Tödliches Geheimnis von AnniPeace (Die Legende der geflügelten Rasse) ================================================================================ Kapitel 1: 「過去」 ・ Vergangenheit 「Kako ~ This is my story 」 ---------------------------------------------------------- Kapitel eins: 「過去」 ・ Vergangenheit 「Kako ~ This is my story 」 "Also...bevor ich hier her, in mein Heimatland, zurückgekehrt bin, habe ich mit meiner Familie eine lange Zeit in Daikoku gelebt. Auch wenn es dort immer gefährlicher wurde, so wollten wir trotzdem vorerst nicht hier hin zurück kehren, da es hier so trostlos wie noch nie war. Die meisten Leute von unserer Rasse wurden im Krieg getötet, es hatte nicht länger als mehrere Wochen gedauert, ehe nur noch ein Viertel der geflügelten Rasse gelebt hatte. Andere wurden Opfer eines Anschlages der Soldaten. Fast niemand lebte mehr hier in Kagami-Koku und so wollten wir auch nicht zurück. Was hätte man hier schon groß tun können? Ich war äußerlich gerade fünf Jahre alt und hätte mich gerne mit anderen Kinder getroffen, doch hier gab es nie die Möglichkeit, sich zu beschäftigen...Alles so leer und trostlos...Du weißt ja selbst, dass wir Mitglieder der Winged Race sehr lange leben können, fast 1000 Jahre lang, und dass wir mit fünf Jahren schon den Verstand eines 15-jährigen, sowie den Körper eines 10-jährigen besitzen. Die Anschläge auf die Winged Race nahmen zu und niemand unternahm etwas dagegen. Es schien beinahe so, als ob jemand mit allen Mitteln verhindern wollte, dass Kagami-Koku weiterhin existiert. Immer mehr Menschen und auch immer mehr Leute von unserer Rasse wurden umgebracht. Der Krieg verschlimmerte sich in Daikoku. Meine Familie und ich beschlossen, zurück nach Kagami-Koku zu fliehen, auch wenn es dort so trostlos wie noch nie sein würde, dort würden wir immerhin ein wenig sicherer sein, dachten wir zumindest. Vor etwa einer Woche hatten wir schließlich unsere Flucht geplant. Alles war vorbereitet, wir hatten all unsere Sachen gepackt, das Haus sah aus, als wären wir nur auf einem Ausflug und der Kiseki-See war nicht weit entfernt, wir wollten früh am nächsten Tag fliehen, ohne, dass die Soldaten oder ein Mitglied der Menschen mit einem hohen Rang es bemerken würde, alle Mitglieder der Winged Race, von denen man ihre wahre Identität kannte, wurden strengstens bewacht und notfalls getötet. Ich wachte mitten in der Nacht auf. Die Soldaten der Regierung hatten es geschafft, unsere wahre Identität herauszufinden und deshalb waren sie zu uns gekommen. Aus einem mir unbekannten Grund wollten sie meine ältere Zwillingsschwester Miyuki mit sich nehmen...was sie dann auch taten. Irgendjemand musste der Regierung verraten haben, dass wir planten zu fliehen. Die Regierung wollte um jeden Preis verhindern, dass "Einwanderer" zurück in ihr Land gehen würden. Doch wir hatten darauf gehofft, dass sie so einfältig und feige wie viele andere Soldaten seien, denn die waren alle zu ängstlich gewesen, um das Blutgeld am See zu bezahlen. Aber wieder zurück zu der Nacht: Ich und meine Eltern wollten Miyuki verteidigen... Wir hatten keine Chance, die Soldaten kamen in Massen, es war ein Kampf 1000 zu 2. Ich hatte mich nicht mitgezählt, meine Eltern waren Meister der Fähigkeiten, die sie besaßen, aber trotzdem hatten wir keine Chance. Die beiden wurden sofort getötet, ich versuchte mit Miyuki zu fliehen. ...Danach blieb nur eine große Lücke in meinem Gedächtnis zurück, ich kann mich vage erinnern, viele der Soldaten auf einmal erledigt zu haben, Miyuki hatte mir geholfen...dann lag ich plötzlich auf dem Boden, wurde getreten und ausgelacht, und sie zogen meine Schwester an den Haaren hinter sich her. Ich erinnere mich noch an den ängstlichen und beinahe hilfslosen Ausdruck in ihrem Gesicht. Miyuki hatte niemals irgendetwas gefürchtet, sie war die geborene große Schwester. Immer hatte sie mich verteidigt, hatte mir wichtige Sachen erklärt und war immer für mich da... Als ich wieder erwacht war, wurde ich von ein paar Soldaten in Richtung eines großen Vulkanes getragen. Ohne zu wissen, was ich tat, schaffte ich es, auch diese Soldaten lahm zu legen, und ich floh, rannte in die erst mögliche Richtung, die sich mir offenbarte. Meine Flucht gelang nur sehr knapp, da die Soldaten wirklich zu feige gewesen waren, um sich selber eine Wunde zu zufügen. Doch auf meiner Flucht wurde ich von den Soldaten angegriffen. Ich nutzte die Verletzungen als Blutgeld und entkam, doch eine Flügel wurden sehr schwer verletzt, also konnte ich nicht fliegen...", erzählte Noriko und blickte in das helle Feuer. Ren holte tief Luft. Noriko hatte bestimmt seit zehn Minuten dieses furchtbare Gesicht aufgesetzt, sie sah aus wie eine lebendige Tote. Ihr Gesicht war kreidebleich, sie hatte keine Miene verzogen, obwohl es danach aussah, als würde sie sich sehr danach sehnen, sich mal wieder vollkommen auszuweinen, doch was sollte er schon dagegen tun? Die beiden kannten sich vielleicht einen Tag lang, es würde ihr danach vermutlich nur noch schlimmer gehen. Seufzend entschied er, dass es langsam auch mal für ihn an der Zeit war, etwas über seine Vergangeheit zu erzählen. "Das mit deiner Schwester und deinen Eltern tut mir leid...Meine Eltern wurden auch getötet, es war ziemlich am Anfang des Krieges, vor knapp 10 Jahren. Sie wurden für den Tod von drei Menschen verantwortlich gemacht, mit denen wir befreundet waren...Sie befahlen mir zu fliehen, es war das Einzige, was ich in diesem Moment tatsächlich tun konnte. Als ich eine Weile später zurück zu unserem Haus kam, lagen beide tot in unserem Wohnzimmer... Seitdem lebe ich wieder hier in Kagami-Koku.", erzählte nun Ren und Noriko war nicht weniger überrascht, als er eben bei ihr war. "Tja, da sitzen wir beide wohl im selben Boot, was?", fragte Noriko und blickte weiterhin in das helle Feuer. Ren nickte zustimmend. Vielleicht würden die zwei sich ja gegenseitig helfen können... Eine Weile blieben die beiden so sitzen und niemand sagte ein Wort. Die Stille war angenehm ruhig, es war kein peinliches Schweigen zwischen zwei, die sich ihre Liebe nicht gestehen konnten, es war ein Schweigen der Erinnerungen. Niemand wollte diese ruhige Harmonie verändern, es schien perfekt zu sein. Doch als die Stille schon fast eine halbe Stunde andauerte, fasste die Lilahaarige sich ein Herz und fragte: "Hey, Ren...sag mal, was ist dein Ziel? Du willst das mit deinen Eltern doch sicher nicht auf dir sitzen lassen, oder willst du ebenfalls in den Krieg ziehen, du siehst alt genug aus." Der Angesprochene lächelte leicht. "Mein Ziel ist es, die Person zu finden, die den Krieg aufhalten kann. Sicher, ich könnte bestimmt einiges gegen ein paar Soldaten ausrichten, aber in den Krieg zu ziehen ist meiner Meinung nach vollkommen unnötig. Selbst unsere besten Leute sind mittlerweile schon tot, ich denke nicht, dass ich mit meinen 17 jungen Jahren schon etwas ausrichten könnte...", erklärte er und sie stimmte ihm leise zu. Das, was er zuerst erzählt hatte, war ebenfalls ihr Ziel. Denn eine andere Legende besagte, dass nur eine einzige Person in der Lage war, den Krieg zu beenden. Bei Ren hatte das Finden des Mädchens aber auch einen viel wichtigeren Grund. Natürlich war der Krieg schlimm und Ren würde alles dafür tun, dass der Krieg möglichst bald beendet sein würde, doch er wusste noch nicht genau, ob er das Mädchen nur dafür benutzen würde, den Krieg zu beenden...er hatte etwas mit ihr vor, etwas, was vor 10 Jahren, vor dem Anfang des Krieges geschehen war, und nur sie wieder rückgängig machen konnte. Der Blonde seufzte leise auf. Dabei spähte er herüber zu Noriko. Sie schien in ihren eigenen Gedanken versunken zu sein. Wie alt mochte sie wohl sein? Von ihrer körperlichen Statur hatte sie die Größe einer 12-, oder 13-jährigen, doch ein paar andere äußerlichen Argumente sprachen dagegen. Zum einen ihre, seiner Meinung nach, sehr akzeptable Oberweite, zum anderen ihr Gesicht, welches nicht sehr kindlich, sondern eher reif, nachdenklich und erwachsen wirkte. Wie alt mochte sie also wirklich sein, vielleicht 15? Noriko war tatsächlich abgelenkt. Sie schwelgte immer noch in den Erinnerungen an ihre Familie. Warum nur war Miyuki damals mitgenommen worden? Was hatte sie den Soldaten, oder eher der Regierung denn bitte angetan? Die Lilahaarige konnte sich einfach keinen Reim daraus machen. Das Einzige, was sie selbst gerade wusste, war, dass es ihre eigene Schuld war. Wegen ihr war Miyuki vor etwas mehr als einer Woche gestorben. Nur, weil Noriko selbst zu schwach gewesen war und ihren Eltern nicht helfen konnte... //Miyuki...was ist dein Geheimnis?...//, fragte sie sich und zog ihre Beine an den Körper. Eine Weile herrschte Stille auf der kleinen Lichtung. Noriko hing immer noch ihren Gedanken nach, und auch Ren brach das Schweigen nicht. Beide schienen ernsthaft über wichtige Dinge nach zu denken. //Wie werde ich sie wohl am schnellsten finden?//, fragte sich Ren. Es war ja schlecht möglich, dass dieses eine Mädchen irgendwo auf einem Baum hocken würde, mit einem Schild an der Brust auf dem stand "Seht mich an! Ich bin das Mädchen, welches den Krieg beenden könnte, aber ich hab heute irgendwie keine Lust den Krieg zu beenden, weil Samstag ist, und weil ihr mich suchen müsst! Macht es doch selbst!" Der Blonde ballte beide Hände zu Fäusten. Er musste sie finden. Er musste sich rächen. Er musste sie rächen...und seine Eltern auch. Plötzlich erschien Ren die Erkenntnis, nach der er schon ewig in seinen Gedanken gesucht hatte: Wenn Noriko mit ihm kommen und ihm bei der langen Suche nach ihr helfen würde, könnte er sie bestimmt viel schneller finden! Außerdem sah sie ihr auch noch ähnlich, das würde seine Laune sicherlich noch zusätzlich aufbessern. Er sah zur Seite. Noriko schien noch immer vertieft in ihre Gedanken zu sein. Sollte er sie fragen? Würde sie zustimmen? Er dachte zurück an die Zeit, in der noch kein Krieg herrschte. Er dachte zurück an die Zeit, die er mit seiner Kindheitsfreundin verbracht hatte. Sie, der Noriko so ähnlich sah... Warum? Warum sahen sich die beiden nur so ähnlich? Noriko kann es nicht sein! Sie lebte die letzten zehn Jahre lang in Daikoku...aber...wer ist es dann? Lebt sie überhaupt noch? Doch je mehr er nachdachte, desto mehr Kopfschmerzen bereitete ihm die Sache. Damals vor zehn Jahren, war sie einfach vom einen Tag auf den anderen verschwunden und war nie wieder zurück gekehrt...hatte sie ihn selbst etwa nach all der Zeit, die sie zusammen verbracht hatten, in der sie Freude, Spaß und Schmerz geteilt hatten, nicht leiden können? Aber wenn ja, hatte er sie nicht aus ihrer eigenen Welt zurück geholt, und sie wieder zum Lachen gebracht? Außerdem hatte sie ihm doch auch dieses Armband geschenkt, also musste es einen anderen Grund geben. warum... Kurz entschlossen erhob Ren sich und strich sich nervös durch die Haare. Sollte er es nun endlich wagen? Wenn Noriko zustimmen und mit ihm kommen würde, würde ihm selbst es dann vielleicht helfen, sich besser an sie erinnern zu können?...vielleicht half die gemeinsame Zeit seinem Gedächtnis ja auf die Sprünge... Denn Noriko sah ihr nicht nur sehr ähnlich...sie schien sich beinahe auch noch so zu verhalten wie sie...oder kam es ihm nur so vor und er machte sich falsche Hoffnungen, indem er seinem Kopf etwas vorlog, was gar nicht der Wahrheit entsprach? Schließlich brach Ren dann doch endlich das lange Schweigen. "Lass uns doch zusammen suchen.", meinte er mit einem leicht entusiastischen Unterton in der Stimme. Das Mädchen zuckte stark zusammen. "Was?", fragte Noriko überrascht. Sie war die letzten Minuten zwar körperlich, aber nicht gerade geistig anwesend gewesen... "Wenn wir zusammen suchen, ist das noch lange nicht so langweilig, wie wenn wir alleine suchen würden und wer weiß, vielleicht geht das dann auch direkt schneller..." Das leuchtete ein. Noriko lächelte nun leicht und stimmte Ren schließlich zu. Er hatte Recht. Es würde schneller gehen. Sie würde sich nun auch schneller an der Regierung rächen können, wenn das Mädchen bald den Krieg beenden würde. Ein perfekter Plan! Außerdem schien Ren eigentlich ein ganz netter Junge zu sein, er war ja vorhin auch nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Nur schade, dass Ren nicht ganz ihre Ansichten gegenüber des Mädchens vertrat... Ren dachte wieder nach. Da fiel ihm etwas Weiteres ein, worüber sie vorhin geredet hatten. "Ich habe noch eine Frage.", meinte Ren und schaute etwas ernster drein. "Was denn Ren?", fragte die Lilahaarige und pustete sich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht, sie wurde durch seinen plötzlichen ernsten Ausdruck im Gesicht ein wenig eingeschüchtert. Der Blonde atmete tief ein und aus - Das, was er gleich fragen würde, sollte jetzt nicht unbedingt komisch klingen. "Deine Flügel...wie schwer sind sie verletzt?" "Hmm? Oh...keine Ahnung...ich kenne mich nicht sonderlich gut mit Medizin aus.", meinte Noriko und sah zu Boden. Das stimmte nicht ganz. Sie hatte zwar tatsächlich nicht wirklich eine Ahnung von Medizin, doch sie besaß ja immer noch ihre Heilfähigkeiten, mit denen sie so gut wie jede Wunde heilen konnte. "Soll ich sie mir mal ansehen? Ich bin zwar auch kein Arzt, aber so schwer wird das wohl nicht sein.", meinte Ren und lächelte wieder. Er war sehr höflich, hatte ausgezeichnete Manieren, dass musste Noriko ihm lassen. Er wusste, wie er sich in bestimmten Situationen zu verhalten hatte, und dass gefiel ihr irgendwie. Er musste wohl aus einer reichen Familie stammen, dort lernte man sowas ja, doch sie selbst hatte von sowas keine Ahnung, sie war in eher ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und hatte niemals solch eine Ausbildung erhalten. Ihre Eltern hätten es ihr durchaus beibringen können, doch dafür war niemals Zeit gewesen. Während andere Kinder glücklich und friedlich zusammen spielen konnten, war sie stets mit ihrer Familie auf der Flucht gewesen. Deshalb hatte sie nie eine richtige Kindheit genießen können. Und deshalb verhielt sie sich auch immer genau so, wie sie wollte. Ganz ohne Manieren oder sowas in der Art. Noriko lächelte nach seiner Bemerkung ebenfalls, doch bei dem Gedanken, ihre Flügel wieder hervorholen zu müssen, wurde ihr ganz schlecht. Trotzdem legte sie sich auf den Bauch und machte ihren Rücken frei. Der Junge musterte ihren freien Rücken. Dort, wo normalerweise bei einem Mitglied der Winged Race die Flügel herauswuchsen, sah man nur zwei längliche Narben. Jedes Mitlgied der Winged Race konnte die Flügel zurück in den Körper ziehen. Ein natürlicher Schutzprozess, denn wenn die Flügel erst einmal zurück im Körper versteckt waren, konnte man nicht mehr zwischen Mensch und geflügeltem Mensch unterscheiden. Der Prozess war eigentlich ganz simpel - doch sehr schmerzhaft. Die beiden langen Narben platzten auf und langsam bahnten sich die Flügel einen Weg nach draußen. Doch durch das Aufreißen der Narben, war der Vorgang äußerst schmerzhaft. Die meisten Personen hatten sich allerdings nach ein paar Jahren daran gewöhnt, sodass sie diese Schmerzen kaum noch wahrnamen. Ren selbst versteckte seine Flügel ebenfalls, er war schon eine Weile unterwegs, und man konnte ja nie wissen... "Du kennst das Gefühl ja, wenn die Flügel zurück in, oder aus dem Körper geholt werden, oder? Doch bei mir ist das dann noch etwas komplizierter...", erklärte Noriko und seufzte schwerlich. Ren verstand nicht ganz, was genau sie damit meinte. "Nun...als wir uns zum ersten Mal getroffen haben, hast du mich doch schreien gehört, oder?", fragte die Lilahaarige leicht zerknirscht. "Ja~", sagte Ren, völlig teilnahmslos. Er verstand die Sache immer noch nicht so richtig. "Das war ein Schmerzensschrei.", sagte Noriko ausdruckslos und schloss ihre Augen für einen kurzen Augenblick. "WAS?!?", rief Ren, vollkommen überrollt mit dieser Nachricht. "Jetzt tu doch nicht so überrascht. Warum hätte ich denn sonst schreien sollen?", fragte die Jüngere sarkastisch. "Tja...vielleicht weil du so mickrig bist und es dir da erst klar geworden ist..." "Bitte was?! Sag das nochmal!" "Vielleicht weil du so mickrig bist und es dir da erst klar geworden ist.", wiederholte sich Ren und er grinste schelmisch. "Ich glaube, ich spinne! Sag das gefälligst NICHT nochmal!!!", schrie Noriko und warf mit einem Kieselstein nach Ren - er wich lachend aus. Die Lilahaarige grummelte leise vor sich hin. Beleidigt sah sie nun in eine ganz andere Richtung und rutschte ein Stück weg von Ren. Auf einmal musste sie wieder an seine Hilfsbereitschaft von vorhin denken und sie beschloss nun, einfach mal nicht direkt so über zu reagieren. Seufzend ließ sie ihren Kopf auf dem Boden nieder und sah Ren nicht direkt in die Augen. Sie biss sich leicht auf die Zunge und stellte die nächste Frage: "Willst du dir die Flügel nun ansehen, oder nicht?" "Ja, will ich.", meinte Ren und Noriko seufzte erneut. Irgendwie fand sie ihn ganz lustig...aber trotzdem auch sehr nervig. Naja, was sollte sie nun auch dagegen tun, als es sich gefallen zu lassen? "Okay...", murmelte sie leise, dann kniff sie die Augen zusammen. Gleich würde es wieder losgehen, sie freute sich nicht wirklich darauf... Fasziniert beobachtete Ren den Verlauf der Dinge. Auch wenn es schmerzhaft aussah, als die Narben aufrissen und die Flügel sich langsam einen Weg nach draußen bahnten, konnte er den Blick einfach nicht abwenden. Das, was er eben beobachtet hatte, hatte er vorher noch nie gesehen, denn er hatte sich selbst dabei niemals zugesehen, wie ja auch, er hatte ja keine Augen im Hinterkopf. Noriko keuchte auf. Das Herausholen der Flügel machte ihr immer wieder aufs Neue zu schaffen. Nicht auszuhalten, aber wenigstens hatte sie diesmal nicht schreien müssen. Sie hatte es unterdrückt, um nicht wie ein kleines, schwaches Mädchen darzustehen, das nichts anderes konnte, als sich ständig zu beklagen, zu weinen oder zu schreien. Ren musterte ihre Flügel leicht interessiert. Solche Flügel hatte er schon mal gesehen, bei ihr... "Schwarze Engelsflügel...die sind sehr selten geworden.", meinte er anerkennend. Noriko lachte verächtlich. "Was ist daran denn bitte so toll? Ich sehe keinen Unterschied zwischen meinen Flügeln, und denen von anderen." Ren zuckte mit den Achseln. Ein weiteres Mal an diesem Tag erinnerte er sich an sie. Auch sie hatte schwarze Engelsflügel gehabt. Als er sie einmal auf die ungewöhnliche Farbe angesprochen hatte, hatte sie mit ihrer wunderschönen Stimme nur zu ihm gesagt "Diese Farbe ist wirklich recht ungewöhnlich. Ich bin eine der letzten Mitglieder der Winged Race, die jetzt noch schwarze Flügel haben!" "Da fällt mir ein, früher waren die Flügel mal weiß...das hat sich glaube ich geändert, als ich das erste Mal in Daikoku war. Sie färbten sich schrittweise immer dunkler und dunkler. Meine Eltern wussten auch nicht, was das sollte. Aber naja...", sagte Noriko leise und schloss leicht die Augen. Dieses Mädchen faszinierte ihn immer und immer wieder. Wenn sich seine weißen Flügel verändert hätten, auch wenn es nur eine einzige Feder gewesen wäre, wäre er direkt zum nächsten Arzt gerannt und hätte voller Angst und Verwirrung gefragt, ob das eine Nebenwirkung der Pubertät oder eine schwere Krankheit sei. Er wollte sich nun dem Untersuchen der Flügel widmen, als ihm zum ersten Mal Noriko’s ungewöhnliche Haarfarbe auffiel. "Deine Haare...ist das Naturhaarfarbe?", fragte er und bewunderte die satte Lavendelfarbe ihrer Haare. "Ja, das ist natürlich...ich bin eigentlich nicht sonderlich stolz darauf, es passt nicht zu mir.", meinte Noriko und kicherte leicht. Ren lächelte leicht und widmete sich nun den Flügeln. Doch sie hatte nicht ganz die Wahrheit gesagt...Früher einmal waren ihre Haare Blond gewesen, doch weder sie, noch ihre Eltern oder Schwester hatten sich einen Reim darauf machen können. Die Untersuchung dauerte eine ganze Weile. Noriko’s Flügel hatten wirklich eine Menge abbekommen, das war sicher. An den Flügeln klebte immer noch leicht verkrustetes Blut, ein paar der schwarzen Federn wirkten krumm und ein paar andere waren leicht angebrannt. Außerdem konnte man ganz deutlich die Stellen erkennen, an denen die Flügel von den brennenden Pfeilen durchbohrt worden waren. Kleine Wunden, die sich leicht entzündet hatten, waren zu erkennen. "Und?", fragte Noriko. "Sieht nicht so aus, als ob du in nächster Zeit wieder fliegen könntest...", meinte Ren leicht enttäuscht. Sie seufzte. "Sowas in der Art hatte ich leider schon befürchtet...kann ich sie wieder reinziehen?" Ren nickte leicht. Und so begann der ganze Schmerz wieder von Vorne, als Noriko’s Flügel sich langsam wieder durch die Narben zurückzogen. Die Verbände, die an manchen Stellen äußerst schlecht angebracht worden waren, erleichterten den Prozess nicht wirklich. Schließlich saßen die beiden wieder am Lagerfeuer. Es war schon relativ spät und dementsprechend dunkel war es auch im Wald. "Brechen wir morgen früh schon auf?", fragte die Jüngere und spielte mit ihren Haaren. "Ja. Bevor wir uns auf die Suche nach dem Mädchen machen, möchte ich aber noch kurz zurück zu dem Haus meiner Eltern. Dort liegt etwas, was einen sehr großen Wert für mich hat, und das würde ich gerne abholen...", erklärte Ren. Noriko nickte sofort. "Kein Problem, können wir machen. Lass uns aber jetzt lieber schlafen gehen, es ist eh schon spät.", erklärte sie und gähnte leicht. "Ach...geh du ruhig schon schlafen, aber ich bleibe jetzt wach. Die paar Stunden schaffe ich schon auch noch.", meinte Ren und grinste leicht. Dieser Trottel, wollte er ihr jetzt den obercoolen Typen vorspielen? Naja, irgendwie war er ja schon ziemlich... //Hör auf zu denken!//, mahnte Noriko sich, bevor sie den Gedanken hätte zuende denken können. das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um sich zu verknallen. Vor allem, da sie Ren erst seit gestern kannte, sie musste sich mal etwas Zeit lassen, und ihn besser kennen lernen. "Nun gut, wenn du meinst...", sagte das Mädchen und erhob sich. Sie streckte sich und gähnte erneut. //Ich war die letzte Woche viel unterwegs...ist doch normal, wenn ich müde bin...//, dachte sie und seufzte leicht. Eigentlich wollte sie auch nicht schlafen. Als sie auf der Flucht war, war sie nicht in der Lage gewesen, sich einen Moment zu entspannen. Sie war damals noch teilweise mit dem Blut ihrer Familie und ihrem eigenen beschmutzt gewesen, und musste die ganze Verluste erst mal verdauen. Nicht so einfach, wenn man den Tod seiner eigenen Familie ertragen musste und auch noch dabei zusehen musste, ohne etwas tun zu können... Seitdem hatte sie nachts, wenn sie es endlich einmal geschafft hatte sich zur Ruhe zu legen, immer wieder diesen schrecklichen Albtraum gehabt und musste jedes Mal in ihren Träumen die schrecklichen Ereignisse noch mal miterleben. Das war einfach zu viel für Noriko und es nagte an ihrer Gesundheit und ihrem Selbstvertrauen... Aber was sollte sie im Moment anderes tun, als sich schlafen zu legen? Ren war ihr noch nicht ganz geheuer, also wollte sie nicht eine ganze Nacht alleine neben ihm sitzen bleiben. Andererseits wäre es dann aber auch nicht so vorteilhaft, sich in seiner Nähe schlafen zu legen...naja... Warum musste es im Moment auch nur so schwer sein, jemanden zu finden, dem man noch vertrauen konnte? Noriko's Vertrauen war durch die Morde an ihrer Familie so gut wie vollkommen zerstört worden... Als sie sich langsam in Bewegung setzte, fingen die Albträume schon langsam an, wieder Gestalt anzunehmen, und sie wollte nicht schlafen... Ich bin so müde... Ich bin so verletzt... Ich habe Schmerzen...doch kann ich nicht aufhören, daran zu denken... Ich muss schlafen...nur so kann ich die schrecklichen Ängste irgendwann einmal besiegen... Sie legte sich in die Nähe eines Baumes und war schon wieder eingeschlafen, bevor sie sich richtig hingelegt hatte. Die letzte Woche war durch und durch zu viel für sie gewesen, und obwohl sie panische Angst davor hatte, musste sie schlafen. Sie würde nie wieder zur Ruhe kommen, und für immer wachzubleiben schadete ihr ungemein. War es trotzdem eine gute Idee gewesen, jetzt schlafen zu gehen? Sie konnte zwar nichts anderes tun, aber egal ob sie schlief oder wach war, so hatte sie doch immer Schmerzen. Im Schlaf durchlebte sie die eine Nacht noch einmal undzwar jedes Mal. Wenn sie dann wieder wach war, musste sie mit den Schmerzen klar kommen, keine Familie mehr zu haben. Außerdem taten ihre Flügel noch immer weh... Schmerzen...Das Leben ist voll von ihnen... Ren beobachtete eine Weile Noriko's schlafendes Gesicht. Er wusste nicht wieso, aber dieses Mädchen erinnerte ihn so sehr an seine Kindheitsfreundin. Sie hatte ebenfalls diese eigenartige Haarfarbe gehabt, und schwarze Engelsflügel auch. Allerdings fiel ihm ihr Name nicht mehr ein. Er fragte sich, wieso das so war. Verdrängte er den Namen nur vorrübergehend, oder wollte er sich einfach nicht mehr daran erinnern, was damals alles geschehen war? //Könnte es vielleicht sein, dass...nein, völlig unmöglich. Sie sagte doch, dass sie die letzten 10 Jahre in Daikoku gelebt hat, und meine Freundin lebte hier mit mir in Kagami-Koku...// Er dachte noch eine Weile lang nach, dann packte auch ihn der Schlaf und laut schnarchend fand er seinen Weg in die Träume der Nacht. Am nächsten Morgen machten sich die beiden Freunde schnell auf den Weg. Es war kein sehr langer Weg, doch es würde trotzdem ein paar Stunden bis dorthin dauern. "Hast du gut geschlafen?", fragte Ren freundlich, als die beiden schon die Hälfte ihres Weges hinter sich gelassen hatten. "Oh, eigentlich ziemlich gut...es war nur zu wenig...", murmelte die Angesprochene und lächelte leicht verlegen. Ren lachte kurz. Lüge... Noriko hatte alles andere als gut geschlafen... Albträume... Schmerzen... Trauer... Aber sie ließ sich trotzalledem nichts anmerken. Sie wollte nicht als das schwache, verletzliche Mädchen dastehen, welches sie aber eigentlich wirklich war...Doch Mitleid wollte sie trotzdem nicht... Sie würde kämpfen, bis zum bitteren Ende... Die beiden kamen schließlich an eine Weggabelung. Sie blieben stehen und sahen sich ein wenig in der Gegend um. "Okay...wir müssen hier rechts abbiegen!", meinte Ren und wollte losgehen, als Nori ihn zurück hielt. "Warte mal, ich erinnere mich an diese Gegend hier, und wenn man nach rechts geht, kommt man an eine Klippe. Wir müssen nach links!", sagte sie besserwisserisch und wollte nach links gehen. Dieses Mal hielt Ren sie wieder zurück. "Nein, nach rechts!" "Nach links!" Ren und Noriko diskutierten noch weiter, weil keiner der beiden nachgeben konnte und wollte. Sie hörten das leichte Gelächter noch nicht. "Ihr streitet euch ja schon wie ein altes Ehepaar!", stellte die Stimme eines Mädchens in ihrem Alter grinsend fest. "Tun wir nicht!", schrien die beiden aufgebracht und ziemlich synchron. "Das ist deine schuld! Was meine? Deine!", sagten beiden wieder vollkommen synchron und sie schnaubten sich gegenseitig an. "Wer bist du überhaupt, dass du so eine Behauptung aufstellst?", fragte Nori bedrohend und ballte die rechte Faust. "Ich bin Misa Harada. Sag mal, wie alt bist du? So zwölf, dreizehn?" "Fünfzehn...aber Moment mal, was geht das DICH an, HÄ??", fragte die Lilahaarige unhöflich. "Für dein Alter bist du aber ziemlich mickrig geraten, Zwergi." "Ach, sei doch still, verdammt!", rief Noriko und ließ Misa voreilig zu Eis erstarren. Diese begann zu leuchten und das Eis schmolz weg. Noriko war einfach zu leicht zu reizen. Ein Glück für sie, dass die meisten Leute ihre Eis-, und Wutattackehn locker wegstecken konnte, und das ohne größere Verletzungen. "Eh..." "Lass das lieber bleiben Zwergi, dass funktioniert bei mir nicht!", sagte Misa lachend und strich sich durch die langen blonden Haare. "NENN MICH NICHT ZWERGI!", rief Nori aufgebracht. Ren neben ihr brach in schallendes Gelächter aus. "Zwergi! Oh verdammt, ich kann nicht mehr!", lachte dieser und haute vor Lachen auf den Boden. Noriko rannte auf ihn zu und schlug ihn laut fluchend nieder, danach frierte sie ihn ein. Doch auch diesmal schmolz das Eis durch Misa, die anscheinend irgendeine Lichtkraft hatte. "Ach, ihr seid doch doof!", sagte Noriko beleidigt und stampfte wütend davon. Ren lag noch immer auf dem Boden, als Misa sich das erste Mal an ihn wandte. "Du bist ziemlich gemein, weißt du das?", sagte sie und verschränkte die Arme. Ren verstand nicht ganz. "Hä, was meinst du denn?" "Na...sich einfach so über seine Freundin lustig zu machen..." "Wa...nein, falsch...sie...ich...wir sind...nicht...äh...", stammelte Ren, völlig aus der Bahn geworfen. Dann riss er sich für einen kurzen Moment zusammen und nahm eine würdevollere Pose ein. "Wie kommst du denn bitte darauf, dass ich mit einer wir ihr zusammen sein könnte?", fragte Ren. Einen Moment später flog ihm ein Stein an den Hinterkopf. "Was soll das Nori-chan?", fragte das Steinwurfopfer und rieb sich die getroffene Stelle. Misa beäugte misstrauisch die Situation. "Naja, vielleicht hab ich mich auch geirrt...", meinte sie und zuckte mit den Achseln. Ren sah sie mit einem ziemlich verwunderten Gesichtsausdruck an, dann erhob er sich. "Hey, Nori-chan! Komm schon, sei nicht mehr sauer, wir müssen weiter!" Als Antwort kam noch ein Stein angeflogen. "Mein Gott...versteh einer die Frauen...", seufzte Ren und ging langsam los. Diesmal kam ein ganzer Felsbrocken angeflogen. Er traf sein Ziel und der Getroffene sackte zusammen. "Idiot!", brüllte Noriko und ging erhobenen Hauptes an Misa und dem halbverkrüppelten Ren vorbei. Dieser versuchte, ihr hinterher zu kriechen, war aber nicht sehr erfolgreich. "Hey, Misa! Hilf mir bitte!", meinte er und deutete so gut es ging auf sein Dilemma. Misa lachte und mit einem kurzen Tritt war das Objekt beseitigt. "Danke! Wir sehen uns!", meinte Ren und rannte grinsend hinter Noriko her. "Komische Leute...naja, mache ich mich eben auch wieder auf den Weg!", sagte Misa zu sich selbst und ging ihres Weges. "Also...gehen wir jetzt nach links, oder nach rechts?", fragte Ren, womit die beiden wieder beim Thema gelandet wären. "Ich gehe nach links!", meinte Noriko von sich selbst überzeugt und stiefelte los. Ren schüttelte leicht den Kopf und ging nach rechts. Wer hatte jetzt wohl recht gehabt? ____________________________________________ Nächstes Kapitel: 「日記」 ・ Tagebuch 「Nikki ~ Bad premonition 」 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)