie „Halt!“, rief und er sich verwundert umdrehte. Die Hexe hatte keine andere Wahl. Sie musste Jason beschützen, denn das war ihre Aufgabe. „Du bist in großer Gefahr. Nicht nur du, auch dein Bruder und die Frau, die dich neulich abgeholt hat.“ Jason riss verdutzt die Augen auf. Was erzählte das Mädchen da eigentlich? Und woher wusste sie, dass er vor Kurzem von June abgeholt worden war? Und vor allem – wieso leuchteten ihre Augen so intensiv? Der Fußballer war nicht in der Lage, den Blick abzuwenden, so sehr fesselten ihn diese goldenen Augen. Es passte Lilian nicht wirklich, dass sie ihre Magie gebrauchen musste, um ihren Schwarm zum Zuhören zu bringen, aber es war wichtig, dass er begriff. „Die Leute, die deinen Bruder angegriffen haben, sind sehr gefährlich. Ihr solltet nach Sonnenuntergang auf keinen Fall die Wohnung verlassen und niemanden hereinlassen, den ihr nicht kennt. Entfernt Fußmatten, die einen Willkommensgruß enthalten und tragt Ketten aus Silber!“ Doch Jason reagierte nicht so, wie Lilian es gerne gehabt hätte. „Wozu soll das gut sein?“ „Das... ich kann es dir nicht erklären Jason. Tut mir Leid...“ „Wieso soll ich dir dann glauben? Und wieso spionierst du mir nach?“ In diesem Moment bereute die junge Hexe, was sie gerade tat. Sie löste den Zauber, der seinen Blick gefangen hielt und ihre Augenfarbe wurde im gleichen Moment wieder zu hellbraun. Die Veränderung fiel Jason sofort auf, aber er schob sie auf den wenigen Schlaf der letzten Nacht. Menschen konnten nicht so mir nichts, dir nichts ihre Augenfarbe wechseln! „Danke für deine Warnungen, aber ich denke, wir kommen klar“, sagte er, als Lilian einfach schwieg und ging schließlich. Sie blieb jedoch an Ort und Stelle stehen und verfluchte ihr Hexendasein einmal mehr. „Ich hab’s vermasselt!“, jammerte sie leise vor sich hin. „Jetzt hab ich keine andere Wahl mehr, als die Sache dem Zirkel zu melden.“ Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)