A Bullet For You von UrrSharrador (Mafiosi, Dämonen, Bandenkriege - und Naruto mittendrin! [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 43: Schlange mit fünf Köpfen ------------------------------------ „Ich fasse also zusammen, hm.“ Deidara hatte es sich in einem komfortablen – neuen – Lehnstuhl bequem gemacht und sah in die Runde. „Dieser Assei ist erledigt, und dank unserer Hilfe gehört den Schattenwölfen diese Bude hier. Sie haben eine ganze Menge Sportwagen erbeutet und sind all ihre Sorgen los. Wir haben Kakuzus Essenz zurück. Und unser inoffizieller Anführer ist endlich wieder auf dem Damm.“ Er nickte Kimimaro zu, dessen Wunden in der Brust noch schrecklich aussahen, aber nur noch oberflächlich waren. Die Kugeln hatte sein Körper bereits herausgedrückt. Deidara hob flehentlich die Arme. „Können wir dann bitte wieder zu unserer eigentlichen Aufgabe zurückkommen?“ Naruto warf Sasuke einen Seitenblick zu. Äußerlich war der Mafioso gefasst wie immer, vielleicht etwas blass. Er fragte sich, wie es jetzt mit ihnen beiden weitergehen sollte. Gestern hatten sie auf der Straße ein Gerücht aufgeschnappt, heute hatten Shikamarus Kontaktmänner, zu denen sicher auch Sai gehörte, es bestätigt: Die Sharingan-Familie war restlos ausgelöscht worden. Die genauen Umstände waren unbekannt, aber es gab, logisch betrachtet, nur einen, der dafür verantwortlich sein konnte. Was bedeutete, dass die beiden größten Mafia-Banden der Stadt innerhalb weniger Wochen von der Bildfläche verschwunden waren. In Akuma Gakure war es nun unsicherer denn je – und es würde in den nächsten Tagen noch gefährlicher werden, wenn kleinere, aufstrebende Banden sich um die Macht zankten. Gut, dass die Schattenwölfe das nun nicht mehr nötig hatten, aber auch sie würden ihre neugewonnene Position verteidigen müssen. Naruto würde Sasuke fragen müssen, was sie nun tun sollten. Seit dem Maskenball hatte er keine Zeit mehr gehabt, an seine eigentliche Aufgabe zu denken. Und er hatte es auch nicht gewollt. Kimimaro hatte ihnen allen mehrmals das Leben gerettet. Ihm selbst am alleröftesten. Es war nicht fair, weiterhin mit Sasuke zusammenzuarbeiten. Don Madara hatte ihm einen Ausweg aus seiner misslichen Lage geboten. Freies Geleit und Geleitschutz aus dieser Stadt, die Naruto nie hätte betreten sollen. Es hätte das Problem mit seinem Dämon nicht gelöst, aber das ließ sich vielleicht sowieso nicht lösen. Und Heerscharen von Gangstern wäre er damit vielleicht entkommen. Nun war Madara tot und alle Versprechen nichtig. Er konnte Sasuke nicht verraten; auch ihm verdankte er viel und er hätte überdies zugeben müssen, welche Rolle er in der ganzen Sache gespielt hatte. Nein, er würde versuchen, das Problem einvernehmlich zu lösen. Er musste mit Sasuke darüber sprechen. Vielleicht war dieser sogar bereit, Kimimaro weiterhin zu unterstützen, ohne die Befehle seiner Familie ... Naruto war überzeugt, nur der Sieg über Orochimaru konnte ihn heil aus dieser Stadt bringen. Gewissermaßen hatte der Untergang der Sharingan-Familie ihn also auch betroffen. Bisher hatte er ein doppeltes Spiel gespielt – nun waren seine Ambitionen beflügelt, den Tyrannen und den Dämon, dem er diente, zu Fall zu bringen. „Ich habe viel nachgedacht“, sagte Kimimaro, „und meinen Plan verfeinert. Ich würde ihn dir gerne vortragen, Shikamaru, und du sagst mir, was du davon hältst.“ Deidara hob fragend die Augenbrauen. „Sind wir jetzt ein eingeschweißtes Team, oder was?“ Naruto verstand die Geste. Kimimaro gab zu, dass er Shikamarus strategisches Talent als dem seinen überlegen hielt. „Die anderen gehen bitte hinaus“, fügte der Halbdämon hinzu. „He! Ich bin der Vize-Anführer!“, ereiferte sich Kiba. „Das kümmert mich nicht. Ich möchte nur Shikamarus Urteil. Für euch ist es besser, wenn ihr nichts von meinen Plänen erfahrt. Es könnte euch das Leben retten.“ „Tut, was er sagt“, sagte Shikamaru. „Aber Shika...“ „Er bittet uns als Freunde. Seht es als kleines Hobby von mir an, Halbdämonen bei ihren Plänen zuzuhören.“ Kiba zögerte noch starrsinnig, dann warf er schnaubend die Arme in die Luft und ging. Ino zog Hinata hinaus – die beiden schienen irgendwie halb als neue Bandenmitglieder akzeptiert worden zu sein. Die anderen folgten ihnen, selbst Temari. Nur Sakura rührte sich nicht vom Fleck. „Ich bleibe“, verkündete sie. „Sakura, bitte“, sagte Shikamaru genervt. „Da ich mitkommen werde, möchte ich gern wissen, was wir tun werden.“ Naruto starrte sie entgeistert an. „Was? Du ... Du kommst mit?“ „Das wird ja immer schöner.“ Deidara rollte die Augen. „Du bist lästiger als Tobi, hm.“ „Tobi ist lästig?“, erkundigte sich Tobi, der bisher brav neben Deidaras Sessel gestanden war. „Ja, hm.“ Shikamaru räusperte sich, um die Aufmerksamkeit zurückzugewinnen. „Wie kommst du auf die Idee, plötzlich mit ihnen gemeinsame Sache zu machen, Sakura?“ „Ganz einfach. Ich will ihnen helfen. Naruto hat ohne zu zögern den Kopf für uns hingehalten. Und ist er nicht ein Bandenmitglied? Wir müssen ihnen helfen.“ „Ihr habt wirklich genug getan, echt jetzt“, wehrte Naruto ab. Sie sah ihn zornig an. „Das denke ich auch“, sagte Shikamaru. „Wir legen uns nicht mit dem gefährlichsten Mann in Akuma Gakure an, auf keinen Fall.“ Naruto war nicht erstaunt, dass Shikamaru mittlerweile wusste, was sie vorhatten. Sakura hatte es offenbar auch geschlussfolgert. „Auch, wenn er in absehbarer Zeit Schutzgeld von uns erpresst?“, fragte sie herausfordernd. „Wenn das Spiel so läuft, ja. Ich sehe keine Chancen, gegen ihn zu gewinnen.“ „Wir haben Kimimaro, Sasuke und den Sprengkopf“, warf Sakura ein. „He“, rief Deidara beleidigt. „Und sie haben einen Plan – wenn er gut ist, könnten wir uns von Orochimaru befreien“, fuhr sie fort. „Dann stürzt die Stadt ins Chaos. Noch mehr, als sie es jetzt ist“, hielt Shikamaru dagegen. „Du verbietest es also?“ „Ja“, seufzte Shikamaru. „Tut mir leid, Sakura.“ „Schön. Dann trete ich hiermit aus der Bande aus“, sagte sie schnippisch. „Sakura“, murmelte Naruto beschwörend und berührte sie am Arm. „Es ist genug. Du bist mir echt nichts schuldig.“ Sie streifte seine Hand ab. „Verstehst du nicht, dass ich dir helfen will?“, zischte sie. „Aber du bist ... Was kannst du denn schon ausrichten gegen echte Dämonen und Gangster mit schweren Waffen?“ „Eine ganze Menge mehr als du!“ Diese Worte taten ihm weh, auch wenn er wusste, dass sie recht hatte. Sie lebte schon viel länger auf der Straße als er, inmitten von rauen Sitten und gefährlichen Leuten. Sasuke räusperte sich. „Erzähl uns endlich deinen Plan. Wir können ja nachher überlegen, ob wir sie mitnehmen.“ Es war das Erste, das er an diesem Tag sprach. Seine Stimme klang heiser. Kimimaro nickte und trat in die Mitte des Raumes. „Unser Feind ist eine Schlange mit fünf Köpfen, die eine Höhle bewacht. In der Höhle lebt das gefährlichste Untier, das die Welt je gesehen hat – vermutlich. Ich bin ihm nie begegnet.“ „Der Dämonenkönig“, flüsterte Naruto ehrfürchtig. Sakura fuhr sich über den Arm, wie um eine Gänsehaut loszuwerden. „Der Weg zu ihm führt nur über die Schlange. Einer ihrer Köpfe ist der Schlüssel, und an ihn kommen wir wiederum nur über die anderen vier. Die Klänge sind vielleicht sogar noch geschwächt von ihrem Kampf gegen die Sharingan-Familie.“ Dass sie gekämpft hatten, war ein Geheimnis, das jeder wusste, aber niemand auszusprechen wagte. Dass nach wie vor alle vier Klänge am Leben waren, wussten sie von Sai. „Sie werden sich uns jedoch stellen, sobald Orochimaru es ihnen befiehlt. Und wir haben hier jemanden, den Orochimaru um jeden Preis haben will.“ Kimimaro fixierte Naruto mit stechendem Blick, sodass ihm ganz unwohl zumute wurde. Als er sprach, war seine Stimme belegt. „Ich diene also als Köder?“ „Ich würde es vermeiden, wenn ich könnte“, sagte der Halbdämon. „Aber unser Ausweichplan ist fehlgeschlagen. Wir werden unser Bestes geben, dass dir nichts geschieht.“ „Aber ihr könnt es nicht garantieren?“, fragte Sakura vorwurfsvoll. „Garantieren konnten wir von Anfang an für nichts“, sagte Kimimaro. „Was sagst du, Naruto?“ Er brauchte nicht lange zu überlegen. „Erzähl weiter.“ Der Halbdämon nicke, als hätte er genau das erwartet. „Wir werden dich in die Nähe von Orochimarus Anwesen bringen. Wir lassen durchblicken, dass du gut bewacht wirst. Auf diese Weise muss er die Klänge losschicken. Und hier kommt Kakuzus Essenz ins Spiel. Es war gut, dass ihr sie wieder besorgt habt.“ Er nickte Shikamaru anerkennend zu. „Was genau kann denn diese Essenz?“, fragte Naruto. „Zum einen ist sie viergeteilt. Das ist ein enormer Vorteil. Wir sind vier Kämpfer, und es gibt vier Klänge. Jeder von uns wird sich ein Viertel der Essenz einverleiben. Ich weiß, dass sie meine dämonische Kraft steigern wird. Was sie bei Menschen bewirkt, kann ich nicht sagen, aber zumindest wird sie verhindern, dass ihr so einfach getötet werdet.“ Er sah Sakura an. „Dich habe ich in den Plan nicht einberechnet.“ „Schon klar.“ „Tobi auch nicht!“, rief Deidaras Knappe. „Halt’s Maul, Tobi“, brummte dieser. „Du würdest nur stören, hm.“ „Und du glaubst, wir können die Klänge töten, wenn wir die Essenz benutzen?“, hakte Sasuke nach. „Ich sehe nirgendwo anders bessere Chancen. Ich habe einige Flaschen Antidemonicum, das ist ein Mittel, das gegen ihre dämonische Form wirkt. So können wir sie immerhin schwächen. Der Rest ist Spekulation. Außerdem wäre es Wahnsinn, gegen alle vier gleichzeitig zu kämpfen. Sie sind ein eingespieltes Team, im Gegensatz zu uns. Wir müssen sie getrennt erledigen. Fällt dir dazu etwas ein, Shikamaru?“ Der Schattenwolf überlegte. „Gib mir nachher eine Karte von dem Gebiet, in dem ihr sie herausfordern wollt. Und klär mich genau über ihre Fähigkeiten auf.“ Kimimaro nickte. „Eines noch. Der fünfte Kopf, Orochimaru, wird sich womöglich nicht zeigen, wenn wir seine Leibgarde besiegen. Daher brauchen wir mindestens einen von ihnen lebend.“ „Gut, das darf jemand anderes übernehmen“, sagte Deidara sofort. „Es sei denn, du meinst, du willst seine Essenz.“ „Nein, ich spreche tatsächlich von lebendig. Atmend und wach. Einer der Klänge wird uns zu Orochimaru führen, seine Geheimnisse und weitere Wachen und deren Bewaffnung verraten. Nur so kommen wir an ihn heran. Sobald wir bei Orochimaru sind, kommt der einfachste Teil. Er ist nur ein Mensch, er hat uns nichts entgegenzusetzen. Wenn er tot ist, folgt sogleich das Schwierigste an dem Plan: Der Dämonenkönig wird sich rühren. Ab dann wird es heikel.“ „Und wie besiegen wir den?“, fragte Naruto mutlos. „Es klingt, als würden wir all unsere Trumpfkarten schon vorher ausspielen.“ „Ich würde versuchen, auf meinen Teil der Essenz nicht zurückzugreifen, aber auch wenn sie viergeteilt ist, ist es ein einziger Energiekern. Wir können nur alles auf einmal benutzen.“ „Vielleicht sollten wir vorher noch einen Dämon jagen, hm“, schlug Deidara vor. „Dann kriegen wir noch eine Essenz und die hauen wir dem König um die Ohren! Diesen Hidan zum Beispiel.“ „Hidan war unsterblich“, erinnerte ihn Sakura. „Es muss so gehen“, sagte Kimimaro. „Je länger wir warten, desto mehr gewinnen die Klänge wieder an Kraft.“ „Haben Halbdämonen auch Essenzen?“, fragte Naruto.  „Ja, aber sie verflüchtigen sich bei ihrem Tod sofort. Wir werden aus den Leichen der Klängen nichts herausbekommen. Aber es gibt einen anderen Weg, da bin ich mir ziemlich sicher. Auch er führt über dich, Naruto.“ „Über mich?“, fragte er unsicher. „Du Schlüsselfigur, du“, schnaubte Deidara belustigt. Naruto erinnerte sich an das, was Kimimaro gesagt hatte, als sie auf diesem Schneefeld das merkwürdigste Team gegründet hatten, das diese Stadt vermutlich je gesehen hatte. Damals wie heute hoffte er, dass es rein rhetorisch gemeint war, dass er Naruto nur wollte, um seine Gruppe etwas aufzupeppen. „Du glaubst also wirklich, ich könnte den Dämonenkönig besiegen?“ „Orochimaru glaubt es. Und er irrt sich selten.“ „Moment. Das müsst ihr mir erklären“, sagte Shikamaru. Naruto wollte es den anderen schon verbieten, aber Deidara war schneller. „Er hat ‘nen Dämon in sich drin, hm. Orochimaru will ihn unbedingt haben“, plauderte er aus. Shikamaru wirkte überrascht – und noch überraschter, als er sah, dass Sakura keine Miene verzog. „Hast du das gewusst?“ „Ich ... Ja“, gab sie kleinlaut zu. „Schön. Ja, ich bin ein Monster“, sagte Naruto bitter. „Können wir zurück zum Thema kommen? Ich soll also dem Ungeheuer in mir die Kontrolle überlassen und den Dämonenkönig im Alleingang plattmachen? Was halten wir uns dann überhaupt mit den Klängen und Orochimaru auf?“ Sakura wirkte nach seinen Worten betreten, die anderen eher weniger. „Wir werden auch Orochimaru nicht sofort töten“, erklärte Kimimaro. „Er weiß viel über Dämonen. Vielleicht hat er einen Weg gefunden, wie du deinen Dämon kontrollieren kannst.“ Und dann sprach er die Worte, die Naruto nie erwartet und nach denen er sich innerlich so gesehnt hatte. „Vielleicht kennt er auch einen Weg, wie wir den Dämon aus deinem Körper entfernen.“ „Naruto?“, fragte Sakura unsicher, als er eine Weile mit weit aufgerissenen Augen schwieg. „Ich mach’s.“ Seine Stimme klang rau, aber fest. „Ich bin dabei. Ich spiele euren Köder, ich schlucke eure Essenz, ich befreie eure Stadt. Wenn ihr mir nur den Dämon rauszieht!“ „Ich kann nicht dafür garantieren“, versuchte Kimimaro seine Begeisterung zu bremsen. „Aber das kann man hier sowieso nicht, oder? In Akuma Gakure lässt sich für nichts garantieren.“ Naruto wandte sich um. „Shikamaru, lass dir von ihm die Straßenkarte zeigen. Mach uns einen Plan, mit dem wir sie fertigmachen können!“ Shikamaru massierte seine Nasenwurzel. „Jaja, immer mit der Ruhe. Ich versuch’s.“ „Was hältst du von dem Plan?“, erkundigte sich Kimimaro. „Er ist soweit gut. Lass mich eine Nacht darüber schlafen, vielleicht kann ich ihn noch verbessern.“ „Ja, er ist gut“, sagte plötzlich Sasuke. „Bis auf eine Sache. Warum glaubst du, dass wir einen der Klänge lebend brauchen?“ Er schien aus einem bestimmten Grund zu fragen – in seinen Augen funkelte etwas ... Hass, erkannte Naruto. Abgrundtiefer Hass auf die Mörder seiner Familie. „Das sagte ich bereits.“ „Um uns zu Orochimaru zu führen? Wissen wir nicht, wo sein Anwesen liegt? Wo soll er sich sonst verstecken?“ „Genau diese Frage werden wir dem gefangenen Klang stellen.“ „Weil er uns bereitwillig Auskunft geben wird?“, spottete Sasuke. „Ich habe bereits ausgewählt, wer es sein soll“, sagte Kimimaro. „Jemand, dessen Treue zu Orochimaru am wenigsten gefestigt ist. Tayuya.“ „Tayuya ...“ Naruto versuchte sich zu erinnern. „Das ist diese Rothaarige, oder?“ Sie war ihm eigentlich von allen Klängen am unsympathischsten, wenn er so darüber nachdachte, auch wenn er sie nur kurz gesehen hatte. „Der Plan steht.“ Kimimaro blieb hart. „Bist du ein Teil unserer Truppe, oder soll Sakura deinen Platz einnehmen?“ Sasuke schnaubte und stapfte davon. „Du bist der Boss“, brummte er, ehe er durch die Tür verschwand.   Die nächsten zwei Tage verbrachten sie emsig mit Vorbereitungen. Naruto ließ sich von Deidara Aufwärmübungen zeigen. Er machte sogar Schießübungen; Shikamaru stellte ihm eine Pistole und Munition zur Verfügung – gekauft von Sakuras Anteil am Bandenbudget, wie er betonte. Naruto wollte nicht auf Menschen schießen – Dämonen waren eine ganz andere Sache, redete er sich ein. Shikamaru arbeitete einen detaillierten Plan mit mehreren Verzweigungen, falls Teile davon nicht klappen sollten, aus, um die Klänge zu trennen. Alle fanden ihn sehr überzeugend und nahmen die Vorschläge dankend an. Naruto war froh, so jemanden wie Shikamaru getroffen zu haben. Deidara schaffte sich eine halbe Wagenladung Sprengstoff an. Ansonsten war er ziemlich missmutig – der Hauptgrund war, dass er sich führ ihren Plan die Haare schneiden musste, bis sie so lange waren wie Narutos. „Das kostet dich noch was, hm“, erklärte er ihm, als Sakura verhalten ob des ungewöhnlichen Anblicks kicherte. Sasuke wurde noch schweigsamer, machte seine Schießübungen mit eiserner Miene und blieb oft für Stunden verschwunden. Naruto versuchte mehrmals, mit ihm zu sprechen, aber Sasuke wimmelte ihn immer mit einsilbigen Antworten ab. Offenbar war er immer noch nicht bereit für ein Gespräch. Sakura ließ sich durch nichts von dem bevorstehenden Abenteuer abhalten. Sie war oft in Narutos Nähe, wofür er ihr zutiefst dankbar war. Die anderen Schattenwölfe hatten erfahren, dass sie mitmachen wollte, und in die Endversion des Plans hatte sie Shikamaru sogar schon eingebaut. Niemand sagte noch etwas dagegen. Die anderen waren verwundert, überrascht oder besorgt. Lee betrachtete sie mit leuchtenden Augen, Idate deutete an, dass sie wohl in Naruto verschossen wäre, was sie abstritt. Iruka bat sie, gut aufzupassen. Obwohl sie vor allem warteten, verging die Zeit wie im Flug. Am Morgen von Tag X fanden sie sich im Norden der Stadt ein. Es hatte immer wieder geschneit, und das goldene Sonnenlicht ließ eine frische Schneeschicht glitzern, als es zwischen den Hochhäusern hervorstach. Es war eindeutig eine feine Gegend; die Gebäude waren prunkvoll, groß und die Straßen belebt. Noch konnten sie Orochimarus Anwesen nicht sehen; es lag am Stadtrand hinter einer gewaltigen Parkanlage, und die Straßen, die dorthin führten, wurden wiederum ehrfürchtig von gewöhnlichen Passanten gemieden. Fürs Erste taten sie nichts, obwohl Naruto schon ganz hibbelig zumute war. Sie setzten sich in ein Café und schlenderten dann auffällig durch die Straßen, Naruto und Kimimaro zuvorderst, die anderen folgten ihnen als Schatten. Sie besuchten einige Unterweltkontakte, die Naruto längst keine Angst mehr machten, sprachen über Geschäfte, die vor allem Waffen und billige Medikamente beinhalteten. Es musste so aussehen, als würden sie sich mit wichtigen Dingen eindecken, die es nur in diesem Stadtviertel gab. Auf keinen Fall sollte Orochimaru glauben, sie hätten es nur auf die Klänge abgesehen. Kimimaro hatte allerdings gemeint, dass sie die Schlange vielleicht nicht täuschen konnten, aber mehr als sie ignorieren würde er sie nicht. Sicher würde er niemand Geringeren als die Klänge schicken. Und tatsächlich. Inmitten einer großen Fußgängerzone, keinen Kilometer entfernt von einem der Eintrittspunkte, die Shikamaru für seinen Plan bestimmt hatte, lauerten sie ihnen auf. Sakon, Kidoumaru, Tayuya und Jiroubu kündigten ihr Kommen durch eine Bazookarakete an. Kimimaro war es, der das graue Ding auf sie zufliegen sah und blitzschnell reagierte. Er sprang kraftvoll meterweit in die Höhe, zog ein Knochenschwert aus seiner Schulter und schleuderte es dem Geschoss entgegen. Die scharfe Klinge schlitzte die Rakete der Länge nach auf und lenkte sie ab. Trudelnd schlug sie in einem Bürogebäude ein. „Sie riskieren all diese Leben hier“, knurrte Naruto. Es war Sonntag; heute war niemand in diesem Gebäude und auch die meisten Geschäfte waren geschlossen. Dennoch waren viele Leute unterwegs. Kreischendes Chaos brach aus, Stiefel trampelten über Asphalt. „Was sonst“, sagte Kimimaro. „Passt auf, es geht los.“ Das Nächste, das heranflog, war ein Pfeil aus gehärtetem Spinnensekret von der anderen Seite. Da sich Sasuke, Sakura und Deidara noch bedeckt hielten und die Klänge Naruto eindeutig lebend wollten, schossen sie nur auf Kimimaro. Der Pfeil traf ihn in den Rücken, durchbohrte seinen Knochenpanzer zwar nicht, schleuderte ihn aber meterweit davon. Violette Flüssigkeit spritzte nach allen Richtungen – die gleiche Farbe hatte das Antidemonicum, das Kimimaro seinen Gefährten gegeben hatte. Der Pfeil war damit getränkt gewesen. „Sie verlieren keine Zeit“, murmelte Kimimaro, während er sich aufrappelte. „Komm, lauf!“ Sie stürmten auf den geplanten Ort zu, die Straße hinunter und dann eine Nebengasse entlang. Naruto meinte, über sich, auf den Dächern, Schritte zu hören. Sakura und die anderen beiden waren nur knapp hinter ihnen, das wusste er. Sie nutzten die kreischende Menschenmenge aus, um unentdeckt zu bleiben. Der Eintrittspunkt war eine U-Bahn-Station in der Nähe. Die beiden Aufgänge lagen beiderseits einer belebten Straße. Naruto und Kimimaro hasteten die Treppen hinunter, setzten über die Absperrungen hinweg und rannten einen völlig überraschten Kontrolleur über den Haufen, der ihnen empört nachlaufen wollte, als Sasuke ihn überholte und mit einem Handkantenschlag außer Gefecht setzte. Völlig außer Atem fanden sich vier der fünf auf dem Bahnsteig wieder – Sakura war an der Erdoberfläche geblieben. Sie hatte einen Sonderpart zu spielen. Die Klänge waren noch nicht hier; wahrscheinlich hatten sie sie tatsächlich von den Dächern aus ins Visier genommen. Hoffentlich legten sie ihre Flucht als Schwäche aus. Deidara riss sich den Hut vom Kopf, offenbarte damit sein neuerdings kurzes Haar, und stellte seinen Rucksack ab. „Also los, hm.“ Er holte das Gefäß mit Kakuzus Essenz hervor. Das Gesicht mit der überlangen Zunge darauf kam Naruto hier im Halbdunkel irgendwie noch gruseliger vor. „Schluss mit den Spielchen!“, schallte eine Stimme von der Treppe her. „Aber Sakon“, tadelte jemand anders beim zweiten U-Bahn-Aufgang. „Das Spiel beginnt doch erst!“ Sie hatten sie in die Zange genommen: Sakon und Tayuya kamen von links, Kidoumaru und Jiroubu von rechts. Gemächlich stapften sie die Treppen herunter. Naruto glaubte zu sehen, dass sie alle in ihrer Dämonenform waren. Heute würde es sich also entscheiden. Keiner würde sich zurückhalten. „Schnell jetzt“, forderte Kimimaro die anderen auf. Deidara öffnete den Deckel, und gleichzeitig streckten sie ihre Hände ins Innere des Gefäßes. „Da haben wir ja die ganze Bande beisammen. Und wie geheimnisvoll sie die Köpfe zusammenstecken. Wie viele treffe ich wohl auf einmal?“ Auch wenn Kidoumarus Worten nur ein einziger Knall folgte, war Naruto sicher, dass nun sechs Kugeln gleichzeitig auf dem Weg zu ihnen waren. Es ging alles viel zu schnell, als dass er alle Einzelheiten mitbekam. Zunächst spürte er nur, wie etwas durch seinen Arm in seinen Körper floss, und das Gefühl einer unangenehmen Macht durchströmte ihn, klammerte sich an sein Herz wie ein Parasit, aber es wirkte nicht gefährlich – und kaum hatte er sich mit dem Gefühl abgefunden, schnalzte Kimimaros Wirbelsäule aus seinem Rücken, schneller, als dass man ihr mit dem Auge folgen konnte – theoretisch. Naruto schien in eine Welt aus zähem Honig getaucht worden zu sein. Alles, was er sah, geschah merkwürdig langsam, und doch wirkte es natürlich. Die Wirbelkette sauste durch die Luft und Naruto sah genau, dass sie drei Pistolenprojektile abwehrte, die Funken sprühend zu Querschlägern wurden. Ein Knochengeschoss schnappte sich eine weitere Kugel, und knapp vor ihren Gesichtern wurde eine fünfte von Sasukes eigener Kugel abgelenkt! War das überhaupt möglich? Und Naruto sah sogar das sechste Projektil – es war auf Deidara gezielt gewesen, der den Kopf gerade so drehte, dass sie neben seinem Hals ins Leere ging. Naruto selbst wandte sich nun vollends zu Kidoumaru und Jiroubu um – selbst diese simple Bewegung schien ewig viel Zeit zu beanspruchen, sodass er kurz in Panik geriet, eher er sah, dass tatsächlich die Zeit langsamer ablief. „Woah“, stieß Deidara aus. „Die Essenz hat’s in sich.“ Seine Worte klangen … komisch. Schleppend. Aber nur im ersten Moment, dann erschienen sie Naruto wie das Normalste von der Welt. Ebenso das zähe Schreien der Menschen, die panisch in alle Richtungen stoben und nicht wussten, wohin sie fliehen sollten. Zum Glück hielten sich die Klänge nicht mit ihnen auf. Naruto sah, wie Jiroubu abfällig den Mund verzog, sah, wie Kidoumarus Augenbrauen sich zusammenstauchten, sah die einzelnen Haare darin, wenn er sich Mühe gab … Naruto musste gewaltsam blinzeln. Die Sinneseindrücke waren gewaltig. Wenn die Essenz zu lange wirkte, verlor er sicher den Verstand. Laut Kimimaro wirkten Essenzen auf Menschen und Dämonen unterschiedlich, aber niemand konnte die Wirkung vorhersagen. Sasuke schien dasselbe zu denken. „Da haben wir wohl Glück gehabt mit eurem Dämon“, meinte er. „Weiter“, sagte Kimimaro nur. Die vier sprangen in den U-Bahn-Schacht, obwohl auf der Anzeige angekündigt war, dass gleich der nächste Zug einfahren würde. Dort teilten sie sich in zwei Gruppen auf. Wenn möglich, sah ihr Plan vor, dass Kimimaro Tayuya, Sasuke Sakon, Deidara Jiroubu und Naruto Kidoumaru übernehmen sollte. Dank Shikamarus Planung schien sich das einrichten zu lassen. Jetzt musste nur noch das Timing stimmen … Kimimaro und Sasuke rannten die U-Bahn-Röhre in Fahrtrichtung weiter, Deidara und Naruto hetzten in die andere Richtung. Die Klänge schienen es tatsächlich nur auf Naruto abgesehen zu haben, denn alle vier folgten ihm; Kidoumaru und Jiroubu, die ihm näher waren, zuvorderst. Die U-Bahn-Röhre zog sich ewig in die Länge. An dieser Stelle würd sich die Linie nach etwa fünfzig Metern an der Erdoberfläche entlangschlängeln, bis sie einen halben Kilometer später in die nächste Station einlief. Das hatte Shikamaru in Kimimaros Plan miteinkalkuliert. Die Schienen machten eine schwache Biegung, ein Schuss von Kidoumaru sauste gefährlich nahe an Narutos Wange vorbei, dann sah er bereits das Licht am Ende des Tunnels. „Dann wollen wir mal, hm.“ Deidara holte einen kleinen Fernzünder hervor. Etwas wie ein Post-it mit der Aufschrift 3 klebte daran – der Dämonenjäger hatte Zünder für vier verschiedene Eintrittspunkte in ihren Plan. Den Sprengstoff hatte Tobi unbemerkt im Vorhinein angebracht. Als Deidaras Daumen den Auslöser betätigte, blitzte draußen etwas auf, eine winzige Explosion, von hier aus nur durch Narutos verschärfte Sinne zu erkennen. Fast im gleichen Moment traf ein Schuss seinen Unterschenkel.   Sakura war ganz hibbelig zumute, und als sie endlich die Signalexplosion bei der Straßenlaterne sah, dort, wo die U-Bahn-Schienen aus dem Tunnel ins Freie krochen, hätte sie fast zu sehr gezögert. „Vollgas!“, rief sie und bohrte dem U-Bahn-Führer die Mündung ihrer Maschinenpistole in die Schläfe. „Schnell, oder ich tu es selbst – dann brauch ich dich allerdings nicht mehr!“ Es war überraschend einfach gewesen, die U-Bahn zu kapern. Sie hatte in der letzten Station nur ein wenig mit der Waffe fuchteln und Einlass in die Führerkabine verlangen müssen. Es hatte sich zwar seltsam gefühlt, sämtliche Zivilisten, die auf dem Bahnsteig warteten, quasi als Geiseln zu nehmen, aber sie hatte ja nicht wirklich vor, zu schießen. Die Linien verfügten über ihre eigenen kleinen Sicherheitstrupps, aber bis die eingeschaltet wurden, war Sakuras Part in dem Plan hoffentlich schon vorbei und sie konnte ihre Fluchtroute benutzen. Der Zugführer zögerte nur kurz, ehe er Sakuras Befehl nachkam und den langen Wurm, den die U-Bahn darstellte, auf den Tunnel zufahren ließ. Rasch nahmen sie Fahrt auf.   Naruto stürzte. Sein eigener Schrei klang merkwürdig in seinen Ohren. Mit den Händen berührte er die Stahlschienen zuerst, schaffte es, die Finger darum zu schließen, und entschied, dass er sich doch auch einfach davon abstoßen und einen Salto in der Luft schlagen könnte – das alles, während er fiel. Kakuzus Essenz war der Wahnsinn – vielleicht lag es auch an dem Zusammenspiel mit seinem eigenen Dämon. Als er wieder auf den Füßen landete, war nicht nur der plötzliche Schmerz verebbt, sondern die Wunde schien sich schon wieder fast geschlossen zu haben. Zumindest konnte er ungehindert weiterlaufen. Deidara fing seinen Blick auf. Sein Mundwinkel kräuselte sich, als der Dämonenjäger vielsagend grinste. Eine Ewigkeit später, die sicherlich nur Sekunden dauerte, erreichten sie das Ende des U-Bahn-Tunnels.   „Nicht bremsen“, schärfte Sakura dem Zugführer ein, dessen Glieder sich an seiner Konsole versteiften, als er zwei Männer über die Gleise rennen sah. Naruto und Deidara sprangen über die Brüstung des U-Bahn-Schachts, dann über das bleiche Geländer, das ihn von dem Gehweg daneben abgrenzte. Kurz danach tauchten zwei furchterregende Gestalten aus dem Tunnel auf, bei deren bloßem Anblick sich Sakuras Nackenhaare aufstellten. Gut, soweit ging alles nach Plan. Sie wartete, bis die beiden Naruto und Deidara auf die Straße gefolgt waren und sie die nächsten beiden Schemen in der Dunkelheit erkennen konnte, dann riss sie ihre Waffe vom Kopf des Zugführers fort und richtete sie nach vorne. „Weiterfahren“, befahl sie so kalt wie möglich und drückte den Abzug. Die halbautomatische Pistole ratterte ohrenbetäubend laut. Die U-Bahn war eines der alten Modelle und hatte noch keine kugelsichere Frontscheibe. Das Plexiglas zerbarst, die Projektile suchten sich ihren Weg ins Freie. Es war verdammt schwer, die Waffe festzuhalte, aber Sakura musste nur in die ungefähre Richtung zielen. Die dämonischen Gestalten, die sie nun im Tunnel erkennen konnte – die eine hatte flammend rotes Haar, das musste Kimimaros Ziel sein – wurden tatsächlich langsamer, als sie sich in dem Kugelhagel wiederfanden. Gewöhnliche Menschen hätten sich vermutlich zu Boden geworfen oder kehrtgemacht, doch die beiden stemmten sich förmlich dem halbautomatischen Sturm entgegen, nahmen sogar Treffer in Kauf – aber sie wurden langsamer. Langsam genug, dass sie den Tunnel nicht verlassen konnte, ehe die U-Bahn sie erreichte. Sakura spürte den Zusammenprall kaum. Da war nur ganz kurz ein Widerstand, ein dumpfer Knall, dann störte der brüllende Wind, der sie in dem dunklen Tunnel durch die zerstörte Frontscheibe anfauchte, jedes Empfinden. Ihr Haar flatterte, ihr Herz raste immer noch. „Weiterfahren!“, brüllte sie gegen den Fahrtwind an. Der Zugführer war kreidebleich, Schweiß glänzte auf seiner Haut. Hoffentlich hatte er nicht für den Rest seines Lebens Albträume. Das stellte sich jedoch als ihre geringste Sorge heraus, denn im nächsten Moment tauchte etwas Helles in der Dunkelheit des Tunnels auf. Leicht wie eine Feder sprang ein rothaariger, gehörnter Dämon durch das zerstörte Fenster auf die Steuerkonsole. „Oha“, sagte eine weibliche Stimme. Trotz des Fahrtlärms konnte Sakura sie hören. „Was haben wir denn da? Wollt ihr uns verarschen?“ Scheiße, ging es Sakura durch den Kopf. Hatte ihr Herz noch vorhin wie wahnsinnig geklopft, so schien es nun stillzustehen.   Die U-Bahn war wie geplant in den Tunnel eingefahren, und von Sakon und Tayuya war nun keine Spur mehr zu sehen. Naruto und Deidara folgten der Straße ungefähr in die Richtung, aus der Sakuras gekidnappter Zug gekommen war. Sie hatten erfolgreich aus vier Klängen zwei gemacht – nun galt es, auch diese zu trennen. Naruto war sicher, dass sie auch das zustandebrachten, solange sie sich an Shikamarus Plan hielten. Kidoumaru schoss unermüdlich, und mehr als einmal traf er auch. Naruto befürchtete, dass ein sauberer Kopfschuss ihn trotz seiner neuen Selbstheilungskräfte töten konnte, und die Treffer an Armen und Schultern taten im ersten Moment auch höllisch weh. Dann erreichten sie endlich eine Unterführung und waren kurz aus der Schusslinie. Die wenigen Sekunden mussten genügen. Ihre Motorräder standen bereit, direkt dort unter der Brücke, hässliche, graue Maschinen, uralt und von den Schattenwölfen besorgt. Naruto hatte halb erwartet, dass sie in den wenigen Stunden schon jemand gestohlen hatte, aber entweder waren die Diebe in Orochimarus Einflussbereich generell vorsichtiger oder der zerkratzte Lack und all die Dellen machten die Motorräder einfach zu unansehnlich. Auch die Sturzhelme hingen noch an den Lenkern. Deidara und er nickten sich kurz zu, setzten die Helme auf und schwangen sich auf die Maschinen. Hätten sie nicht plötzlich eine Augen-Hand-Koordination von jenseits dieser Welt, wären ihre Verfolger längst wieder in Sicht gekommen, während sie aufsaßen. Als die nächsten Schüsse fielen, brausten sie auch schon davon.   Die U-Bahn schoss weiter durch den Tunnel, die nächste Station war schon in Sichtweite, aber Sakura erwartete nicht, je lebend dort anzukommen. Nur Sekunden nach Tayuya schwang sich auch der zweite Dämon ins Fahrzeuginnere. Der Zug hatte die beiden wohl vor sich her geschoben; ihre Schuhe bestanden nur noch aus Fetzen. Sie hatten sich gegen die Führerkabine einer fahrenden U-Bahn gestemmt? Das war nicht im Plan inbegriffen gewesen. Die beiden Klänge sahen sich an, zuckten mit den Schultern – dann hob der eine mit den zwei Ogergesichtern eine Schusswaffe. Sakura biss die Zähne zusammen, richtete ihre Maschinenpistole auf ihn, drückte ab – und fühlte sich plötzlich tausendmal so schwer, als sie erkannte, dass sie das ganze Magazin leergeschossen hatte. Der Dämon verzog sein hässliches Gesicht zu einer noch hässlicheren Grinsefratze, und der Zugführer stieß plötzlich einen Schrei aus, als erwache er aus einem langen Traum. Ein schrilles Quietschen ertönte, als er mit voller Wucht bremste. Sakura verlor den Halt und gleich darauf ihre Waffe, als sie so hart gegen die Konsole geschleudert wurde, dass ihr kurz schwarz vor Augen wurde. Als sie wieder klar sehen konnte, waren die Dämonen verschwunden. Die U-Bahn kreischte noch eine ganze Weile weiter, ehe sie knapp vor der Station zum Stehen kam. Sakura stemmte sich keuchend in die Höhe. War sie noch einmal mit dem Schrecken davongekommen? Sie musste später ein ernstes Wörtchen mit Shikamaru und Kimimaro wechseln. Ein Mensch gegen zwei Dämonen, ohne Essenz – das war doch wohl zu viel des Guten! Der Zugführer hatte bereits begonnen, mit viel zu fahrigen Bewegungen durch die scharfkantigen Ränder der geborstenen Scheibe zu klettern. Seine blaue Uniform war an den Knien bereits aufgeschlitzt und blutig. Er wollte also vorne aus dem Zug klettern? „Ihr!“ Der heisere Schrei kam von Tayuya. Sie rappelte sich eben auf den Gleisen auf. Links und rechts von ihr erschienen wie hingezaubert zwei noch furchteinflößendere Gestalten, wahre Giganten mit verkrüppelten Gliedmaßen, aber wuchtigen Schlagwaffen. Der Zugführer taumelte genau auf sie zu, als bemerke er sie gar nicht. Sakura wollte ich schon etwas zurufen, als mit wehendem Mantel noch ein Dämon zwischen ihnen landete. Erst im zweiten Moment erkannte sie Kimimaro. Außerdem hatte das schummrige Licht hier unten ihre Sinne ausgetrickst; er war nicht einmal in seiner dämonischen Form, auch wenn seine Kleidung an den Schultern zerfetzt und löchrig war und er einen riesigen, gedrillten Speer aus Knochen in der rechten und etwas wie ein Schwert in der linken Hand hielt. „Ich bin dein Gegner“, verkündete er laut. „Heute das allerletzte Mal.“ Tayuya musterte ihn kurz. „Soll mir recht sein“, sagte sie abfällig. „Überlass das ab jetzt uns, Sakura“, sagte Kimimaro. „Ich danke dir für deine Hilfe.“ „Keine Ursache“, murmelte sie, ehe sie sich beeilte, dem Zugführer aus der U-Bahn zu folgen. Sie lief an der Flanke des Zuges nach hinten, um möglichst weit von dieser Station wegzukommen, in der sicher gleich die Hölle losbrechen wurde. Auf halbem Weg schälte sich eine teuflische Fratze aus der Dunkelheit. „Wohin so eilig?“ Sakons Pistole blitzte metallen auf. Sakura folgte ihren Instinkten und schlug einfach zu. Ihre Faust traf ein Gesicht, hart wie Stein. Sein Kopf ruckte kurz zur Seite, ehe er sie wieder angrinste. „Ein Mensch, der gegen einen Dämon kämpfen will?“, höhnte er. „Halbdämon“, korrigierte sie ihn kampfeslustig. Wenn sie schon hier sterben sollte, dann würdevoll. Sakon schnaubte. „Ich denke, an dich werde ich gar keine Kugel verschwenden. Wollen wir sehen, wie oft ich deine Knochen brechen kann, ehe sie sich in Mehl verwandeln?“ Ein Schuss ertönte. Sakura spürte den Luftzug, als die Kugel knapp an ihrem Ohr vorbeisauste und Sakons Schulter erwischte. Der Dämon schrie fauchend auf und wankte. Sakura wandte sich gar nicht erst um, sondern nutzte den Moment, um ihm fest zwischen die Beine zu treten. In dieser Gestalt schien ihm nicht einmal das etwas auszumachen, aber er taumelte gegen die U-Bahn-Flanke, und dort traf ein zweiter Schuss seine Kniescheibe. Knurrend zielte der Halbdämon in die Dunkelheit und drückte seinerseits ab. Sakura schien er völlig vergessen zu haben – was ihr nur recht war. Sie fand zwar nicht, dass sie für ihre Freunde genug getan hatte, aber laut Shikamarus Plan hätte sie sich längst ausklinken sollen. Diesmal ließ man sie unbehelligt, als sie den Tunnel entlanglief und sich den Fluchtplan erneut durch den Kopf gehen ließ. Hinter ihr wurde ein Kreuzfeuer laut, von dem man sich nur schwer vorstellen konnte, dass es von nur zwei Pistolenläufen stammte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)