Kaffee und Vanille 2 von Jeschi ================================================================================ Kapitel 9: Dallas ----------------- Wieder in Köln zu sein, hat etwas Entspannendes an sich. Obwohl wir eigentlich total im Stress sind. Die Uni hat begonnen und wir richten uns gerade gemeinsam ein. Das heißt, dass wir Möbel verrücken und Valentins Kram zusammenpacken. Seine Wohnung behalten wir. Als Abstellraum und Rückzugsort. Wenn wir irgendwann fertig sind und Geld verdienen, können wir ja dann eine größere Wohnung kaufen und dort gemeinsam einziehen. Ich grinse, während wir Valentins Couch in mein Wohnzimmer rucken. Meine steht im Flur. Er hat darauf bestanden, dass wir seine nutzen. Die ist noch neu und zugegebenermaßen auch bequemer. Solange ich meinen geliebten Sessel behalten darf, war mir das auch eigentlich egal. Wenig später haben die Sofas ihre neuen Plätze gefunden und Valentin strahlt mich begeistert an. „Jetzt haben wir so weit alles hier.“ Ich nicke und hauche ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich war noch nie so glücklich,“ lächle ich verklärt und er reckt sich ein wenig, um mich richtig zu küssen. „Geht mir genauso.“ Als ich am ersten Tag in die Uni trete, kommt Tobias zielstrebig auf mich zu und zupft mich am Ärmel, obwohl ich ihm bereits meine Aufmerksamkeit schenke. „Was gibt’s?“, frage ich also, damit er zufrieden ist und er winkt mich mit sich. Ich folge ihm und im Laufen erklärt er mir dann folgendes: „Die Wagenknecht hat mich vorhin abgefangen und mir gesagt, ich soll in ihr Büro kommen. Und dich gleich mitbringen.“ Ich ziehe die Brauen hoch. Die Wagenknecht ist Konrektorin und hat sich die letzte Zeit um unseren Basketballclub gekümmert. Sicher will sie mit uns sprechen, weil wir eine Trainingsreise beantragt haben. Unser Trainer hatte schon gemeint, dass es wohl nicht im Budget der Schule liegt, uns dieses Trainingscamp in den nächsten Ferien zu finanzieren. Als wir nun also an die Türe klopfen, mache ich mir keine großen Hoffnungen mehr, dass es klappt. Wenn sie es bewilligt hätte, hätte sie uns nicht extra kommen lassen müssen. Es ertönt ein ‚Herein’ und Tobias öffnet die Türe und tritt ein. Ich folge ihm auf dem Fuße. „Sie wollten uns sprechen,“ meine ich, als Tobias keine Anstalten macht, etwas zu sagen. „Ja,“ meint sie gedehnt und steht auf – bisher saß sie hinter einem alten Schreibtisch aus massiver Eiche. „Es geht um ein Programm, das man unserer Schule vorgeschlagen hat.“ Ich ziehe die Brauen hoch. Ob sie ein Programm gefunden hat, das man Anstelle des Trainingscamps machen könnte und das vielleicht billiger ist? „Inwiefern?“, fragt nun Tobias, ehe ich es tun kann. „Es ist ein Austauschprogramm zwischen zwei Schulen. Je nachdem, in welchem Club sich die Studenten befinden, wird eine Schule mit einem hohem Niveau in dem jeweiligen Bereich gewählt, so dass der Student in diesem Bereich besonders gefördert wird.“ Sie sieht uns an und in meinem Kopf schwirren Fragezeichen. Ein Austauschprogramm. Das heißt, wir kommen an eine andere Schule und die Schüler dort zu uns? „Der ganze Club?“ Ich ziehe die Brauen hoch. „Natürlich nicht. Nur je zwei Auserwählte, die mit besonderen Leistungen hervorstechen. Was den Basketballclub angeht, also ihr.“ Tobias und ich wechseln einen Blick. Da müssen wir uns ja echt geschmeichelt fühlen, dass man uns ausgewählt hat. „Und… wann?“, fragt Tobias und sie legt uns ein Formular vor die Nase. „Es beginnt nächste Woche und geht das ganze Semester über. Für Anreise und Unterkunft ist natürlich gesorgt.“ „Nächste Woche,“ echoe ich entsetzt und werfe einen flüchtigen Blick auf das Formular. „Ja, es ist eine ganz spontane Sache, aber sehr empfehlenswert.“ Ich nicke, bin aber nicht überzeugt. Tobias hingegen ist Feuer und Flamme. „Wo ist denn die Schule?“, stellt er die alles entscheidende Frage und auch ich horche auf. Die führenden Städte im Basketball sind in der Bundesliga Frankfurt, Berlin und natürlich der Meister, Bamberg. Sie alle wären reizvoll. Aber am liebsten wäre mir ja Frankfurt. Das wäre nicht zu weit weg und Jona wäre dort. Von Bamberg und Berlin müsste ich Valentin natürlich erstmal überzeugen. Und mich selbst vielleicht auch… „Nun, wir reden von der Southern Methodist University.“ Sie blickt uns an und wir wechseln wieder einen Blick. „Der… was?“, frage ich dann verwirrt. „Der Southern Methodist University in Dallas,“ wiederholt sie und ich starre sie an. „In Dallas?“, wiederholt Tobias neben mir und ich weiß jetzt schon, dass das gewaltig Ärger geben wird. „Valentin…“ Ich sehe ihn an, während er auf unserer Couch liegt und irgendeine Biographie liest. „Ja?“, fragt er, ohne aufzusehen. Ich schlucke. „Magst du kurz das Buch weglegen?“, will ich wissen und er hebt den Finger und bedeutet mir damit, ruhig zu sein. „Warte kurz… Der Absatz ist verdammt spannend.“ Ich fahre mir entnervt durch die Haare. „Valentin… es ist echt dringend.“ Ist es wirklich. Wenn ich teilnehmen will, muss ich mich morgen entschieden haben. „Red ruhig weiter, ich höre zu.“ Ich schüttle den Kopf, was er natürlich nicht bemerkt. „Leg es jetzt weg!“, fauche ich letztlich und er sieht auf, mich an. Ich sehe, wie eine Braue in die Höhe zieht – das kann ich gar nicht, bei ihm hingegen sieht es total elegant aus – und dann das Buch zuklappt. „Was ist denn so wichtig?“ Ich laufe unruhig auf und ab, während er mich gespannt mustert. „Es gibt da ein Austauschprogramm… und ich muss mich entscheiden, ob ich da mitmache. Und zwar bis morgen.“ Er sieht mich verwirrt an. „Austauschprogramm?“ Also erkläre ich ihm die ganze Sache und er nickt langsam. „Ist doch cool. Ich meine, wenn die da total was drauf haben, kann das doch nur hilfreich sein. Wo ist es denn? In Frankfurt? Das wäre geil, dann wärst du bei Jona.“ Ich seufze schwer und halte ihm das Formular hin. „Was ist?“, fragt er, während er es entgegen nimmt. „Es geht nicht um die Uni in Frankfurt. Sondern um die in Dallas.“ Er starrt mich an. Und ganz langsam scheint er zu realisieren, was ich da von ihm möchte. „Dallas?“, echot er. Ich nicke und spreche hastig weiter: „Weißt du, da gibt es die Mavericks. Das Team, wo Nowitzki mitspielt. Wäre das nicht geil, wenn wir den vielleicht sogar treffen könnten? Und in den USA ist Basketball einer der führenden Sportarten. Die sind dort so viel besser, als die hier. Diese Chance wäre unglaublich groß und-“ „Welche Chance?“, fällt er mir ins Wort und ich sehe ihn an. „Was meinst du?“, frage ich verwirrt. „Was nützt dir so ein scheiß Programm, wenn du nur Lehrer werden willst?“ Ich beiße mir auf die Lippen. „Das ist die Chance, vielleicht nicht nur Lehrer zu werden.“ „Und willst du überhaupt noch Profi werden?“ Ich zucke mit den Achseln. „Hab nie darüber nachgedacht. Ich meine… für mich war die Sache gegessen, aber jetzt…“ Er nickt. „Und wie lange?“ Ich seufze. „Das ganze Semester.“ „Niemals!“ Ich ziehe scharf die Luft ein. „Valentin…“, versuche ich noch einmal mein Glück, aber ehe ich etwas anderes sagen, unterbricht er mich auch schon: „Hast du schon mal überlegt, was du für einen Aufstand gemacht hast, als ich nach München wollte? Nur die Ferien über? Du willst jetzt ein halbes Jahr nach Dallas. NACH DALLAS!“ „Aber es ist meine Chance!“, entgegne ich und plötzlich wird mir klar, was es für eine verdammt große Chance ist. Mit dem Training in den USA könnte ich hier in der Bundesliga einsteigen. „Und München war meine Chance!“ Ich blicke zu ihm. „Ich hab es dir nie verboten. Im Gegenteil. Ich hab dir meine Unterstützung zugesichert. Du warst es, der nicht wollte.“ Ich sehe ihn wütend an. So, wie er es dreht, ist es nicht fair. „Ja, wegen dir. Wegen uns. Weil mir unsere Beziehung was bedeutet!“, erwidert er und verschränkt die Arme. „Und mir bedeutet sie jetzt nichts?“, frage ich genervt. Will er das damit sagen? Er schnaubt. „Bitte… geh nach Dallas, wenn es dir so wichtig ist. Aber dann verlang nicht eine Sekunde mehr, dass ich das Tape im Schrank lasse.“ Ich beiße mir auf die Lippen und mir ist klar, dass er mir keine Entscheidung lässt. Entweder Dallas und das Tape oder kein Dallas und kein Tape. „Aber damit… könnte alles kaputt gehen,“ erwidere ich leise. „Und das ist meine Schuld?“ Ich schüttle den Kopf. „Valentin… ich will doch gar kein halbes Jahr gehen. Aber diese Chance…“ „Ich weiß,“ erwidert er plötzlich wieder ganz ruhig und kommt zu mir. Ich ziehe ihn in meine Arme. „Ich weiß nicht, was ich tun soll,“ flüstere ich gegen seinen Haarschopf. „Am liebsten würde ich gehen und dich mitnehmen.“ „Aber ist es denn so wichtig? Ist es denn wirklich so unglaublich wichtig?“ Ich schüttle den Kopf. „Ich weiß es nicht.“ Valentin ist im Bad und duscht, als ich Benni anrufe. Ich habe noch immer keine Entscheidung getroffen. Weil ich das Gefühl habe, egal was ich tue, es ist falsch. „Dass du dich mal von selbst meldest,“ meint Benni erstaunt, als er abhebt. „Ich hab ein Problem,“ falle ich sofort mit der Türe ins Haus, ehe er weiter darauf rum reiten kann, dass ich mich kaum melde. „Hast du dich schon wieder getrennt?“ „Nein.“ Ich seufze. Dann erzähle ich ihm von dem Programm und davon, dass ich keine Ahnung habe, was ich tun soll. „Ich will dahin. Aber ich will Valentin nicht alleine lassen.“ „Was sagt er denn dazu?“ Ich erzähle ihm von unserem Streit und nun ist es er, der seufzt. „Und jetzt soll ich für dich entscheiden?“ „Nein. Sag mir nur, was du tun würdest.“ „Ich würde nicht gehen, weil der Sport nicht mehr Teil meines beruflichen Lebens ist. Aber wenn es um Jona ginge, würde ich ihn gehen lassen.“ „Ja, aber Jona ist Profi.“ „Ja… und du willst Profi werden.“ „Nein.“ Ich schüttle den Kopf, nur für mich selbst. „Eigentlich will ich es gar nicht.“ „Aber?“ „Aber ich weiß, dass ich es bereue, wenn ich es nicht tue.“ Ich beiße mir auf die Lippen, „Und dennoch kann ich es vor Valentin nicht vertreten.“ „Das musst du auch nicht.“ Ich zucke zusammen und drehe mich um. Da steht besagter Emo und blickt mich an. „Ich muss aufhören“, meine ich zu Benni und klappe mein Handy zu, ehe ich mich ganz Valentin zuwende. „Weißt du… ich denke, wenn man mir jetzt einen Plattenvertrag anbieten würde… nicht hier in Köln, sondern in Berlin oder München… Dann würde ich wohl nicht unterschreiben.“ Ich sehe ihn an. „Aber man bietet dir ja keinen Profivertrag an.“ Ich nicke. Da hat er Recht. Es geht nur um ein Auslandssemester. „Man bietet dir nur das an, was man mir mit dem Demotape angeboten hat. Eine Chance, aus der man selbst sehen muss, was man tut.“ Ich nicke. „Es war unfair von mir, ein Tape aufzunehmen und dir aber nicht zu erlauben, nach Dallas zu gehen.“ „Aber Valentin. Es geht nicht nur um einen Monat.“ „Ich weiß. Aber… Ich möchte mir nicht vorhalten, dir diese Chance genommen zu haben.“ Ich lächle schwach. „Hast du keine Angst, dass unsere Beziehung daran kaputt gehen könnte?“ Er schüttelt den Kopf. „Nein… eigentlich nicht. Ich meine… wenn die Beziehung das nicht übersteht, dann… sollte sie wohl gar nicht bestehen.“ Ich schüttle den Kopf und trete zu ihm. „Nein, ich fahre nicht. Ich kann das nicht. Ich will nicht ohne dich sein und…“ „Joshua…“ Er sieht mich an und versucht sich an einem misslungenen Lächeln. „Ich mein das ganz ernst.“ Ich nicke. „Ich weiß.“ „Jetzt unterschreib diesen Wisch schon. Wenn… wenn es für uns gar nicht mehr anders geht, dann kannst du ja immer noch abbrechen.“ Ich nicke. „Ja… das kann ich.“ Ich trete zum Wohnzimmertisch, auf dem der Zettel liegt und setze meine Unterschrift darauf. Im nächsten Moment schlingen sich zwei Arme um mich. Ich schließe die Augen und spüre, wie mein Rücken nass wird. „Hör schon auf zu weinen,“ murmle ich leise. „Ich sollte mich für dich freuen, aber ich kann es nicht,“ flüstert er und ich löse mich von ihm und nehme ihn dann meinerseits in den Arm. „Das macht nichts. Ich hab mich auch nicht für dich gefreut.“ Nun muss er lachen. „Na Danke auch.“ Sanft streiche ich über seine Wange. „Valentin. Dafür werde ich dir ewig dankbar sein. Das weißt du, oder?“ Er grinst schwach: „Ich weiß. Und das musst du auch. Ich werde es dir nämlich für immer vorhalten.“ Nun muss ich lachen und küsse ihn. „Meine Freundin war gar nicht begeistert,“ klärt mich Tobias auf, als wir am nächsten Morgen vor dem Büro auf die Wagenknecht warten. „Valentin auch nicht.“ Er sieht mich überrascht an. „Der Emo? Seid ihr wieder zusammen?“ Ich nicke lächelnd. Er nickt ebenfalls. „Das ist schön für dich.“ Ich weiß nicht, ob er das wirklich so meint oder ob er nur nett sein will. Ist mir aber eigentlich auch egal. „Also… daraus schließe ich, dass du mitgehst?“ Er sieht mich fragend an und ich nicke. „Und du anscheinend auch,“ stelle ich dann fest und er stimmt zu. In dem Moment kommt unsere Konrektorin und wir übergeben ihr die Zettel. Sie besieht sich beide, dann nickt sie wohlwollend. „Dann sehe ich euch wohl dieses Semester nicht mehr, Jungs,“ lächelt sie und wir nicken und verabschieden uns. „Tja… Dann auf nach Dallas,“ meine ich, als wir aus ihrem Büro treten. „Glaubst du, wir können Nowitzki sehen?“, fragt Tobias mich und ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung. Aber wehe, wenn nicht.“ Daraufhin lacht Tobias und auch ich muss lachen. Letztlich seufze ich aber. Worauf hab ich mich da nur eingelassen? „Danke, dass ihr gekommen seid,“ meine ich zu Benni und Jona, die zusammen mit Valentin und mir am Kölner Flughafen stehen. Heute ist also Tag der Abreise. Jetzt, wo es losgeht, bin ich wieder hin- und hergerissen. Einerseits freue ich mich, andererseits will ich gar nicht weg. „Man, Alter. Du fährst ein halbes Jahr weg. Klar kommen wir dann vorbei!“, grinst Benni mich an und ich lächle und presse Valentin enger an mich. Er ist ziemlich still und ich schätze mal, wenn man ihn jetzt anspricht, bricht er in Tränen aus. Also sage ich lieber nichts. Während wir warten, kommt Tobias in Begleitung seiner Freundin und seiner Eltern zu uns. Meine Eltern sind nicht hier. Sie haben uns aber unter der Woche zwei Tage besucht und sich persönlich verabschiedet. Jetzt aber sind sie schon wieder in Hamm. Ich lächle Tobias kurz zu und er nickt zur Begrüßung und redet dann auf seine Freundin ein. Sie sieht ziemlich fertig aus. Garantiert war sie bis zuletzt dagegen. Ich streiche Valentin durchs Haar und würde ihm gerne so viel sagen. Aber ich weiß einfach nicht, wie ich es in Worte fassen soll. Dann wird auch schon unser Flug aufgerufen und ich höre ein ersticktes Keuchen von Valentin. „Also dann,“ meint Jona und zieht Valentin von mir weg, damit ich mich auch von den anderen verabschieden kann. Ich umarme Benni und er meint: „Stell bloß nichts an, da drüben.“ „Ich reiß mich schon zusammen.“ Ich seufze. „Tust du mir einen Gefallen?“ Ich sehe Benni an und er nickt. „Pass ein wenig auf ihn auf. Ruf ab und an mal an und… sei einfach da, wenn ich es nicht sein kann.“ Er nickt. „Natürlich.“ Ich lächle und wende mich Jona zu. Er umarmt mich kurz. „Pass auf dich auf, ja?“ Ich nicke. „Natürlich.“ Dann wende ich mich wieder Valentin zu und er drückt sich an mich. „Bleib hier,“ flüstert er und ich hebe sein Kinn an und küsse ihn. „Ich melde mich jeden Tag, okay?“ Er nickt. „Und ich denke jede Minute an dich, ja?“ Er nickt wieder. „Ich liebe dich, Joshi.“ „Ich liebe dich auch.“ Und dann muss ich los. Gemeinsam mit Tobias trete ich zur Personenkontrolle und wir wechseln einen Blick. Aber wir sagen nichts. Weil es gerade nichts zu sagen gibt. Der Flug nach Dallas dauert einfach ewig. Neben mir sitzt eine alte Oma, die die ganze Zeit strickt und mich ständig mit ihrem Ellenbogen anrempelt, so dass ich kaum schlafen kann. Irgendwann schläft sie über das Stricken hinweg ein und beginnt zu schnarchen, so dass ich nicht mal da zur Ruhe finde. Tobias hingegen sitzt neben einem kleinen Jungen, der Flugangst hat und weint, bis seine Mutter ihn beruhigen kann. Irgendwann ist er so erschöpft, dass er schläft, bis wir landen. Ich könnte sterben, als wir letztlich in Dallas aus dem Flughafengebäude treten und uns ein Taxi nehmen, das uns zu unserer Unterkunft fährt. Eine Art Studentenwohnheim, in dem wir uns ein Doppelzimmer teilen müssen. Keine Chance, Tobias zu entkommen oder sich sonst wie zurückzuziehen. „Denkst du, wir passen hier hin?“, fragt er und ich schüttle den Kopf. „Sehen wir aus, als würden wir hier hinpassen?“ Er grinst und ich lache ebenfalls. „Ich hab immer davon geträumt, ein Auslandssemester zu mache. Und jetzt ist es das schlimmste, was mir je passiert ist.“ Ich sehe ihn an und er spricht weiter: „Sie hat vorhin Schluss gemacht.“ Erstaunt sehe ich ihn an. Das ist echt heftig! „Das tut mir Leid, Tobias.“ „Schon gut… Weißt du… ich denke, wenn unsere Beziehung das nicht aushält, dann ist sie eh nicht für die Ewigkeit…“ Ich nicke und muss plötzlich lächeln. Genau das gleiche hat Valentin auch gesagt. Ich hoffe nur, im Gegensatz zu der Beziehung von Tobias, wird unsere Beziehung dies aushalten. Er scheint meine Gedanken zu erraten, denn er blickt mich an: „Keine Ahnung, wie das mit einem anderen Kerl ist… aber als ich euch gesehen habe, da hatte ich irgendwie das Gefühl, ihr wärt euch näher, als Lisa und ich es je waren.“ Ich sehe ihn an und kann gar nicht sagen, wie sehr es mich tröstet. Um ihn auch ein wenig zu trösten, meine ich: „Dann war Lisa wohl nicht die Richtige.“ Er nickt. „Was heißt, dass ich positiv in die Zukunft blicken sollte… wo die Richtige wartet.“ Er lächelt und ich nicke und beginne, meine Sachen auszuräumen. „Dabei dachte ich immer, dass ich Lisa heiraten würde,“ sinniert er weiter. Ich sehe kurz zu ihm. „Tja… das habe ich bei meiner Ex-Freundin auch kurz geglaubt. Aber letztlich hat unsere Beziehung kaum vier Monate gehalten.“ „Lisa und ich waren fünf Monate zusammen.“ Er zuckt mit den Schultern. „Aber was soll’s. Heirate ich eben die nächste.“ Ich muss lachen und er sieht mich an. „Du und der Emo… wie lange seid ihr jetzt schon zusammen?“ „Ein bisschen mehr als ein Jahr.“ Tobias nickt. „Und… Denkst du, du wirst ihn irgendwann heiraten?“ Ich sehe ihn an. „Also… ähm…“ Jetzt muss er lachen. „Entschuldige. Aber ich weiß ja nicht, wie ernst es zwischen euch ist.“ Ich winke ab. Bisher habe ich gar nicht in Erwägung gezogen, Valentin als Lebenspartner eintragen zu lassen. Uns war nur klar, dass wir unser Leben zusammen verbringen wollen. Aber nicht, wie genau. „Keine Ahnung,“ meine ich also ehrlich, „Aber Ehe hin oder her… Ich denke schon, dass Valentin der Richtige ist.“ Nun seufzt Tobias dramatisch. „Das ist ja echt süß.“ Ich strecke ihm die Zunge raus und er lacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)