Schlittschuhlaufen für Anfänger von SarahSunshine (Das 7. Türchen) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Tag zu zweit --------------------------- «Worauf habe ich mich da nur eingelassen?» Genau dieser Gedanken wiederholte sich wie eine kaputte Schallplatte immer wieder in dem Kopf von Shikamaru Nara, der rücklings, seine Arme und Beine von sich gestreckt auf der kalten Eisfläche lag und in den schneeweißen Himmel sah. Seine Augen waren halb geschlossen und sein Atem wurde zu weißem Nebel als er ausatmete. Warum er dort lag und wie ein hilfloser Seestern aussah, der an Land gespült wurde? Weil er wahrscheinlich viel zu grobmotorisch für dieses Hobby, das sich Eislaufen nannte, war. Eine Schneeflocke landete auf seiner bereits geröteten Nase und schmolz direkt wieder zu Wasser. Um ihn herum war, trotz des Trubels auf der Eisfläche, für einen Moment alles still – aber eben nur für einen winzigen Moment. Ein Kopf warf einen Schatten in sein Gesicht und meerblaue Augen starrten ihn an. Temari Sabakuno – auch bekannt als die Übeltäterin, der er dieses ganze Schlamassel zu verdanken hatte – beugte sich über ihn, woraufhin ihr gelocktes, blondes Haar, das zu zwei lockeren Zöpfen gebunden und zum Großteil unter einer dunkelroten Mütze versteckt war, beinahe seine Haut berührte. «Alles in Ordnung?», fragte sie und schien gar nicht zu versuchen, dieses nonchalante Grinsen in ihrem Gesicht zu unterdrücken. Die erste Reaktion, die der junge Erwachsene daraufhin von sich geben konnte, war ein erschöpftes Seufzen. «Sicher. Du weißt doch, ich liege gerne irgendwo rum.» Die junge Frau bot ihrem Gegenüber ihre Hand, die in einem flauschigen, farblich zu ihrer Mütze passenden Handschuh steckte, an, um ihm aufzuhelfen. Erneut seufzend hob er seinen Arm, griff nach ihrer Hand und ließ sich auf die Beine ziehen. Sie zog allerdings so stark, dass er sich kaum auf den Kufen seiner Schlittschuhe halten konnte und sich an ihrem Arm festklammern musste, was ihr anscheinend noch mehr Vergnügen bereitet. «Ist wohl doch nicht so einfach, ohne Chakra mit den Schlittschuhen zu laufen, huh?», summte sie grinsend. Genau das war nämlich der Auslöser für die ganze Situation gewesen. Temari hatte elegant ihre ersten Runden auf dem Eis gedreht – ohne sich ihrem Chakra als Unterstützung zu bedienen – während Shikamarus anfänglichen Schritte eher wackelig und unsicher gewesen waren, doch mithilfe seines Chakras war das Problem schnell gelöst. Dennoch kam er seiner weiblichen Begleitung nicht hinterher. Sie waren im Kreis gefahren und die Kunoichi aus Sunagakure hatte ihn überrundet – bei ihr sah es so verdammt einfach aus, wie sie problemlos über das Eis tanzte. Nachdem sie eine kleine Drehung vollführt hatte, warf Temari ihm einen skeptischen Blick zu. «Was denn? Du schaffst es nicht, ohne Chakra dein Gleichgewicht zu halten? Von einem Genie wie dir hätte ich aber mehr erwartet.» Sie lachte. Die Aussage war provokant und herausfordernd gewesen und Shikamaru wollte sie schlichtweg nicht auf sich sitzen lassen, dafür war er dann doch zu stolz. Er wollte ihr beweisen, dass er durchaus in der Lage war, sein Gleichgewicht eigenständig zu halten. So kam schließlich alles so, wie es eben kommen musste. Der Versuch, ohne Hilfe seines Chakras auf den Schlittschuhen zu laufen, sollte kläglich scheitern. Die ersten Schritte funktionierten außergewöhnlich gut, entsprechend fühlte der Shinobi sich sicher – ein bisschen zu sicher. Noch kurz bevor er auf eine Höhe mit Temari kommen konnte, rutsche er mit seinem rechten Bein zu weit nach vorne, flog für wenige Sekunden in der Luft – Sekunden, in denen das Wort «Verdammt» laut in seinen Gedanken widerhallte – und hatte dann mit seinem Hintern den kalten Eisboden geküsst. «Haha», grummelte der junge Mann, während er seinen locker gewordenen Zopf wieder in die bekannte Ananasform brachte und festigte. Wie lästig das doch war. «Es gibt noch genug andere Leute, die das auch nicht hinbekommen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand wie Naruto so locker übers Eis gleitet wie du.» Wenn man vom Teufel sprach. In genau diesem Moment fuhr der chaotische Blondschopf an den beiden vorbei, gab ein lautes, klischeehaftes Niesen von sich. «Hey! Hat da gerade jemand meinen Namen gesagt?», rief er, sich neugierig umschauend. «Oi! Sakura-chan!» Er fuhr ohne einen Schlenker auf seine Freundin zu und umrundete sie freudig – und das ohne Hilfe seines Chakras! Ein Räuspern entwich Temari, die ihre Augenbraue hochgezogen und ihre Arme vor der Brust verschränkt hatte. Wären Shikamarus Wangen nicht schon durch die Kälte rot, hätten sie diese Farbe wohl in eben jenem Moment angenommen. Die Tatsache, dass er es nicht, aber Naruto, der definitiv mehr Tendenzen zur Tollpatschigkeit aufzeigte, es ohne Probleme schaffte, in diesen blöden Schuhen über das Eis zu laufen, wurmte ihn innerlich. Verstohlen wandte er seinen Blick zur Seite, um sich die Peinlichkeit zu ersparen und seiner Begleitung diese Genugtuung nicht zu verschaffen. Plötzlich spürte der Shinobi einen festen Griff um seine Hand, was ihn seinen Blick wieder heben ließ. Temari lächelte ihn an, fuhr dann aber ohne Vorwarnung los und zog ihn einfach mit sich, woraufhin er ein von der Überraschung leicht ersticktes «Wo-oh» ausstieß. Diese Aktion sagte ihm, dass seine Begleitung nach dem Motto lebte, einen einfach ins eiskalte Wasser zu werfen, damit man lernte. Erfreulicherweise stellte er aber auch fest, dass es gar nicht mal so schwer war mit den Schlittschuhen zu fahren, wenn er von jemandem geführt wurde. Während die beiden nebeneinander her fuhren, schaute Shikamaru aus dem Augenwinkel zu seiner Begleitung. Schneeflocken verfingen sich in ihren blonden Zöpfen und der roten Mütze. Ihre Wangen waren ebenfalls von der Kälte gerötet, verliehen ihrem sonst so erwachsenen Auftreten einen süßen Touch. Außerdem wirkte sie einfach glücklich auf ihn. Sie hatte noch immer ein Lächeln auf den Lippen, ihre Mundwinkel wurden umspielt von diesen bestimmten kleinen Grübchen. Das alles fiel ihm genau ins Auge, als er sie so betrachtete. Ein einziges Wort fasste seine Gedanken in einem zusammen: Wunderschön. «Und jetzt alleine», sagte Temari aus heiterem Himmel, ließ seine Hand los und preschte voraus. Shikamaru, der noch immer von der Geschwindigkeit, die sie angenommen hatten, vorangetrieben wurde, war in diesem Moment vollkommen perplex. Erstens hatte sie ihn aus seinen Gedanken gerissen und zweitens warf sie ihn damit wirklich ins kalte Wasser. Sein Blick wechselte beständig von ihr zu der eisigen Strecke. Je näher er dem Ende kam, desto nervöser wurde er. «Also, ich glaube so langsam bekomm ich es hin», rief er Temari zu, woraufhin sie sich umdrehte. «Ist gar nicht so schwer.» Das war ganz offensichtlich gelogen. Die Augenbraue der Kunoichi wanderte langsam in die Höhe. «Ehm, Shikamaru? Wie wäre es mit bremsen?», entgegnete sie, als er dem Ende der Eisfläche immer näher kam, ohne auch nur den leisesten Anschein zu erwecken, dass er abbremste. Dummerweise war genau das sein Problem: Er konnte nicht bremsen. Noch bevor sie ihn erreichen konnte, flog Shikamaru mit dem Gesicht voran in den Schnee, der um die Eisbahn herum lag. Kopfschüttelnd, aber gleichzeitig grinsend fuhr Temari auf ihren Freund zu ihm. So eine Tollpatschigkeit kannte sie von ihm nicht, aber das Gute, wenn auch vielleicht etwas Gemeine, daran war, dass sie sich köstlich amüsieren konnte. Kurz nach seinem Sturz, rollte der Shinobi sich auf den Rücken. Das Geräusch der auf dem Eis scharrenden Kufen verriet ihm, dass Temari näher kam. Bestimmt würde sie ihn gleich auslachen. Entgegen dieser Erwartung ließ die Ältere sich neben ihm in den Schnee fallen. Mit dem Ende ihres Schals strich sie mütterlich über sein Gesicht, um die Feuchtigkeit zu trocknen. Die Genervtheit ließ sich allerdings nicht so einfach wegwischen. «Ich hab eine Idee», sagte Temari und hievte sich wieder auf ihre Füße. «Lass uns was Heißes trinken gehen.» In diesem Moment war Shikamaru so ziemlich alles recht, so lange er aus diesen blöden Schlittschuhen heraus kam. Damit er diese loswurde, musste er allerdings noch zu der Bank fahren, an der die beiden ihre Schuhe hatten stehen lassen. Für die Strecke ergriff er erneut die Hand seiner Begleiterin, wodurch es ihm sehr viel leichter fiel, den Weg zurück zu legen. Mit zwei dampfende Tassen Tee vor den Nasen saßen Shikamaru und Temari in einem gemütlichen Lokal, um sich nach ihrem kleinen Abenteuer aufzuwärmen. Sie saßen auf zwei Kissen an einem quadratischen Tisch. Ganz in der Nähe an der Wand stand ein kleiner Ofen, der angenehm warme Luft zu dieser Jahreszeit verströmte. Die Lokalität war aufgrund der weihnachtlichen Zeit, dezent aber nicht überladen dekoriert. Eine Lichterkette an der Decke, die Kerzen auf den Tischen und ein paar Tannenkränze schafften eine wohlige Atmosphäre. Die beiden saßen nebeneinander und schwiegen, weil sie einfach nur die Zweisamkeit genießen wollten. Ihre Ruhe wurde jedoch gestört, als hinter ihnen eine gut gelaunte Kellnerin auftauchte und: «Hey ihr zwei, schaut mal: Mistelzweig!», rief und besagten Zweig über ihre Köpfe hielt. «Na los, ihr müsst euch küssen!» Temari sah von dem Mädchen zu ihrer Begleitung. Schulterzuckend beugte sie sich ein Stück vor, um nach Shikamarus Schal zu greifen, damit sie ihn zu sich ziehen konnte. Ihre Lippen trafen für einen Moment sanft aufeinander, sodass sie den Geschmack von seinem Tee noch aufnehmen konnte. Das reichte der Kellnerin, denn sie verschwand mit einem gequietschten «Süß!» zum nächsten Tisch. «Warum mache ich das eigentlich alles?», murmelte der Shinobi, während er mit einer Hand nach seiner Tasse griff. Temari grinste ihn daraufhin an. «Ganz einfach: Weil du mich liebst.» «Da hast du Recht», erwiderte Shikamaru und schaffte es, das erste Mal an diesem Tag ebenfalls zu lächeln. Er verschränkte seine Finger mit denen seiner Freundin und hauchte ihr einen Kuss auf den Handrücken. «Danke, dass du die Weihnachtstage mit mir verbringen wirst.» Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)